Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

January 29, 2021 | Author: Susanne Ursler | Category: N/A
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1 Reader VS Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung Gesammelte Arbeiten aus WS 2008/09 LVA-Leiterinnen...

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VS 933.111

Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung Gesammelte Arbeiten aus WS 2008/09

LVA-Leiterinnen DI Heidrun Leitner DI Susanne Kummer zusammengestellt von:

Stephan Pabst

Vorwort Die biologische Landwirtschaft ist mittlerweile zu einer verbreiteten und von KonsumentInnen wertgeschätzten Wirtschaftsweise geworden. Eine Zeit lang überstieg die Nachfrage nach 1

Bioprodukten teilweise sogar das Angebot (HAMM ET AL., 2008) , wobei die Nachfrage nach Bioware von Seiten der KonsumentInnen 2008 nach Jahren des Wachstums erstmals einen leichten Rückgang 2

im Wert von 0,1 Prozentpunkten verzeichnen musste (ROLLAMA 2009) .

Ein wichtiger Motor dieser Entwicklung ist der Lebensmitteleinzelhandel, der beispielsweise in 3

Österreich einen Anteil von etwa zwei Drittel am Umsatz von Bioprodukten hat (INFOOD, 2008) . Dieses Wachstum des Biosektors, das v.a. mit der Unterstützung des Handels zusammenhängt, ist einerseits erfreulich. Andererseits hat die Marktmacht des Handels auch zu einer teilweisen „Konventionalisierung“ des Biosektors geführt. Anzeichen für eine zunehmend konventionalisierte Produktionsweise sind die Ausrichtung auf Ertragssteigerung und Gewinnmaximierung, sowie die Spezialisierung von Betrieben, das Ausreizen der Richtlinien des Biolandbaus bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Grundwerte, der erhöhte Preisdruck auf Erzeuger und Verarbeiter von Seiten des Handels, die Betonung ökonomischer Aspekte in der Arbeit der Bioverbände und in der Beratung, der

steigende

Verarbeitungsgrad

von

Bioprodukten,

sowie

zunehmende

Transportstrecken

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(KRATOCHVIL ET AL., 2005) .

Angesichts dieser teilweise kritischen Entwicklungen stellten wir uns in der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und Regionale Entwicklung“ die Frage, was für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Biologischen Landwirtschaft wünschenswert ist. Dabei diskutierten wir vor allem die Bedeutung der regionalen Produktion und Vermarktung von Bioprodukten, das Potenzial der Kombination der biologischen Wirtschaftsweise mit sozialen und ökologischen Leistungen, sowie die Notwendigkeit verbesserter KonsumentInneninformation und Bildungsarbeit als Basis für eine Veränderung der Konsum- und Lebensgewohnheiten der Menschen.

In den angeregten Diskussionen innerhalb des Seminars wurde die Bedeutung der Eigeninitiative und der Selbstverantwortung jeder einzelnen Person für eine zukunftsfähige regionale Entwicklung besonders betont. Die Seminararbeiten der Studierenden reichen von theoretischen Überlegungen zu regionaler Entwicklung, über ökologische und soziale Leistungen der biologischen Landwirtschaft, hin zu konkreten Praxisbeispielen von Biobetrieben und Regionalinitiativen, die durch innovative Ansätze und Lösungen einen aktiven Beitrag zur zukunftsfähigen regionalen Entwicklung leisten. Die Arbeiten spiegeln das große Interesse und das Engagement der Studierenden wider, einen aktiven Beitrag in Richtung einer positiven zukünftigen Entwicklung zu leisten.

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HAMM, U., LIEBIG, R. & T. RICHTER (2008): Bio sucht Bauer! Ökologie & Landbau, 147, 3/2008, 14-17. ROLLAMA Motivanalyse Februar 2009, AMA Marketing; online: http://www.ama-marketing.at/uploads/media/Pressecharts_rollama_190309.pdf 3 INFOOD (2008): Bio boomt. Fakten und Einschätzungen zum Bio-Markt. Tagungsband Bio-Austria-Bauerntage 2008. Bio Austria, Linz. 4 KRATOCHVIL, R., ENGEL, A., SCHUMACHER, U. & H. ULMER (2005): Die „Konventionalisierungs-falle“. Ökologischer Landbau zwischen Vision und Realität. Ökologie & Landbau 136, 4/2005, 48-50. 2

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Inhaltsverzeichnis A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

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A.1 Ist regionale Entwicklung immer nachhaltig? - Identifikation von Erfolgskriterien im Sinne der Nachhaltigkeit anhand ausgewählter Praxisbeispiele für Initiativen im Bereich Biolandbau und Regionale Entwicklung – von Martina Sonja OFFENZELLER..................................................................... 5 A.2 Emanzipatorische und politisierende Bildung als Voraussetzung für regionale Entwicklung. Theoretische Überlegungen zur Bildungsarbeit für Bauern und Bäuerinnen – von Michael LUFTENSTEINER und Ludwig RUMETSHOFER .................................................................... 31

B Ökologische Leistungen von Bio & Regional

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B.1 Gibt es Alternativen bei der Ernährung das Klima zu schonen? – von Elisabeth LACKNER, Bernhard LODER und Rita URABL. ................................................................ 47

C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

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C.1 City-Farm – Ein Projekt mit Zukunft? – von Thomas BERNER, Romedia GSCHWENTER, Gerhard SCHMIDHUBER ............................................. 63 C.2 Erster tiergestützter Bauernhofkindergarten in Oberösterreich – von Elisabeth DIRNBERGER, Sandra W IESINGER ................................................................................. 81

D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

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D.1 Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional – von Christine FRIEDL und Elisabeth PFEFFER......................................................... 97 D.2 Ein Getreidetrockner als Beispiel einzelner Innovationen von Biobauern – von Martin ZIEGLER ........................................................................................................................... 109 D.3 Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele– von Johannes Pree, Manuel Janits, Christiane Ringler ........................ 120 D.4 Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen – von Andrea FUCHS und Natalia PRAXL ............................. 142 D.5 Regionale Entwicklung und gesundes Essen im Land um Laa – NÖ – von Gerlinde W OHLMUTH und Maria HARMER ............................................................................................................................... 162 D.6 Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal – von Johanna BISCHOFund Birgit HÖRBINGER ............................................................................................................. 178

Anhang

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A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft?.......................................................... 193 A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional ................................................... 196 A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele. ................................................................ 199 A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen…………………………………………. 202 A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal…………………………………………………………………………………………………………. 207

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung A.1 Ist regionale Entwicklung immer nachhaltig? - Identifikation von Erfolgskriterien im Sinne der Nachhaltigkeit anhand ausgewählter Praxisbeispiele für Initiativen im Bereich Biolandbau und Regionale Entwicklung – von Martina Sonja OFFENZELLER

Abstract Vorliegende Arbeit soll Kriterien erfolgreicher (= nachhaltiger) Projekte im Bereich Regionale Entwicklung in Verbindung mit Ökologischem Landbau erörtern. Dazu werden zu Beginn der Arbeit die Begriffe „Ökologischer Landbau“, „Regionale Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“ definiert. Anschließend werden die Verknüpfungen „Ökologischer Landbau“ & „Regionale Entwicklung“ sowie „Ökologischer Landbau“ & „Nachhaltige Entwicklung“ beleuchtet. Der Ökologische Landbau fördert eine Regionale Entwicklung vor allem durch Beibehaltung seiner ursprünglichen Prinzipien. Eine Produktion im Einklang mit der Natur, hohe Lebensmittelqualität und Bodengesundheit sowie der Erhalt der bäuerlichen Tradition stehen im Vordergrund. Werden die Werte des Ökologischen Landbaus kommuniziert, steigert dies die regionale Identität und das Selbstwertgefühl. Können alle Glieder der Wertschöpfungskette durch Betriebe aus der Region wahrgenommen werden, sinkt der Energieverbrauch, Stoffkreisläufe werden regional geschlossen und Arbeitsplätze gesichert. Des Weiteren gilt auch: Werden die Prinzipien des Ökologischen Landbaus berücksichtigt und gleichzeitig sozio-ökonomische Ziele verfolgt, ist auch eine nachhaltige Entwicklung gegeben. Höhere Preise und öffentliche Gelder, die durch die biologische Wirtschaftsweise erwirtschaftet werden, wirken sich positiv auf ökonomische Ziele aus. Die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen und Innovationen, die eher bei biologisch wirtschaftenden LandwirtInnen zu finden ist als bei konventionell wirtschaftenden, ist ein weiterer Aspekt für erfolgreiche (nachhaltige) Projekte im Bereich Regionaler Entwicklung. Geht jedoch der Trend eher in Richtung „Konventionalisierung“ des Biolandbaus wirkt sich dies negativ auf die Nachhaltigkeit aus. Initiativen im Bereich „Regionaler Entwicklung“ bieten hierfür einen Ausweg. Anhand vier verschiedener Beispiele Regionaler Initiativen aus der Praxis sollen Erfolgsfaktoren identifiziert und mit denen der Literatur verglichen werden. Als Schlussfolgerung lässt sich festhalten, dass Kriterien für Erfolge (= nachhaltig) oder Misserfolge (= nicht-nachhaltig) nicht verallgemeinert werden können, aber es können gewisse Tendenzen aufgezeigt werden. Werden alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit miteinbezogen, und nimmt eine Dimension nicht zu viel Raum ein, sollte sich Erfolg einstellen.

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Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung 2. Stand des Wissens

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2.1. Der Begriff „Ökologischer Landbau“

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2.2. Der Begriff „Regionale Entwicklung“

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2.3. Der Begriff „Nachhaltigkeit“

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2.4. Ökologischer Landbau und Regionale Entwicklung

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2.5. Ökologischer Landbau und Nachhaltige Entwicklung

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2.5.1. Das Nachhaltigkeitsei

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2.5.2. Kongruenzen (Übereinstimmungen) zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung

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2.5.3. Differenzen zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung

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2.5.4 Fazit

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2.6. Beispiele Regionaler Entwicklung aus der Praxis

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2.6.1. Bioregion Moorbad Harbach

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2.6.2. Biobeeren für Coop – ein Warenbeschaffungsprojekt

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2.6.3. Ökomodell Achental

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2.6.4. Selbstversorgung Kloster Plankstetten – Regionale Kreislaufwirtschaft

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2.7. Ursachen für die Auflösung von Regionalinitiativen

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3. Forschungsfragen und Hypothesen 4. Methoden 5. Ergebnisse

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5.1. (Erfolgs-)Kriterien „Ökonomie“

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5.2. (Erfolgs-)Kriterien „Ökologie“

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5.3. (Erfolgs-)Kriterien „Soziales“

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5.4. Quantitative Gesamtbewertung

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5.4. Bewertung der Nachhaltigkeit

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6. Diskussion und Schlussfolgerung 7. Literatur- und Quellenverzeichnis

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

1. Einleitung Viele Regionen in Österreich sind von Abwanderung betroffen. In diesen Gebieten gibt es nur ungenügend, der Qualifikation angepasste, Arbeitsplätze. Die Bewohner der Region müssten unzumutbare Strecken zu einem Arbeitsplatz zurücklegen. Auch die Landwirtschaft ist von dieser Abwanderung betroffen. Oft gibt es keinen HofnachfolgerInnen, oder eine rentable Wirtschaftsweise ist ohne gravierende Änderungen nicht mehr möglich. Das Resultat dieser Emigrationen ist eine „entleerte“ Landschaft mit wenigen BewohnerInnen, die nur mehr ihre Freizeit dort verbringen, sowie ein Verfall der Infrastruktur. Immer mehr Initiativen beschäftigen sich daher mit diesem Problem. Durch die Förderung regionaler Betriebe soll eine Wiederbelebung der Region initiiert werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen. Ob Konzepte dieser Art immer erfolgreich sind und inwieweit die Ökologische Landwirtschaft dazu positive Beiträge liefern kann, soll in folgender Arbeit beleuchtet werden.

2. Stand des Wissens Zu Beginn der Arbeit werden die Begriffe „Ökologischer Landbau“, „Regionale Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“ definiert. Diese Definition ist besonders für den Begriff „Regionale Entwicklung“ erforderlich, da zu diesem keine eindeutige Definition in der Literatur aufscheint. Es gibt sehr viele Herangehensweisen in Abhängigkeit des Zielekanons und vor allem auch von der Disziplin, die sich eine Definition vornimmt. 2.1. Der Begriff „Ökologischer Landbau“ Dem Biolandbau liegen folgende Prinzipien und Ziele zu Grunde (Eichenberger und Vogtmann 1981): • • • • • • • •

Geschlossene Stoffkreisläufe am landwirtschaftlichen Betrieb Stärkung und Nutzung natürlicher Selbstregulationsmechanismen Schonender Umgang mit nicht erneuerbaren Ressourcen Erhaltung und Verbesserung von Artenvielfalt und Landschaftsbild Artgemäße Tierhaltung, -fütterung und –zucht Forcierung lokaler und regionaler Produktion und Distribution Anstreben einer sozial gerechten und ökologisch verantwortlichen Lebensmittelkette Sicherstellung von Lebensmittelqualität

Die IFOAM formuliert darüber hinaus noch folgende sozio-ökonomischen Ziele (IFOAM 2002, Movements 2002): • • • •

• •

Produktion ausreichender Mengen hochqualitativer Nahrungsmittel, Fasern und anderer Produkte Anerkennung der sozialen und ökologischen Auswirkungen, die von der ökologischen Produktion und den Verarbeitungssystemen ausgehen Unterstützung lokaler und regionaler Produktion und Verteilung Gewährleistung einer Lebensqualität für jeden, der im ökologischen Landbau und in der Verarbeitung involviert ist, durch Befriedigung der Grundbedürfnisse, sowie durch eine geschonte, sichere und gesunde Arbeitsumgebung Unterstützung der Bildung einer vollständigen, sozial gerechten und ökologischen Produktions-, Verarbeitungs- und Verteilungskette Anerkennung und Schutz von indigenen Wissen und traditionellen Farmsystemen

Die Basis jeder biologischen Produktionsweise ist jedenfalls die Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 vom 28. Juni 2007.

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2.2. Der Begriff „Regionale Entwicklung“ Region ist ein sehr unpräziser Begriff. Unter „Region“ kann man naturräumliche Einheiten, wirtschaftliche Einheiten oder soziale Einheiten (im Zusammenhang mit regionaler Identität) verstehen. Diejenigen, die sich zum regionalen Handeln zusammenschließen, entscheiden themen- und akteursbezogen über die Regionsdefinition. (Wytrzens 2007, Bartel-Kratochvil 2008). Auch der Begriff „Entwicklung“ ist sehr vage. Grundsätzlich wird mit „Entwicklung“ ein Prozess beschrieben, der auf ein bestimmtes Ziel hingerichtet ist. Das „magische Fünfeck“ von Entwicklung beinhaltet die Bereiche Wachstum, Arbeit, Gleichheit / Gerechtigkeit, Unabhängigkeit / Eigenständigkeit und Partizipation (Abbildung 1: „Magisches Fünfeck“ von Entwicklung). Unter Wachstum versteht man nicht nur die quantitative Vermehrung von Gütern, sondern auch qualitative Aspekte, wie ein Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Wohlstandserhöhung sowie eine Nichtgefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen. Arbeit stellt eine Existenzgrundlage dar, mit welcher der Mensch Armut überwinden, elementare Bedürfnisse befriedigen und sich selbst entfalten kann. Gleichheit / Gerechtigkeit soll eine gerechte Verteilung des gesamtgesellschaftlichen Mehrproduktes gewährleisten. Unabhängigkeit / Eigenständigkeit ist als Ausweg aus politischer, wirtschaftlicher und sozialer Unterdrückung zu begreifen. Partizipation fordert die Mitwirkung von Gruppierungen an einer „Entwicklung von unten“. (Bartel-Kratochvil 2008, Haas und Eschlbeck 2006).

Abbildung 1: „Magisches Fünfeck“ von Entwicklung Quelle: (Haas and Eschlbeck 2006) Fasst man beide Begriffe zusammen, entsteht der Ausdruck „Regionale Entwicklung“. Aus den oben beschriebenen Definitionen ergibt sich somit ein positiver, auf einen bestimmten regionalen Zielekanon ausgerichteter Prozess in einer bestimmten Region, die von ihrer Umgebung durch „Kommunikationsvorgänge“ abgegrenzt ist. Die „Kommunikation“ erfolgt dabei in Form des Austauschens von Information, Energie, Materie, Kultur, Kapital oder Personen. (Bartel-Kratochvil 2008).

Gemäß Wytrzens (2007) sind die Ziele einer Regionalen Entwicklung:

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

• • • • • • • • •

Wirtschaftsbelebung eines Raumes im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe Verbesserung von Kommunikationsprozessen durch Überzeugungsarbeit und Akzeptanz Aktivierung und Ausschöpfung von Selbsthilfepotentialen und Synergieeffekten durch Kooperationen und Netzwerke Verbesserung regionaler Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit Gestaltung regionaler Entwicklungsprozesse, basierend auf definierten Leitbildern Themenübergreifende Entwicklung einer Region im Sinne eines querschnittsorientierten Ansatzes Weckung endogener (in der Region vorhandener) Potentiale Bündelung von Aktivitäten der ansässigen Bevölkerung, um Marktpositionen zu verbessern Eventuell Schaffung und Pflege von regionalen Dachmarken

Die Vernetzung zwischen den regionalen AkteurInnen kann sowohl vertikal als auch horizontal stattfinden. Eine vertikale Vernetzung wäre beispielsweise der Zusammenschluss von ProduzentInnen. Bei einer Vernetzung von Urproduzenten mit Verarbeitern spricht man von horizontaler Integration (Wytrzens 2007). Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, Ideen der ansässigen Bevölkerung aufzugreifen, da die Leute oft selbst am besten wissen, was die Region braucht. Innovationsimpulse von außen, z.B. durch Bestpractice Beispiele, fördern zusätzlich die regionale Entwicklung. Wichtige Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung der Vorstellungen bzw. Ideen sind die Machbarkeit, die Identifikation der Betroffenen mit der Idee, die Nutzung komparativer Vorteile sowie die Stimmigkeit mit übergeordneten Leitbildern. Beteiligen sich möglichst viele lokale Akteure, wird die lokale Verankerung verbessert. (Wytrzens 2007).

2.3. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ „Eine nachhaltige Entwicklung verhindert die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage und erlaubt es allen Menschen, heute und in der Zukunft ohne Armut und Hunger in Frieden und glücklich zu leben. Eine nachhaltige Entwicklung sorgt für Ausgleich zwischen Arm und Reich, zwischen Ressourcenverschwendung und Mangel, zwischen heutigen und künftigen Generationen.“ (Jäger 2007). Der bewusst geprägte und angewandte Begriff der „Nachhaltigkeit“ ist relativ jung. Ursprünglich stammt er aus der Forstwirtschaft und wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Hans Carl von Carlowitz geprägt. „Nachhaltig wirtschaften“ bedeutete, dass höchstens so viel Holz geschlagen werden durfte, wie nachwachsen konnte, erwirtschaftete Erträge durften nicht zu Lasten der produktiven Quelle gehen. Die Maxime lautete: Von den Zinsen leben und nicht vom Kapitalstock. Dieser Grundsatz hat auch noch heute Gültigkeit, jedoch hat sich Inhalt und Umfang des Begriffs „Nachhaltigkeit“ verändert. Neben der ökologischen Dimension ist auch die ökonomische und soziale Dimension hinzugekommen. (Abbildung 2: Dimensionen der Nachhaltigkeit). (Schlägl 2007).

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Abbildung 2: Dimensionen der Nachhaltigkeit Quelle: (QUMsult 2009)

Das Stift Schlägl (2007) beschreibt in seinem Nachhaltigkeitsbericht die drei Dimensionen folgendermaßen: •





Im Bereich der Ökologie sind die wesentlichen Aktivitäten ein respektvoller Umgang mit Umwelt und Natur, eine Optimierung des innerbetrieblichen Umweltschutzes, die Reduktion von Außenwirkungen von Produkten und Dienstleistungen auf die Umwelt, die Berücksichtigung ökologischer Erfordernisse und Tragfähigkeiten für den gesamten Produktlebenszyklus sowie verbesserte Prozessabläufe in der Produktion, um die Ressourcen- und Energieeffizienz zu steigern. Im Bereich Soziales haben Unternehmer nicht nur Pflichten gegenüber ihren Eigentümern (Shareholdern), sondern berücksichtigen auch die Erwartungen und Ansprüche von Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner, sowie der Gesellschaft als Ganzes (Stakeholder bzw. Anspruchsgruppen). Der Fokus wird vom einseitigen Shareholder- zum mehrseitigen Stakeholder-Ansatz verschoben. Im Bereich Wirtschaft steht nicht der schnelle, kurzfristige Gewinn, sondern der langfristige, wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens an erster Stelle. (Schlägl 2007).

2.4. Ökologischer Landbau und Regionale Entwicklung Gemäß Weber (2002) sind ländliche Räume, ohne eine langfristig abgesicherte Landwirtschaft, nicht zukunftsfähig. Sämtliche Akteure der regionalen Lebensmittelwertschöpfungskette können einen Beitrag zu einer nachhaltigen regionalen Entwicklung leisten, und die Grundversorgung mit Waren des täglichen Lebens auf kurzem Weg sicherstellen. Regionale Bio-Vermarktungsinitiativen setzen oft auf Werte wie Förderung der regionalen Identität, Steigerung des Selbstwertgefühls, Beziehung zu lokalen KonsumentInnen und beeinflussen so die ländliche Entwicklung positiv. Werden Bioprodukte in der Region vermarktet, werden auch verstärkt die Werte dieser Produktionsweise weitergegeben und KonsumentInnen miteinbezogen. Häufig wird auch der Energieverbrauch entlang der Wertschöpfungskette vermindert und Stoffkreisläufe regional geschlossen. Wird der Biolandbau mit der Region vernetzt, steigen auch die Beschäftigungszahlen in den vor- und nachgelagerten Sektoren. (Bartel-Kratochvil 2005, Weber 2002, Hesse 1996, Schmid and Sanders 2005) In den letzten Jahren ist der Begriff der „Bioregion“ entstanden. Ziel einer solchen Bioregion ist die Schaffung einer Identität nach innen und nach außen. Dabei soll der Ökologische Landbau eine

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Leitfunktion einnehmen. Langfristiges Ziel ist eine Vollumstellung der regionalen Landwirtschaft auf die biologische Wirtschaftsweise. Ein weiteres Merkmal einer Bioregion ist die horizontale Vernetzung ökologisch wirtschaftender Betriebe beginnend beim vorgelagerten Sektor, über die landwirtschaftliche Produktion, die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung. Ebenso wichtig ist die vertikale Vernetzung, die ansässige Gewerbebetriebe, Handwerksbetriebe, Tourismus, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Anbieter von Alternativenergien, Verwaltungen und Bildungsanstalten mit den ökologisch wirtschaftenden Betrieben verknüpft. Stoff- und Wirtschaftskreisläufe werden so regional geschlossen, die Nachhaltigkeit wird gefördert. Mit der Entstehung von Bioregionen entwickeln sich auch neue Institutionen, die Management- und Organisationfunktionen wahrnehmen, es entstehen aber auch neue Werte, Normen und Konventionen. (Kratochvil 2004) Gemäß Kratochvil können folgende Bewertungskriterien für den Erfolg von Bioregionen herangezogen werden (Kratochvil 2004): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Das Schaffen von Wertschöpfung in der Region. Das Halten von Wertschöpfung in der Region. Die Schaffung regionaler Marken mit Außenwirkung. Die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region. Die Entstehung einer regionalen Grundinfrastruktur und Nahversorgung. Ein höherer regionaler Selbstversorgungsgrad. Die Verbesserung der Lebensqualität für die lokale Bevölkerung. Die Förderung regionaler Besonderheiten. Die Stärkung der Partizipation der regionalen Bevölkerung. Die Schaffung von regionalem Selbstverständnis und regionaler Selbstbestimmung. Die Schonung von Ressourcen. Die Einsparung von Ressourcen.

Ein wichtiger Punkt, der zu beachten ist, ist das Regionalentwicklungsprojekte zu keinem Zeitpunkt ganz abgeschlossen sind. Viele Maßnahmen werden initiiert und müssen am Laufen gehalten werden. Ein Erfolgskriterium ist jedoch die Umsetzung wichtiger Teilziele. (e.V. 2002).

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2.5. Ökologischer Landbau und Nachhaltige Entwicklung Unter allen Landbewirtschaftungsformen gilt die Ökologische Landwirtschaft als die umweltschonendste. Werden die Prinzipien des Ökologischen Landbaus berücksichtigt und gleichzeitig sozio-ökonomische Ziele verfolgt, ist auch eine nachhaltige Entwicklung gegeben. (BartelKratochvil 2005, BMELF 2001, Hauff 1987)

2.5.1. Das Nachhaltigkeitsei Das Nachhaltigkeitsverständnis des ökologischen Landbaus lässt sich anhand des „Nachhaltigkeitseis“ darstellen (Abbildung 3: Nachhaltigkeitsei). Die Dimensionen nachhaltiger Entwicklung sind hierarchisch angeordnet. Natur bzw. Umwelt bilden die natürliche Grenze für die Entfaltung bzw. nachhaltig gesicherte Funktionsfähigkeit der Systeme Gesellschaft und Wirtschaft. Ein dauerhaftes Nicht-Respektieren bzw. Ignorieren der Vorgaben, Mechanismen und Begrenzungen der Umwelt gefährdet Gesellschaft und Wirtschaft in ihrer eigenen Existenz. Dasselbe gilt für die Beziehung Gesellschaft und Wirtschaft. Die hierarchische Anordnung beschreibt nicht den Stellenwert jeder einzelnen Dimension, sondern beschreibt die Funktion sowie das Verhältnis der Systemgrenzen zueinander. Alle drei Dimensionen sind voneinander abhängig, beeinflussen sich gegenseitig und besitzen einen dynamischen Charakter, der durch die Pfeile gekennzeichnet ist. (Birkmann 2000, zit. in Kratochvil 2005).

Abbildung 3: Nachhaltigkeitsei Quelle: Birkmann 2000, nach Busch-Lüty 1995

2.5.2. Kongruenzen (Übereinstimmungen) zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung Natur- und Umweltschutz zählen zu den Grundideen und Ursprungsmotiven des Ökologischen Landbaus. Es gibt umfangreiche empirische Beweise für die positiven Effekte des Ökologischen Landbaus hinsichtlich Grundwasserschutz, Bodenschutz, Energieverbrauch, Biodiversität und Lebensmittelqualität. Mittels Ökobilanzierungen können Umweltauswirkungen unterschiedlicher Bewirtschaftungsweisen bewertet werden. Sowohl auf Ebene einzelner Produktionsverfahren, als auch für ganze Fruchtfolgen, Regionen oder gesamte Produktherstellungsprozesse ist dem Ökologischen Landbau vor anderen Landbewirtschaftungssystemen der Vorzug zu geben. Biobetriebe benötigen, im Vergleich zu konventionellen Betrieben, einen geringeren Energieinput. Dieser geringere Energieeinsatz bringt verringerte Luftschadstoff- und CO2-Emissionen mit sich und reduziert gleichzeitig die durch landwirtschaftliche Treibhausgasemissionen verursachten externen Kosten. Finden Verarbeitung und Vermarktung nicht in der Region statt, werden Transportströme und

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

gleichzeitig Treibhausgasemissionen verursacht. (Kratochvil 2005, Bartel-Kratochvil 2005, Haas 1994, Alfödi, Spiess and Niggli 1995, Alfödi et al. 1997, Ramharter 1999, Pretty et al. 2000, Kaliski 2003a, Kaliski 2003b) Der Ökologische Landbau ist aber nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht eine interessante Alternative zur konventionellen Landwirtschaft. Zwar sind auf Biobetrieben die Naturalerträge im allgemeinen niedriger und der Arbeitszeitbedarf (aufgrund Verarbeitung und Vermarktung) oft höher, dennoch erzielen biologisch wirtschaftende Betriebe aufgrund der häufig höheren Preise und aufgrund öffentlicher Gelder einen höheren Unternehmensertrag als konventionelle Betriebe. Viele Erfolgsgrößen hängen jedoch von einer Reihe betrieblicher sowie externer Faktoren ab. (Betriebliche Faktoren sind z.B. standörtliche Gegebenheiten, Intensitätsniveau, Betriebstyp und Betriebsform, Fähigkeiten und Qualifikation der Betriebsleiterin bzw. des Betriebsleiters. Unter externen Faktoren versteht man Förderungen, Vermarktungsmöglichkeiten sowie Produktpreise. Da die Landwirtschaft sehr stark mit anderen Sektoren verflochten ist, sind auch ökonomische Effekte, die über die landwirtschaftlichen Betriebe hinausgehen, zu berücksichtigen. Vorgelagerte Sektoren sind die Landmaschinenindustrie und -reparatur, Saatgut-, Dünge- und Pflanzenschutzmittelindustrie, Mischfuttererzeugung, Handel und Veterinärwesen. Nachgelagerte Bereiche sind die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Be- und Verarbeiter von Holz, die Papierindustrie, das Beherbergungs- und Gaststättenwesen sowie der Handel. Diese Effekte fallen insgesamt aber eher gering aus, wobei negative Auswirkungen auf vorgelagerte Bereiche oft durch positive Auswirkungen auf nachgelagerte Bereiche kompensiert werden. Knickel und Schramek (2001) weisen auf positive indirekte Effekte, wie ein verbessertes Regionsimage, Synergieeffekte zu anderen regionalen Initiativen, sowie eine Stabilisierung des Beschäftigungsniveaus in der Landwirtschaft, für ländliche Räume hin. (Kratochvil 2005, Knickel und Schramek 2001) Sensibilität für und Wissen über lokale Agrarökosysteme sind wichtige Faktoren für eine erfolgreiche ökologische Landbewirtschaftung. Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat jedoch zu einem fortschreitenden „De-skilling“ bei den BetriebsleiterInnen beigetragen. Fähigkeiten, Talente und Erfahrungswissen der lokalen, bäuerlichen Bevölkerung stellen wichtige Potenziale für die Erhaltung von landwirtschaftlichen Sozial- und Humankapital dar. Der Ökologische Landbau trägt somit zur Aufrechterhaltung dieser lokalen Ressourcen bei. Biologisch wirtschaftende LandwirtInnen verfügen häufig über einen höheren formalen Ausbildungsgrad, welches oft für das bessere ökonomische Abschneiden von Biobetrieben im Vergleich zu konventionellen Betrieben verantwortlich ist. BiolandwirtInnen zeigen sich auch offener gegenüber Neuerungen und Innovationen und erfahren auch häufiger soziale Anerkennung für ihre Arbeit. Informationsaustausch und Netzwerkbildung zwischen BiolandwirtInnen sind weitere wichtige Wege der Aus- und Weiterbildung. (Kratochvil 2005, Flora 2000, Neunteufel 2000, Pugliese 2001, Milestad 2003)

2.5.3. Differenzen zwischen Ökologischem Landbau und Nachhaltiger Entwicklung Die Ausweitung der Bioproduktion und des Biomarktes bringt auch negative Tendenzen mit sich. Trotz starken Marktwachstums seit Mitte der 1990er Jahre blieb in Österreich die Verteilung der Marktmacht, zugunsten der Supermarktketten, weitgehend unverändert. Die Gemeinschaftsverpflegung verzeichnete zwar einen Anstieg, dem gegenüber steht jedoch ein ebenfalls gestiegener Exportanteil, der aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung, negativ zu bewerten ist. Mit Exporten ist eine Zunahme der Transportstrecken verbunden, dies wiederum beeinflusst die Ökobilanz negativ. Der Lebensmitteleinzelhandel dominiert nach wie vor, die Direktvermarktung nimmt nur einen geringen Anteil ein. Werbestrategien setzten eher auf Genuss, persönliches Wohlbefinden und Qualität als auf die Vermittlung der sozialen und ethischen Ziele des Biolandbaus. Somit geht ein wichtiger Teil der KonsumentInneninformation und gleichzeitig der Marktentwicklungsperspektive verloren, was langfristig die höheren sozialen Standards des Biolandbaus gefährdet. Die Produktqualität von BioLebensmitteln wird durch dieselben Kriterien wie für konventionelle Lebensmittel gemessen. Im Biolandbau sind aber oft Kriterien wie Regionalität, Rasse / Sorte ebenso wichtig, sie werden aber den

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Konsumenten nicht vermittelt. Diese Nivellierung der Produktqualität führt letztlich zu „Bio-light“Produkten, die mit der ursprünglich ganzheitlichen Idee wenig gemeinsam haben. (Kratochvil 2005, Jungbluth 2000) Es besteht die Gefahr, dass sich der Ökologische Landbau in Richtung eines kurzfristig ökonomisch orientierten Produktionssystems entwickelt. Zunehmende Intensivierung und Spezialisierung bei Biobetrieben sowie das Aufbrechen betrieblicher Stoffkreisläufe zeigen dies sehr deutlich. Ökologische Leistungen werden vermindert, gleichzeitig werden bestehende Herausforderungen für Verbesserungen im Produktionssystem nicht weiterverfolgt. Durch ökonomische Sachzwänge verschlechtern sich auch Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitsplatzqualitäten besonders auf Betrieben mit arbeitszeitintensiven Ackerkulturen, hofeigener Vermarktung oder Direktvermarktung. (Kratochvil 2005, Schreiber 2001, Brand 2004, Allen and Kovach 2000, Hadatsch et al. 2000, Kaliski 2003b)

2.5.4 Fazit Im Zuge der aktuellen Entwicklungen gehen die im Kapitel 0 festgestellten Kongruenzen zwischen den Prinzipien des Ökologischen Landbaus und den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung immer mehr verloren. Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen ähneln immer mehr denen, der konventionellen Wertschöpfungskette. Kurzfristige ökonomische Orientierung, erhöhter Preisdruck und sinkender Spielraum für die LandwirtInnen tragen ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. Auch in der gesellschaftlichen Dimension sind negative Tendenzen zu beobachten, allem voran die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen. Natur und Umwelt leiden insofern, als dass sich aufgrund verstärktem Exports die Transportwege verlängern, sowie auf einigen Biobetrieben die verbotenen chemisch-synthetischen Inputs durch „harmlosere“ Inputs ersetzt werden (input substitution approach). Die Beiträge und Leistungen des Ökologischen Landbaus für eine nachhaltige Entwicklung sind also derzeit beschränkt. Eine Aufrechterhaltung bzw. Stärkung der Kongruenzen zwischen Ökologischen Landbau und Nachhaltiger Entwicklung erfordert daher politische Maßnahmen, die bei einer gesellschaftlichen „Grobsteuerung“ im Sinne rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen ansetzen (Beispiel: ökologische Steuerreform). Zusätzlich wirken sich zivilgesellschaftlichprivatwirtschaftliche Initiativen, wie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsinitiativen, Bildungsmaßnahmen oder Bioregionen, positiv aus. Nimmt die Ökonomie zu viel Raum ein, ist zu wenig Platz für Soziales und Natur, ist das Nachhaltigkeitsei gestört. (Kratochvil 2005, Rosset 1997, Minsch 1992)

2.6. Beispiele Regionaler Entwicklung aus der Praxis 2.6.1. Bioregion Moorbad Harbach Hauptproblem dieser Region war die Aufgabe der Bewirtschaftung benachteiligter Flächen durch die ansässigen LandwirtInnen. Der Fremdenverkehr profitierte aber sehr von der kleinstrukturierten, reichhaltigen Landschaft, sie galt als Attraktion für die Touristen. Entstehende Brachflächen wurden wiederaufgeforstet, somit ging der Erholungswert der Kulturlandschaft nach und nach verloren. Da die LandwirtInnen für den Erhalt und die Pflege dieser Kulturlandschaft unbedingt erforderlich waren (sind), musste die Existenz dieser gewährleistet werden. Anfang der 1990er Jahre wurde ein Projekt gestartet, das die regionale Landwirtschaft mit der regionalen Gastronomie enger verknüpfen sollte. Ein Großteil der LandwirtInnen stellte im Zuge dieses Projektes auf biologische Wirtschaftsweise um und konnte so, qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen. Die Ziele des Projektes waren eine bedarfsgerechte Produktion durch die ökologische Landwirtschaft, die Erhaltung einer intakten, kleingliedrigen Kulturlandschaft, eine Verlagerung der Produktion auf standortgemäße Feldfrüchte und einheimische Tierrassen. Weitere Ziele waren eine hochqualitative Verarbeitung in regionalen Gewerbebetrieben, naturnahe Lebens-bedingungen sowie eine Gäste- und Patientenbetreuung unter ganzheitsmedizinischen Aspekten. (Kratochvil 2004, Harbach 2009)

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Im Zentrum stand der Initiator des Projektes, das Moorheilbad Harbach. Das Heilbad war mit 340 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Region und gleichzeitig der größte touristische Lehrlingsausbildungsbetrieb in Niederösterreich. Des Weiteren pflegte es enge Kooperationen mit verschiedenen medizinischen Instituten, regionalen Krankenhäusern und war in mehreren Marketingkooperationen involviert. Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt: 1990 erfolgte die Gründung der „Moorheilbad Harbach Produktions- und Vermarktungsgesellschaft für ökologische Produkte GesmbH“. Die Gesellschafter waren zu 50 % das Moorheilbad selbst und 50 % LandwirtInnen aus der Gemeinde (d.h. absolut 80 % aller LandwirtInnen). Beteiligte LandwirtInnen wirtschafteten ausnahmslos nach den Richtlinien des Ökologischen Landbaus und erhielten für ihre Produkte deutlich höhere Preise (20 – 50 % über den regional üblichen Marktpreisen) bei garantierter Abnahme. Ein eigenes Qualitätszeichen wurde geschaffen. Zu Projektbeginn haben sich die Transportwege aufgrund der Schließung der nächstgelegenen Molkerei und der Inanspruchnahme eines speziellen Fleischhauers erhöht. Im Jahre 1997 wurde die Biomolkerei „Waldviertler Oberland“ sowie ein Schlachtbetrieb eröffnet. Dies verringerte schlussendlich die Transportwege und garantiert frische Produkte. Die Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Fremdenverkehr initiierte die Wiedereinführung des nahezu ausgestorbenen Waldviertler Blondviehs zur Qualitätsfleischproduktion sowie der äußerst seltenen, altösterreichischen Pferderasse der Huzulen als Freizeitpferd. Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen werden als Pfleger der Kulturlandschaft auf Weiden gehalten. Gemüse und Feldfrüchte wachsen auf natürlichen Böden. Eine durchgehende Nachvollziehbarkeit der Produktwege in der Verarbeitung ist für das Kreislaufmodell unbedingt erforderlich. (Kratochvil 2004, Harbach 2009) Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft zeigte sich wie folgt (Erfolge): Die Flächennutzung für Christbaumkulturen, Kurzumtrieb und Forst erfuhr einen rückläufigen Trend, die Aufforstung stagnierte. Der Anteil der Bioflächen und Biobetriebe stieg in der Gemeinde Harbach an und war im Vergleich zu Österreich, Niederösterreich, Waldviertel und Bezirk Gmünd um ein Vielfaches höher. Schweinezucht, Schweinemast sowie Legehennenhaltung wurden für die Belieferung der Gastronomie deutlich ausgeweitet. Der Anteil von Anbindeställen ist zugunsten von Laufställen zurückgegangen, für das Jungvieh wurde die früher übliche Weidehaltung wieder eingeführt. Eine Zunahme der Kulturpflanzenvielfalt war zu verzeichnen. Durch den Verzicht auf mineralische Stickstoffdüngung und Pflanzenschutzmitteln war eine positive Veränderung hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Treibhausgaspotential sowie Grundwasser- und Bodentoxizität zu verzeichnen. Hauptumstellungsmotive befragter LandwirtInnen waren überwiegend Mitgliedschaft bei der „Moorheilbad Harbach Produktions- und Vermarktungsgesellschaft für ökologische Produkte GesmbH“ bzw. ökonomische Gründe. Vorteile der Mitgliedschaft sahen die LandwirtInnen v.a. bei der administrativen und organisatorischen Unterstützung, dem Zugang zu Förderungen, sowie Vorteile hinsichtlich Kosten, Preise und Absatz. Aus Überzeugung stellten jedoch nur einige wenige LandwirtInnen auf die biologische Wirtschaftsweise um. (Kratochvil 2004)

2.6.2. Biobeeren für Coop – ein Warenbeschaffungsprojekt Das Projekt „Biobeeren für Coop“ lief zwischen 2002 und 2005 in der Schweiz mit dem Ziel den Biobeerenumsatz aus einheimischer Produktion bei Coop zu steigern. Dazu sollte ein Netz aus professionellen Biobeerenbetrieben mit gut eingespielter Logistik erschaffen werden, um eine kontinuierliche Belieferung von Coop sicherzustellen. 2005 wurden mehr als 52 Tonnen Biobeeren aus schweizerischer Produktion umgesetzt und damit das Ziel „Umsatzsteigerung“ erreicht. Ebenso wichtig war die Schaffung eines soliden Fundaments, welches die Vermarktung schweizerischer Biobeeren auch in der Zukunft sicherstellen sollte. Pfeiler dieses Fundaments waren der professionalisierte know-how-Transfer von der Forschung zur Praxis, die Erhöhung der Versorgungssicherheit mit biologischem Pflanzgut, Reformen bei Mengenmelde- und Preisbildungssystem sowie Weiterentwicklungen bei Verpackung, Logistik und Lagerung der Beeren. Ergebnis dieses Projektes war die Entstehung einer engeren Verbindung und von mehr Vertrauen

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

zwischen Produktion, Handel und Verkauf. Dieses Niveau sollte gehalten, wenn möglich verbessert werden und zwar unter der Voraussetzung, dass die Abläufe selbst geplant und abgewickelt werden. (FiBL 2005) Bei diesem Projekt stand nicht die Direktvermarktung im Vordergrund. Die Bio-Beerenproduktion in der Schweiz verzeichnete im Jahr 2003 einen Abwärtstrend, welcher gestoppt werden sollte. Einer der Gründe für die schlechte Vermarktung von Bio-Beeren lag gemäß Bio-Suisse in den verschiedenen Preisbildungsmodellen der Bio-Produkte und der Nicht-Bio-Produkte. Für Bio-Beeren galt ein Saisonpreis, für Nicht-Bio-Beeren wurde wöchentlich ein neuer Preis bestimmt. Zum Zeitpunkt der Erntespitze fiel der Nicht-Bio-Preis zusammen, während der Bio-Preis fixiert blieb. Die so wachsende Preisdifferenz wurde von den Konsumenten als zu groß empfunden und der Verkauf brach ein. Des weiteren wurde ein zusätzlicher Vermehrungsbetrieb für biologisches Pflanzgut aufgebaut, Biobeerenbetriebe gingen mit Coop eine schriftlich vereinbarte, dreijährige Partnerschaft ein, intensive Beratungen seitens FiBL unterstützte die Bio-Bauern und ein Logistikpartner für die Beschaffung der Biobeeren in der gesamten Schweiz wurde gefunden. Wie sich im zweiten Projektjahr zeigte, war nicht die Produktion selbst das Hauptproblem, sondern Schwierigkeiten beim Absatz, d.h. eigentlich bei der Kommunikation zwischen Produktion, Logistik und Handel. Um dieses Problem zu lösen, wurde ein detailliertes Kommunikationsschema erstellt (Maßnahmen). Wöchentliche Telefonkonferenzen gewährleisteten einen wesentlich besseren Informationsfluss zwischen den Partnern. Die Preisbildung wurde flexibilisiert und somit den Marktgegebenheiten besser angepasst. Meldungen über erwartete Erntemengen für die Folgewochen erwiesen sich als Schlüssel zum Erfolg. Über- oder Unterkapazitäten konnten so vermieden werden. Der Produktionsseite wurde somit mehr Verantwortung übertragen. Tendenzen wurden wöchentlich via strukturiertes Berichtsprotokoll per EMail an Coop kommuniziert. Die Verpackung wurde geändert. Es kamen anstatt 125 g Kartonschalen 250 g Plastikschalen zur Anwendung. Des Weiteren wurde auf eine rasche Kühlung nach der Ernte und die Einhaltung einer geschlossenen Kühlkette geachtet. Die Drehscheiben wurden von drei auf zwei reduziert, was zwar teilweise zu längeren Anlieferungswegen und somit zu deutlich höheren Kosten für einige Produzenten führte, jedoch wurden gleichzeitig die Logistikabläufe vereinfacht und somit ein Beitrag zu einer besseren Absatzsituation geleistet. (FiBL 2005) Erfolge: Um Übermengen bei Erdbeeren und Brombeeren zu verhindern, wurde das Produktionspotential genau analysiert. Für Brombeeren wurde ein weiterer Absatzweg über Bioverarbeitung gefunden. Auch bei der Erdbeere wurde ein Überschuss durch Bioverarbeitung aber auch durch Absatz am konventionellen Markt verhindert. Durch Aktionstätigkeiten wurden bei beiden Obstsorten große Mengen abgesetzt und so Überbestände verhindert. Die wöchentlichen Telefonkonferenzen ermöglichten diese Aktionen. Die Preisbildung richtete sich stark nach Angebot und Nachfrage und war an die Marktsituation des konventionellen Beerenmarktes gekoppelt. (FiBL 2005) Die Beerenproduktion, aber auch die Produktion von biologischem Pflanzgut wurde professioneller. Durch einen zusätzlichen Vermehrungsbetrieb erhöhte sich die Versorgungssicherheit. CoopEinkaufzentren konnten sogar Bio-Erdbeersetzlinge anbieten. (FiBL 2005) Bei einer Befragung nach Abschluss des Projektes gaben Produzenten einige Verbesserungspunkte und Wünsche an. Das Meldewesen wurde beispielsweise zwar als notwendig erkannt, aber teilweise als schwierig handhabbar bezeichnet. Für Produzenten, die weite Anlieferungswege zur Annahmestelle hatten, wurde die Sinnhaftigkeit hinsichtlich Ökologie und Ökonomie hinterfragt, vor allem vor dem Hintergrund nahegelegener Coop-Filialen, die nicht direkt beliefert werden konnten. Sehr geschätzt wurde die neutrale Anlaufstelle für Probleme jeglicher Art während des Projektzeitrahmens. Die Produzenten wünschten sich den Erhalt einer solchen Stelle auch nach Ablauf des Projektes. Gruppenveranstaltungen wurden als sehr effizient bezeichnet und sollten auch fortgeführt werden. Das wichtigste Anliegen aller Produzenten war, möglichst bald über die Abnahmesituation im nächsten Jahr informiert zu werden. (FiBL 2005)

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Quelle: (FiBL 2005)

2.6.3. Ökomodell Achental Das „Ökomodell Achental“ ist ein Projekt der Region Chiemgau (Landkreis Traunstein, Bayern), das im Oktober 1997 startete. Acht Gemeinden südlich des Chiemsees stellten einen Förderantrag nach dem EUProgramm INTERREG II zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und gründeten den Verein „Ökomodell Achental“. Auf der Tiroler Seite sind die Gemeinden Kössen und Schwendt in das Projekt eingebunden. Ziele dieses Projektes waren eine umweltverträgliche, zukunftsfähige Gemeindeentwicklung mit Sicherung der Kulturlandschaft und der Umweltqualität. Land- und Forstwirtschaft, der ortsansässige Handel, Handwerk und Gastronomie, Tourismus und Naturschutz wurden in das Projekt involviert. Schwerpunkte des Projektes waren die Erhaltung von Kultur- und Naturlandschaft, das Sichern der landwirtschaftlichen Betriebe als Wahrer der Kulturlandschaft, die Förderung und Entwicklung eines naturverträglichen Tourismus, eine Vernetzung der Natur- und Landschaftsschutzgebiete durch gezielte Landschaftspflegemaßnahmen, die Stärkung der Region von Innen sowie die Förderung vernetzten Denkens und grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Um die landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern, setzte man auf eine Verbesserung der Einkommen durch Produktdiversifizierung in der Regional- und Direktvermarktung, sowie auf eine Optimierung außerlandwirtschaftlicher Einkommen (Urlaub auf dem Bauernhof). Zusätzlich fand eine Programmberatung der LandwirtInnen in Hinblick auf eine „Ökologisierung“ der landwirtschaftlichen Betriebe statt. Eine gemeinsame Marke „Qualität Achental“ für naturnah produzierte, regionale Produkte wurde entwickelt. Die Landschaftspflege wurde mit der Regionalvermarktung durch Obstbaumpflanzaktionen verknüpft. Der Lebensraum bedrohter Vogelarten wurde durch eine Optimierung der Lebensräume (z.B. durch Streuwiesenpflege) optimiert. Ein Naturerlebnispfad zum Zweck der Umweltbildung wurde angelegt. Ein Gewässerpflegeplan wurde umgesetzt. Auf den Erhalt traditioneller Nutzungsformen, wie Streuwiesenbrachen wurden bedacht. Die Landschaftspflegemaßnahmen wurden in der Regel von ansässigen LandwirtInnen selbst ausgeführt. Im Bereich Tourismus setzte man auf Imagebildung der „Ferienregion Chiemsee-Chiemgau“. Dazu wurde ein grenzüberschreitendes Imageprospekt geschaffen, gemeinsame Marketing- und Werbemaßnahmen durchgeführt, ein gemeinsamer Veranstaltungskalender geplant sowie ein

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

gemeinsamer Internetauftritt mit Möglichkeit zur Online-Buchung erstellt. Alle drei Ziele sollten im Einklang miteinander und zum gegenseitigen Vorteil verfolgt werden. (e.V. 2002, Reginet.de 2009b) Beteiligte AkteurInnen waren der „Verein Ökomodell Achental e.V.“, die Nutzer der Zeichen „Qualität Achental“ und „Kulturlandschaft Achental“, ansässige LandwirtInnen, eine fachliche Beratung im Bereich Landwirtschaft und Landschaftspflege sowie eine Betreuung durch die Förderstellen der Regierung Oberbayern. (e.V. 2002) Im Zuge des Projektes wurden folgende Maßnahmen durchgeführt (e.V. 2002): • • • • • •

Installation eines Vereins Grenzüberschreitende Zusammenarbeit Arbeitsbereich „Einzelbetriebliche Entwicklungskonzepte“ Arbeitsbereich „Logo und Richtlinien“ Arbeitsbereich „Regionale Rindfleischvermarktung“ Arbeitsbereich „Mitgliederwerbung und dazugehörige Öffentlichkeitsarbeit“

Um den Erfolg des Projektes messbar zu machen, stellte man folgende Liste nachprüfbarer Indikatoren (quantifizierbare Ergebnisse) zusammen (e.V. 2002): • • • • • • • • • •

Anzahl der Betriebsumstellungen auf Ökologischen Landbau Anzahl von Ökobetrieben und Betrieben mit extensiver Gründlandnutzung Milchpreis für Bio-Milch Preis für Rindfleisch Marktleistung bei 10 kg Fleischpakete Anzahl Direktvermarkter im Vereinsgebiet Urlaub auf dem Bauernhof Einkommen der Landwirte durch Landschaftspflegemaßnahmen Logo-Umsetzung Entwicklung Mitgliederzahl

Nicht nur quantifizierbare Ergebnisse sind bedeutsam, auch weiche Indikatoren sind in einem Projekt, in welchem es um nachhaltige Stärkung der Region von innen und um vernetztes Denken geht, nicht minder wichtig (e.V. 2002): • • • • •

Bürgerbeteiligung, Bottom-up-Ansatz Aktive Vereinsarbeit Gesprächsbereitschaft untereinander Kreislaufdenken, vernetztes Denken und Handeln Verbraucherverhalten / Verbraucherbewusstsein

Im Abschlussbericht 2002 konnten folgende Erfolge verzeichnet werden: Die Anzahl der Biobetriebe stieg von 9 auf 45. Die Landschaftspflegemaßnahmen wurden von den LandwirtInnen gut und gerne durchgeführt. Generell stieg das Einkommen von 615.000 auf 1.800.000 DM an. Für Bio-Milch erhielten die LandwirtInnen einen Aufschlag, des Weiteren führte die Vermarktung von 10 kg Fleischpaketen ab Hof zu einer Einkommenssteigerung von 800 DM pro Tier. Für „Qualität Achental“ Rindfleisch zahlten Metzger einen Aufschlag von 50 Pfg/kg, es konnten auch Mehrerlöse für Apfelsaft und Zwetschkenbrand, die unter demselben Logo vermarktet wurden, erzielt werden. Ein sehr hoher Einkommenseffekt wurde durch KULAP-Prämien für die Teilnahme an den Maßnahmen „extensiver Grünlandnutzung“ und „Ökolandbau“ erzielt. Landwirtschaftliche Arbeitsplätze wurden gesichert und damit gleichzeitig der Erhalt der Kulturlandschaft und der Umweltqualität. Dies wiederum trug zur Erhaltung von Arbeitsplätzen im Tourismus bei. Allgemein stieg die Kommunikation zwischen den Gemeinden. Vernetztes Denken in den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz und

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Tourismus wurde gefördert. Die Vereinsstelle erfuhr einen regen Zulauf an Mitgliedern und die Bürgerbeteiligung über Initiativ- und Arbeitskreise war hoch (Bottom-up-Ansatz). (e.V. 2002) Weniger erfolgreich war die Initiative „Urlaub am Bauernhof“. Die Übernachtungen gingen leicht zurück und stagnierten auf einem niedrigen Niveau. (e.V. 2002) Hinderlich wirkte sich das Spannungsfeld zwischen südlich gelegenen, benachteiligten, fast gänzlich nach den Kriterien des ökologischen Landbaus arbeitenden Betrieben und den im Norden gelegenen, von einer längeren Vegetationsperiode und besseren, ertragreicheren Böden begünstigten, leistungsfähigen Vollerwerbslandwirtschaften aus. Diese, im Norden gelegenen Betriebe, wurden nur wenig von den Zielsetzungen des Projektes angesprochen. Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit v.a. im Bereich der Regionalvermarktung verlief etwas schwieriger als geplant. Eine Gesprächsbereitschaft seitens der Tiroler war zwar vorhanden, aber die Vorbehalte, sich auf die bayrische „Konkurrenz“ einzulassen, sehr hoch. Hemmend wirkten auch die unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen in Bayern und Österreich, sowie die Tatsache, dass in Österreich bereits eine sehr offensive und erfolgreiche Regionalvermarktung mit naturnah bzw. ökologisch hergestellten Produkten existierte. Des Weiteren gab es z.B. beim Fleisch rechtliche Barrieren. Schlussendlich konzentrierte man sich auf Aktivitäten im Bereich Tourismus und Landschaftspflege. (e.V. 2002) Aktuelle Informationen kann man über die Website http://www.oekomodell.de/index.html beziehen. (e.V. 2002)

2.6.4. Selbstversorgung Kloster Plankstetten – Regionale Kreislaufwirtschaft Die Benediktinerabtei Plankstetten gehört zur Gemeinde Stadt Berching und liegt im Landkreis Neumarkt in der Mitte Bayerns. Diese Region ist ein strukturschwaches, ländliches Gebiet. In der Region um Plankstetten gibt es zu wenige Arbeitsplätze im Fremdenverkehr, in der Landwirtschaft und im Handwerk. Viele Menschen müssen täglich in die bayrischen Industriezentren zur Arbeit pendeln. Das Kloster Plankstetten möchte durch die zunehmende Öffnung für breite Bevölkerungsschichten seinen Beitrag für Produktion und Absatz von Gütern und Dienstleistungen in der Region leisten und gleichzeitig eine positive, geistige, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum auslösen. (Plankstetten 2009) In den letzten Jahrzehnten bezog das Kloster den Großteil seiner Lebensmittel vom Großhandel und verkaufte den Großteil seiner Erzeugnisse an Großabnehmer. Diese Wirtschaftsweise entsprach aber keinesfalls der benediktinischen Tradition und so besann sich das Kloster, stellte die Landwirtschaft um und versorgte sich zum großen Teil wieder selber. Das Konzept der Benediktinerabtei sah folgendermaßen aus: Die bestehende Klosterbäckerei, -metzgerei und –gärtnerei wurden intensiviert und auf ökologische Wirtschaftsweise umgestellt. Seit 1995 ist die Benediktinerabtei Plankstetten Mitglied des Bioland-Verbandes. Die klostereigene Landwirtschaft sowie umliegende Biobauern beliefern nun die Klosterbetriebe mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Die Verarbeitung dieser Produkte erfolgt dann entweder im Kloster selbst, oder in einem der umliegenden Betriebe (Obstpresse, Bierherstellung). Konsumiert werden nur die eigenen oder aus der Region zugekaufte Produkte, die Vermarktung erfolgt im Kloster selbst oder durch Belieferung an den Einzelhandel und an Großverbraucher. Wesentlich dabei ist die Bezahlung von fairen Preisen. Die Grundsätze des Wirtschaftens orientieren sich an ökologischen, regionalen und saisonalen Gesichtspunkten. (Plankstetten 2009, Reginet.de 2009a) Folgende Ziele sollen erreicht werden: Eine nachhaltige Förderung des ökologischen Landbaus und eines umweltgerechten Verhaltens. Die Integration und Zusammenarbeit mit Biobauern aus der

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Region. Die Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in regionalen Bäckerein und Metzgerein. Der Konsum der erzeugten Produkte im Konvent, dem Gästehaus und der Klosterschenke. Eine Vermarktung der erzeugten Produkte im ÖKO-Hofladen des Klosters, auf Verkaufsmärkten und durch Belieferung kirchlicher Einrichtungen (Klöster, Bildungs- und Exerzitienhäuser, …). Der Aufbau einer größeren Vermarktungsschiene für ökologisch erzeugte, regionale Produkte. Die Erhaltung und Verbesserung der Kulturlandschaft im Jura. Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. Unterstützung umweltgerechter bzw. alternativer Energieformen. Die Förderung der energetischen Verwertung nachwachsender Rohstoffe. Das Kloster als Impulsgeber und Vorbild für die Region in geistiger, gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Art. Informations- und Wissenstransfer zur Bevölkerung. Entwicklung des ländlichen Raumes. Die Vermittlung der Notwendigkeit des Ökologischen Landbaus sowie der Erfolge desselben. Darstellung der Umsetzungsmöglichkeiten einer regionalen Autarkie im Kloster. (Plankstetten 2009) Zur Erreichung dieser Ziele wurden folgende Maßnahmen getroffen: Biotope, Hecken, Streuobstwiesen und Randstreifen wurden angelegt. Landwirte wurden bei der Erprobung neuer Kulturen unterstützt. Eigenverwertung des Holzes im Kloster als Hackschnitzel, Holzböden, Möbel, Bauholz, etc. Hackschnitzelzukauf auch von Forstwirten der Region. Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft HOLZ von Jura 2000. In den Bereichen Verarbeitung und Vermarktung wurden moderne Einrichtungen geschaffen (Bäckerei, Metzgerei, Hofladen). Diese stehen auch LandwirtInnen der Umgebung zur Nutzung zur Verfügung. Schaffung eines Ökologischen Informationszentrums mit Ausstellungen und Veranstaltungen, um das Konzept einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (Plankstetten 2009) Der Projekterfolg ließ nicht auf sich warten: Eine 75 %-ige Selbstversorgung des Klosters samt Gästehaus (80 Betten) und Klosterschenke wurde erzielt. Fehlende Lebensmittel werden aus der Region zugekauft, soweit möglich aus ökologischem Landbau. Gäste und Besucher zeigen großes Interesse und Wohlwollen gegenüber diesem Konzept. Im Bereich alternativer Energien ist der Betrieb einer Biomasseheizanlage, einer thermischen Solaranlage und die Umrüstung mehrerer PKWs auf Pflanzenölbetrieb zu verzeichnen. (Reginet.de 2009a)

2.7. Ursachen für die Auflösung von Regionalinitiativen Gees et al. (2005) beschreiben Faktoren, die zur Auflösung von Regionalinitiativen führen können. Häufig sind es die Rahmenbedingungen, die zum Misserfolg führen. Besonders die Bürokratie stellt oft eine Hürde dar, wie z.B. die strengen Hygienerichtlinien der EU, die gerade für regionale, handwerkliche Lebensmittelverarbeiter entscheidend sind. Aber es sind nicht nur die gesetzlichen Regelungen selbst, die hinderlich wirken, oft fehlt einfach nur eine ausreichende Beratung die Informationen über das „Warum“ und „Wie“ weitergeben. (Gees, Queren and Blülein 2005) Häufig wird angenommen, dass ein erfolgreiches Marketing am wichtigsten für den Erfolg eines Projektes ist. Gees et al. (2005) haben bei ihrer Analyse aufgelöster Regionalinitiativen festgestellt, dass oft eine gewisse Marketingkompetenz der Akteure fehlt, aber besonders für kleinstrukturierte, regional orientierte Verarbeiter sind die beteiligten AkteurInnen sowie ein erfolgreiches Projektmanagement das Um und Auf. Viele aufgelöste Initiativen nennen als einzigen (Miss)Erfolgsfaktor „Partner und gute Beziehungen“. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass regionale und biologische Herkunft nicht die alleinigen Kaufkriterien sind, sondern besonders Frische, Produktqualität und Preis-Leistungsverhältnis stehen häufig im Vordergrund. Regionalität sollte daher immer mit Qualitätsmerkmalen verknüpft sein und auch so kommuniziert werden. Ein weiterer wichtiger Faktor für eine Auflösung von Regionalinitiativen ist der fehlende Zugang zu Ressourcen, wie Finanzmittel, Arbeitszeit und Beratung. (Fehlende) Win-Win-Situationen, bei denen Gewinn bzw. Nutzen für alle beteiligten AkteurInnen erreicht werden, prägen den (Miss-)Erfolg häufig indirekt mit. Ziel ist es Kooperationen zu schaffen, anstatt Konflikte zwischen den verschiedenen Interessensgruppen hervorzurufen. Bringen beteiligte AkteurInnen keine Eigenmotivation mit, dann führt dies häufig zur Auflösung von Initiativen. Diese Eigenmotivationen gehen oft aus einem

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Problemdruck, Problembewusstsein, Veränderungswillen, Engagement, Gewinnstreben oder dem Einsatz von Eigenkapital hervor. Oft scheitern Projekte auch an der mangelnden Kompetenz von Schlüsselpersonen. (Gees et al. 2005) Soziale Fähigkeiten (soft skills), wie Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit oder Teamgeist, haben ebenfalls oft einen größeren Einfluss auf den Erfolg eines Projektes, als reine fachliche Qualifikation. (Fromm, Kratochvil and Pöchtrager 2000)

3. Forschungsfragen und Hypothesen Anhand der vier Praxisbeispiele sollen folgende Fragen erörtert werden: Bereich Ökonomie: • • • • • •

Wurden höhere Produktpreise erzielt? Wurde der Absatz bei Bioprodukten gesteigert? Erfolgt die Verarbeitung regional? Bezog man Förderungen für die biologische Wirtschaftsweise? Erfolgte eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Einkommen? Stieg die Anzahl der Biobetriebe in der Region?

Bereich Ökologie: • • • •

Anwendung der biologischen Wirtschaftsweise? Wurden Transportwege reduziert? Wurde der Landschafts- und Naturschutz miteinbezogen? Erfolgte eine Förderung alternativer Energieformen?

Bereich Soziales: • • • •

Wurde eine Gesellschaft oder ein Verein gegründet? Wurden Bio-LandwirtInnen daran beteiligt? Wurden durch das Projekt Arbeitsplätze gesichert? Wie ist der Stellenwert von Kooperationen zu beurteilen? Wurde gezielte Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, wenn ja wie?

Hypothese: Ökonomische Kriterien, wie Förderungen, höhere Produktpreise für Bioware, Verarbeitung in der Region und außerlandwirtschaftliche Einkommen, tragen wesentlich zum Erfolg regionaler Initiativen bei. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Theorie im Vorfeld Hinweise auf (Erfolgs-)Kriterien in den Bereichen Marketing / Öffentlichkeitsarbeit, Beteiligung regionaler LandwirtInnen, Gründung von Gesellschaften / Vereinen sowie Kooperationen gibt.

4. Methoden Zu Beginn der Arbeit erfolgte eine systematische Literaturrecherche mittels Online-Katalog der Universitätsbibliothek, Datenbanken, elektronische Zeitschriftenarchive und diversen Suchmaschinen im Internet. Themenspezifische Schlagworte führten zu Büchern, in digitaler Form veröffentlichten Publikationen und diversen Internetquellen. Diese wurden auf ihre Relevanz für diese Arbeit überprüft. Basierend auf diesen Quellen erfolgte eine genaue Definition und Abgrenzung der Begriffe „ökologischer Landbau“, „regionale Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“. Danach wurden die einzelnen

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Begriffe zueinander in Beziehung gebracht und gegenübergestellt. Anhand von Praxisbeispielen wurden die wichtigsten (Erfolgs)faktoren identifiziert, auf die drei Bereiche „Ökologie“, „Ökonomie“ und „Soziales“ unterteilt und in drei verschiedenen Matrizes gegenübergestellt. Um diese qualitativen Aussagen greifbarer zu machen, wurden die Tabellen mit Hilfe eines einfachen Bewertungsschemas nochmals überarbeitet. Für jede positive Antwort wurde eine „1“ vergeben, für jede negative Antwort eine „-1“. Unklare, nicht eindeutige Aussagen wurden mit „0“ bewertet. Eine Interpretation dieser Ergebnisse erfolgte im Kapitel 6. Diskussion und Schlussfolgerung.

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

5. Ergebnisse Die vier Praxisbeispiele zeigten einige Themenbereiche, die anscheinend für den Erfolg Regionaler Initiativen maßgeblich sind. 5.1. (Erfolgs-)Kriterien „Ökonomie“ Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Ökonomie“ zusammen (Tabelle 1: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökonomie): Tabelle 1: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökonomie

höhere Produktpreise

Moorheilbad Harbach Ja

Absatzsteigerung bei Bioprodukten

anzunehmen, Belieferung der regionalen Gastronomie

Regionale Verarbeitung

ja (Molkerei, Schlachtbetrieb)

Bezug von Förderungen

ja (mit Sicherheit für die biologische Wirtschaftsweise, möglicherweise auch für Landschaftspflege) nein

außerlandwirtschaftliche Einkommen

Anzahl Biobetriebe in der Region

gestiegen (über den österreichischen Durchschnitt)

Bio-Beeren Coop gekoppelt an den konventionellen Beerenpreis, je nach Nachfrage ja

eher nein, es geht aus dem Bericht nicht hervor, wo Überschüsse an Brombeeren und Erdbeeren verarbeitet werden ja (für biologische Wirtschaftsweise)

Ökomodell Achental ja

Kloster Plankstetten Bezahlung von „fairen“ Preisen

?

anzunehmen, da das Kloster sich selbst nahezu vollständig mit biologisch produzierten Produkte versorgt Ja

?

ja (für biologische Wirtschaftsweise, Extensivierung und Landschaftspflege)

ja (für biologische Wirtschaftsweise)

nein

ja, hauptsächlich durch Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen, im geringen Maß durch Tourismus

nein

1 zusätzlicher Vermehrungsbetrieb, keine Informationen über einen Anstieg der Bio-BeerenProduzenten, man kann aber davon ausgehen, dass beteiligte Produzenten eine Existenzsicherung erfuhren

gestiegen (von 9 auf 45)

gestiegen (Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise)

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

5.2. (Erfolgs-)Kriterien „Ökologie“ Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Ökologie“ zusammen (Tabelle 2: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökologie): Tabelle 2: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Ökologie

Biologische Wirtschaftsweise Reduzierung Transportwege

Landschaftsund Naturschutz

Nutzung von alternativer Energieformen

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Moorheilbad Harbach Ja

Bio-Beeren Coop

ja

durch die Reduzierung der Drehscheiben von 3 auf 2 teilweise Verlängerung der Transportwege für Produzenten, gleichzeitig Vereinfachungen für Logistikunternehmen nein

ja (Erhalt und Pflege der Kulturlandschaft, Waldviertler Blondvieh, Huzulen) Nein

ja

nein

Ökomodell Achental zum Teil

Kloster Plankstetten ja

?

anzunehmen, da viele Glieder der Wertschöpfungskette involviert sind

ja (Obstbaumpflanzaktionen, Streuwiesen-pflege, Naturerlebnis-pfad, Umweltbildung, Gewässerpflegeplan) nein

ja (Biotope, Hecken, Streuobstwiesen, Randstreifen)

ja (Hackschnitzelheizung, Solaranlage, Biosprit)

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

5.3. (Erfolgs-)Kriterien „Soziales“ Folgende Tabelle fasst die meist genannten Themen im Bereich „Soziales“ zusammen (Tabelle 3: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Soziales): Tabelle 3: (Erfolgs-)Kriterien im Bereich Soziales

Gesellschaft / Verein

Beteiligung BioLandwirtInnen an der Gesellschaft / am Verein Arbeitsplatzsicherung Kooperationen

Öffentlichkeitsarbeit

Moorheilbad Harbach Gesellschaft (50 % Moorheilbad, 50 % LandwirtInnen) Ja

Bio-Beeren Coop ja (Coop)

Ökomodell Achental Verein (steigende Mitgliederzahlen)

Kloster Plankstetten Benediktinerabtei Plankstetten

nein

ja

nein

Ja

ja

ja

ja

vertikal entlang der gesamten Wertschöpfungskette

vertikal (schriftlich vereinbarte, 3-jährige Partnerschaft der BioBeerenProduzenten mit Coop)

innerhalb der Region vertikal mit Tourismus Probleme bei grenzüberschreitenden Kooperationen, Spannungsfeld zwischen nördlicher und südlicher Region

Internetauftritt

nur über Coop

Imageprospekt für Tourismus, Veranstaltungskalender, Internetauftritt

horizontal und vertikal (horizontal mit Biobauern der Region, vertikal mit Bäckerein, Metzgerein , Forstwirten, Tourismus und Gastronomie der Region) Information und Wissenstransfer zur Bevölkerung, Schaffung eines ökologischen Informationszentrums

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5.4. Quantitative Gesamtbewertung Im Folgenden die Bewertung der qualitativen Aussagen mit quantitativen Zahlen ( Tabelle 4: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökonomie, Tabelle 5: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökologie, Tabelle 6: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Soziales): Tabelle 4: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökonomie Moorheilbad Bio-Beeren Ökomodell Harbach Coop Achental höhere 1 0 1 Produktpreise Absatzsteigerung 0 1 0 bei Bioprodukten Regionale 1 -1 0 Verarbeitung Bezug von 1 1 1 Förderungen außerlandwirt-1 -1 1 schaftliche Einkommen Anzahl 1 1 1 Biobetriebe in der Region Summen 3 1 4 (vertikal) Gesamtsumme 10

Kloster Plankstetten 0

Summen (horizontal) 2

0

1

1

1

1

4

-1

-2

1

4

2 10

Tabelle 5: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Ökologie

Biologische Wirtschaftsweise Reduzierung Transportwege Landschaftsund Naturschutz Nutzung von alternativer Energieformen Summen (vertikal) Gesamtsumme

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Moorheilbad Harbach 1

Bio-Beeren Coop 1

Ökomodell Achental 0

Kloster Plankstetten 1

Summen (horizontal) 3

1

0

0

0

1

1

-1

1

1

2

-1

-1

-1

1

-2

2

-1

0

3

4

4

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Tabelle 6: Quantitative Gesamtbewertung des Bereichs Soziales

Gesellschaft / Verein Beteiligung BioLandwirtInnen an der Gesellschaft / am Verein Arbeitsplatzsicherung Kooperationen Öffentlichkeitsarbeit Summen (vertikal) Gesamtsumme

Moorheilbad Harbach 1

Bio-Beeren Coop 1

Ökomodell Achental 1

Kloster Plankstetten 1

Summen (horizontal) 4

1

-1

1

-1

0

1

1

1

1

4

1 1 5 16

1 1 3

1 1 5

1 1 3

4 4 16

5.4. Bewertung der Nachhaltigkeit Bewertung der Nachhaltigkeit durch Summenbildung je Projekt (Tabelle 7: Quantitative Bewertung der Nachhaltigkeit der Projekte): Tabelle 7: Quantitative Bewertung der Nachhaltigkeit der Projekte Summen (vertikal) Ökonomie Ökologie Soziales Gesamtsumme

Moorheilbad Harbach 3 2 5 10

Bio-Beeren Coop 1 -1 3 3

Ökomodell Achental 4 0 5 9

Kloster Plankstetten 2 3 3 8

Summe (horizontal) 10 4 16 30

27

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

6. Diskussion und Schlussfolgerung Anmerkung: Eine Verallgemeinerung dieser Ergebnisse bzw. Interpretation ist nicht empfehlenswert, da es sich zum einem um keine anerkannte Bewertungsmethode handelt und zum anderen eine Beschränkung auf vier Praxisbeispiele zu gering für allgemeine Aussagen ist. Die Ergebnisse sollen lediglich einen Impuls für Ideen und Überlegungen geben. Unter der Annahme, dass alle wichtigen Aspekte der Projekte in die Bewertung mit eingeflossen sind, kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen: Hinsichtlich der „Nachhaltigkeit“ liegen die Projekte „Moorheilbad Harbach“, „Ökomodell Achental“ sowie das „Kloster Plankstetten“ an der Spitze. Weit abgeschlagen liegt erwartungsgemäß das „Bio-Beeren“ Projekt. Erwartungsgemäß deshalb, da bereits bei der Projektbeschreibung sowie der Fragenbeantwortung zu sehen war, dass das Projekt als Hauptziel eine Steigerung der BioBeeren-Vermarktung zum Ziel hatte. Positive Nebeneffekte waren die Existenzsicherung der BioBeeren-Betriebe und somit die Arbeitsplatzsicherung, aber besonders im Bereich „Ökologie“ konnte nur durch die biologische Wirtschaftsweise gepunktet werden. Die Projekte „Moorheilbad Harbach“ und „Kloster Plankstetten“ erhielten Punkte in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Da das „Ökomodell Achental“ nicht dezidiert eine Steigerung des Biolandbaus als Ziel hatte, sondern „lediglich“ eine „Ökologisierung“, konnten gemäß dieser Bewertungsmethode keine Punkte für den Bereich Ökologie vergeben werden. Bei Betrachtung der vertikalen Summen, ragen besonders folgende Bereiche (Summe 4 Punkte) hervor: Der Bezug von Förderungen, die Beteiligung oder Gründung von Gesellschaften und Vereinen, horizontale und/oder vertikale Kooperationen sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Erfolgreich bei allen Projekten waren die Steigerung der Anzahl der Bio-Betriebe in der Region und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen. In drei von vier Projekten wurde auch die biologische Wirtschaftsweise betrieben. Überprüft man die Hypothese: „Die Ökonomie trägt wesentlich zum Erfolg regionaler Initiativen bei“ kann nicht verifiziert werden. Zwar leisten Förderungen sowie der Anstieg der Anzahl der Biobetriebe in der Region einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg, aber viele Kriterien sind im Bereich „Soziales“ zu finden. Vergleicht man die Kriterien mit den „Ursachen für eine Auflösung von Initiativen“, stellt man fest, dass bei allen Projekten gute Öffentlichkeitsarbeit geleistet wird. Somit ist der Bereich des Marketings gut abgedeckt. Auch ist die Beteiligung von Gesellschaften bzw. Vereinen bei allen Projekten gegeben. Meist sind die Gesellschaften auch die Initiatoren der Projekte und aus diesem Grund an einem Erfolg maßgeblich interessiert. Teilweise wurden regionalen LandwirtInnen als Gesellschafter bzw. Vereinsmitglieder am Projekt beteiligt. Kooperationen in vertikaler und/oder horizontaler Richtung sind ebenfalls bei allen vier Projekten gegeben. Schlussendlich ist festzuhalten, dass Kriterien für Erfolge (= nachhaltig) oder Misserfolge (= nichtnachhaltig) nicht verallgemeinert werden können. Werden alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit miteinbezogen, und nimmt eine Dimension nicht zu viel Raum ein, ist das Nachhaltigkeitsei nicht gestört und Erfolg sollte sich einstellen. Viele externe und interne Faktoren sowie „weiche“ Faktoren wie Motivation, Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist tragen zum Erfolg eines Projektes bei. Beispiele aus der Praxis stellen aber eine reichhaltige Quelle für Ideen und Umsetzungsvorschlägen dar und können einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Regionalen Entwicklung im Zusammenhang mit biologischer Produktionsweise liefern.

28

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

7. Literatur- und Quellenverzeichnis Alfödi, T., E. Spiess & U. Niggli, Besson, J.M. (1995) DOK-Versuch: Vergleichende LangzeitUntersuchungen in den drei Anbausystemen biologisch-dynamisch, organisch-biologisch und Konventionell. Energiebilanzen. Schw. Landw. Fo., Sonderheft DOK. Alfödi, T., U. Spiess, U. Niggli & J. M. Besson (1997) Energiebilanzen für verschiedene Kulturen bei biologischer und konventioneller Bewirtschaftung. Ökologie & Landbau, 25. Jg. Allen, P. & M. Kovach (2000) The capitalist composition of nature: The potential of markets in fulfilling the promise of organic agriculture. Agriculture and Human Values, 17, 215-219. Axmann, P., R. Kratochvil & H. Leitner. 2005. Beitrag des Biologischen Landbaus zur regionalen Entwicklung: Ökologische-sozioökonomische Analyse entlang der Produktketten von niederösterreichischem Bio-Brotgetreide. 1. Zwischenbericht an die Niederösterreichische Landesregierung. Bartel-Kratochvil, R. (2005) Bio und Regional – zwei logische Partner. Bartel-Kratochvil, R.(2008). Theoretische Grundlagen und Einführung in die Projektarbeit, Unterlagen zur Projektlehrveranstaltung "Ökologischer Landbau und regionale Entwicklung SS 2008". BMELF. 2001. Agrarbericht 2001. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Brand, K. W., Engel, A., Kropp, C., Spiller, A., Ulmer, H. 2004. Von der Agrarwende zur Konsumwende? In Beitrag zum Statusseminar Sozial-ökologische Forschung des BMBF Kompetenznetzwerk zur Agrar- und Ernährungsforschung am 21. - 22.06.2004. Berlin. Böge, S. 1998. Güterverkehr und Konsum. ed. F. ö. v. Mobilität. Wuppertal: Projektbereich Güterverkehr und Konsum. Dabbert, S., A. M. Häring & R. Zanoli (2002). Politik für den Öko-Landbau. Demmeler, M. 2003. Bio-Vermarktung zwischen Region und Weltmarkt - Ökobilanzierung und ressourcenökonomische Analyse verschiedener Absatzwege. In Beiträge zur 7. Wissenschaftstagung zum Ökologischen Landbau. Ökologischer Landbau der Zukunft., ed. B. H. Freyer, 357-360. Wien: Universität für Bodenkultur, Institut für Ökologischen Landbau, Wien. Demmeler, M. & A. Heissenhuber. 2003. Handels-Ökobilanz von regionalen und überregionalen Lebensmitteln - Vergleich verschiedener Vermarktungsstrukturen. In Berichte über Landwirtschaft, 437-457. e.V., V. Ö. A. 2002. Ökomodell Achental / Leukental, Abschlussbericht für den Bereich Landwirtschaft zur INTERREG II-Förderphase 1998-2001. Eichenberger & Vogtmann. 1981. Grundprinzipien des ökologischen Landbaus, Broschüre Sonderschau zum biologischen Land- und Gartenbau. ed. O. Forschungsinstitut für biologischen Landbau. FiBL. 2005. Biobeeren für Coop - ein Warenbeschaffungsprojekt (BBC-Projekt), Schlussbericht 2005 (Laufzeit 2003 - 2005). FiBL Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Flora, C. B. 2000. Sustainability in agriculture and rural communities. In Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft: Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialwissenschaften. Initiativen zum Umweltschutz, Bd. 15, ed. M. Härdtlein, Kaltschmitt, M., Lewandowski, I., Wurl, H. (Hrsg.), 191-208. Schmidt Verlag, Berlin. Fromm, E., R. Kratochvil & S. Pöchtrager (2000) Erfolgsfaktoren für regionale Vermarktungsprojekte im Ökologischen Landbau. Gees, K., R. Queren & B. Blülein (2005) Welche Faktoren führen zur Auflösung von Regionalinitiativen. 83. Haas, G., Köpke, U. 1994. Vergleich der Klimarelevanz ökologischer und konventioneller Landbewirtschaftung. ed. E.-K. S. d. Erdatmosphäre. Deutscher Bundestag (Hrsg.). Haas, H.-D. & D. Eschlbeck. 2006. Internationale Wirtschaft Rahmenbedingungen, Akteure, räumliche Prozesse. München ; Wien: Oldenbourg. Hadatsch, S., R. Kratochvil, A. Vabitsch, B. Freyer & B. Götz (2000) Biologische Landwirtschaft im Marchfeld: Potentiale zur Entlastung des Natur- und Landschaftshaushaltes. Biologische Landwirtschaft Im Marchfeld. Potentiale Zur Entlastung Des Natur- and Landschaftshaushaltes. Harbach, Ö. K. M. 2009. Ziele / Schwerpunkte. Hauff, V. (1987) Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Hesse, M. (1996) Nachhaltige Raumentwicklung. RuR, 2/3.

29

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

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30

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

A.2 Emanzipatorische und politisierende Bildung als Voraussetzung für regionale Entwicklung. Theoretische Überlegungen zur Bildungsarbeit für Bauern und Bäuerinnen – von Michael LUFTENSTEINER und Ludwig RUMETSHOFER

Einleitung Durch das Studium der Internationalen Entwicklung bzw. der Agrarwissenschaften wurden wir auf vielerlei Probleme, wie auch Widersprüche der globalen Landwirtschaft aufmerksam. Uns stellt sich die Frage, wie es möglich sein kann, dass herrschaftsförmig organisierte, ausbeuterische und desaströse, globale landwirtschaftliche Produktionsweisen vielfach die Norm darstellen und gesellschaftlich verankert sind. Wir denken, dass dies unter Anderem eine Frage der Bildung auf zweierlei Ebenen ist. Einerseits sehen wir Bildung als Instrument zur Absicherung von Herrschaft, andererseits können durch Bildung emanzipatorische Zugänge geschaffen werden. In der Arbeit wird versucht ein kritisches und Paradigmen-übergreifendes, durchaus skizzenhaftes Modell globaler, agroindustrieller und exportorientierter landwirtschaftlicher Produktionsweisen und deren Konsequenzen darzustellen. Weiters wird versucht eine bestimmte Form von regionaler Entwicklung zu definieren und deren emanzipatorisches Potential aufzuzeigen. Danach soll ein Zusammenhang zwischen Formen von industrialisierter Landwirtschaft und Mainstream-Bildungsangeboten hergestellt werden. Wir wollen zeigen, dass diese Formen von Bildung keinen emanzipatorischen und politisierenden Charakter haben und daher auch nicht für eine, wie vorher definierte, regionale Entwicklung dienlich sind. Es sollen weiters Möglichkeiten und Beispiele im Feld der Bildung aufgezeigt werden, welche die vorher bestimmte Form von regionaler Entwicklung ermöglichen sowie begünstigen. „Es muss daher darum gehen“, wie Gramsci es zudem formuliert, „die Regierten von den Regierenden intellektuell unabhängig zu machen“ […] so dass die entscheidende Frage schließlich lautet: „Will man, dass es immer Regierte und Regierende gibt, oder will man die Bedingungen schaffen, unter denen die Notwendigkeit der Existenz dieser Teilung verschwindet? Das heißt, geht man von der Voraussetzung der fortwährenden Teilung des Menschengeschlechts aus oder glaubt man, dass sie nur eine geschichtliche, bestimmten Bedingungen entsprechende Tatsache ist?“ (Gramsci 1991: GH,1714 nach Merkens 2007:15) Fragestellungen/Hypothesen •

Eine spezifische Form von regionaler Entwicklung bietet die Möglichkeit, Problemen landwirtschaftlicher Produktionsweisen entgegenzuwirken.



Eine spezifische Produktionsweise der Landwirtschaft wird unter anderem durch Bildung als gesellschaftliches Verhältnis verankert.



Durch emanzipatorische und politisierende Bildung kann eine bestimmte Form von regionaler Entwicklung ermöglicht werden.

31

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Inhaltsverzeichnis

Methoden und theoretischer Zugang Probleme und Widersprüche innerhalb der globalen Landwirtschaft Diskussion:

33 33 35

These 1:................................................................................................................................................. 35 Regionale Entwicklung ...................................................................................................................... 35 These 2:................................................................................................................................................. 36 Hegemonie: ....................................................................................................................................... 36 Alltagsverstand: ................................................................................................................................. 37 These 3:................................................................................................................................................. 39 Emanzipation: .................................................................................................................................... 40 Pädagogik:......................................................................................................................................... 40 Erfolgreiches Beispiel ÖBV ............................................................................................................... 41

Schlussfolgerungen Zusammenfassung Literatur:

32

42 44 45

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Methoden und theoretischer Zugang Die Grundlage bildet die Analyse wissenschaftlicher Literatur zu verschiedenen Themenbereichen der globalen Landwirtschaft und ihrer Auswirkungen (Probleme, Herausforderungen, Krisen,…). Unser Anspruch ist es, ein skizzenhaftes Konzept von landwirtschaftlicher Hegemonie zu entwerfen. Dieses durchaus subjektive Konzept soll Krisen und Probleme verdeutlichen um danach zu fragen, warum diese entstehen können.

Unsere Arbeit wird vom historischen Materialismus und der Frankfurter Schule beeinflusst. Also in einer marxistischen und kritischen Theorie Tradition stehend, spielen vor Allem die Theoriefragmente Antonio Gramscis eine wichtige Rolle.

Antonio Gramsci liefert einige zentrale, theoretische Elemente um bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse besser verstehen zu können. Der Hegemonie-Begriff, Alltagsverstand und Passivierung der Subalternen werden zentrale Kategorien in unserer Arbeit sein und stehen in direktem Zusammenhang mit Bildung.

Wir denken, dass die Dialektik von Struktur und Handeln allgegenwertig ist. Das eine ist konstitutiv für das andere. Das was Menschen leitet und wie sie die gesellschaftlichen Verhältnisse definieren ist sowohl eine Frage des eigenen Handelns als auch der übergeordneten Strukturen. Auch wenn diese vielfach vom Menschen geschaffen wurden und werden. Als Mensch wird man in einer bestimmten historischen Phase mit ganz konkreten Strukturen bzw. gesellschaftlichen Verhältnissen geboren und ‚erzogen‘. Wir gehen davon aus, dass es nicht möglich ist, die Welt objektiv zu betrachten oder eine allgemeingültige Wahrheit zu finden. Die Auswahl des Themas ist bereits ein subjektiver Akt (vgl. Fischer 2008)

Probleme und Widersprüche innerhalb der globalen Landwirtschaft Die globale Landwirtschaft sieht sich gegenwärtig mit zwei entgegengesetzten Strömungen konfrontiert. Zum einen existiert eine hochindustrielle, exportorientierte Landwirtschaft mit dem Ziel der Profitmaximierung, zum anderen eine kleinbäuerlich strukturierte Landwirtschaft welche sich oft 5

am Prinzip der „Subsistenz“ orientiert. Erklärtes Ziel der industriellen, konventionellen Landwirtschaft ist die effiziente Produktion von Lebensmitteln und Industrierohstoffen. Zur Produktivitätssteigerung nutzt die konventionelle Landwirtschaft jeden möglichen technischen Fortschritt, wie den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger. Weitere Merkmale dieser Produktionsweise sind die Tendenz zu Spezialisierung und Intensivierung, welche im Bereich der Viehzucht anhand des

5

Vgl. Bennholdt-Thomsen/Mies 1997: Die Subsistenzlandwirtschaft als wichtiger Impulsgeber für die Definition von regionaler Entwicklung

33

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Beispiels der Massentierhaltung wieder zu finden sind (vgl. Institut für Landwirtschaft und Umwelt 2002).

Im Gegensatz dazu steht die ökologische oder biologische Landwirtschaft für eine nachhaltige Ressourcennutzung unter Berücksichtigung des Stoff- und Naturkreislaufs. Durch den Rückgriff auf natürliche Regulationsmechanismen soll der Einsatz von künstlichem Kapital weitgehend verhindert, beziehungsweise rückgängig gemacht werden. Detaillierte Richtlinien garantieren die Verwirklichung der Grundsätze und geben Mindeststandards für die Produktion und Verarbeitung von ökologischen Erzeugnissen vor. Ein weiterer ursprünglicher Kerngedanke des ökologischen Landbaus ist die Idee der Selbstversorgung (vgl. Institut für Landwirtschaft und Umwelt 2002).

Betrachtet man die verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsweisen - ausbeuterische, intensive Bodennutzung, Einsatz von chemischen Dünger, Pestiziden und Herbiziden einerseits, ökologisch, nachhaltig, Tier- und Menschengerecht andererseits - und verbindet dies mit den globalen Krisen des 6

21. Jahrhunderts wie der Hungerkrise oder der „ökologischen Krise“ , drängt sich die Frage auf weshalb der aktuelle Weg einer agroindustriellen Landwirtschaft im Interesse einiger weniger Profiteure (transnationale Agro- und Lebensmittelkonzerne) weiter verfolgt werden kann und ein auf Herrschaft und Macht, Ausbeutung und Abhängigkeit basierende System historisch tragfähig gemacht wird?

Bauern und Bäuerinnen, Konsument_Innen oder allgemeiner: zahlreiche Menschen sind vielfach von ökonomischen Entscheidungen, die sie jedoch direkt oder indirekt betreffen ausgeschlossen. Allgemeinhin gilt die Ökonomie als „legitimer Ort fehlender Demokratie“ (Brand 2008), die Politik im engeren Sinn darf sich nach jeweils aktueller kapitalistischer Regulationsphase nicht oder nur wenig in die wirtschaftliche Sphäre einmischen. Es wird suggeriert, dass die einzige direkte Macht über ökonomische Strukturen nur auf der Konsum-Ebene ausgeübt werden kann. Die Wahlfreiheit der 7

Konsument_Innen grenzt jedoch von vornherein zahlreiche Menschen aus . Entscheidungen werden von so genannten Experten unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt und nicht zuletzt in (trans)nationalen,

elitären

Planungsgruppen

koordiniert,

um

zum

Beispiel

den

Druck

auf

8

nationalstaatliche Politik zu erhöhen . Die gesellschaftliche, herrschaftsförmig organisierte Arbeitsteilung ist einerseits ein Grund für das fehlende oder Nicht-Interesse an sozialpolitischen und ökonomischen Strukturen. Andererseits werden dadurch bestehende Verhältnisse abgesichert (Konkurrenz und daher Zwang zur Wettbewerbsfähigkeit, unbezahlte Hausarbeit, usw.). Dimensionen sind hierbei die Trennung von Kopf und Handarbeit, die geschlechtliche, die internationale Arbeitsteilung („Warum sollen mich soziale Kämpfe am anderen Ende der Welt interessieren?“). Es gibt dadurch Konkurrenzverhältnisse sowohl auf vertikaler (Klassen), als auch auf horizontaler Ebene (Standortwettbewerb) (vgl. Revelli 1997:4).

6

Vgl. Görg 2003: Zu einer umfassenden kritischen Sichtweise gesellschaftlicher Naturverhältnisse

7

Zur Kritik des kritischen Konsums vgl. Behr/Bolyos 2008

8

vgl. Sklair 2001, Carroll/Carson 2006, Plehwe 2009

34

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Als weitern wichtigen Aspekt kann die „Passivierung der Subalternen?“ gesehen werden. Passivierung („Ich kann ja eh nichts machen“) kann als exogen erzeugter und endogen reproduzierter, passiver Konsens zum vorherrschenden System verstanden werden (vgl. Buckel 2007). „Gegen das globale Agrobusiness kann man ja eh nichts machen“ und „wir müssen schauen, das wir über die Runden 9

kommen“ oder „ihr [Politiker] müsst gscheite Rahmenbedingungen machen “ sind Aussagen, die den Eindruck des Vorhanden seins einer gewissen „Passiviertheit“ bestärken.

Den Arbeits- und Geschlechterverhältnissen, historisch verankert im Alltagsverstand und generell in gesellschaftlichen Verhältnissen, muss in einem polit-ökonomischen Kontext einige Aufmerksamkeit geschenkt werden. Sie sind vielfach verantwortlich, konstitutiv und unabdingbar für konkrete Formen 10

von landwirtschaftlichen Produktionsweisen und verdinglichen Herrschaftsverhältnisse . Meist ausbeuterische und unmenschliche Formen von Arbeitsmigration und Landarbeit sind weltweit fixer Bestandteil sowie ökonomisch notwendige Voraussetzung für gewisse Produktionsweisen vom Marchfeld bis Almeria, von Brasilien bis Griechenland - präkarisiert, illegalisiert, und ohne Recht auf gewerkschaftliche Organisation. Grundlegend dafür ist eine gesellschaftlich eingebettete, soziale Hierarchisierung (vgl. Behr 2004, Samsa 2008).

Betrachtet man die hier diskutierten Problemfelder (fehlende Demokratie, fehlende Partizipation, Präkarisierung,) kann mit Gramsci gesagt werden, dass die Ausrichtung bestimmter Regionen auf konkrete Interessen und die damit einhergehenden Formen von Produktion und Konsumption in der Landwirtschaft einer Verschiebung von Kräfteverhältnissen bedingen! Diese Verschiebung der Kräfteverhältnisse geschieht innerhalb eines ganz bestimmten Rahmens, einer Akteur-Strukturbeziehung, welche stark durch Herrschaft und Ausbeutung geprägt ist. Eine spezifische Produktionsweise wird nicht einfach von oben durchgesetzt, auch wenn gewisse Machteliten eine tragende Rolle dabei spielen. Vielmehr ist sie das Ergebnis eines längeren Prozesses, bei dem Konsens hergestellt, Zustimmung organisiert oder aktiv an Projekten mitgearbeitet wird. Immer jedoch unter bestimmten Voraussetzungen und Konstellationen.

11

Diskussion: These 1: Eine spezifische Form von regionaler Entwicklung bietet die Möglichkeit, Problemen landwirtschaftlicher Produktionsweisen entgegenzuwirken.

Regionale Entwicklung Die Probleme und Widersprüche globaler landwirtschaftlicher Produktionsweisen, sowie auch bereits tangierte Gründe dafür, stehen oft in direktem Zusammenhang mit lokalen Produktionsweisen (Überschussproduktion und Exportorientierung einerseits, Hunger und Armut andererseits). Daher 9

Von uns wahrgenommene Aussagen von Bäuer_Innen z.B. bei einer Anti-Gentechnik Veranstaltungen.

10

Zu Arbeits- und Geschlechterverhältnissen vgl. Werlhof 1992, Arendt 2001, Knitter 2005

11

Vgl. Demirovic 1998: prägnanter Text zu einer kritischen Theorie bürgerlicher Herrschaft.

35

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

sollte das Erkennen und Partizipieren an der Verschiebung der Kräfteverhältnisse als Ziel Regionaler Entwicklung gesehen werden. In Anlehnung an das Konzept der Gemeinwesenarbeit (GWA), ist Regionale

Entwicklung

als

Erarbeitung

von

Selbsthilfemaßnahmen

durch

betroffene

Bevölkerungsgruppen sowie deren schrittweise Umsetzung zu sehen. Es soll als ein demokratischer Prozess mit aktiver Beteiligung der Bevölkerung an Überlegungen und Entscheidungen zur Bewältigung von sozialen, kulturellen, ökologischen, wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Problemen der Landwirtschaft verstanden werden (vgl. Rohrmoser 2004). Regionale Entwicklung soll in diesem Zusammenhang als fortschreitender, immer wieder änderungsbereiter, selbstermächtigender Prozess verstanden werden, bei dem Regionalisierung als „Prozess der Schaffung eines neuen Bezugs- und Regulierungsraumes und somit als eine emanzipatorische Alternative“ (Sack 2007) zu begreifen ist.

Ökologische Landwirtschaft kann in diesem Kontext eine Möglichkeit sein das Menschenrecht auf sichere,

gesunde

und

ökologisch

produzierte

Lebensmittel,

wie

es

das

Konzept

der

Ernährungssouveränität vorsieht, zu gewährleisten. Allerdings nur im Sinne einer durch die Bevölkerung selbst- und nicht durch den Markt bestimmten Produktionsweise. Ökologische Landwirtschaft und Regionalisierung sollen nicht als gewinnbringende Marketingschienen verstanden werden, sondern als alternative, nachhaltige und solidarische, landwirtschaftliche Produktionsweisen, die nicht als „Gegenpol zur Globalisierung“ oder in „small is beautiful“ Vorstellungen verhaftet sind. These 2: Eine spezifische Produktionsweise der Landwirtschaft wird unter anderem durch Bildung als gesellschaftliches Verhältnis verankert.

Für die folgenden Überlegungen wurde ein hegemonietheoretischer Ansatz gewählt, da Arbeiten von Antonio Gramsci es ermöglichen zu verstehen, wie sich ein gesellschaftliches Verhältnis unter bestimmten Machtstrukturen konstituiert. In marxistischer Tradition stehend hat Gramsci mit der Perspektive der Emanzipation der Menschen folgende Begriffe geprägt, welche in umfassender Weise bürgerliche Herrschaft verständlich machen und somit auch Handlungsperspektiven eröffnen. Hegemonie: Wenn Herrschaft nicht nur auf ihre Zwangselemente hin betrachtet wird, sondern auch die mehr oder weniger konsensuale Einbindung der Beherrschten in gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt wird, so spricht Antonio Gramsci von Hegemonie. Die herrschenden Kräfte zeichnen sich durch ihre Strategien und Projekte für dieses Zusammenspiel von politischen, ökonomischen und soziokulturellen Verhältnissen verantwortlich. Einerseits wird durch Bündnisse und Ausgleich unter den Herrschenden, anderseits Kompromisse mit Beherrschten Hegemonie geschaffen (vgl. Brand 2007). Gramscis Theorie der Hegemonie ist an seine Vorstellung des Kapitalistischen Staates gebunden, der seiner Meinung nach durch Zwang und Konsens regiert wird. Der Staat ist nicht im engeren Sinne als Regierung zu verstehen.

36

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Alltagsverstand: Für Hegemonie ist ein Alltagsverstand notwendig, der von der herrschenden Klasse konstituiert und reproduziert wird. Somit baut eine hegemoniale Entfaltung auf den Alltagsverstand. Gramsci bezeichnet jene Intellektuelle, die Begriffe und einen zivilgesellschaftlichen Hegemonieapparat ausarbeiten, als Politiker, da diese einen wesentlichen Anteil daran haben, wie sich die Menschen der grundlegenden Konflikte der Gesellschaft bewusst werden. So sind Problemkonstitutionen, welche auf bestimmte Möglichkeiten der Lösung von Konflikten abzielen gerade in der Landwirtschaft von besonderer Bedeutung. Laut der Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) konstituiert sich das Problem der Hungerkrise aufgrund von Unterentwicklung, geringer Produktivität und dem fehlenden Zugang zu Ressourcen wie zum Beispiel Kunstdünger. Das Problem ist demnach technokratisch zu lösen, z.B. durch Gentechnik oder einer grünen 12

Revolution . Gramsci meint auch, dass der Alltagsverstand Auswirkungen darauf hat, welche Lebensform Menschen wählen und welche gesellschaftlichen Ziele sie verfolgen oder auch nicht. Die entscheidende Leistung der Hegemonie besteht für Gramsci in der Ausarbeitung eines facettenreichen Alltagsverstandes, der seine Träger einerseits zu zivilgesellschaftlichen Aktivitäten anhält und erzieht, gleichzeitig aber auch passiviert, da es eine objektive Wirklichkeit gibt, die zu kompliziert oder komplex ist, als dass der einfache Mensch sie verstehen oder ändern könnte (vgl. Gramsci B6, H11, §12, S1375). Der Staat im engeren Sinne umfasst die politische Gesellschaft: „Die Politik lässt sich zudem nicht allein auf Gewalt und Recht beschränken, sondern meint auch den Prozess der Willensbildung und Schaffung

von

Bündnissen

durch

geteilte

Überzeugungen,

Diskussion,

Verhandlung

oder

Kompromiss“ (Demirovic 2007:24). Der Staat übernimmt also eine wesentlich erzieherische Funktion, die je nach Produktionsweise einen bestimmten Menschentypus hervorbringen will. Im Allgemeinen also

vom

sozialstaatlich

abgesicherten

Arbeiter

zum

präkarisierten, selbstverwalteten

und

nutzenmaximierenden Wesen. In der Landwirtschaft vom romantisierten und arbeitswilligen Bauer zum konkurrierenden Unternehmer. Ihre intellektuellen und gesellschaftlichen Kompetenzen müssen ihnen [Den Subalternen, Arbeiter_Innen, Bäuer_Innen] enteignet, ihre Lebensgewohnheiten so organisiert werden, daß (sic!) sie nicht den Versuch unternehmen, eine eigenständige und freie Lebensform zu entwickeln“ (Demirovic 1998). Dies ist kein einseitiger Prozess, der etwa auf Zwang beruht, viel mehr kommt es zu einer konsensualen Zustimmung, welche in Kirchen, Schulen und Hochschulen, die Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, Zeitungen, und vielem mehr organisiert wird, was durchaus auch bedeuten kann, dass „die führende Gruppe Opfer korporativ-ökonomischer Art bringt“ (vgl. Demirovic 1998). In diesem Kontext „findet das Regieren wesentlich pädagogisch vermittelt statt. Das pädagogische Verhältnis verlagert sich hier auf das gesellschaftliche Terrain der politisch-ethischen, der kulturellen und ideologischen Sinnstiftung des Sozialen“ (Merkens 2007:8), also zu einer durchaus herrschaftsförmigen Konstruktion des als objektiv und naturgegeben dargestellten Sozialen. Der 12

Vgl. dazu AGRA (http://www.agra-alliance.org), eine transnationale Gemeinschaft, welche die Produktivitätssteigerung der afrikanischen Landwirtschaft zum Ziel hat. Oder: AAFE (http://www.foodandenergy.org), welche sich mit der Hunger –und Energiekrise auf eine bestimmte Art und Weise beschäftigen.

37

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Bauernbund, die Landjugend, das landwirtschaftliche Schulwesen und viele weitere werden somit zu zentralen

Elementen

in

der

Formung

und

Aufrechterhaltung

spezifischer

Lebens-

und

Produktionsweisen.

Das Schulwesen und der Bildungsbereich sind von zentraler Bedeutung. Hier werden Ideologien, Normen, Werte, Moralvorstellungen als objektive Elemente vermittelt und somit Alltagsverstand produziert. Dies setzt sich auch in landwirtschaftlichen Schulen und im Bereich der Erwachsenenbildung fort bzw. ist hier

ganz besonders

ersichtlich.

Eine Analyse von Thomas

Leinwather

(1999)

des

landwirtschaftlichen Schulwesens in Österreich in Hinblick auf das pädagogische Denken ist von besonderer Bedeutung, auch wenn eher wirtschaftsliberalere Kritiken einen wiederum zu kritisierenden Rahmen abstecken. Bildung hat im landwirtschaftlichen Schulwesen nicht als oberstes Ziel eine fachliche Ausbildung, sondern eine politische Erziehung. Der Mensch soll als ganzes erfasst und beeinflusst werden: „In den 50er Jahren erforderte das gefestigte Ganze einer Person gerade „Gottverbundenheit und Heimatliebe, Arbeitsfreude und Berufseifer“ (Wierleitner 1955, zitiert nach Leinwather 1998:108) kurze Zeit davor Treue zu Führer, Volk und Vaterland, 40 Jahre später Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist und

Anpassungsfähigkeit“

(Leinwather

1999:108).

Die

jeweilige,

vorherrschende

Ideologie

transformiert in einem erheblichen Maße durch Bildung den jeweiligen Alltagsverstand, welcher dann als allgemeingültig und objektiv dargestellt wird. Einer breiten zivilgesellschaftlichen Absicherung durch Interaktion mit z.B. der Landjugend wird Rechnung getragen. Die Lehrpläne landwirtschaftlicher Schulen sollen es den Absolvent_Innen ermöglichen als Funktionär_Innen der Landjugend tätig zu sein. „Hervorzuheben ist die Selbstverständlichkeit, mit der hier die staatliche Landwirtschaftsschule in den Dienst einer privaten, im Dunstkreis einer politischen Partei agierenden Jugendorganisation genommen wird was „für andere Bereiche des österreichischen Schulwesens […] schlichtweg verboten“ ist (Leinwather 104). Nach dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer soll die „landwirtschaftliche Bildung als öffentliche Imagepflege für den Bauernstand“ (Molterer 1995, zitiert nach Leinwather 1999:77) herangezogen werden. Nicht nur die spezielle Funktionszuschreibung ist hier zu betonen. Auch aus hegemonietheoretischer Sicht kann man von einer zivilgesellschaftlichen Absicherung einer spezifischen Produktionsweise ausgehen, da z.B. Subventionen an den „guten Bauernstand“ als legitimer wahrgenommen werden. Durch eine „Erziehung zum rechten Standesbewusstsein“ (Fink 1955 zitiert nach Leinwather 1999:74) wird Identität und Stolz geschaffen, was „den Bauern im Existenzkampf zum Durchhalten motivieren“ (Leinwather 1999: 74) soll. Auch Tradition und Brauchtum sind in einem solchen Zusammenhang wichtig und sie werden durch das landwirtschaftliche Schulwesen reproduziert (ebd. 63). Auch „volkserzieherischer, d. h. politische Projekte [werden] verfolgt, die nicht das Wohl des Einzelnen […] zum Ziel haben, sondern wirtschaftspolitische Vorhaben zu verwirklichen suchen“ (ebd. 53).

38

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Nicht nur die Art und Weise der Bildung, sondern die Verknüpfung mit der vorherrschenden Ideologie (Marktliberalismus, …) und ihrer Darstellung als Sachzwang sind als zentrale Elemente derzeitiger Bildungseinrichtungen zu sehen. Das politische Projekt der Integration im europäischen Binnenmarkt oder am Weltmarkt wird in zahlreicher Literatur als Naturgesetz, als Sachzwang dargestellt. Durch eine spezifische Übersetzung dieser Entwicklungen müssen sich nun Bäuerinnen und Bauern bzw. die ländliche Bevölkerung an sich daran anpassen. Außerdem wird „den Bauern und Bäuerinnen“ ein gemeinsames Interesse und Homogenität zugeschrieben, was dazu führt, das politische Projekte legitimer erscheinen (vgl. Molterer 1995, zitiert nach Leinwather 1999:355). Ein Zitat des ehemaligen Landwirtschaftsministers Josef Pröll

zeigt von der einseitigen

wirtschaftlichen Ausrichtung, dem Ziel einer ganzheitlichen Beeinflussung und der Darstellung der gemeinsamen Agrarpolitik als Rahmenbedingungen und somit als Sachzwang: „Gemeinsam

ist

ihnen

allen

aber

das

Ziel,

die

Wettbewerbsfähigkeit

der

österreichischen Land- und Forstwirtschaft zu stärken. Dafür bieten sie einerseits agrarfachliche und andererseits persönlichkeitsbildende Inhalte an, denn der Mensch mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen ist und bleibt Angelpunkt für nachhaltige Entwicklung. Die so genannten „weichen Faktoren“ wie Bildung, Motivation, Akzeptanz und Innovationsbereitschaft sind neben den agrarpolitischen Rahmenbedingungen entscheidend für den Erfolg. Agrarische Bildung und Beratung ist damit ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der strategischen Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik“ (Pröll 2006).

Dass hier Kapitalinteressen eine wesentliche Rolle spielen, wird seit längerem zu beweisen versucht. Alleine das Wissen über die Nicht-Existenz solcher vermeintlicher Sachzwänge, welche jedoch längst Teil eines Alltagsverstandes sind, können Türen zu emanzipatorischer Regionalentwicklung öffnen. Der biologische Landbau und die regionale Entwicklung sind typische Bereiche, in welchen sich der Vollzug einer passiven Revolution - also einer Veränderung damit sich nichts verändert – veranschaulichen lässt. Herrschende Kräfte sind immer darauf bedacht, sich ständig zu transformieren, Zugeständnisse zu machen und systemkritische Kräfte zu vereinnahmen. Regionale Entwicklung verkommt zu einem, nach ökonomischen Kriterien bemessenen Marktintegration und Ausschöpfung jeglicher Ressourcen (Humankapital).

13

Projekt der

Im biologischen Landbau

finden Produktivitätssteigerungen und Wachstum als, spätestens seit der Entdeckung durch Supermarktketten, weite Verbreitung. Dies geht mit einer Transformation der Konsum- und Lebensweise zahlreicher Menschen einher. Gesunde, ökologisch produzierte Lebensmittel erfahren erst seit kurzem einen Boom. These 3: Durch emanzipatorische und politisierende Bildung kann eine bestimmte Form von regionaler Entwicklung ermöglicht werden

13

Vgl. dazu ausführlich Leinwather 2001

39

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Wie oben dargestellt, wird Herrschaft unter anderem pädagogisch vermittelt und auch innerhalb des ökologischen Landbaus bzw. der regionalen Entwicklung facettenreich reproduziert. Daher bedarf es einer pädagogischen Praxis, welche sich am Fazit des eingangs erwähnten Zitat, „Führer seiner selbst werden“, orientiert. Bildungsarbeit kann langfristig insofern verändernd wirken, in dem grundlegende, materielle Entscheidungen, durch Wissen über globale, soziale politische und ökonomische Zusammenhänge anders, nämlich emanzipatorisch, partizipativ, radial-demokratisch, getroffen werden. Fortschritt und Entwicklung

als

kollektiver,

partizipativer

Lernprozess

setzt

mitunter

ein

rebellisches,

emanzipatorisches Subjekt voraus, er konstituiert es aber auch (vgl. Wompel 2007).

Emanzipation: Historisch gesehen wurde unter Emanzipation ursprünglich die Freilassung von Sklaven durch ihre Herren verstanden. Im Zuge der französischen Revolution kam dem Begriff eine politische und aktive Bedeutung bei: Unterstellung unter Herrschaft zu bekämpfen bzw. Freiheit zu erkämpfen. Das Verhältnis von Individuum und Massengesellschaft wird in Zusammenhang mit Emanzipation in der kritischen Theorie diskutiert. Betont wird hierbei das „Sich-Befreien“ von gesellschaftlichen Konventionen und Kontrolle. Die Ansätze und Gedanken der kritischen Theorie kamen mit den sozialen Bewegungen in die politische Praxis. Emanzipation wurde als begrenzter Regelverstoß angesehen. Weiters gilt der individuelle Prozess, der sich gegen die psychischen, internalisierten Herrschaftsinstanzen richtet als zentral. Sie sollen in ihrer Bedeutung für die eigene Lebensführung eingedämmt werden (vgl. Kaindl 2007).

Pädagogik: Befreiungspädagogik

kann

einen

entscheidenden

Teil

zu

zukünftigen

gesellschaftlichen

Veränderungen und dem Aufbruch von herrschaftlichen Strukturen beitragen. Es geht darum ,alternative soziale Beziehungen zu erlernen, wobei dieser Lernprozess, welcher nicht auf autoritäre Erziehung hinausläuft, offen bleiben soll (vgl. Zelik 2007). Bildung wird als ein Prozess der Selbstermächtigung angesehen, durch den sich auch die soziale Situation des Lernenden verändert. Durch diesen Prozess des „Führers seiner Selbst werden“ kann der Weg hin zur Emanzipation bereitet werden. Der Begriff der Pädagogik wurde maßgeblich durch den brasilianischem Volkspädagogen Paulo Freire geprägt. Dieser beschreibt in seinem Konzept die Überwindung von Abhängigkeit und Armut mithilfe von Bildung. Wesentliche Grundlagen seines Konzeptes sind:

politische Dimension der Bildungs- und Kulturarbeit. Bildung bzw. Regionale Arbeit kann niemals neutral sein. Entweder wirkt sie als ein Instrument der Befreiung oder der Unterdrückung. Das Bewusstsein, dass gesellschaftlich neutrale Bildungs- und Kulturarbeit nicht möglich ist, führt zur Reflexion über deren Wirkung. „Die Frage nach den zugrunde liegenden Interessen und zu erwartenden Auswirkungen und somit der gesellschaftliche Stellenwert von bestehenden und neuen

40

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Ansätzen haben große Bedeutung erlangt“ (vgl. Rohrmoser 2004: 10). Für ihn muss Bildung Bewusstmachung der jeweiligen Situation und das Freisetzen der Kräfte verkörpern, mit denen die Betroffenen ihre Situation selbst verändern.

dialogischer Lernprozess. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden ist durch einen Dialog gekennzeichnet. Die eigene Lebenssituation, sowie die sozialen und soziokulturellen Faktoren, die diese beeinflussen spielen dabei eine zentrale Rolle. Diese soll wahrgenommen und anschließend reflektiert werden. Daraus lassen sich direkte Lösungsansätze ausmachen. Nicht vergessen werden sollte an dieser Stelle, dass Freire in jedem Lehrenden auch einen Lernenden sieht und anderes herum ist jeder Lernende in bestimmten Bereichen auch Experte (vgl..).

Verbindung von Theorie und Praxis. Freire sieht Bildungsarbeit als Erkenntnisprozess, der u.a. durch folgende 3 Schritte ermöglicht wird: -

Detaillierte Erhebung der Situation der Menschen:

-

Aktionen: Aufgrund der Erhebungen werden Aktionen und Projekte durchgeführt

-

Reflexion über Erfolge, Schwierigkeiten und Probleme um aus den Erfahrungen zu lernen (vgl. ebd.).

Erfolgreiches Beispiel ÖBV Wie eine bestimmte Form Regionaler Entwicklung durch emanzipatorische Bildung erreicht werden kann, liefert das Beispiel der Gründung der ÖBV – Via Campesina Austria, maßgeblich geprägt durch die Konzepte Paulo Freires.

Die Österreichische Bergbauernvereinigung wurde im Jahre 1974, aufgrund der Benachteiligung der „[…] schwächeren Bauern, darunter vor allem Bergbauern“ (Rohrmoser 2004: 18), gegenüber den größeren,

besser

gestellten

Bauern

gegründet

und

stellte

eine

basisdemokratische

Interessensvertretungen von Bergbauer und Bergbäuerinnen dar. Heute wird sie als Sprachrohr und „geistige Heimat“ vieler Berg- und KleinbäuerInnen dargestellt (vgl. ÖBV 2007).

Die Idee zur Gründung kam einerseits von Franz Stummer, seinerseits damaliger Leiter der Bergbauernabteilung in der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer und frustriert durch die Realität der Interessenvertretung seiner Institution, andererseits von Franz Rohrmoser, welcher innerhalb der katholischen Landjugend gemeinsam mit kritischen und unzufriedenen Bauern ein Projekt zur Selbstbestimmung initiiert hatte. Der Prozess der Gründung der ÖBV war von Beginn an eine Aufgabenteilung. Einerseits wurde er durch die Bauern und Bäuerinnen von innen gestärkt, andererseits durch Stummers politische Erfahrung, seinen Zugang und Einfluss auf verschiedenste Ebenen der zentralen Politik von außen geprägt, sowie durch den von Freire durchdachten „von unten“ - Bildungsansatz (vgl. Rohrmoser 2004). „Das war neu und von Anfang an sehr konfliktreich, aber auch sehr produktiv“ (ÖBV 2007).

41

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Im ersten Bildungskonzept der Bergbauernvereinigung war zu lesen: „Es bedarf einer organisierten Anstrengung, dem Bergbauern eine autonome Gestaltung des Lebens zu ermöglichen, um das Entstehen einer Klasse passiver Almosenempfänger zu vermeiden. Es ist eine Forderung der Zeit, dass die Interessen der Bergbauern von ihnen selbst wahrgenommen und vertreten werden, dass die Funktion der Bergbauern in Wirtschaft und Gesellschaft neu definiert und neue Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden und dass die besonderen Fähigkeiten der Bergbauern ausgeschöpft werden" (ÖBV 2007).

In Österreich hat diese Art von Bewegung, von unten und von außen, über längere Zeit sehr viel Unruhe und eine enorme „Gegenwehr des Systems" ausgelöst. Ganz enorm kam dieser Widerstand aus der bestehenden Bauernvertretung, dem Bauernbund (vgl. ÖBV 2007).

Seither sind die Miteinbeziehung betroffener Bauern und Bäuerinnen, die Analyse der Situation sowie das

Erarbeiten

und

Umsetzen

von

Lösungen

vorrangige

Ziele

der

ÖBV.

Konkrete

Arbeitsschwerpunkte: – – –

Regionale Bildung und Öffentlichkeitsarbeit: Erfahrungsaustausch und Weiterbildung; eigene Zeitung Selbsthilfe: Pionierprojekte, Aufbau von Maschinenringen, Biolandbau, Direktvermarktung Politische Einflussnahme: z.B.: für gerechtere Agrargesetze (vgl. Rohrmoser 2004: 12).

Die Definition von regionaler Entwicklung und auch der ökologischen Landwirtschaft soll einmal mehr als Richtungsforderung verstanden werden. Sie kann sich zum Beispiel am Begriff der „solidarischen Ökonomie“

orientieren

und

muss

Problematiken

reflektieren,

welche

„ausgrenzende

Vergemeinschaftung“ zum Ziel haben (vgl. Sack 2007). Jedenfalls muss die Frage nach Selbst- oder Fremdbestimmung dauerhaft reflektiert werden. Nur so können „oppositionelle Bewegungen, Antagonismen und Brüche“ (Merkens 2007:14) einer immer umstrittenen Hegemonie ersichtlich, und emanzipatorisches Handeln ermöglicht werden. Emanzipationsprojekte müssen aufgrund der Tatsache „das es tatsächlich Regierte und Regierende, Führer und Geführte gibt“ (GH 15, 1713, ebd. 14) durchaus auch eine Führungsanspruch haben. Sie müssen jedoch auch „eine Selbstreflexivität“ entwickeln, die dem Führungsanspruch „aber auch soviel Offenheit und Anbindung an das gesellschaftliche Werden verleiht, dass sich ein tatsächliches Verhältnis der Repräsentanz [Hervorhebung d.Verf.] herausbildet, bis hin zur Aufhebung der Notwendigkeit von Führung überhaupt“. Es geht eben nicht „um edukative Methoden der Belehrung, der Aufklärung“ oder um „falsches Bewusstsein“ durch „richtiges Bewusstsein“ zu ersetzen, da hierbei nur eine Form von „Fremdbestimmung an die Stelle einer anderen tritt“, sondern um eine spezifische „Praxis der Weltaneignung“ (Merkens 2007:16f).

Schlussfolgerungen

42

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

Versteht man regionale Entwicklung als offenen, selbstermächtigenden, demokratischen Prozess unter Beteiligung aller Betroffenen, kann dieser dazu beitragen soziale, kulturelle, ökologische, wirtschaftliche oder infrastrukturelle Probleme der Landwirtschaft zu bewältigen.

Das landwirtschaftliche Schulwesen ist ein Bereich, durch welchen maßgeblich Hegemonie produziert und somit Herrschaft abgesichert wird. Daher bedarf es einer grundlegenden Kritik und Reflexion dieser Tatsache, um die gesellschaftlichen Verhältnisse neu definieren zu können und nicht wiederum den grundlegenden Herrschaftsstrukturen zu erliegen - also das vermeiden einer passiven Revolution.

Im konkreten Fall der Österreichischen Bergbauernvereinigung kann Regionale Entwicklung als die Verbesserung der Interessensvertretung, und dadurch die Möglichkeit der Selbstbestimmung der Produktionsweise von Klein- und Bergbäuer_Innen angesehen werden. Dies wurde unter anderem durch emanzipatorische Bildung, geprägt durch das Konzept Paulo Freires, ermöglicht.

Abschließend möchten wir sagen, dass uns dieses Thema aufgrund seines Umfangs vor so manche Schwierigkeiten gestellt hat. Mit dieser Arbeit soll erst einmal der Grundstein für weitere Forschungsarbeiten in diesem Bereich gelegt werden.

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Zusammenfassung Konkrete Produktionsweisen und damit verbundene Lebens- und Konsumformen sind als historisch herrschaftsförmig entstandene Verhältnisse zu sehen. Herrschaft beruht jedoch nicht ausschließlich auf Zwang, sondern auf organisierte Zustimmung der Massen.

Eine Perspektive der Arbeit ist die Politisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse durch Bildung, vor allem im Bereich der Landwirtschaft bzw. Ernährung. Polit-ökonomische Prozesse in der Landwirtschaft werden durch verschiedene, historisch herrschaftsförmig entstandene Kräfte beeinflusst. Daher behaupten wir, das emanzipatorische Bildung als auch die Vermittlung von bzw. die Aneignung des Wissens über politischen, sozialen und ökonomischen Strukturen, welche historisch zu betrachten sind, (neben der politischen Intervention und der Verschiebung von Kräfteverhältnissen) langfristig zur Emanzipation und Systemveränderung führen können - sowie Grundlage für politische Intervention und Verschiebung von Kräfteverhältnissen an sich sind. In dieser Dialektik ist auch das Konzept der Ernährungssouveränität der Bauernbewegung Via Campesina zu verorten, welches wir nicht als die Alternative schlechthin sehen, sondern als Richtungsforderung verstehen.

„Es geht folglich darum, pädagogische Verhältnisse zu schaffen, die es erlauben: „die eigene Weltauffassung bewusst und kritisch auszuarbeiten und folglich (…), an der Hervorbringung der Weltgeschichte aktiv teilzunehmen, Führer seiner selbst zu sein und sich nicht einfach passiv und hinterrücks der eigenen Persönlichkeit von außen den Stempel aufdrücken zu lassen“ (GH1, 97) (Merkens 2007:15).

44

A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

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45

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

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A Theoretische Überlegungen zu regionaler Entwicklung

B Ökologische Leistungen von Bio & Regional B.1 Gibt es Alternativen bei der Ernährung das Klima zu schonen? – von Elisabeth LACKNER, Bernhard LODER und Rita URABL.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 48 2. Grundlegendes zum Klimawandel 48 2.1. Auswirkungen des globalen Klimawandels 48 2.2. Ursachen und Konsequenzen des Klimawandels 49 2.3. Welche Treibhausgase gibt es und was sind CO2-Äquivalente? 49 2.4. Wie hoch ist überhaupt der Anteil an klimarelevanten Emissionen der Ernährung, der zum Klimawandel beiträgt? 50 3. Sichtweisen unserer Ernährung 3.1. Fleischkonsum 3.2. Konventionelle versus. Ökologische Landwirtschaft

50 50 51

3.2.1. Fleisch ..................................................................................................................................... 52 3.2.2. Gemüse ................................................................................................................................... 53 3.2.3. Back-, Teigwaren..................................................................................................................... 54 3.2.4. Milchprodukte und Eier............................................................................................................ 54

4. Maßnahmen im Bezug auf klimaoptimierte Ernährung 4.1. Pflanzliche Lebensmittel gegenüber tierischen bevorzugen 4.2. Ökologisch erzeugte Produkte tragen zum Klimaschutz bei 4.3. Regionale Erzeugnisse – Keine Flug-Transporte 4.4. Saisongerechte und gering verarbeite Erzeugnisse 4.5. Strom und Sprit sparen 4.6. Ernährungsökologie ein neues Fachgebiet 4.7. Klimaschutz durch veränderten Ernährungsstil 4.8. Wer kann sich schließlich ein Ernährungsbewusstes Essen leisten?

55 55 56 56 56 57 57 58 58

5. Schlussfolgerung 6. Literaturverzeichnis 7. Abbildungsverzeichnis 8. Tabellenverzeichnis

59 60 62 62

47

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

1. Einleitung Wenn es nicht das Geschichtsbuch ist, so sind es unsere Großeltern, die uns das Leben der Vergangenheit lehren könnten. Früher war alles anders als heute. Früher hat es z.B. keinen Import und Export von Waren im heutigen Sinne gegeben. Man lebte mit dem, was zu gewissen Zeiten zur Verfügung stand und da man nichts anderes hatte, lebte man damit zufrieden. Früher gab es weniger Vergleichsmöglichkeiten von Produkten und die Notwendigkeit, neue Waren auf den Markt zu bringen und den Konsumenten anzubieten, war nicht so groß wie heute. Grund und Boden stellten in früheren Zeiten einen großen Wert dar, da die Völker daraus ihre Lebensgrundlage sicherten und nicht unbedingt daraus Kapital schlagen wollten. Aus diesem Grunde waren sie mit diesem Besitz tief verwurzelt und auch stolz darauf. Im Laufe der Zeit entwickelten sich immer mehr Handelsbeziehungen und die Wirtschaft wurde immer wichtiger. Die Industrialisierung brachte weitere tief greifende Veränderungen, was auch den Bezug zu Grund und Boden betrifft. „CO2 Ausstoß“ wird in unseren Alltag nicht mehr oft überhört. Immer mehr wird bekannt gegeben welche negative Wirkung dahinter liegt. Kritik hat man gegen den CO2-Ausstoss eher den Transportmitteln und Industrie geäußert, doch es kommen auch andere Bereiche zum Vorschein. Das Thema Klimawandel hat derzeit beunruhigende Konjunktur – und so verwundert es nicht, dass auch die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Ernährungsweisen und Klimawandel thematisiert werden. Immerhin beträgt in Österreich der Gesamtausstoß an CO2 78,5 Millionen CO2-Äquivalente. Da stellt sich die Frage: „Essen wir das Klima auf?“ oder gibt es auch Alternativen, bei der Ernährung das Klima zu schonen. In dieser Arbeit wird versucht, verschiedene Sichtweisen der menschlichen Ernährung aufzuzeigen und die damit verbundenen Probleme vorzustellen. Der Bezug zum Klimawandel soll in dieser Arbeit in den Vordergrund gestellt werden. 2. Grundlegendes zum Klimawandel

2.1. Auswirkungen des globalen Klimawandels Seit einigen Jahren ist der drohende Klimawandel ein viel diskutiertes Thema. Anlässe sind steigende Jahresdurchschnittstemperaturen, abschmelzende Gletscher, Schneefelder und Polkappen sowie eine Häufung von „Jahrhundertereignissen“ wie extrem starke Regenfälle, Hochwasser und Überschwemmungen, extrem trocken-heiße Sommer, heftige und zerstörerische Wirbelstürme und so weiter. Die Erdatmosphäre und die Weltmeere werden wärmer. Über tausend Jahre lang schwankte die Temperatur relativ wenig; seit etwa hundert Jahren erhöht sie sich deutlich und voraussichtlich dauerhaft. Seit dem Jahr 1900 stieg die globale durchschnittliche Lufttemperatur um etwa 0,8 Grad Celsius (vgl. IPCC, 2007, s.p.). Die Folgen des Klimawandels sind für alle immer deutlicher spürbar. Von den vergangenen zehn Jahren waren neun die wärmsten seit Beginn der globalen Temperaturaufzeichnungen (etwa 1860). Gletscher schmelzen ab, Starkregen- und Sturm-Ereignisse häufen sich. Der Meeresspiegel stieg in den vergangenen hundert Jahren beschleunigt um 15 bis 20 Zentimeter an (vgl. RAHMSTORF, 2006, 1ff). Die jüngsten Berichte des UNO-Weltklimarates zeigen die Auswirkungen und Aussichten des Klimawandels eindeutig auf (vgl. IPCC, 2007, s.p.). Prognosen der Klimaforscher kündigen bei ernsthaften weltweiten Klimaschutzmaßnahmen Temperatursteigerungen bis zum Jahr 2100 um mindestens weitere 1,4 bis zwei Grad Celsius an. Zum Vergleich: Die bisher in Deutschland und weltweit erlebten Extrem-Ereignisse wie Überschwemmungen, Stürme, Dürren und zuletzt der warme Winter in Europa sind die Auswirkungen von „nur“ 0,8 Grad Celsius globaler Temperaturerhöhung.

48

B Ökologische Leistungen von Bio und Regional

Ohne Schutzmaßnahmen ist in den kommenden hundert Jahren eine Erwärmung um bis zu sechs Grad Celsius oder mehr zu befürchten (vgl. RAHMSTORF und SCHELLNHUBER, 2006, 48f). 2.2. Ursachen und Konsequenzen des Klimawandels Die Ursache für den Klimawandel ist der verstärkte Ausstoß von Treibhausgasen, die der Mensch auf vielerlei Arten produziert. Vor allem die Konzentration der Gase Kohlendioxid (CO2), Methan (CO4), Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Lachgas (N2O) in der Atmosphäre nimmt durch menschliche Aktivitäten deutlich zu. Dies führt zu einer verstärkten Adsorption der von der Erde reflektierten Sonnenstrahlung in der Atmosphäre mit der Folge einer allmählichen Erwärmung. Dies ist der menschenverursachte anthropogene Treibhauseffekt. Davon abzugrenzen ist der natürliche Treibhauseffekt, der durch natürlich vorhandene Gase entsteht. Ohne diesen wäre die Atmosphäre viel kälter und ein Leben auf der Erde in der heutigen Form nicht möglich. „Den höchsten Ausstoß an Treibhausgasen verursachen die reichen Industrieländer. Sie tragen die größte Verantwortung für den Klimawandel und damit auch die dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz. Zur Vermeidung der schlimmsten Folgen des Klimawandels fordern Klimaforscher, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 weltweit um mindestens 50 Prozent zu senken“ (RAHMSTORF und SCHELLNHUBER, 2006, 48f). Für die Industrieländer bedeutet das eine noch wesentlich weitergehende Senkung. Nötig ist vor allem ein massives Einsparen bei der Nutzung fossiler Energieträger, weil bei deren Verbrennung zusätzliches CO2 entsteht. Dies betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche – auch die Ernährung (vgl. STERN, 2006, 248f).

2.3. Welche Treibhausgase gibt es und was sind CO2-Äquivalente?

Tabelle 1: Äquivalenzfaktoren zur Berechnung des Treibhauspotentials (TAYLOR, 2000)

Klimarelevante Gase sind CO2, Methan, Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe welche auch durch landwirtschaftliche Tätigkeiten entstehen. Weiters kritische anfallende Gase sind Ammoniak, Schwefel- und Stickstoffoxide, welche eine versauernde Wirkung aufweisen. CO2 entsteht bei allen gehaltenen Nutztieren als Endprodukt der Atmung. In Bezug auf den Treibhauseffekt lässt es kurzwellige Strahlung durch verhindert jedoch einen Wiederaustritt aus der Erdatmosphäre, was zu einer Oberflächenerwärmung führt. Methan entsteht durch mikrobielle Abbauprozesse im Wiederkäuermagen (zusätzlich noch im Reisanbau). In der Erdatmosphäre reagiert es mit Sauerstoff zu CO2 und Wasser und stellt ein 20-30 Mal höheres Treibhauspotential als Kohlendioxid dar. Distickstoffoxid oder Lachgas entsteht bei der Düngerherstellung sowie aufgrund von mikrobiellen Abbauprozessen auf dem Feld. Wie Fluorkohlenwasserstoffe trägt es zum Ozonabbau bei, welches die langwellige Strahlung daran hindert, in die Atmosphäre einzudringen. Aufgrund der Reaktionsfreudigkeit dieser beiden Stoffklassen wird Lachgas eine 5-6%iger und FCKW’s ein 10%iger Anteil am Treibhauseffekt zugeschrieben (vgl. FORSTER, 2007, S.212).

49

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

CO2 -Gas wird als eine einheitliche Messgröße verwendet um die Freisetzung von Schadgase zu ermitteln. Also die Wirkung von jedem Schadgas wie Methan, FCKW und Lachgas wird gleichgestellt, äquivalent, zu der CO2 -Wirkung und dadurch berechnet. CO2 –Äquivalent ermöglichen somit eine Vergleichbarkeit um den anthropogenen Einfluss auf den Treibhauseffekt darzustellen. 2.4. Wie hoch ist überhaupt der Anteil an klimarelevanten Emissionen der Ernährung, der zum Klimawandel beiträgt?

Abbildung 4 Anteile an der Emission von Treibhausgasen durch einzelne Aktivitäten im Bedürfnisfeld Ernährung im Basisjahr 2000 (WIEGMANN, 2005, S.26)

Laut WIEGMANN et.al. (2005, S.26) hat die Produktion der Lebensmittel einschließlich des Transports einen Anteil von 45% an Treibhausgasemissionen, der Rest entfällt auf den Energieverbrauch zur Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie anteilige Raumwärme (Küche) und Einkaufsfahrten. TAYLOR (2000, S.145) betrachtet die Bereiche „verbrauchte Lebensmittel“, „Haushaltsphase“ (Kühlen, Erwärmen, Kochen), „Transport“ und „Verpackung“ genauer. Die Ergebnisse zeigen, dass der Bereich „verbrauchte Lebensmittel“, in alle Ernährungsweisen die untersucht wurden, bei der prozentualen Verteilung an den Gesamtemissionen 60% beträgt. Wobei diese sich zur Hälfte aus den CO2Äquivalenten erklären, die durch den Stickstoffeintrag in der Landwirtschaft entstehen. Weiters entfallen etwa 27% auf die Haushaltsphase, sowie 8% für Transport und 5% auf die Verpackung (vgl. TAYLOR, 2000, S.145). In der Studie von FRITSCHE & EBRELE (2007, 4) entfällt der Anteil an Haushaltsphase höher (52%), da der Energiebedarf elektrischer Geräte (wie Herd, Geschirrspüler, Kühlgeräte und Kleingeräte) genauer miteinbezogen wurde (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.4). Laut dieser beiden Studien beträgt der Anteil an Gasemissionen zwischen 45% und 60%. Diese relativ starke Schwankung ist möglicherweise aufgrund des Stickstoffhaushalts zu erklären. Bei einem ökologisch arbeitenden Betrieb fällt der Emissionsanteil deutlich geringer aus, da kein Energieverbrauch zur Erzeugung künstlichen Stickstoffdüngers anfällt.

3. Sichtweisen unserer Ernährung 3.1. Fleischkonsum Das Thema Klimawandel sollte für jeden von uns sehr wichtig sein, weil wir schließlich diejenigen sind, die uns dafür verantwortlich zeichnen. Oft hat man alles, was nicht mit der Natur in Verbindung gebracht werden kann, für den Klimawandel verantwortlich gemacht, wie die Industrie, den rasch wachsenden Verkehr, die rasche Entwicklung der Technik, usw. Heutzutage steht aber auch die Landwirtschaft unter Kritik, vor allem was die intensive

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Viehhaltung betrifft. Die Landwirtschaft in Deutschland zum Beispiel „emittiert mit 133 Millionen Tonnen CO2 – Äquivalenten fast ebensoviel Treibhausgase wie der Straßenverkehr. 71 Prozent oder 94 Millionen Tonnen verursacht allein die Tierhaltung, deutlich mehr als die Hälfte davon die Rindfleisch- und Milchproduktion“ ( FOODWATCH, 2008, S.V). „ Die Viehzucht setzt neun Prozent des anthropogenen Kohlendioxids frei, 37 Prozent des Methans sowie 65 Prozent der Stickoxide“ (DEUTSCH, 2007, s.p.). Ohne Tierhaltung könnten die Menschen kein Fleisch konsumieren, Tierhaltung existiert also auf Grund der Nachfrage der KonsumentInnen nach Fleisch. Das Problem liegt jedoch nicht so sehr darin, dass der Mensch Fleisch isst, sondern im übermäßigen täglichen Konsum von Fleischprodukten. Im Grünen Bericht von Österreich zeigen Statistiken vom Jahr 2006/07 einen Pro-Kopf-Verbrauch von 65,6 kg an Fleisch (vgl. BMLFUW, 2008, S.39). Ein Beispiel dazu. Ein Kilogramm Rindfleisch (von ehemalige Milchkühen), konventionell erzeugt, verursacht Treibhausgase, die einer mit einem Auto (Modell BMW 118d) zurückgelegten Strecke von 50,8 km entspricht. Dem Kilogramm ökologisch hergestelltem Rindfleisch entspricht eine Strecke von 33,0 km (vgl. FOODWATCH, 2008, S.IX). Die Viehhaltung ist für einen Anteil von 18 Prozent am Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich. „Eine zentrale Ursache für die stärkere Klimabelastung durch die Erzeugung tierischer Lebensmittel ist der höhere Energieverbrauch meist aus fossilen Energieträgern“ (KOERBER et al., 2007, S.132). Ein anderer Gesichtspunkt, welcher uns den Verzicht auf Fleischkonsum nahe legt, ist der der Armut auf unserer Welt und die damit oft verbundene Mangelernährung bzw. oft Hungersnöte. Im Grünen Bericht ist nachzulesen, dass in Zukunft mit einer knappen Versorgung mit Lebensmitteln zu rechnen ist anstatt mit einer Überproduktion. Das Konsumverhalten tendiert immer mehr hin zu Fleisch- und Milchprodukten und weg von einer Ernährung, die auf Getreidesorten basiert (vgl. BMLFUW, 2008, 27). Dabei ist zu bedenken, dass für die Aufzucht von Tieren sehr viel Getreide notwendig ist. „Mengenmäßig wird ca. die Hälfte der der weltweiten Getreideernte in der Massentierhaltung verfüttert“ (KUGLER et al., 2007, S. 13). „Die Haltung von Wiederkäuern bietet allerdings die einzige Möglichkeit, das Gras der Grünlandflächen zur Produktion von Lebensmitteln zu nutzen und dient dem Landschaftsschutz. Auch die Einkommen der Bauern hängen großteils vom Verkauf tierischer Produkte ab“ (KOEBER & KRETSCHMER, 2007, S.20). 3.2. Konventionelle versus. Ökologische Landwirtschaft Egal ob ökologisch oder konventionell, die Landwirtschaft ist auch ein Klimasünder. Warum? Der Klimawandel wird vor allem verursacht durch die starke Konzentration der Gase Kohlendioxid, Methan, FCKW und Lachgas (vgl. KOERBER et al., 2007, S.130). In der Landwirtschaft finden wir vor allem Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Wenn man der konventionellen Landwirtschaft die ökologische gegenüber stellt, muss man die Verursacherproblematik differenzierter betrachten. In der konventionellen Landwirtschaft werden mineralischen Stickstoffdünger verwendet, deren Synthese in der chemischen Industrie sehr energieaufwändig ist. Da diese im ökologischen Landbau nicht zugelassen sind erfolgt die Stickstoffzufuhr in den Boden vor allem durch Leguminosen, welche danke den Knöllchenbakterien diesen im Boden fixieren können. Weiters darf man in der ökologischen Landwirtschaft nur eine gewisse Anzahl von Tieren pro Hektar (2 GVE/ha) halten , deshalb entsteht weniger Dünger und dadurch ist die Emission von Lachgas, welches 300-mal für das Klima schädlicher ist als CO2, ebenfalls geringer (vgl. KOERBER et al., 2007, S.133). Die Vorstellung, dass die ökologische Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft automatisch umweltfreundlicher sei als die traditionelle, muss jedoch relativiert werden, denn eine konventionelle Landwirtschaft kann sich andererseits auch positiver auswirken als eine ökologische. Zum Beispiel verursacht die Produktion von ökologischem Rindfleisch (Ochsenmast) bis zu 60 Prozent mehr Treibhausgase als eine konventionelle Produktion (Bullenmast), da Bullen für deren Entwicklung Kraftfutter brauchen bzw. ihnen gefüttert wird, und Kraftfutter entspricht nicht eine natürliche Quelle wie es im ökologischen Sinn sein sollte. Auch die Herstellung von Milchprodukten ist sehr energieaufwendig, auch wenn es auf ökologische Weise produziert wird (vgl. FOODWATCH, 2008,

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S.VIII). „Verbraucher, die sich konventionell ernähren, aber weniger Rindfleisch und Milchprodukte verzehren, belasten das Klima weitaus weniger als Konsumenten, die einen hohen Konsum von ökologisch hergestellten Rindfleisch- und Milchprodukten aufweisen“ (FOODWATCH, 2008, S.VIII). Art der Tierhaltung, Fütterung und Betriebsstruktur sind drei Bereiche, die man bei solchen Vergleichen berücksichtigen sollte. Im Folgend werden Grafiken dargestellt, welche die CO2 Emissionen beim Vergleich konventioneller und ökologischer Produktion von Lebensmittel zeigen.

Tabelle 2 Klimabilanz für Nahrungsmittel aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.5)

Die oben stehende Grafik bezieht neben den CO2 auch die anderen klimarelevanten Emissionen (vorwiegend CH4 und N2O) mit ein, die Gesamtwirkung aller Treibhausgase ist somit in CO2 – Äquivalenten angegeben.

3.2.1. Fleisch

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Abbildung 2 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Fleischarten (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6)

In dieser Abbildung wird die Wertschöpfungskette von Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch, ökologischer und konventionelle Erzeugung, gezeigt, wobei der zu vergleichende Faktor die Treibhausgasemissionen sind. Deutlich erkennbar ist, dass die Rindfleischproduktion mit wesentlich höheren Klimagasemissionen verbunden ist, als die Geflügel- und Schweinefleischproduktion. Grund hierfür sind insbesondere die Methanfreisetzung in der Rinderhaltung sowie die Futtermittelbereitstellung. Die Wertschöpfungskette „Tiefkühlfleisch“(TK) bedingt bei allen Fleischsorten höhere Treibhausgasemissionen. Fleisch aus ökologischer Landwirtschaft mit Einsparungen zwischen 5% (Schwein) und 15% (Rind) scheidet durchaus besser ab gegenüber der konventionellen Wertschöpfungskette (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6). 3.2.2. Gemüse

Abbildung 3 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Gemüsearten (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.7)

Weiters werden hier Herstellung und Verarbeitung von Gemüse gezeigt bzw. verglichen auf die unterschiedliche Klimawirkung (Treibhausgasemissionen). Frisches Gemüse und Kartoffel liegen etwa bei einem Zehntel der durch Fleisch verursachten Emissionen. Tiefkühlware oder Konserven von Gemüse sind vergleichsweise nur wenig ungünstiger als frische Produkte. Die Verarbeitung von Kartoffeln in getrocknete Produkte wie Püree oder Klöße setzt ähnlich viel Klimagase frei wie die Produktion von Geflügel- und Schweinefleisch. Pommes frites als Tiefkühlware, jedoch ohne die Zubereitung in Friteuse oder Backofen, liegt dem sogar darüber. Einsparungen bei den ökologischen Produkten im Vergleich zur konventionellen Produktion betragen ähnlich wie beim Fleisch zwischen 5% (TK-Pommes Frites, Gemüsekonserven) und 30% (frische Kartoffel und Tomaten) (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.7)

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3.2.3. Back-, Teigwaren

Abbildung 4 Treibhausgasemissionen durch Back- und Teigwaren (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)

Die Herstellung von Back- und Teigwaren ist mit etwas höheren Klimagasemissionen verbunden als die Produktion von Gemüse, liegt jedoch unter den Treibhausgasfreisetzungen von Fleisch. Die ökologische Landwirtschaft schneidet laut dieser Studie im Bereich Back- und Teigwaren um 10-15% besser ab als die konventionelle Herstellung (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8). 3.2.4. Milchprodukte und Eier

Abbildung 5 Treibhausgasemissionen durch Milchprodukte und Eier (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)

Interessant ist dieser Bereich, da er die größte Menge an Schadgasen freisetzt. Dass heißt, die Produktion von Butter gefolgt von Käse und Sahne stellen die größten „Klimasünder“ dar. Die Produktion von Butter beispielsweise setzt fast doppelt soviel CO2-Äquivalente frei wie die Rindfleischproduktion. Dies lässt sich daraus erklären, dass der Berechnungsvorgang in Zusammenhang mit dem Fettanteil passiert und die Gesamtemissionen mit der Vorkette (Kuh, Futter usw.) steigen. Daraus lässt sich folgern, dass fettarme Produkte relativ weniger Treibhausgase verursachen. Bei den Eiern wurde konventionelle Bodenhaltung mit Freilandhaltung und Futter aus ökologischer Landwirtschaft verglichen und es ist nur ein leichter Vorteile, im ökologischen Bereich, bezüglich die Emissionen zu erkennen (vgl. FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.9).

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4. Maßnahmen im Bezug auf klimaoptimierte Ernährung „Unsere Ernährung hat einen wesentlichen Anteil am anthropogenen verursachten Klimawandel: Die Treibhausgasemissionen des Bedürfnisfelds Ernährung liegen in derselben Größenordnung wie die des Bedürfnisfelds Mobilität. Es ist also durchaus sinnvoll, zu überlegen, welche Ansatzpunkte für eine Reduktion der Treibhausgasesmissionen dieses Bedürfnisfeldes bestehen“ (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.12). Die Nahrungsproduktion ist davon in doppelter Hinsicht betroffen. Einerseits sind alle Kulturpflanzen und standortangepassten Sorten von bestimmten Klima- und Witterungsbedingungen abhängig. Andererseits ist die Landwirtschaft selbst maßgeblich beteiligt an der Produktion von Treibhausgasen sowie an der Beseitigung klimastabilisierender Biotope, vor allem der tropischen Regenwälder und anderer großräumiger Waldflächen. Ungefähr die Hälfte der ernährungsbedingten Emissionen stammt aus der Landwirtschaft, das meiste davon aus der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Ferner ist der Handel bedeutsam, vor allem durch Transport und Verpackung der Lebensmittel. Dagegen ist der Anteil der Verarbeitung in Lebensmittelindustrie und –handwerk relativ gering. Etwa ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen entsteht durch den individuellen Verbrauch, besonders durch Heizen, Kühlen, Spülen und Einkaufsfahrten mit dem Auto. „Die einzelnen Lebensmittel – und damit auch die individuellen Ernährungsstile – unterscheiden sich stark hinsichtlich ihres Einflusses auf das Klima. Bestimmend sind hier • die Art des jeweiligen Lebensmittels, • seine Produktionsweise • seine Vermarktungswege und • die Art von Einkauf im Haushalt“ (KOERBER et al., 2004, s.p.). Nachfolgend werden Maßnahmen Ernährungsbereich dargestellt.

zur

Reduzierung

der

Treibhausgasemissionen

im

4.1. Pflanzliche Lebensmittel gegenüber tierischen bevorzugen Der „ökologische Rucksack“, welcher ein Vergleichsmaßstab bietet, mit dem verdeutlicht wird, welche ökologischen Folgen die Bereitstellung bestimmter Güter an Treibhausgasen verursacht, ist bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel wesentlich höher als bei der pflanzlicher Lebensmittel. Die Viehhaltung ist global für 18 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Das ist mehr als der gesamte Transportsektor weltweit verursacht (vgl. FAO, 2006, S.112). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2007, S.413) empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen vorwiegend pflanzliche Erzeugnisse (75 % der Lebensmittelmenge). Tierische Nahrungsmittel sollten rund 25 Prozent der Lebensmittelmenge umfassen. Diese ernährungsphysiologische Schwerpunktsetzung würde bei einer Umsetzung zur Klimaentlastung führen. Eine wesentliche Ursache für die stärkere Klimabelastung durch Fleisch, Milch und Eier ist der hohe Energieverbrauch bei deren Erzeugung, vor allem für die Synthese der im konventionellen Landbau benötigten Stickstoffdünger für die Futterpflanzen. Außerdem wird Energie bei der Tierhaltung selbst eingesetzt. Da die Tiere die Nahrungsenergie der Futterpflanzen großteils für ihren eigenen Erhaltungsstoffwechsel verbrauchen, ist nur ein geringer Teil davon in den tierischen Produkten wieder zu finden. Durch diese „Veredelungsverluste“ gehen zweit Drittel oder mehr der Futterenergie verloren. Neben Kohlendioxid entwickeln sich bei der Produktion tierischer Lebensmittel weitere Treibhausgase. Während der Lagerung von Dünger in Form von Stallmist, Gülle und Jauche entstehen Methan und Lachgas. Speziell Wiederkäuer (Rinder, Schafe und Ziegen) stoßen zusätzlich Methan aus, das sich durch den mikrobiellen Abbau der Nahrung in deren Mägen bildet.

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4.2. Ökologisch erzeugte Produkte tragen zum Klimaschutz bei Für den Pflanzenbau ergaben Systemvergleiche, dass ökologische Betriebe im Vergleich zu konventionellen deutlich weniger Energie pro Hektar benötigen; je nach Untersuchung durchschnittlich etwa die Hälfte oder ein Drittel. Entsprechend produzieren Öko-Betriebe pro Hektar auch wesentlich weniger Treibhausgase – ebenfalls durchschnittlich etwa die Hälfte oder ein Drittel. Hauptverantwortlich für den flächenbezogen deutlich höheren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß im konventionellen Pflanzenbau sind die mineralischen Stickstoffdünger. Im Öko-Landbau erfolgt die Stickstoffzufuhr in den Boden vor allem durch den Anbau von Futterleguminosen. Sie ist natürlicherweise durch die Verwertungsabläufe im Boden begrenzt. Auch die Düngung mit Stallmist und Gülle ist aufgrund der flächengebunden Tierhaltung eingeschränkt. Daher ist der Ausstoß von Lachgas – als Abbauprodukt von mineralischen und organischen Stickstoffdüngern – im ökologischen Landbau deutlich geringer (vgl. HAAS, 2001, s.p.). Weil der Öko-Landbau niedrigere Erträge erzielt, sind seine klimarelevanten Vorzüge jedoch geringer, wenn der Treibhausgasausstoß auf die erzeugte Produktmenge bezogen wird. Die Emissionen können auch gleich hoch oder im Einzelfall sogar höher sein als im konventionellen Landbau. Die ökologische Tierhaltung verbraucht weniger Energie als die konventionelle, insbesondere bei der Futterproduktion. Bezüglich der Treibhausgasemissionen bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel ist die Datenlage noch nicht ausreichend, um fundierte Aussagen treffen zu können (vgl. BOKISCH, 2000, S.178ff).

4.3. Regionale Erzeugnisse – Keine Flug-Transporte Obwohl sich die pro Person verbrauchte Lebensmittelmenge kaum verändert hat, haben sich die Lebensmitteltransporte in Deutschland seit 20 Jahren verdoppelt (vgl. DEUTSCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG, 1999, s.p.). Die Klimabelastung durch Lebensmitteltransporte hängt von der zurückgelegten Strecke und dem verwendeten Transportmittel ab. LKWs stoßen deutlich mehr Treibhausgase aus als die Bahn. FlugTransporte von Waren aus Übersee sind extrem klimaschädlich, da Flugzeuge wenig energieeffizient sind und ihre Emissionen in großer Höhe entstehen und infolge der Erwärmungswirkung der erzeugten Zirruswolken und Kondensstreifen eine mehrfach höhere Schädigungswirkung entfalten. Transporte mit Flugzeugen belasten die Atmosphäre mehrere Hundert Mal stärker als solche mit Hochseeschiffen. Dies gilt auch für Öko-Lebensmittel, wenn sie aus fernen Ländern importiert werden. Für Verbraucher sind flugimportierte Lebensmittel im Laden nicht erkennbar, da das Transportmittel nicht deklariert werden muss. Häufig kommen frische, empfindliche Obst- und Gemüsearten, wie exotische Früchte sowie Erdbeeren und Spargel im Winter, per Flugzeug nach Deutschland. Insgesamt lassen sich keine pauschalen Aussagen zur Umweltrelevanz regionaler Erzeugnisse treffen. Beispielsweise ist der Transport kleiner Gütermengen mit kleinen Lieferwagen oder PKWs wenig effizient. Regionale Lebensmittel haben jedoch das Potential, Energie und damit TreibhausgasEmissionen einzusparen. Dieses muss in vielen Fällen durch effiziente Vermarktungsstrukturen und erhöhte Nachfrage noch erschlossen werden (vgl. DEMMERLER & HEIßENHUBER, 2003, S.437ff). Produkte aus der Region zu kaufen wäre auf jeden Fall am klimafreundlichsten, doch man hat nicht immer die Zeit und die Fahrmöglichkeit, die gewünschten Produkte dort zu erwerben. Um Zeit zu sparen, produziert man deshalb viele Tiefkühlprodukte, welche der Produzent vermehrt am Markt anbietet, schnelle und sättigende Mahlzeiten für jeden. Die Ernährung wird leider weiterhin als Nebensache angesehen

4.4. Saisongerechte und gering verarbeite Erzeugnisse Der Freilandbau von Gemüse und Obst in der Saison ist weniger klimabelastend als ihre Erzeugung in beheizten Treibhäusern oder Folientunneln. Hierbei werden während der kalten Jahreszeit große

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Mengen an Heizöl verbraucht, die klimaschädlichen Emissionen liegen bis zu 30 mal höher (vgl. JUNGBLUTH, 2000, s.p.). Tiefgekühlte Lebensmittel benötigen bei der Verarbeitung sowie für die Aufrechterhaltung der Kühlkette während Transport und Lagerung große Energiemengen und bewirken erhebliche Treibhausgasemissionen. Beispielsweise verursachen Tiefkühlpommes rund 23-mal mehr CO22 Äquivalente als frische Kartoffeln (WIEGMANN et al., 2005, S.15). Allgemein sind daher frische, gering verarbeitete Lebensmittel – die entsprechend der VollwertErnährung auch aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert sind – weniger klimabelastend als stärker verarbeitete Produkte.

4.5. Strom und Sprit sparen Bei einer notwendigen Neuanschaffung von Haushaltsgeräten sollte aus Klimaschutzgründen auf eine gute Energieeffizienzklasse geachtet werden. In der Energie-Lebensbilanz eines Haushaltsgeräts entfällt jedoch der größte Anteil auf die Herstellung, nicht auf die Nutzung. Daher sollten vorhandene Geräte erst ersetzt werden, wenn sie nicht mehr zu reparieren sind (vgl. PICHERT, 1991, s.p.). Einkaufsfahrten mit dem Auto belasten das Klima sehr stark. Eine ein Kilometer lange Fahrt mit einem Mittelklassewagen setzt genau so viele klimaschädliche Gase frei wie der Anbau von und der Handel mit einem Kilogramm Frischgemüse. Somit macht das Einkaufen mit dem Auto eine günstige Klimabilanz von pflanzlichen, ökologischen, regionalen und saisonalen Lebensmittel leicht zunichte (vgl. WIEGMANN et al., 2005. s.p.).

4.6. Ernährungsökologie ein neues Fachgebiet Obwohl im Haushalt die Ausgaben für Nahrungsmittel mit 13% erst an dritter Stelle nach Wohnen/Energie und Verkehr stehen (vgl. BMLUFW, 2008, S.142), ist dieser Bereich für den Menschen sehr wichtig. Einerseits, weil die Ernährung ein Grundbedürfnis ist, welches uns die energetische Grundlage des Lebens liefert und anderseits, weil der Mensch als Konsument entscheidet, wenn er die Möglichkeit dazu hat, was produziert werden soll. 1987 wurde ein neues Fachgebiet, die Ernährungsökologie, gegründet. Die Ernährungsökologie ist ein interdisziplinäres Wissenschaftsgebiet, welches die Beziehungen innerhalb des gesamten Ernährungssystems untersucht und bewertet. Hier schließen sich die Bereiche von landwirtschaftlicher Erzeugung der Lebensmittel über Verarbeitung, Verpackung, Transport und Handel bis zum Verzehr und zur Abfallentsorgung (vgl. KOERBER et al., 2004, s.p.). „Ziel ist, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die vernetzten gesundheitlichen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Bedingungen und Auswirkungen des Umgangs mit Lebensmitteln zu gewinnen. Dieses ermöglicht die Entwicklung von realisierbaren, nachhaltigen bzw. zukunftsorientierten Ernährungskonzepten und bietet die Basis für ein bewusstes Essverhalten“ (KOERBER et al., 2004, s.p.). Dieses Fachgebiet „Ernährungsökologie“ beschäftigt sich mit der gesamten Entwicklung bzw. Herstellung eines Produktes bis hin zum Konsumenten. Das bietet Sicherheiten vor allem in Zeiten von Gesundheitsskandalen wie beim Auftreten von BSE und MKSD. Der Begriff der Nachhaltigkeit nimmt an Bedeutung zu. Und um eine Nachhaltigkeit zu schaffen, ist es wichtig, die Bereiche Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt mit einzubeziehen. Synthese: Sicher ist es für den Einzelnen nicht möglich, für sich einen Überblick über die Qualität von Produkten zu verschaffen. Deshalb ist es wichtig, vertrauensvolle Quellen zu haben, welche uns informieren, was die Sicherheit von Produkten betrifft.

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4.7. Klimaschutz durch veränderten Ernährungsstil „Vergleicht man die Klimaeffekte verschiedener Ernährungsweisen, würde eine Rangfolge der Klimaschützer unter den Konsumenten landwirtschaftlicher Produkte so aussehen: Größte Klimasünder sind die konventionellen und ökologischen Allesesser. Der von ihnen durch den Verzehr landwirtschaftlicher Produkte verursachte Ausstoß von Treibhausgasen entspräche pro Jahr bei konventionellen Lebensmitteln einer Autostrecke von 4.758 Kilometer, also der Strecke HelsinkiFlorenz hin und zurück. Der ökologische Allesesser wäre nicht viel besser; er käme auf 4.377 km. Besser als der ökologische Allesesser schneidet ein konventioneller Allesesser ab, der Schweinefleisch, anstatt Rindfleisch verzehrt. Sein Konsum entspricht einer Strecke von 4.209 km. Beim Verzicht auf Fleisch, nicht aber auf Milchprodukte, entspräche die Strecke im konventionellen Fall 2.427 km oder 1.978 km bei der ökologischen Variante. Die besten Klimaschützer sind diejenigen, die weder Fleisch noch Milchprodukte verzehren. Ihre Ernährungsweise ergibt eine Strecke von 281 km pro Jahr (ökologisch), also der Strecke Hamburg-Hannover und zurück, oder 629 km bei konventionellen Nahrungsmitteln“ (FOODWATCH, 2008, S.10).

Abbildung 6 Treibhauseffekt verschiedener Ernährungsweisen pro Kopf und Jahr (dargestellt in Autokilometern)

4.8. Wer kann sich schließlich ein Ernährungsbewusstes Essen leisten? Hungersnöte gibt es in gewissen Gebieten auf unserer Erde schon lange, die Zahl der Hungernden ist 2007 weltweit um weitere 40 Millionen, auf 963 Millionen Menschen, gestiegen (SCHWEIZER MAGAZIN, 2008, s.p.). Weiters wird berichtet, dass wegen der Preisverdoppelung bei Saatgut und Düngemitteln gegenüber dem Jahr 2006 LandwirtInnen die Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft nicht erhöhen konnten. Dagegen wurden reichere Farmen in den Industrieländern durch diese Situation kaum beeinträchtigt. In der Regel wird in den Industrieländern konsumiert und in den Entwicklungsländern produziert. Es ist einem leider nicht immer bewusst, unter welchen Bedingungen die Produktion erfolgt. Ausbeutung der dort lebenden Menschen ist leider sehr häufig der Fall. Es werden weiters mehr Maßnahmen dagegen unternommen um Entwicklungen verschiedener Bewegungen und Organisationen, wie z. B. in Österreich die bekannte Marke “Fair Trade“, welche eine Sicherung des Produktes und auch die beteiligten Arbeiter einen gerechten Lohn erhalten. Interessant ist auch, dass die Entwicklungsländer die fruchtbarsten Böden haben. Der Boden wird auf einfachste Weise bearbeitet, meistens noch händisch oder mit Tieren anstatt mit Maschinen. Für Länder, in denen es eine starke industrielle Entwicklung gibt, sind diese landwirtschaftlichen Areale interessant. Menschen aus den reichen Industrieländern kaufen solche Grundstücke meist nur mit dem Gedanken, Profit zu machen, ohne eine nachhaltige Bewirtschaftung durchzuführen (BICKEL, 2002, S.1).

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Ein aktuelles Beispiel dazu ist die Waldrodung in Brasilien für den Anbau von Sojabohnen. „Nach Auskunft der staatlichen Agrarforschungsanstalt EMBRAPA sind in Brasilien weitere 100 Millionen Hektar für den Sojaanbau erschließbar“ (BICKEL, 2002, S.1). Da pflanzt man an, vernichtet den fruchtbaren Boden und hinterlässt nur tote Erde. Vorteile daraus ziehen nur die Händler, die die Gewinne einfahren. In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, existiert auch Armut. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 900 Euro im Monat zum Leben hat. In Österreich gibt es mehr als eine Million Menschen, die unter der Armutsgrenze leben müssen (ÖLLINGER, s.a., s.p.). In Österreich hat sich in den letzten Jahren auch ein starker Bioboom entwickelt, es besteht ein Interesse für eine nachhaltige Lebensweise. Aber Bioprodukte sind in Österreich teurer als andere Produkte und nicht jeder kann sich diese leisten. Manche gut verdienende Konsumenten legen zu wenig Wert auf biologische Qualität und kaufen unkritisch das, was angeboten wird. Noch wird zu wenig Wert auf eine gesunde Lebensweise, zu der die Ernährung gehört, gelegt. Doch immer mehr Menschen sehen ein, dass die Gesundheit ein hohes Lebensgefühl darstellt und dass es sich lohnt, gesund zu leben.

5. Schlussfolgerung Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Wandel der Konsumgewohnheiten einen erheblichen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung und im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann. Man muss nicht auf etwas verzichten, sondern sollte auf ein bewusstes und mengenmäßiges Essverhalten achten. Erkennbar sind Einsparungspotentiale bezüglich der Verwendung von Produkten aus ökologischer Erzeugung und durch die Verminderung oder den Verzicht auf den Konsum von Fleisch vorhanden. Obwohl bei der Fleischproduktion kein markanter Unterschied zwischen konventioneller und ökologischer Produktionsweise herrscht, ist sogar Ochsenmasterzeugung Klima belastender als die konventionelle Bullenerzeugung. Der ökologische Landbau ist trotz seiner klimafreundlichen Wirtschaftsweise kein Klimaretter. Eine Bio-Tiefkühlpizza ist sicher nicht weniger klimarelevant als eine konventionell produzierte Pizza in Bezug der verursachten Gas-Emissionen. Allgemein kann man Tiefkühlprodukte zu den „Klimasündern“ zählen. Eine Klima schonende Ernährungszusammensetzung besteht aus geringem Fleischkonsum, viel saisonalem, regionalen und frischen Obst und Gemüse. Weiters sollte man frischen Kartoffeln den Vorzug geben anstatt weiterverarbeiten Kartoffelprodukten. Fettarme Milchprodukte wirken klimafreundlicher als fettreiche Produkte. Ebenso lassen sich Einsparungspotentiale im Bereich der Reduktion der Einkaufsfahrten mit dem PKW und der Wahl und dem Einsatz von Haushaltsgeräten realisieren. Es liegt daher am Konsumenten, Umweltbelastungen zu vermindern um so zum Klimaschutz einen Beitrag zu leisten. Von der Region zu kaufen wirkt sich auf jeden Fall klimafreundlich aus, doch ist auch zu berücksichtigen welche geografischen Barrieren die Region eingrenzen. Interessant ist die Forderung vom Foodwatch-Report, dass das System von Subventionen abgeschafft werden müsste. Die Landwirtschaft soll Teil der Klimapolitik werden und statt Flächenprämien und dergleichen, sollte ein System von Umweltabgaben und Emissionssteuern eingesetzt werden. Dessen Steuern und Abgaben sollten auf die Emissionen der Treibhausgase sowie auf den Einsatz klimarelevanter Inputs (Mineraldünger, Pestizide) erhoben und gleichermaßen auf Ökolandbau und konventionelle Landwirtschaft angewendet werden. Emissionseinsparungen in der Landwirtschaft können von Seite der Europäischen Union durch Düngungsmaßnahmen erfolgen. Dünger bodennah ausbringen, eventuell in geringeren Konzentrationen und dafür öfters, wirken einer Ausgasung entgegen. Den Einsatz von Mineraldüngern

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zu reduzieren, wirkt der Lachgasausgasung entgegen. Weiters zählen geheizte Gewächshauskulturen, Pestizideinsatz und intensive Viehzucht zu einer konventionellen nicht Klima schonenden Bewirtschaftungsweise, was das Argument „Ökolandbau als Klimasünder“ entkräftet, da ein großer Anteil an zugeführter fossiler Energie im ökologischen Landbau wegfällt. Um auf die zu Beginn gestellte Frage, „Essen wir das Klima auf? oder gibt es auch Alternativen, beim Essen das Klima zu schonen“ lässt sich sagen: Ja, die Alternativen stehen im Raum. Der Konsument muss auch bereit sein, diese aufzunehmen. 6. Literaturverzeichnis BICKEL, U. (2002): Soja- so nein!? – Handlungsperspektiven für einen nachhaltigen Sojahandel – Tagung der Evangelische Akademie Loccum vom 6. bis 8. November 2002. BOCKISCH, F. (2000): Bewertung von Verfahren der ökologischen und konventionellen landwirtschaftlichen Produktion im Hinblick auf den Energieeinsatz und bestimmte Schadgasemissionen. Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, Sonderheft 211, 178-180. DEMMELER, M. und HEIßENHUBER, A. (2003): Handel-Ökobilanz von regionalen und überregionalen Lebensmitteln – Vergleich verschiedener Vermarktungsstrukturen: In Berichte über Landwirtschaft 81, 437-457. DEUTSCH, A. (2007): Schadet Fleischkonsum dem Klima?. Publiziert bei online Focus Wissen: http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/klima/frage-von-a-deutsch_aid_50827.html (07.01.09). DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG (2007): Der neue DGE-Ernährungskreis. www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=413.

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B Ökologische Leistungen von Bio und Regional

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

7. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2 Treibhausgasemissionen durch verschiedene Fleischarten (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.6) ........................................ 9

Abbildung 4 Treibhausgasemissionen durch Back- und Teigwaren (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8) ....................................................................... 11 Abbildung 5 Treibhausgasemissionen durch Milchprodukte und Eier (von der Landwirtschaft bis zum Handel) (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.8)................................................................. 11 Abbildung 6 Treibhauseffekt verschiedener Ernährungsweisen pro Kopf und Jahr (dargestellt in Autokilometern) ....................................................................................................................... 58

8. Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Äquivalenzfaktoren zur Berechnung des Treibhauspotentials (TAYLOR, 2000)….5 Tabelle 2 Klimabilanz für Nahrungsmittel aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft (FRITSCHE & EBERLE, 2007, S.5)………………………………………...9

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region C.1 City-Farm – Ein Projekt mit Zukunft – von Thomas BERNER, Romedia GSCHWENTER, Gerhard SCHMIDHUBER

1. Abstract Wir haben das Thema „City - Farm - Ein Projekt mit Zukunft?“ gewählt, da wir glauben, dass die Verbindung aus Landwirtschaft und alternativen Therapieformen/ sozialer Integration eine sehr gute Kombination sind. Besonders wichtig war für uns, die angebotenen Therapieformen und deren Umsetzung unter Miteinbeziehung des regionalen österreichischen Bezuges kennen zu lernen. Aus diesem Grund war es für uns unumgänglich die City - Farm Vorort aufzusuchen, diese zu besichtigen und uns mit den Menschen dort zu unterhalten. Um genauer recherchieren zu können, wurde ein Interviewleitfaden ausgearbeitet, der uns neben den allgemeinen Informationen aus dem Internet die nötigen Detailinfos über das Projekt lieferte. Es wurden mit zwei Mitarbeitern Befragungen mithilfe des Interviewleitfadens durchgeführt. Obwohl uns von Anfang an klar war, dass dieses Projekt sich nicht selbst finanzieren kann, konnten wir die Zukunftsfrage nicht gänzlich klären, da die City – Farm zu einem großen Teil auf Förderungen und staatliche Unterstützung angewiesen ist. Werden diese gestrichen, ist die Existenz des Projektes gefährdet. Um selbstständiger agieren und wirtschaften zu können, arbeitet die City – Farm eng mit der Region zusammen und bietet Dienstleistungen wie beispielsweise die Gartenberatung/ -betreuung oder die Kübelüberwinterung für Topfpflanzen an. Zu unserer Überraschung werden die selbsterzeugten Produkte nicht direkt vermarktet, sondern sind fast ausschließlich für die betriebseigene Küche verwendet. Wir stehen diesem Projekt sehr positiv gegenüber und hoffen darauf, dass durch unsere Arbeit mehr Menschen auf diese Institution aufmerksam werden.

Die Verfasser : Berner Thomas, Gschwenter Romedia, Schmidhuber Gerhard

Wien, am 22.01.2009

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Inhaltsverzeichnis

1. Abstract 2. Einleitung 3. Ziel der Arbeit und Forschungsfragen 4. Methoden 5. Organisation

63 65 66 66 67

6.1. Die Emmaus-Bewegung................................................................................................................. 67 6.1.1. Emmaus allgemein .................................................................................................................. 67 6.1.2. Emmaus – Österreich.............................................................................................................. 68 6.2. City-Farm ........................................................................................................................................ 68 Die City – Farm MitarbeiterInnen: ......................................................................................................... 69

7. Zielgruppe

69

7.1. Arbeitstraining................................................................................................................................. 70 7.2. Arbeitstherapie ............................................................................................................................... 71

8. Therapiegarten

72

8.1. Struktur des Therapiegarten City - Farm........................................................................................ 73 8.1.1. Erdhaus ................................................................................................................................... 74 8.1.2. Freiland.................................................................................................................................... 74 8.1.3. Glashaus ................................................................................................................................. 74 8.1.4. Folientunnel ............................................................................................................................. 75 8.1.5. Obstgarten............................................................................................................................... 75 8.1.6. Andere Arbeitsbereiche ........................................................................................................... 75 8.2. Therapiegärten anderer Organisationen ........................................................................................ 75 8.2.1. Geriatriezentrum am Wienerwald............................................................................................ 75 8.2.2. Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg ...................................................................... 76 8.2.3. Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck .............................................. 76

9. Regionaler Bezug

76

9.1. Freiwillige MitarbeiterInnen ............................................................................................................ 77 9.2. Betriebe zum Schnuppern .............................................................................................................. 77 9.3. Feste............................................................................................................................................... 77 9.4. Bezug regionaler Lebensmittel....................................................................................................... 77 9.5. Dienstleistungen ............................................................................................................................. 77 9.6. Vermietung von Räumlichkeiten..................................................................................................... 78 9.7. Entlastung der Angehörigen ........................................................................................................... 78 9.8. Kontakte zu anderen Projekten in der Region ............................................................................... 78

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

10. Diskussion 11. Zusammenfassung 12. Literaturverzeichnis 13. Abbildungsverzeichnis

78 79 79 80

2. Einleitung „Ich werde geliebt und radikal angenommen. Ich werde akzeptiert, so wie ich bin – mit meiner Lebensgeschichte, mit all meinen Handicaps“, so lautet der Leitsatz der Emmaus – Gemeinschaft. Dass Einrichtungen wie die Emmaus City-Farm gerade in der heutigen Leistungsgesellschaft wichtig sind, ist unumstritten. Doch ist die City – Farm tatsächlich ein Projekt MIT Zukunft bzw. ein Projekt DER Zukunft? Anfangs war die Skepsis der umliegenden Nachbarschaft sicher groß. Die Menschen der Umgebung hatten große Bedenken und auch Ängste, da sie nicht wussten, was auf sie zukommt. Aufklärungsarbeit war gefragt, Integrationsarbeit ebenfalls. Schließlich sollte die Region ebenfalls von dieser Institution profitieren. Die Zusammenarbeit zwischen der City – Farm und der Region St. Pölten dürfte funktioniert haben, denn mittlerweile feierte diese soziale Institution ihr 10 jähriges Jubiläum. Der Weg bis dahin war steinig, und es werden bestimmt auch in Zukunft immer wieder neue regionale, interne, aber auch wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen sein. Doch mit Unterstützung von Land, Bund, der Stadt St. Pölten, Spendern, freiwilligen Helfern und dem Engagement der Mitarbeiter und Betreuer werden in Zukunft auch die nächsten Hürden genommen werden können. Denn wie schon Pater Pierre Abbè

14

sagte:

„Man muss nicht selbst außergewöhnlich sein, um etwas Außergewöhnliches zu tun“

14

Gründer der Emmaus - Bewegung

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3. Ziel der Arbeit und Forschungsfragen Das Ziel unserer Arbeit war, den Bekanntheitsgrad der Institution“ City – Farm“ zu steigern. Wir wollten aufzeigen, was die City- Farm ist, was auf der der City- Farm alles gemacht wird, wer dort arbeitet und wer betreut wird und unter welchen Voraussetzungen dies erfolgt. Unser zweites Augenmerk legten wir dahin, dass wir die regionalen Aspekte betrachteten; Also wie sehr die City- Farm in der Region eingebunden ist und wer von wem wie „profitiert“. Aus diesen beiden Hauptpunkten versuchten wir dann folgende Frage für uns zu beantworten: Ist die City – Farm ein Projekt mit Zukunft?

4. Methoden Da Gerhard bei einer Exkursion schon einmal vor Ort war, konnte er Thomas und Romedia schon recht viel über die City – Farm erzählen und Fotos präsentieren. Noch dazu kannte er einen ehemaligen Praktikanten der City – Farm, von dem wir uns erste Informationen über die Struktur der City – Farm einholten. Aus diesem Gespräch heraus stellten wir dann unseren Fragebogen zusammen (siehe Anhang 14.1). Dabei war es ein anfängliches Brainstorming, wobei nachher die Fragen sortiert und konkretisiert wurden. Am Mittwoch, den 17.12. 2008 nachmittags bekamen wir die Gelegenheit uns vor Ort ein Bild über die City – Farm zu machen und mit je einem der Leiter der beiden Bereiche ein Interview zu führen. Das gesamte Gespräch durften wir mit einem Diktiergerät aufnehmen. Danach erhielten wir eine Führung auf dem Gelände. Anhand des Fragebogens werteten wir dann die Fragen aus, in dem wir sie schriftlich verfassten. Das war der Grundstock unserer Arbeit. Zusätzliche Informationen holten wir uns noch von der Homepage der Organisation (www. Emmaus.at). Einzig für das Kapitel 8 „Therapiegarten“ war eine Literaturrecherche notwendig, da wir auch andere Therapiegärten in unserer Arbeit vorstellen wollten. Nachdem nun alle Informationen zusammengetragen waren, erstellten wir ein fixes Grundkonzept auf, wobei jeder von uns für einen bestimmten Themenbereich zuständig war. Die ausgearbeiteten Themenbereiche wurden dann zusammengefügt, ein einheitliches Format erstellt und nochmals gemeinsam überarbeitet und gegebenfalls wurden Kleinigkeiten abgeändert.

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

5. Organisation

Recht auf Selbstbestimmung Gleichberechtigung von Mann und Frau Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung Recht auf einen angemessenen Lebensstandard einschließlich angemessener Nahrung Recht auf Bildung

Abb. 1 Emmaus Logo (www.emmaus.at)

6.1. Die Emmaus-Bewegung 6.1.1. Emmaus allgemein Ziel der Emmaus - Bewegung ist die Armutsbekämpfung. Sie setzt dabei auf Hilfe zur Selbsthilfe. Im Mittelpunkt stehen Menschen, die ohne Wohnung, ohne Arbeit und daher oft ohne Hoffnung sind. Die einzelnen Gruppen sind autonom und arbeiten dezentralisiert. Gegründet wurde diese Organisation im Jahre 1949 von Abbe Pierre in Frankreich. Er wird in seiner Heimat Ghandi Frankreichs genannt und ist leider vor 2 Jahren verstorben.

Abb 2: Emmaus Gründer: Abbe Pierre

Mittlerweile ist die Organisation in 36 Ländern auf vier Kontinenten vertreten, und ist auf stolze 310 Gruppen angewachsen. Innerhalb dieser Gruppen gibt es meist Arbeit in internen Betrieben, wo zumeist handwerkliche 15 Fähigkeiten vermittelt werden. Dies kommt den Gästen bei der späteren Eingliederung in den Arbeitsmarkt zugute.

15

Die hilfesuchenden und zu bereuenden Menschen werden auf der City – Farm als Gäste bezeichnet.

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Durch das Vorhandensein einer Aufgabe fällt das Gefühl nichts wert zu sein weg. Der geregelte Tagesablauf und die soziale Integration helfen Kompetenzen aufzubauen. Damit den Gästen die Eingliederung in die Emmaus – Gemeinschaft leichter fällt, und sie nicht überfordert wurde ein drei Stufenplan (Schwelligkeit) entwickelt. + Niederschwelligkeit Dabei wird keine Integration in das Projekt/in die Gemeinschaft verlangt, den Gästen wird jedoch auf eine zeitlich begrenzte Zeit die Grundversorgung (Essen, Schlafmöglichkeit, Kleidung) geboten. In der Einrichtung herrscht jedoch striktes Alkohol- und Drogenverbot.

+ Mittelschwelligkeit Hierbei erhalten die Gäste nebst der Grundsicherung einer Betreuung durch einen Sozialarbeiter. Die Auflagen sind jedoch verschärft. So ist die Einhaltung von Terminen, das Erfüllen von Tätigkeiten innerhalb der Organisation (Koch-/ Putz-/ Instandhaltungsarbeiten) und das strikte Alkohol- und Drogenverbot auch außerhalb der Anlage einzuhalten. Bei mehrmaliger Missachtung wird man zurückgestuft.

+ Höherschwelligkeit Hier wird dem Gast ein Arbeitsplatz in einem Dienstleistungs- oder Produktionsbetrieb zugesichert. Oftmals leben die Gäste in ihren eigenen, von Emmaus geförderten, Wohnungen. Einen Teil des Lohnes behält die Organisation ein und bezahlt diesen beim Austritt aus der Organisation dem Gast aus. Bei Missachtung des Alkohol- und Drogenverbot, aber auch bei Gewaltausbrüchen wird der Gast in die niederste Stufe zurückversetzt. Wenn Vereine oder Organisationen der Organisation Emmaus International angehören will muss man: +Finanziell autonom agieren (d.h. völlige Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen) +Sich selbst erhalten durch Spenden oder den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen

6.1.2. Emmaus – Österreich In Österreich wird Emmaus durch Vereine in Lilienfeld, Innsbruck und Salzburg repräsentiert. Einen weiteren Verein gibt es in Niederösterreich mit der "Emmaus - Gemeinschaft St. Pölten". Hierbei handelt es sich um einen assoziierten, jedoch nicht durch Emmaus International anerkannten Verein zur Integration von sozial benachteiligten Personen. Die Anerkennung bekam dieser Verein nicht, da er staatliche Subventionen erhält. Aus idealistischen und werbezwecklichen Gründen darf die CityFarm den Namen „Emmaus“ tragen.

6.2. City-Farm

Brot, das die Hoffnung nährt

Abb. 3 City – Farm Logo

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

„Willkommen – so fühlen sich Menschen mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz wohl häufig nicht“ (www.emmaus.at). Die City – Farm steht für diesen Slogan und ermöglicht gerade diesen Leuten wieder eine Zukunftsperspektive und hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese benachteiligten Menschen wieder in den Berufsalltag zu integrieren.

Und so begann alles: Es mussten zwei Hektar verunkrautetes Land, das früher den Schülern des St. Pöltener Priesterseminars als Fußballplatz diente, urbar gemacht werden, das an die Emmausgemeinschaft St. Pölten verpachtet wurde. Daraus entstand das von der EU geförderte Projekt „Gärtnerei St. Pölten Wagram“, die spätere City – Farm. Organisiert vom Emmaus Geschäftsführer Karl Rottenschlager und unter Anleitung von Bio-Gärtner Hans Auzinger und ein paar Freiwilligen entstand im Jahre 1997 der erste Folientunnel und darauf folgend 1998 das beheizbare Erdhaus zur Pflanzenaufzucht. Das ehemalige Stallgebäude, dessen noch immer vorhandener Mist als Dünger verwendet wird, wurde zum „Jausenkammerl“ umgebaut. Somit war die Grundlage für ein Wirtschaften geschaffen. Im Jahre 2000 produzierte man das Gemüse, das anschließend in Kisten verpackt und vermarktet wurde, die so genannten Abo - Kisterl. Aufgrund des terminlichen Stresses, dem damit verbundenen Druckes für die Gäste und der Unberechenbarkeit der Produktion des Gemüses lies man dieses Projekt auslaufen. Ein eigenes Glashaus entstand im Jahre 2001. Noch dazu kam es zu einem Vertragsabschluss mit dem Land Niederösterreich, der dieses Projekt zur Betreuung und Förderung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen im psychiatrischen Bereich erlaubte. Dieser Vertrag war auch der Startschuss für den Bau des Gemeinschaftshauses, welches im Jahre 2004 fertig gestellt und eröffnet wurde. 16 Wesentlich beigetragen haben das Land Niederösterreich, die „Behinderten-Milliarde“ des Bundes , 17 die Aktion „Licht ins Dunkel “ und Spenden und zinsenlose Darlehen privater Unterstützerinnen, dass es zur Verwirklichung des Projektes „City-Farm“ kam (www.emmaus.at) Seit der Eröffnung der City-Farm bis September 2008 waren insgesamt 161 Menschen in der CityFarm zu Gast, wovon 59 im Bereich Arbeitstherapie und 102 im Bereich Arbeitstraining betreut wurden. Im Schnitt sind es an die 26 Gäste, die auf der City-Farm Hilfe suchen.

Die City – Farm MitarbeiterInnen: Das Team besteht aus der Bereichsleitung und sechs weiteren MitarbeiterInnen. Die Gäste des Arbeitstrainings werden von landwirtschaftlich und gärtnerisch ausgebildeten MitarbeiterInnen, sowie SozialarbeiterInnen trainiert. In der Arbeitstherapie wird die Betreuung von zwei ErgotherapeutInnen und zwei ArbeitsanleiterInnen (Küche, Gemüseverarbeitung, Gartenpflege, …) sichergestellt. Weiteres unterstützen in der Küche drei ehrenamtliche MitarbeiterInnen das Team beim Kochen von ca. 45 Mahlzeiten täglich. Vier Zivildiener sowie zahlreiche PraktikantInnen und ein Lehrling vervollständigen das Team.

7. Zielgruppe

16

„Die Behindertenmilliarde“ Geld für eine Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für Menschen

mit Behinderungen 17

„Licht ins Dunkel“ ist die größte humanitäre Hilfskampagne in Österreich

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

In der City Farm treffen Frauen und Männer aus den verschiedensten sozialen Schichten mit sehr unterschiedlichen Lebenserfahrungen zusammen. Manche haben eine Haftstrafe hinter sich, lebten auf der Straße, oder waren alkohol- oder drogenabhängig. Viele Gäste leiden unter psychischen Erkrankungen. Einige von ihnen leiden an körperlichen und - oder geistigen Behinderungen. Je nach Lebensgeschichte, geistiger, seelischer und körperlicher Verfassung werden in der City- Farm für die Gäste zwei verschieden Arbeitsbereiche angeboten.

7.1. Arbeitstraining Dem Aufgabenbereich Arbeitstraining ist zugeschrieben, die Gäste direkt auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Dafür stehen für max. 10 Gäste Plätze zur Verfügung, die sie befristet auf ein Jahr haben können. In dieser Zeit stehen die Gäste nach einem Probemonat in einem fixen Arbeitsverhältnis mit der City - Farm und werden für ihre Arbeit auch entlohnt. Da die City - Farm eine Tagesstätte ist, kommen die Gäste aus dem Umkreis St. Pölten und pendeln jeden Tag in die Arbeit. Vermittelt werden diese meist durch das AMS Niederösterreich oder den Sozialbetreuern der einzelnen Gäste. Des Weiteren kommen einige aus eigenem Antrieb. Die teilnehmenden Menschen haben oft ein besonderes Handicap: + Körperliche und/oder geistige Behinderung + Haft + Alkoholabhängigkeit + Obdachlosigkeit + Psychische Erkrankung Es sind jedoch auch oftmals nicht nur persönliche Schicksalsschläge, weshalb eine Person auf der City - Farm landet. So kann ein sehr guter und verlässlicher Arbeiter als schwer vermittelbar gelten, da er eine gewisse Altersgrenze überschritten hat. In den letzten Jahren ist das Durchschnittsalter der Gäste jedoch extrem gesunken, da hauptsächlich Jugendliche die City – Farm aufsuchen, da die Jugendarbeitslosigkeit extrem gestiegen ist. Die Gäste werden zusätzlich zu den ArbeitsanleiterInnen in der City - Farm auch von einem Sozialarbeiter – Team des Landes Niederösterreich betreut. So findet alle drei Monate mit dem Gast eine Gesprächsrunde statt, wobei all seine Betreuer mit dabei sind. Es wird dabei versucht auf die Wünsche und Ziele des Gastes einzugehen, Problemen und Unsicherheiten entgegenzuwirken. Nach einem halben Jahr City- Farm hat der Gast auch die 18 Möglichkeit in Betrieben der Region zu „schnuppern“ , und kann so seine Berufswünsche konkretisieren. Im Idealfall gelingt es, dass ein Gast spätestens nach diesem Jahr im Arbeitstraining einen Arbeitsplatz am Arbeitsmarkt findet und auch längerfristig halten kann. Dies ist auch eine gesetzliche Vorlage, will die City - Farm ihre Förderungen nicht verlieren. So müssen mindestens 40% der Gäste aus dem Arbeitstraining nach einem Jahr in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert werden. Nach Beendigung des einjährigen Dienstverhältnisses werden die Gäste jedoch nicht „ins kalte Wasser gestoßen“. So wird besonders im ersten Jahr noch sehr enger Kontakt zu den Gästen gepflegt, sodass diese sich bei etwaigen Unklarheiten und Unsicherheiten an das für sie vertraute Team wenden können.

18

ein kurzfristiges, entgeltfreies Beobachten und Verrichten einzelner Tätigkeiten in einem Betrieb

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

7.2. Arbeitstherapie Arbeitstherapie bedeutet nicht, Therapie um zu arbeiten, sondern Therapie durch Arbeit. Dem Bereich Arbeitstherapie gehören max. 16 Gäste an, die vornehmlich an einer psychischen Erkrankung leiden. Darum ist es wichtig, dass mit den Gästen Ziele gesetzt werden. Diese können von der Stabilisierung des Krankheitsverlaufes bis hin in Richtung berufliche Rehabilitation reichen. Die Gäste der Arbeitstherapie können sich dabei soviel Zeit lassen, wie sie benötigen, da es in der Arbeitstherapie keine befristete Verweildauer gibt. Wagt ein Gast den Sprung ins Arbeitstraining, so kann er/sie bei Änderung des Wohlbefindens oder der momentanen Verfassung auch wieder in die Arbeitstherapie zurückkehren. Dadurch ist es möglich, auf den individuellen Bedarf an Unterstützung Rücksicht zu nehmen. Nach mehrjähriger Projektdauer erkannte man durch Untersuchungen des Krankheitsverlaufs der Gäste, dass sie durch das Arbeiten auf der City Farm, bis um zwei Drittel weniger Tage in stationärer Behandlung waren. So wirken sich der geregelte Tagesablauf, das Arbeiten in und mit der Natur mit sofortigen Erfolgserlebnissen, das Miteinander, die individuelle Betreuung, und ein gesundes Maß an Herausforderung positiv auf das Gemüt aus. Unterstützt werden die Gäste von einem bewährten Team aus ErgotherapeutInnen, und einem 19 beratenden psychiatrischen Konsiliar- Facharzt . Und der Erfolg spricht für dieses Konzept. So konnten von den 43 Gästen der Arbeitstherapie 14 in ein Dienstverhältnis geschickt werden und wurden ins Arbeitstrainingprogramm aufgenommen, 3 schafften es sogar, nach der Zeit in der Arbeitstherapie und anschließendem Arbeitstraining eine regelmäßige Arbeit zu finden. Als Lohn für ihre Arbeit erhält der Gast neben einer Monatskarte für die Fahrt zwischen Wohnstätte und City Farm ein monatliches Taschengeld in der Höhe von 60 Euro. Die Kosten für dieses Projekt trägt das Land Niederösterreich, wobei die Grundversorgung durch Arbeitslosengeld, Notstandhilfe oder Invalidätspension gewährleistet werden muss.

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Als Konsil (sächlich) bezeichnet man in der Medizin die patientenbezogene Beratung eines Arztes durch einen anderen ärztlichen Kollegen, meist einen Facharzt (de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia).

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Fotos einiger Arbeitsaufgaben (www.emmaus.at)

Abb. 4: Baumschnitt

Abb. 5: Beim Kochen

Abb. 6: Jungpflanzen setzen

8. Therapiegarten Definition Therapie – „alle der Beseitigung oder Linderung von Gesundheitsstörungen und Krankheitszuständen dienenden medizinischen Maßnahmen“ (Brockhaus Bd. 14, 1997, S. 89). Definition Gartentherapie: „Gartentherapie ist eine Therapieform, bei der durch zielgerichtete Aktivitäten mit Pflanzen eine physische und psychische Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patienten/innen erreicht und die Lebensqualität erhöht wird.“ Diese Therapie kann als aktive sowie als passive Therapie angewendet werden (vgl. Hothwagner, 18.01.2009). „Die Gartentherapie ist eine Kombination zwischen Ergo- und Physiotherapie, die außerdem von der Beziehung zwischen Mensch und Pflanze profitiert“ (Kettner, 2001, S. 9). Das grundlegende Konzept dieser Form der Therapie ist, sich dem gesund gebliebenen Teil des Menschen zu widmen und sich nicht ausschließlich auf die Erkrankung zu konzentrieren. Die Gartentherapie schließt alle Aspekte unserer Existenz ein: Das Handeln, Wirken, Fühlen, Wahrnehmen, den Geist und die Seele. Der Therapiegarten dient der Wiederherstellung, der Entwicklung und Verbesserung, der Erhaltung oder Kompensation gestärkter menschlicher motorischer, sensorischer, psychischer, und kognitiver Funktionen und Fähigkeiten (Niepel und Emmrich, 2005, S. 33). Der Therapiegarten ist Lebensmittel für die Seele und in unserer Psyche fest als Kulturgut verknüpft. Die therapeutischen Potenziale der Gartentherapie sind aus Sicht von Ärzten und Therapeuten unter anderem: Kontaktförderung, Kommunikation, Entspannung, Stressreduktion, Verminderung depressiver Gefühle, wecken von Erinnerungen, Ablenkung vom Stationsalltag, trainieren motorischer

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

Fähigkeiten, vermitteln von Erfolgserlebnissen, Wahrnehmungsförderung, gemeinschaftsfördernde Aktivitäten, erleben von Entwicklungen, Förderung der Kreativität, Stärkung der Motivation, üben von "daily activities", körperliche Betätigung, lernen des sozialen Verhaltens, Spaß an Verantwortung, Förderung der Geduld, Förderung der Konzentration, kognitives Training, Ventil für Aggressionen (vgl. Niepel und Emmrich, 2005). Die Arbeit mit natürlichen Materialien wie Pflanzen, Erde und Wasser lassen die Patienten vergessen, dass es sich um eine Therapie handelt. Gartenarbeit beinhaltet viele kleine bis hin zu schweren Handgriffen, die individuell für den/die Patienten/in ausgewählt werden können und physiotherapeutisch wirken. Diese Form der Therapie entstand schon im 16. Jahrhundert. Philippe Pinel (1826-1745) stellte 1741 fest, dass Beschäftigung und Arbeit eine positive Wirkung auf kranke Menschen hat. Als Wegbereiter der Gartentherapie gilt Benjamin Rush (USA). Aufgrund seiner Feststellungen und Anleitung entstand 1817 am Friends Hospital in Philadelphia erstmalig ein Gewächshaus für therapeutische Zwecke. Im Jahre 1936 wird die Gartentherapie von der Association of Occupational Therapists in die Liste der anerkannten Therapien aufgenommen (vgl. Niepel und Emmrich, 2005).

8.1. Struktur des Therapiegarten City - Farm Die Gartentherapie ist der Kern des therapeutischen Konzeptes der City Farm. Die Arbeit im Garten ist eine Arbeit, die Liebe, einen sorgfältigen Umgang mit Lebewesen (Pflanze, Tier und Mensch), Verantwortungsbewusstsein, Ausdauer, Geduld und Vertrauen erfordert. In gestellten Aufgaben und Problemen und deren Bewältigung entstehen Entwicklungsmöglichkeiten für alle Beteiligten – auch für andere Lebensbereiche. Ein guter Therapiegarten darf einen nicht merken lassen, dass man übt. Hier tut man was zu tun ist! Dieses Motto gilt auch auf der City – Farm: Beim ersten Blick ist nicht klar ersichtlich, wer hier der Gast und wer der Betreuer ist. Entwurf der Emmaus City – Farm

Abb. 7: Entwurf der Emmaus City – Farm (erstellt von Martina Jauschneg, August 2000)

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Die gesamte landwirtschaftliche Fläche der City - Farm beträgt 2ha, wobei 2/3 bewirtschaftet werden. Aufgrund der biologischen Wirtschaftsweise können sie die Förderungen der AMA als auch der ÖPUL in Anspruch nehmen. 8.1.1. Erdhaus

Das Erdhaus wird auch liebevoll Säuglingsstation genannt. Hier findet die Anzucht der Sämlinge und Jungpflanzen statt. Dank erhöhter Keimtemperatur können die Samen zeitig im Frühjahr gesetzt werden. Geheizt wird das Ganze mit Heizkörperelementen, die von der Zentralheizung aus sektorweise regelbar sind. Im Winter dient es als Lagerraum z.B. für Walnüsse.

Abb. 9:Erdhaus 8.1.2. Freiland

Die drei Äcker der City – Farm haben eine Gesamtfläche von 3000 m². Je nach Bedarf werden verschiedenste Gemüse und Kräuter angebaut und von den Gästen betreut, wobei das Setzen der Jungpflanzen und die Beikrautbekämpfung die Hauptaufgaben darstellen. Damit der Boden nicht zu sehr auslaugt, wird die Fruchtfolge jährlich geändert und an die Bodenbedürfnisse angepasst.

Abb. 9:Acker 8.1.3. Glashaus

Abb. 10: Glashaus

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Die Menschen der Umgebung haben die Möglichkeit ihre Kübelpflanzen bei der City – Farm überwintern zu lassen. Die City - Farm stellt dafür ihr ca.60m² großes Glashaus zur Verfügung. Die Kunden bringen die Pflanzen im Herbst vorbei. Die Pflanzen werden über die Wintermonate von den Gästen betreut. Bei Verendung der Pflanze übernimmt die Haftpflichtversicherung den Schaden. Im Sommer dient das Glashaus als Abstellund Trocknungsplatz (z.B. Kräuter).

C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

8.1.4. Folientunnel . Im Folientunnel der ca. 200m² groß ist, werden

im Frühjahr Salat, Kohlrabi, Radieschen und im Frühsommer Paprika, Erbsen wie auch Paradeiser angebaut. Im Spätherbst wird die ausgebrachte Saat für die Gründüngung eingearbeitet.

Im Winter kann Spinat und Vogerlsalat unter einer schützenden Plane gedeihen. Abb.11: Folientunnel 8.1.5. Obstgarten . Der alte Obstgarten ist eine Streuobstanlage

auf Hochstamm. Er besteht aus Äpfel-, Birnen-, Marillen- und Zwetschkenbäumen. Auf der Beerenplantage gedeihen Himbeeren, Stachelbeeren, Ribiseln und Brombeeren. Obst und Beeren werden zu Marmelade und Säften verarbeitet. Auf der Anlage befinden sich auch alte Walnussbäume. Die Ernte ist so groß, dass Abb.12: Streuobstanlage

ein Teil der Nüsse weiterverkauft wird

Die biologischen Abfälle werden kompostiert und danach wieder als Dünger ausgebracht.

8.1.6. Andere Arbeitsbereiche Neben den Hauptschwerpunkten Gartenpflege, Gemüsebau sind je nach Jahreszeit viele andere Dinge zu tun. Dazu gehören die Hauswirtschaft (Küche, Reinigung, Verarbeitung von Produkten), die Brennholzbereitung und der Heizdienst im Winter, Reparaturarbeiten an Geräten und Gebäuden, bis hin zur Betreuung von Kübelpflanzen im Glashaus. Verschiedene Gruppenangebote (Kreativ, Bewegung) und Trainings (Soziale Kompetenz, Bewerbungen) bieten zusätzliche Lernfelder und Herausforderung.

8.2. Therapiegärten anderer Organisationen 8.2.1. Geriatriezentrum am Wienerwald Das „Geriatriezentrum am Wienerwald“ befindet sich im westlichen Teil von Wien im 13. Gemeindebezirk Hietzing. Die Hauptaufgabe heute ist die Langzeitbetreuung von Patienten/innen, deren Pflege und medizinische Betreuung. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, in welchem

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Gartentherapie, tiergestützte Therapie/Aktivität und ein intergeneratives pädagogisches Projekt kombiniert wurden.

Die Patienten/innen weisen unterschiedliche Krankheiten sowie Krankheitsbilder auf, von denen die meisten altersbedingt sind. Außerdem werden alle Krankheitsbilder durch einen labilen psychischen Zustand der Patienten/innen gefördert. In der Praxis brachte der Garten auch eine Nutzung und eine Vernetzung von Ergotherapie, Physiotherapie, Psychotherapie, Medizin und der Pflege. Aktivitäten des Betriebskindergartens und der Volkshochschule treten im Garten in einen lebhaften Austausch. Mahlzeiten und Feste im Garten sind nichts Außergewöhnliches. Und immer mehr Angehörige verweilen in „ihrem“ Garten (Neuhauser, s.a.).

Abb. 13: Im Therapiegarten Bei Alzheimer- Patienten wurden eine gesteigerte Aufmerksamkeit, die Freude des Vertrauten, das Bewusstsein von Verantwortung und Zugehörigkeit, weniger Unruhe, Angst, depressiven Symptomen, Schmerzen, gesteigerten Appetit und bessere Orientierungsleistungen festgestellt (Neuhauser, s.a.). 8.2.2. Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg Der Weisse Hof in Klosterneuburg wurde im Oktober 1986 eröffnet. Es ist mit 200 Betten das größte Rehabilitationszentrum der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und dient vor allem der Versorgung der Bevölkerung im Osten Österreichs. Patienten mit folgenden Verletzungen können aufgenommen und behandelt werden: Schädel-Hirn-Traumen, Querschnittlähmungen , Mehrfachverletzungen, Amputationen, komplexen Handverletzungen, schweren bis schwersten Verbrennungen und Bewegungsbeeinträchtigungen. Im Rehabilitationszentrum Weißer Hof ist Gartentherapie ein Teil der Arbeitstherapie, gärtnerische und therapeutische Ziele werden gesetzt. Die Gartentherapie unterteilt sich in die drei Bereiche: Glashaus, Floristik und Therapiegarten. Der Patient soll motiviert werden seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Rahmen von gärtnerischen Tätigkeiten einzusetzen. Eine Funktionserhaltung und -steigerung wird angestrebt, sowie soziale und psychologische Aspekte eingebunden werden. 8.2.3. Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck Im Sommer 1999 wurde auf dem Gelände des Botanischen Gartens in Innsbruck eine neue Abteilung als „Duft- und Tastgarten” errichtet. Diese Anlage ist speziell für Sehbehinderte und Blinde adaptiert. Etiketten in tastbarer Letternschrift und Braille-Schrift vermitteln sehbehinderten Personen gezielte Informationen zu den kultivierten Pflanzen.

9. Regionaler Bezug ….“Denn ein schlechter Nachbar ist eine so große Plage, wie ein guter ein Segen ist." (Hesiod) Anfangs hielt sich die Begeisterung der Nachbarn sicherlich in Grenzen. Doch mit Gesprächen und Aufklärungsfoldern versuchten die MitarbeiterInnen der Emmaus – Gemeinschaft den zukünftigen Nachbarn die Scheu von dem Neuen, dem Unbekannten zu nehmen. Somit war die Akzeptanz schon gegeben, als die City – Farm 1997 gegründet wurde. In den Jahren entstand ein dickes Band – nach dem Motto: Miteinander statt gegeneinander.

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

9.1. Freiwillige MitarbeiterInnen Die City – Farm ist auf freiwillige MitarbeiterInnen angewiesen, die aus der näheren Umgebung kommen sollten. Dabei ist es wichtig, dass diese über einen längeren Zeitraum (mind. 1 Monat) dieses Amt übernehmen und nicht immer wieder neu eingeschult werden müssen. Da auf der City- Farm selber gekocht wird, werden immer wieder Freiwillige für die Küche gesucht. Aber nicht nur freiwillige Helfer sind auf der City – Farm herzlich willkommen, auch Praktikanten und Zivildiener werden aufgenommen, wobei dieselben Anforderungen sind.

9.2. Betriebe zum Schnuppern Die Gäste der Gruppe Arbeitstraining verlassen nach einem Jahr die City – Farm. In dieser Zeit ist es wichtig, dass sie sich auch über ihre Berufswünsche im Klaren sind. So bieten Firmen in der Umgebung für die Gäste Schnuppertage an. Es kann dadurch ein besser Überblick über die Berufsvorstellung verschaffen werden. 9.3. Feste Feste soll man Feiern wie sie fallen. So auch auf der City – Farm. Besonders groß wird dabei das Erntedankfest gefeiert, ein Dankesfest für Nachbarn, Politiker, Freiwillige Helfer, Sponsoren, ehemaligen Gäste und Leute aus der Region. Die City – Farm hat dadurch die Möglichkeit sich neu zu präsentieren und die Gäste auf dem Fest können so in ungezwungener Atmosphäre mit dem Nachbarn oder Geschäftspartner plaudern und sich amüsieren. Das Fest ist ein Ort der Kommunikation und um neue Kontakte zu knüpfen.

Abb. 14: Erntedankfest

9.4. Bezug regionaler Lebensmittel Die regionale Wirtschaft profitiert von der City – Farm, da versucht wird, Lebensmittel zur Versorgung der Gäste in der Region einzukaufen. So wird beispielsweise Brot von einer Bäckerei bezogen, die Eier von einem Landwirt. Lebensmittel die nicht selbst erzeugt oder vom Bäcker oder Landwirt kommen, werden bei dem Großhandelsmarkt Metro eingekauft. Produkte, die am Wochenende übrig geblieben sind, können von den Gästen und MitarbeiterInnen mit nach Hause genommen werden oder / und werden an den Sozialmarkt in St. Pölten weitergegeben.

9.5. Dienstleistungen Die City - Farm lebt nicht nur von öffentlichen Fördermitteln und Privatspenden, sondern bietet auch vielfältige Dienstleistungen und Beratungen für Kunden in Gartenfachfragen an, und finanziert sich so einen Teil der anfallenden Kosten selbst. Noch dazu ist es für die Gäste ein großer Gewinn, dass sie im Rahmen der angebotenen Dienstleistungen auch außerhalb der City – Farm arbeiten können und so Erfahrungen sammeln, was sich auf das Selbstwertgefühl der Gäste sehr positiv auswirkt. Folgende Dienstleistungen werden von der City – Farm angeboten:

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Gartenpflege Schnitt von Hecken, Sträuchern und Bäumen Rasenmähen Pflanzungen Laubrechen (Herbstputz, Frühlingsputz) Fachgerechtes Entfernen von Bäumen Garten-Entrümpelung Entsorgung von Grünabfällen Kübelpflanzenüberwinterung Hin- und Rücktransport der Pflanzen Sorgfältige Betreuung, auf Wunsch auch Umtopfen und andere Pflegemaßnahmen in beheiztem Glashaus(mit Versicherungsschutz bei Absterben von Pflanzen) Pflege von Grünanlagen Laufende Betreuung der Außenbereiche von Wohnhausanlagen, Betriebsgeländen Kindergärten und Schulen Betreuung von Gräbern Regelmäßiges Gießen im Sommer

9.6. Vermietung von Räumlichkeiten Es ist auf der City – Farm auch möglich, die Räumlichkeiten im Haupthaus fürs Wochenende oder abends anzumieten. Dieses Angebot wird sehr gerne angenommen. So finden zurzeit Yoga, Qi Gong und Singabende statt. Aber auch für Familienfeiern sind die Räumlichkeiten der City – Farm sehr gut geeignet.

9.7. Entlastung der Angehörigen Durch die City – Farm können die Angehörigen oftmals entlastet werden, da sie die betreffende Person in guten Händen wissen. Sie werden dort bestmöglich betreut und gefördert.

9.8. Kontakte zu anderen Projekten in der Region So besteht auch enger Kontakt mit anderen sozialen Projekten in der Region wie beispielsweise das Frauenprojekt St. Pölten Affing, mit dem AMS und dem Verein Wohnen.

10. Diskussion „Ist die City – Farm wirklich ein Projekt der Zukunft?“. Diese Frage sollte / dürfte gar nicht gestellt werden. Immer wieder kommen Leute ohne eigenes Verschulden, in Notsituationen, in eine Notlage. Manche kommen mit Schicksalsschlägen eher zu Recht, manche schwerer; manche stecken die Schläge weg, verdrängen sie, andere bekommen davon Depressionen und finden keinen Weg zurück ins Leben. …und niemand ist geschützt davor, dass es einem nicht irgendwann in seinem Leben selber so ergeht. So gesehen ist diese Institution ein großer Gewinn für die Region und für den Mensch. Betrachtet man die City – Farm von der ökonomischen Seite, bewegt sich diese aber auf dünnem Eis. Das Vorhandensein von Sponsorengeldern und Unterstützungen sichern im Moment die nahe Zukunft der City- Farm. Eine wichtige Frage ist, was passiert, wenn diese Unterstützungen eingestellt werden? Dies würde bei der jetzt vorherrschenden Organisationsstruktur das Ende der City – Farm bedeuten. Um dies zu vermeiden, sind für den schlimmsten Fall Lösungsansätze gefragt.

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

Sinnvoll wäre ein sicheres Zusatzeinkommen, um eine größere finanzielle Unabhängigkeit zu schaffen. Beispielsweise eine zusätzliche Arbeitsgruppe, die sich nur um die Vermarktung der hauseigenen Bioprodukte kümmert. Eine arbeitsextensive Tierhaltung in kleinerem Umfang könnte auch ein interessanter Aspekt sein. Dazu zählen unter anderem die Mutterkuhhaltung, Fischzucht, Lämmermast oder die Hühnerhaltung. Einer Verwirklichung dieser Vorschläge benötigt weitere marktwirtschaftliche Forschungen, finanzielle Mittel und eine Portion an Mut zum Handeln. Aber diese Lösungsansätze könnten ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit sein, und die City- Farm könnte aus eigener Kraft überleben. 11. Zusammenfassung Die City – Farm ist eine Bereicherung für die Region. Es wird versucht, benachteiligten Menschen wird wieder ein Sinn in ihrem Leben zu geben. Dies sind oft Menschen, die aus der unmittelbaren Umgebung stammen. Durch ihre Anwesenheit, ihre Zuversicht, ihren Mut bereichern sie sicher auch die Mitmenschen, die mit ihnen zusammenarbeiten dürfen. Aber auch durch die Dienstleistungen, die von der City-Farm angeboten werden, sind die Gäste des Projektes der Region eine große Hilfe. Es kommt jemand mit fachlichem Wissen vorbei, um den Garten zu hegen, zu pflegen, gibt Pflegetipps ab, und schneidet fachgerecht die Bäume und Sträucher. Ebenso ist die Kübelüberwinterung eine sehr gute Idee, eigentlich sogar eine ausbaufähige Marktnische. Denn wohin mit den großen Pflanzen im Winter? Im Garten oder im Geräteschuppen ist es im Winter zu kalt, und sie würden erfrieren. Das Erntedankfest ist ein großes Highlight der Region. Jedermann ist eingeladen. Auch für Nachbarn, Geschäftsfreunde, Sponsoren ein schöner Anlass ohne Zwang und Druck sich unterhalten und amüsieren zu können… Dass die Gäste mit Pflanzen, mit der Natur arbeiten, ist ein großer Pluspunkt der City - Farm. Damit eine Pflanze gedeiht und wächst, später einmal Früchte bringt, muss sie gehegt und gepflegt werden. Der Erfolg dieser mühevollen Arbeit ist jedoch oft schon in wenigen Monaten sichtbar und so verbuchen die Gäste sehr schnell Erfolgsmomente und Erfolg stärkt bekanntlich das Selbstbewusstsein. Bei den körperlichen Tätigkeiten im Garten und bei Kraftakten wie beim Holzhacken können Emotionen ausgelebt werden. Die Gäste lernen dadurch mit ihren Aggressionen umzugehen, und die Arbeit dient als Ventil. Die Gäste investieren Zeit und Energie in die Natur, um diese in Form von körperlicher und geistiger Stabilität zurückzubekommen und einen Blick für das schöne und wertvolle im Leben zu bekommen.

„Geringe Dinge zu tun ist nie lächerlich. Lieber eine kleine Geste und eine bescheidene Aktion als ein großer Traum, der nie verwirklicht wird." (Abbe Pierre) 12. Literaturverzeichnis BROCKHAUS F.A. (1997): Der Brockhaus in fünfzehn Bänden - Band 14, Verlag F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig-Mannheim. HOTWAGNER Birgit; (s.a.)www.oeaz.at/zeitung/3aktuell/2002/04/info/info04_2002symp.html (18.01.2009) KETTNER Judith Barbara (2001): Gartentherapie - Therapiegärten für geriatrische Patienten, Diplomarbeit an der Universität für Bodenkultur Wien. NEUHAUSER Fritz (s.a.): 7er Gartl. http://www.wienkav.at/kav/texte_anzeigen.asp?ID=25153 (am 18.01.2009) NIEPEL Andreas, EMMRICH Silke (2005): Garten und Therapie – Wege zur Barrierefreiheit, Verlag Eugen Ulmer GmbH, Stuttgart

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http://www.emmaus.at/ de.wikipedia.org/wiki/Emmaus Links zu den vorgestellten Therapiegärten: Duft- und Tastgarten für Sehbehinderte und Blinde, Innsbruck http://botany.uibk.ac.at/botgarden/garten/index.html Therapiegarten Weisser Hof in Klosterneuburg http://www.auva.at/rzweisserhof Geriatriezentrum am Wienerwald http://www.wienkav.at/gzw/ 13. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Emmaus Logo Abb. 2: Emmaus Gründer: Abbe Pierre Abb. 3 City – Farm Logo Abb. 4: Baumschnitt Abb. 5: Beim Kochen Abb. 6: Jungpflanzen setzen Abb. 7: Entwurf City - Farm Abb. 8: Erdhaus Abb. 9: Acker Abb. 10: Glashaus Abb. 11: Folientunnel Abb. 12: Streuobstanlage Abb. 13: Im Therapiegarten Abb. 14: Erntedankfest

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

C.2 Erster tiergestützter Bauernhofkindergarten in Oberösterreich – von Elisabeth DIRNBERGER, Sandra WIESINGER

Abstract

Der Franzlhof in Pregartsdorf / Oberösterreich ist der erste Bauernhof-Kindergarten österreichweit. Bettina Haas und ihr Ehemann erbauten einen Kindergarten im „Einklang mit Natur und Landwirtschaft“. Im Vordergrund stehen Erlebnisse auf dem Bauernhof mit vielen verschiedenen Tieren und der Natur. Kinder sollen hier nicht nur eine schöne und erlebnisreiche Zeit verbringen, sondern auch gerüstet werden für ihre Zukunft.

In dieser Seminararbeit wurde der

Franzlhof genauer unter die Lupe genommen und Vor- und

Nachteile eines Kindergartens am Bauernhof wurden eruiert.

Die Ergebnisse der Arbeit zeigen die gute Kombinierbarkeit zwischen Kindergarten und Bauernhof. Nicht nur die Kinder profitieren, sondern auch Familie Haas, ihre Mitarbeiter und die unmittelbare Region. Mögliche Nachteile wie bürokratische Hindernisse, Finanzierbarkeit oder die Akzeptanz dieses Projekts in der Region sind vor der Realisierung auf jeden Fall genau abzuwägen.

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

83

1.2. Ziele des Projektes ......................................................................................................................... 83 1.2. Pädagogisches Konzept................................................................................................................. 84 1.2.1. Das Kind im Kindergarten ....................................................................................................... 85 1.2.2. Entwicklung des Kindes am Bauernhof-Kindergarten............................................................. 86

2. Forschungsfrage 3. Methoden 4. Ergebnisse

87 87 88

4.1. Der Franzlhof.................................................................................................................................. 88 4.2. Das Projekt ..................................................................................................................................... 90 4.2.1. Bauernhof-Kindergarten .......................................................................................................... 90 4.2.2. Sonstiges Angebot .................................................................................................................. 91

5. Diskussion 6. Schlussfolgerungen 7. Zusammenfassung 8. Literatur- und Quellenverzeichnis

82

92 94 95 96

C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

1. Einleitung „Man muss schon zweihundertprozentig hinter einem Projekt wie diesem stehen, damit man nicht an den vielen Stolpersteinen scheitert, die einem die Bürokratie in den Weg legt“, meint Bettina Haas, die gemeinsam mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und den Schwiegereltern ihre ganze Energie in den Kindergarten gesteckt hat.

Am Franzlhof sollen die Kinder im naturbelassenen Umfeld des Bauernhofes spielerisch lernen, Verantwortung übernehmen und sanft auf das spätere Schulleben vorbereitet werden, indem sie aktiv am Leben am Bauernhof teilnehmen. „Nicht Bilderbuchromantik, sondern Realität“ wird den Kindern zusätzlich zum normalen Kindergartenprogramm geboten, z.B. sehen die Kinder, wo die Milch für den Kakao herkommt, und dass Äpfel nicht im Supermarkt wachsen.

Ein Kindergarten am Bauernhof ermöglicht Kindern Einblicke in die Landwirtschaft und Kontakt zu Tieren und Natur. Die Bio-Landwirtschaft bietet hier eine Vielzahl an Möglichkeiten. Lebendiges, lebensnahes Lernen vor Ort wird gefördert. Kinder haben unter anderem die Chance den artgerechten Umgang mit Tieren zu erlernen und zu erleben, was es bedeutet, für ein anderes Lebewesen die Verantwortung zu übernehmen. Es stellt sich die Frage, wie wichtig es ist, Kindern eine derartige Betreuung zu bieten.

1.2. Ziele des Projektes Im Folgenden werden wir Ziele auflisten, die direkt oder auch indirekt von einer solchen pädagogischen Einrichtung ausgehen, die verfolgt werden und die man auch erreicht. Es geht nicht nur darum im engsten Sinn die Kinder zur Natur zurück zu bringen und ihnen einen guten Start in ihr späteres Leben zu geben, sondern im weitesten Sinn auch um die sozialen Strukturen, die stark beeinflusst werden. Mit sozialen Strukturen sind gemeinsame Aktivitäten gemeint, wie zum Beispiel das gemeinsame essen zu Mittag oder das gemeinsame feiern diverser Feste im Jahreskreis. So dient ein Projekt wie dieses nicht nur als Einkommensquelle, sondern auch als Faktor, der ein weiteres Abwandern von Familien aus dem ländlichen Raum verhindern kann. Durch eine Erhöhung solcher

Angebote

können

laut

wissenschaftlichen

Forschungsarbeiten

sogar

Einwohner

hinzugewonnen werden. Weitere Ziele eines Kindergarten-Bauernhofes sind: ♦ Die Ermöglichung von Umwelt-, Tier- und Naturerlebnisse, die sich positiv auf die gesamte Entwicklung der Kinder auswirken. ♦ Die Abdeckung der „gesellschaftlichen Bedürfnisse“, indem Kinder das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof und den Umgang mit Tieren unter professioneller und kompetenter Betreuung kennen lernen.

83

VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

♦ Die bedürfnisorientierte Betreuung und Förderung der Kinder in einer familienähnlichen, kinderfreundlichen und naturnahen Umgebung. Das kindergerechte Angebot orientiert sich am Jahreskreis und am Ablauf des Bauernhofs und berücksichtigt jahreszeitliche Höhepunkte in Form von Festen und Feiern (Brauchtum und Rituale) im ländlichen Raum. ♦ Die Möglichkeit eines Zuerwerbs für LandwirtInnen im Bereich ihrer angestammten Möglichkeiten, sofern die persönlichen, familiären und arbeitswirtschaftlichen Umstände eine Kinderbetreuung ermöglichen. ♦ Der

Bedarf

an

flexibler

Kinderbetreuung

in

Ballungsräumen

oder

größeren

Siedlungsgebieten ist bekannt. Durch gesellschaftliche Veränderungen ergeben sich auch ähnliche Bedürfnisse in kleineren Orten mit ländlicher Struktur. Gerade in ländlichen Gebieten, wo das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen oftmals nicht vorhanden ist, ist die Stärkung flexibler Kinderbetreuung notwendig. ♦ Durch Erhöhung der Attraktivität des ländlichen Raumes für Eltern, Kinder und BäuerInnen, wird der Abwanderung bzw. Landflucht auf beiden Seiten nachhaltig entgegengewirkt.

Abbildung 5: Pregarten, Wiesinger S.

1.2. Pädagogisches Konzept Eine wichtige Aufgabe der Naturpädagogik besteht darin, Kindern die Möglichkeit für phantasievolle, ausgedehnte und faszinierende Naturbegegnungen zur ermöglichen. „Naturerfahrungen fördern die gesunde Entwicklung von Kindern“ (KALFF, 1995, s.p.).

Säuglinge und Kleinkinder erkunden krabbelnd die Umwelt, entdecken Neues und sammeln neue Erfahrungen. In der Auseinandersetzung mit der dinglichen (Material, Dinge) und personellen (Menschen) Umwelt erobert sich ein Kind seinen unmittelbaren Erfahrungsraum. „Greifen“ kommt vor „Begreifen“ und die Hand muss erst „handeln“, damit später ein Problem „behandelt“ werden kann (KALFF, 1995, s.p.).

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

„Alles, was wir einem Kind beibringen, kann das Kind nicht mehr lernen.“ (Piaget)

Kleinkinder lernen durch Erfahrung in Form von Wiederholungen, Umgebung erforschen und Raum erkunden. Nicht nur die körperliche sondern auch die intellektuelle Entwicklung und damit das Lernen sind eng mit Bewegung verknüpft. Immer wiederkehrende Elemente und eine Rhythmisierung des Alltags vermitteln dem Kind ein Gefühl der Sicherheit in seinem Tun. 1.2.1. Das Kind im Kindergarten Das Kind kommt erstmals aus dem Schutz der Familie in Kontakt mit anderen Kindern, muss anderen Erwachsenen gehorchen, die wie seine Eltern Ge- und Verbote erteilen, Regeln aufstellen, Schutz und Hilfe anbieten. Es muss sich in Gesellschaft von anderen Kindern ein- und unterordnen, neue Regeln befolgen, Beziehungen eingehen, Freunde finden oder auch nicht. Der Kindergarten ergänzt die Lernmöglichkeiten, die in den Familien heute sehr oft aus zeitlichen Gründen kaum mehr möglich sind.

Psychologische Entwicklung (4.-5. Lebensjahr) Meilensteine: Initiative – Spiel – Ablösung – Wissen – Lernen – Medien Das Spiel mit anderen gewinnt immer mehr an Bedeutung und somit auch der Vergleich mit anderen Kindern. Das Kind lernt, sich in andere hineinzufühlen und bewegt sich somit weg vom bis jetzt noch vorherrschenden Egozentrismus. In dieser Zeit der ersten Ablösung können immer wieder regressive Phasen auftreten, weil das Kind aufgrund seiner Trauer und Ängste in Krisensituationen in bereits als überwunden gegoltene Verhaltensweisen zurückfällt. Die Entwicklung in Richtung Selbständigkeit setzt sich fort, Entdeckungsfreude und Forschungslust herrschen vor. Das Frage- und Antwortalter setzt ein, die Kinder sind sehr wissbegierig und neugierig. Fantasie und Realität werden aber noch sehr oft (unbewusst) vermischt (HECKMAIER, 1993, s.p.).

Die Ziele von Naturerfahrungsspielen sollen dazu dienen, die Wahrnehmung zu schärfen und die Vielfalt und Schönheit der Natur ganz bewusst zu erleben, um die eigene Beziehung zur Natur später zu spüren oder vielleicht auch erst zu gewinnen. Viele dieser Übungen haben mit Ruhe, Konzentration und Beschaulichkeit zu tun. Oft passiert dies durch Ausschalten unseres Hauptsinnes, dem Auge, um anderen Sinnen den direkten Kontakt und damit eine bewusstere Wahrnehmung zu ermöglichen. Die Natur bietet eine Unzahl an Materialien, Formen und Farben, die sich für kreatives Entfalten bestens eignen.

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

1.2.2. Entwicklung des Kindes am Bauernhof-Kindergarten Folgende Aspekte werden im Spiel angeregt, entwickelt und vor allem durch die Erfahrungen auf einem Bauernhof verbessert:

Sensomotorik Wahrnehmen und Begreifen. Durch Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien wie Holz, Stein, Erde oder Wasser werden Sinnessysteme angeregt, neue Bewegungsmuster ausgebildet und somit das Bewegungsrepertoire erweitert (W EBER, 2005, 11).

Körperbeherrschung, Körperschema Erleben und Spüren des eigenen Körpers, Kenntnis des eigenen Körpers als „Raum“ (wo beginnt mein Körper, wo hört er auf; räumliche Begriffe wie oben, unten, hinten…) gewinnen (W EBER, 2005, 11). Hierbei helfen wieder ganz natürliche Gegenstände wie Baumstämme, am Boden liegende Äste und Steine etc.

Denken Durch Versuch und Irrtum lernt das Kind schrittweise einzelne Bewegungen zu planen und zu komplexeren

Handlungen

zusammenzusetzen.

Es

erweitert

somit

seine

Handlungs-

und

Planungsfähigkeit und schafft die Voraussetzung, um kognitive Strukturen und Denkvorgänge auszubilden (W EBER, 2005, 11).

Sachkompetenz Das Kind lernt über Ausprobieren und erhält eine positive Bestätigung über erfolgreich getätigte Handlungen. Es erfährt Sicherheit, Willenskraft und Ausdauer um neue Situationen selbstbewusst zu entdecken (W EBER, 2005, 11).

Phantasie Durch

Variationen

mit

unterschiedlichen

Materialien,

das

heißt

Erfinden

von

neuen

Einsatzmöglichkeiten, wird Kreativität angeregt, welche wiederum als wichtiger Baustein für die kognitive Entwicklung gesehen wird (W EBER, 2005, 11). „Weniger ist oft mehr“ – so wird darauf geachtet, dass Kinder ihr Spielzeug zum Teil selbst suchen. (Tannenzapfen, Rinde, Äste, usw.)

Erleben von Gefühlen Das Kind arbeitet Erlebtes und Vergangenes auf. Spiel dient ihm als Medium der Äußerung und unbewussten Verarbeitung von Konflikten und verhilft zum konkreten Erleben innerer Vorgänge. (W EBER, 2005, 11).

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

Umweltbewusstsein Die Ausbildung des Umweltbewusstseins, welches eine wertschätzende, achtsame und nachhaltige Haltung gegenüber der Natur und Umwelt schafft, muss schon in der frühen Kindheit erfolgen. In diesem Alter ist der Mensch einerseits durch sein Wesen und andererseits durch die Eigenschaft, sich an einfachen Elementen begeistern zu können, offen für alles (W EBER, 2005, 11).

Umweltbewältigung Das Kind lernt, in die Umwelt gezielt einzugreifen, sich anzupassen und sie zu benutzen. Es kann mögliche Reaktionen voraus ahnen und Gefahren einschätzen.

Sozialkompetenz Durch Hantieren mit Material und Einnehmen von verschiedenen Rollen bekommt das Kind Hilfsmittel um die Auseinandersetzung mit anderen Menschen spielerisch zu lernen. (HECKMAIR, 1993, s.p.). „Sagst du es mir, vergesse ich es, zeigst du es mir, so merke ich es mir vielleicht, lässt du mich teilhaben, so behalten ich es.“ Konfuzius

2. Forschungsfrage Die zentrale Forschungsarbeit dieser Seminararbeit betrifft die alternativen Möglichkeiten der Kinderbetreuung in Verbindung mit biologischer Landwirtschaft. Besonders hervorgehoben wird der „Bauernhofkindergarten Franzlhof“.

Ziel dieser Seminararbeit ist, zu eruieren, warum es wichtig ist, Kinder wieder vermehrt zur Landwirtschaft und zur Natur zu führen. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt des Interesses: Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Pädagogik und ökologischer Landwirtschaft? Welche Werte werden den Kindern hierbei vermittelt?

3. Methoden Die Projektdaten wurden mit Hilfe von Sekundär- und Primärdatenerhebungen gesammelt. Während der sekundären Datenerhebung versuchten wir ausgewählte Literatur in Bibliotheken sowie im Internet zu finden. Dabei wurde vor allem auf den aktuellen Bezug der Landwirtschaft auf die Pädagogik geachtet. Die Primärdaten wurden sowohl durch die Methode der Beobachtung als auch durch qualitative Interviews gewonnen. Die Beobachtung erfolgte direkt am Bauernhofkindergarten Franzlhof in Pregartsdorf/Pregarten. Weiters wurden Daten, die durch Sekundärliteratur nicht abzudecken sind, mit Hilfe des problemzentrierten Interviews gewonnen. Dieses sieht einen Interviewleitfaden vor, der als Gedankenstütze eine offene Interviewsituation erzeugt (FLICK, 2007, 210). Neue Fragen und Themen können während der Interviewsituation eingebracht werden und führen daher zu einem breiteren Verständnis als dies bei einem standarisierten Interview oder Fragebogen möglich ist (vgl.

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FLICK, 2007, 194). Um die Daten der Interviews auswerten zu können, wurden sie wörtlich transkribiert (MAYRING, 1996, 68) Anschließend wurden die Transkripte bearbeitet und ausgewertet.

4. Ergebnisse Durch große mediale Präsenz in diversen regionalen Wochenzeitungen und in „Zeit im Bild Oberösterreich“ wurden wir auf das Projekt von Frau Bettina Haas in Pregartsdorf bei Pregarten in Oberösterreich aufmerksam gemacht. Sie gilt als Pionierin auf diesem Gebiet und beschreibt ihr Projekt so: „Ich habe meine Vision verwirklicht und einen Kindergarten ins Leben gerufen, der in Oberösterreich einzigartig ist. Ein Kindergarten der vereint, was meines Erachtens zusammengehört, nämlich Kinder, Tiere und Natur.“

4.1. Der Franzlhof Der biologisch geführte Franzlhof liegt etwas außerhalb der Stadt Pregarten im Mühlviertel. 2003 übernahmen Johannes und Bettina Haas den Betrieb. Der 36-jährige Bauer ist Fahrdienstleiter bei der ÖBB. Er absolviert derzeit den Meisterkurs in der BBK Freistadt. Das Ehepaar hat drei Kinder zwischen neun Jahren und zehn Monaten.

Der Betrieb besteht aus 13 ha Grünfläche und 12 ha Wald. Zudem wird Österreichs größte Heidschnuckenzucht mit rund 40 Mutterschafen, einem Bock und einigen Tieren aus der Nachzucht, dort betrieben. Die Landwirtschaftlichen Nutzflächen bieten sich dazu sehr gut an.

Biologische Heidschnuckenzucht

Die Heidschnucken gehören zu den drei ältesten Schafrassen, es handelt sich um eine harte, genügsame Rasse mit einer Vorliebe für besonders raues Futter. Das Fleisch hat einen hervorragenden, wildähnlichen Geschmack.

Der Franzlhof bietet Zuchttiere für den Zuchtaufbau aber auch für die Weidehaltung an. Weiters wird auch das qualitativ sehr hohe Biolammfleisch vom Franzlhof vertrieben.

Das Lamm kann als ganzes, als 1/2 Lamm, zerlegt in die Teile (Schlögel, Schulter, Kotlett, Hals, Rippen) bzw. für kleinere Abnehmer, gemischt in den oben genannten Teile, als 1 Kilo Packungen erworben werden (HAAS, 2008).

Jeder Kunde, der zum ersten Mal Heidschnuckenfleisch vom Franzlhof bezieht, erhält zusätzlich ein selbst zusammengestelltes Kochrezeptbuch, indem auf die spezielle Zubereitung des Qualitätsfleischs hingewiesen wird (HAAS, 2008).

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Neben den Heidschnucken leben auf dem Biohof noch 5 Mini-Shetlandponies, eine HaflingerWarmblutstute, 2 Lamas, einige Kaninchen, Hühner, Katzen und ein Hund. Viel Abwechslung also für die Kinder.

Abbildung 6: Pregarten, Wiesinger S.

Der junge Mensch braucht deshalb seinesgleichen, nämlich Tiere, überhaupt Elementares, Wasser, Dreck, Gebüsche, Spielraum. Man kann ihn auch ohne das alles aufwachsen lassen, mit Teppichen, Stofftieren oder auch asphaltierten Straßen und Höfen. Er überlebt es – doch man soll sich nicht wundern, wenn er später bestimmte soziale Grundleistungen nie mehr lernt, z.B. ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem Ort und Initiative. Um Schwung zu haben, muss man sich von einem festen Ort abstoßen können, ein Gefühl der Sicherheit erworben haben. (MITSCHERLICH, 1965)

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4.2. Das Projekt 4.2.1. Bauernhof-Kindergarten Auch vor ihrer Tätigkeit als Kindergartenleiterin auf ihrem eigenen biologisch geführten Bauernhof arbeitete Frau Haas bereits als Klein- und Kindergartenpädagogin. Um ihrem Traum ein Stück näher zu kommen, beschloss sie weitere Ausbildungen zu machen. Sie

wurde

beim

dritten

Universitätslehrgang

„Tiergestützte

Therapie

und

tiergestützte

Fördermaßnahmen“ aufgenommen und schloss diesen 2007 ab. Ihre Abschlussarbeit heißt „Eine Vision

wird

verwirklicht“

und

beschreibt

auf

über

70

Seiten

den

ersten

tiergestützten

Bauernhofkindergarten in Oberösterreich. Zudem ist sie bundeszertifizierte reitpädagogische Betreuerin. Mit diesen Voraussetzungen konnte sie ihr Projekt in Angriff nehmen, denn nur so konnte sie immer wieder argumentieren, wie wichtig dieses pädagogische Projekt für Kinder sein wird.

Im Herbst 2008 öffnete nun der Bauernhofkindergarten, mit einer Fläche von 240 m², endlich seine Pforten. Geplant war eine Gruppe von ungefähr 16 bis 18 Kindern, doch wie vieles im Leben braucht auch ein solch umfangreiches Projekt eine Anlaufphase die auf keinen Fall entmutigend für Fr. Haas wirkt. 11 Kinder starteten also ihr Kindergartenjahr am Franzlhof. Zudem gibt es noch zwei Spielgruppen für Babys ab dem Alter von sieben Monaten.

Für die Kinder stehen zwei liebevoll eingerichtete Räume zur Verfügung, die Frau Haas eigens geplant hat. Für sie stand das „Wohlfühlen“ im Mittelpunkt und mit viel Liebe zum Detail entstand ein wunderschöner Kindergarten. Hauptmaterial ist Holz, das man in allen Räumen wieder findet. Im Vergleich zu anderen Kindergärten wirkt es nahezu paradiesisch, vor allem für die Kinder auf dessen Körpergröße alles abgestimmt wurde. Nicht nur die schöne Puppenküche und die gemütlichen Jausenplätze (siehe Abbildung 7: Pregarten, Wiesinger S.) sind viel kleiner als normal. Auch die Fenster und Fensterbänke und die Arbeitsfläche in der Küche wurden auf die Bedürfnisse der Kleinen abgestimmt.

Aus dem Fenster hat man Blick auf die Weiden der Tiere, auf das Kaninchendorf im Sommer und auch auf die schneebedeckten Wiesen im Winter. Das lädt zum Träumen ein und motiviert die Kinder jeden Tag aufs Neue, nach draußen zu gehen und die Welt zu entdecken. Anders als herkömmliche Kindergärten besitzt der Franzlhof auch keinen Turnsaal, denn laut Bettina Haas ist ein solcher nicht nötig. „Wozu einen Turnsaal bauen, wenn wir jeden Tag draußen sind, wenn wir Bäume zum klettern benutzen und Wiesen zum Ballspielen.“

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

Abbildung 7: Pregarten, Wiesinger S. 4.2.2. Sonstiges Angebot Neben der Heidschnucken-Zucht, den Spielgruppen für 1- bis 3-jährige Kinder und dem Kindergarten ab 3 Jahren bietet der Franzlhof viele weitere attraktive Angebote an:

Tiergestützte Therapie Hierunter versteht man den gezielten Einsatz eines Tieres, um positive Effekte auf das körperliche und seelische Befinden eines Menschen zu erreichen. Die tiergestützte Therapie wird häufig bei psychischen oder neurologischen Erkrankungen eingesetzt, um positive Effekte auf die Lebensqualität der Patienten zu erzielen.

Pädagogisches Reiten Mit Hilfe von Pferden wird Kindern spielerisch Verantwortung übertragen. Kinder lernen den liebevollen Umgang mit Pferden und bauen ihr eigenes Selbstvertrauen damit auf. Pädagogisches Reiten wird am Franzlhof für Kleingruppen, aber auch als Einzelunterricht für Jung und Alt (Einstieg in den Reitsport) angeboten.

Geburtstagsfeiern Bei den Kindergeburtstagen am Franzlhof werden die Spiele und das Rahmenprogramm auf ein frei wählbares Thema abgestimmt. Zur Auswahl stehen hier: Indianer-, Pony-, Pferde- oder Bauernhofgeburtstag. Bettina Haas und ihr Team gestalten die gesamte Feier, sodass es keiner weiteren Planung mehr bedarf.

Lama Trekking In freundlicher Lama-Begleitung werden diverse Wanderungen und Ausflüge in Gruppen unternommen.

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5. Diskussion Kind und Natur – „Pädagogik am Bauernhof“

„Kindheit heute ist Stadtkindheit, eine Kauf- und Verbraucherkindheit, eine Spielplatzkindheit, eine Verkehrsteilnehmerkindheit. Ihr fehlen elementare Erfahrungen: ein offenes Feuer machen, ein Loch in die Erde graben, auf einem Ast schaukeln, Wasser stauen, ein großes Tier beobachten, hüten, beherrschen. Das Kind kann sich Bewährung und Risiko nur einbilden oder erlisten: durch Zerstörung und mutwilligen Verstoß gegen die Regeln, die Erwartungen, die Vernunft“ (HENTIG, 1971, 33f).

Die in Fachkreisen als Naturpädagogik bzw. Umweltbildung anerkannte Disziplin hält immer mehr Einzug in schulische sowie in sozial-, als auch in freizeitpädagogische Einrichtungen. Beispielsweise ist die Umweltbildung seit 1979 eine von mehreren Unterrichtsprinzipien im österreichischen Schulwesen.

Naturbezogene Pädagogik ist eine ganzheitliche Begegnung mit der Natur, ein Versuch, unsere Natur als Handlungsraum wahrzunehmen und diese spielerisch zu entdecken und zu erfahren. Sie gibt uns den Raum und Anregung für selbst gesteuerte Erfahrungs- und Bildungsprozesse.

Der Mittelpunkt des Interesses sind das Leben selbst und die Liebe zur belebten und unbelebten Natur. Für Kinder bewährt sich eine nach und nach vertiefende Begegnung mit der Natur, weil wir Kinder da abholen müssen, wo sie mit ihren Naturerfahrungen stehen. Nur so können sie die Intensität der Naturbegegnung selbst bestimmen.

Ziel ist es, dem Menschen die Auswirkungen seines Handelns auf die Mitwelt bewusst zu machen, das heißt über sein Handeln zu reflektieren, um auch für die folgenden Generationen nachhaltig Lebensqualität zu sichern.

Vergleicht man einen herkömmlichen Kindergarten mit einem Kindergarten am Bauernhof, werden wohl auf beiden Seiten gewisse Vorteile und Nachteile zu beobachten sein. Diese Vor- und Nachteile konnten wir in Folge des Interviews mit Frau Haas und durch diverse Sekundärliteratur (siehe Literaturverzeichnis) sammeln.

Vorab zu den Nachteilen eines Kindergartenbauernhofes: ♦ Schon bei der Planung des Projekts wurden Frau Haas von Seiten der Bürokratie Stolpersteine in den Weg gelegt. Bis dato gab es in Österreich kein vergleichbares Förderprojekt. Somit mussten erst Richtlinien geschaffen werden, was den Projektstart verzögerte.

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

♦ Durch die Einzigartigkeit des Projekts wurde jeder Schritt mit Argusaugen bewacht und Frau Haas musste sich für viele Entscheidungen und Tätigkeiten rechtfertigen. ♦ Laut Bettina Haas gibt es Eltern, die eventuell nicht damit zu Recht kommen, dass ihr Kind an manchen Tagen schmutzige, stinkende Kleidung trägt, wenn es nach Hause kommt. ♦ Von einigen Eltern wird auch die Verletzungsgefahr als zu hoch eingestuft, denn die Kinder üben sich fleißig am Klettern und Toben. ♦ Beim Franzlhof kommt speziell hinzu, dass es keinen Bus gibt, der die Kinder zum Kindergarten und wieder nach Hause bringt. Die Eltern müssen sich selbst täglich um den Transport kümmern.

Hier nun zu den positiven Aspekten eines Kindergarten-Bauernhofs: ♦ Die kleinen Gruppen garantieren familiäre Atmosphäre. ♦ Die Betreuungsperson kann optimal auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen. ♦ Das Leben in einer Bauernfamilie bietet für Kinder eine neue soziale Erfahrung. Hier leben häufig noch mehrere Generationen unter einem Dach (Mehrgenerationenfamilien). ♦ Das Erleben der Natur, der Kontakt und die Vertrautheit mit Tieren und der Pflanzenwelt sind wichtige Bausteine für die Entwicklung und Zukunft der Kinder und wirken sich positiv aus. ♦ Dem Drang zur Bewegung, Entdeckung, Erlebnis und Spiel kann durch die natürlichen Lebensräume und den besonderen Gegebenheiten am Bauernhof entsprochen werden. ♦ Die natürlichen Lebensräume auf dem Bauernhof bzw. in der Natur mit den vielfältigen Strukturen für Bewegungsübungen können hier gezielt genutzt werden. ♦ „Das Kind entwickelt durch erbrachte motorische Leistungen Vertrauen zu sich selbst und bildet ein positives Selbstbewusstsein aus. Beides sind Grundlagen für eine eigenständige Lebensführung und für die Übernahme von Verantwortung“ (W EBER, 2005, 10). ♦ Die natürlichen Lebensräume wie Wald, Wiesen, Hecken, Wasser, Wind und Wetter ermöglichen für die Kinder eine optimale Form der Betreuung und die Förderung der Wahrnehmung mit allen Sinnen. ♦ Die Anregung für die Phantasie und Kreativität durch Umgang mit natürlichen Materialien. ♦ Die Kinderbetreuung orientiert sich am Jahreskreis und dem Tagesablauf am Bauernhof und berücksichtigt jahreszeitliche Höhepunkte in Form von Festen und Feiern (Brauchtum, Rituale) im ländlichen Raum. ♦ Das Umfeld rund um den Bauernhof mit seinen Besonderheiten der Natur, Tier- und Pflanzenwelt gibt den Kindern Kraft, Ruhe und Ausgeglichenheit. ♦ Kinder haben im bäuerlichen Umfeld nicht nur ein gesundes Essen (am Hof produzierte Lebensmittel), sie erleben Tischkultur als Ausdruck von Gemeinschaft und Lebensfreude. ♦ Durch gut schmeckende Jausen (Bauernbrot, Butter, Käse, Aufstrich), frischem Obst und Gemüse, Milch und natur belassenen Getränken kann die Verbindung zum Bauernhof als Ursprungsort der Lebensmittel hergestellt werden. Die Kinder haben die Möglichkeit den

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Weg von bäuerlichen Lebensmitteln kennen zu lernen und damit auch die Wertschätzung der selbst produzierten Lebensmittel auf dem Bauernhof zu stärken. ♦ Der Kontakt mit Natur und Tier ermöglicht nachhaltige Erfahrungen für die Kinder. Sie entwickeln durch den Umgang mit Natur und Tier wichtige Eigenschaften wie Respekt und Toleranz, die sie mit in ihr weiteres Leben nehmen. ♦ Kinder lernen die Natur kennen und schätzen. Somit haben sie im Leben eher die Motivation zu umweltgerechtem Verhalten.

Aufgrund der Ergebnisse aus der Literaturrecherche und dem Besuch am Franzlhof, konnten wir feststellen, dass ein Kindergartenbauernhof absolut förderlich für Kinder ist. Die Kinder haben hier die Möglichkeiten, auf spielerischer Weise den Umgang mit Tieren zu lernen. Hier lernen sie bereits, Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite können sie hier „Kind sein“, sie dürfen draußen in der Natur im Matsch spielen oder auf Bäume klettern. Allerdings muss erwähnt werden, dass diese „Idylle“ mit harter Arbeit verbunden ist. Nicht nur die Umsetzungsphase birgt Schwierigkeiten in Form der Bürokratie sondern auch der Alltag ist mit Problemen behaftet. Frau Haas widmet sich in jeglicher Hinsicht ihrem Kindergarten und den zu betreuenden Kindern. Zeit für das Privatleben kommt oft zu kurz, da der Kindergarten als einzige Einnahmequelle nicht möglich wäre. Somit ist ersichtlich, dass ein Projekt in diesem Ausmaß einer gründlichen Überlegung und Planung bedarf.

6. Schlussfolgerungen In der Natur finden Kinder viele wertvolle Entdeckungs- und Erfahrungsräume, die mit ihren vielfältigen Reizen die Sinne, die Körperwahrnehmung und den Verstand anregen. Für die gesunde Entwicklung jedes Menschen ist „Natur“ von großer Bedeutung. Für die psychische Entwicklung, das Immunsystem, die Bewegungsschulung und ähnliches. sind unmittelbare Naturbegegnungen wichtig.

Naturerfahrung basiert auf dem Motto: „Nur was wir kennen, sind wir auch bereit zu schützen“. Damit einher geht ein direkter und intensiver Kontakt mit der Natur, um die Möglichkeit eines positiven Zugangs zur Thematik zu schaffen. Umweltschutz und kindliche Naturbegegnung sind sehr eng miteinander verknüpft. Wenn Kinder in ihren jungen Jahren die Natur kennen und schätzen lernen, haben sie als Erwachsene eher die Motivation zu umweltgerechtem Verhalten sowie die Zusammenhänge der Ökologie zu verstehen. Dafür ist es wichtig, dass Kinder die Möglichkeit erhalten, ein positives Grundgefühl für die Natur zu entwickeln und eine Beziehung zur Natur aufzubauen.

„Du bist zeitlebens dafür verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“ (SAINT-EXUPERY 1984, S. 53)

Sind uns Pflanzen und Tiere nicht mehr fremd, haben wir eine Vertrautheit zu ihnen entwickelt, es ist eine Voraussetzung für schützendes Verhalten entstanden. So kämpfen wir z.B. für die Erhaltung des Baches, an dem wir als Kinder spielten, oder des Baumes, unter dessen Blätterdach wir im Sommer saßen.

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C Soziale Leistungen von Biobetrieben in der Region

7. Zusammenfassung Zusammenfassend bietet eine Kinderbetreuung am Bauernhof – im Kontext mit den anfangs erläuterten Aspekten der kindlichen Entwicklung – folgende Vorteile: ♦ Miterleben eines Familienalltags, der dem Kind eine Rhythmisierung und somit eine Strukturierung seines eigenen Lebens ermöglicht. ♦ Dem Bewegungsdrang kann entsprochen werden. ♦ Anregungen für die Phantasie und Kreativität durch Umgang mit natürlichen Materialien. ♦ Spiel und Auseinandersetzung mit anderen Kindern. ♦ Der Kontakt mit Tier und Natur ermöglicht nachhaltige Erfahrungen – Verantwortung übernehmen für Natur und Tier, gewisse Arbeiten am Hof erledigen, ökologische Zusammenhänge erkennen können, Verständnis für Umweltschutz. ♦ Achtung vor der Natur und Tieren entwickeln. ♦ Wissen über Ökologie und naturgerechtem Verhalten. ♦ Kennen lernen von natürlichen Lebensräumen wie Wald, Wiese und Wasser. ♦ Interesse für die Rolle der Landwirtschaft als Ernährer der Gesellschaft – Nachvollziehen des Weges von Lebensmitteln und damit auch bewussterer Umgang mit den Ressourcen. ♦ Kennen lernen von Natur als Erholungsraum. Die umfassende Vielfalt an Möglichkeiten, die sich durch eine Kinderbetreuung am Bauernhof ergibt, stellt für (Stadt-)Kinder eine große Bereicherung in ihrer Entwicklung dar. Unsere heutige Lebensweise fördert eine Entfremdung von der Natur. Elementare Erlebnisse – Wind, Regen, Wärme oder Kälte, der Rhythmus der Jahreszeiten – werden nicht mehr wahrgenommen. Kinder suchen aber immer wieder diese elementaren Erlebnisse. Sie treten in Pfützen, matschen, lassen ihre Jacken vom Wind aufblasen oder laufen mit offenem Mund durch den Regen, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Die Dinge, mit denen wir uns umgeben – von Zimmerpflanzen, über Haustiere bis zu den Stofftieren in den Kinderzimmern – zeigen, wie sehr wir Natur brauchen.

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8. Literatur- und Quellenverzeichnis

FLICK, U.(2007): Qualitative Sozialforschung, Eine Einführung. Rowohlt Verlag, Reinbek.

HAAS, B. und HAAS, J. (2008): www.franzlhof.at

HECKMAIER B., MICHL W. (1993): Erleben und Lernen, Luchterhand Verlag, Neuwied.

HENTIG,

H.

von

(1971):

Cuernavaca

oder:

Alternativen

zur

Schule?,

Ernst

Klett/Kösel,

Stuttgart/München.

KALFF, M. (1994): Handbuch zur Natur- und Umweltpädagogik. Günter Albert Ulmer Verlag, Tuningen.

MAYRING, P. (1996): Einführung in die qualitative Sozialforschung. 3.überarbeitete Auflage, Verlags Union, Weinheim.

MITSCHERLICH, A. (1965): Die Unwirklichkeit unserer Städte. Suhrkamp, Frankfurt am Main.

SAINT- EXUPÉRY, A. de. (1984): Der kleine Prinz. 39. Auflage, Karl Rauch Verlag KG, Düsseldorf.

W EBER, A. (2005): Der pädagogische Beitrag von gestalteten Freiräumen in Kindergarten und Volksschule.

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Dipl.

Universität

für

Bodenkultur,

Wien.

D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

D.1 Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional – von Christine FRIEDLund Elisabeth PFEFFER

1. Einleitung 2. Literaturübersicht 3. Ziele, Forschungsfragen, Hypothesen 4. Methoden 5. Ergebnisse

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5.1. Agrarprojektpreis .......................................................................................................................... 101 5.2. Regionalität................................................................................................................................... 101 5.3. Ökologischer Landbau - Bio ......................................................................................................... 102 5.4. Clusterergebnisse......................................................................................................................... 103

6. Diskussion 7. Schlussfolgerungen 8. Zusammenfassung 9. Literaturverzeichnis

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1. Einleitung In der österreichischen Landwirtschaft hat der Sektor biologische Bewirtschaftungsweise schnell an Bedeutung gewonnen und einen hohen Anteil an landwirtschaftlich bewirtschafteter Fläche, im Vergleich zu anderen EU-Ländern, übernommen. Gründe dafür waren der EU-Beitritt und die neue Förderungsmassnahme über das ÖPUL Programm, sowie die Einführung der Marke Ja-Natürlich über Billa. Durch den Anstieg an biologisch bewirtschafteter Fläche stieg auch das Angebot an biologischen Lebensmittel und damit einhergehend die Nachfrage der Konsumenten. Um dem Nachfragedruck stand zu halten wurden ursprüngliche ökologische und soziale Prinzipien zurückgestellt. Die Strukturen und Praktiken des heutigen Biolandbaus ähneln oft stark der konventionellen Lebensmittelwirtschaft. Ökologische sowie soziale Ziele werden zu Gunsten von hohen Erträgen und maximalen Leistungen in den Hintergrund gerückt. Zur Widerfindung der Werte des Biolandbaus muss mehr in die Beratung und den Aufbau von regionalen Kooperationen investiert werden. (vgl. Thomas Lindhard) Innovationen in der Biologische Landwirtschaft mit regionalem Bezug sind Schwerpunkt dieser Arbeit. Anhand des Agrarprojektpreises filterten wir die Stärken der Kombination Bio und Regional heraus. Der Agrarprojektpreis wird von der Landwirtschaftskammer und dem Lebensministerium alle zwei Jahre bundesweit seit 1999 ausgeschrieben. Gesucht und prämiert werden erfolgreiche Projekte aus dem ländlichen Raum mit einem Bezug zur Landwirtschaft.

2. Literaturübersicht Anhand des Artikel „Kritische Bestandaufnahme – Regionale Vermarktung in Österreich“ (BartelKratochvil, 2008) und des Artikel „Lokal, regional, globel – ganz egal?“ (Geier, 2006) haben wir unsere Literaturrecherche zum Bereich Bio und Regional begonnen. Aus den Artikeln filterten wir vor allem Stichwörter, aber auch Leitlinien, was Regionalität im Biosektor ausmacht.

Bartel-Kratochvil und Schermer (2008) gehen auf drei positive Aspekte ein, welche aus der Kombination von bio und regional entstehen und Synergien zu weiteren positiven Qualitätsmerkmalen in der Landwirtschaft und Region führen.

Einerseits, dass räumliche Nähe zwischen den Akteuren zur Folge hat: Die Erzeugung von Produkten hoher Qualität. Einen niedrigen Transportaufwand. Den Aufbau von Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region. Den Erhalt der Kulturlandschaft und die Stärkung regionale Identität, Kultur und Tradition.

Andererseits haben Kleinstrukturen in Produktion und Verarbeitung positive Aspekte zur Folge: Neue Produkte werden entwickelt. Umfangreiches Handlungswissen über Produktionsprozesse ist vorhanden. Innovationsgeist wird geweckt.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Neues Wissen wird erworben und weitergegeben.

Drittens verbinden Konsumenten oft biologisch und Regionalität, was zur Folge hat, dass biologische Produkte durch die Konventionalisierung der Produktion und Vermarktung oft negativ gesehen werden.

Geier (2006) streicht hervor, dass der weltweite Warenstrom eine Herausforderung für die Prinzipien des Ökologischen Landbaus ist. Bewusstes Genießen gehört zur ökologischen Esskultur. Darum werden auch Produkte, wie Kaffee oder Tee im Biosektor verlangt. Ivan Illich (in Geier 2006) hat gesagt, dass wir heutzutage in einem System der „modernen Fernfütterung“ leben. Ein Artikel der New York Times spricht von „Bio-Industriellen Komplexen“. Damit ist die Beteiligung der Lebensmittelkonzern am Biosektor gemeint. (Geier 2006).

Indem Bio Landwirte die Vermarktung selbst in die Hand nehmen, sind bereits einige Möglichkeiten gegen die Konventionalisierung des Biosektors zu arbeiten gegeben. Ein Schlagwort ist der faire Handel, welcher sich mit einer gerechten Entlohnung auseinander setzt. Die Arbeitsgemeinschaft „Bio, regional und fair“ ist ein Beispiel, wie man sich der Globalisierung stellen kann. In dieser Gemeinschaft haben sich in Bayern eine Vielzahl von Gruppierungen aus dem Bereich des fairen Handels, Verbraucherverbände, kirchliche Organisationen, regionale Initiativen und Biobauern zusammengeschlossen. Die Ziele einer solchen Initiative sind in der Landwirtschaft ein gerechtes und existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und dabei Umwelt und Natur zu schützen.

Aus dem Artikel von Geier (2006) geht hervor, dass durch Initiativen im Biosektor ein gerechtes Einkommen ermöglicht wird und durch regionale Kreisläufe die Umwelt und Natur geschützt wird.

3. Ziele, Forschungsfragen, Hypothesen Mit dieser Seminararbeit sollen folgende Forschungsfragen beantworten werden: Welche Positive und Negative Aspekte von der Kombination biologisch und regional gibt es? Was kann die Verbindung von biologisch und regional für eine Region bedeuten? Wo liegen die Gemeinsamkeiten der ausgewerteten Projekte? Gibt es Innovationen, die besonders hervorstechen und was macht diese Innovationen aus? Bezug zur Region: Wie wirken die ausgewählten Projekte/Innovationen auf die jeweilige Region?

Unsere Hypothesen dazu sind folgende: Die Kombination von biologischer Bewirtschaftungsweise und regionaler Fokus sind Grundlage für Innovationen, die einen positiven Effekt auf eine Region haben. Mit regionalem Fokus ist eine Bindung an den Begriff biologische Bewirtschaftungsweise gemeint. Im Idealfall werden diese Begriffe zu

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einem zusammengefügt – biologische Bewirtschaftungsweise mit regionalem Fokus. Der Großteil der Einreichungen der Bio Betriebe für den Agrarprojektpreis hat einen regionalen Bezug. Wir wollen heraus finden, ob es Gemeinsamkeiten bei den ausgewählten Projekten gibt und ob Innovationen vorhanden sind, die besonders hervorstechen? Welche Wirkungen haben die Projekte auf die Region und was Bedeutet die Kombination von bio und regional für die Region im Positiven als auch im Negativen? Je stärker die Kopplung von bio und regional bei Innovationen des Agrarprojektpreises im Sektor biologischer Landbau ist, also wenn man von biologischer Bewirtschaftungsweise mit regionalem Fokus reden kann, umso mehr positive Synergieeffekte sind zu verzeichnen. Positive Synergieeffekte sind in unserem Zusammenhang ein gerechtes Einkommen, Naturschutz, Produkte hoher Qualität, Land als attraktiver Lebensraum und das Vertrauen der Konsumenten in Bioprodukte. Innovationen im Biosektor haben aus den soeben genannten Gründen einen positiven Einfluss auf die Region.

4. Methoden Zuerst steckten wir über Literaturrecherche den Begriff Regional für unsere Seminararbeit ab. Dazu suchten wir in der Universitätsbibliothek der Boku Wien im Sektor Regionale Entwicklung, biologischer Landbau sowie Wirtschaft nach Definitionen zum Begriff Regional. Außerdem wurden uns von Susanne Kummer zwei Zeitschriftenartikel zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe wir zu weiteren Literaturangaben kamen. Die Literaturrecherche war Anfang Jänner beendet. Die für uns relevanten Definitionen aus der gesammelten Literatur über Regionalität fassten wir heraus und suchten nach Schlüsselwörtern, die Regionalität für uns ausmachen. Schlüsselwörter in diesem Zusammenhang sind: gerechtes Einkommen, Naturschutz, Produkte hoher Qualität, Land als attraktiver Lebensraum und das Vertrauen der Konsumenten in Bioprodukte. Mit Hilfe dieser Schlüsselwörter durchsuchten wir die Datenbank des Agrarprojektpreises. Wobei wir vorher die Agrarprojektpreise mit der Suchfunktion bio auf der Homepage des Agrarprojektpreises einengten. Die Notizen, welche beim Durchlesen der Datenbank gemacht wurden, sind im Anhang aufgelistet. Aus unseren Notizen filterten wir Gemeinsamkeiten heraus und bildeten Cluster. Dann teilten wir alle Projekte in die gebildeten Cluster ein. Aus jedem Cluster wurde ein für diesen Cluster repräsentatives Projekt ausgesucht.

Der oder die ProjektleiterIn der von uns ausgewählten Agrarprojektpreise wurde telefonisch um ein Interview gebeten. Es sollten nicht die Agrarprojektpreisträger, sondern die von uns ausgewählten repräsentativen Projekte zu den Themen Bio und Regionalität befragt werden. Folgende Interviewfragen wurden den Ansprechpersonen des jeweiligen Projektes per Mail zugesandt:

Welche Änderungen/Verbesserungen sind durch ihr Projekt in der Region entstanden? Welche Vorteile bringt die Region dem Projekt? Was würde die Arbeit mit /in der Region in Zukunft verbessern?

Die Interviewfragen wurden per e-mail versandt, da die befragten Personen gemeint haben, dass das Projekt schon so lange her ist und sie Zeit zum überlegen brauchen oder die Ansprechperson für das

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Projekt gerade nicht erreichbar ist. Es wurde stets bereits am Telefon darauf hingewiesen, dass es nur drei Fragen sind und um welche Fragen es sich handelt. Jedoch haben wir trotz telefonischer Zusage keine Antworten per e-mail erhalten. Daher muss der Ergebnisteil über diesen Teil der Arbeit leider wegfallen. Ziel wäre es gewesen, zu erfahren, was das Projekt der Region gebracht hat und welche Vorteile es für eine Region hat, regional zu arbeiten. Die dritte Frage hat sich auf die Zukunft konzentriert, um einen Einblick in die Wünsche der ProjektleiterInnen zu bekommen. Die Interviewfragen sind im Anhang aufgelistet.

Nähere Informationen unter www.bio-regional-fair.de 5. Ergebnisse

5.1. Agrarprojektpreis Die Landwirtschaftskammer und der Verein Agrar.Projekt. veranstalten alle zwei Jahre einen bundesweiten Wettbewerb, bei dem erfolgreiche Projekte aus dem ländlichen Raum mit einem Bezug zur Landwirtschaft gesucht, bewertet und prämiert werden. Die Bewertung erfolgt nach den Kriterien der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, der Innovation, der Beispielswirkung und der Projektumsetzung. Eine Prämierung gibt es in den Kategorien „Einzelprojekt“ und „Gemeinschaftsprojekt“. Der APP fand 2007 zum sechsten Mal statt. Insgesamt wurden seit 1999 ca. 650 Projekte eingereicht, von denen ca. 450 als nachhaltig und damit jurywürdig eingestuft wurden. (http://www.agrarprojektpreis.at/allgemeine_infos.2.htm; letzter Zugriff am 17.1.2009)

Dotiert ist der erste Platz sowohl bei den Einzelprojekten, als auch bei den Gemeinschaftsprojekten mit jeweils 4.500€. Bei beiden Projektgruppen erhält der 2.Platz je 3.000€ und der 3.Platz je 1.500€.

5.2. Regionalität Um der Frage was ist Regionalität auf den Grund zu gehen 1

Bei einer Umfrage im Rahmen der Nachhaltigen Wochen 2007 wurde der Frage „Was bedeutet regional?“ nachgegangen: Ein regionales Produkt zeichnet sich dadurch aus, dass seine Rohstoffe aus der Region stammen. Die Tiere wachsen in einer kleinräumigen Region auf, werden meist mit hofeigenen Futtermitteln gefüttert und tiergerecht gehalten. Viele regionale Produkte weisen hohe Qualitätsstandards auf, wie etwa  das Label Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.),  das Gütesiegel Gutes vom Bauernhof,  das Tierschutz geprüft-Label,  bundesländerspezifische Gütesiegel

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Durch die Initiative „Nachhaltige Wochen“, welche vom Lebensmittelministerium und Partner aus

dem österreichischen Handel initiiert wird, wird den KonusmentInnen ein bewusstes Einkaufen näher gebracht, um so die Umwelt zu schonen. Während dieses Zeitraumes weisen Handelsketten gezielt auf Produkte mit ökologischem und sozialem Mehrwert hin. (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2007).

Durch den Kauf regionale Produkte können KonsumenInnen wichtige Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region leisten. Weiters erfordern derartige Lebensmittel oft einen niedrigeren Transportaufwand, schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region, tragen zum Erhalt der Kulturland schafft bei und stärken die regionale Identität, Kultur und Tradition. (vgl. Bartel-Kratochvil, R. & Schermer M. 2008, 30)

5.3. Ökologischer Landbau - Bio Der Ökologische Landbau hat sich unbestritten große Verdienste um den Erhalt regionaler Vermarktungsstrukturen erworben. Trotzdem ist innerhalb des Ökologischen Landbaus eine rasante Entwicklung hin zu überregionalen Strukturen und Märkten festzustellen. So ist es nun eine Fraktion der Ökobauern die fordert, dass im Ökologischen Landbau Bäuerlichkeit und Regionalität ihre Bedeutung behalten muss (Der kritische Agrarbericht 2004; AgrarBündnis).

Der Ökologische Landbau erhebt als eines von vielen Zielen den Anspruch, dass die Erzeuger und andere Unternehmen der Wertschöpfungskette ein angemessenes Einkommen erwirtschaften. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen halten viele Akteure auf dem Biomarkt an dem Ziel fest, mit der Ausweitung des Öko-Landbaus und der ökologischen Lebensmittelwirtschaft auch soziale und regionale Ziele zu verfolgen: Erhalt regionaler Kreisläufe, Schaffen von Arbeit und Einkommen für alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten. Die Umsetzung dieser Ziele wird aber immer schwieriger in einer Zeit, in der die Erzeugerpreise im Bio-Bereich stärker fallen als die Verbraucherpreise und der ökonomische Druck auf die Bio-Bauern immer größer wird. „Bio“ ist von einer Bewegung zur Branche geworden. Der Biomarkt differenziert sich weiter aus. Das führt zunehmend zu unterschiedlichen Strategien innerhalb des Ökologischen Landbaus, häufig auch zu unterschiedlichen Interessenslagen. Der soziale Anspruch, den der ökologische Landbau in seinen Programmen erhebt, droht unterzugehen. Dieser Entwicklung müssen sich die Verbände stellen. Von der Politik werden keine einfachen Lösungen erwartet. Es geht vor allem darum, Strukturen zu unterstützen, die eine regionale und kooperative Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungsketten gewährleisten (Frieder und Groß, 2005).

Regionalität im Biosektor bedeutet: Wirtschaftliche Leistungen: Regionale und kooperative Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungskette Der Erhalt regionaler Vermarktungsstrukturen

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Soziale Leistungen: Arbeitsplätze Kooperationen mit Schulen, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen,…

Ökologische Leistungen: Landschaftspflege Kreislaufwirtschaft, Nutzung der vor Ort vorhandenen Ressourcen

Sieht man sich die BioVerordnung an, so findet man keinen expliziten Verweis auf Regionalität. So sollte das gesamte System Nahrungsmittelversorgung im Biosektor unter dem Motto der Regionalität stehen und z.B. die Weiterverarbeitung des Produktes und die Vermarktung in Betriebsnähe bleiben, da sonst die Sinnhaftigkeit der Kreislaufwirtschaft von den Konsumenten in Frage gestellt wird. In unserer Arbeit wollen wir darauf eingehen, was die Kombination von biologischer Landwirtschaft und Regionalität für eine Region bedeuten können.

5.4. Clusterergebnisse Nachdem wir über die Suchfunktion auf der Agrarprojektpreishomepage alle Projekte mit dem Stichwort bio auswählten wurden diese in Cluster eingeteilt.

Cluster:

gefundene Cluster

Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte 15

Vermarktung 36

Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss

45

Ausflugsziel/ Urlaub 10

Sonstiges 10

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

„Vertragspartner“ 3

Tierhaltung 1

Selbstversorgung 3

Beratung 3 Zusammengefasst unter der Kategorie Sonstiges



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Aus diesen Cluster wählten wir 11 Projekte, die den Anspruch von bio und regional erfüllen: 1 Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte 2 Vermarktung 6 Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss 1 Ausflugsziel/ Urlaub 1 Beratung

Die ausgewählten Projekte sind: ▪ Bioheumilch für die Schule Die Bauern beliefern Kindergärten und Pflichtschulen in der Stadt Salzburg und im Salzkammergut mit ihrer Bioheumilch. Ein wesentliches Ziel ist es, den Kindern die Landwirtschaft näher zu bringen.

▪ Südburgenländischer Bauernmobil Das Ziel dieses Projektes ist eine Förderung des Ansehens und der Bekanntheit der bäuerlicher Produkte. Eine kleinstrukturierte, bäuerliche Landwirtschaft im Südburgenland soll erhalten bleiben und eine Versorgung der Konsumenten mit hochwertigen Lebensmitteln soll gewährleistet bleiben. Ein Verkaufsmobil wurde eingerichtet, um den Kunden direkt vor Ort beliefern zu können.

▪ Sennereigemeinschaft Großes Walsertal Das Ziel ist die professionelle vermarktung von Bergkäse. Eine eigene Marke „Walserstolz“ wurde installiert um die Wertschöpfung in der Region zu steigern. Für das extreme Bergbauerngebiet ist es äußerst positiv ein Leitprodukt zu haben. Durch die Produktion von

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Spezialprodukten, welche bereits im Handel unter der neuen Marke verkauft werden, können höhere Preise erzielt werden.

▪ Almfrische Rachau, gentechnikfreie Naturbäckerei Es wurde der Verein "Almfrische Rachau" mit bäuerlichem Produzentenring gegründet. Ziele das Projekts waren der Aufbau von Partnerschaften zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und Konsumenten, Grundeigentümern und Freizeitsportlern, sowie die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft Gleinalm und deren nachhaltige Nutzung. In diesem Projekt wurde die Gemeinde als Kommunikations- und Entwicklungsdrehscheibe gesehen.

▪ Vögeihof-Schule auf dem Bio-Bauernhof Bei diesem Projekt wurde eine Steigerung der Sommernächtigungszahlen um 90 % erreicht und die Sommersaision wurde erweitert von April bis Oktober. Dadurch wurden 2 gesicherte Arbeitsplätzegeschaffen. Ein weiteres Ziel dieses Projektes ist die Erhaltung des kulturellen Erbes, die Beteiligung an Umwelt-Erziehung der kommenden Generation und die langfristig Belebung des bäuerlichen Tourismus. Es wurde auch eine gemeinsame Buchungszentrale und Werbungsstrategie verwirklicht.

▪ Kunst am Bauernhof-Bauernhofgalerie Projektziele waren Familienarbeitsplätze zu sichern und selbständig bleiben zu können. Den Betrieb nach den eigenen Fähigkeiten ausrichten zu können und den Bekanntheitsgrad steigern. Ausserdem soll aus heimischen Rohstoffen mit wenig Aufwand etwas Hochwertiges und schwer Kopierbares geschaffen werden. Eine Imageaufwertung für den Berufsstand und Aufwertung für die Region sollen stattfinden. Mit Hilfe der Kunst und eigener Holzveredelung ist es gelungen, eine eigene Personenschicht zu erschließen, an die man als normaler Bauer schwer herankommt. Diese Personen sind auch hervorragende Kunden für Bio-Produkte.

▪ Haiminger Markttage Durch das Projekt Haiminger Markttage haben viele tausend Besucher die hohe Qualität des heimischen Angebotes erkannt und verlangen nach diesen Produkten. Bei Verkostungen kam man auch zu Gesprächen, wo Kunden aufgeklärt wurden. Großabnehmer wie Spar, M-Preis und Billa konnten als Abnehmer gewonnen werden. Zudem konnte der Absatz von Speisekartoffeln gesichert werden.

▪ fahrbarer Bauernladen und Bienenschauhaus Ein fahrbarer Bauernladen soll die Sicherung und Erhaltung der kleinstrukturierten Bergbauernhöfe ermöglichen. Des weiteren soll Gästen und Kunden das „Natürliche" nähergebracht werden. Zu den 250 verschiedenen biologisch erzeugten Produkten wurde auch ein Rahmenprogramm wie Mostpressen oder auch Drechseln angeboten und eine Bienenschau inszeniert. Dadurch wurde eine wesentliche Verbesserung des Einkommens erreicht. Die Gäste fungieren als Werbeträger und dies verursacht einen starken Anstieg der Vermarktung.

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▪ Bauernhofwanderung mit Direktvermarktung Durch dieses Projekt wurde ein Zusatzeinkommen für die Betriebe geschaffen. Es kam zu einer Kooperation zwischen Tourismus und Landwirtschaft. Ab Hof Verkauf und Urlaub am Bauernhof wurden kombiniert und schufen so eine höhere Rentabilität. Die Produktionsstätten wurden ausgebaut und Betriebe stellten auf biologische Wirtschaftsweise um. Durch den Zusammenschluss stieg die Motivation in biologische Bewirtschaftungsweise und in die Region zu investieren. Ein gemeinsamer Verkaufladen wurde eingerichtet und Exkursionen oder Bäuerinnenlehrfahrten wurden organisiert.

6. Diskussion Ein Weg zu mehr Regionalität im Biosektor besteht in Kooperationen,wie Vermarktungsgemeinschaft, Genossenschaft oder Zusammenschlüsse, wie in der Clusterananlyse hervor geht. Sei es StadtUmland-Kooperationen, Kooperationen bäuerlicher Vermarktungsgemeinschaften mit Verarbeitern und regionalen Supermarktketten oder die über den lebensmittelerzeugenden Sektor hinaus vernetzte Bio-Region (Bartel-Kratochvil und Schermer, 2008). Durch eine neue Definition des biologisch wirtschaftenden Sektors, z.B. durch die Festlegung von Regionalität in den Bio Verordnungen, könnten all die positiven Effekte, wie die Produktion von qualitativ hochwertigen Produkten, niedriger Transportaufwand, Wertschöpfung und Arbeitsaufwand in der Region, Erhalt der Kulturlandschaft, Stärkung regionaler Identität, Kultur und Tradition, Innovationsgeist, umfangreiches Wissen über Produktionsprozesse, sowie auch Wissensweitergabe gefördert werden. Dazu muss bio immer in Verbindung mit der Region gesehen werden. Eine reine Beschränkung von biologisch auf die Bewirtschaftungsweise öffnet der Konventionalisierung Tür und Tore. Ein überschaubarer Kreislauf, der in der Region verankert ist, sollte für alle horizontalen und auch vertikalen Ebenen des Biosektors gefordert werden.

7. Schlussfolgerungen Der Großteil der ausgewählten Projekte aus dem Agrarprojektpreis mit der Kombination bio und regional wird dem Bereich der Kooperationen zugeordnet. Kooperationen geben ein Netzwerk, welches Halt gibt, und über wirtschaftlich schwierige Zeiten Sicherheit geben können. Daraus könnte gelesen werden, dass umso vielseitiger ein Netzwerk ist, umso sicherer wird es für die einzelnen Akteure. Umso mehr Akteure aus verschiedensten Bereichen zusammenarbeiten, umso stabiler kann ein regionales System agieren. Die Vorteile von regional sind oft stark mit Emotionen behaftet. Der Konsument kennt die Region, in der das Produkt entsteht und vielleicht sogar noch die Person, welche das Produkt erzeugt. Wichtig ist daher, dass das Netzwerk transparent und für Akteure im System als auch Konsumenten durchschaubar ist. Die Klarheit über die Herkunft und Entstehung eines Produktes gibt Sicherheit. Durch Kooperationen kann auch das Defizit der Vermarktungsmöglichkeiten im Gegensatz zu großen Supermarktketten besser überbrückt werden.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

8. Zusammenfassung Positive Aspekte von der Kombination biologisch und regional sind vor allem die Erhaltung der Wertschöpfung in der Region und der Naturschutz, sowie die Identifikation der Menschen mit dem ländlichen Bereich. Negative Aspekte sind die Einschränkungen der Genussmittel, wie Kaffee und Tee. In diesen Bereichen muss eine vertretbare Lösung gefunden werden. Die Verbindung von biologisch und regional kann für eine Region bedeuten, dass sie touristisch attraktiver wird und so eine zusätzliche Einkommensquelle geschaffen wird. Durch die Zusammenarbeit bei Projekten und die Schaffung eines regionalen Images werden sich die Menschen mehr mit der Region identifizieren und Dienste, wie Landschaftsgestaltung, Schnee räumen, Feuerwehr, uvm., welche entgeltlich nicht zu bezahlen wären, für die Gemeinde oder Region endgeltlich leisten. Die Gemeinsamkeiten der ausgewerteten Projekte liegen in den Kooperationen. Und sei es, dass der Bauer die Produkte selbst vermarktet und somit eine kleine Kooperation mit dem Konsumenten eingehen. Innovationen, die besonders hervorstechen sind jene, deren Kooperationen über verschiedene Bereiche hinausgehen, wie z.B. die Kombination von Produktion und Verkauf oder Produktion und Tourismus. Diese Kombinationen können sehr wohl nur von einer Person, also dem Bauern, abgedeckt werden. Jedoch ein Qualitätsmerkmal war die Zusammenarbeit mehrerer Akteure aus verschiedenen Bereichen, die auch verschiedene Verantwortungen übernehmen. Die ausgewählten

Projekte/Innovationen

wirken auf

die jeweilige Region. Oft wird über

Nachahmerprojekte in der Region berichtet. Der Konsumentenkreis von Bioprodukten vergrößert sich. 9. Literaturverzeichnis AgrarBündnis (Hg.) (2005): Landwirtschaft 2005. Der kritische Agrarbericht, Hamm.

Bartel-Kratochvil, R. & Schermer M. (2008.): Regionale Vermarktung in Österreich. Ökologie & Landbau, 2008/3, 30.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Lebensministerium) (2007): Bewusst kaufen - besser leben! Nachhaltige Wochen 2007. Informationsbroschüre des Lebensministeriums.

Frieder, T.; Groß, D. (2005): Von der Bewegung zur Branche. Der Ökolandbau und seine sozialen und regionalen Ziele - Eine Diskussion über Anspruch, Realität und Perspektiven. In: AgrarBündnis (Hg.) (2005): Landwirtschaft 2005. Der kritische Agrarbericht, Hamm. S. 61-70

Geier, B. (2003): Lokal, regional, global – ganz egal?. Ökologischer Landbau. 121

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Schade, W. & Reuter, K. (2001): Regional – immer öfter erste Wahl? Argumente für die Verknüpfung von „Regionalität“ und „Bio“ aus Marketingsicht. Bioland(6). 21. 2.

Internetquellen: Agrar.Projekt.Preis, Allgemeine Informationen, http://www.agrarprojektpreis.at/allgemeine_infos.2.htm (17.1.2009).

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

D.2 Ein Getreidetrockner als Beispiel einzelner Innovationen von Biobauern – von Martin ZIEGLER

Abstract: Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ habe ich zum Thema „Einzelne Innovationen von Biobauern“ eine Arbeit verfasst, in der ich einen Getreidetrockner vorstelle, dessen System bisher nur bei der Heutrocknung angewendet wurde. Ich ging dabei den Fragen nach, worin sich dieser neuartige Trockner zu den gängigen Modellen unterscheidet, worin seine Vor- und Nachteile liegen und welche Bedeutung diese Innovation für die Biobauern der Region darstellt. In einem ausführlichen Interview mit dem Landwirt Wolfgang Mader, auf dessen Hof sich der besagte Getreidetrockner befindet, sowie einem Lokalaugenschein wurde mir der gesamte Prozess, von der Ideenfindung, über die Planung bis hin zur ersten erfolgreichen Inbetriebnahme vor Augen geführt. Durch die Aussagen von Herrn Mader, sowie Recherchen in der Fachliteratur, konnte ich danach Vergleiche zu anderen Trocknungssystemen ziehen und die Bedeutung dieser Innovation für die Region herausarbeiten. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass das neue Trocknungssystem, das rein mit Netzstrom betrieben wird, im Vergleich zu Modellen die mit Öl oder Gas befeuert werden, zwar weniger Leistung, dafür jedoch deutlich niedrigere Investitions- und Betriebskosten vorzuweisen hat. Für die Biobauern der Region bietet dieser Trockner, neben anderen Vorteilen, nun endlich eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, zu feucht geerntetes Getreide trocknen zu lassen.

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Ziele und Forschungsfragen 3. Methoden 4. Der Getreidetrockner

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4.1. Motivation und Idee ...................................................................................................................... 111 4.2. Planung, Vorgehensweise, Errichtung und Inbetriebnahme........................................................ 112 4.3. Ergebnisse und Vergleich ............................................................................................................ 113 4.4. Bedeutung für die Erzeugergemeinschaft und die Bio-Bauern der Region ................................. 115 4.5. Kommunikation und Weitergabe von gesammeltem Wissen....................................................... 116 5. Fazit ................................................................................................................................................. 117

6. Zusammenfassung Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis: Tabellenverzeichnis:

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1. Einleitung In meiner Arbeit möchte ich ein Beispiel einer landwirtschaftlichen Innovation vorstellen, die großes Potential zur industriellen Vervielfältigung besitzt. Es handelt sich hierbei um einen neuartigen Getreidetrockner, dessen Prinzip bisher nur bei der Heutrocknung Anwendung fand, nun aber durch den Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader aus Hofkirchen im Traunkreis, in Oberösterreich, auch erfolgreich bei der Trocknung von Getreide und Mais verwendet wird. Weiters vergleiche ich dieses Modell, mit den am weitest verbreiteten Anlagen in Punkto Energie, Energieverbrauch, anfallende Kosten und deren Auswirkungen auf den Trocknungspreis für die BioLandwirte. Während der ganzen Arbeit versuche ich auch immer wieder die große Bedeutung dieser Innovation für die Erzeugergemeinschaft, der Herr Mader angehört und die gesamten Bio-Bauern der Region darzulegen. Zum Abschluss werden die Vor- und Nachteile dieses Modells, sowie die verschiedenen Möglichkeiten der Weitergabe des gesammelten Wissens an andere Bauern mit ähnlichen Ideen zusammengefasst.

2. Ziele und Forschungsfragen Nach dem ich das neue System des Trockners kurz vorstellen werde ist es das Ziel meiner Arbeit, die wirtschaftlichen und ökologischen Vor- und Nachteile dieses Modells im Vergleich mit anderen Trocknern aufzuzeigen. Weiters gehe ich der Frage nach, in wie fern diese Innovation eine große Bedeutung für die Biobauern der Region darstellt. Abschließend werde ich dann noch darauf eingehen, ob und in welchem Ausmaß das gesammelte Wissen von denen an der Errichtung beteiligten Personen an Interessenten weitergegeben wird.

3. Methoden Nach einem kurzen Telefonat mit dem Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader, in dem ich ihm beschrieb, dass ich im Zuge der Lehrveranstaltung „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ eine Seminararbeit zum Thema „Einzelne Innovationen von Biobauern“ zu verfassen und dafür seinen neu errichteten Getreidetrockner ausgewählt habe, sagte er mir sofort seine Unterstützung zu. Mit einem vorher von mir entworfenen Interviewleitfaden besuchte ich den Landwirt auf seinem Betrieb in Hofkirchen, im Bezirk Linz-Land, in Oberösterreich, der mir durch mehrere Monate meiner hier absolvierten Praxis schon bestens bekannt war. In einem längeren Gespräch arbeiteten Herr Mader und ich die von mir erstellten Fragen nacheinander ab, wobei ich mir schriftliche Notizen zu seinen Aussagen machte. Zu dem geführten Interview suchte und fand ich in der Bibliothek der Universität für Bodenkultur noch einige, zu diesem Thema passende Fachbücher und Artikel aus Fachzeitschriften. Die gesammelten Daten und Informationen verarbeitete ich schließlich anhand des Leitfadens, den ich im Zuge der Lehrveranstaltung erhalten hatte, zu meiner fertigen Arbeit. 4. Der Getreidetrockner In der ökologischen Landwirtschaft gibt es zahlreiche Richtlinien die berücksichtigt und eingehalten werden müssen, damit eine hohe Qualität gewährleistet und der Begriff „BIO“ überhaupt verwendet werden darf. Biologische Getreidetrocknung darf keinesfalls durch direkte Befeuerung, bei der die gesamten Verbrennungsgase direkt mit dem Getreide in Berührung kommen, passieren. Die Trocknung von Bio Getreide darf nur indirekt über Wärmetauscher, durch die erwärmte Luft erfolgen. 4.1. Motivation und Idee

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Die Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis, im Bezirk Linz-Land, im Oberösterreichischen Zentralraum, zählt zu einem Gebiet, das, verglichen mit bedeutenden Getreideanbaugebieten in Österreich wie etwa dem niederösterreichischen Marchfeld, feuchte Sommer aufzuweisen hat. Aus diesem Grund und wegen der Tatsache, dass es im Umkreis von 25km keine Möglichkeit gab, biologisch erzeugtes Getreide zu trocknen, entschloss sich der 39 jährige Landwirtschaftsmeister Wolfgang Mader dazu an seinem Hof eine Trocknungsanlage zu errichten. Tabelle 1: Niederschlagsmengen, Oberösterreichischer Zentralraum, Quelle: www.zamg.ac.at Monat Niederschlagssumme Größte Zahl der Tage mit Zahl der Tage mit 2 (l/m ) Niederschlagssumme Niederschlagssumme ≥ Niederschlagssumme ≥ 2 in 24h (l/m ) 1mm 10mm Juni 108,2 51 13,6 3,7 Juli 126,3 59 13,4 4,5 August 96.8 53 11,0 3,1

Tabelle 2: Niederschlagsmengen, Marchfeld, Quelle: www.zamg.ac.at Monat Niederschlagssumme Größte Zahl der Tage mit 2 (l/m ) Niederschlagssumme Niederschlagssumme ≥ 2 in 24h (l/m ) 1mm Juni 67,4 53 9,3 Juli 59,5 53 8,3 August 50,2 37 7,5

Zahl der Tage mit Niederschlagssumme ≥ 10mm 2,0 1,8 1,8

Die große Nachfrage nach Speisegetreide und die Tatsache, dass die dafür notwendige Kornqualität in diesem Gebiet nur über frühere Erntezeitpunkte und somit über feuchteres Erntegut führen kann, sowie die Gegebenheit, dass sich an seinem Hof bereits das Getreidelager der Erzeugergemeinschaft bei der er Mitglied ist, befand und sich somit der Standort für einen Getreidetrockner praktisch angeboten hat, waren weitere Gründe für Herrn Maders Entscheidung, eine derartige Anlage zu installieren. Zuerst beschäftigte sich der Landwirt nur mit den gängigsten Modellen, die mit Heizöl, Gas oder Hackschnitzel betrieben werden. Durch reinen Zufall stieß er jedoch dann auf eine Methode, die bisher nur beim Trocknen von Heu Anwendung fand, jedoch noch nie bei Getreide getestet wurde. Gespräche mit „Thermo-Dynamik-International“ (www.heutrocknung.com), einer slowenischen Firma, die sich auf Heutrocknung spezialisiert hat, führten dann schließlich zur Entscheidung, den geplanten Trockner nach diesem Prinzip zu errichten. 4.2. Planung, Vorgehensweise, Errichtung und Inbetriebnahme Nach der Besichtigung von mehreren Heutrocknungsanlagen und ständigem Ideenaustausch mit der Firma „Thermo-Dynamik-International“ begann schließlich die Planung für den Getreidetrockner. Mit dem Risiko, das System vorher nie an Getreide getestet zu haben, dafür jedoch mit einer Funktionsgarantie der Firma „Thermo-Dynamik“, erstellte eben diese Firma einen Bauplan, bei dem aber auch Herr Mader selbst seine Ideen und Wünsche einbringen konnte. Das ausgewählte Modell wird rein mit Strom betrieben und bläst die durch Kompressoren erwärmte Luft durch den Getreidebunker, wo sie das Wasser der Körner aufnimmt und an deren Oberfläche sie von Kondensatoren wieder entfeuchtet wird. Die bei der Kondensation frei werdende Energie wird ebenfalls wieder in den Betrieb der Anlage rückgeführt. Nach Beendigung der Planung begann Herr Mader mit seinen 3 schon vorher am Hof beschäftigten Arbeitskräften, die Anlage selber zu installieren.

Abb1.: Kompressoren und Gebläse des Getreidetrockners

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Besonders Kosten sparend ist es, wenn bereits vorhandene Gebäude genutzt werden können und dadurch größere Baumaßnahmen erspart bleiben. Beim Bau der Anlage ist zu beachten, dass das Getreide arbeitswirtschaftlich sinnvoll ein- und ausgebracht werden kann. Gut geeignet sind befahrbare Gebäude, die ausreichende Deckenhöhe für Kipper bieten (vgl. SARG und ECKL, 2008, 20). Genau nach diesem Prinzip wurde für den Trockner eine, vom bestehenden Getreidelager vorhandene Silozelle für diese Zwecke adaptiert. Neben Materialien wie Holz und teilweise Metall, die der Landwirt selbst beisteuern konnte, wurden wesentliche Bauteile wie Kondensatoren, Wärme-Tauscher, Kompressoren und Gebläse von der Firma „ThermoDynamik“ geliefert. Die vorhandenen Teile wurden von den Hof-Arbeitern danach selbständig zusammengesetzt und montiert.

Abb2.: Die Silozellen des Getreidelagers Nach 14 Tagen Aufbauarbeit konnte der Trockner dann schließlich das erste Mal erfolgreich in Betrieb genommen werden. Die Funktionsgarantie der Firma „Thermo-Dynamik-International“ hielt stand, einzig ein Problem mit der Schaltkastensteuerung, das mit dem Stromanschluss und dem Stromtarif zusammenhängt, aber für die Funktion des Trockners unwesentlich ist, tat sich auf.

Abb3.: Funktionsplan des Getreidetrockners mit dem „System Wetzler“

4.3. Ergebnisse und Vergleich Herr Mader meint in einem persönlichen Interview: „Ich bin von der Funktionalität und vor allem von der Energieeffizienz der Anlage mehr als nur begeistert“. Dieses Zitat drückt wohl sehr gut aus, wie es um die Funktionalität des Trockners nach dem ersten Betriebsjahr bestellt ist. Entgegen der Meinung vieler Experten, das System bringe zu wenig Leistung und würde nur bei Heu-, nicht aber bei Getreidetrocknung funktionieren, wurde Herr Mader für seinen Mut zum Risiko belohnt

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und betreibt nun eine Trocknungsanlage, die die Energie mit der sie betrieben wird, nämlich reiner Netzstrom, effizient nutzt und deren Betriebskosten nicht nur deshalb um ein Vielfaches geringer sind, als jene von Anlagen, die mit Heizöl oder Gas, befeuert werden. Für die Bio-Bauern in der betreffenden Region ist die Existenz des Getreidetrockners mehr als nur ein Glücksfall. In der Zeit davor mussten die Landwirte im Falle von zu feuchtem Getreide oft auf „illegales“ Trocknen in den Lagerhäusern der jeweiligen Ortschaften zurückgreifen, was absolut nicht in ihrem Sinne, aber oft der einzige Ausweg war. Eine andere Möglichkeit war, einfach optimale Witterungsverhältnisse abzuwarten um die Ernte einfahren zu können, doch auch hier taten sich nicht selten Probleme auf. Oft war das Getreide schon die längste Zeit über reif, doch das Wetter ließ keine Ernte zu und so nahm die Kornqualität kontinuierlich ab. Dazu kam überdies die steigende Gefahr von Pilzbefall und Auswuchs. Natürlich kam es auch vor, dass Bauern ihr Getreide, trotz eines Feuchtigkeitsgehaltes von über 14% aus Mangel an Alternativen im Getreidelager der Erzeugergemeinschaft einlagerten. Diese Fälle befanden sich stets an der Grenze des Machbaren, denn hohe Feuchtigkeit bedeutet für das Lagern in der Silozelle natürlich steigende Temperatur, was wiederum die Gefahr von Bakterien- und Pilzbefall enorm vergrößert. Ständige Beobachtung, dauerhaftes Belüften und Umziehen in andere Silozellen waren in solchen Situationen notwendig um die Getreidequalität bis zum Verkauf so gut wie möglich halten zu können. „Belüften in der Getreideschüttung, aber auch im bewegten Getreidestrom sowie >>thermisches Trocknen 60 Minuten

Abbildung 14: Maximale Fahrzeit zum Boku-Garten

6. Diskussion

6.1. Die Motivationen

(Christiane)

Die Motivationen von Studierenden, einen Campus-Garten zu gründen, oder an einem solchen mitzuarbeiten sind so verschieden, wie die Universitäten, an denen solche Projekte realisiert werden. Die Diversität der einzelnen Universitätsstrukturen und Projekte ist ein wichtiger Aspekt für unsere Erhebung, da uns bewusst sein muss, dass wir sozusagen nicht „Äpfel mit Birnen“ vergleichen können. Wir finden an den einzelnen Universitäten von der Boku bis Yale sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen vor. Im angloamerikanischen Raum ist die so genannte Campus-Struktur vorherrschend. An der Boku zum Beispiel sind die einzelnen Gebäude sehr verstreut angeordnet (Türkenschanze, Muthgasse, Tulln), außerdem haben die meisten Studierenden nicht ihren Lebensmittelpunkt im unmittelbaren Umkreis der Boku. Es ergibt sich also eine ganz andere Gemeinschaftsstruktur als beispielsweise an einem kanadischen oder amerikanischen Campus. Dort leben die meisten Studierenden im unmittelbaren Umkreis der Universität oder auf dem Campus (siehe Literaturübersicht). Vergleicht man beispielsweise die University of British Columbia mit der Boku wird einem schnell klar, was damit gemeint ist. Die University of British Columbia hat es sich außerdem zum Ziel gesetzt, eine Universitätsstadt zu gründen um somit ein optimales Forschungs(um)feld für ProfessorInnen und Studierende zu schaffen, wie Rojas (2007) berichtet. Außerdem sind der Universität ein nachhaltiges und vor allem gesundes und ökologisches Nahrungsmittelangebot wichtig. Die Studierenden sollen sensibilisiert werden, biologisch produzierte Lebensmittel zu bevorzugen und auf Recycling zu achten. Nachhaltigkeit ist für die University of British Columbia das Thema schlechthin und zieht sich wie ein Roter Faden durch die Organisation der Universität und des Campus. Nachhaltigkeit und eine nachhaltige Lebensweise sind mögliche Motivationen einen Campus-Garten zu gründen oder an einer solchen Initiative mitzuwirken (UNIVERSITY OF BRITISH COLUMBIA, 2009, s.p.). Weitere Motivationen, sind die Förderung von gesunder Ernährung als Reaktion auf das erhöhte Aufkommen von gesundheitlichen Problemen in einer jungen Generation, wie OZER (2006) das beschreibt. In Amerika sind das hauptsächlich Diabetes II und Adipositas. Ich würde die Relevanz von gesunder Ernährung auch für die Boku hoch einstufen, da wir auch in Europa immer häufiger mit der Stoffwechselerkrankung Adipositas konfrontiert werden. Auch wenn die Ernährung nicht der einzige ausschlaggebende Faktor für die Erkrankung ist, kann die Ernährungsweise einen doch sehr

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erheblichen Beitrag leisten. (MINI MED STUDIUM, 2009, s.p.). Außerdem sollen die Studierenden lernen, wo ihre Nahrungsmittel herkommen, und wie sie zubereitet werden. Sie sollen sich dadurch vermehrt für frisch zubereitete Speisen gegenüber von Fertiggerichten entscheiden (OZER, 2006, 846f). Die Nahrungsmittelzubereitung könnte auch für die Boku ein relevantes Thema sein. Wenn man sich die Nahversorgungslandschaft der Boku ansieht, finden sich noch die ein oder andere Verbesserungsmöglichkeit. Zum Beispiel könnte man in der Mensa Vollwertkost und ein Salatbuffet anbieten, oder auch im Innenhofstand vermehrt auf Vollkornprodukte setzen anstatt deftiger Hausmannskost. Es gibt zwar den Tüwi-Verein, der einen Hofladen auf der Boku betreibt, wo regionale, biologische sowie Fair Trade Produkte angeboten werden, allerdings ist die Zukunft des Projektes ungewiss (TÜWI, 2009, s.p.). Aber nicht nur in den Boku-Küchen soll die Verarbeitung von Lebensmitteln eine Rolle spielen, auch in einigen Studierenden-Küchen kann fleißig gekocht werden. Einige Campus-Gärten ermöglichen es ihren UnterstützerInnen Obst und Gemüse zum Eigenverbrauch mit nach Hause zu nehmen, wie zum Beispiel das seit Wintersemester 2008 an der Boku laufende Projekt in Jedlersdorf. StudentInnen bewirtschaften eine Parzelle und können anschließend fleißig ernten (siehe Literaturübersicht). Ich sehe hier eine große Motivation für die StudentInnen der Boku, dass geerntete Obst- und Gemüse nach getaner Arbeit mit nach Hause zu nehmen und zu verarbeiten. Dies konnte auch durch unsere Befragung belegt werden. Fast ¾ der Befragten (72,65 %) würden das geerntete Obst- und Gemüse zum Eigenverbrauch verwenden. Auch der Mix aus Eigenverbrauch und Vertrieb im Tüwi fand zahlreiche Anhänger (knapp 70 %). MCKINNE ist der Ansicht, dass ehrenamtliche Tätigkeiten ein wichtiger Aspekt jeder Gemeinschaft sind (MCKINNE ET AL., 2007, 148). Das bestätigt auch unsere Befragung, denn ein Großteil der Studierenden würde am Campus-Garten mitarbeiten, auch wenn es keine ECTS-Punkte dafür geben würde. Es muss also andere Motivationen, wie persönliches Wachstum, ein persönliches Anliegen, besonderes Interesse für biologische Landwirtschaft oder das Engagement in einem Verein oder einer Gruppe geben. Einen wichtigen Aspekt an der Boku sehe ich auch daran, das gelernte theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen. Dieses Bedürfnis wurde durch unsere Befragung zwar nicht erhoben, zeigt sich aber in Gesprächen mit StudienkollegInnen und aus der eigenen Erfahrung. Auch ROJAS sieht es als wichtigen Punkt, sein Können an einem richtigen Projekt anzuwenden (ROJAS ET AL., 2007, 89). Dass es an der Boku StudentInnen gibt, die generell daran interessiert wären an einem CampusGarten mitzuarbeiten haben wir durch unsere Erhebungen belegt. Knapp die Hälfte der 117 befragten StudentInnen (47,86 %, das entspricht 56 befragten Personen) würden sich dafür interessieren selbst Hand an einem Garten anzulegen. Zusätzlich könnte man schon die Erstsemestrigen für das Projekt Campus-Garten bzw. nachhaltige Entwicklung begeistern und motivieren. In Yale beispielsweise findet für die Erstsemestrigen ein fünftägiges Tutorium auf einem Bauernhof statt, bei dem die Studierenden gemeinsam arbeiten. Natürlich steht auch hier der Gemeinschafts- und Kennenlernaspekt im Vordergrund (vgl. YALE SUSTAINABLE FOOD PROJECT, 2008, s.p.). Es ist denkbar, dass Aktivitäten wie dieses Tutorium eine gute Motivation sind, sich anschließend im Campus-Garten oder für andere nachhaltige Projekte im regionalen Umkreis zu engagieren. Die Umsetzung eines solchen Tutoriums an der Boku wäre möglich, da es ja bereits ein Tutorium gibt, und Strukturen, auf denen man aufbauen kann. Weiters gibt es in Yale die Möglichkeit eines Praktikums im Campus-Garten für 6 Undergraduates im Sommer, mit theoretischem Input und praktischer Anwendung (YALE SUSTAINABLE FOOD PROJECT, 2008, s.p.). Es ist sehr gut vorstellbar, dass es auch auf der Boku Studierende gibt, die so ein Praktikum in Anspruch nehmen würden.

6.2. Personelle Organisation

(Manuel)

Die drei Punkte zur Erklärung für menschliches Verhalten in Organisationen, nämlich das Können, Wollen und Dürfen (vgl. BADELT et al., 2007, 172f) sind sowohl als Möglichkeiten als auch als Einschränkungen für eine Organisation zu sehen. Je nach den gegebenen Möglichkeiten und Vorstellungen der Organisation verschieben sich diese drei Punkte bzw. beeinflussen sich gegenseitig.

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Als Managementkonzept eines Uni Gartens ist auf Grund der Komplexität und der Dynamik eher ein selbstorganisiertes Modell zu wählen, das mehr Raum für Flexibilität und Entscheidungen bietet (vgl. BADELT et al., 2007, 172f). Dabei beschäftigen sich eine Person bzw. mehrere Personen gleichzeitig als Kopf der Organisation mit allgemeiner Organisation des Netzwerkes, sowie Zeitplänen und Zuständigkeiten der einzelnen operativen Teams. Diese Teams haben thematische Schwerpunkte relative Autonomie hinsichtlich der Entscheidungen, und sind untereinander sowie mit der Organisationsspitze kommunikativ sehr gut vernetzt. Ehrenamtlichkeit stellt einen sehr wichtigen Punkt in einem solchen Campus Garten Projekt dar. Die Mitarbeiter werden größtenteils bzw. ausschließlich ehrenamtlich also unentgeltlich tätig sein müssen, da das nötige Kapital für hauptamtliches Personal fehlt. Außerdem soll das Projekt auf Grund der Ehrenamtlichkeit dessen höhere Bedeutung für das Individuum, die Organisation selbst sowie das soziale Umfeld unterstreichen. Wichtig ist auch die Möglichkeit jeder einzelnen Person sich durch Ideen, Entscheidungen usw. in die Organisation einzubringen und so “in ihr aufzugehen“ (vgl. MCKINNE et al., 2007, 148 ff). Eine einheitlich auftretende Organisation mit klaren Zielen und den dazugehörigen Strategien ist ein wichtiger Faktor der Mitarbeiterwerbung sowie des Weiterbestehens der Organisation. Weiters ist die Kommunikation und die ständige Information der momentanen Vorhaben und Zustände z.B. in Form einer Homepage zu präsentieren (vgl. BADELT et al., 2007, 516f). Die Motivation der einzelnen Mitglieder ist unter Berücksichtigung der drei weiter oben genannten Komponenten leichter zu verstehen (vgl. BADELT et al., 2007, 514f). Die unterschiedlichen Motive für die Mitarbeit verlangen unterschiedliche Voraussetzungen, unterschiedliche Maßnahmen und im Besonderen individuelles Verhalten. Diese Komponenten bzw. Motive der einzelnen Personen gilt es zu erkennen, um in der Folge durch bestimmte Maßnahmen und bestimmtes Verhalten die Organisation nachhaltig zu gestalten.

6.3. Organisatorische Grundlagen

(Hannes)

Für die Boku und einen Campus-Garten von Studierenden wäre ein StudentInnenverein, gestützt von der Universität, als Basis sicherlich auch eine denkbare Variante. Es ist sicherlich sinnvoll auf bereits bestehende Strukturen wie die ÖH oder den TÜWI-Verein zurückzugreifen, da diese die Schnittstelle bereits nutzen. Da die StudentInnen nur temporär an einem Campus-Garten mitarbeiten, wäre ein projektorientierter Zugang organisatorisch am einfachsten zu handhaben. Aufgaben würden in Projekte oder Arbeitspakete unterteilt, definiert und Kompetenzen vergeben. Die Arbeitspakete werden anschließend in einen strukturierten Plan in Bezug auf Ressourcen, Arbeitskräfte und Zeitpunkt der Erledigung eingetragen. Um den Beteiligten einen gewissen Freiraum und Mitgestaltung zuzusprechen, wäre eine Online Plattform zur Koordinierung und Kommunikation eine Möglichkeit. Es ist allerdings zu prüfen, ob alle Arbeitspakete angenommen und abgearbeitet werden. Diesem Problem könnte man mit einer Gewichtung der Wichtigkeit entgegen wirken (vgl. W YTRZENS, 2008). Ein projektorientierter Zugang würde außerdem für die Beteiligten einen praxisbezogenen Einblick ins Projektmanagement bieten, da es für StudentInnen der Boku einen theoretischen Pflichtgegenstand darstellt. Ausnahmen bilden die Studienrichtungen Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur und Holz- und Naturfasertechnologie (vgl. UNIVERSITÄT FÜR BODENKULTUR W IEN, 2009). Für einige Tätigkeit ist allerdings die Organisation mit Hilfe des Projektmanagement nicht zu empfehlen. Kontinuierliche Arbeiten und Verwaltungstätigkeiten sind durch erfahrene Mitarbeiter einfacher zu erledigen (vgl. W YTRZENS, 2008).

Finanzierung: Um sich einen groben Überblick zu verschaffen, welche Mittel aufgetrieben werden müssten um einen BOKU Garten zu organisieren, werden folgende Kostenstellen aufgeschlüsselt und beschrieben: 1. Grundstück:

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Stellt sicherlich die größte organisatorische Herausforderung dar. Es ist sehr unrealistisch sich ein Grundstück in der Stadt zu kaufen. Daher müssen Alternativen überlegt und durchgedacht werden. Folgende Kooperationen wären denkbar: - mit Immobilienfirmen, die ein Grundstück vorübergehend nicht nutzen - mit der Stadt Wien - Boku eigene Flächen - allgemein verwaiste Grundstücke - mit dem Boku nahen Pensionistenheim - Kleingartenvereine Viele dieser Alternativen bieten unterschiedliche zusätzliche Anreize. Eine Kooperation mit dem Pensionistenheim wäre zum Beispiel nicht nur ökonomisch sondern sozial sicherlich interessant. Man könnte die Senioren, wenn sie wollen, mit in das Projekt einbeziehen und so Synergien schaffen. Die einfachste Variante wäre mit Boku eigenen Flächen, die im Boku Umkreis aber sehr rar sind. Zu überlegen wäre vielleicht eine Nutzung des Flachdaches auf dem Muthgasse 2 Gebäude mit Topfkulturen. Dies muss vorher statischen Überlegungen standhalten.

2. Arbeitsgeräte Hier ist eine Schätzung sehr abhängig von der Größe des Gartens und der StudentInnenbeteiligung und würde nur Vermutungen zulassen. Außerdem summieren sich diese Kosten im Laufe des Projekts. 3. Saatgut und Pflanzgut Hier wäre eine Finanzierung über SponsorInnen eine denkbare Möglichkeit. Für SaatgutherstellerInnen, wie beispielsweise „Arche Noah“, ist es sicherlich interessant, wenn sie unter Boku StudentInnen einen guten Ruf genießen oder einfach bekannt sind. Die StudentInnen könnten einen Teil der Saatgutvermehrung übernehmen und sich so das Saatgut für einen Garten zu finanzieren. 4. Sonstige Materialien Umfasst alle Materialien die im laufenden Betrieb noch anfallen. Dies ist eine nicht zu unerschätzende Kostenstelle, die sich meist im Laufe des Betriebes aufsummiert. Durch gutes Planen lässt sich dieser Aufwand ungefähr einschätzen. 5. Personalkosten Sind von der Organisationsform und der Entgeltung der MitarbeiterInnen abhängig. Sie stellen in den meisten Unternehmen die größte Kostenstelle dar. Die Beschäftigung entlohnter Arbeitskräfte sollte gut überlegt und sinnvoll eingesetzt werden, da hier sehr große laufende Kosten auf das Unternehmen zukommen. Diese lassen sich aber sehr gut planen und koordinieren. Wie oben schon erwähnt wären bezahlte Personalstellen in den Bereichen Organisation und Finanzierung sinnvoll, da diese Tätigkeiten Aufgaben und Verantwortung umfasst, die auf Basis von unbezahlter Arbeit nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Meiner Meinung nach sind alle Kostenstellen mit guten kreativen Lösungen zu bewerkstelligen. Eine Möglichkeit um bei den Arbeitsmitteln und sonstigen Materialien zu sparen, wäre das Ersteigern dieser über ein Online-Auktionshaus. Natürlich bringt dies nicht nur Kostenvorteile sondern auch zeitlichen Aufwand mit sich, den man nicht unterschätzen darf. Die Finanzierung durch SponsorInnen sollte gut überlegt werden, da diese auch eigene Interessen verfolgen und diese nicht unbedingt mit der einer NPO übereinstimmen. Die Interessen sollten aufeinander abgestimmt und schriftlich festgehalten werden. Eine weitere Möglichkeit Finanzmittel bereitzustellen, ist ein Mitgliedsbeitrag, der von den beteiligten StudentInnen einbezahlt wird. Dieser sollte allerdings nicht dazu führen, dass sich StudentInnen wegen diesem Betrag nicht beteiligen. Die Höhe des Beitrages, den StudentInnen bereit wären zu zahlen wurde bei unserer Befragung leider nicht erhoben und sollten noch geprüft werden.

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Eine fundierte finanzielle Planung ist für die Realisierung eines StudentInnengartens unbedingt notwendig.

7. Schlussfolgerungen Bei der Auswertung der Fragebögen stellten wir fest, dass die Fragen oft etwas unglücklich formuliert waren. Es wäre sehr interessant gewesen mehr über die tatsächlichen Motivationen der StudentInnen der Boku herauszufinden. Wir hätten die eine oder andere Frage weglassen können, wie zum Beispiel, Frage 1b: Im wievielten Semester bist du? Frage 3: Wie sehr interessiert dich das Thema? Bei Frage 11 ist zum Beispiel nicht klar, von wo weg die StudentInnen die Fahrzeit in kauf nehmen würden. Von sich zu Hause, der Boku. Wir können darüber leider keine Aussagen treffen. Im Laufe unserer Arbeit stellten wir fest, dass die soziale Komponente in bestehenden Campusgärten einen sehr großen Stellenwert einnimmt. Die klassische Vorstellung von „Garteln“ im Sinne von „ein paar Karotten“ zu pflanzen, ist zu eng gefasst. Netzwerke, Austausch und Kommunikation kristallisierten sich als Hauptmotive einen Studentengarten zu organisieren, heraus. Dies versuchten wir in unserer Arbeit mit einzubeziehen und zu ergänzen. Die weiteren Schritte für eine praktische Umsetzung eines Campus Gartens an der Boku stellen natürlich in erster Linie die Beschaffung der benötigten Flächen in möglichst direkter Umgebung des Universitätsgeländes sowie die Unterstützung des Projektes durch die Universitätsleitung dar. Dabei ist es unserer Meinung nach sehr wichtig, auf den möglichen positiven und sehr umfassenden Imageeffekt für die Universität hinzuweisen. Nebenbei ist es natürlich erforderlich für die benötigten ehrenamtlichen Teilnehmer zu sorgen. Die ersten Schritte dafür sind eine umfangreiche Information über das Vorhaben und dessen Ziele und die ständige überzeugende Präsenz der Initiatoren!

8. Zusammenfassung Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein Campus-Garten eine Bereicherung für jede Universität ist. Die Vorteile für das einzelne Individuum, wie persönliches Wachstum, Lernen fürs Leben, die Eingliederung in eine Gemeinschaft, etc. sind zahlreich. Außerdem ergeben sich gruppendynamische Prozesse, wie Kommunikation, Partizipation, und der Austausch von verschiedenen Sichtweisen zu einem Thema. Ein Campus-Garten kann einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Universitätsgemeinschaft liefern. Die Beispiele aus dem angloamerikanischen Raum können als ein gutes Vorbild für die Boku fungieren, dennoch darf nicht auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen vergessen werden. Die Finanzierung ist sicherlich ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Organisation. Ihr sollte großes Augenmerk geschenkt werden, um die Unternehmung nicht unnötig zu gefährden.

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9. Literaturverzeichnis BADELT, C.; MEYER, M. UND SIMSA R. (2007): Handbuch der Nonprofit Organsisation. 4. Auflage, Stuttgart: Schäffer-Poeschl Verlag. BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES (2009): http://help.gv.at/Content.Node/22/Seite.220100.html ( Stand 1. Jänner 2009) BURNS, T.; STALKER, G.M. (1961): The management of innovation. London. DRUKARCZYK, J. (1999): Finanzierung – Eine Einführung. 8. Auflage, Stuttgart: Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH MCKINNE, K.L.; HALFACRE, A.C. (2007): “Growing” a native species campus garden: sustaining volunteer-driven sustainability. Sustainability in Higher Education 9: 147-156 MEYERS ONLINE LEXIKON (2009): Campus. http://lexikon.meyers.de/wissen/Campus (Stand 26 Februar 2009) MINI MED STUDIUM (2009): Übergewicht – Droht uns eine Jahrhundert-Epidemie? http://www.minimed.at/modules/thema/detail.php?thema_id=380&language=it&language=de (Stand 27 Februar 2009) OZER, E.J. (2006): The effects of School Gardens on Students and Schools: Conzeptualization and Considerations for Maximizing Healthy Development. Health and Educational Behaviour 34: 846-863 ROJAS, A.; RICHER, L.; WAGNER, J. (2007): University of British Columbia Food System Project: Towards Sustainable and Secure Campus Food Systems. EcoHealth 4: 86-94 SPORNBERGER, A. (2008): persönliche Mitteilung STATISTIK AUSTRIA (2007): Statistisches Jahrbuch 2007. http://www.statistik.at (Stand: 17 Jänner 2009) TÜWI (2009): Tüwi´s Hofladen. http://tuewi.action.at/index.php?option=com_content&task=blogcategory&id=10&Itemid=29 (Stand 27 Februar 2009) UNIVERSITÄT FÜR BODENKULTUR W IEN (2009): https://blis.boku.ac.at (Stand 15. Jänner 2009) UNIVERSITY OF BRITISH COLUMBIA (2009): UBC sustainability (short). http://www.sustain.ubc.ca/ (Stand 22 Jänner 2009) W YTRZENS, H. K. (2008): Einführung in Projektmanagment-Skript zur LVA. Wien: Facultas. YALE SUSTAINABLE FOOD PROJECT (2008): Yale University: http://www.yale.edu/sustainablefood/index.html (Stand 7. Jänner 2009 )

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D.4 Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen – von Andrea FUCHS und Natalia PRAXL

Abstract

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Die Seminararbeit ist im Rahmen des Seminars Ökologische Landwirtschaft und Regionale Entwicklung verfasst worden. Das Ziel war die Vermarktungsvarianten von Freilandschweinefleisch in den Regionen Waldviertel und Steiermark aufzuzeigen und Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Vermarktung zu finden. Die Forschungsfragen lauteten: 1) Was hat die Betriebe dazu veranlasst Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt? 2) Wie schätzen die Landwirte und Experten die Position des Haltungssystems/der Produkte im unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein? 3) Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region? Welche Vor- und Nachteile haben diese; beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend? Es wurden in den beiden Regionen ein Experte und ein bis zwei Landwirte über ihre Freilandschweinehaltung und Vermarktungswege befragt. Die Befragungen wurden mit Hilfe eines Fragebogens in Form eines persönlichen oder telefonischen Interviews, oder als schriftliche Befragung per Email durchgeführt. Anschließend wurden die Daten deskriptiv ausgewertet und die Ergebnisse der beiden Regionen miteinander verglichen. Das Fazit dieser Arbeit ist, dass die indirekte, sowie die direkte Vermarktung von Freilandschweinefleisch ihre Vor- und Nachteile haben. Die Landwirte müssen die für sie am rentabelste und praktikabelste Variante auswählen.

Danksagung Besonders möchten wir uns bei Frau Susanne Kummer bedanken, die uns bei dieser Seminararbeit wertvolle Hilfestellungen gab. Weiteres bedanken wir uns bei Herrn Prof. Konrad und Herr Dipl. Ing. Heinz Köstenbauer für die umfangreichen Auskünfte über die Freilandschweinehaltung in den jeweiligen Regionen, sowie natürlich bei den Landwirten, die bereit waren unsere Fragen zu beantworten.

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Verfasst von Natalia Praxl

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Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung 2. Literaturübersicht

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2.1. Freilandhaltung von Schweinen ................................................................................................... 144 2.1.1. Definition................................................................................................................................ 144 2.1.2. Die Wildschweine .................................................................................................................. 144 2.1.3. Schweinerassen für die Robusthaltung................................................................................. 145 2.1.3.1. Mangalitza ...................................................................................................................... 145 2.1.3.2. Schwäbisch Hällisches (Sattlerschwein) ....................................................................... 145 2.1.3.3. Turopolje......................................................................................................................... 146 2.1.3.4. Duroc .............................................................................................................................. 146 2.1.3.5. Waldschwein .................................................................................................................. 146 2.2. Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte............................................................................... 147 2.2.1. Indirekter Absatz.................................................................................................................... 147 2.2.2. Direkter Absatz ...................................................................................................................... 147 2.2.2.1. Ab Hof Verkauf ............................................................................................................... 148 2.2.2.2. Hofladen ......................................................................................................................... 148 2.2.2.3. Bauernläden ................................................................................................................... 148 2.2.2.4. Bauernmarkt ................................................................................................................... 149 2.2.2.5. Erzeugergemeinschaft.................................................................................................... 149

3. Ziele, Forschungsfragen 4. Methoden

149 150

4.1. Auswahl der Personen und des Standorts ................................................................................... 150 4.1.1. Datenerhebung in der Steiermark (südöstliche Region) ....................................................... 150 4.1.2. Datenerhebung im Waldviertel .............................................................................................. 150 4.2. Datenerhebung............................................................................................................................. 151 4.3. Dateneingabe- und Analyse ......................................................................................................... 151

5. Ergebnisse

151

5.1. Freilandschweinehaltung und Vermarktung in der Steiermark ................................................... 151 5.2. Freilandschweinehaltung und Vermarktung im Waldviertel ........................................................ 153 5.3. Zusammenfassung der Ergebnisse.............................................................................................. 156

6. Diskussion 7. Schlussfolgerungen 8. Zusammenfassung 9. Literaturverzeichnis 10. Abbildungsverzeichnis

157 158 159 160 161

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1. Einleitung Die Freilandhaltung von Rindern ist inzwischen etwas Selbstverständliches geworden, während sie bei Schweinen noch etwas unüblich ist. Seit einiger Zeit gibt es in Österreich mehr und mehr Betriebe, die auf Freilandschweinehaltung setzen, obwohl sich die Zahl im minimalen Bereich abspielt. In unserer Arbeit interessierten wir uns besonders dafür, ob das Freilandschweinefleisch trotz des geringen Tierbestandes gewinnbringend vermarktet wird. Warum findet in manchen Regionen eine erfolgreiche Vermarktung von Freilandschweinen statt und in anderen nicht? Welche Vermarktungswege gibt es und was sind die Faktoren einer erfolgreichen Vermarktung? Kann das Freilandschweinefleisch gewinnbringend vermarktet werden? Was sind Faktoren für eine erfolgreiche Vermarktung? Diesen Fragen versuchten wir im Rahmen unserer Seminararbeit auf die Spur zu kommen. 2. Literaturübersicht 2.1. Freilandhaltung von Schweinen 22

2.1.1. Definition Die Freilandhaltung von Zuchtsauen ist ein Haltungssystem, welches in England 1952 entwickelt wurde.“ (HÖRNING, 1999, 147). Bei einer Freilandschweinehaltung werden die Tiere ganzjährig bzw. eingeschränkt ganzjährig im Freien auf einer bewachsenen, eingezäunten Fläche mit Schutzhütten gehalten. Es besteht auch die Möglichkeit die Schweine in die Fruchtfolge einzugliedern, indem abgeernteten Ackerflächen als Rotationskoppel dienen(HÖRNING, 1999, 95f). Diese Haltungsform kommt sowohl in der Mastschweine- und Zuchtsauenhaltung als auch in der Familienhaltung der Schweine zur Anwendung (HOHENEDER, 1994, s.p.).“So können die Baukosten stark reduziert werden. Vorteilhaft sind durchlässige Böden und nicht zu hohe Niederschläge. Die Tiere sind sehr robust, bei geeigneter Rassenwahl [Hervorh. nicht im Original] und können Grünfutter aufnehmen“ (HÖRNING, 1999, 147). Um Schweine artgerecht halten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie sie sich in freier Natur verhalten: 23

2.1.2. Die Wildschweine Eine intensive Stallhaltung entspricht nicht den natürlichen Bedürfnissen der Schweine. Schweine in freier Wildbahn zeigen viele Verhaltensweisen, die moderne Haltungsformen nicht mehr zulassen. Um diese Tiere artgerecht halten zu können, muss man daher diese Verhaltensweisen kennen (PEITZ und PEITZ, 1993, 51). Wildschweine sind in der Natur in Eurasien weit verbreitet. Da sie als Jagdwild ausgesetzt wurden oder Hausschweine verwilderten, findet man sie heute in fast allen Teilen der Erde. Wildschweine sind ausgesprochene Waldbewohner, die sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung (Insektenlarven, verendetes Wild) zu sich nehmen. Der lange kräftige Rüssel ist dabei ein wunderbares Wühlgerät (PEITZ und PEITZ, 1993, 52). Bei den heutigen Hauschweinen wird dieses Verhalten jedoch durch die Stallhaltung unterbunden. Wildschweinen leben in Familien, wobei die Bachen mit ihren Nachkömmlingen eine Gruppe bilden. Bei der Freilandhaltung wird es den Schweinen wieder ermöglicht eine soziale Gemeinschaft zu bilden. Die älteren Keiler sind dagegen Einzelgänger. Zwischen ihnen kann es zu heftigen Kämpfen kommen, die aber trotz Hauer (Eckzähne) meist unblutig enden. Deshalb ist es nicht möglich mehrere Eber in einer Gruppe zu halten. Die Paarungszeit liegt generell im Winter und zum Paarungsspiel gehört meist eine wilde Hetzjagd (PEITZ und PEITZ, 1993, 51f.). Die Tragzeit beträgt ca. 16 Wochen. Im Frühjahr wird ein Nest gebaut und 4-6 Junge geworfen (STEFFEN et al., 2008, 113). In der Freilandschweinhaltung können die Schweine ihr Nest aus den dort vorhandenen Materialien bauen und so ihrem natürlichen Trieb nachgehen. Wildschweine wirken relativ massiv und ungelenkig. Sie haben kräftige Beine und ihr Haarkleid (graubeige bis schwarz) besteht aus Borsten. Frischlinge haben ein langes, gelb-braun gestreiftes 21

Verfasst von Andrea Fuchs und Natalia Praxl

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Verfasst von Natalia Praxl

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Tarnkleid (STEFFEN et al., 2008,109). Das Haarkleid ist für das Leben im Freien von besonderer Bedeutung, da es die Schweine vor Sonnenbrand schützt. Wildscheine haben ein Gewicht bis 350kg. In den ersten 9 Monaten kommt es in der Natur zu einen 60%igen Verlust. Große Verluste entstehen durch die seuchenartig verlaufende Schweinepest, die deshalb auch für die Freilandschweinehaltung eine Gefahr darstellt (STEFFEN et al., 2008, 109). Abbildung 8: Bache mit Frischlingen Quelle: http://www.tierpark.ch/tiere/wildschwein.htm

In der Freilandhaltung können Schweine in Gruppen leben, wühlen, sich suhlen, ein Nest bauen etc. Somit entspricht es ihrer natürlichen Lebensweise und stellt ein artgerechtes Haltungssystem dar. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Wahl der Schweinerasse. Welche Rassen eignen sich für diese Art der Haltung? 24

2.1.3. Schweinerassen für die Robusthaltung Im folgenden Teil werden einige Robustrassen kurz vorgestellt, die in Österreich gehalten werden: 2.1.3.1. Mangalitza „Wollschwein“ ist ein Synonym für Mangalitza (STEFFEN et al., 2008, 118). Sie sind vor allem in den südosteuropäischen Ländern beheimatet, jedoch gibt es heute nur noch Restbestände von dieser einst weit verbreiteten Rasse (PEITZ und PEITZ, 1993, 30). Das einst führende Fettschwein wurde von Schweinerassen mit magerer Fleischqualität verdrängt und galt als gefährdete Haustierasse (STEFFEN et al., 2008, 118). Die Mangalitza Schweine haben einen ausgeprägten Familiensinn und auch die Fortpflanzung selbst verläuft problemlos. Sie sind genügsame, stressunempfindliche und wetterharte Tiere. Ihr Fleisch ist dunkel und leicht fettmarmoriert. Eine Besonderheit sind auch die gestreiften Ferkel (PEITZ und PEITZ, 1993, 30f). Bei den einzelnen Wollschweinen handelt es sich um eigenständige Rassen und nicht um Farbschläge. Die letzten drei erhaltenen Rassen sind: Blonde Mangalitza, Schwalbenbäuchige Managlitza und rote Mangalitza. Abbildung 2: Mangalitza Quelle: http://blog.zeit.de/schwein_und_co/?cat=4 2.1.3.2. Schwäbisch Hällisches (Sattlerschwein) Diese Schweinerasse wurde im 18Jh. von China nach England eingeführt und von dort aus über den Kontinent verbreitet (STEFFEN et al., 2008, 133). Es ist, mit seinem schwarzen Vorderteil, der ins weiße übergeht und wieder mit schwarz abschließt, ein ungewöhnlicher Anblick. Da es in den 70ern nicht mehr konkurrenzfähig war, war es Ende der 70er Jahr beinahe ausgestorben. Das Schwäbisch Hällische Schwein ist frühreif, hat eine außergewöhnliche Fruchtbarkeit und ein gutes Aufzuchtvermögen (PEITZ und PEITZ, 1993, 26). Abbildung 3: Schwäbisch Hällisches mit Ferkel Quelle: http://www.huettenhofers-landkost.de/?id=13&pid=1

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2.1.3.3. Turopolje Diese Schweinerasse ist nach einer Region benannt die in Kroatien, zwischen Zagreb und Sisak, liegt. Die Turopolje stammen von den ausgestorbenen Shiska- Schweinen ab, einem Abkömmling des mitteleuropäischen Wildscheins. Um der Nachfrage nach magerem Fleisch nachzukommen hat man sie immer wieder gekreuzt. Die Turoplje Schweine sind mittelgroß. Ihre Grundfarbe ist blond mit schwarzen Flecken. Sie haben einen halblangen Rüssel, lange breite Ohren, eine abgerundete Hinterhand, kurze, starke Hinterbeine und einen geringelten Schwanz. Die Turopolje Schweine sind erst im Alter von zwei Jahren ausgewachsen und werfen 6-10 Ferkeln pro Wurf. Sie sind gute Raufutterverwerter und langlebig. Durch ihre Robustheit, Stressunempfindlichkeit und Kälteresistenz sind sie hervorragend als Weideschweine geeignet. Sie können ein Gewicht von bis zu 250kg erreichen. Turopolje Schweine werden seit 2001 vom „ Verein zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen“ gefördert. Österreich führt als einziges Land ein Herdenbuch (STEFFEN et al., 2008, 127f).

Abbildung 4: Turopolje Quelle: www.gutlandsthal.at/.../schweine/schweine.html

2.1.3.4. Duroc Die Rasse entstand in den USA aus den guineaschen und spanischen Schweinen. Daraus wurden drei Duroc- Linien gezüchtet. Es sind großrahmige, robuste Schweine mit gewölbten Rücken, dicken Borsten und mittelgroßen Hängeohren. Selten haben sie kleine schwarze Flecken. Duroc werfen 9-12 Ferkeln pro Wurf und haben gute Muttereigenschaften. Sie sind widerstandsfähig und haben einen hohen Anteil an intramuskulärem Fett. In Österreich gibt es wenige Reinzuchtbetriebe (STEFFEN et al., 2008, 149).

Abbildung 5: Duroc Quelle: http://www.largavistaranch.com/pasture-raised-organic-pork.htm 2.1.3.5. Waldschwein Das Waldschwein ist keine eigenständige Rasse, sondern eine Kreuzung zwischen den Hausschweinen und den Wildschweinen. Sie sind den Wildschweinen sehr ähnlich, jedoch leistungsfähiger in Bezug auf Fruchtbarkeit, Schlachtkörperqualität und Tageszunahme als die Wildschweine. Sie eignen sich besonders gut für die extensive Haltung im Wald und kommen nahezu ohne Zufütterung aus. Die Waldschweine sind allerdings auch wilder in ihrem Charakter als die Hausschweine. Bei Zufütterung neigen sie dazu viel Fett anzusetzen, die Fleischqualität selbst ist sehr gut. Zu beachten ist, dass die Waldschweine unter die landwirtschaftliche Wildhaltung fallen (STEFFEN et al., 2008, 115). Abbildung 6: Waldschweine Quelle: http://www.gaestezimmerluisser.at/images/bauernhof_allgemeines/16_g.jpg

Diese beschriebenen Rassen eigenen sich besonders gut zur Freilandschweinehaltung, da sie ein Haarkleid tragen, das sie vor Sonnenbrand schützt, einen robusten Körperbau aufweisen,

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unempfindlich gegenüber der Witterung und Krankheiten sind und über gute Muttereigenschaften verfügen. Als allgemeiner Nachteil kann jedoch der hohe Fettanteil gesehen werden, welcher in unserer heutigen Gesellschaft meist nicht erwünscht ist.

2.2. Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte

25

Man kann zwischen indirekten und direkten Absatzwegen unterscheiden (siehe Abbildung 10), wobei auch mehrere Absatzwege gleichzeitig möglich sind (Hamm, 1991,218).

Abbildung 7: Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte Quelle: (POTTEBAUM et al., 1996, 175)

2.2.1. Indirekter Absatz Als indirekte Absatzwege werden Marktwege bezeichnet, bei denen zwischen Hersteller und Endverbraucher Handelsunternehmen das betreffende Produkt erwerben und verkaufen. Dabei wird zwischen Großhandel und Einzelhandel unterteilt: Einzelhandelsunternehmen verkaufen das Produkt an den Endverbraucher, während Großhandelsunternehmen Waren beziehen und sie an Wiederverkäufer verkaufen (POTTEBAUM, et al., 1996, 174). Vorteilhaft ist der Verkauf über den Handel vor allem bei schlechter Lage des Betriebs für Direktvermarktung und wenn es viele direkte Konkurrenten in näherer Umgebung gibt (HAMM, 1991,217). Eine leistungsfähige Logistik, spezielle Lieferungsflexibilität, Verfügbarkeit großer Produktmengen, gleich bleibende und gesicherte Qualität sind ein Erfolgsfaktor für den Absatz über den Handel. Jedoch ist dafür eine Mindestgröße des landwirtschaftlichen Betriebs erforderlich oder ein Zusammenschluss zu Erzeugergemeinschaften (SPILLER et al., 2004, 45). 2.2.2. Direkter Absatz Von Direktvermarktung spricht man wenn die Erzeugnisse direkt vom Landwirt, ohne Beteiligung des Großhandels an die Abnehmer geliefert werden (POTTEBAUM et al., 1996, 178). Es gibt verschiedene Arten von Direktvermarktung:

25

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2.2.2.1. Ab Hof Verkauf Diese Variante ist die älteste und häufigste Form der Direktvermarktung. Für Produkte mit höherer Wertschätzung, Frischprodukte und Produkte mit längerer Haltbarkeit sind die Kunden auch bereit längere Wege auf sich zu nehmen. Ideal für den Ab- Hof Verkauf sind Standorte, die in einem Tourismus-, Wohn-, oder Ausflugsgebiet liegen. Damit die Kunden den Hof finden, und sich auch am Hof zurechtfinden können ist eine ausreichende Beschilderung notwendig. Vorteile: •

Die Kunden bekommen durch den Ab- Hof Verkauf einen Einblick in den Betrieb.



Es kann sich eine Beziehung zum Kunden aufbauen und der persönliche Kontakt wird

gepflegt. Nachteile: •

Das Hoferscheinungsbild muss gepflegt sein. Es soll für den Kunden einladend wirken, so



Alle am Hof lebenden Personen sind für die Kundenbetreuung verantwortlich.



Es muss ein geeigneter Verkaufsraum eingerichtet werden und die Verkaufszeiten sollten sich

dass er sich willkommen fühlt.

an den Kunden orientieren. •

Eine gewisse Zeit muss einberechnet werden, da manche Kunden eine Unterhaltung suchen (REICHSTHALER et al.1997, 139-142).

2.2.2.2. Hofladen Der Hofladen stellt eine Weiterentwicklung im Ab- Hof Verkauf dar. Von einem Hofladen spricht man wenn der Landwirt nicht nur seine eigenen Produkte anbietet, sondern auch im Namen und auf Rechnung anderer Bauern deren Erzeugnisse verkauft. Dadurch ist ein vielfältiges Angebot möglich. Der Hofladen sollte eine günstige Standortvorrausetzung haben und der Betreiber über Managerqualitäten verfügen. Damit ein Hofladen erfolgreich laufen kann, sind klare Spielregeln über den Ablauf für alle Beteiligten wichtig. Vorteile: •

Der Hofbetreiber kann seinen Hof durch das vielfältige Angebot interessant gestalten.



Gemeinkosten für den Verkauf können aufgeteilt werden.



Betriebe mit schlechten Standortvorrausetzungen können über die Gemeinschaft erfolgreich

vermarkten. Nachteile: •

Der Erfolg hängt vom Standort und vom Geschick des Betreibers ab.



Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten ist wichtig.



Der Kontakt zwischen den Kunden und den liefernden Bauern fehlt.



Der Organisationsaufwand ist höher (REICHSTHALER et al., 1997,143f.).

2.2.2.3. Bauernläden Bauernläden funktionieren rechtlich und organisatorisch wie Hofläden. Der Unterschied liegt darin, dass ein Bauernladen ortsunabhängig ist. Er kann sich in einem Einkaufszentrum oder in einer sehr guten Lage (z.B. Fußgängerzone) befinden. Vorteile •

Standort kann gezielt ausgewählt werden.



Die Kunden müssen nicht am Hof bedient werden.



Alle Mitglieder können sich auf die Erzeugung ihrer Produkte konzentrieren.

• Eine neutrale Verkaufskraft bietet alle Produkte an. Nachteile: •

Die Atmosphäre ist gemindert.



Der Kunden- Bauernkontakt fehlt.

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Der Organisationsaufwand und die Gemeinkosten sind höher.



Der Erfolg hängt sehr von der Verkaufskraft im Laden ab.



Gemeinschaft aller Beteiligten ist von Bedeutung.



Es müssen Kunden Parkplätze in der Nähe sein (REICHSTHALER et al., 1997,145).

2.2.2.4. Bauernmarkt Auf einem Bauernmarkt bieten mehrere Bauern auf einem privaten oder öffentlichen Grundstück ihre Produkte im Rahmen der Direktvermarktung an. Um das erforderliche Kundenpotential zu haben, sollte es sich um ein Einzugsgebiet handeln. Der Standort sollte zum Bummeln verlocken und nicht zu nah am Verkehr sein. Vorteile: •

Es gibt fixe Marktzeiten.



Jeder Landwirt kann sich auf bestimmte Produktbereiche spezialisieren.



Es herrscht Marktatmosphäre.

• Eine ungünstige Hoflage spielt keine Rolle. Nachteile: •

Der Umsatz ist witterungsabhängig.



Der Transport ist zeitaufwendig und man benötigt ein geeignetes Fahrzeug.



Man braucht eine Marktstandausstattung( Präsentationsvorrichtungen, Lagerung)



Mitwerber sind in unmittelbarer Nähe, so dass Kunden Preis und Produkt vergleichen können.



Gleichbleibender Zeitbedarf unabhängig vom Umsatz ( REICHSTHALER et al.,1997,150-153).

2.2.2.5. Erzeugergemeinschaft Eine weitere Vermarktungsmöglichkeit ist die Vermarktung über eine Erzeugergemeinschaft. Bei einer Erzeugergemeinschaft bündeln mehrere Produzenten ihre Produkte, verarbeiten und vermarkten sie gemeinsam. Damit eine erfolgreiche Vermarktungsinitiative garantiert ist, müssen bestimmte Punkte beachtet werden: Bei der Gründung einer Vermarktungsinitiative ist ein Know- How über Märkte und Marketing, sowie Betriebswirtschaft und Betriebsorganisation notwendig. Es muss ein Marketingkonzept mit klaren Zielsetzungen erstellt werden. Vermarktungsinitiativen haben nur dann auf dem gesättigten Markt eine Chance, wenn sie ein eigenes, unverwechselbares Profil entwickeln und der Preis der Produkte leistbar ist. Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind geeignete Marktpartner wie spezialisierte Verarbeiter oder ein Großverteiler. Der Vorteil dabei ist eine gewisse Absatzsicherheit, aber es besteht auch eine Abhängigkeit zum Absatzpartner (SANDERS UND SCHMID, 2003, 24f). Ein Beispiel für eine Erzeugergemeinschaft ist MANTURO (siehe: http://www.manturo.at/). Der Name dieses Netzwerks setzt sich aus den Schweinerassen Mangalitza und Turopolje zusammen. Das Ziel dieses Projektes ist es diese alten Rassen wieder zu etablieren und zu vermarkten. Aus dem Fleisch werden hochwertige Produkte hergestellt (STEFFEN et al, 2008, 278).

3. Ziele, Forschungsfragen

26

Die Arbeit soll einen Überblick darüber geben, wie die bereits beschriebenen robusten Schweinerassen von den Konsumenten aus der Sicht der Landwirte, eines Fleischermeisters und Experten angenommen werden, und worauf sich eine erfolgreiche Vermarktung zurückführen lässt. Es haben sich folgende Fragen herauskristallisiert: •

Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt?

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Wie schätzen die Bauern die Position ihres Haltungssystems/ der Produkte im unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein?



Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region und welche Vor-



Beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend?

und Nachteile haben diese?

27

4. Methoden

4.1. Auswahl der Personen und des Standorts Zur Durchführung der Arbeit wurden zwei Freilandschweinebetriebe in der südöstlichen Steiermark, sowie ein Freilandschweinebetrieb und ein Fleischermeister im Waldviertel für die Befragung ausgewählt. Um ein umfangreiches Bild zu bekommen, stellten wir unsere Fragen auch an Experten in der jeweiligen Region.

4.1.1. Datenerhebung in der Steiermark (südöstliche Region) Als Experte wurde Herr Dipl. Ing. Köstenbauer befragt, der als Berater für Bio- Ackerbau und Schweinehaltung in der Steiermark zuständig ist. In der Steiermark wurde bei drei Landwirten um ein Interview angefragt, wovon sich zwei Landwirte bereit erklärten Fragen zu beantworten. Bei beiden Betrieben handelt es sich um konventionelle Betriebe.

Allgemeine Daten der befragten Landwirte Landwirt A: Betriebsgröße: 19,8 ha Eigengrund, 4,6 ha zugepachteter Grund Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: über 10 ha Freilandschweinehaltung seit: 5 Jahren Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl): wurde nicht angegeben Sonstige Bemerkungen: Der Landwirt betreibt die Freilandschweinehaltung neben einer konventionellen Schweinehaltung. Landwirt B: Betriebsgröße: 60,5 ha Eigengrund Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: ca. 2,5 ha Freilandschweinehaltung seit: 11 Jahren Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl): 85 Schweine Sonstige Bemerkungen: Der Landwirt betreibt die Freilandschweinhaltung neben einer Rinderzucht und einer kleinen konventionellen Schweinhaltung.

4.1.2. Datenerhebung im Waldviertel In der Region Waldviertel wurde nach einer fehlgeschlagenen Kontaktaufnahme mit dem Verein “Waldviertler Freilandschweine“ Herr Prof. Konrad als Experte herangezogen. Er ist der Leiter des Projekts „Waldviertler Freilandschwein“. Weiteres wurden im Waldviertel Interviews mit einem Demeter Landwirt und einem Fleischermeister geführt, in dessen Bio- Fleischerei die Turopolje- Freilandschweine geschlachtet und zu diversen Spezialitäten verarbeitet werden.

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Allgemeine Daten des befragten Landwirts im Waldviertel Landwirt C: Betriebsgröße: 12ha Hektar die für Schweinehaltung verwendet werden: 1-1/2 ha Freilandschweinehaltung seit: 2 Jahren Anzahl der Freilandschweine (in Stückzahl):ca. 36 Schweine Sonstige Bemerkungen: Der Betrieb wurde aufgelöst. Die Schweine sind von einem anderen Bauern, in Plank am Kamp, übernommen worden, der jetzt die Turopolje Schweine teilweise in einem großen Eichelwald hält.

4.2. Datenerhebung Als Methode der vorliegenden Arbeit wurde die Befragung in Form eines persönlichen Interviews und einer schriftlichen Befragung gewählt. Vor der Befragung wurde ein Fragebogen zu den Forschungsfragen entwickelt. Der Fragebogen wurde von Frau Kummer überprüft und die gefundenen Fehler wurden verbessert. Die zu Befragenden wurden über ein telefonisches Gespräch oder per e- Mail um ein Interview gebeten. Am 18.12.2008 wurde mit Herrn Prof. Konrad ein ausführliches persönliches Gespräch geführt und der Fragebogen beantwortet. In dem Gespräch gab er uns Auskunft über die Situation der Freilandschweinehaltung in Österreich und berichtete vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“. Am 19.12. 2008 wurde uns der ausgefüllte Fragebogen von Herrn Köstenbauer per Email zugesandt und ein telefonisches Gespräch fand statt. Herr Köstenbauer gab uns Auskunft über die allgemeine Situation in Bezug auf die Freilandschweinehaltung in der Steiermark. Am 21.12.2008 wurde mit Landwirt C ein persönliches Interview geführt, wobei auch der Fragebogen ausgefüllt wurde. Am 3.1.2009 fand ein persönliches Interview mit Landwirt A in seinem gewerblichen Betrieb statt um seine Situation zu eruieren. Landwirt B beantwortete die Fragen über ein telefonisches Gespräch am 29.12.2008. Am 15.1.2009 wurde der Fleischermeister, der die Turopoljeschweine vermarktet, telefonisch ergänzend zum Landwirt C befragt.

4.3. Dateneingabe- und Analyse Die Daten aus den Erhebungen aus der Steiermark und dem Waldviertel wurden digital erfasst und in MS Word deskriptiv ausgewertet. In Reihenfolge der Forschungsfragen wurden die zentralen Aussagen herausgefiltert. Anschließend wurden die Ergebnisse aus den beiden Regionen miteinander verglichen. 5. Ergebnisse 5.1. Freilandschweinehaltung und Vermarktung in der Steiermark

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In der Steiermark gibt es ca. 50 Freilandschweinebetriebe, davon werden ca. 15 Betriebe biologisch bewirtschaftet, laut Angaben von Herrn Köstenbauer. 1. Forschungsfrage: Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt? Gründe für die Freilandschweinehaltung Herr Köstenbauer gab als Gründe für die Freilandschweinehaltung in der Steiermark den höheren Preis pro Kilo Fleisch an. Viele Landwirte würden denken, dass dieses Haltungssystems einfacher 28

Verfasst von Andrea Fuchs

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wäre und weniger Aufwand bedarf. Auch Vermarktungsprojekte wie MANTURO würden Landwirte zur Freilandschweinehaltung animieren (siehe Kapitel: 2.2.2.5). Landwirt A gab als Grund an, dass bei ihm oft die Qualität bei 10-12 Schinken minderwertig war. Er glaubt, dass bei konventionell gehaltenen Stallschweinen Ammoniak in das Fleisch gelangt. Landwirt B gab als Gründe den höheren Preis pro Kilo und die geringeren Tierarztkosten bei sauberer Haltung an. Rassenwahl Nach Angaben von Herrn Köstenbauer werden hauptsächlich Rassen wie Mangalitza, Turopolje, Schwäbisch Hällisch und Duroc gehalten. Der Fettanteil hänge stark von der Genetik ab, aber bei vernünftiger Fütterung sei er geringer als angenommen. Landwirt A hat sich bei der Freilandschweinehaltung für eine Kreuzung aus Edelsau und Kanadischem Duroc entschieden. Bei ihm ist der Fettanteil um ca. eine Klasse höher. Landwirt B hält Wildscheine und Waldschweine. Wie schätzen die Landwirte die Position des Haltungssystems/ der Produkte im unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein? Reaktion der Landwirte in der Umgebung: Andere Landwirte haben bei beiden Landwirten negativ auf die Freilandschweinehaltung regiert. Reaktionen der Nachbarn: Die Reaktion der Nachbarn wurde in einem Fall als neutral und im anderen als negativ bewertet. Reaktion der Konsumenten: Die Konsumenten reagieren durchwegs positiv auf dieses Haltungssystem. Sie schätzen die gute Qualität und den guten Geschmack. Nach Aussage von Herrn Köstenbauer bemängeln manche Kunden den hohe Fettanteil, was bei den Landwirten A und B nicht der Fall ist. Produkte: Das Fleisch wird großteils zu Produkten verarbeitet und es wird kaum Frischfleisch verkauft. Dabei handelt es sich sowohl um traditionelle Produkte, als auch um Markenprodukte aus dem Ausland (z.B Salami), laut Herrn Köstenbauer. Landwirt A stellt nach einem alten Familienrezept Johann Schinken (8, 12, 18 Monate gereift) und Johannwurst her und verkauft Frischfleisch. Landwirt B stellt Hausspezialitäten wie Selchfleisch und Würste her und verkauft ebenfalls das Frischfleisch. Kunden: Als Kunden werden allgemein von Herrn Köstenbauer der Handel, die ländliche und städtische Bevölkerung sowie Touristen angegeben. Bei Landwirt A wird das Fleisch von der Spitzengastronomie und von besser verdienenden Endverbrauchern gekauft. Landwirt B verkauft sein Fleisch an Bewohner der ländlichen und städtischen Bevölkerung und an Bekannte. 2. Forschungsfrage: Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region, welche Vor- und Nachteile haben diese; beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend? Herr Köstenbauer gibt an, dass das Fleisch von Freilandschweinen in der Steiermark vorwiegend Ab Hof verkauft wird. Landwirt B verkauft seine Produkte Ab- Hof. Vorteile: Die saubere Arbeit, die gute Qualität und die zufriedenen Kunden wurden als Vorteile genannt. Den Kunden wird dabei die Gesamtleistung des Systems vermittelt. Nachteile: Es ist eine zeitaufwendige, arbeitsaufwendige Vermarktungsvariante und die Entfernung zum Kunden darf nicht zu groß sein. Preis: Landwirt B bekommt für Fleisch und Wurst 6,50 Euro /kg. Landwirt A besitzt einen Fleischereibetrieb und vermarktet seine Produkte großteils in seiner eigenen Filiale und den Rest über Billa Gourmet. Vorteile: Höhere Erträge und zufriedene Kunden wurden als Vorteile genannt.

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Nachteile: Landwirt A kann keine Nachteile nennen. Preis: Landwirt A bekommt für sein Fleisch im Handel 9,90 Euro pro Kilo Schnitzelfleisch. Beide Landwirte beurteilen ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend, da die Verkaufszahlen sehr zufrieden stellend sind. Die gesetzten Erwartungen haben sich erfüllt und sie ziehen nicht in Erwägung auf eine andere Vermarktungsvariante umzusteigen.

Fazit: Herr Köstenbauer meint, dass Landwirte, die sich gut informieren, wissen worauf sie sich einlassen. Unterlagen, wie das ÖKL MERKBLATT als Richtschnur sind wichtig. Die meisten Betriebe würden Schritt für Schritt einsteigen und laufend entscheiden, ob der Weg für sie stimmt oder nicht. Auf die Frage wie Herr Köstenbauer die zukünftige Entwicklung der österreichischen Freilandschweinehaltung sieht, antwortet er, dass ein allzu starker Ausbau der Freilandschweinehaltung unwahrscheinlich sei. Es seien eher kleinere Betriebe, die ein zusätzliches Standbein suchen. Freilandschweinefleisch in der indirekten Vermarktung wäre aus seiner Sicht zu einem kostendeckenden Preis nur in geringem Umfang zielführend. Er meint jedoch: “Kooperationen mit Vermarktung z.B. über Buschenschänke, erscheinen zielführender. Buschenschänke sind gute Beispiele dafür, dass kleine Freilandschweinehaltungen als Marketingaufhänger für einen ganz anderen Betriebszweig dienen können.“ Landwirt A meint über die Situation in der Region, dass viele Betriebe bereit wären auf Freilandhaltung umzustellen, jedoch nicht die damit verbundenen Veränderungen, z. B. bei der Fütterung, mittragen würden wollen.

5.2. Freilandschweinehaltung und Vermarktung im Waldviertel

29

Im Waldviertel befinden sich ca. 13 Bio Freilandschweinebetriebe, im Projekt, von „Ja Natürlich!, Waldviertler Freilandschwein“. Mit der Bio Fleischerei Schober stehen weiters 2-3 Bio/Demeter Freilandschweinebetrieben in Kooperation. Weitere Betriebe wurden im Rahmen dieser Arbeit nicht recherchiert. 1. Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt? Gründe für die Freilandschweinehaltung Prof. Konrad gab als Gründe für die Freilandschweinehaltung im Waldviertel an, dass die Landwirte sich geringere Investitionskosten erhoffen, da kein teurer Stall gebaut werden müsse. Die Freilandschweinelandwirte erhalten für ihr Fleisch keinen höheren Preise, sondern den normalen Biopreis. Landwirt C gab als Grund an, dass nur Freilandschweinehaltung für ihn in Frage komme, da sie dem Wesen des Schweins entspricht. Er hat sich sehr lang mit der Freilandschweinehaltung beschäftigt, eine Arbeit verfasst und auch diverse Vorträge über dieses Haltungssystem gehalten. Finanzielle Gründe spielten keine Rolle. Die Schweine wurden von einem Freund übernommen um das Turopoljeschweine -Projekt weiter am Leben zu erhalten. Der Fleischer gab als Grund für den Beginn der Verarbeitung von Turopolje Freilandschweinefleisch an, dass ein Freund angefangen habe Turopolje Schweine an ihn zu liefern. Allerdings musste dieser die Haltung aufgrund wasserrechtlicher Probleme einstellen und an einen Freund abgeben. Vor 5 Jahren hat sich dann ein Projekt mit Turopolje Freilandschweinen entwickelt. Zurzeit wird die Fleischerei von 3-4 Landwirten mit dieser Schweinerasse beliefert. Rassenwahl Beim Projekt „Waldviertler Freilandschweine“ wird das ÖHYB- Schwein und eine Kreuzung aus Schwäbisch- Hällisch (Mutter), mit Duroc (Vater) verwendet. Nach Aussage von Prof. Konrad werden für den indirekten Absatz weniger robuste Rassen gehalten, aufgrund des niedrigeren Fettanteils. Die Landwirte, die an die Bio Fleischerei Schober liefern, haben ausschließlich Turopolje- Schweine. 29

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Als Vorteile für die Rassenwahl wurde angegeben, dass sie zu den Robustrassen zählen und an das Leben im Freien gewöhnt sind. Als Nachteile für die Rassenwahl wurde angegeben, dass sie langsamer wachsen, und somit mehr Futter brauchen und einen höheren Fettanteil haben. 2. Wie schätzen die Landwirte die Position des Haltungssystems/ der Produkte im unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein? Reaktion der Landwirte in der Umgebung: Nach einer Aussage von Prof. Konrad haben die anderen Landwirte negativ reagiert. Es stellte sich Neid ein, aufgrund der geringeren Investitionskosten in den Stallbau. Dem Fleischermeister zufolge stehen die Landwirte dieser Haltungsform etwas skeptisch gegenüber. Landwirt C hingegen bezeichnet die Reaktionen als neutral. Reaktionen der Nachbarn: Die Reaktion der Nachbarn wurde als durchwegs positiv geschildert, es gibt viele Besucher, die kommen um die Schweine zu sehen. Reaktion der Konsumenten: Die Konsumenten regieren absolut positiv auf das Haltungssystem. Allerdings werden der hohe Fettgehalt und der hohe Preis kritisiert. Produkte: Das Fleisch vom „Waldviertler Freilandschwein“ wird an Ja natürlich! verkauft. Die Landwirte in diesem Projekt stellen keine eigenen Produkte her und vermarkten das Fleisch auch nicht selbst. Der Landwirt C stellt keine Produkte selbst her. Die Fleischerei Schober stellt aus den Turopolje Schweinen hauptsächlich Salami und Rohschinken her. Kunden: Die Kunden von der Fleischerei Schober sind Menschen, die sich Bio- und Demeter Produkte leisten können und wollen. Die Schweine vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“ werden gänzlich an Rewe geliefert und über die Marke, Ja Natürlich! vermarktet. Das Fleisch wird in einigen wenigen Merkurfilialen angeboten, somit besteht kein Kundenkontakt. Von manchen Kunden der Fleischerei Schober wird der hohe Fettanteil bemängelt, welche im Anschluss dennoch vom Geschmack begeistert sind. Die Verkaufszahlen sind einigermaßen zufrieden stellend. Die Produkte sind kein Massenartikel und werden in geringer Stückzahl hergestellt. 3. Forschungsfrage: Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region, welche Vor- und Nachteile haben diese; beurteilen die Landwirte ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend? Das Fleisch vom Projekt „Waldviertler Freilandschwein“ wird laut des Experten ausschließlich indirekt abgesetzt. Es wird an Rewe unter dem Markennamen „Ja! Natürlich“ vermarktet und in 12 Merkur Filialen angeboten (http://www.janatuerlich.at/Layouts/jn_Produkt.aspx?folderId=32130&pageId=66382). Vorteile: Es besteht kein Organisationsaufwand und mit der Ablieferung der Schweine endet die Verantwortung der Landwirte. Nachteile: Als Nachteile wurden die niedrigen Preise, kein Mitbestimmungsrecht und die Preisschwankungen des Handels genannt. Der Fleischhauer Schober vermarktet über den Bio Großhandel, in seiner eigenen Filiale und an Privatpersonen. Vorteile: Da er so spezielle Produkte erstellt, gibt es nicht genügend Abnehmer dafür im regionalen Umfeld, deshalb ist die Vermarktung über den Großhandel eine gute Möglichkeit seine Produkte einem größeren Kundenfeld zur Verfügung zu stellen. Nachteile: Zwischen Selbstvermarktung im Geschäft und über den Bio- Großhandel gibt es einen Preisunterschied von 30-40%. Preis: Für 1kg Schnitzelfleisch vom Turopolje- Schwein bekommt der Fleischermeister 10-12 Euro und für Speck 35-40 Euro pro kg.

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Der Landwirt C verkauft seine Schweine an die Bio- Fleischerei Schober oder Schweinehälften an Privatpersonen. Es werden allerdings alle Schweine in der Fleischerei geschlachtet. Vorteile: Man erspart sich die Kosten für einen Schlachtraum, und braucht kein Know how im Bezug auf Vermarktung und Verarbeitung. Nachteile: Damit es sich für ihn rentiert, müsste er 4,50 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht verlangen. Wenn er an Privatpersonen verkauft, verlangt er diesen Preis auch. Preis: Der Landwirt C bekommt 25% über den Bio- Preis, beim letzten Verkauf war das 3.50 Euro für 1 kg Schlachtgewicht Laut des Fleischermeisters befindet sich das Projekt noch im Aufbau, und deshalb muss noch von beiden Seiten, von seiner und der der Landwirten, noch etwas „Herzblut“ hinein fliesen. Er erhofft sich für die Zukunft, wenn alle Vorhaben umgesetzt sind, dass seine Vermarktungsvariante gewinnbringender sein wird. Fazit: Prof. Konrad zufolge haben sich die Vorstellungen der Landwirte an das „Waldviertler Freilandschweine Projekt“ nicht erfüllt. Diese hatten viel höhere Erwartungen an das Projekt und waren frustriert aufgrund der Mehrarbeit und den unbeeinflussbaren Witterungsverhältnissen. Die Landwirte hatten sich auch einen finanziellen Gewinn erhofft. Die zukünftige Entwicklung der Freilandschweinehaltung in Österreich hingegen sieht Prof. Konrad sehr positiv, vor allem dort wo es ein Gesamtprojekt mit einem durchdachten Vermarktungskonzept gibt, das nicht vom Handel ausgeht. Zur Zukunft des Projekts „Waldviertler Freilandschwein“ meint er, dass das Projekt bestehen bleibt solange der Handel Interesse zeigt. Laut des Landwirts C und des Fleischermeisters hat die Vermarktung noch nicht den erhofften Erfolg gezeigt. Landwirt C glaubt, dass keine weiteren Landwirte in der Region auf Freilandschweinehaltung umsteigen würden. Er selber würde wieder Freilandschweine halten, wenn die Vermarktung in einem Projekt verankert wäre.

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5.3. Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Frage Landwirt A

Gründe für Freilandschweinehaltung Bessere Fleischqualität

Landwirt B Landwirt C

Höherer Preis Ethische Gründe

2.Frage

Rassenwahl Edelsau mit kanadischen Duroc Wald- und Wildschweine Turopolje

Landwirt A Landwirt B

Reaktionen der Landwirte negativ negativ

Reaktionen der Nachbarn negativ neutral

Reaktionen der Kunden positiv positiv

Landwirt C

neutral

positiv

positiv

3. Frage Landwirt A

30

30

Landwirt B

Vermarktungsweg Eigene Filiale, Billa Gourmet Ab Hof

Landwirt C

Verkauft an Fleischerei

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Vorteile Höhere Erträge, zufriedene Kunden Gute Qualität, zufriedene Kunden, saubere Arbeit Keine Investitionen in einen Schlachtraum, kein Know how notwendig

Produkte Wurst, Schinken Selchfleisch, Wüste keine

Nachteile keine Hoher Zeit- und Arbeitsaufwand Niedrigerer Preis

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6. Diskussion

31

In diesem Kapitel versuchen wir die Ergebnisse im Waldviertel und in der Steiermark miteinander zu vergleichen: • Was hat die Betriebe dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten und wie hat sich ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt? Gründe für die Freilandschweinehaltung Nach Aussagen der Experten werden oft zu hohe Erwartungen in die Freilandschweinehaltung gesetzt, da sich die Landwirte geringere Investitionskosten erhoffen. Es stellte sich uns die Frage, warum konventionelle Landwirte Freilandschweine halten. Bei den befragten steirischen Betrieben werden finanzielle Gründe und Fleischqualitätsgründe angegeben. Kritisch ist dabei zu bemerken, dass Konsumenten Freilandschweinehaltung häufig mit biologischer Landwirtschaft gleichsetzten. Jedoch ist ihnen oft nicht bewusst, dass ein gravierender Unterschied in der Fütterung liegt. Konventionelle Betriebe können das gute Image der Freilandschweinehaltung nützen obwohl sie nur das tiergerechte Haltungssystem umsetzen. Die Schweine vom „Waldviertler Freilandschwein“ werden ohne chemische Leistungsförderer und ausschließlich mit hochwertigem Futter österreichischer Herkunft aus biologischem Anbau gefüttert (JA! NATÜRLICH, 2009, s.p.) Beim befragten biologischen Betrieb sind dagegen eher ethische Gründe für eine Freilandschweinehaltung ausschlaggebend, da es sich um ein ganzheitlich artgerechtes Haltungssystem handelt, das den Schweinen ermöglicht ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben, wie in Kapitel 2.1.2. beschrieben wird. In beiden Regionen sind spezielle Vermarktungsinitiativen ein wichtiger Anlass zur Haltung von Freilandschweinen, wie zum Beispiel im Waldviertel das TUROPOLJE SCHWEINE PROJEKT und das „W ALDVIERTLER FREILANDSCHWEIN“. In der Steiermark gibt es das Projekt „MANTURO“(siehe: Kapitel: 2.2.2.5). Rassenwahl Wie im Kapitel 2.2. betont wurde, ist die Wahl einer Robustrasse für die Freilandschweinehaltung wichtig. Dennoch kann dieser Punkt nicht immer zur Gänze erfüllt werden, da die Vermarktung großen Einfluss auf die Wahl der Rasse hat. Bei indirekten Absatzwegen über den Handel muss eine Rasse gewählt werden, die nicht zu viel Fettanteil aufweist, um der Nachfrage nach magerem Fleisch entsprechen zu können. Diese Behauptung von Prof. Konrad kann bestätigt werden, da zu bemerken ist, dass beim „Waldviertler Freilandschwein“ ÖHYB- Schweine verwendet werden. Bei Vermarktungsinitiativen wie MANTURO oder Turopolje- Freilandschweine und Direktvermarktung können robustere Schweinerassen wie Mangalitza oder Turopolje gehalten werden, die einen höheren Fettanteil haben. Bei diesen Vermarktungswegen ist Kundenkontakt vorhanden und so können die Produkte speziell beworben und erklärt werden. •

Wie schätzen die Landwirte die Position ihres Haltungssystems/ der Produkte im

unmittelbaren Umfeld/ in der Region ein? In den von uns befragten Fällen tendieren andere Landwirte in beiden Regionen eher dazu negativ auf die Freilandschweinehaltung zu reagieren. Dabei scheinen vorwiegend Investitionskosten, die bei den Freilandschweinehaltern geringer sind, Anlass für Neid zu sein. Die Konsumenten reagieren hingegen in beiden Regionen sehr positiv auf die Freilandschweinehaltung. Über die Reaktionen der Nachbarn auf das Haltungssystem wurden in beiden Regionen unterschiedliche Angaben gemacht. Während diese bei den befragten steirischen Betrieben neutral bis negativ reagieren, kommen im Waldviertel Besucher zu den Betrieben um die Schweine zu sehen. In der Steiermark besteht größtenteils direkter Kundenkontakt, während im Waldviertel kein Kontakt zu den Kunden hergestellt wird, da hauptsächlich über den Handel vermarktet wird. Dadurch können diese Landwirte auch keine Auskunft darüber geben, wer die Kunden sind. 31 31

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Allgemein hat sich gezeigt, dass die Produkte hauptsächlich von Menschen gekauft werden, die Qualitätsprodukte schätzen oder sich mit der Ideologie von Bio-Produkten identifizieren können. Somit sind diese bereit höhere Preise zu bezahlen. Beim „Waldviertler Freilandschwein“ werden keine Produkte mit einem bestimmten Image hergestellt, für die die Konsumenten eher bereit wären höhere Preise zu zahlen. Das ist auch, laut Prof. Konrad, einer der Gründe warum die Vermarktung sich so schwierig gestaltet. Er weist in diesem Zusammenhang auch auf ein Projekt in Kärnten hin, im Zuge dessen Kärntner Speck hergestellt wird und zu hohen Preisen vermarktet werden kann. •

Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region, welche Vor- und Nachteile haben diese und beurteilen die Bauern ihre Vermarktungsvariante

als gewinnbringend? In der Steiermark wird vorwiegend Ab -Hof verkauft, während im Waldviertel das Fleisch hautsächlich indirekt vermarktet wird. Für das Frischfleisch erhalten die Landwirte die üblichen Bio- Preise, die sie nicht beeinflussen können. Die Landwirte im Projekt „Waldviertler Freilandschweine“ befinden sich in einer schwierigen Situation, da sie von den Preisen des Handels abhängig sind. Der Handel darf die Spanne zwischen biologischem und konventionellem Fleisch nicht zu sehr ausdehnen, weil sonst das Fleisch nicht mehr gekauft wird. Ein weiterer Nachteil dieser Vermarktungsvariante ist, dass wie in Kapitel 2.2.1. beschrieben, der Handel gleichbleibende Qualität in großen Mengen verlangt. Bei der Freilandschweinehaltung können auf einem Hektar weniger Zuchtsauen gehalten werden, als bei einer intensiven Stallhaltung, so dass die Freilandschweine nicht in Massen verkauft werden können. Der Zeit- und Arbeitsaufwand ist jedoch bei der indirekten Vermarktung geringer als bei der direkten Vermarktung, man muss sich nicht um die Produktion und Vermarktung der Produkte kümmern. Der erhöhte Arbeitsaufwand wird im Zusammenhang mit der Ab- Hof Vermarktung in der Literatur oftmals nicht erwähnt. Es wird aber angemerkt, dass die Kunden für frische Produkte mit hoher Wertschätzung eher bereit wären längere Strecken auf sich zu nehmen und sie Ab- Hof zu kaufen (REICHSTHALER et al.1997, 139-142), jedoch meint Herrn Köstenbauer, dass die Entfernung zu den Kunden für eine erfolgreiche Direktvermarktung nicht allzu weit sein sollte. In der Steiermark sind die befragten Landwirte mit ihrem Umsatz sehr zufrieden, während die Landwirte im Waldviertel wenig bis nicht zufrieden sind. Uns ist aufgefallen, dass die steirischen Betriebe bereits länger bestehen, sich in der Region etabliert haben und einen festen Kundenstock vorweisen können. Im Vergleich dazu stehen die Projekte im Waldviertel noch in den „Kinderschuhen“. Das Turopolje Freilandschweinenprojekt hat gute Zukunftsaussichten, weil die Projektteilnehmer auf dem Weg sind, ein eigenes, unverwechselbares Profil zu entwickeln. Da auch Produkte aus dem Fleisch hergestellt werden, bekommen die Landwirte nicht nur den Magerfleischanteil bezahlt, sondern können über die Veredlung des Fleisches höhere Gewinne erzielen. Somit können diese mehr daraus profitieren. Bei dieser Vermarktungsinitiative werden die Landwirte mehr in das Projekt involviert, da sie als Vereinsmitglieder am weiteren Verlauf beteiligt sind. Der Fleischermeister äußerte sich zum Gedanken ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung folgendermaßen: Er findet die Idee sehr positiv, allerdings schwer umsetzbar, da die früheren regionalen Strukturen nicht mehr vorhanden sind, z. B. gibt es in der Region keinen Greisler mehr sondern nur noch Supermärkte. Wenn man solche speziellen Produkte wie er herstellt, müsste man im größeren Rahmen über die Region hinaus vermarkten um Gewinne erzielen zu können. Deshalb vermarktet er größtenteils über den Handel, wo er aber 30- 40 % weniger als bei der Direktvermarktung verdient.

7. Schlussfolgerungen

32

Unser Vorhaben den Erfolg der Vermarktungsvarianten anhand der Fleischpreise aufzuzeigen hat sich als nicht umsetzbar erwiesen, da wir sehr unterschiedliche Betriebe für die Befragung ausgewählt haben. Es wurden sowohl konventionelle wie auch Bio Betriebe befragt, welche von Grund auf unterschiedliche Preise für ihre Produkte erhalten. Um die Ergebnisse vergleichbarer zumachen, hätte man sowohl im Waldviertel als auch in der Steiermark biologische Betriebe auswählen und die Befragung in einem größeren Umfang durchführen müssen. Auch spielt die Schweinerassenwahl eine 32

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Rolle, z.B. kann man von einem ÖHYB Schwein, das einen hohen Magerfleischanteil hat, weitaus mehr Schnitzelfleisch gewinnen als von einem Turopolje Schwein, mit einem von Natur aus hohen Fettanteil. Es ist schwierig die aufgewendete Arbeitszeit, die zum Herstellen und Vermarkten der Produkte notwendig ist, in den Preis einzubeziehen, die bei der indirekten Vermarktung entfällt. So konnten wir den Erfolg der Vermarktungsvarianten nur anhand der Zufriedenheit der Landwirte bestimmen. Unser Fazit ist, dass jede Vermarktungsvariante Vor- und Nachteile aufweist und jeder Landwirt die für sich rentabelste Vermarktungsvariante wählen sollte. Bei dieser Arbeit hat sich heraus kristallisiert, dass die Vermarktung umso erfolgreicher ist, je spezieller die Produkte sind, die hergestellt werden, bei konventionellen Betrieben sowie bei biologischen Betrieben.

8. Zusammenfassung

33

Bei der Freilandschweinehaltung werden die Tiere ganzjährig im Freien gehalten, dazu muss eine geeignete Rasse gewählt werden. Die Wahl der Rasse hängt von der Vermarktungsvariante ab, die indirekt und direkt verlaufen kann. In dieser Arbeit verglichen wir die Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Freilandschweinefleischvermarktung, anhand zweier Regionen durch Befragungen von Experten und Landwirten. Dabei zeigte sich, dass bei der Vermarktung vor allem ein eigenes unverwechselbares Profil wichtig ist.

33

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9. Literaturverzeichnis •

HAMM,U.(1991): Landwirtschaftliches Marketing-Grundlagen des Marketing für landwirtschaftliche Unternehmen. Stuttgart: Eugen Ulmer GmbH.



HÖRNING, B. (1999): Artgemäße Schweinehaltung – Grundlagen und Beispiele aus der Praxis. Bad Dürkheim, München: Stiftung Ökologie & Landbau



HOHENEDER, R. (1994): Weideschweinehaltung, eine Alternative für biologischen Landbau. Ökowirt - Informationsservice für Bauern u. Konsumenten. Wartberg; Wien



PEITZ, B. und PEITZ, L. (1993): Schweine halten. Stuttgart: Eugen Ulmer.



POTTEBAUM, P. REICHERT, J. und STRECKER, O. (1996): Marketing in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. 3.Aufl., Frankfurt am Main: DLG- Verlags GmbH.



REICHSTHALER, M., SCHAFZAHL, G., PUTZ, G., ZAPFL, W., ENGELHART, R. UND SCHNEIDER, G.(1997): Direktvermarktung bäuerlicher Produkte. Stuttgart, Graz: Leopold Stocker Verlag.



SANDERS,J. und SCHMID, O.(2003): Gemeinsame Vermarktung- Wichtige Schritte zum Erfolg. Bioaktuell (4/03). pp. 24-25.



SPILLER,A; STAACK, T. und ZÜHLSDORFER, A.(2004): Absatzwege für landwirtschaftliche Spezialitäten- Potenziale des Mehrkanalvertriebs. Gregor-August Universität Göttingen.



STEFFEN, P.;SCHARDAX, K. und KÜRZL, G.(2008): Schweineglück- Die Bibel der Schweine. Graz: Reichsthaler.

Internetquellen: •

JA! NATÜRLICH. (2009): Schweinefleisch. http://www.janatuerlich.at/Layouts/jn_Produkt.aspx?folderId=32130&pageId=66382 (26.01.2009)



ÖKL MERKBLATT (2004): Anforderungen an Freilandhaltung für Schweine. Merkblatt77. http://www.oekl.at/publikationen/merkblaetter/verzeichnis/77



MANTURO: http://www.manturo.at/



TUROPOLJE SCHWEINE PROJEKT : www.bioschober.at)



W ALDVIERTLER FREILANDSCHWEIN: www.janatuerlich.at)

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

10. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bache mit Frischling ....................................................................................................... 145 Abbildung 2: Managlitza ...................................................................................................................... 145 Abbildung 3: Schwäbisch Hällisches mit Ferkel.................................................................................. 145 Abbildung 4: Turopolje......................................................................................................................... 146 Abbildung 5: Duroc ............................................................................................................................. 146 Abbildung 6: Waldschweine ................................................................................................................ 146 Abbildung 7: Absatzwege für landwirtschaftliche Produkte................................................................. 147

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D.5 Regionale Entwicklung und gesundes Essen im Land um Laa – NÖ – von Gerlinde WOHLMUTH und Maria HARMER

Abstract In unserer Arbeit beschreiben wir die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft, die Vermarktung und den Konsum von biologischen Produkten in der Region Land um Laa. Wir haben den Stellenwert der biologischen Landwirtschaft innerhalb und im Sinn der regionalen Entwicklung im „Gesunden Land um Laa“ recherchiert, sowie herausgearbeitet, wie wichtig biologische Landwirtschaft und das Angebot von Bio-Produkten im gesunden Land um Laa ist. Informationen haben wir über Interviews eingeholt und Landwirte befragt. Die Ergebnisse unserer Arbeit zeigen auf, dass die Gründung des Distelvereines 1987, die Grenzöffnung 1989, der Beitritt zur Europäischen Union 1995, die Gründung von ÖPUL 1995, die Eröffnung der Therme Laa an der Thaya 2002, die Eröffnung des Ayurveda Gesundheitszentrums in Loosdorf 2004 und vor allem das zunehmende Bewusstsein der Bevölkerung und der Gäste das Land um Laa sowohl in umweltrelevanten, als auch in wirtschaftlichen Belangen belebt haben.

Danksagung Wir danken allen, die uns zu dieser Seminarbeit Auskunft und wertvolle Impulse gegeben haben. Insbesondere danken wir Herrn Bürgermeister OSR Karl Nagl, Obmann des Vereins „Ganz gesund im Land um Laa“; Herrn Karl Nagl junior, Obmann des Vereins „Regionalentwicklungsverein“ und Herrn Ing. Michael Staribacher, Geschäftsführer von „AGRAR PLUS GesmbH“ für ausführliche Gespräche und Informationen am Beginn unserer Arbeit.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Regionale Entwicklung und Biologische Landwirtschaft

164 164

2.1. Was bedeutet Regionale Entwicklung?........................................................................................ 164 2.2. Was bedeutet Biologische Landwirtschaft?.................................................................................. 165 2.3. Produktion, Konsum und Vermarktung von biologischen Lebensmitteln..................................... 166

5. Das Land um Laa

167

5.1. Geographische Darstellung.......................................................................................................... 167 5.2. Rückblick zur Entwicklung der Region Land um Laa ................................................................... 167 5.3 Umsetzung der Ziele der Region Land um Laa ............................................................................ 169

6. Methoden 7. Umfeldanalysen und Untersuchungsergebnisse

170 170

7.1. Der Distelverein ............................................................................................................................ 170 7.2. Vom Distelverein zum ÖPUL........................................................................................................ 171 7.3. Verein „Ganz gesund im Land um Laa“ ....................................................................................... 171 7.4. Exemplarische Aufzählung zur Steigerung der Vermarktung regionaler Produkte im Land um Laa ............................................................................................................................................................. 172

8. Diskussion 9. Schlussfolgerung 10. Zusammenfassung 11. Zahlen, Daten, Fakten

174 174 175 175

11.1. Bio-Betriebe (und Umstellungsbetriebe) in der Umgebung ....................................................... 175

12 Literatur- und Quellenverzeichnis

176

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1. Einleitung Bio ist in aller Munde – ganz besonders im Land um Laa. Galt man vor 21 Jahren noch als Öko-Freak, wenn man sein Interesse für Bio-Produkte bekundete, so gehört es heute bereits zum guten Ton, biologische Produkte zu konsumieren. Das „Land um Laa“ stellt die Klimabündnis-Schwerpunktregion Weinviertel Nord dar. In der Arbeitsgruppe „Gesundheit“ des Tourismus- und Regionalentwicklungsvereines wurde die Idee geboren, die Biobetriebe im Land um Laa zu erfassen bzw. zu erweitern und deren Produkte in der Gastronomie und in den Haushalten der Region zentral und marktkonform zu vertreiben. Im Land um Laa hat man sich diesbezüglich weitere ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2016 sollen 60% der Lebensmittel, die in der Region von bäuerlichen Betrieben angeboten und konsumiert werden, biologischer-regionaler Herkunft sein. Die Vision: Die regionale Bevölkerung wird flächendeckend mit Bio-Produkten versorgt und darüber hinaus sollen in ganz Österreich, sowie im benachbarten Ausland (Tschechien, Slowakei) diese Produkte verkauft werden. Die Region soll in Zukunft auch zu 75% energieautark werden. All das soll bis zum Jahr 2016 weiter zur Entwicklung des gesunden Land um Laa beitragen. Unser Ziel ist es, mit dieser Arbeit den Stellenwert der biologischen Landwirtschaft innerhalb der regionalen Entwicklung im „Gesunden Land um Laa“ zu beleuchten, wie sich der Biolandbau in den letzten 21 Jahren im Land um Laa verändert hat und insbesondere welche Auswirkungen dies auf die regionale Entwicklung bisher hatte. Besonders herausarbeiten möchten wir den Stellenwert der regionalen Produkte für die Bevölkerung, wobei wir insbesondere verschiedene Initiativen der Produktion und Vermarktung im Land um Laa präsentieren. Des Weiteren möchten wir kurz die Entwicklung des „Biokisterl“, welches die Bevölkerung mit regionalen Produkten versorgt, untersuchen und die positiven Effekte der regionalen Produkte für die Bevölkerung hervorheben.

2. Regionale Entwicklung und Biologische Landwirtschaft 2.1. Was bedeutet Regionale Entwicklung? Darunter versteht man die Entwicklung innerhalb einer Region, hier die Region Nördliches Weinviertel in NÖ, das „Land um Laa an der Thaya“ in verschiedenen Bereichen, wie z.B.: Biologische Landwirtschaft, Wirtschaft, Tourismus, Infrastruktur, Freizeit, Wohnen, Gastronomie und Landschaft. Man unterscheidet die endogene Regionalentwicklung (eigenständige Regionalentwicklung) und diese ist ein Konzept der Raumordnung, bei dem die Entwicklung einer Region nicht vorrangig durch äußere Impulse (staatliche Eingriffe) geschehen soll, sondern durch die Nutzung regionseigener Potenziale. Daneben unterscheidet man auch die nachhaltige Regionalentwicklung, sie ist ein Konzept, mit dem langfristig die Lebensqualität einer Region gesichert werden soll. Ein Prozess, an dem sich möglichst viele Akteure aus der Region beteiligen sollen. Die Produzenten und Verarbeitungsbetriebe von Nahrungsmitteln, der Handel, die Handwerker und kleinen Betriebe, die öffentliche Verwaltung und Politik und die Verkehrsbetriebe. Vorallem auch die Bürgerinnen und Bürger als Konsumenten sind wichtige Beteiligte an der Gestaltung der Region.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

2.2. Was bedeutet Biologische Landwirtschaft? Das Grundprinzip der biologischen Landwirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft, das heisst, dass in einem geschlossenen Kreislauf gewirtschaftet wird (siehe Skizze).

Futter

Pflanzen

Tiere

Nährstoffe

D Dünger Boden

Biologische Landwirtschaft o o

bedeutet:

Förderung der Biodiversität Natürliche Düngung mit Kompost, Pflanzenresten, Gründüngung und eine ausgewogene Fruchtfolge erhalten die Bodenfruchtbarkeit

o

Hohe Lebensmittelqualität

o

Schaffung lebenswerter Lebensräume

o

Produktion gesunder Lebensmittel von gesunden Tieren und Pflanzen

o

Kein Einsatz von chemisch- synthetischen Pflanzenschutzmitteln

o o

Angepasste Sorten, die Förderung von Nützlingen und eine ausgewogene Fruchtfolge verringern den Krankeits und Schädlingsdruck Beikräuter werden händisch oder maschinell reguliert

o

Artgerechte Tierhaltung mit großen Stallflächen, Einstreu und viel Auslauf

o

Biologisch erzeugtes Futter ohne Antibiotika, Hormone und Tiermehl

o

Bei der Verarbeitung von Biolebensmitteln sind nur 10% der in Österreich zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe erlaubt

o

Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder künstliche Aromen sind gänzlich verboten

o o

Gentechnikfreiheit beim Saatgut, bei den Futtermitteln und bei der Verarbeitung Schutz des Trinkwassers

165

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Welche Vorteile bieten Bioprodukte? o

Höhere Nährstoffdichte (mehr Vitamine, mehr Mineralstoffe....)

o

Nachweislich weniger Rückstände (Nitrat, Pestizide, Antibiotika....)

o

Weniger Lebensmittelzusatzstoffe

o

Gentechnikfreiheit

o

Besserer Geschmack

o

Nachhaltigkeit (Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Trinkwasserschutz, Klimaschutz, Erhalt der Arten- Sorten und Rassenvielfalt, geringere Energie- und Ressourcenverbrauch)

o

Kurze Transportwege

o

Frische

o

Authentizität (Echtheit)

o

Rücksicht auf Saisonalität

2.3. Produktion, Konsum und Vermarktung von biologischen Lebensmitteln Wenn man die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft, die Vermarktung und den Konsum von biologischen Lebensmitteln Revue passieren lässt, wird ein stetiges Wachstum der Biobewegung deutlich. Bio-Lebensmittel haben in den letzten Jahren den Lebensmittelmarkt erobert. Egal ob Fleisch, Milchprodukte, Gemüse und Obst, Brot und Gebäck, Getränke oder Süßigkeiten – beinahe jedes Lebensmittel ist in Bio-Qualität zu einem erschwinglichen Preis verfügbar. Die Beweggründe für eine immer stärker werdende Nachfrage nach Bio-Produkten sind unterschiedlich. Das steigende Bewusstsein der Menschen für Umwelt-, Natur- und Tierschutz dürfte ebenso eine Rolle spielen, wie das Bedürfnis, sich etwas Gutes, für die eigene Lebensqualität und Gesundheit tun zu wollen. Biologische Lebensmittel werden über die unterschiedlichsten Absatzwege vermarktet. Neben den klassischen Bio-Vermarktungsschienen wie Ab-Hof-Verkauf, Bauernmärkte und Naturkostläden setzen in den letzten Jahren der Lebensmitteleinzelhandel und Großküchen verstärkt auf biologische Lebensmittel. Auch die Hauszustellung, z.B. die Lieferung von Obst und Gemüsekisten und Bestellung über das Internet haben zugenommen. Da der Bio-Markt mit 15% – 20% auch global gesehen immer noch deutlich stärker wächst, als der konventionelle Lebensmittelmarkt (4-5%) steigen auch immer mehr multinationale Konzerne in die Vermarktung von Bio-Produkten ein. Etwa zwei Drittel der österreichischen Bio-Produkte werden über den Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt. Ein Drittel der Absätze erfolgt über Export, Gemeinschaftsverpflegung, Gastronomie, Direktvermarktung und Naturkosthandel.

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5. Das Land um Laa 5.1. Geographische Darstellung

5.2. Rückblick zur Entwicklung der Region Land um Laa -

In den 70er Jahren war die Stadt Laa an der Thaya und die Region durch die tote Grenze zur damaligen Tschechoslowakei ohne große Entwicklungen und Perspektiven. Es herrschte Abwanderung. Die Landwirtschaft war durch sinkende Erträge infolge des Klimawandels zunehmend weniger wettbewerbsfähig. Dies führte zu einem radikalen Strukturwandel und der Auflösung von Betrieben. Trotzdem blieb die

Landwirtschaft in Ermangelung industrieller Leitbetriebe tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung. Schon aus diesem Grund war eine Neupositionierung wichtig. -

Anfang der 80er Jahre begannen in der Folge landwirtschaftliche Betriebe im Land um Laa auf biologische Landwirtschaft umzustellen.

-

1987 Gründung des Distelvereins in NÖ durch Ing. Hermann Schultes.

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-

1989 Fall des eisernen Vorhangs und Grenzöffnung zur damaligen Tschechoslowakei. Die Region Land um Laa erlebt einen großen Entwicklungsschub.

-

Ab den 90er Jahren beginnt die Stadt und Region Laa verschiedene Projekte ins Leben zu rufen und zu realisieren. Mit dem Ziel, sanften Tourismus zu fördern, wobei speziell auf Gesundheit und regionale Vermarktung von Bio-Produkten das Augenmerk gelegt wurde. Diese sind: TILL AGRAR PLUS REGIONALENTWICKLUNGSVEREIN Verein Ganz Gesund im Land um Laa IGL

-

1995 Beitritt der EU

-

1995 ÖPUL

-

2002 Eröffnung der Therme Laa.

-

2004 Eröffnung des Ayurveda Gesundheitszentrums im Loosdorf.

TILL - Tourismus- und Innovationsverein Land um Laa Der Tourismus- und Innovationsverein Land um Laa bezweckt vorrangig die Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung im Tourismus unter Berücksichtigung von sozial- kultur- und umweltverträglichen, sowie ökonomischen Aspekten. Der TILL möchte die Attraktivität des Landes um Laa als Reiseregion und Urlaubsregion fördern. TILL • • • • • • • • • •

betreibt aktives Marketing für die gesamte Region fördert das Tourismusbewusstsein in der Bevölkerung berät Gäste, beantwortet Anfragen, begleitet Veranstaltungen schafft Synergien mit ansässigen Unternehmen zwecks gegenseitiger Unterstützung unterstützt Institutionen und Anbieter von Tourismusprojekten bei der Erstellung von Konzepten zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien erarbeitet sachlich fundiertes Informationsmaterial für die Zielgruppen vermittelt Kontakte und Know-how fördert neue Ideen bis zur Realisierung erfüllt eine wichtige Netzwerkfunktion in der Region betreut die Internetauftritte www.landumlaa.com sowie www.landumlaa.at

AGRAR PLUS AGRAR PLUS wurde im November 1985 gegründet und hat seinen Sitz in St. Pölten. In Laa an der Thaya ist eine Zweigniederlassung. AGRAR PLUS beschäftigt 14 festangestellte Mitarbeiter sowie 7 Projektbetreuer. Die Entwicklung und Durchführung von Marktkonzepten, die Entwicklung neuer oder alternativer landwirtschaftlicher Produkte, die Koordination der Planung und der Betriebsführung, der Finanzierung und Versorgung von Bioenergieanlagen gehören zu den Aufgaben von AGRAR PLUS. AGRAR PLUS hat sich zum Ziel gesetzt, landwirtschaftliche Gemeinschaftsprojekte im Bereich der Wärme aus Biomasse zu verwirklichen. Auch die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte und die Mitwirkung bei der Gestaltung positiver Rahmenbedingungen in Zusammenarbeit mit den relevanten

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Institutionen gehören zu den vordergründigen Aufgaben. AGRAR PLUS stellt ein Bindeglied zwischen Landwirtschaft und gewerblicher Wirtschaft, sowie zwischen Wissenschaft und Praxis dar. IGL Der Verein IGL bedeutet „Interessensgemeinschaft der Laaer Wirtschaft“, welche mit diversen Angeboten, wie etwa mit der „Laaer Einkaufsnacht“, Schwerpunkte setzt. Die Mitglieder sind Betriebe der Stadt Laa an der Thaya. REV – Regionalentwicklungsverein Der Regionalentwicklungsverein (REV) Land um Laa ist prinzipiell in allen Bereichen tätig, die unmittelbar die Kleinregionen betreffen. Somit ist das Büro des Vereines, mit Geschäftsführer Karl Nagl junior, die erste Anlaufstelle für Ideen und Anfragen in Richtung Förderungen, Projektunterstützung, grenzüberschreitende Kontakte, Kontakte zwischen den Gemeinden und zum Land NÖ. Weiters werden alle Projekte, die die Weiterentwicklung des Landes um Laa betreffen, behandelt und koordiniert. Die konkreten Arbeitsbereiche umfassen: - strategische Planung - Koordination der regionalen Projekte - Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Regionalkultur, Wirtschaft, Jugend, etc. - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren Partnergemeinden

5.3 Umsetzung der Ziele der Region Land um Laa Die Region Land um Laa hat sich als Vorreiterregion den Schwerpunkt „Gesundheit“ zum Ziel gesetzt. Sie versteht darunter eine gesunde Region mit der Produktion und Vermarktung eigener biologischer Produkten und den dazugehörigen Konzepten. Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Betriebe und vielfältige Vermarktungsmöglichkeiten machen den Erfolg des Regionalprojektes „Gesund im Land um Laa“ aus. Dieses beinhaltet:  Das Ziel, regional durch den Ausbau der biologischen Landwirtschaft eine gesunde Landschaft (Artenschutz, Umweltschutz, Naturschutz), gesunde Böden (Klimaschutz), gesunde Pflanzen, gesunde Tiere und gesunde Menschen zu fördern und zu erhalten.  Das Ziel „Bio+regional+saisonal=klimaoptimal“ zu agieren.  Das Ziel durch Kombination von biologischer Produktion, regionaler Herkunft und Seasionalität die Waren optimal zu vermarkten.

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

 Das Ziel der Formel: regional=klimafreundlich wird in Hinblick zum Beitrag der Region für den Klimaschutz berücksichtigt.  Das Ziel unter dem Aspekt „Gesundheit“ als Stadt und Region Laa die Gemeinden, die Produzenten, die Unternehmer und die Vereine mit Know How und unterstützenden Maßnahmen zu begleiten. Beispiele: Broschüren wie „Ernten und Essen“, „Gesundheit im Land um Laa“, AGRAR PLUS „Zukunft im ländlichen Raum“ und „besser essen“.  Das Ziel der ausgewogenen Bio-Ernährung schützt die Gesundheit der KonsumentInnen und diese können mit ihrer Nachfrage nach Bio-Produkten viel zum Klimaschutz beitragen, wie z.B. durch das Projekt des Biokisterl (siehe Kapitel 7.3.1.4).

6. Methoden Unsere Informationen haben wir aus der Region Land um Laa, wobei wir sowohl Interviews (mit einem Aufnahmegerät mitgeschnitten) durchgeführt haben, als auch diverses Informationsmaterial über Internet und Broschüren von verschiedenen Stellen (Vereine Land um Laa, Tourismusinformationsbüro Laa und in Gemeinden) erhalten haben. Ebenso haben wir mündliche Auskünfte bei biologisch produzierenden Landwirten eingeholt. Unsere Gesprächspartner waren insbesondere der Bürgermeister OSR Karl Nagl aus Fallbach, sein Sohn Karl Nagl aus Laa, Ing. Michael Staribacher aus Laa und Mag. Gerda Denner aus Wildendürnbach. Die Landwirte Dipl.Ing. Robert Harmer, Alt-Prerau; Dipl. Ing. Georg Thurn -Vrints, Falkenstein; Mag. Alfons Piatti, Loosdorf; Fred Zehetner, Wildendürnbach und Ing. Hermann Fritz, Wildendürnbach haben uns wertvolle Impulse gegeben. Bürgermeister OSR Karl Nagl haben wir deshalb gewählt, da er der Vorsitzende vom Verein „Ganz gesund im Land um Laa“ ist. Sein Sohn Karl Nagl ist Vorsitzender des „Regionalentwicklungsvereins“ in Laa, Mag. Gerda Denner ist Vorsitzende des Tourismusinnovationsvereins in Laa an der Thaya und ist mit der Bewusstseinsbildung der gesunden und biologischen Ernährung im Land um Laa beauftragt. Ing. Michael Staribacher betreut „AGRAR PLUS“ mit der Initiative „Biokisterl“. Die Analyse der Daten haben wir schriftlich ausgewertet.

7. Umfeldanalysen und Untersuchungsergebnisse 7.1. Der Distelverein Im Dezember 1984 wurde die Hainburger Au zum Symbol für den ökologischen Aufbruch. Aus einer Energiedebatte wurde eine Diskussion um einen Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen, um Landschaft, Naturschutz, Jagd und Landwirtschaft, mit starken Emotionen aller Betroffenen in der Region. Ökologie war für die Bauern ein neues Wort. Exzentrische Wissenschafter, verträumte Botaniker und frustrierte Agrarberater bestimmten die Debatte. Bei vielen war der Umgang mit Pestiziden, die es in dieser Art heute zu Recht nicht mehr gibt, recht unkritisch, eine offene Diskussion dazu war überfällig. Bewusster Umgang mit der Landschaft als Teil des bäuerlichen Wirkens wurde zum Thema. 1987 schlug die Geburtsstunde des Distelvereins. Dieser wurde vom heutigen Präsidenten der NÖ Landwirtschaftskammer Ing. Hermann Schultes gegründet. Der Rechtsträger des Distelvereins sind vier Mitglieder: der WWF (World Wild Life Fund for Nature), der NÖ Naturschutzbund, der NÖ Landesjagdverband und die Landwirtschafts-kammer Niederösterreich. Die Grundidee war der Vertragsnaturschutz zwischen den Bereichen Jagdwirtschaft, Landwirtschaft und Umweltschutz. Dies bedeutet, dass eine Symbiose zwischen diesen drei Bereichen entsteht, wobei die beteiligten Land- und Forstwirte und die Verantwortlichen der Jagdwirtschaft miteinander kooperieren. Das Konzept beinhaltete den Anbau von so genannten Ökowertflächen, die den Beteiligten vom Verein abgegolten wurden. Dabei wurde vorallem die Humuswirtschaft, die

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Winterbegrünung der Felder, Ökowertflächen als naturnahe Ergänzungslebensräume zwischen den Äckern, Wiesenverträge, Beweidungsprojekte mit Naturschutzprioritäten gefördert. Die heimische Tierwelt und gefährdete Pflanzen zu erhalten war Grundlage für neue Nistplätze und Schutzräume. Aus finanziellen Mitteln von Bund und Land und freiwilligen Spenden wurde den Bauern ihre Arbeitsleistung für die Pflege der freien Flächen abgegolten. Bald waren 3000 Landwirte durch mehrtägige Seminare mit der Neuorientierung ihrer Praxis befasst. Diese Landwirte erprobten vor dem EU Beitritt ein Wirtschaften mit vertraglich verpflichteten und abgegoltenen Leistungen für Landschaft und Grundwasser. Damals exotisch, wurde dieses Programm nach dem EU Beitritt ausgebaut und zum Rettungsanker für 90% der österreichischen Bauern. Heute noch läuft über dieses Programm ein Vertragsvolumen von über 520 Mio Euro. Nach nur einem Jahr gab es in der Region um Laa an der Thaya bereits ein 50 Kilometer langes Netz von Ökowertflächen. Schon von Beginn an waren das Gemeindegebiet von Wildendürnbach im nördlichen Land um Laa einschließlich der bereits privatwirtschaftlich etablierten, organisch biologischen Landwirtschafen in Alt-Prerau, Loosdorf und Neuruppersdorf, Teile dieses Projektes und somit ein beginnendes Schutzgebiet unter Kontrolle und Auflagen des Distelvereins. 10 % der Flächen des Gemeindegebietes Wildendürnbach waren unter Vertragsnaturschutz zwischen Bauern und Distelverein bewirtschaftet.

7.2. Vom Distelverein zum ÖPUL Mit Hilfe des Distelvereins war es gelungen, die gemeinsame Verantwortung für die Gestaltung der ländlichen Lebensräume in die öffentliche Diskussion zu bringen. Kreativ und konkret begann der Distelverein seine stille Revolution: Ökowertflächen, Winterbegrünung als Erosionsschutz, die Energieversorgung des Bodes durch Begrünungspflanzen, reduziert kontrollierter Einsatz der Pflanzenschutzmittel, bewusste und abgegoltene Pflege von Strukturen in der Landschaft- all dies war zum Praxislabor für die Entwicklung des „Umweltprogramms für die Landwirtschaft“ (ÖPUL) geworden. Der Klimaschutz, die steigende Energieabhängigkeit von Atomstrom und Erdgas bei ungebrochener Verbrauchssteigerung, der Einstieg in die erneuerbare Energie, um ineffiziente Verbrauchsstrukturen gewissensberuhigt bedienen zu können, waren und sind, heute mehr denn je, kritische Themen. Die ökologisch sinnvolle Nutzung von Flächen zur Produktion nachwachsender Rohstoffe in Konkurrenz zur ökologisch begründeten Nutzung derselben Flächen für andere Naturschutzziele, das alles ergibt den Bedarf nach strukturierter Diskussion und Einbringung der Ergebnisse in die Welt der Forschung, wie in die Erfahrungswelt der wirtschaftenden Menschen. Diese Entwicklung war der Grundstein und die Basis für die darauf aufbauende regionale Entwicklung im Land um Laa in den Bereichen biologische Produktion, Vermarktung, Gastronomie und Gesundheit.

7.3. Verein „Ganz gesund im Land um Laa“ Im Jahre 2004 wurde das Ayurvedazentrum in Loosdorf im Land um Laa eröffnet. Grundlage waren regionale biologische Produkte für den Gesundheitsgewinn der Gäste. Die Nachfrage nach diesen Produkten regte die Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister im Land um Laa zum Nachdenken an. 2004 wurde ein Tourismuskonzept im Land um Laa erstellt, welche die Wichtigkeit regionaler Lebensmittel hervorhob. Die Schwerpunkte waren: Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien zu setzen und eine große Verfügbarkeit von regional biologischen Lebensmitteln für die Zukunft zu sichern. Im Rahmen des Projekts „Klimabündnis grenzenlos“ beauftragten die Bürgermeister im Land um Laa Ing. Michael Staribacher von „AGRAR PLUS“ mit der Initiative „Biokisterl“. Diese wird von Martin Kromer und Beate Hofbauer umgesetzt (Siehe 7.3.1.4). Mag. Gerda Denner ist beauftragt, die Bewusstseinsbildung zu gesunder und biologischer Ernährung im Land um Laa zu koordinieren. Die sogenannte „Energiedrehscheibe im gesunden Land um Laa“, dient dazu, Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energie zu unterstützen und zu initiieren. Bei den monatlichen Treffen der Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister im Land um Laa wurde über die Entwicklung der Projekte diskutiert und auf

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notwendige neue Schritte eingegangen Durch die gute Zusammenarbeit mit der Region Hrusovany (CZ) war es möglich, grenzüberschreitende klimafreundliche Aktivitäten durchzuführen. Die Umstellung auf erneuerbare Energie ist bei unseren Nachbarn ebenso Thema, wie die Grünraumgestaltung zum Naturschutz oder der Windkraft. Außerdem sollten konventionelle Bauern motiviert werden, auf biologische landwirtschaftliche Produktion umzustellen, bzw. ihre Flächen im Sinne des Klimabündnisses für nachwachsende Energieträger zu nutzen. Ein besonders wichtiges Ziel des Vereins war die Steigerung des Konsums von regionalen biologischen Produkten für KonsumentInnen im Land um Laa. Ernten und Essen im gesunden Land um Laa ist somit eine regionale Stärke geworden, gesunde Lebensmittel, großteils aus kontrolliert - biologischem Anbau. Sie kommen auf dem kürzesten Weg vom Produzenten zum Endverbraucher. Ernährung ist Vertrauenssache. Das ist die Philosophie im gesunden Land um Laa. Es geht um Lebensqualität, Schutz des Klimas und des Bodens und um die regionale Wertschöpfung.

7.4. Exemplarische Aufzählung zur Steigerung der Vermarktung regionaler Produkte im Land um Laa 7.4.1. Initiative Traubensaft aus der Region Im Jahr 2006 war die Traubenernte hervorragend und wurde von den Weinbauern unter der Regie von AGRAR PLUS zum Anlass genommen ein gemeinsames Konzept zur Produktion von regionalen Traubensäften zu starten. Bei den Produzenten der Region Land um Laa kann man nun für Veranstaltungen und zum persönlichen Genuss, Traubensaft beziehen. Der gemeinsame Auftritt soll den Traubensaft als gesunde Alternative zu den künstlichen Zuckersäften der Getränkeindustrie positionieren. Vitamine und Flavanoide machen den Traubensaft zum gesunden, schmackhaften Trunk, der auch gespritzt hervorragend schmeckt und den Bezug zu heimischer Ware darstellt. Bei einer internen Verkostung wurden die Säfte geschmacklich getestet und ausgewählt. Das Ziel ist, öffentliche Veranstaltungen mit regionalen Produkten zu erobern. Das Slogan heisst: „Trinkt Traubensaft, er ist von den Bauern der Region.“ Bei Festen in den Gemeinden, bei Heurigen, bei Gemeinderatssitzungen, in Kindergärten und Schulen wird bereits Bio-Traubensaft angeboten und von den Konsumenten sehr gut angenommen. Um den Verbrauchern entgegenzukommen, wurde nun sogar die Flaschengröße auf 0,25 l geändert. Die dabei entstehende Preissteigerung nehmen die Kunden dennoch in Kauf, denn Qualität hat natürlich auch seinen Wert. Aussage von Bürgermeister OSR Karl Nagl: „Wenn die Regionalität eingehalten wird, haben wir schon gewonnen“.

7.4.2. Initiative Frühstück aus der Region „Was kommt auf dem Frühstückstisch? Orangensaft aus Afrika oder Traubensaft und Apfelsaft aus dem Land um Laa?“ Diese Erkenntnis hat eine Kooperation zwischen Biobauern und Gästezimmervermietern ins Leben gerufen, nämlich den Gästen ein regionales Frühstück zu servieren. Unter dem Slogan „Frühstück aus dem gesunden Land um Laa“ wird eine regionale, biologische Produktpalette entwickelt, welche z.B. mehr als 60% des gesamten Frühstücks einnimmt. Mit dieser Frühstückskomposition werden die Gäste mit heimischen, kontrolliert- biologischen Spezialitäten verwöhnt. Das Frühstück vereint Kultur, Bio-Landwirtschaft, Ökotourismus und Wirtschaft und stärkt somit die Region nachhaltig. „Die Gäste sollen schmecken, wie gut unsere Region isst und trinkt.“ Es gibt den heimischen Traubensaft aus biologischem Anbau in einer Frische, die nur im Land um Laa möglich ist. Diese Initiative, das Frühstück aus der Region zusammenzustellen, entwickelt sich zunehmend, vorallem, wenn die örtlichen UnternehmerInnen an einem Strang ziehen, sich aktiv vernetzen, ihre Leistungen abstimmen und gemeinsam bewerben.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

7.4.3. Initiative Gastronomie In der Gastronomie im Land um Laa wird immer mehr Schwerpunkt auf regionale Zutaten gesetzt. Hochwertige Produkte aus der Region sollen Ihren fixen Platz im gastronomischen Angebot im Land um Laa erhalten. Das Regionalmanagement arbeitet daran, Kontakte zwischen Produzenten, Gastronomie und KonsumentInnen aufzubauen und die Zusammenhänge regionaler Wertschöpfungsketten zu vermitteln – wobei Genuss und Qualität höchste Priorität haben. Regionale Produktspezialitäten, welche sich auf den Speisekarten der Region wiederfinden sind: die Laaer Zwiebel, Kräuterspezialitäten, Hanfvariationen, Biofleisch, Biogemüse, Biosäfte, Biomilchprodukte und vieles mehr. Der Besuch in einem der Gastronomiebetriebe der Region soll für den Gast ein unvergessliches Erlebnis bleiben. Die kulinarischen Genüsse sollen die Authentität der Region der Biolandwirtschaft widerspiegeln. Die Produkte garantieren keine Verfälschung des ursprünglichen Geschmackes mit Geschmacksverstärker, Fertigsoßen und anderen Hilfsmitteln der „modernen Fast Food Gesellschaft“. Zu wissen, was auf den Tisch kommt, ist das Motto der Zukunft im Land um Laa. Vertrauen, Natürlichkeit, Rückverfolgbarkeit und Genuss sollen importieren Billigprodukten keinen Vorzug mehr geben.

7.4.4. Initiative Biokisterl Eine gelungene Maßnahme auf dem Weg zum Ziel im Land um Laa ist das Biokisterl. Der „Regionalentwicklungsverein“ setzte im Jahr 2004 Maßnahmen, um dem Biolandbau zu unterstützen. Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes „Klimabündnis“ wurde dann die Aktion „Biokisterl“ im Land um Laa initiiert. In jeder Gemeinde fanden zur Bewusstseinsbildung Veranstaltungen statt, wie z.B.: das Kochen in Schulen und Kindergärten mit dem Biokisterl. Beate Hofbauer aus Wildendürnbach und Martin Kromer aus Falkenstein organisieren das Angebot und beliefern, von Wildendürnbach und Falkenstein aus, direkt die Haushalte. Durch die rasche Zustellung bekommen die Konsumenten garantiert frische, biologische Produkte, je nach Saison. Als überzeugte Biobäuerin ist Beate Hofbauer eine gesundheitsbewusste Ernährung genauso ein Anliegen, wie auch die Ankurbelung des regionalen Produktkreislaufes. Die Kunden werden mit jahreszeitlich bedingten Produkten konfrontiert, die ihre Kochkünste herausfordern, frei nach dem Motto: „Was koche ich heute mit Mangold oder Pastinaken?“.

Vorteile für den Konsumenten: -

-

Die Kunden schätzen die bequeme Anlieferung, die saisonal abwechslungsreichen Produkte direkt vor die Haustür, Bio ist ein wesentlicher Aspekt, aber auch das Nahverhältnis zum Produkt schätzen sie sehr. Das Kisterl ist relativ krisensicher und jeder hat dabei auch das Gefühl, man unterstützt die heimische Landwirtschaft. Das Preisleistungsverhältnis kann bestehen, da die Hauszustellung und ebenso die Möglichkeit des individuellen Umbestellens der Produkte im Biokisterl ein großer Pluspunkt ist.

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8. Diskussion Wie hätte sich das „Land um Laa“ ohne Ökologische Landwirtschaft und Vermarktung dieser Produkte entwickelt? Fakten sind: Wegen der Jahrzehnte langen Lage an der „Toten Grenze“ zum ehemaligen Ostblock waren die Beziehungen zum nördlichen Nachbarn im Weinviertel völlig unterentwickelt. Ein kaum ausgebautes Strassennetz und ein unterentwickeltes Verkehrsnetz behinderten zudem die Entwicklung der Region. Ebenso fehlte es der Region. an industriellen nutzbaren Naturressourcen. Dies hatte in der Vergangenheit entscheidend dazu beigetragen, dass die Region kaum industrialisiert worden ist und neben einem enormen Fehlbestand an -außer landwirtschaftlichen- Erwerbsmöglichkeiten auch keine touristischen Leitbetriebe vorhanden waren.

Mit dem Fall des eisernen Vorhangs erkannten die verantwortlichen Politiker und Unternehmer das enorme Potential der Region und agierten und reagierten auf die neue Situation, die durch die Grenzöffnung 1989 zu den MOEL (Mittel Ost Europäische Länder) entstanden war. Die Stärken wurden auf die Erhaltung der intakten Natur, auf biologische Landwirtschaft und Gesundheit mit der Therme Laa gesetzt. Dieses Konzept war für die Region ökonomisch. Im Vergleich zu anderen regionalen Entwicklungsprojekten wie z.B.: „Region Leisser Berge“, Bezirk Mistelbach, der sich auf die Bereiche Kultur (Puppenfestspiele, Museum für Urgeschichte, MZMNitsch Museum), auf Wandern und Sinneserfahrungen spezialisiert hat, setzt die Region Land um Laa mit großem Erfolg auf die Schwerpunkte Wellness, Gesundheit und Ernährung. Beim Interview mit Bürgermeister OSR Karl Nagl wurde auf die momentane Situation der Biobauern und auf die Träger der finanziellen Unterstützung neuer Projekte im Land um Laa eingegangen und es entstand eine rege Diskussion. In der derzeitigen Situation der Finanzkrise, die sich auch in Österreich auf die Realwirtschaft ausdehnt, ist es derzeit sowohl für die Produktionsbetriebe, wie für die Gemeinden schwierig, die finanziellen Mittel für neue Investitionen aufzubringen. Deshalb wird auf Basis des derzeitigen Know How in der Region gewirtschaftet und die bestehenden Projekte gefestigt. Für die Zukunft wäre es nötig, eine zentrale Anlaufstelle für die Vermarktung der Bio-Produkte zu schaffen – dies wäre wünschenswert! 9. Schlussfolgerung Wir sind zu Erkenntnis gekommen: „Bio im Land um Laa – das zahlt sich aus“. Es zahlt sich aus für den Konsumenten, der durch biologische und regionale Produkte seine Gesundheit und Lebensqualtität erhöht; für den Unternehmer, der seine Produkte in der Region positiv vermarkten kann; für den Landwirt, der in der nahen Umgebung seinen Absatzmarkt findet und durch die umweltfreundliche Produktionsweise zur Erhaltung der intakten Natur beiträgt; für die Gemeinden und die Gesellschaft, da die diverse Projekte und Initiativen das soziale und ökonomische Umfeld der Bürger positiv beeinflusst. Der Zuzug von jungen Familien, sowie die Nachfrage nach Grund und Boden steigt wieder. Weiters für Schulen und Kindergärten, da bereits bei den Jüngsten das Bewusstsein für Gesundheit, gesunde Ernährung und Bewegung geschult wird; für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region; für den Erhalt der Kleinstruktur in der Landwirtschaft; für die Umwelt; die Artenvielfalt und den Schutz des Trinkwassers. Vor allem auch für die Gäste, die in einer gesunden Umwelt Wellness, gesunde Ernährung und attraktive naturnahe Angebote im Bereich des sanften Tourismus wie etwa Radfahren, Wanderungen, Urlaub am Bauernhof und gesunde kulinarische Angebote mit biologischen Lebensmitteln genießen können.

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10. Zusammenfassung Das Land um Laa hat seinen Besuchern und Bürgern Einiges zu bieten. Gesundheit, Wellness und gesunde Ernährung. Die Bewusstseinsbildung für eine gesündere Lebensweise wird hier nicht nur groß geschrieben, sondern vor allem aktiv gelebt. Hinter all dem stehen viele engagierte Menschen und Vereine, die mit innovativen Ideen, Engagement, Ausdauer und mit großem Mut bewiesen haben, wie positiv sich eine Region verändern kann. War man vor 20 Jahren noch eine Grenzregion, geprägt vom „Eisernen Vorhang“, von der Abwanderung junger Familien in die Städte und wenig wirtschaftlichen Perspektiven, so präsentiert sich die Region nun als fortschrittlich, jung, lebendig und vor allem als lebenswert. Der Zusammenhalt der Bevölkerung wird durch diverse Initiativen gestärkt. Die Region ist auf einem guten Weg – man hat die Chancen und Vorzüge der Region rechtzeitig und richtig erkannt, genützt und sich spezialisiert. Man lebt hier zwar an der Grenze – doch diese wurde schon längst überschritten.

11. Zahlen, Daten, Fakten 11.1. Bio-Betriebe (und Umstellungsbetriebe) in der Umgebung Gesamt Biobetriebe im Land um Laa/Bezirk Mistelbach Laut Liste von Hermann Frtz, BIO-ERNTE Austria Anerkannte Betriebe Umstellungs-Betriebe Gesamt

32 30 62

davon Biobetriebe im Land um Laa Anerkannte Betriebe Umstellungs-Betriebe Gesamt

19 14 33

davon Biobetriebe im restlichen Bezirk Mistelbach Anerkannte Betriebe Umstellungs-Betriebe Gesamt

13 16 29

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12 Literatur- und Quellenverzeichnis Artikel in Zeitschriften, Journals und Broschüren: „BIO AUSTRIA“, Neues aus der Landesorganisation Niederösterreich und Wien, 2008, Nr. 5 Rosemarie Zehetgruber „Ist Bio wirklich besser?“, Fakten zur Qualität biologisch erzeugter Lebensmittel, 2003 Ernten und Essen, „Gesunder Genuss im gesunden Land um Laa, was das Land zu bieten hat“. Diese Zeitung ist eine Initiative von Klimabündnis Grenzenlos und dem Tourismus- und Regionalentwicklungsverein Land um Laa, November 2006 „BIO“ Lebensmittel mit Charakter Broschüre „Alt-Prerau“, Biologischer Ackerbau im östlichen Weinviertel Broschüre „BIO AUSTRIA“, Bio-Landbau=Klimaschutz Broschüre „AGRAR PLUS“, Zukunft im ländlichen Raum Broschüre „Gesundheit im Land um Laa“, 2008 Internetquellen: http://de.wikipedia.org/wiki/Endogene_Regionalentwicklung www.regionalentwicklung.at www.agrarplus.at www.biolandumlaa.at www.landumlaa.at www.bioaustria.at www.lebensministerium.at http://www.agrarplus.at/vorstellung.firmenportrait.php?lang=de http://www.ganzgesund.at/aktuelles.html http://www.therme-laa.at/xxl/_lang/de/_area/415375/_subArea/415426/index.html

Interview: Ing.Michael Staribacher, Laa an der Thaya, 20.12.2008 Bürgermeister OSR Karl Nagl, Fallbach, 12.12.2008 Karl Nagl Junior, Laa an der Thaya, 28.11.2008

Persönliche Gespräche: Mag. Alfons Piatti, persönliches Gespräch am 23.11.2008 Dipl.Ing. Robert Harmer, persönliches Gespräch am 3.1.2009 Ing. Hermann Fritz, persönliches Gespräch am 5.1.2009

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D.6 Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal – von Johanna BISCHOF und Birgit HÖRBINGER

Abstract Im Fach „Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung“ wählten wir als Seminararbeitsthema „Urlaub am Bio-Bauernhof“. Grund für die Auswahl dieses Themas war die hohe Zahl an „Urlaub am Bauernhof“- Anbietern in unserer Region, dem Murtal. Um uns genauer zu informieren, suchten wir zwei Interviewpartnerinnen: Frau Marianne Hochfelner, eine Biobäuerin, die Urlaub am Bauernhof anbietet und Frau Ing. Gabriela Stein, eine Kammerangestellte, Fachberaterin für Ernährung und Erwerbskombination. Frau Ing. Stein ist zuständig für die Qualitätskategorisierung der Höfe in den Bezirken Judenburg, Knittelfeld und Leoben. Das Ergebnis unserer Recherche waren folgende Punkte: 1) Das System Urlaub am Bauernhof wird auch in der Praxis als flexibel empfunden und es bleibt genügend Freiraum für Individualität. 2) Es gibt gewisse Qualitätsauflagen, die in der Praxis schwer umzusetzen sind, wie zum Beispiel räumliche Gegebenheiten. 3) Das Angebot Spezialisierung wird in der Region Murtal von den Vermietern eher selten genützt. 4) Die Urlauber werden in das Alltagsleben am Bauernhof stark eingebunden. 5) Wir erkannten durch unsere Arbeit, dass Urlaub am Bauernhof nicht nur ein wichtiges Standbein für den bäuerlichen Betrieb darstellt, sondern auch auf die Region positive Auswirkungen hat.

Danksagung Vorab möchten wir uns bei allen Personen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Allen voran bei unserer Betreuerin, Frau Dipl.-Ing. Heidrun Leitner, für ihre Unterstützung. Sie hat dazu beigetragen, dass die anfänglichen Schwierigkeiten bei unserer ersten Seminararbeit zu keinem Hindernis, sondern zu einer Herausforderung wurden. Weiters danken wir Frau Ing. Gabriela Stein und Frau Marianne Hochfelner, die geduldig unsere Fragen beantwortet und sich sehr viel Zeit für uns genommen haben. Danke sagen möchten wir auch unseren Eltern, die es uns ermöglichen zu studieren und uns in schwierigen Phasen immer wieder neu motivieren.

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Die Marke Urlaub am Bauernhof 3. Qualitätskategorisierung

179 179 180

3.1. Voraussetzungen.......................................................................................................................... 180 3.2. Wozu eine Kategorisierung der Höfe? ......................................................................................... 180 3.3. Abgrenzung der Kategorien ......................................................................................................... 181

4. Spezialisierung

182

4.1. Kriterien zur Spezialisierung......................................................................................................... 182 4.2. Spezialangebote........................................................................................................................... 182 Urlaub am Biobauernhof.................................................................................................................. 183

5. Methoden 6. Interview 7. Diskussion 8. Schlussfolgerungen 9. Zusammenfassung 10. Literatur- und Quellenverzeichnis 11. Abbildungsverzeichnis

185 185 188 190 191 191 191

1. Einleitung 15.500 Zimmer oder/und Ferienwohnungen, 170.000 Gästebetten - das heißt jedes 7. Gästebett in Österreich wird von einer bäuerlichen Familie vermietet. Daher stellt Urlaub am Bauernhof für Tourismus und Wirtschaft eine bedeutende Einnahmequelle 34 dar. Außerdem bedeutet Urlaub am Bauernhof eine wesentliche Einkommensquelle für bäuerliche Betriebe. Bei diesen Betrieben stammen rund 1/3 des Gesamteinkommens aus diesem Zuerwerb. „Als Urlaub am Bauernhof wird eine Form der Vermietung an erholungssuchende Gäste bezeichnet, die in enger räumlicher und funktionaler Beziehung zu einem bewirtschafteten land- und 35 forstwirtschaftlichen Betrieb stehen [sic]“. Zur Differenzierung des großen Angebotes führt die Organisation Urlaub am Bauernhof Qualitätsprüfungen durch und weiters können sich die Höfe zur zusätzlichen Abgrenzung spezialisieren (zum Beispiel: Bio, Kinder…). Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der Region Murtal herauszufinden, wie diese Qualitätsprüfungen funktionieren, welche Kriterien der/die Landwirt/in erfüllen muss, um eine gute Bewertung zu erhalten und welche davon in der Praxis am schwersten umzusetzen sind. Wir wollten herausfinden, wie stark das Angebot der Spezialisierung in der Praxis genutzt wird und welche Rolle dabei Bio spielt. Auch die Frage, wie stark die Urlauber in das Alltagsleben am Bauernhof eingebunden werden, wird in dieser Arbeit behandelt. Weiters wurde untersucht, wie sich diese Form des Tourismus auf die ummittelbare Umgebung auswirkt und ob die Region einen direkten Nutzen aus Urlaub am Bauernhofbetrieben ziehen kann.

2. Die Marke Urlaub am Bauernhof

34

vgl. EMBACHER et al., 2001, 3

35

GRABNER, 2005, 6

179

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Abbildung 9: Das Markenzeichen von Urlaub am Bauernhof

36

37

Der Verein Urlaub am Bauernhof wurde 1972 mit 70 Betrieben gegründet. Die Marke „Urlaub am Bauernhof“ garantiert einen qualitätsgeprüften, gastfreundlichen Bauernhof, auf dem man die Landwirtschaft uninszeniert miterleben kann. Diese Marke kann mit den Schlagwörtern: Echt und ehrlich, wertvoll und preiswürdig, vielfältig und einzigartig und natürlich und lebendig beschrieben werden. Eine der Hauptaufgaben liegt darin, dass die zahlreichen Angebote für die Gäste differenzierbar gemacht werden. Die Bauernhöfe erhalten genaue Informationen welche Kriterien sie 38 zu erfüllen haben, um diesen Markennamen führen zu dürfen. Außerdem ist ein Mitgliedsbeitrag zu 39 bezahlen, der von der Bettenanzahl am Betrieb abhängt. Die interessantesten Märkte liegen für Urlaub am Bauernhof in den Gästen aus Deutschland und Österreich. Aber auch die Länder im Osten Europas werden durch die Osterweiterung der EU immer interessanter. Die Stärken dieser Organisation liegen darin, dass sich die Anbieter und die Mitarbeiter mit ihr sehr gut identifizieren können. Außerdem ist die Marke bereits stark vertreten und genießt einen guten Ruf, wie „glaubwürdig“, „authentisch“ und „echt“. Die Herausforderungen bestehen darin, dass die Vermarktungsmöglichkeiten im Internet gut genutzt 40 werden und das gute Preisleistungsverhältnis aufrechterhalten bleibt.

3. Qualitätskategorisierung 3.1. Voraussetzungen Um als Anwärter für eine Qualitätskategorisierung zu gelten, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Kriterium ist, dass es sich um einen „lebenden“ landwirtschaftlichen Betrieb handelt und dass die Bewirtschaftungsform für die Region typisch ist. Die Gäste müssen in die betrieblichen Abläufe einbezogen werden und den landwirtschaftlichen Charakter klar erkennen können, auch bei Nebenerwerb. „Die Gästebeherbergung muss im engen wirtschaftlichen und örtlichen Verbund mit dem 41 landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen.“ Außerdem muss die Angebotsphilosophie eingehalten werden. Bei Urlaub am Bauernhof beträgt die 42 maximale Bettenzahl 50 Betten pro Betrieb.

3.2. Wozu eine Kategorisierung der Höfe? Eine Kategorisierung ist sehr wichtig, weil damit dem Gast die Differenzierung des Angebotes leichter fällt. Für den/die VermieterIn dient diese als Orientierungshilfe. Das System gilt in ganz Österreich und 36

Abbildung 1: Quelle: http://www.landurlaub.at/

37

vgl. STEIN, G., Landesverband UaB Graz, Mitteilung vom 09.01.2009

38

vgl. GRABNER, 2005, 11f

39

vgl. STEIN, G., Landesverband UaB Graz, Mitteilung vom 09.01.2009

40

vgl. GRABNER, 2005, 13

41

URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 5

42

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH , 2009, 5

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

gewährleistet damit eine Sicherung der Qualität von Urlaub am Bauernhof. Obwohl das System als einheitlich gilt, wird darauf geachtet, die individuellen Besonderheiten der einzelnen Höfe nicht zu beeinflussen. Das System soll nicht starr sein, sondern auf die unterschiedlichen Gegebenheiten der 43 Vermieter (zum Beispiel: Lage, Bewirtschaftungsform…) Rücksicht nehmen.

3.3. Abgrenzung der Kategorien Die Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten, werden in drei Qualitäts-Kategorien nach ihrer Ausstattungsqualität, Bauernhof-Erlebnisqualität, Servicequalität und ihren allgemeinen Erhaltungszustand eingeteilt. Die grafische Darstellung dieser Kategorien erfolgt über die zwei, drei 44 oder vier Blumen (Margariten). Diese Kategorisierung ist für vier Jahre gültig und kann nach einer 45 erneut positiven Prüfung verlängert werden. Zwei Blumen (zufrieden stellend)

Abbildung 10: Margariten: zwei Blumenbetrieb Die Ausstattung ist einfach, aber sauber und funktionstüchtig. Die Übernachtung ist verhältnismäßig günstig und die Gäste können am Bauernhofleben teilnehmen. Alle Bewertungen müssen in allen Bereichen - Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und Servicequalität- die Anforderungen von zwei Blumen, oder darüber erfüllen, sonst ist keine Einstufung möglich. Drei Blumen (gut)

Abbildung 11: Margariten: drei Blumenbetrieb Die Kategorisierung „Gut“ garantiert eine wohnliche Atmosphäre, einen optimalen Preis und eine ordentliche, saubere Ausstattung. Bäuerliche Produkte sind erwerbbar und das Bauernhofleben ist echt und uninszeniert spürbar. Die Familie bietet ein reichhaltiges, bäuerliches Frühstück an. Um diese Blumenanzahl zu erhalten, müssen mindestens 80 % der Bewertungen in den Bereichen Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und Servicequalität dem Standard von drei, oder vier Blumen entsprechen.

Vier Blumen (sehr gut)

43

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 2

44

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 7

45

vgl. GRABNER, 2005, 14

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Abbildung 12: Margariten: Vier Blumenbetrieb

46

In einem Vier- Blumenbetrieb findet man eine harmonische Ausstattung mit zeitgemäßem, geschmackvollem Stil. Die Einrichtung ist von hoher Qualität. Die Vermieter bieten dem Gast einen Bauernhof mit typischem Charakter, auf dem er gerne mitarbeiten kann. Die Betreuung ist aufmerksam und das Service vielfältig und bemüht. Das Gesamtbild des Hofes lädt zum Wohlfühlen ein. Diese Qualitätsstufe wird nur genehmigt, wenn mindestens 80 % der Bewertungen in den Bereichen Ausstattungs-, Bauernhof-, Erlebnis- und Servicequalität dem Standard von vier Blumen entsprechen. 47

4. Spezialisierung Um das große Angebot von Urlaub am Bauernhof übersichtlicher zu gestalten und den Gästen die Auswahl zu erleichtern, gibt es für die landwirtschaftlichen Betriebe die Möglichkeit der Spezialisierung. Die Spezialisierung stellt ein Zusatzangebot dar, dass sich genau an den Bedürfnissen der Gäste orientiert und beinhaltet eine zusätzliche Qualitätsüberprüfung. Betriebe können dadurch ihre Besonderheiten besser vermarkten und so leichter Marktnischen besetzten. Diese Tatsache führt auch zu einer erhöhten Auslastung in den nicht so ertragsreichen Nebensaisonen. Ein weiterer Vorteil der Spezialisierung ist, dass man höhere Preise auch mit dem zusätzlichen Mehraufwand rechtfertigen kann. In allen neun Bundesländern gelten gleiche Richtlinien, um die allgemeinen Qualitätsstandards bestmöglich zu erfüllen.

4.1. Kriterien zur Spezialisierung Um ein „spezialisierter Urlaub am Bauernhof Betrieb“ zu werden, gilt es, gewisse Kriterien zu erfüllen, die für alle Spezialangebote gültig sind. Es dürfen nur vom Bundesverband „Urlaub am Bauernhof“ kategorisierte und qualitätsgeprüfte Betriebe ein Spezialangebot beantragen. Auf Weiterbildung wird sehr viel Wert gelegt. Aus diesem Grund werden immer wieder Exkursionen ausgeschrieben, Seminare angeboten oder Arbeitsgruppen gebildet, um Erfahrungen auszutauschen. Einmal jährlich muss daran verpflichtend teilgenommen werden. Darüber hinaus gibt es noch genauere Auflagen, die sich mit den Wünschen und Bedürfnissen der Gäste auseinandersetzen und regelmäßig aktualisiert werden.

4.2. Spezialangebote

- Urlaub am Biobauernhof - Gesundheitsurlaub am Bauernhof - Urlaub am Baby- und Kinderbauernhof - Urlaub am Bauernhof für Rollstuhlfahrer und bewegungseingeschränkte Menschen 46

Abbildung 2, 3 ,4: Quelle: http://www.stantonamarlberg.com/sommer/ViewPage.asp?Site=STANTON_SOMMER&PageID=259& Params=PageID:234 47

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 7f, 29

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

- Urlaub am Reiterbauernhof - Urlaub am Radlerbauernhof - Urlaub am Weinbauernhof

Abbildung 13: Spezialangebote

48

49

Urlaub am Biobauernhof 50

„Wenn Bio drauf steht, muss auch Bio drin sein!“ , das verspricht das Spezialangebot Urlaub am Biobauernhof. Diese Spezialisierung ist ausgerichtet auf Menschen, die sich genauer mit den Themen Umweltschutz, artgerechte Tierhaltung, geschlossene Kreisläufe und gesunde Ernährung befassen. Diese Zielgruppe ist sehr gut informiert und erwartet das auch vom jeweiligen Betrieb. Um den Begriff „Bio“ authentisch wiederzugeben, müssen spezielle Kriterien erfüllt werden. Diese werden aufgeteilt in Muss- und Soll-Kriterien.

48

URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 5

49

Abbildung 5: Quelle: http://www.urlaubambauernhof.net/

50

URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 7

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Muss-Kriterien Zu den Muss-Kriterien zählen allgemeine Kriterien, wie die Mitgliedschaft in einem anerkannten österreichischen Bioverband, Anreise, Information, Ausstattungsqualität, Verköstigung, Mülltrennung, Verwendung umweltfreundlicher Materialien und die Bewirtschaftung des Gartens. Der Gast muss die Möglichkeit haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen und mit diesen auch diverse Attraktionen besuchen zu können. In jedem Zimmer muss eine Infomappe aufliegen, die folgende Inhalte enthält: 

einen Hinweis auf ein garantiert biologisches Frühstück,



Grundlegendes über den Betrieb, wie Datum der Umstellung auf Bio und Gründe für die Umstellung



einen Aushang über anstehende Arbeiten wie Heuernte oder Äpfelpflücken



Informationen darüber, welche biologischen Produkte in der Region erhältlich sind, und

 eine Liste von Gasthäusern, die eine biologische, vollwerte und vegetarische Küche anbieten. Bei der Ausstattung darf keine Plastikdekoration verwendet werden, sondern Materialen wie Leinen, Baumwolle oder Schafwolle. Wenn möglich, sollten diese aus der Region stammen, oder zumindest aus biologischem Anbau. Bei der Inneneinrichtung ist es wichtig, umweltverträgliche Innenanstriche zu verwenden und für die Böden keine PVC - Beläge sondern Holz, Kork oder Stein. Das Frühstück muss aus biologischen Produkten bestehen, wenn diese nicht aus der eigenen Landwirtschaft stammen, können sie zugekauft werden, dann muss für den Gast aber ersichtlich sein, woher und von wem diese stammen. Sollten auch nicht biologische Produkte angeboten werden, müssen diese als solche deklariert werden. Im Bereich Müll hat der Vermieter darauf zu achten, dass er umweltfreundliche Verpackungen verwendet, wie zum Beispiel Mehrwegflaschen statt Papierpackungen. Die Mülltrennung muss gut nachvollziehbar sein, mit Hilfe von sauberen, verschließbaren und beschrifteten Sammelbehältern, die auch für Gäste gut zu erreichen sind. Gereinigt wird mit biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln. 51 Der Garten muss natürlich nach den biologischen Richtlinien bewirtschaftet werden. Soll-Kriterien Von den folgenden Sollkriterien müssen mindestens die Hälfte erfüllt werden: 

Typisches aus der Region und dem Biolandbau soll den Gästen zum Kauf angeboten werden – auch von anderen Biobauern



Kinderspielplatz – alle Geräte aus Holz



Wasserspartaste bei Spülkästen



Energiesparlampen bei Dauerbeleuchtung



Solaranlage, Hackschnitzelheizung oder Scheiterholz-Vergaserkessel Heizung



Biologische Kläranlage



Netzfreischaltung



auf Störfelder (Wasseradern, Verwerfungen, sonstige magnetische Felder,…) überprüfte Schlafplätze (Nachweis vorlegen)

52

Wenn alle Muss-Kriterien und 50% der Soll-Kriterien erfüllt werden, kann sich der „Urlaub am Bauernhof“ Betrieb als „Urlaub am Bio-Bauernhof“ ausweisen.

51

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 4ff

52

URLAUB AM BAUERNHOF, 2001, 10

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

5. Methoden Interview mit Frau Ing. Grabriela Stein: Durch ein Telefonat mit Kammersekretär Ing. Rathschüller wurden Johanna Bischof und Birgit Hörbinger auf Frau Ing. Gabriela Stein aufmerksam. Um ein persönliches Treffen wurde gebeten. Am 09.01.2009 um 9.30 Uhr besuchten Johanna Bischof und Birgit Hörbinger, Frau Ing. Gabriela Stein in der Landwirtschaftskammer Judenburg in der Frauengasse 19, um ein Interview zum Thema: „Qualitätskategorisierung von Urlaub am Bauernhof “ durchzuführen. Frau Ing. Stein ist Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination und damit zuständig für die Qualitätseinteilung (Blumenvergabe) der Urlaub am Bauernhofbetriebe in den Regionen Judenburg, Knittelfeld und Leoben. Frau Ing. Stein wurde aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung in diesem Arbeitsbereich in der Region Murtal für die Befragung ausgewählt. Auf Wunsch von Frau Ing. Stein wurde das Interview in ihrem Büro durchgeführt. Bei einem Interview mit Leitfaden musste Frau Ing. Stein auf ganz konkrete Fragen Antworten geben. Das Interview wurde mit Hilfe des MP3-Players Medion Life P60002 aufgenommen und zusätzlich wurde stichwortartig mitgeschrieben. Das Gespräch endete um 11.00 Uhr. Die Antworten wurden dann unter Zuhilfenahme der Mitschrift und der Aufnahme schriftlich ausformuliert.

Interview mit Frau Marianne Hochfelner: Am 10.01.2009 von 9.30 Uhr bis 10.45 Uhr befragten Johanna Bischof und Birgit Hörbinger, Frau Marianne Hochfelner auf ihrem Biobauernhof am Fressenberg 6, 8733 St. Marein bei Knittelfeld. Dieser Hof wurde aufgrund seiner hohen Qualitätskategorisierung- vier Blumen- und des vorbildlichen Biobetriebes für dieses Interview ausgewählt. Aufmerksam wurden Johanna Bischof und Birgit Hörbinger auf diesen Hof durch die Internetseite „http://www.urlaubambauernhof.at/“, auf der man nach Urlaub am Bauernhofbetrieben in konkreten Gebieten suchen kann. Frau Hochfelner wurde zu ihrem Tourismusbetrieb und ihrem Bauernhof befragt. Aufgezeichnet wurde die Befragung mit Hilfe des MP3-Players Medion Life P60002 und einer stichwortartigen Mitschrift. Im Anschluss an das Interview wurden noch einige Fotos vom Hof und den Zimmern mit einer Digitalkamera von Sony gemacht. Das Interview wurde mit Hilfe der Mitschrift und der Aufnahme schriftlich ausformuliert.

6. Interview Unser empirischer Teil der Arbeit besteht aus zwei Interviews. Wir haben Frau Ing. Stein, eine Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination und damit zuständig für die Qualitätseinteilung (Blumenvergabe), und eine Biobäuerin, die selbst Urlaub am Bauernhof anbietet, Frau Hochfelner, befragt. Unsere Interviewfragen konzentrierten sich auf die Themen Qualitätskategorisierung, Gäste, Schwierigkeiten und Motive für Umstieg auf Urlaub am Bauernhof, Angebote im Murtal und Einfluss auf diese Region. Qualitätskategorisierung: Frau Ing. Stein erwähnte den neuen Katalog, der ab 01.01.2009 in ganz Österreich einheitlich gültig ist. Wie gehabt werden Gästebetriebe in zwei, drei oder vier Blumenkategorien eingestuft. Das alte System war laut Frau Ing. Stein auf das Zählen von Punkten ausgerichtet, das neue hingegen wurde an die Bedürfnisse und Wünsche der Urlauber angepasst. Es wurden intensive Befragungen der Gäste durchgeführt, um herauszufinden, was dem Gast wertvoll ist und was er schätzt.

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VS 933.111 Ökologische Landwirtschaft und regionale Entwicklung

Zwar bezieht sich die Beurteilung noch immer auf die drei Hauptkategorien Ausstattung, Service und Bauernhofqualität, aber jetzt wird mehr auf die Qualität geachtet und mehr aus der Sicht des Gastes bewertet. Frau Ing. Stein sieht darin eine Chance für die Betriebe, weil man sich nicht mehr auf Einzeldinge fixiert, die dem Gast nicht wichtig sind und die oft Punkte gekostet haben. Andererseits ist das System auch strenger geworden, weil zum Beispiel allein das Vorhandensein einer Sauna nicht mehr automatisch Punkte bedeutet, sondern auch die Qualität der Sauna einwandfrei sein muss. Frau Ing. Stein vermutet, dass einige Betriebe dadurch eine Abstufung erleben könnten. Auch Frau Hochfelner steht diesem neuen System positiv gegenüber und erwartet sich dadurch, dass sie ihre Ausstattung der Gästezielgruppe besser anpassen kann. Sie betreibt im Moment einen vier Blumen Betrieb und hat auch mit dem neuen System keine Angst vor einer Abstufung. Frau Hochfelner hofft, dass das neue Kategorisierungssystem flexibler ist als das alte, weil sie früher gezwungen war gewisse Einrichtungen zu besitzen, die für ihre Zielgruppe nicht von Bedeutung waren. Frau Ing. Stein glaubt auch, dass das neue System flexibler ist als die alte Punktezählerei. Für die Durchführung der Qualitätsprüfung gibt es eine eigene Kommission. Frau Ing. Stein bevorzugt es, wenn eine Fachberaterin, ein Funktionär, ein Vertreter des Landesverbandes und eventuell auch zum Beispiel der Vorstand des Vereins dabei sind. Jeder Kommissionsteilnehmer beurteilt den Hof eigenständig und erst zum Schluss setzt man sich zusammen und tauscht die unterschiedlichen Meinungen aus. Der Betrieb erfährt das Ergebnis sofort und erhält auch Erklärungen und Informationen. Auf die Frage, ob es ihr schwer fällt, befreundete Bauernhofbetriebe zu beurteilen, antwortet Frau Ing. Stein, dass sie kein Problem damit hat, weil die Qualitätsmerkmale, die erreicht werden müssen, genau aufgelistet sind und daher genau begründet und erklärt werden können. Zusätzlich zu den vier Blumen gibt es noch eine Möglichkeit zur Spezialisierung. Frau Ing. Stein sieht in den sieben Spezialisierungsmöglichkeiten eine Chance für Betriebe ihre besonderen Fähigkeiten für alle Gäste sichtbar hervorzuheben. Frau Hochfelner hat sich gegen ein Spezialangebot entschieden mit der Begründung, dass die Palette an Gästen, die sie ansprechen will, dadurch größer und vielschichtiger ist. Sie besitzt zwar einen BioBauernhof, will aber keine „Bio-Freaks“, die von ihr verlangen, dass absolut alles biologisch ist. Auch das Frühstück ist als spezialisierter Bio-Betrieb komplizierter, weil man ganz bestimmte Produkte immer anbieten muss. Ohne diese Spezialisierung fällt ihr die Bewirtung einfach leichter. Es gibt auch Gäste, die wert auf Bio legen, aber da sie seit 1995 eine biologische Landwirtschaft betreibt, wird auch diese Zielgruppe angesprochen. Umstellung auf Urlaub am Bauernhof Jeder Betrieb muss eine Grundkategorisierung haben und Vereinsmitglied bei Urlaub am Bauernhof sein, um Anwärter für die Qualitätseinstufung zu sein. Für Frau Ing. Stein ist eine weitere wichtige Voraussetzung auf jeden Fall, dass die Familie dafür passt. Nicht jede Familie kommt für einen ständigen Gästebetrieb in Frage. Auch der Betrieb und die Räumlichkeiten müssen den Anforderungen entsprechen. Frau Hochfelner behandelt ihre Gäste wie gute, alte Freunde und integriert diese voll in ihre Familie. Frau Ing Stein findet, dass der Bauernhof und der Gästebetrieb eine klassische Einkommenskombination sind. Urlaub am Bauernhof bietet ein zusätzliches Standbein und hilft, den Vollerwerb und den Betriebsstandort zusätzlich abzusichern. Auch für Frau Hochfelner ist die Vermietung ein Zuverdienst, damit sie mit ihrem Mann zu Hause bleiben kann. Außerdem sind nach dem Auszug der zwei älteren Töchter genügend Räume zur Verfügung gestanden, und auch der Raum im Nebengebäude wird dadurch genutzt. Die meisten Umstellungen auf Urlaub am Bauernhof erfolgen laut der Erfahrung von Frau Ing. Stein bei jungen Bauern/Bäuerinnen, zum Beispiel direkt nach der Hofübernahme, denn die Auflagen sind hoch und oft mit baulichen Veränderungen gekoppelt. Probleme gibt es dabei natürlich mit der Ausstattung der Zimmer bzw. Ferienwohnungen, da dahinter teilweise große Investitionen stehen.

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Viele haben auch Schwierigkeiten mit den vorgegebenen Mindestgrößen der Zimmer, weil sie an ihre Räumlichkeiten gebunden sind. Auch im Service wird sehr viel verlangt. Vor allem, wenn nur mehr zwei Leute im Betrieb arbeiten, sind die Auflagen für die Erlebnisqualität eine Herausforderung. Man muss zum Beispiel geführte Wanderungen anbieten und die brauchen natürlich auch dementsprechend Zeit. Frau Hochfelner arbeitet mit ihrem Mann alleine am Betrieb und kennt diese Probleme. Vor allem im Sommer ist es oft schwierig die Bedürfnisse der Gäste mit den Pflichten am Hof zu vereinbaren. Die vorgegebenen Mindestgrößen der Ferienwohnungen waren auch für Frau Hochfelner nicht zu erfüllen. Ihr Raum mit Kochnische, Bad, Essecke und Bett wurde bei der letzten Überprüfung aufgrund dieser Vorschriften von einer Ferienwohnung auf ein „normales“ Zimmer zurückgestuft. Angebot in der Region Murtal: In unserer Region sind Spezialisierungen eher dünn gesät. Frau Ing. Stein betreut selbst keinen einzigen spezialisierten Betrieb in Judenburg. Viele Betriebe sind Bio, haben sich aber nicht von Urlaub am Bauernhof spezialisieren lassen. Es gibt einige Gesundheitsbauernhöfe in der Region mit besonderen Angeboten, wie zum Beispiel traditionelle chinesische Medizin oder Kneipp Touren. Ein Bauer hat sogar die Ausbildung zum Gesundheitsbegleiter gemacht, ein anderer ist gelernter Koch und bäckt für seine Gäste. Frau Hochfelner hat sich zur Seminarbäuerin ausbilden lassen, um den Gästen mehr Informationen zu heimischen Produkten und deren Besonderheiten geben zu können. Gäste Die Nachfrage ist laut Frau Ing. Stein nach wie vor steigend in der Region Murtal. Hauptsächlich interessieren sich die Gäste für Ferienwohnungen, da sie genügend Platz zum Leben haben wollen. Weiters liegen auch Almhütten stark im Trend. Die meisten Gäste in der Region, die Urlaub am Bauernhof in Anspruch nehmen, sind Eltern mit ihren Kindern. Aber auch rüstige Senioren interessieren sich für das Wanderangebot und kommen gerne. Frau Hochfelner sprich mit ihrem Hof genau diese Zielgruppe an. Ihre Urlauber kommen aus Österreich, Deutschland, Holland, Italien, England und Belgien. Aus Österreich kommen viele Oberösterreicher, Wiener, Grazer, Kärntner. Die Gäste sind nicht ausschließlich Leute aus der Stadt, sondern es sind auch welche dabei, die vom Land kommen. Frau Hochfelner hat viele Stammgäste, die schon einige Jahre hintereinander immer wieder auf ihren Hof kommen. Ein Highlight im Sommer ist immer der Besuch von Gästen aus dem Zillertal. Das sind 6-8 Leute, die schon seit 25 Jahren zu ihr kommen und schon richtige Freunde sind. Diese Woche ist dann aber auch immer besonders anstrengend für die Familie. Frau Ing. Stein sieht in der starken Einbeziehung der Gäste in das Hofleben einen großen Vorteil von Urlaub am Bauernhof. Die Gäste bevorzugen den Kontakt, sonst würden sie in ein Hotel gehen. Sie wollen einen echten, möglichst uninszenierten Bauernhofalltag miterleben. Die Möglichkeiten einer Hofführung und der Mitarbeit im Betrieb sind Pflicht für Urlaub am Bauernhofanbieter und damit auch in den Kriterien dafür verankert. Frau Hochfelner lebt diese Philosophie auf ihrem Gästebetrieb voll aus. Ihre Gäste legen sehr viel Wert auf das Eingebundenwerden in den Alltag und helfen im Stall oder bei diversen Arbeiten. Manche Frauen wollen auch lernen, wie man bestimmte regionale Spezialitäten zubereitet, wie zum Beispiel einen Strudelteig, eine Saure Suppe, Marmeladen, Säfte oder einen Braten. In solchen Fällen hilft ihr die Ausbildung zur Seminarbäuerin. Ein deutscher Gast der Familie Hochfelner empfindet gerade diese familiäre Atmosphäre als sehr angenehm und kommt deswegen auch schon seit fünf Jahre regelmäßig zu Besuch. Natürlich gibt es auch manchmal Konflikte, wenn Gäste und Vermieter auf so engem Raum zusammenleben. Frau Ing. Stein weiß aus ihrer Erfahrung, dass es manchmal zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann, wenn zum Beispiel die Kinder der Gäste vom Bauern

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ermahnt werden. Oft haben Eltern nicht die Einsicht, dass es auf einem Bauernhof gefährlich sein kann. Es kann auch zu Problemen kommen, wenn Gäste am Abend sehr gerne lang sitzen und sich unterhalten wollen, da der Bauer/die Bäuerin in der Früh aufstehen und arbeiten muss. Ihrer Meinung nach haben die Urlaub am Bauernhofanbieter das jedoch meistens sehr gut im Griff und das Zusammenleben funktioniert im Allgemeinen sehr gut. Frau Hochfelner hält die Konflikte mit ihren Urlaubern für harmlos. Es gab nur einmal ein Wiener Ehepaar, das sehr genau war und alle Dinge, die es als störend empfunden hat, auf eine Liste geschrieben und ihnen vorgelegt hat. Frau Hochfelner glaubt, dass Leute, die Urlaub am Bauernhof in Anspruch nehmen, keine Perfektion verlangen und das Leben der Bauern möglichst naturgetreu erleben wollen. Einfluss auf die Region Die Besonderheiten des Betriebes von Frau Hochfelner sind der „urige“ Bauernhof und eine sehr schöne Aussicht. Gäste aus der Stadt legen viel wert auf dieses ländliche Flair. Die Region Murtal wird noch als „echt“ und „natürlich“ empfunden. Es gibt auch sehr viele Ausflugsziele in dieser Gegend, wie zum Beispiel das Vivarium, den Tierpark Mautern, das Holzmuseum in St. Ruprecht, den Sternenturm in Judenburg (ein Planetarium), das Stift Seckau, den Märchenwald in St. Georgen ob Judenburg, die Therme Aqua Lux in Fohnsdorf und viele Teiche, wie den Zechner Teich, die Grüne Lagune, den Kraubather Teich. Der Hof liegt zentral inmitten dieser Angebote. Frau Hochfelners Gäste tragen somit auch zur besseren Auslastung dieser Betriebe bei. Für das Essen versucht Frau Hochfelner regionale Produkte zu kaufen und preist diese auch den Gästen an, wie zum Beispiel den Murtaler Steirerkäse. Weiters profitieren umliegende Gastwirte, die durch ihre Gäste mehr Umsatz machen, wie zum Beispiel das Gasthaus „Sucher“, das sich sehr nett um Gäste kümmert und auch zu ungünstigen Zeiten die Küche aktiviert. Wir bedanken uns bei Frau Hochfelner für ihre Zeit und machen im Anschluss noch ein paar Fotos von ihrem Hof. Unser Dank gilt auch Frau Ing. Stein, die uns sehr geduldig unsere Fragen beantwortete und uns ausreichend mit Informationsmaterial versorgt hat. 7. Diskussion Die Auflagen für die verschiedenen Qualitätskategorisierungen sind streng, trotzdem will der Verein Urlaub am Bauernhof die Vielfalt und Individualität der bäuerlichen Betriebe erhalten. „Das System soll Freiräume für individuelle Besonderheiten lassen. Die Kategorisierung soll und darf nicht zu einer ‚Gleichmacherei’ führen, denn die Vielfalt der Höfe und der Menschen sind ein besonderes 53 Charakteristikum von Urlaub am Bauernhof.“ Diese Ansicht vertritt auch Frau Ing. Stein, die Fachberaterin für Ernährung- und Erwerbskombination und damit zuständig für die Qualitätseinteilung (Blumenvergabe) der Urlaub am Bauernhofbetriebe in den Regionen Judenburg, Knittelfeld und Leoben ist. Vor allem betont sie die positive Entwicklung dieses Systems, in der seit 01.01.2009 gültigen Fassung. Das neue System hält sie für flexibler als die „alte Punktezählerei“. Ihrer Meinung nach geht dieses mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche der Urlauber ein. Die Kategorisierung der Bauernhöfe erfolgt nach einem strengen Muster und genauen Regeln. In der Realität stehen hinter diesen Regeln jedoch oft Familienbetriebe oder bemühte Einzelpersonen. Wir haben uns gefragt ob es dem/der PrüferIn zum Teil schwer fallen könnte die Qualitätsprüfungen objektiv und konsequent zu vollziehen, wenn diese/r die Familie gut kennt. Frau Ing. Stein widerlegt diese Befürchtung, da es sich hier um schriftlich festgelegte Kriterien handelt, die daher auch nicht durch persönliche Beziehungen abgeändert werden können. Sie stellt jedoch auch fest, dass im neuen System von den Qualitätsprüfern mehr Erfahrung und eigene Argumentation verlangt wird und diese Tatsache eventuell zu Problemen für den Prüfer führen könnte. Probleme für den Vermieter ergeben sich oft aus den strengen Qualitätsbedingungen. 53

URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2009, 2

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

Der Verein Urlaub am Bauernhof verlangt von seinen Mitgliedern teilweise schwer zu erfüllende Kriterien Noch schwieriger zu erfüllen sind die Auflagen bei den Spezialisierungen. Für die Spezialisierung zu einem Biogästebetrieb muss sogar bei der Inneneinrichtung darauf geachtet werden, natürliche Materialen zu verwenden. Der Boden sollte hier ausschließlich aus den Materialen Stein, Kork oder Holz bestehen. Beim Frühstück muss aufgelistet werden, welche Produkte selbst erzeugt bzw. welche 54 von wo und wem zugekauft werden. In der Praxis liegen die Probleme, laut Frau Ing. Stein, vor allem in der Ausstattung des Betriebes und den Räumlichkeiten. Viele sind hier durch ihre räumlichen Gegebenheiten eingeschränkt und können das Mindestmaß für die Zimmergröße einfach nicht erfüllen. Außerdem ist die Ausstattung natürlich auch immer eine finanzielle Frage und vielen Bauern sind hier die Hände gebunden. Frau Hochfelner, eine Biobäuerin, die selbst Urlaub am Bauernhof betreibt, lehnt eine Spezialisierung ihres Hofes auf Bio aus mehreren Gründen ab. Für sie sind die Auflagen für eine Spezialisierung ein Mehraufwand, der sich ihrer Meinung nach finanziell nicht lohnt. Ihr würde zum Beispiel das Frühstück und Abendessen Schwierigkeiten bereiten. Außerdem glaubt sie ohne eine Spezialisierung eine größere Zielgruppe an Gästen anzusprechen. Die Gäste, die diese Spezialisierungsangebote für Bio in Anspruch nehmen, sind sehr gut informiert und verlangen dies auch von dem jeweiligen Betrieb. Sie befassen sich mit den Themen gesunde 55 Ernährung, Tierschutz und nachhaltige Wirtschaftsweisen. Frau Hochfelner befürchtet daher, dass sich diese Gäste zu stark in ihren Betrieb einmischen und sie dadurch unnötig unter Druck setzen könnten. Laut Frau Ing. Stein gibt es in der Region Murtal keinen einzigen auf Bio spezialisierten Betrieb. Die strengen Auflagen und die Einschränkung der Zielgruppen könnten ihrer Meinung nach Gründe für dieses Phänomen sein. Die meisten kommen auf einen Hof, um das landwirtschaftliche Leben uninszeniert und echt mitzuerleben. Der Verein Urlaub am Bauernhof besteht daher auf eine Einbindung der Gäste in das Alltagsleben und bewirbt dies auch in seinen Prospekten: „Wer seine Ferien am Bauernhof verbringt, lebt mit seinen Gastgebern. Wer da ist, ist da und ist eingeladen, mitzuessen, mitzufeiern und auch 56 einmal mitanzupacken - im Stall, am Feld, im Obst- und Gemüsegarten oder in der Küche.“ Diese Aussage konnte von Frau Ing. Stein bestätigt werden. Sie sieht darin die Besonderheit und die große Stärke von Urlaub am Bauernhof. Frau Hochfelner lässt ihre Gäste auch gerne im Stall mitarbeiten und sieht es als lustige Abwechslung. Ein Gast, der auf ihrem Hof Urlaub macht liebt die bäuerliche Atmosphäre und fühlt sich bei Frau Hochfelner wie zu Hause. Bei so viel Eingebundenheit in die Familie kann es aber auch zu Konflikten zwischen Gästen und Vermietern kommen. Ein Streitpunkt ist laut Frau Ing. Stein unter anderem, wenn ein Bauer die Kinder der Gäste zu deren Sicherheit zurechtweist. Frau Marianne Hochfelner empfindet ihre Gäste als großteils hilfsbereit und verständnisvoll. Bei ihr am Hof kommt es nur sehr selten zu Unstimmigkeiten, da Frau Hochfelner mit großem Einfühlungsvermögen auf ihre Gäste eingeht. Um den Urlaub abwechslungsreich zu gestalten, hat Frau Hochfelner eine Liste von Angeboten in der Region für ihre Gäste bereitgestellt. Durch diese Empfehlung profitieren auch die Freizeitangebote in der Region rund um ihren Hof. Die umliegende Gastronomie kann auch einen Nutzen aus den Urlaub am Bauernhofgästen ziehen. Für eine ländliche Region wie das Murtal ist es folglich sehr wichtig, Urlaub am Bauernhofbetriebe zu beheimaten, denn diese Betriebe fördern auch die Wirtschaft in ihrer Umgebung. „Damit kommt ‚Urlaub am Bauernhof’ sowohl in der Landwirtschaft als auch im Tourismus eine 57 erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu.“ 54

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 8f

55

vgl. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH, 2001, 7

56

LANDESVERBAND „URLAUB AM BAUERNHOF“, 2008, 2

57

EMBACHER et al., 2001, 3

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8. Schlussfolgerungen In unserer Arbeit stellten wir uns die Frage, wie stark das Angebot der Spezialisierung im Murtal genutzt wird. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass einige der Bauern/Bäuerinnen auf diese zusätzliche Kategorisierung verzichtet, weil sie der Meinung sind, dass sich dieser Mehraufwand nicht lohnt. Außerdem wird die Spezialisierung als zusätzliche Belastung empfunden und die Vermieter befürchten, dass die Zielgruppen dadurch eingeschränkt werden. Vor allem die Spezialisierung Bio wird von den Bauern abgelehnt, aufgrund schwer erfüllbarer Auflagen und aus Angst vor zu anspruchsvollen Gästen. Eine weitere Beobachtung war, dass es in der Region Murtal nur wenige klassische Urlaub am Bauernhof Betriebe gibt, sondern sich die Form der Vermietung eher in Richtung Almhütten verlagert hat. Die Kriterien der Qualitätskategorisierung sind zwar streng, dieses System wird aber trotzdem als flexibel wahrgenommen. Für Individualität bleibt genug Freiraum. Die Marke Urlaub am Bauernhof 58 steht für echt und ehrlich und auch in der Praxis empfinden die Gäste das Angebot auf den Höfen als authentisch und unverfälscht und die Beziehung zu den Vermietern als aufrichtig und offen. Das Zusammenleben von Tieren und Menschen wird als harmonisch beurteilt. Trotz der strengen Auflagen finden wir die Kategorisierung nicht aussagekräftig. Es herrschen große Unterschiede innerhalb einer Kategorie in ganz Österreich. Wir haben bei unserer Recherche herausgefunden, dass man zum Beispiel innerhalb von vier Blumenbetrieben große Unterschiede in der Qualität und Quantität der Ausstattung feststellen kann. Bis jetzt hat das reine Vorhandensein einer Sauna schon gereicht, um zum Beispiel eine Kategorie aufzusteigen, ohne dass auf die Qualität Rücksicht genommen wurde. Unserer Meinung nach sollte die beste Kategorie (vier Blumen) sorgfältiger vergeben werden, und auf einen gleichmäßigen Standard geachtet werden. Wir hoffen, dass diese Unterschiede in der Qualität in einer Kategorie durch das neue Bewertungssystem minimiert werden können. Die Kategorisierung ist demnach nur sinnvoll, wenn die unterschiedlichen Qualitätsstufen in ganz Österreich für die Gäste vergleichbar sind. Obwohl sich die Gäste in das Arbeitsleben am Hof einbringen können, nutzen diese ihren Urlaub auch sehr oft für Ausflüge in der Region. Diese Tatsache führt dazu, dass auch die Umgebung eines Urlaub am Bauernhof Betriebes profitiert. Am Anfang unserer Arbeit wollten wir uns mit spezialisierten Bio Betrieben beschäftigen. In der Region Murtal gibt es jedoch keinen Betrieb dieser Art. Daher ist die Frage offen geblieben, wie diese Höfe ihren Gästebetrieb führen. Aufgrund des fehlenden Interviewpartners in diese Richtung konnten wir die praktische Seite der Spezialisierung nicht erfassen. Die Forschungsmethode Interview erschien uns für die Seminararbeit als passend. Einziger Nachteil ist das nicht repräsentative Ergebnis. Urlaub am Bauernhof ist eine wichtige Form des Tourismus in Österreich. Das Betreiben von Urlaub am Bauernhof dient den Landwirten als Zusatzeinkommen und sichert dadurch den Erhalt der kleinstrukturierten Landwirtschaft in Österreich.

58

GRABNER, 2005, 12

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D Innovationen im Biolandbau und in der regionalen Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft

9. Zusammenfassung Urlaub am Bauernhof ist nicht nur eine Form von Tourismus sondern seit 1972 auch eine Marke, deren Ziel es ist, den Gästen eine möglichst hohe Qualität zu bieten. Die Aufgabe des Vereins ist das vielfältige Angebot der Vermieter übersichtlich zu gestalten. Als Orientierung für den Gast wurde ein Qualitätskategorisierungssystem eingeführt. Der Gast kann zwischen den Kategorien 2, 3, oder 4 Blumen wählen. Eine weitere Differenzierung kann der Betrieb mit Hilfe der Spezialisierung, die eine zusätzliche Qualitätsüberprüfung fordert, durchführen. Der praxisbezogene Teil der Arbeit umfasst zwei Interviews, die von uns durchgeführt wurden. Wir befragten Frau Ing. Stein, eine Kammerangestellte, die für die Kategorisierung von Urlaub am Bauernhof zuständig ist und eine Biobäuerin aus der Region Murtal, die Urlaub am Bauernhof anbietet. Aus den Gesprächen ergibt sich folgende Schlussfolgerung: Das System Urlaub am Bauernhof wird auch in der Praxis als flexibel empfunden und es bleibt genügend Freiraum für Individualität. Es gibt gewisse Auflagen, die in der Praxis schwer umzusetzen sind, wie zum Beispiel räumliche Gegebenheiten. Das Angebot Spezialisierung wird in der Region Murtal von den Vermietern kaum genützt. Die Urlauber werden in das Alltagsleben am Bauernhof stark eingebunden. Wir fanden heraus, dass auch die nahe Umgebung von Urlaub am Bauernhof Betrieben profitiert.

10. Literatur- und Quellenverzeichnis EMBACHER, H.;FALKENSTEINER,M. UND PERNKOPF, J. (2001):Urlaub am Bauernhof (UaB) in Österreich 2001.Urlaub am Bauernhof- der Weg zum Markenprodukt.3. GRABNER,H. (2005):Urlaub am Bauernhof und Direktvermarktung- Stellenwert und rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich. Diplomarbeit Universität für Bodenkultur Wien. HOCHFELLNER,M.(2009): Biobäuerin. Persönliche Mitteilung vom 10.01.2009 LANDESVERBAND „URLAUB AM BAUERNHOF“.(2008): Echte Gastfreundschaft. Urlaub am BauernhofZimmer und Ferienwohnungen.2. STEIN, G. (2009): Landesverband UaB Graz. Persönliche Mitteilung vom 9.01.2009. URLAUB AM BAUERNHOF IN ÖSTERREICH (2001) Spezialisierung der Höfe. s.l.: Selbstverlag. URLAUB AM BAUERNHOF ÖSTERREICH (2009): Urlaub am Bauernhof in Österreich-Qualitätsrichtlinien für die Kategorisierung von Urlaub am Bauernhof-Betrieben.Salzburg: Selbstverlag. 11. Abbildungsverzeichnis Titelbild: Quelle: http://www.sonderbichlhof.at/images/index_r3_c2.jpg Abbildung 1: Das Markenzeichen von Urlaub am Bauernhof: Quelle: http://www.landurlaub.at/ Abbildung 2: Margariten: zwei Blumenbetrieb: Quelle: http://www.stantonamarlberg.com/sommer/ViewPage.asp?Site=STANTON_SOMMER&PageID= 259&Params=PageID:234 Abbildung 3: Margariten: drei Blumenbetrieb: Quelle: selbe wie oben Abbildung 4: Margariten: Vier Blumenbetrieb : Quelle: selbe wie oben Abbildung 5: Spezialangebote: Quelle: http://www.urlaubambauernhof.net/ Abbildung 6: Biobauernhof von Fam. Hochfelner: Quelle: Fotografie von Johanna Bischof

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Anhang A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft?.......................................................... 193 A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional ................................................... 196 A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele. ................................................................ 199 A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen…………………………………………. 202 A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal…………………………………………………………………………………………………………. 207

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Anhang

A-C.1 Fragebögen zu: City-Farm. Ein Projekt mit Zukunft? 1. Fragebogen für ein persönliches Interview 1. Organisation (allgemein):      

Wer hat Emmaus - Gemeinschaft ins Leben gerufen Wie ist es zur Gründung der Emmaus - Gemeinschaft gekommen Welche Philosophie liegt der Emmaus - Gemeinschaft zu Grunde Welche verschiedene Arbeitsbereiche gibt es in der Emmaus - Gemeinschaft In welchen Ländern ist Emmaus vertreten Welche Partnerorganisationen gibt es

2. Organisation (City- Farm)      

Was ist die City - Farm Was wird dort gemacht Struktureller Aufbau der City - Farm Wer arbeitet dort (Organisation, Arbeitstherapie, Arbeitstraining) Gesetzliche Auflagen für die Finanzierung Zusatzeinkommen (Vermietung, Externe Arbeiten,..),

3. Regional  Wie bringt sich die City-Farm in der Region ein  Inwiefern profitiert die Region davon von der City – Farm und oder wie schaut es umgekehrt aus  Wenn sie an das Verhältnis der City - Farm mit der näheren Umgebung bzw. mit den direkten Nachbarn denken, welche positiven Wirkungen / Beziehungen sind wahrnehmbar  Wenn sie an das Verhältnis der City - Farm mit der höheren Umgebung bzw. mit den direkten Nachbarn denken, welche Spannungen/ Problembereiche sind wahrnehmbar  Welche Feierlichkeiten gibt es auf der City – Farm  Inwiefern sind diese auch für die Menschen aus der Region / die Nachbarn offen (werden diese aktiv eingeladen)  Wie rege ist die Teilnahme von Nachbarn und Leuten aus der Region  Welche regionalen Firmen unterstützen dieses Projekt  Gibt es ehrenamtliche MitarbeiterInnen aus der Region  Wenn ja, was bewegt sie dazu  Wenn ja, welche Aufgaben führen diese aus  Woher kommen die restlichen Lebensmittel. Werden regionale Produkte eingekauft  Werden Ausflüge / Betriebsbesichtigungen in der Region mit den Gästen unternommen 4. Arbeitstraining / Arbeitstherapie      

Mitarbeiter und Anzahl der Gäste dieser Gruppe Wie kommen die Gäste zur Emmausgemeinschaft, Voraussetzungen, Vermittlung Aus welchen Regionen / Bundesländer kommen die Gäste Täglicher Ablauf in der City - Farm Gibt es auch saisonale Unterschiede im Tagesablauf Werden die zwei Arbeitsbereiche Arbeitstraining / - Therapie strikt getrennt oder gibt es dort fließende Übergänge  Welche konkrete Tätigkeiten führen die Gäste auf der City – Farm aus  Nach welchen Kriterien werden die Gäste wo eingesetzt und wer bestimmt das

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Wie kommt das Angebot der Emmaus bei den Gästen an Wie kommt die Arbeit in der Landwirtschaft bei den Gästen an Gibt es eine indiv. Betreuung, wenn ja , wie schaut diese aus Wie lange können/ dürfen die Gäste bleiben Wie hoch ist die Erfolgsquote Was passiert mit den Gästen, nach der abgelaufenen Zeit

5. Therapiegarten  Welche konkreten Neuerungen werden / wurden in der City - Farm durchgeführt (Therapiegarten)  Woher kam die Idee einen Therapiegarten einzurichten  Wie wurde der Therapiegarten aufgebaut  Wie werden Erfahrungen und Erkenntnisse über den Therapiegarten an der Region weitergegeben  Steht der Garten für Besucher offen  Warum ist der Betrieb bio -zertifiziert  Werden die produzierten Bio- Lebensmittel vermarktet  Wenn ja, wie werden diese vermarktet ( Regional / Überregional)  Wieso werden keine Tiere zur Unterstützung der Therapie herangezogen 6. Abschlussfragen    

Was gefällt ihnen an ihrer Arbeit bei der City – Farm Bewegende / berührende Momente Gesteckte Ziele der City – Farm Möchten sie noch was hinzufügen

2. Auszug aus dem Interview Kurz vor Weihnachten stellten sich uns jeweils ein Mitarbeiter der Bereiche Arbeitstraining (Thomas) und der Arbeitstherapie (Wolfgang) zur Beantwortung unserer Fragen zur Verfügung. Im Folgenden werden wörtliche Aussagen aus den Interviews auszugsweise widergegeben. Frage: Was gefällt ihnen an ihrer Arbeit bei der City - Farm? Wolfgang: Bevor ich die Arbeit bei einer Tagesbetreuungsstätte annahm, war ich in der Privatwirtschaft tätig. Nun bin ich seit sechs Jahren hier auf der City – Farm. Das Arbeiten mit und in der Natur macht mir sehr viel Freude. Aber auch der Umgang mit den Gästen. Es herrscht ein sehr menschlicher und respektvoller Umgang untereinander. Dies macht das alles so wertvoll – eine Oase für sich.

Frage: Gibt es ehrenamtliche MitarbeiterInnen? Wenn ja, was bewegt sie dazu? Thomas: Ja, wir haben ehrenamtliche MitarbeiterInnen, die hauptsächlich in der Küche eingesetzt, da hier jeden Tag bis zu 45 Essen frisch zubereitet werden müssen. Die Regel besagt jedoch, dass ein Mitarbeiter mindestens ein Monat bleiben muss. Nur so kann ein gutes Verhältnis aufgebaut werden, und es kommt keine Unruhe durch ständigen Personalwechsel auf. Nur nach einer gewissen Zeit kann ein wirklicher Einblick gewonnen werden. Wolfgang: Dies ist nur aufgrund der guten Atmosphäre möglich. Dabei spielt nicht nur die gute Stimmung auf der City – Farm eine Rolle, sondern auch, dass wir in der Region gut integriert und akzeptiert sind. Das sind sicher die entscheidenden Gründe, wieso es so gut funktioniert.

Frage: Inwiefern profitiert die Region von der City- Farm bzw. wie schaut es umgekehrt aus? Wolfgang: In erster Linien profitieren benachteilige Menschen und deren Familien von der City – Farm, da wir als Anlaufstelle fungieren und versuchen sie aufzufangen und aufzubauen. Garten-

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und Blumenlieberhaber profitieren dadurch, dass wir ein Gartenpflege und Beratungen anbieten. Noch dazu schneiden wir Bäume und Sträucher und übernehmen die Grabpflege. Im Winter bieten wir die Kübelüberwinterung an, Thomas: Aber auch von unseren Festivitäten profitieren sie. Nachbarn, Geschäftspartner und Sponsoren können sich so in einer ungezwungenen Atomsphäre miteinander unterhalten. Beziehungen und Freundschaften werden geknüpft. Dies sollte nicht außer Acht gelassen werden. Frage: Auf der City- Farm finden immer wieder Feierlichkeiten statt. Was für Feste werden dort gefeiert? Wolfgang: Vor kurzen hatten wir das 10jährige Jubiläum. Dazu wurden alle eingeladen: Politiker, Sponsoren, unsere freiwilligen Helfer, ehemalige Mitarbeiter und alle Gäste, die in diesen 10 Jahren auf der City – Farm betreut wurden. Besonders die Gespräche mit den Gästen waren sehr spannend, zu sehen wie sie sich weiterentwickelt haben. Das sind die Früchte unserer Arbeit. Thomas: Das Erntedankfest ist immer das Highlight des Jahres. Dazu sind ebenfalls Nachbarn, Sponsoren, unsere freiwilligen Helfern eingeladen. Es ist ein Zeichen der City- Farm, um allen Danke zu sagen. Aber nicht nur die Mitarbeiter der City – Farm feiern hier. Räume können abends oder über das Wochenende angemietet werden. So haben wir beispielsweise eine Singrunde und eine YogaGruppe hier. Die Räumlichkeiten wären auch für eine Familienfeier ideal.

Frage: Die City- Farm ist seit 2003 ein Bio- Betrieb, und dies obwohl keine Produkte vermarktet werden. Welcher Gedanke steckt dahinter? Wolfgang: Es ist ein philosophischer Grundgedanke. Wir setzen damit ein Zeichen, dass wir mit der Natur und nicht gegen die Natur arbeiten. Aber auch für das Ansehen unserer Institution ist es nicht von Nachteil. Thomas: Und wir erhalten dadurch von der AMA die Bio- Förderungen.

Frage: Tiere werden oft zur Unterstützung von Therapien herangezogen. Wäre dies nicht auch eine Bereicherung für die City - Farm? Thomas: Es stimmt, dass Tiere einen positiven Einfluss auf das Gemüt und Wohl des Menschen haben. Leider ist dies auf der City – Farm nicht möglich, da abends und an den Wochenende niemand da ist, um die Tiere zu versorgen. Außerdem ist die Arbeit mit den Tieren viel komplexer, wir sind zeitlich gebundener, und wir könnten uns nicht mehr nur auf die Bedürfnisse der Gäste konzentrieren. Aber gerade heute beim Mittagessen stellt ein Gast eine ähnliche Frage, nämlich: wieso wir keinen Fischteich haben oder anlegen? Meine Antwort dazu: „Was nicht ist, kann ja noch werden.“

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A-D.1. Clusterverzeichnis zu: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft an Hand des Agrar.Projekt.Preises – Erfolgsfaktoren von Bio und Regional

Cluster: Erlebnis/Veranstaltung/Veranstaltungsorte ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Murecker Schiffmühle und Murmüller Bauern ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Rieder Bauernmarkt ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Schratln in Heimschuh ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Waldviertler Hoffest ▪ Agrar.Projekt.Preis::Rochushof ▪ Agrar.Projekt.Preis::Multifunktionshof ▪ Agrar.Projekt.Preis::Schmankerlecke im Lagerhaus Rohrbach ▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Höfen" - Biobauernhof, Hofladen ▪ Agrar.Projekt.Preis :: „Bio-Kooperation St. Daniel“ ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Vögeihof - Schule auf dem Bio-Bauernhof ▪ Agrar.Projekt.Preis :: BioBier und Wollschweinsteak ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Haselböck’s Waldviertler Heuunterbetten GmbH ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Hofkäserei Groß Redling ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Huttern, Ziegen und mehr… ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Kremstaler Landmatura

Cluster: Vermarktung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mühlviertler Alm Biofleisch ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Neueinsteiger ? biologische Bewirtschaftungsweise mit Tiervielfalt ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Neuwirth Hof ? Schaf- und Ziegenkäse ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ökobauernhof Hausstein ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Öko-Hof Naglhofer ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Paradeiser-Paradies ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ploners Qualitätsrindfleisch vom eigenen Hof ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Putenzucht und Eigenvermarktung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Sind Sie auch ein Feinspitz?" ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Seewinkler Sonnenparadeiser ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Stefansharter Ziegenkäse ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Teigwarenerzeugung Holzmann-Moser ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Vorarlberger Freilandbeef ▪ Agrar.Projekt.Preis::Bioheumilch ▪ Agrar.Projekt.Preis::Bio-Heumilch für Schulklassen ▪ Agrar.Projekt.Preis::Biohof Petschnig ▪ Agrar.Projekt.Preis::Biologischer Heilkräuteranbau ▪ Agrar.Projekt.Preis::Biowildfleisch aus bäuerlichem Gehege ▪ Agrar.Projekt.Preis::Hanfwelt Riegler-Nurscher ▪ Agrar.Projekt.Preis::Schafland Huber ▪ Agrar.Projekt.Preis::Partyservice vom Baiernaz ▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Walserstolz" ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ausbau und Erweiterung einer Dinkelentspelzungsanlage ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Automatisches Einstreunest ▪ Agrar.Projekt.Preis :: BIO-GÄRTNEREI RÁBCAKAPI/Familienbetrieb von István Németh ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Imkerei ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Biologischer Kräuteranbau ▪ Agrar.Projekt.Preis :: BioMenü ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Blumauer Bio-Hofkäserei ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Eiermanipulierungshalle und Lager ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Erlebnistage am 1. österreichischen Nostalgie-bauernhof ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Gentechnikfreie Naturbäckerei ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Grazi-Mühle ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Hanfkornverarbeitung und –vermarktung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Lucky pig – das Freilandschwein

Cluster: Vermarktungsgemeinschaft/Genossenschaft/Zusammenschluss

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▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Agrar.Projekt.Preis :: Mölltalernte Agrar.Projekt.Preis :: Mühlviertler Bio-Lieferservice Agrar.Projekt.Preis :: Österreichische Weidegans Agrar.Projekt.Preis :: Sennereigemeinschaft Großes Walsertal Agrar.Projekt.Preis :: St. Martiner Bauernladen Agrar.Projekt.Preis :: Südburgenländisches Bauernmobil Agrar.Projekt.Preis :: Super-Erdäpfel im Supermarkt Agrar.Projekt.Preis :: Tauernfenster - Verein für Direktvermarktung von regionalem Handwerk Agrar.Projekt.Preis :: Textilwerkstatt Weitersfelden Agrar.Projekt.Preis :: Vermarktung von Waldhackgut im Rahmen eines Biomasseheizwerkes Agrar.Projekt.Preis :: Vermarktungszentrum Maria Taferl Agrar.Projekt.Preis :: Waldviertler Wald- und Holzhof Agrar.Projekt.Preis :: Zeillerner Mostland Agrar.Projekt.Preis::Bio vom Berg Agrar.Projekt.Preis::Die Bauern zu Gast Agrar.Projekt.Preis::Dinkelreis Honeder Agrar.Projekt.Preis::Feiertag Gourmettreff Agrar.Projekt.Preis::IG-BioDinkel Agrar.Projekt.Preis::Manturo Agrar.Projekt.Preis::SalburgerLand-Ei Agrar.Projekt.Preis::Wienerwald Weiderind Agrar.Projekt.Preis :: Almtaler Bauern Agrar.Projekt.Preis :: ARGE biofisch Eisgarn Agrar.Projekt.Preis :: ARGE Lebensmittel vom Biobauern Agrar.Projekt.Preis :: ARGE Steinbacher Natursäfte Agrar.Projekt.Preis :: Arriacher Purzelwelt Agrar.Projekt.Preis :: Bauernhofwanderung mit Direktvermarktung Agrar.Projekt.Preis :: Bergholz Agrar.Projekt.Preis :: Bio Pferdehof Fabian Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Bauernmarkt Aglassing Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Erdäpfel und –Zwiebeln vom Manhartsberg Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Hofbäckerei Mauracher GmbH Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Geflügelvermarktung Agrar.Projekt.Preis :: BIO-LOGO Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Topaz-Apfel-Projekt Agrar.Projekt.Preis :: Haiminger Markttage Agrar.Projekt.Preis :: EG Mühlviertler Weidegans Agrar.Projekt.Preis :: Erlebnissennerei Sonntag-Boden Agrar.Projekt.Preis :: Fahrbarer Bauernladen und Bienenschauhaus Agrar.Projekt.Preis :: Gutensteiner Bauernmarkt Agrar.Projekt.Preis :: HIASL Agrar.Projekt.Preis :: Knabbersnacks vom Bauernhof Agrar.Projekt.Preis :: Kräuterhof Agrar.Projekt.Preis :: Lilienhof Agrar.Projekt.Preis :: Lungauer Eachtling

Cluster: Ausflugsziel/ Urlaub ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mohn schauen und erleben mit allen Sinnen ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Mohndorf Armschlag ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sattle deinen Urlaub beim Biobauern in Tober ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Schwimm- und Erholungsanlage mit neuer "Wellnessoase" ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Wollbad Weitersfelden ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Wurzelkinder + Prickelwasser ▪ Agrar.Projekt.Preis :: "Eßbare Landschaft" – wildwachsende Urnahrung vom Biohof ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Almerlebnistage auf der Grilleralm ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Almfrische Rachau ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio- und Gesundheitsbauernhof Fürstenhof

Cluster: Sonstiges

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Bereich: „Vertragspartner“ ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Salzburg is(s)t gesund ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sonnentor ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Bio-Milch-Kooperation Bereich: Tierhaltung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: PKH ? Perfektionierte Kleingruppenhaltung für Legehennen Bereich: Selbstversorgung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Ökologischer Kreislauf Moorbad Harbach ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Raps ? Treibstoff der Zukunft ▪ Agrar.Projekt.Preis ::Fernwärmeversorgungsgenossenschaft Bereich: Beratung ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Sonderkulturen im Ackerbau ▪ Agrar.Projekt.Preis::Bio-Informationsoffensive NÖ ▪ Agrar.Projekt.Preis :: Kunst am Bauernhof – Bauerngalerie

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A-D.3. Fragebögen zu: Sozio-ökonomische Organisationsformen ökologisch bewirtschafteter Uni Gärten. Ein Vergleich unterschiedlicher Beispiele.

Fragebogen Danke, dass du dir kurz für diesen Fragebogen Zeit nimmst! Wir beschäftigen uns im Rahmen einer Seminararbeit über die Motivationen von StudentInnen an einem so genannten Campus-Garten mitzuarbeiten. Es gibt eine Vielzahl von Campus-Gärten an amerikanischen Unis, wo StudentInnen und ProfessorInnen gemeinsam Obst- und Gemüse biologisch anbauen, und so zB die Cafeteria und Mensen mit Lebensmitteln beliefern.

1)

Welcher Bachelorstudienrichtung gehörst du an? □ KTWW

□ AW

□ LAPLA

□ Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft

2)

□ FW

□ LMBT

□UBRM

□ Holz-und Naturfasertechnologie □ Pferdewissenschaften

Im wievielten Semester bist du? □1

3)

□2

□3

□4

□5

□6

□7

□8

□9

□ ………

Hast du schon einmal etwas von Stadt-Landwirtschaft gehört? Wie sehr interessiert dich das Thema? □ sehr □ interessiert mich

4)

□ mittel

□ eher nicht

□ gar nicht

Was hältst du von so genannten Campus-Gärten, die von ProfessorInnen und StudentInnen biologisch bewirtschaftet werden? □ sehr viel

5)

□ viel

□ mittel

□ eher nichts

□ gar nicht

Wie relevant ist für dich das Thema in Bezug auf die Boku? □ sehr relevant

6)

□ relevant

□ mittel

□ eher nicht relevant

□ gar nicht relevant

Würdest du dir wünschen selber an einem Campus-Garten an der Boku mitzuarbeiten? □ ja, sehr

7)

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

a) Würdest du das geerntete Obst- und Gemüse gerne zum Eigenverbrauch verwenden? □ ja

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

b) Würdest du das geerntete Obst- und Gemüse gerne im Tüwi-Hofladen verkaufen? □ ja

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

c) Würdest du einen Mix aus den oben genannten Möglichkeiten bevorzugen, dass du einen Teil zur Selbstversorgung verwendest, und den produzierten Überschuss an den Tüwi-Hofladen verkaufst. □ ja

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

d) Wenn du nicht an dem Projekt teilnehmen könntest, aus welchen Gründen auch immer, würdest du Obst- und Gemüse, dass von StudienkollegInnen produziert wurde im Tüwi-Hofladen kaufen wollen? □ ja

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

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8)

Würdest du an dem Projekt nur mitarbeiten, wenn du auch ECTS-Punkte dafür bekommen würdest? □ ja

9)

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

Würdest du eventuell auch bereit sein, im Sommer ein oder mehrere Monate in Wien zu bleiben, und dich um den Garten kümmern? □ ja

10)

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

Könntest du dir vorstellen, deine Bakkalaureatarbeit über den Garten zu schreiben? □ ja

11)

□ eher ja

□ mittel

□ eher nein

□ nein

Wieviel Zeit würdest du maximal in kauf nehmen, um zu dem Garten zu gelangen? □ ≤ 10 Min

□ ≤ 20 Min

□ ≤ 30 Min

□ ≤ 40 Min

□ ≤ 50 Min

□ ≤ 60

Min □ > 60 Min 12)

Noch eine Frage die eine Verbindung zum Haus der Studierenden hat, ist mir noch nichts Konkretes eingefallen  Tipps werden gerne entgegengenommen.

DANKE für deine Mithilfe!

Experteninterview

200

Anhang

Department of Sustainable Agricultural Systems Division of Organic Farming

Experts interview 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.

How was the idea to create a campus garden born? When did the project start? Who had the idea to start the project? How was the acceptance by students/professors e.g. after the inception of the project? How many students/professors are supporting the garden project? How were the students motivated to participate in the garden project? Is the garden project integrated in the students schedule or is the participation voluntary? Do the students get any certificate or other “compensation” for working in the garden? Please list the main products/services that flow into the garden, and that go out of the garden. How are the produced products distributed? How is the project organised? (Democratic/autocratic….) Is it organized by students only or by professors, the university e.g.? Where are the gardens located? Did you notice any changes in consumerism of the students, is there a greater awareness for healty food, organic food e.g.? What are your observations of the influence of the garden on campus life? According to your experience and observation: what are the main reasons for the continuity of the project? What were the most significant problems/constraints you had to deal with at the beginning of the project, or you still have to deal with. How did you solve them? Who is taking care of the garden in summer/holidays? What happens with the food you harvest in summer? Who are the main consumers? How long did it take you to establish the organisation of the garden? How much preparation time did you have before actually starting growing the first food? How is the financiation of the garden? What are the estimated costs of the project for each year? Please send us a plan of the garden.

201

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A-D.4 Fragebögen zu: Vergleich von Waldviertler und Steirischen Freilandschweine Betrieben in Bezug auf die Vermarktungssituation in den Regionen Fragebogen für die Landwirte: Fragebogen Name: Adresse: E-Mail: Tel.-Nr.: Betriebsgröße (in Hektar): Viehbestand (Stückzahl): Wie viel Hektar des Betriebes werden für die Schweinehaltung verwendet? Wie viel Hektar des Betriebes wird für den Futteranbau (sofern vorhanden) verwendet? Seit wie vielen Jahren halten sie Freilandschweine? 1. Forschungsfrage Was hat Sie dazu veranlasst, Freilandschweine zu halten? • Ethische Gründe, und zwar:___________________________________ • Wirtschaftliche Gründe: o Höhere Förderungen o Höherer Preis pro Kilo Fleisch o Sonstige finanzielle Gründe: ___________________ • Sonstiges, und zwar:________________________________________

Welche Vorteile haben Sie sich von diesem Haltungssystem erhofft? • Geringerer Arbeitsaufwand • Gesündere Tiere • Mehr Einkommen • Sonstiges Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Umstellung? Wenn, ja… • Gesetzliche Vorschriften • Widerstand der Nachbarn • Widerstand in der Familie • Platzmangel • Höherer finanzieller Aufwand • Sonstiges Wie hat sich Ihre Entscheidung auf die Schweinerassenwahl ausgewirkt? • Für welche Rasse(n) haben Sie sich entschieden? •

Wie groß ist der Fettanteil im Schweinefleisch?



Wie gut eignet sich die Rasse für die Freilandhaltung? o Treten gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Haltung im Freien auf?

2. Forschungsfrage

202

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Wie schätzen Sie die Position des Haltungssystems im unmittelbaren Umfeld/in der Region ein? • Wie haben die anderen Landwirte der Umgebung reagiert? o Positiv o Neutral o Negativ • Wie haben die Nachbarn darauf reagiert? o Positiv o Neutral o Negativ • Wie haben die Konsumenten darauf reagiert? o Positiv o Neutral o Negativ • Sonstige Bemerkungen dazu:____________________________________________ Wie schätzen Sie die Bekanntheit der Produkte in der Region ein? •

Stellen Sie Produkte aus dem Schweinefleisch her? Ja Nein



Welche Produkte vermarkten Sie?



Liegt der Ursprung der Produkte in der Tradition der Region? o Regional typische(s) Produkt(e):_________________________________



o Alte Familienrezepte:__________________________________________ Wie kommen die Produkte bei den Konsumenten an? o werden generell wertgeschätzt  hohe Qualität  guter Geschmack  guter Preis  Sonstige positive Rückmeldungen:___________________ o

werden bemängelt  (zu) hoher Fettgehalt  hoher Preis  Sonstige negative Rückmeldungen:____________________________



Sind die Verkaufszahlen zufrieden stellend für Sie? o Ja, sehr zufrieden stellend o Einigermaßen zufrieden stellend o Wenig zufrieden stellend o Nicht zufrieden stellend Bemerkungen zu Verkaufszahlen:________________________________________________ •

Wer sind die Kunden? o Gastronomie o Handel o Bewohner der ländlichen Region o Bewohner aus der Stadt o Touristen o Sonstige

1. Forschungsfrage Welche Vermarktungswege gibt es für Freilandschweinefleisch in der Region? • Direkt Vermarktung o Ab Hof Vermarktung o Bauernmarkt o Liefern an den Konsumenten

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Handel Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________

Auf welchen Vermarktungswegen vermarkten Sie Ihr Schweinefleisch? • Direkt Vermarktung o Ab Hof Vermarktung o Bauernmarkt o Liefern an den Konsumenten • Handel • Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________ Wie viel bekommen Sie bei ihrer Vermarktungsvariante für 1 kg Schweine Fleisch schätzungsweise bezahlt? • Direkt Vermarktung ____€/kg • Handel ____€/kg • Sonstige Vermarktungswege:_________________ ____€/kg Welche Vor- und Nachteile sehen Sie an ihrer Vermarktungsvariante? Vorteile: Nachteile: Beurteilen Sie ihre Vermarktungsvariante als gewinnbringend? • Ja • Nein Ziehen Sie in Erwägung auf eine andere Vermarktungsvariante umzusteigen? • Nein • Ja o Auf welche Fazit: Haben sich die an die Umstellung auf Freilandschweinehaltung gesetzten Erwartungen erfühlt? Wenn Sie wieder vor der Entscheidung stehen würden auf Freilandschweine umzusteigen was würden Sie anders machen? Würden Sie die Entscheidung, auf Freilandschweinehaltung umstellen heute wieder treffen? • Ja • Nein Glauben Sie, dass andere Bauern in der Region auch auf Freilandschweinehaltung umstellen würden? • Wenn ja, warum?__________________________________________________ •

Wenn nein, warum?_________________________________________________

Fragebogen für die Experten Fragebogen Name: Adresse: E-Mail: Tel.-Nr.: Zuständigkeitsbereich:

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1. Forschungsfrage Wie viele Freilandschweinebetriebe gibt es in der Steiermark? Welchen gesetzlichen Vorschriften unterliegen diese Betriebe? Was hat die Betriebe dazu veranlasst Freilandschweine zu halten? o Ethische Gründe, und zwar: o

Wirtschaftliche Gründe: o Höhere Förderungen o Höherer Preis pro Kilo Fleisch o Sonstige finanzielle Gründe: ___________________



Sonstiges, und zwar:________________________________________

Welche Vorteile hat dieses Haltungssystem? • Geringerer Arbeitsaufwand • Gesündere Tiere • Mehr Einkommen • Sonstiges Welche Schwierigkeiten treten bei der Umstellung auf? Wenn, ja… • • • • • •

Gesetzliche Vorschriften Widerstand der Nachbarn Widerstand in der Familie Platzmangel Höherer finanzieller Aufwand Sonstiges:

Welche Rassen werden hauptsächlich gewählt? •

Wie groß ist der Fettanteil im Schweinefleisch?

2. Forschungsfrage Wie schätzen sie die Position des Haltungssystems im unmittelbaren Umfeld/in der Region ein? • Wie reagieren andere Landwirte in der Umgebung t darauf? o Positiv o Neutral o Negativ •

Wie reagieren die Nachbarn darauf? o Positiv o Neutral o Negativ



Wie reagieren die Konsumenten darauf? o Positiv o Neutral o Negativ



Sonstige Bemerkungen dazu:____________________________________________

Wie schätzen sie die Position der Produkte in der Region ein? •

Welche Produkte werden aus dem Schweinefleisch hergestellt?

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Werden traditionelle Produkte hergestellt?

Wie kommen die Produkte bei den Konsumenten an? o werden generell wertgeschätzt  hohe Qualität  guter Geschmack  guter Preis  Sonstige positive Rückmeldungen:____________________________ o werden bemängelt  (zu) hoher Fettgehalt  hoher Preis  Sonstige negative Rückmeldungen:____________________________ Sind die Verkaufszahlen zufrieden stellend? o Ja, sehr zufrieden stellend o Einigermaßen zufrieden stellend o Wenig zufrieden stellend o Nicht zufrieden stellend Bemerkungen zu Verkaufszahlen:________________________________________________ •

Wer sind die Kunden? o Gastronomie o Handel o Bewohner der ländlichen Region o Bewohner aus der Stadt o Touristen o Sonstige

1. Forschungsfrage Welche Vermarktungswege sind für Freilandschweinefleisch in der Region am häufigsten? • Direkt Vermarktung o Ab Hof Vermarktung o Bauernmarkt o Liefern an den Konsumenten • Handel • Sonstige Vermarktungswege:_____________________________________________ a) Welche Vor- und Nachteile haben die jeweiligen Vermarktungswege? Wie viel bekommen die Landwirte im Durchschnitt bei ihrer Vermarktungsvariante für 1 kg Schweine Fleisch schätzungsweise bezahlt? • Direkt Vermarktung ____€/kg • Handel ____€/kg • Sonstige Vermarktungswege:_________________ ____€/kg Kann der Arbeitsaufwand und die finanziellen Investitionen durch den Gewinn abgedeckt werden? • Ja • Nein o Wenn Nein: Was ist der Grund dafür?

Fazit: Glauben Sie, dass sich die Erwartungen von Landwirten, die auf Freilandschweinehaltung umstellen erfüllen?

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der österreichischen Freilandschweinehaltung?

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A-D.6 Inteviews zu: Urlaub am Bio-Bauernhof. Qualitätskategorien am Beispiel der Region Murtal

Interviewfragebogen: Interview mit Frau Ing. Stein (Kammerangestellte) 1) Sie sind zuständig für die Qualitätseinteilung der Urlaub am Bauernhofbetriebe in den Bezirken Knittelfeld, Judenburg und Leoben. Seit 01.01.2009 gelten neue Qualitätseinstufungskriterien? Worin liegt der Unterschied und wie stehen Sie persönlich der Erneuerung gegenüber? 2) Wie starr ist diese Kategorisierung? Bleibt ihrer Meinung nach noch Raum für Individualität und Vielfalt? 3) Wer führt die Qualitätsprüfung durch? 4) Sie kennen alle Bauern persönlich. Fällt es Ihnen da ab und zu schwer die Qualitätsprüfung hart durchzuziehen? Umstellung auf Urlaub am Bauernhof 5) Was muss ein Bauernhof erfüllen, um ein Anwärter für die Qualitätseinstufung zu sein? 6) In welchem Alter erfolgt meistens die Umstellung auf Urlaub am Bauernhof? 7) Was sind die häufigsten Gründe für ein Umstellung auf Urlaub am Bauernhof? 8) Mit welchen Auflagen haben Urlaub am Bauernhofanbieter Ihrer Erfahrung nach am häufigsten zu kämpfen? Angebot in der Region Murtal: 9) Werden in der Region viele Spezialisierungen angeboten? Was ist die am häufigsten vorkommende Spezialisierung? 10) Welche besonderen Zusatzleistungen bieten Betriebe, die Urlaub am Bauernhof betreiben, ihren Gästen an? Gäste 11) Wie ist die Nachfrage nach Urlaub am Bauernhof in der Region Murtal? 12) Welche Gäste besuchen das Murtal und nehmen Urlaub am Bauernhof in Anspruch? 13) Wie stark werden ihrer Meinung nach die Gäste in das Familienleben und die Hofarbeit eingebunden? 14) Welche Konflikte zwischen Gästen und Vermietern kennen Sie?

Interview mit Frau Marianne Hochfelner (Biobäuerin) Motive und Service 1) Welche Motive waren für den Beginn der Vermietung ausschlaggebend? 2) Wie viele Blumen hat Ihr Betrieb? 3) Erfüllen Sie die Kriterien für ein Urlaub am Bauernhof-Spezialangebot? Charakterisierung der Gäste

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4) Welches Klientel an Gästen sprechen Sie mit Ihrem Hof besonders an? 5) Woher kommen die Gäste? 6) Haben Sie auch Stammgäste? 7) Gibt es auch Konflikte mit Gästen? Was glauben Sie ist das Besondere an Ihrem Betrieb? Warum kommen die Leute so gerne?

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