Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit = ERA = GLEICHSTELLUNG UMSETZEN! Eine neue ÆRA bricht an. Frauenpolitische Handlungshilfe

January 14, 2021 | Author: Caroline Bieber | Category: N/A
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Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit

= ERA

= GLEICHST ELLUNG UMS ETZEN!

Eine neue ÆRA bricht an Frauenpolitische Handlungshilfe

Eine neue ÆRA bricht an Frauenpolitische Handlungshilfe zur Umsetzung der Entgeltrahmenabkommen und -tarifverträge (ERAs) der IG Metall für die Metall- und Elektroindustrie

Herausgeber: IG Metall-Vorstand, Funktionsbereich Frauen- und Gleichstellungspolitik. Verantwortlich: Christiane Wilke, Gabriele Ulbrich, Astrid Knüttel, Dianne Köster. Gestaltung: Five-for-You-Multimedia, www.54u.de. Druck: Druckhaus Dresden

2

Inhalt

Inhaltsverzeichnis

.......................... 5

1.

Wieso ? – Warum ? – Deswegen ! Vorwort von Kirsten Rölke

2.

Wie es wurde, was es ist: zur Geschichte und den rechtlichen Rahmenbedingungen für Entgeltgleichheit .................................................................. 7

2.1.

100 Jahre Kampf gegen die Entgeltdiskriminierung von Frauen

2.2.

Rechtliche Grundlagen für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit

a.

Europäische Rechtsnormen

b.

Deutsche Rechtsnormen

......................... 7 .................. 9

......................................................................... 9

............................................................................. 14

3.

Vom Grundsatz her: Verfahren der Arbeitsbewertung und Eingruppierungsgrundsätze ............................................................................ 17

3.1.

Grundsätzliche Fragen der Eingruppierung und Neuerungen in den ERAs

3.2.

Worauf muss beim Eingruppierungsverfahren geachtet werden ? Was ist zu tun ? ................................................................................................ 25

3.3.

Was regeln die neuen ERAs zu den Verfahren der Ersteingruppierung ?

4.

Was steht an ? Wichtige Handlungsfelder für die ERA-Einführung

4.1.

Was nicht beschrieben wird, wird auch nicht bewertet ! Arbeitsbeschreibungen als Grundlage der Eingruppierung

............................ 28

Wo liegen Diskriminierungsgefahren bei der Arbeitsbeschreibung ?

b.

Was ist zu tun ?

c.

Was regeln die neuen ERAs zur Arbeitsbeschreibung ?

.......... 28

........................................................................................... 34 ............................... 35

4.2.

Der Stand der Dinge: Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche

4.3.

Gleich und gleich gesellt sich gern: Richt - und Niveaubeispiele

.......... 36

................. 39

Was sind Richt - und Niveaubeispiele und wo liegen ihre Diskriminierungsgefahren ? ........................................................................ 39 ................................................................................................ 43

b.

Was ist zu tun ?

c.

Was regeln die neuen ERAs zu Richt- und Niveaubeispielen ?

4.4.

.......... 27 ............. 28

a.

a.

....... 17

Was wird eigentlich bewertet ?

.......................... 44

Anforderungsarten in den ERAs

.................. 44

a.

Wie müssen Anforderungsarten ausgewählt, beschrieben und gewichtet werden, damit sie diskriminierungsfrei sind ? ............................................. 44

b.

Welche neuen Spielräume eröffnen die neuen ERAs ?

4.5.

Wenn etwas nicht stimmt: Reklamationsverfahren

3

................................ 47

....................................... 57

Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Die Schwere der Arbeit:

5.1.

Eine alte Forderung ist umgesetzt: Hohe gesundheitliche Belastungen erhöhen nicht das Grundentgelt ..................................................................... 60

5.2.

Welche rechtlichen Anforderungen sind an eine diskriminierungsfreie Bemessung von Belastungszulagen zu stellen ? ............................................. 60

5.3.

Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ?

6.

Mehr Leistung – mehr Geld:

6.1.

Leistungsentgelte in den neuen ERAs

6.2.

Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ? Was ist zu tun ?

7.

Konfliktpunkte

8.

Glossar:

9.

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung

10.

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

4

belastende Faktoren und Belastungszulagen

..... 60

5.

Was ist zu tun ?

.............. 62

Tariflich vereinbarte Leistungsentgelte

........ 68

............................................................. 68 ............... 69

................................................................................................ 70

Die wichtigsten Fachbegriffe

........................................................ 72 .................................. 78

................................................. 83

vorwort

1.

Vorwort Wieso? – Warum? – Deswegen!

Die neuen ERAs bieten Chancen für Frauen, …

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit den achtziger Jahren diskutiert und betreibt die IG Metall ein tarifpolitisches Reformprojekt zur Modernisierung tariflicher Rahmenregelungen. Veränderte Arbeitsbedingungen machen veränderte Entgeltstrukturen und neue Bewertungskriterien dringend notwendig. Hierzu gehört auch die Angleichung von tariflichen Regelungen für Arbeiter bzw. Arbeiterinnen und Angestellte. Lange Zeit hieß unser Motto: Gemeinsame Entgelttarifverträge „ ... weil´s gerechter ist !“ Mit den nun abgeschlossenen Entgeltrahmenabkommen oder Entgeltrahmentarifverträgen ( im folgenden für beide: ERAs ) ist ein wichtiges Ziel erreicht. Tariffragen sind immer auch Machtfragen

Kirsten Rölke

in unterschiedlichen Aktionen gegen diese Ungerechtigkeit protestiert.

und die nun abgeschlossenen Tarifverträge

Die neuen Entgeltrahmenabkommen bieten

sind deshalb immer auch Kompromisse. Die

Chancen für eine gerechte(re) Eingruppie-

entstandene Papierlage ist Ausdruck des

rung beider Geschlechter. Wie diese Chancen

Konflikts bzw. der gefundenen Konfliktlö-

genutzt werden, entscheidet sich auch in

sung.

der betrieblichen Umsetzung der neuen Rah-

Dies zeigt sich deutlich auch in der Frage der

menregelungen.

Eingruppierung und Vergütung von Frauen:

Interessen, die nicht formuliert und Ansprü-

Eingruppierung und Leistungsbewertung

che, die nicht eingefordert werden, können

sind nie objektiv, sondern immer auch durch

nicht erfüllt werden. Dabei sollen das Prinzip

subjektive ( Vor-) Urteile über den Wert von

der Gerechtigkeit und der Diskriminierungs-

Tätigkeiten geprägt.

freiheit Leitlinie sein.

So wurden in der Vergangenheit viele

Da sich die einzelnen bezirklichen ERAs trotz

Frauentätigkeiten als leicht bzw. einfach

vieler Gemeinsamkeiten zum Teil erheblich

eingestuft und gering bewertet. Die Einkom-

unterscheiden, wurden in den Bezirken kon-

mensdiskriminierung von Frauen wurde viel-

krete Handlungshilfen zu unterschiedlichen

fach nachgewiesen. Auch die IG Metall hat

Themen und Problemen, die bei der Umset-

5

vorwort

zung der ERAs zu beachten sind, entwickelt.

• kann auch in Bereichen unterstützen, in

Ergänzend zu den bezirklichen Materialien

denen keine neuen ERAs abgeschlossen

wurde diese Handlungshilfe erstellt.

werden, denn sie gibt allgemein gültige Hinweise zur diskriminierungsfreien Ein-

Sie • will Frauen dabei unterstützen, ihre berechtigten Ansprüche zu formulieren. • stellt BetriebsrätInnen und anderen aktiven und interessierten KollegInnen in den Betrieben und Bezirken Hilfsmittel und Werkzeuge für die Umsetzung der neuen ERAs in den Betrieben zur Verfügung. • zeigt Diskriminierungsfallen bei der Ent-

gruppierung und Entgeltfindung. Im ERA-Lexikon ( ►Kapitel 8, Glossar) und auf der IG Metall Homepage lesen wir unter dem Stichwort »Diskriminierung«: „Mit dem ERA ist die indirekte Diskriminierung von Frauen bei der Eingruppierung beseitigt. Die Anforderungsprofile berücksichtigen – anders als früher – gleiche bzw.

geltfindung ( Grundentgelt, Belastungs-

gleichwertige Anforderungen an Männer

und Leistungszulagen ) auf und benennt

und Frauen und bewerten sie entsprechend

die Möglichkeiten, die die neuen ERAs

gleich. Deswegen gibt es auch nicht mehr

bieten, Diskriminierung zu vermeiden

das Kriterium „körperliche schwere Arbeit“,

und Entgeltgleichheit zwischen Männern

das immer mit Muskelkraft verbunden wur-

und Frauen zu fördern.

de.“

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass dieser Anspruch eingelöst wird ! Viel Erfolg !

6

… die aber betrieblich realisiert werden müssen.

Rückblick

2.

Wie es wurde, was es ist: zur Geschichte und den rechtlichen Rahmenbedingungen für Entgeltgleichheit

2.1.

100 Jahre Kampf gegen die Entgeltdiskriminierung von Frauen

Der Kampf um eine gleichberechtigte Bezah-

händer genehmigt werden musste und der

lung von Frauen und Männern kann auf viele

Betrieb in den Verdacht geriet, zu hohe Löhne

Jahre Geschichte zurückblicken. In diesem

zu zahlen. Zusätzlich wurden die Grundlöhne

Kampf war die Rechtsprechung – vor allem

von Frauen pauschal um 25 Prozent gekürzt.

die moderne Rechtsprechung auf EU-Ebene – immer eine wichtige Bundesgenossin. Nur widerwillig folgte Deutschland 1980 den Impulsen und Vorschriften der EU.

Nach der Entstehung der Bundesrepublik wurden zwar neue Tarifverträge abgeschlossen, doch die Tradition der sog. Frauenlohnabschläge wurde fortgesetzt. Erwerbstätige

Zu tief waren die Überzeugungen einer

Frauen mussten für identische Arbeiten Ent-

klaren Geschlechterteilung verwurzelt und

geltabschläge von bis zu 30 Prozent ( je nach

zu unerschütterlich war auch das blinde

Tarifvertrag ) hinnehmen.

Vertrauen in die damals gültigen Regelungen, die viele als völlig ausreichend und rechtmässig ansahen. Immer wieder mussten sich streitbare Frauen für eine gerechte Eingruppierung einsetzen und den Klageweg beschreiten. Aber der Reihe nach: In der Weimarer Republik sahen die tariflichen Eingruppierungssysteme der Metall- und Elektroindustrie überwiegend eine Unterteilung in Facharbeiter, angelernte Arbeiter und Hilfsarbeiter vor. Die Lohngruppen für angelernte Arbeiter und Hilfsarbeiter waren nach Geschlechtern unterteilt, wobei die Tariflöhne der Frauen ca. 70 bis 75 Prozent der Männerlöhne betrugen.

1955 klagten sog. Hilfsarbeiterinnen gegen diese Praxis und das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes auch die Tarifvertragsparteien bindet, und Frauenabschläge verfassungswidrig sind. Doch die Reaktion auf dieses Urteil war nicht, die Lohnabschläge abzuschaffen und Frauen den gleichen Lohn zu zahlen. Denn die Bezahlung der Frauen nach den Tarifen für männliche Hilfsarbeiter hätte eine Lohnerhöhung von 25 bis 35 Prozent bedeutet. Stattdessen wurden den »normalen« Lohngruppen sogenannte Leichtlohngruppen vorgeschaltet. Die Einstufung der Tätigkeiten

Während der Zeit des Nationalsozialismus

erfolgte nun nach „leichter körperlicher Ar-

wurde der »Lohngruppenkatalog Eisen

beit“ oder „schwerer körperlicher Arbeit“.

und Metall (LKEM)« entwickelt. Von seinen

In den neu gebildeten unteren Lohngruppen

acht Lohngruppen waren nur die unteren fünf

wurden in der Folge überwiegend Frauen

für Frauen zulässig – wobei die Eingruppie-

beschäftigt, da ihre Tätigkeit von vornherein

rung in Lohngruppe 5 von einem Reichstreu-

als „leicht“ bewertet wurde.

7

Von den Lohnabschlägen für Frauen zu den Leichtlohngruppen

Rückblick

In den siebziger und achtziger Jahren des

bzw. eine bestimmte Körperhaltung erfordert

letzen Jahrhunderts wurden deshalb von der

– Anforderungen, die es an vielen Arbeits-

IG Metall und anderen Gewerkschaften Hö-

plätzen von Frauen in der Metall- und Elek-

hergruppierungsaktionen durchgeführt, um

troindustrie gibt.

die Leichtlohngruppen als ungerechtfertigt und diskriminierend abzuschaffen.

In den letzten 100 Jahren wurde also einiges erkämpft, um das Prinzip der Entgeltgleich-

Im Jahr 1988 wurden sie endlich vom Bun-

heit zwischen Frauen und Männern in der Pra-

desarbeitsgericht als „mittelbare“ Diskrimi-

xis durchzusetzen. Dennoch erhalten Frauen

nierung verboten. Metallerinnen, die in einer

in Deutschland im Durchschnitt immer noch

Wittener Kabelfirma arbeiteten, klagten,

nur ca. 78 Prozent des Entgeltes von Män-

um eine gerechtere Eingruppierung durch-

nern. Grund genug also, weiterhin wachsam

zusetzen. Seit dieser Zeit wird unter kör-

zu sein für die zahlreichen Diskriminierungs-

perlich schwerer Arbeit auch solche Arbeit

fallen, in die Frauen immer noch geraten kön-

verstanden, die stehende Tätigkeiten, eine

nen. Und Grund genug auch, weiterhin einzu-

taktgebundene, repetitive Arbeit, nervliche

treten für die Durchsetzung des Prinzips des

Belastungen oder Lärmbelastung beinhaltet

gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit.

8

Die „mittelbare“ Diskriminierung wird verboten

Rechtsgrundlagen

2.2.

Rechtliche Grundlagen für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit

a.

Europäische Rechtsnormen

Die Gesetze und Richtlinien der Europä-

sung am 1. Mai 1999 in Kraft getreten ist. In

ischen Union ( EU ) sind für die Praxis in

den Artikeln 2 und 3 des EG-Vertrages wird

deutschen Betrieben von großer Bedeutung,

die Verpflichtung zur Förderung der Gleich-

denn in allen Mitgliedsstaaten der EU muss

stellung von Männern und Frauen in allen

europäisches Recht beachtet und in nationa-

Tätigkeitsbereichen festgelegt.

les, sprich: deutsches Recht umgewandelt werden. Das gilt auch für Tarifverträge.

In Artikel 141 ( im alten EWG-Vertrag von 1957 war dies Artikel 119 ) wird die Durchsetzung

Wichtigste Rechtsnorm, quasi das Grund-

des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für

gesetz der EU, ist der Amsterdamer Vertrag,

Männer und Frauen in allen Mitgliedsstaaten

oder EG-Vertrag, der in seiner aktuellen Fas-

gefordert. Der Text lautet:

EG-Vertrag Artikel 141: gleiches Entgelt für Männer und Frauen 1. Jeder Mitgliedsstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen sicher. 2. Unter »Entgelt« im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Gleichheit des Arbeitsentgeltes ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet: a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird, b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.

9

EG-Vertrag

Rechtsgrundlagen

Diese allgemeinen Bestimmungen des

gemeinsame Kriterien für Tätigkeiten von

EG-Vertrages werden in der Richtlinie

Männer und Frauen zugrunde legen und

75 / 117 / EWG von 1975 – der sogenannten

Diskriminierungen ausschließen müssen.

Entgeltgleichheitsrichtlinie – genauer be-

Die Diskriminierungsfreiheit von Tarifver-

schrieben. Wichtig sind hier vor allem die

trägen wird ausdrücklich in Artikel 4 er-

Aussagen zu Einstufungssystemen, die

wähnt.

Entgeltgleichheitsrichtlinie: Richtlinie 75 / 117 / EWG – vom 01.02.1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen

Artikel 1: Der in Artikel 119 des Vertrages genannte Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, im folgenden als »Grundsatz des gleichen Entgelts« bezeichnet, bedeutet bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, die Beseitigung jeder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen. Insbesondere muss dann, wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, dieses System auf für männliche und weibliche Arbeitnehmer gemeinsamen Kriterien beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen ausgeschlossen werden.

Artikel 4: Die Mitgliedsstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts unvereinbare Bestimmungen in Tarifverträgen, Lohn- und Gehaltstabellen oder -vereinbarungen oder Einzelarbeitsverträgen nichtig sind oder für nichtig erklärt werden können.

10

Entgeltgleichheitsrichtlinie

Rechtsgrundlagen

In einer Reihe von Entscheidungen hat der

Folgende Anforderungen gelten nunmehr

Europäische Gerichtshof diese Bestimmun-

an ein System der Entgeltfindung oder Ein-

gen konkretisiert.

gruppierung: 1

Anforderungen für die Entgeltfindung oder Eingruppierung: 1) Entgeltsysteme müssen durchschaubar und überprüfbar sein. 2) Für alle Beschäftigten müssen die gleichen Bewertungsmaßstäbe gelten. Wenn einzelne Kriterien Männer begünstigen, weil sie an den von ihnen besetzen Arbeitsplätzen besonders häufig vorkommen, so sind im Ausgleich dazu auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die Frauen begünstigen bzw. an den von ihnen besetzten Arbeitsplätzen besonders häufig vorkommen. 3) Die Kriterien müssen diskriminierungsfrei ausgelegt und angewendet werden. 4) Das System darf in seiner Gesamtheit nicht diskriminieren. Die Kriterien müssen den Charakteristika der zu bewertenden Arbeit Rechnung tragen.

Auf der Basis dieser rechtlichen Normen

ob und wo er diskriminierende Vereinbarun-

und der Anforderungen des Europäischen

gen enthält.

Gerichtshofs ist im Auftrag des DGB eine Checkliste für Tarifverträge entwickelt wor-

Häufig ist das Argument zu hören, Tarifver-

den. 2

träge könnten gar nicht mehr diskriminieren,

Wer sie durcharbeitet, kann den je-

weils gültigen Tarifvertrag daraufhin prüfen,

weil in ihnen kein Unterschied zwischen

1

DGB ( Hrsg. ): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 8f

2

veröffentlicht in: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – Handreichung zur Anwendung des Gleichbehandlungsgebots in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 46 – 53

11

Europäische Rechtsprechung

Rechtsgrundlagen

Frauen und Männern gemacht werde. Dies

sachlichen Gründen gerechtfertigt werden

ist bei genauem Hinsehen leider nicht kor-

kann, dann liegt mittelbare Diskriminierung

rekt. Denn wir müssen hier zwischen zwei

vor. Ein weiteres Beispiel sind Regelungen,

möglichen Formen der Diskriminierung

durch die bestimmte Beschäftigtengruppen

unterscheiden: der unmittelbaren und der

( z. B. Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte,

mittelbaren Diskriminierung. Wenn Tarif-

Reinigungskräfte ) von der Möglichkeit einer

verträge zwischen Frauen und Männern

Leistungszulage oder anderen Vergünstigun-

unterscheiden würden, also z. B. wenn für

gen ausgeschlossen werden. Wenn dieser

Frauen niedrigere Entgelte vereinbart wor-

Beschäftigtengruppe hauptsächlich Frauen

den wären, dann würden diese Tarifverträge

angehören ( was bei den genannten Beispie-

unmittelbar diskriminieren. Doch auch Re-

len meist der Fall ist ), dann benachteiligt

gelungen, die keinen Unterschied zwischen

diese Regelung im Ergebnis die beschäftig-

den Geschlechtern machen, können im Er-

ten Frauen, auch wenn der Tarifvertrag Frau-

gebnis zu Benachteiligungen der Angehöri-

en und Männer nicht ausdrücklich erwähnt.

gen eines Geschlechtes führen. Dies ist dann mittelbare Diskriminierung. Wenn also z. B.

Auch zur Klärung der Begriffe der unmittel-

aufgrund tariflicher Regelungen Frauen we-

baren und mittelbaren Diskriminierung hat

niger verdienen als Männer und dies weder

der europäische Gesetzgeber einen wichtigen

angemessen noch notwendig ist, noch mit

Beitrag geleistet:

12

Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung

Rechtsgrundlagen

Beweislastrichtlinie: Richtlinie 97/80/EG vom 15.12.1997

Gleichbehandlungsrichtlinie: Richtlinie 2002/73/EG vom 23.09.2002

über die Beweislast bei Diskrimi- zur Verwirklichung des Grundsatnierung aufgrund des Geschlechts zes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen Artikel 2: Definitionen

Artikel 2:

1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet der Ausdruck »Gleichbehandlungsgrundsatz«, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erfolgen darf.

2) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck • »Unmittelbare Diskriminierung«: wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

2) Im Sinne des in Absatz 1 genannten Gleichbehandlungsgrundsatzes liegt eine mittelbare Diskriminierung • »Mittelbare Diskriminierung«: vor, wenn dem Anschein nach wenn dem Anschein nach neuneutrale Vorschriften, Kriterien trale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einen wesentoder Verfahren Personen, die lich höheren Anteil der Aneinem Geschlecht angehören, gehörigen eines Geschlechts in besonderer Weise gegenbenachteiligen, es sei denn, über Personen des anderen die betreffenden Vorschriften, Geschlechts benachteiligen Kriterien oder Verfahren sind können, es sei denn, die beangemessen und notwendig treffenden Vorschriften, Kriteund sind durch nicht auf das rien oder Verfahren sind durch Geschlecht bezogene sachliein rechtmäßiges Ziel sachlich che Gründe gerechtfertigt. gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

13

Rechtsgrundlagen

Die neue Gleichbehandlungsrichtlinie von

eines Geschlechts. Aufwändige Statistiken

2002 muss bis Oktober 2005 in deutsches

dürften also zukünftig entfallen.

Recht umgewandelt werden. Sie weist im Unterschied zu der älteren Definition in der sog. Beweislastrichtlinie zwei wichtige Unterschiede auf:

Die neue Gleichbehandlungsrichtlinie fordert von den Mitgliedsstaaten außerdem, Verbandsklagen zuzulassen. Dies würde bedeuten, dass nun nicht mehr einzelne

Erstens reicht es nun aus, wenn die Rege-

Frauen ihre eigene Eingruppierung ankla-

lungen diskriminieren können, sie müssen

gen müssten, sondern es könnten Gewerk-

also nicht bereits diskriminiert haben und

schaften oder andere Interessenverbände

es kann vorsorglich vor Diskriminierung ge-

für die gesamte Gruppe betroffener Frauen

schützt werden. Zweitens spricht die neue

klagen und die Abschaffung diskriminie-

Richtlinie von Personen, die benachteiligt

render Regelungen erwirken. Eine solche

sein können, und nicht mehr von einem

Möglichkeit gibt es in Deutschland bislang

wesentlich höheren Anteil der Angehörigen

nicht.

b.

Gleichbehandlungsrichtlinie

Deutsche Rechtsnormen

Die höchste deutsche Rechtsnorm ist das

müssen sie beachten. Die Tarifautonomie ist

Grundgesetz. In ihm werden in den Arti-

also insofern eingeschränkt, dass die Tarif-

keln 2 und 3 die Gleichberechtigung von

parteien das Recht auf Gleichbehandlung

Männern und Frauen, die Verpflichtung des

und Entgeltgleichheit beachten müssen und

Staates zur Förderung der Gleichberechti-

keine diskriminierenden Tarifverträge ab-

gung und das Verbot der Benachteiligung

schließen dürfen. Für die Betriebsparteien

wegen des Geschlechts festgelegt. Auch Ta-

gilt dies ebenfalls und ist in § 75 Absatz 1

rif- und Betriebsparteien sind an diese ver-

BetrVG noch einmal ausdrücklich vorge-

fassungsrechtlichen Normen gebunden und

schrieben.

14

Grundgesetz

Betriebsverfassungsgesetz

Rechtsgrundlagen

Grundgesetz Artikel 3: (in der Fassung von 1994) 2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. 3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes (...) benachteiligt oder bevorzugt werden.

Betriebsverfassungsgesetz § 75

Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen

1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt. Sie haben darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt werden.

15

Rechtsgrundlagen

Um das EG-Recht auch in Deutschland um-

fügt, die Vorschriften zur Entgeltgleichheit

zusetzen, wurden im Jahr 1980 zwei Paragra-

enthalten und die Beweislast in Streitfällen

phen in das Bürgerliche Gesetzbuch einge-

regeln.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung vom 13.08.1980 § 612 Vergütung 3) Bei einem Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechtes des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers besondere Schutzvorschriften gelten. § 611 a Absatz 1 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.

§ 611 a Gleichbehandlung und Beweislast 1) Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.

16

BGB

Arbeitsbewertung

3.

Vom Grundsatz her: Verfahren der Arbeitsbewertung und Eingruppierungsgrundsätze

3.1.

Grundsätzliche Fragen der Eingruppierung und Neuerungen in den ERAs

Grundlage für die betriebliche Eingruppie-

die ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitneh-

rung in den ERA der IG Metall ( wie insgesamt

merin erworben haben oder von der Leis-

in den Tarifverträgen in Deutschland ) ist

tung, die sie erbringen, sondern von den An-

eine Bewertung der Anforderungen, die ein

forderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes,

Arbeitsplatz an seinen Inhaber oder seine

an dem sie arbeiten. Dies ist das Prinzip der

Inhaberin stellt. Die Basis des Entgeltes ist

anforderungsabhängigen Entgeltdifferenzie-

also nicht abhängig von den Qualifikationen,

rung, das in folgenden Stufen verläuft:

Prinzip der anforderungsabhängigen Entgeltdifferenzierung 1. Beschreibung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitsplätze, der Tätigkeiten oder der Stellen 2. Definition der Anforderungsarten, die vergütet werden sollen 3. Analyse der Anforderungen, die an die Arbeitsplatzinhaber und -inhaberinnen gestellt werden 4. Bewertung der Anforderungen 5. Zuordnung des Bewertungsergebnisses zu Entgeltgruppen 6. Eingruppierung der Beschäftigten in eine Entgeltgruppe entsprechend der Arbeitsaufgabe oder des Arbeitsplatzes

17

Arbeitsbewertung

Die Anforderungen, die ein Arbeitsplatz an

Darüber hinaus spielen sie jedoch auch eine

seinen Inhaber oder seine Inhaberin stellen

wichtige Rolle für das Erreichen der neu

kann (Anforderungsarten), lassen sich in den

eingeführten Zusatzstufen. Diese neue Stu-

meisten Tarifverträgen auf folgende Liste

fungssystematik, die in den meisten ERAs

zurückführen:

zu finden ist 3, ermöglicht die Berücksichti-

• Kenntnisse • Geschicklichkeit •

Verantwortung

• Handlungsspielraum/ Entscheidungsfreiheit • Kooperation • Führung.

Anforderungen beinflussen auch die neuen Zusatzstufen

gung und Vergütung zusätzlicher Anforderungen, die noch keine Höhergruppierung rechtfertigen würden. In den Tarifbezirken werden hierfür unterschiedliche Kriterien herangezogen, z. B. Flexibilität, Verantwortung, Kooperation, tätigkeitsübergreifende Qualifikationen sowie betriebliche oder aufgabenbezogene Spezialkenntnisse (►ausführlicher Kapitel 4.4 ). Mit Hilfe der Zusatzstufen können nun Anforderungen – gerade auch an Frauenarbeitsplätzen – vergütet werden, die

Die jeweiligen Tarifverträge setzen bei der Auswahl unterschiedliche Schwerpunkte. In früheren Verfahren zählten auch Belastungen der Muskeln, der Sinne und Nerven und Umgebungseinflüsse zu den eingruppierungsrelevanten Anforderungsarten. Diesbezüglich hat die IG Metall mit ihren ERA-Abschlüssen einen beachtlichen Erfolg erzielt, denn es wurde durchweg geregelt, dass Belastungen nicht mehr eingruppierungsrelevant sind. Belastungen haben also keinen Einfluss auf das Grundentgelt mehr, sondern werden durch ein gesondertes Zulagensystem abgegolten ( ►Kapitel 2.1 und 5 ).

früher unberücksichtigt blieben. Einen weiteren Erfolg stellt die nun vereinbarte „ganzheitliche Betrachtung“ der Anforderungen bei der Bewertung von Arbeit dar. Während früher die sog. „überwiegende Tätigkeit“ über die Eingruppierung entschied, müssen nun alle Tätigkeiten berücksichtigt werden. Nach den neuen ERAs gilt, dass es für die Eingruppierung auf die Anforderungen der Tätigkeiten ankommt, die das Niveau der Gesamttätigkeit prägen, unabhängig davon, wie lange die einzelnen Tätigkeiten bzw. Teilaufgaben ausgeübt werden. Damit können flexible und viel-

Die Anforderungsarten dienen zunächst

seitige Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche

der Eingruppierung in Grundentgeltstufen.

angemessener bewertet werden als früher.

3

In NRW gibt es keine Zusatzstufen in dem beschriebenen Sinn. Es gibt Zeitstufen in den EG 12,13,14.

18

Anforderungen müssen ganzheitlich betrachtet und bewertet werden.

Arbeitsbewertung

Eine Person die flexibel eingesetzt wird und

rung kann auch für viele sog. typische Frau-

damit mehrere Arbeitsaufgaben bzw. Tätig-

enarbeitsplätze eine höhere Eingruppierung

keiten erledigen kann und muss, benötigt

ermöglichen.

auch mehr Qualifikationen. Es ergibt sich ein

Für die Bewertung dieser Anforderungen

höheres Anforderungsniveau. Diese Neue-

gibt es verschiedene Verfahren:

Summarische Verfahren: Hier werden die Arbeitsplätze als Ganzes

geltgruppentexten beschrieben. Mit jeder

bewertet. Die Anforderungsanalyse bezieht

Entgeltgruppe steigen die Anforderungen,

sich auf wenige Anforderungsarten, meist

die der Arbeitsplatz stellt. Wird eine Kollegin

sind dies erforderliche Kenntnisse (Unter-

oder ein Kollege auf mehreren Arbeitsplät-

weisungs- oder Anlernzeit, Ausbildung) und

zen eingesetzt, ergeben sich aufgrund der

Fertigkeiten. Auch Berufserfahrung, Verant-

ganzheitlichen, summarischen Eingruppie-

wortung und Selbständigkeit werden oft in

rungssystematik andere Anforderungen.

die Bewertung einbezogen. Summarische

Daraus folgt in der Regel eine höhere Ent-

Verfahren sind in den ERAs der IG Metall am

geltstufe. Als Beispiel findet sich der ent-

häufigsten vertreten. Die unterschiedlichen

sprechende §4 des neuen ERA des Bezirks

Entgeltgruppen werden mit Hilfe von Ent-

Küste auf der nächsten Seite.

19

Summarik: Bewertung als Ganzes, Entgeltgruppentexte

Arbeitsbewertung

Beispiel für das summarische Lohngruppenverfahren: ERA des Bezirks Küste Entgeltgruppe

Anforderungsstufe

Auszubildende, die in einem anerkannten Ausbildungsberuf i.S.d. Berufsbildungsgesetzes auf Grund eines Berufsausbildungsvertrages ausgebildet werden.

1

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung im Einzelnen festgelegt sind. Erforderlich sind Arbeits- oder Materialkenntnisse oder Geschicklichkeit bei der Arbeitsausführung, die durch eine zweckgerichtete Einarbeitung und Übung von bis zu vier Wochen erlernt werden.

2

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung weitgehend festgelegt sind. Erforderlich sind Arbeits- oder Materialkenntnisse oder besondere Geschicklichkeit bei der Arbeitsausführung, wie sie in der Regel durch ein systematisches Anlernen von mehr als vier Wochen Dauer erworben werden. Berufliche Vorbildung ist nicht erforderlich.

3

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung teilweise festgelegt sind. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

4

• eine mindestens zweijährige fachspezifische Ausbildung • oder eine abgeschlossene dreijährige fachfremde Berufsausbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Sachbearbeitende Aufgaben und /oder Facharbeiten, deren Erledigung weitgehend vorgegeben ist. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

5 Eckentgelt

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung • oder eine abgeschlossene fachfremde Berufsausbildung und eine mehrjährige fachspezifische Berufserfahrung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Schwierige sachbearbeitende Aufgaben und /oder schwierige Facharbeiten, deren Erledigung überwiegend vorgegeben ist. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

6

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung • oder durch abgeschlossene fachfremde Berufsausbildung und eine mehrjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie spezielle Weiterbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden.

20

►►► Fortsetzung nächste Seite

Arbeitsbewertung

Anforderungsstufe

Entgeltgruppe

►►► Umfassende sachbearbeitende Aufgaben und/oder umfassende Fachaufgaben innerhalb des Fachgebietes, deren Erledigung teilweise vorgegeben ist. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

7

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Fachgebietsübergreifende Aufgabengebiete, deren Erledigung im Rahmen von bestimmten Richtlinien erfolgt. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

8

• eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung • oder durch eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung und eine langjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Komplexe Aufgabengebiete im Rahmen von Richtlinien. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

9

• eine abgeschlossene Hochschulausbildung • oder durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung, Berufsausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Aufgabenbereiche im Rahmen von allgemeinen Richtlinien. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch

10

• eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden • oder auf einem anderen Wege erworben wurden. Komplexe Aufgabenbereiche – teilweise nach allgemeinen Richtlinien. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch • eine abgeschlossene Hochschulausbildung und eine langjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie gegebenenfalls eine entsprechende Fortbildung erworben werden, • oder auf einem anderen Wege erworben wurden.

21

11

Arbeitsbewertung

Analytische Verfahren: Hier werden die einzelnen Anforderungsar-

Bei den analytischen Verfahren ist es mög-

ten, die ein Arbeitsplatz aufweist, getrennt

lich, den einzelnen Anforderungsarten

und unabhängig voneinander analysiert und

jeweils unterschiedliche Gewichtungen

bewertet. Jeder Anforderungsart wird also

zuzuweisen, so dass sie einen unterschied-

ein Punktwert zugeordnet. Als Ergebnis die-

lich hohen Einfluss auf den Arbeitswert und

ses Rechenverfahrens steht eine Summe, die

letztendlich auf das Entgelt haben. Diese

den Wert aller Anforderungsarten ausdrückt

Gewichtung kann durch Multiplikation der

(= Arbeitswert) und die dann den Entgelt-

Punktwerte mit einem Gewichtungsfaktor

gruppen zugeordnet wird.

erfolgen (= getrennte Gewichtung) oder aber dadurch, dass eine unterschiedliche Zahl

Dieses Verfahren wird vor allem im ERA des

von Stufen mit einem unterschiedlich hohen

Bezirks Baden-Württemberg angewandt.

maximal erreichbaren Punktwert gebildet

Als Beispiel finden sich die Regelungen

werden (= gebundene Gewichtung). Diese

des Stufenwertzahlverfahrens aus Baden-

Form der Gewichtung liegt bei den ERAs der

Württemberg in der anschließenden Zusam-

Bezirke Baden-Württemberg und in einigen

menfassung.

Bereichen in Nordrhein-Westfalen vor.

22

Analytik: getrennte Bewertung der Anforderungen, Punktwerte, Gewichtungsfaktoren

Arbeitsbewertung

Beispiel für das analytische Stufenwertzahlverfahren: ERA des Bezirks Baden-Württemberg Anforderungsart

Anforderungsstufen und zugeordnete Punkte (Stufenwertzahlen) max.*

1. Wissen und Können 1.1 Anlernen

A1/3

A2/4

A3/5

A4/7

A5/9

9

1.2 Ausb. und Erfahr. 1.2.1. Ausbildung

B1/10 B2/13 B3/16 B4/19 B5/24 B6/29

29

1.2.2. Erfahrung

E1/1

10

E2/3

E3/5

E4/8

E5/10

max. 39 2.Denken

D1/1

D2/3

D3/5

D4/8 D5/12 D6/16 D7/20

20

3. Handlungsspielraum/ Verantwortung

H1/1

H2/3

H3/5

H4/7

17

4. Kommunikation

K1/1

K2/3

K3/5

K4/7 K5/10 K6/13

5. Mitarbeiterführung

F1/2

F2/3

F3/4

F4/5

H5/9 H6/11 H7/14 H8/17

13 7

F5/7

* maximale Wertzahl

Die Anforderungsstufen werden so beschrieben, dass für jeden Arbeitsplatz eine Einordnung in eine der Stufen pro Anforderungsart möglich ist. Als Beispiel hier die Beschreibung der Stufen für die Anforderungsart 1.2.1 Ausbildung: B1 Abgeschlossene, in der Regel zweijährige Berufsausbildung i.S. des BBiG B2 Abgeschlossene, in der Regel drei- bis dreieinhalbjährige Berufsausbildung i.S. des BBiG B3 Abgeschlossene Berufsausbildung i.S. des BBiG und eine darauf aufbauende abgeschlossene, in der Regel einjährige Vollzeit-Fachausbildung (z.B. Meister-Ausbildung IHK) B4 Abgeschlossene Berufsausbildung i.S. des BBiG und eine darauf aufbauende abgeschlossene, in der Regel zweijährige Vollzeit-Fachausbildung (z.B. staatlich geprüfter Techniker) B5 Abgeschlossenes Fachhochschulstudium B6 Abgeschlossenes Universitätsstudium ►►► Fortsetzung nächste Seite

23

Arbeitsbewertung

►►► Die erreichte Gesamtpunktzahl wird den Entgeltgruppen zugeordnet.

24

Gesamtpunktzahl

Entgeltgruppe

6

1

7–8

2

9 – 11

3

12 – 14

4

15 – 18

5

19 – 22

6

23 – 26

7

27 – 30

8

31 – 34

9

35 – 38

10

39 – 42

11

43 – 46

12

47 – 50

13

51 – 54

14

55 – 58

15

59 – 63

15

64 – 96

17

Eingruppierung

3.2.

Worauf muss beim Eingruppierungsverfahren geachtet werden ?

Eingruppierungen und Umgruppierungen

oder nicht. Wird Diskriminierung vermutet

sind personelle Einzelmaßnahmen im Sinne

oder gar nachgewiesen, müssen die jewei-

des Betriebsverfassungsgesetzes. Das heißt,

ligen Möglichkeiten der Zustimmungsver-

dass der Arbeitgeber zunächst die Eingrup-

weigerung oder des Einspruchs genutzt

pierung eines Arbeitsplatzes vorschlägt oder

werden.

vorläufig vornimmt und der Betriebsrat anschließend zustimmen muss ( §99 BetrVG ).

Dies setzt natürlich voraus, dass die Mitglieder des Betriebsrats und /oder der Pa-

Die ERA-Einführung erfordert in allen Betrie-

ritätischen Kommission in den Fragen der

ben eine generelle Eingruppierungs- bzw.

Entgeltdiskriminierung von Frauen geschult

Umgruppierungsaktion. Sollen ungerechtfer-

wurden und für die Diskriminierungsfallen

tigte Benachteiligungen von Frauen beseitigt

der Arbeitsbewertung sensibel sind. Hier ist

werden, gilt es, diese Chance zu nutzen. Mit

also das Engagement von Frauen gefragt.

einer einzigen Eingruppierungsaktion wird über die zukünftigen Entgelte aller Beschäftigten entschieden. Deshalb sehen die meisten ERAs für diese Einführungsphase auch besondere Mitbestimmungsmöglichkeiten des BR bzw. der Beschäftigten vor (siehe Zusammenfassung unter 3.3 in diesem Kapitel).

widersprechen Schulungsmaßnahmen organisieren

Es ist wichtig, dass möglichst viele Frauen an den angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. In keinem ERA wird übrigens ausdrücklich erwähnt, dass Frauen und Männer in den Paritätischen Kommissionen ausgewogen vertreten sein müssen. Deswegen müssen die Kolleginnen ihre Ansprüche

Es ist wichtig, dass direkt mit der Eingrup-

auf Beteiligung einfordern und ihre Bereit-

pierung geprüft wird, ob diskriminiert wird

schaft signalisieren.

25

Eingruppierungsvorschlag des Arbeitgebers prüfen und gegebenenfalls fristgerecht

Ausgewogene Vertretung von Frauen in den Kommissionen sicherstellen

Eingruppierung



Was ist zu tun ?

Zusammenfassend und in Kürze hier noch

► Der Eingruppierungsvorschlag des Ar-

einmal die Handlungsempfehlungen für die

beitgebers muss auch auf Diskriminie-

Gestaltung des Eingruppierungsverfahrens:

rungsfreiheit geprüft werden. ► Die Mitglieder des Betriebsrates und der Paritätischen Kommission müssen entsprechend geschult sein, um die Gefahren und Mechanismen der Diskriminierung erkennen zu können. ► Im Betriebsrat und in den paritätischen Kommissionen zur Eingruppierung müssen Frauen und Männer angemessen vertreten sein. ► Auch in den Tarifkommissionen müssen Frauen entsprechend ihrem Anteil vertreten sein, um bereits bei der Gestaltung der tariflichen Regelungen die Interessen von Frauen wirkungsvoll einbringen zu können. Dies fordert die Satzung der IG Metall.

26

Ersteingruppierung

3.3.

Was regeln die neuen ERAs zu den Verfahren der Ersteingruppierung ?

Paritätische Kommissionen: In allen ERAs werden für das Verfahren der

und Nordrhein-Westfalen bleiben diese Pari-

Ersteingruppierung Paritätische Kommissio-

tätischen Kommissionen dauerhaft beste-

nen gebildet, denen jeweils zwei oder drei

hen, in den anderen Tarifbezirken gelten

VertreterInnen des Arbeitgebers und der

nach erfolgter Ersteingruppierung die Mitbe-

Beschäftigten angehören. Die VertreterInnen

stimmungsregelungen nach § 99 BetrVG. Im

der Beschäftigten sind vom Betriebsrat zu

Bezirk Küste gibt es darüber hinaus ein indi-

benennen und müssen dem Unternehmen

viduelles Einspruchsrecht mit betrieblichem

angehören. In Baden-Württemberg und Nie-

Verfahren vor dem Rechtsweg. ( detaillierte

dersachsen gelten vereinfachte Regelungen

tabellarische Aufstellung der Regelungen

für kleinere Betriebe. In Baden-Württemberg

►Abschnitt 9, ab Seite 78 )

Widerspruchsfristen und -formen: Dem Vorschlag des Arbeitgebers zur Erst-

Der weitere Ablauf des Widerspruchs-

eingruppierung kann innerhalb eines Zeit-

bzw. Einigungsverfahrens ist in den

raums von zwischen drei bis acht Wochen

ERAs im Detail unterschiedlich geregelt.

( je nach ERA ) widersprochen werden. Die

( detaillierte tabellarische Aufstellung

ERAs von Küste und Thüringen schreiben

der Regelungen ►Abschnitt 9, ab Sei-

hierfür ausdrücklich die Schriftform vor.

te 78 )

Schulungen zur Einführung des neuen ERA: Der ERA von Baden-Württemberg sieht

genommen werden sollten. Andererseits

Schulungen für die Mitglieder und Stellver-

sollte auch darauf hingewirkt werden, dass

treterInnen der Paritätischen Kommission

in den Schulungen der Aspekt der Entgelt-

ausdrücklich vor. In allen anderen ERAs ist

diskriminierung von Frauen berücksichtigt

dies nicht der Fall. Hier können aber die Re-

wird oder spezielle Schulungen zu dieser

gelungen des §37 ( 6 ) und ( 7 ) BetrVG offensiv

Thematik angeboten werden. ( detaillierte

genutzt werden, d.h. dass einerseits angebo-

tabellarische Aufstellung der Regelungen

tene Schulungsveranstaltungen in Anspruch

►Abschnitt 9, ab Seite 78 )

27

Arbeitsbeschreibungen

4.

Was steht an? Wichtige Handlungsfelder für die ERA-Einführung

Der Zeitpunkt der Einführung der neuen

Vorbereitung genutzt werden. Denn wenn

ERAs unterscheidet sich von Tarifbezirk zu

es dann so weit ist, wird es – wie immer

Tarifbezirk. Und auch in den Betrieben wird

– plötzlich ganz schnell gehen. Wenn also in

ein jeweils unterschiedliches Tempo gefah-

den Betrieben die verbleibende Zeit bis zur

ren. Doch auch – oder gerade – wenn es so

Einführung genutzt und die folgenden Punk-

scheint, als stünde bis zur Umsetzung der

te bearbeitet werden, dann können bei der

neuen Regelungen noch viel Zeit zur Ver-

ERA-Einführung Chancen für Frauen verwirk-

fügung, muss diese Zeit für eine sinnvolle

licht werden.

4.1.

Was nicht beschrieben wird, wird auch nicht bewertet! Arbeitsbeschreibungen als Grundlage der Eingruppierung

a.

Wo liegen Diskriminierungsgefahren bei der Arbeitsbeschreibung?

Eine sorgfältige und auch vollständige

schrieben werden. Denn typische Frauenar-

Arbeitsbeschreibung ist, unabhängig vom

beitsplätze sind meist eng verwandt mit den

jeweils angewendeten Arbeitsbewertungs-

Aufgaben, die traditionell Frauenaufgaben

verfahren, eine wichtige Voraussetzung für

in der Familie und im Haushalt waren ( z. B.

eine korrekte und diskriminierungsfreie

Versorgen, Pflegen, Putzen, Kochen, Nähen,

Eingruppierung.

Aufräumen, Organisieren ) oder mit den

Denn es ist logisch: Wenn einzelne Tätigkeiten nicht beschrieben worden sind, können deren Anforderungen an den oder die ArbeitsplatzinhaberIn nicht bewertet werden. Damit werden diese Tätigkeiten mit ihren Anforderungen bei der Eingruppierung zwangsläufig nicht beachtet und können keinen Einfluss auf die Vergütung nehmen.

Fähigkeiten, die Frauen als quasinatürlich zugeschrieben werden ( z .B. Kommunikationsfähigkeit, Geduld und Ausdauer, Fingerfertigkeit, Einfühlungsvermögen ). Und wenn Frauen dann als Näherinnen in der Polsterei, als Montagearbeiterin in der Elektromontage, als Sekretärin oder als Sachbearbeiterin mit Kundenkontakt arbeiten, dann besteht die Gefahr, dass bestimmte Tätigkeiten oder

Für Frauen wird dies zu einer besonders sub-

Qualifikationsanforderungen übersehen

tilen Diskriminierungsgefahr: Insbesondere

werden, weil es so selbstverständlich er-

an sogenannten typischen Frauenarbeits-

scheint, dass Frauen diese Arbeit leisten und

plätzen sind oft Tätigkeiten zu verrichten

die entsprechenden Fähigkeiten besitzen. Es

oder Qualifikationen gefordert, die Frauen

erscheint praktisch »gar nicht mehr der Rede

aufgrund eines traditionellen Rollenver-

wert«. Und dennoch sind diese Tätigkeiten

ständnisses als selbstverständlich zuge-

berufliche Aufgaben, und die Qualifikationen

28

die noch vorhandene Zeit zur Vorbereitung nutzen

sämtliche Anforderungen vollständig erfassen

Arbeitsbeschreibungen

sind beruflich notwendige und erforderliche

Entgeltgruppen eingestuft werden, dann

Qualifikationen. Deshalb müssen sie erfasst

würde die Chance vertan, die Eingruppierung

und beschrieben werden und Eingruppie-

von Frauenarbeitsplätzen zu überprüfen und

rung und Vergütung beeinflussen.

ggf. zu korrigieren. Möglicherweise diskrimi-

Eine Regelüberführung der Arbeitsplätze oder Arbeitsaufgaben von den alten Tarifverträgen in die neuen ERAs ist deshalb aus

nierende Eingruppierungen aus früherer Zeit würden nicht entdeckt und nichts würde sich an der Diskriminierung ändern.

Sicht der Frauen abzulehnen. Denn wenn

Um Diskriminierungsgefahren bei der Ar-

Arbeitsplätze nach vorab festgelegten Re-

beitsbeschreibung zu umgehen, müssen die

geln ohne eine neue Bewertung in die neuen

folgenden Grundsätze befolgt werden. 4

4

In Anlehnung an: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – Handreichung zur Anwendung des Gleichbehandlungsgebots in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 38

29

Arbeitsbeschreibungen

Grundsätze für geschlechtsneutrale Arbeitsbeschreibungen 1) Die Arbeitsbeschreibung muss umfassend und vollständig sein. Alle Tätigkeitsinhalte und Anforderungen sollten erfasst werden. Bei der Beschreibung der Anforderungen sind systematisch jeweils die Kategorien zu berücksichtigen, die für die spätere Eingruppierung wichtig sind, also z. B. erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten, Handlungsspielraum oder Verantwortung. 2) Sie muss einheitlich abgefasst sein. Vorteilhaft ist ein standardisiertes Frageraster, das sämtliche Informationen über die Tätigkeiten nach gleichen Kriterien erhebt. 3) Sie muss sachlich sein. Die Arbeitsbeschreibung soll Aufgaben und Anforderungen lediglich beschreiben, und nicht bereits bewerten. 4) Sie muss eindeutig und verständlich sein. Der Erhebungsbogen muss verständlich, präzise formuliert und einfach zu handhaben sein, damit alle Beschäftigten in gleicher Weise ohne Schwierigkeiten und Unsicherheit mit ihm umgehen können. 5) Sie sollte zunächst von den Beschäftigten selbst ( nicht vom Arbeitgeber ) verfasst werden. Dies fördert eine größtmögliche Objektivität und Vollständigkeit der Beschreibung. Außerdem wird dadurch verhindert, dass einzelne Tätigkeitsinhalte nur durch die Verwendung bestimmter Formulierungen unwichtig erscheinen.

30

Arbeitsbeschreibungen

Der Grundsatz der Vollständigkeit hat es

Vorbereitungsschritt sein. Die endgültige

in sich und ist bei weitem nicht so leicht

Aufgabenbeschreibung sollte gemeinsam

zu erfüllen, wie es sich im ersten Moment

mit Betriebsräten oder sachkundigen Ver-

anhört.

trauensleuten gemacht werden.

Den meisten Beschäftigten fällt es sehr

Eine Hilfestellung zur Erstellung vollständi-

schwer, ihren Arbeitsplatz vollständig zu

ger Arbeitsbeschreibungen können die fol-

beschreiben. Insbesondere Frauen überse-

genden Fragenkataloge für Mitarbeiterinnen

hen manchmal den beruflichen Charakter

in der kaufmännischen oder technischen

mancher ihrer eigenen Tätigkeiten und nen-

Sachbearbeitung und im gewerblichen Be-

nen sie von sich aus nicht – entweder aus

reich liefern. Die Beispiele lassen sich für

( falsch verstandener ) Bescheidenheit oder

bestimmte Arbeitsplätze leicht ergänzen

weil sie ihnen auch so selbstverständlich

oder verändern. 5 Das Ziel der Fragen ist es,

und deshalb nicht erwähnenswert vorkom-

bislang übersehene Tätigkeiten zu »entde-

men. Oft werden die eigene Wichtigkeit und

cken«, Selbstverständlichkeiten zu hinterfra-

die eigenen Möglichkeiten von Handlungs-

gen und für die Nichtbeachtung und damit

spielräumen falsch eingeschätzt. Deshalb

Unterbewertung sogenannter typischer Frau-

kann die Selbstaufschreibung nur ein erster

entätigkeiten zu sensibilisieren.

5

Beispiele für den Arbeitsplatz einer Innenreinigerin, einer Krankenpflegerin und einer Sekretärin finden sich in: DGB (Hrsg.): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 31 - 33

31

Endgültige Arbeits(Aufgaben-) beschreibung gemeinsam mit Betriebsrat bzw. Vertrauensleuten abfassen.

Arbeitsbeschreibungen

Fragen an eine Mitarbeiterin in der kaufmännischen oder technischen Sachbearbeitung

Mögliche Fragen

Beispiele für Anforderungen

Welche Ausbildung ist notwendig, um die Tätigkeiten an deinem Arbeitsplatz auszuüben ?

Ausbildung, Einarbeitung, Einweisung

Welche Weiterbildungsmaßnahmen hast du besucht, um deine Arbeitsaufgaben erfüllen zu können ?

Erforderliche Weiterbildung

Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten brauchst du an deinem Arbeitsplatz, die du nirgendwo »offiziell« gelernt hast ?

Einfühlungsvermögen, Kundenorientierung, Freundlichkeit, Kommunikationsfähigkeit

Wie viel Erfahrung benötigt man, bis man sich an deinem Arbeitsplatz richtig gut auskennt ?

Notwendige Erfahrung

Welche Informationen beschaffst du dir selber ? Wie beschaffst du sie dir ?

Selbständigkeit, Eigeninitiative

Welche Vorgaben erhältst du für deine Arbeit ?

Handlungsspielraum, Selbständigkeit

Worüber entscheidest du selbst ? Ab wann musst du deine/-n Chef/-in fragen ?

Verantwortung, Entscheidungsfindung

Wofür bist du verantwortlich ?

Verantwortung für Maschinen, Material, Menschen, die Arbeit anderer, Geld

Arbeitest du allein oder in einem Team ?

Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit

Mit wem stimmst du dich bei deiner Arbeit ab ?

Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit

Mit wem hast du sonst beruflich Kontakt ?

Soziale Kompetenzen, Einfühlungsvermögen, Fremdsprachenkenntnisse

Arbeitest du viel am PC ? Was ? Welche Programme benutzt du ?

PC-Kenntnisse (Software und Hardware), Grafik, Design, Internetrecherchen

Welche Arbeitsmittel benutzt du ?

Technische Kenntnisse: Fax, Kopierer, Telefonanlage, Drucker, Plotter, PC

Hast du eine Führungsaufgabe ?

Führung

Weist du andere KollegInnen ein oder leitest sie an ?

Führung, Verantwortung für Menschen oder die Arbeit anderer

Welche Pläne erstellst du selber ?

Erstellen von Zeitplänen, Materialplänen, Projektplänen, Ablaufplänen oder Reiseplänen

Für welche Art von Problemen suchst du selber Lösungen ?

Problemlösungsfähigkeit, Selbständigkeit

Was war im letzten Jahr dein umfangreichstes Projekt ?

Komplexität der Arbeitsaufgaben, Handlungsspielraum, Selbständigkeit

Vertrittst du KollegInnen während des Urlaubs oder wenn sie krank sind ? Wenn ja, welche Aufgaben übernimmst du dann zusätzlich ?

Übernahme höherwertiger Aufgaben

Wie ungestört kannst du arbeiten ?

Häufige Arbeitsunterbrechungen durch Anweisungen des/der Chefs/-in, Telefonate und BesucherInnen

Was ist das Anstrengendste am Tag ? Was nervt manchmal ? Was fällt dir schwer ?

Physische und psychische Belastungen ( Dies ist wichtig für die Zahlung von Belastungszulagen bzw. den entsprechenden Freizeitausgleich ! )

32

Arbeitsbeschreibungen

Fragen an eine Mitarbeiterin im gewerblichen Bereich

Mögliche Fragen

Beispiele für Anforderungen

Welche Ausbildung ist notwendig, um die Tätigkeiten an deinem Arbeitsplatz auszuüben ?

Ausbildung, Einarbeitung, Einweisung

Welche Weiterbildungsmaßnahmen hast du besucht, um deine Arbeitsaufgaben erfüllen zu können ?

Erforderliche Weiterbildung

Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten brauchst du an deinem Arbeitsplatz, die du nirgendwo »offiziell« gelernt hast ?

Freundlichkeit, Kundenorientierung, Kommunikationsfähigkeit, Geschicklichkeit, Geduld

Wie viel Erfahrung benötigt man, bis man sich an deinem Arbeitsplatz richtig gut auskennt ?

Notwendige Erfahrung

An wie vielen Arbeitsplätzen oder Maschinen wirst du eingesetzt?

Kenntnisse, Flexibilität, Vielseitigkeit

Welche Werkzeuge und Arbeitsmittel benutzt du ?

Technische Kenntnisse, PC-Kenntnisse, Flexibilität, Vielseitigkeit

Wer besorgt das Material? Wer richtet die Maschine ein und bestückt sie ?

Komplexität der Aufgabe, höherwertige Aufgaben

Erkennst du Fehler an der Maschine, am Material oder am Produkt ? Was machst du dann ?

Selbständigkeit, Verantwortung, Handlungsspielraum, höherwertige Aufgaben

Welche Art von Problemen löst du selber ?

Problemlösungsfähigkeit, höherwertige Aufgaben

Bist du auch zuständig für Wartung, Pflege und Reparatur »deiner« Maschine ?

Technische Kenntnisse, Vielseitigkeit, höherwertige Aufgaben

Welche Störungen gibt es und was machst du dann ? Kenntnisse, Selbständigkeit, Verantwortung, Handlungsspielraum Wie und von wem wird die tägliche Arbeitseinteilung vorgenommen ?

Planungsfähigkeit, Verantwortung, Selbständigkeit

Welche Vorgaben erhältst du für deine Arbeit ?

Verantwortung, Selbständigkeit

Arbeitest du alleine oder im Team ?

Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit

Mit wem stimmst du dich bei deiner Arbeit ab ?

Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit

Mit wem hast du sonst beruflich Kontakt ?

Soziale Kompetenzen, Einfühlungsvermögen

Wofür bist du verantwortlich ?

Maschine, Menschen, Produkt, Qualität, Sauberkeit, Arbeitssicherheit

Weist du andere KollegInnen ein oder leitest sie an ?

Führungsaufgaben, Verantwortung für Menschen oder die Arbeit anderer

Für welche Art von Problemen suchst du selber Lösungen ?

Problemlösungsfähigkeit, Selbständigkeit

Was war im letzten Jahr deine schwierigste Aufgabe ?

Komplexität der Arbeitsaufgaben, Handlungsspielraum, Selbständigkeit

Arbeitest du im Stehen, im Sitzen, gebückt oder in einer festen Körperhaltung ?

Körperliche Belastungen ( Dies ist wichtig für die Zahlung von Belastungszulagen bzw. den entsprechenden Freizeitausgleich ! )

Was ist das Anstrengende an deiner Arbeit ? Was ist unangenehm in deiner Arbeitsumgebung ? Was nervt manchmal ? Was fällt dir schwer ?

Körperliche und psychische Belastungen, Umgebungseinflüsse ( Dies ist wichtig für die Zah-lung von Belastungszulagen bzw. den entsprechenden Freizeitausgleich ! )

33

Arbeitsbeschreibungen



b. Was ist zu tun ? ►



Es ist wichtig, dass Arbeitsbeschreibun-

Wenn Zweifel daran bestehen, dass

gen als Grundlage für eine spätere Ein-

Arbeitsaufgaben bzw. Tätigkeiten von

gruppierung angefertigt werden ! Regel-

Frauen vollständig beschrieben wurden,

überführungen sollte es nicht geben.

müssen die Möglichkeiten, die der ERA zur Überprüfung und ggf. Überarbeitung



von Arbeitsbeschreibungen bietet, ge-

Die Grundsätze für geschlechtsneutrale

nutzt werden.

Arbeitsbeschreibungen müssen eingehalten werden !

► Teilaufgaben, die nur zeitweise ausge-

► Kolleginnen sollten bei der Abfassung einer vollständigen Arbeitsbeschreibung von einer Person unterstützt werden, die viele Fragen stellt und sich nicht mit allzu kurzen und bescheidenen Beschreibungen der Arbeitsaufgabe bzw. der Tätigkeiten zufrieden gibt !

führt werden, die Arbeitsaufgabe in ihrer Gesamtheit aber prägen können, müssen besonders beachtet werden. Auch sie müssen, entsprechend der Bestimmungen des jeweiligen ERA, ausreichend berücksichtigt werden. Dies entspricht dem neuen Prinzip der ganzheitlichen Betrachtung von Anforderungen. Es muss vermieden werden, dass gerade typische Anforderungen an sog. „Frauenarbeitsplätzen“ als »nicht prägend« unberücksichtigt bleiben !

34

Arbeitsbeschreibungen

c.

Was regeln die neuen ERAs zur Arbeitsbeschreibung?

Die Anfertigung einer Arbeitsbeschreibung

wird geregelt, dass die Grundlage der Ein-

als Grundlage für die Eingruppierung ist nur

gruppierung die Einstufung der übertrage-

im ERA von Baden-Württemberg ausdrück-

nen und auszuführenden Arbeitsaufgabe ist.

lich erwähnt

[ § 6 ( 4 )] 6.

Hier kann außerdem

jede Seite der Paritätischen Kommission unter Angabe von Gründen eine Überprüfung und ggf. Überarbeitung der Arbeitsbeschreibung verlangen [ § 7 ( 3.1 ) ].

In §7 ( 3 ) Einführungs-TV werden erforderliche Unterlagen erwähnt, auf die der Arbeitgeber seinen Eingruppierungsvorschlag stützt. Aus der Kombination der beiden Paragraphen ergibt sich, dass eine Arbeitsbe-

In anderen Tarifbezirken kann die Notwen-

schreibung nötig ist, um eine nachvollzieh-

digkeit der Arbeitsbeschreibung aus den

bare und überprüfbare Eingruppierung auf

Formulierungen abgeleitet werden, nach

der Basis der übertragenen Arbeitsaufgaben

denen die Eingruppierung entsprechend der

vornehmen zu können.

prägenden Anforderungen, Tätigkeiten oder Teilaufgaben erfolgt. Denn eine Eingruppierung ist demzufolge nur möglich, wenn diese Anforderungen, Tätigkeiten oder Teilaufgaben auch beschrieben wurden.

In den ERAs der Bezirke Küste und Thüringen kann die Notwendigkeit von Arbeitsbeschreibungen daraus abgeleitet werden, dass im Falle eines Einspruchs, dem der Arbeitgeber nicht stattgibt, die Ablehnung unter Zugrundelegung

Ein Beispiel aus dem ERA von Nordrhein-

der Anforderungsbeschreibung schriftlich zu

Westfalen soll dies verdeutlichen: In §2 ( 3 )

begründen ist [§ 2 (5)].

6

Falls nicht anders erwähnt, beziehen sich die Angaben zu Paragraphen immer auf das Entgeltrahmenabkommen bzw. den Entgeltrahmentarifvertrag des Tarifbezirks, der gerade besprochen wird.

35

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche

4.2

Der Stand der Dinge: Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche

Die neuen ERAs bieten Chancen für eine Überprüfung und gerechtere Eingruppierung von Frauenarbeitsplätzen. Wenn sie genutzt werden sollen, besteht eine wichtige Grundlage für die Vorbereitung in den Betrieben darin, sich einen Überblick über

von Männern ausgeübt ? • In welchen Entgeltgruppen sind die Arbeitsplätze eingruppiert, die entweder hauptsächlich von Frauen oder von Männern ausgeübt werden ?

die Entgeltstruktur zwischen Frauen und

Solche statistischen Daten liegen leider oft

Männern zu verschaffen. Günstig wäre eine

nicht vor. Doch selbst dann ist es möglich,

Beschäftigtenstatistik, die nach Tätigkeiten,

aus der Kenntnis des Betriebes heraus typi-

Geschlecht und Entgelt aufgeschlüsselt ist

sche Arbeitsplätze von Frauen und Männern

und folgende Daten liefert:

zu suchen und mit Hilfe von Paarvergleichen

Entgeltdaten: • Wer verdient wie viel ? • Welchen Anteil haben Frauen und Männer an den Entgeltgruppen ? • Wie viel Prozent der beschäftigten Frauen und Männer sind in den höchsten bzw. niedrigsten Entgeltgruppen eingruppiert ?

Daten zu Tätigkeiten: • Welche Tätigkeiten /Arbeitsplätze gibt es im Betrieb ? • Welche Arbeitsplätze werden hauptsächlich von Frauen, welche hauptsächlich

7

auf Diskriminierungsfreiheit zu überprüfen. Bei einem Paarvergleich werden Tätigkeiten miteinander verglichen, die typischerweise von Frauen bzw. von Männern ausgeübt werden, z. B. Maschinenbediener und Schreibkraft. Verglichen werden nun einerseits die bisherigen Entgelte an den beiden Arbeitsplätzen und die Wertigkeit der Arbeitsplätze andererseits. Wenn eine diskriminierungsfreie Bewertung der Arbeit ergibt, dass beide Arbeitsplätze gleichwertig sind, müssen die Arbeitsplätze in derselben Entgeltgruppe eingruppiert sein. Anderenfalls läge eine begründete Vermutung für Diskriminierung vor. 7

Ausführliche Beschreibungen des Vorgehens und der rechtlichen Hintergründe für Paarvergleiche finden sich in: DGB (Hrsg.): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 65 – 71

36

Beschäftigungs- und Entgeltdaten aufbereiten und analysieren.

Mit Paarvergleichen Diskriminierung entdecken !

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche

Ein Beispiel aus der Fachliteratur: Schreibkraft: Gehaltsstufe G2

Lagerarbeiter: Lohngruppe LG IV

Zu 95Prozent weiblich besetzt

Zu 85 Prozent männlich besetzt

Einstiegsgehalt: 1.510 5

Lohn: 1.645 5

Endgehalt nach 7 Tätigkeitsjahren 1.800 5

Keine Stufendifferenz nach Tätigkeitsjahren

Kein Aufstieg in die nächsthöhere Gruppe vorgesehen

Aufstieg in Lohngruppe V nach fünfjähriger Tätigkeit möglich ( Einstieg: 1.940 5 )

Bewertungskriterien:

Bewertungskriterien:

1. Kenntnisse: abgeschlossene Berufsausbildung oder gleichwertige Ausbildung

1. Kenntnisse: sechsmonatige Einarbeitung

Keine Zulagen

Zulagen für erhöhte Belastungen: 80 5

Einstiegsgehalt: 1.570 5 /Monat

Lohn: 1.725 5 /Monat

2. Genauigkeit und Gewissen2. Auch erworben durch mehrjähhaftigkeit rige anderweitige Qualifi3. Verantwortung für Betriebskation mittel

An diesem Beispiel ist direkt in mehrfacher

Paarvergleiche, sind eine Möglichkeit, Ge-

Hinsicht eine Diskriminierung nachweisbar.

schlechterdiskriminierungen sichtbar zu

Anhand dieses Beispiels wird besonders

machen. Ergeben sich keine signifikanten

deutlich, worauf bei Paarvergleichen zu ach-

Unterschiede, ist anzunehmen, das diskrimi-

ten ist.

nierungsfrei bewertet wird.

37

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche

Formular für Paarvergleiche Arbeitsplatz 1

Arbeitsplatz 2

Fragen ------------------------------------------------ ------------------------------------------------

Welche Entgeltgruppe ?

Frauen- bzw. Männeranteil an diesem Arbeitsplatz ?

Einstiegsentgelt ?

Endstufe in der Entgeltgruppe ? Nach wieviel Jahren erreicht ?

Höhergruppierung vorgesehen ?

Bewertungskriterien ?

Zulagen ?

Sonstige Besonderheiten ?

38

Richt- und Niveaubeispiele

4.3.

Gleich und gleich gesellt sich gern: Richt- und Niveaubeispiele

a.

Was sind Richt- und Niveaubeispiele und wo liegen ihre Diskriminierungsgefahren?

Zunächst ein Hinweis auf die Wortwahl: Mit

entierungshilfe und sind nicht verbindlich

Richt- bzw. Niveaubeispielen ist zunächst

anzuwenden. In der Regel können Richt- und

einmal – von außen betrachtet – etwas ähn-

Niveaubeispiele nicht die ganze vielschichti-

liches gemeint. In den Tarifbezirken werden

ge betriebliche Wirklichkeit abbilden. Es gibt

die Bezeichnungen jedoch unterschiedlich

unzählig viele Tätigkeiten in der Metall- und

verwendet:

Elektroindustrie, die sich außerdem bestän-

Niveaubeispiel: Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen Richtbeispiel: Niedersachsen

dig verändern. Durch die Beispiele wird aber deutlich, welches (Entgelt-) Niveau sich die Tarifvertragsparteien für welche Arbeitsaufgaben bzw. Tätigkeiten vorgestellt haben. Die Regelungen zu Richt- und Niveaubei-

tarifliches Niveaubeispiel, betriebliches

spielen sind in den Tarifbezirken also nicht

Richtbeispiel:

einheitlich (► Abschnitt c ). So benötigen

Thüringen

beispielsweise analytische Arbeitsbewer-

Richt- oder Niveaubeispiele sind Beschreibungen und Eingruppierungen ausgewählter Arbeitsplätze, die für eine große Zahl von Arbeitsplätzen als typisch angesehen werden. Sie werden auf tariflicher Ebene zwischen der IG Metall und den Arbeitgeberverbänden vereinbart und können auch nur von ihnen wieder verändert werden. Sie bieten Orien-

tungsverfahren systembedingt eine größere Anzahl von Niveaubeispielen. Damit erklärt sich, warum beispielsweise im Bezirk BadenWürttemberg 122 Niveaubeispiele vereinbart wurden, aber in Niedersachsen nur zehn Richtbeispiele. Im Bezirk Küste gibt es gar keine Richtbeispiele, sondern ausschließlich betriebliche Regelungen.

tierung bei der Eingruppierung, aber ihre

Die Diskriminierungsgefahren bei der For-

Verbindlichkeit unterscheidet sich von Bezirk

mulierung von Richt- und Niveaubeispielen

zu Bezirk bzw. von Tarifgebiet zu Tarifgebiet.

liegen natürlich zunächst überall dort, wo bei

Während die Niveaubeispiele in Baden-

der Arbeitsbeschreibung und der Anwendung

Württemberg zu einem festen und verbindli-

des Arbeitsbewertungsverfahrens Arbeit von

chen Bestandteil des Systems der Bewertung

Frauen unterbewertet werden kann. Insofern

und Einstufung werden [§ 5(2.2)], dienen

gelten die Hinweise aus Kapitel 4.1 und 4.4

sie in Nordrhein-Westfalen lediglich als Ori-

für Richt- und Niveaubeispiele ebenfalls.

39

Richt- und Niveaubeispiele werden in den Tarifbezirken unterschiedlich gehandhabt.

Richt- und Niveaubeispiele

Aber darüber hinaus besitzt die Vereinba-

Tarifliche Kataloge von Richt- oder Ni-

rung von Richt- und Niveaubeispielen auch

veaubeispielen können – wie weiter oben

eine nur ihr eigene Diskriminierungsgefahr:

erwähnt – die betrieblichen Notwendigkei-

Wenn die Richt- oder Niveaubeispiele die An-

ten und auch die Voraussetzung eines ge-

teile und die Eigenschaften von sogenannten

schlechtsspezifisch ausgewogenen Katalogs

typischen Frauen- und Männerarbeitsplätzen

von Beispielen nie ganz erfüllen. Deshalb

nicht angemessen repräsentieren, können

wird in den meisten Tarifverträgen die Mög-

Frauen- und Männerarbeitsplätze nicht ange-

lichkeit zur Ergänzung durch betriebliche

messen eingruppiert werden. Wenn also z. B.

Richt- oder Niveaubeispiele gegeben, um die

unter den Richtarbeitsplätzen überwiegend

Verhältnisse »vor Ort« ausreichend berück-

Männerarbeitsplätze vertreten sind, dann

sichtigen zu können. Wenn also die tarifli-

kann für einen typischen Frauenarbeitsplatz

chen Richt- oder Niveaubeispiele die im Be-

nur schwer ein Beispiel gefunden werden,

trieb vorhandenen Frauenarbeitsplätze nicht

das diesem Arbeitsplatz ähnlich und gleich

ausreichend oder nicht in der ausreichenden

zu bewerten ist.

Bandbreite abdecken ( können ), dann müs-

Ähnlich ungünstig wäre es, wenn die Bandbreite der überwiegend von Frauen besetzten Arbeitsplätze mit den Richt- und Niveau-

sen auf betrieblicher Ebene entsprechende Richt- und Niveaubeispiele vereinbart werden, um diese Lücke zu füllen.

beispielen nicht abgedeckt wäre. Auch dann

Um die Diskriminierungsfreiheit des Kata-

würde z. B. für die höherwertigen Arbeits-

logs von Richt- und Niveaubeispielen korrekt

plätze von Frauen eine Entsprechung im Ka-

beurteilen zu können, werden ausführliche

talog der Richt- und Niveaubeispiel fehlen.

Informationen zum Anteil von Frauen und

Die Formulierungen der Richt- und Niveaubeispiele müssen geschlechtsneutral sein, dürfen also keinen Hinweis darauf geben, ob dieser Arbeitsplatz überwiegend von Frauen oder von Männern ausgeübt wird. Damit soll verhindert werden, dass Vorurteile und dis-

Männern an der Besetzung von Arbeitsplätzen oder Arbeitsplatzgruppen im Betrieb bzw. im Tarifbezirk benötigt. Wenn und solange dieses Datenmaterial nicht vorliegt, muss der Katalog anhand von Erfahrungswissen überprüft werden.

kriminierende Vorstellungen über den gerin-

Grundsätzlich gilt überall: Entscheidend für

geren Wert von typischen Frauenarbeitsplät-

die Eingruppierung sind die Entgeltgrup-

zen ( mehr oder weniger bewusst ) die Be-

pentexte, die in den ERAs vereinbart wur-

wertung und Eingruppierung der Richt- und

den und die konkrete Arbeitsaufgabe oder

Niveaubeispiele beeinflussen.

Tätigkeit.

40

Tarifliche und betriebliche Richtund Niveaubeispiele

Auch auf Diskriminierungsfreiheit von Richt- und Niveaubeispielen achten !

Richt- und Niveaubeispiele

Deswegen sollte die Beschreibung der

unbewusst ) Einfluss nehmen können oder

Tätigkeiten, die eine Person an ihrem Ar-

auch Anforderungen, die an den konkreten

beitsplatzbeschreibung können muss, auch

Arbeitsplatz gestellt werden, einfach verges-

möglichst vollständig sein (►Kapitel 4.1 ). Es

sen werden. Erst nachdem die abgeforderten

ist wichtig, dass die Arbeitsbeschreibungen

Anforderungen wirklich vollständig erfasst

möglichst ohne Kenntnis oder zumindest

wurden, sollte eine Übertragung auf die ta-

ohne Bezug auf die tariflichen und auch

rifvertraglichen Vereinbarungen stattfinden.

betrieblichen Beispiele erstellt werden.

Auch für diese Übertragung können vorhan-

Ansonsten besteht die Gefahr, dass die

dene Richt- und Niveaubeispiele hilfreich

Aufschreibung durch die vorhandenen Bei-

sein.

spiele gelenkt wird und dadurch traditionelle Vorstellungen über den geringeren Wert von

Folgende Grundsätze gelten also bei der

Frauenarbeitsplätzen erneut ( bewusst oder

Auswahl von Richt- und Niveaubeispielen:

41

Die Arbeitsbeschreibung muss unabhängig von den Richtund Niveaubeispielen erfolgen.

Richt- und Niveaubeispiele

Grundsätze für die geschlechtsneutrale Auswahl von Richt- und Niveaubeispielen 1) Der Katalog der Richt- und Niveaubeispiele muss sowohl Arbeitsplätze enthalten, die überwiegend von Männern besetzt werden, als auch solche, die überwiegend von Frauen besetzt sind. Außerdem sollten Arbeitsplätze berücksichtigt werden, die zu gleichen Anteilen von Frauen und Männern besetzt werden. 2) Der Anteil der überwiegend von Frauen, überwiegend von Männern und gemischt besetzten Arbeitsplätze muss dem jeweiligen Anteil in der betrieblichen Realität entsprechen. 3) Die Bandbreite der Wertigkeit der Arbeitsplätze bzw. der Entgeltgruppen muss ebenfalls der in der betrieblichen Realität entsprechen. 4) Die Formulierungen der Richt- und Niveaubeispiele müssen geschlechtsneutral sein. 5) Gemäß den Bestimmungen des Tarifvertrages müssen betriebliche Richt- und Niveaubeispiele den tariflichen Katalog so ergänzen, dass die genannten Grundsätze erfüllt werden. 6) Die Formulierung von Richt- und Niveaubeispielen einerseits und Arbeitsplatzbeschreibungen andererseits muss unabhängig voneinander erfolgen, um eventuelle Diskriminierungen nicht zu übertragen. Im Idealfall sind die Richt- und Niveaubeispiele denjenigen, die die Arbeitsplatzbeschreibungen formulieren, noch nicht bekannt.

42

Richt- und Niveaubeispiele



b. Was ist zu tun ?

► Zuerst muss geprüft werden, ob unter den tariflichen Richt- oder Niveaubeispielen Arbeitsplätze sind, die im Betrieb überwiegend von Frauen besetzt werden. Ihr Anteil und ihre Zusammensetzung sollten die Beschäftigung von Frauen im Betrieb widerspiegeln ! ► Außerdem muss geprüft werden, ob auch die höherwertigen Frauenarbeitsplätze des Betriebes angemessen unter den Richt- oder Niveaubeispielen vertreten sind ! Am besten werden für jede Entgeltgruppe jeweils mindestens ein Beispiel für einen sogenannten »Frauen-« und einen sogenannten »Männerarbeitsplatz« aufgenommen ! ► Wenn festgestellt wird, dass wichtige Arbeitsfelder von Frauen in den Katalogen der Richt- und Niveaubeispielen nicht enthalten sind, müssen die Möglichkeiten des jeweils geltenden ERA zur Erarbeitung ergänzender betrieblicher Richtoder Niveaubeispiele genutzt werden !

43

Anforderungsarten

c.

Was regeln die neuen ERAs zu Richt- und Niveaubeispielen ?

In den Tarifbezirken Baden-Württemberg,

sachsen die Paritätischen Kommissionen zu-

Küste, Niedersachsen und Thüringen ist die

ständig, in Thüringen die Betriebsparteien.

Vereinbarung betrieblicher Ergänzungsbeispiele möglich. Im Bezirk Nordrhein-Westfalen ist dies gemäß ERA nicht vorgesehen, da die von den Tarifparteien gemeinsam bewerteten und eingruppierten Niveaubeispiele nur als Orientierungshilfe dienen und für die Eingruppierung der Beschäftigten ihre konkrete Arbeitsaufgabe maßgeblich ist.

Wichtig sind auch die Regelungen zur Überarbeitung und Aktualisierung der Richt- und Niveaubeispiele. In Baden-Württemberg

Was regeln die neuen ERAs zu Richt- und Niveaubeispielen ?

wird eine Überprüfung aufgrund der technischen und organisatorischen Entwicklung stattfinden und die Niveaubeispiele sollen »möglichst unverzüglich« ergänzt werden. In Niedersachsen und Thüringen soll eine Überprüfung bei Bedarf, mindestens aber

Für die Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele

alle fünf Jahre sowie bei einer Neuordnung

sind in Baden-Württemberg und Nieder-

von Berufsbildern erfolgen.

4.4.

Was wird eigentlich bewertet? Anforderungsarten in den ERAs

a.

Wie müssen Anforderungsarten ausgewählt, beschrieben und gewichtet werden, damit sie diskriminierungsfrei sind ?

Die Auswahl der Anforderungsarten ist ein

rung, die bezahlt werden soll ? Wie werden

zentrales Element jedes Arbeitsbewertungs-

Anforderungen an die Kommunikations- und

verfahrens. Mit dieser Auswahl wird ent-

Kooperationsfähigkeit vergütet ? Wie wirkt

schieden, welche Anforderungen überhaupt

sich die Übernahme von Führungsaufgaben

vergütet werden und welcher Anforderung

auf die Entgelthöhe aus ? Über solche Fragen

wie viel Bedeutung, sprich: wie viel Geld

muss bei der Gestaltung eines Arbeitsbewer-

zukommt.

tungsverfahrens entschieden werden.

Hierin drückt sich die Vorstellung der Gestal-

Für die Beantwortung dieser Fragen, also

terInnen des Arbeitsbewertungsverfahrens

für die Auswahl und für die Gewichtung von

darüber aus, was als anforderungsgerechtes

Anforderungsarten, gibt es allerdings keine

Entgelt zu verstehen ist: Welchen Einfluss

wissenschaftliche Regel, keinen objektiv

auf die Entgelthöhe soll die Anforderung an

und immer richtigen Katalog. Sondern das,

die erforderliche Ausbildung haben ? Ist die

was als Anforderungskriterium ausgewählt

Verantwortung für Menschen eine Anforde-

und wie es gewichtet wird, ist abhängig von

44

Was ist als ( anforderungs- ) gerechte Vergütung anzusehen ?

Für die Auswahl der Anforderungsarten gibt es keine objektiven Regeln.

Anforderungsarten

den Vorstellungen, Meinungen und Überzeu-

Da es keine objektiv richtige Auswahl und

gungen derjenigen, die das Arbeitsbewer-

Gewichtung von Anforderungsarten gibt,

tungsverfahren gestalten – in unserem Fall

sondern nur eine gesellschaftlich beein-

also die Tarifparteien. Diese Vorstellungen,

flusste, können traditionelle Vorstellungen

Meinungen und Überzeugungen wiederum

über den Wert von Frauen- und Männerarbeit

sind abhängig von der Kultur und der Gesell-

Eingang in das Bewertungssystem finden.

schaft, in der wir leben: von gesellschaftli-

Eben diese traditionellen Vorstellungen

chen Werten und Normen. Gesellschaftliche

führen, wie viele Untersuchungen nachge-

Werte und Normen verändern sich im Laufe

wiesen haben, zu einer Unterbewertung von

der Zeit und damit verändern sich auch die

Frauenarbeit, und damit zu einer indirekten

Vorstellungen darüber, was als ( anforde-

Entgeltdiskriminierung von Frauen. In der

rungs- ) gerechte Vergütung anzusehen ist.

Fachliteratur werden bisher folgende Ein-

War man z. B. noch in den fünfziger Jahren weitgehend davon überzeugt, dass körperlich schwere Arbeit durch die Beanspruchung der Muskeln gegeben ist ( sogenannte »harte Männerarbeit« also ), setzte sich im Zuge der sogenannten Leichtlohnklagen der siebziger und achtziger Jahre die Vorstellung durch, dass alle Umstände, die den menschlichen Organismus belasten, zu körperlich schwerer Arbeit führen können ( also z. B.

fallstore für Entgeltdiskriminierung von Frauen

beschrieben: 8

1. Anforderungen, die an männerdominierten Arbeitsplätzen häufiger vorkommen, werden unter verschiedenen Bezeichnungen doppelt oder gar mehrfach erfasst, z. B. erforderliche Kenntnisse, erforderliche Ausbildung und Denkanforderungen. 2. Es werden Anforderungen bewertet, die

auch die Arbeit der Montagearbeiterin ). Dies

Frauen und Männer aus gesellschaftli-

war ein wichtiger Erfolg für eine gerechtere

chen oder physischen Gründen unter-

Bewertung und Bezahlung von Frauenar-

schiedlich leicht erfüllen können. Z. B.

beitsplätzen. Dass es nun – mit den neuen

können Frauen die Anforderung »zeitli-

ERAs – gelungen ist, die Belastungen aus

che Flexibilität« aus gesellschaftlichen

der Findung der Grundentgelte vollständig

Gründen schlechter erfüllen als Männer.

herauszunehmen, ist ein weiterer wichtiger

Denn aufgrund der immer noch weit ver-

Schritt zur Vermeidung von Frauendiskimi-

breiteten Rollenverteilung in der Familie

nierung.

benötigen sie planbare Arbeitszeiten, um

8

in Anlehnung an: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – Handreichung zur Anwendung des Gleichbehandlungsgebotes in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 17

45

Auswahl und Definition von Anforderungsarten verändern sich mit gesellschaftlichen Vorstellungen

Welche »Diskriminierungsfallen« wurden bisher beschrieben ?

Anforderungsarten

ihren familiären Pflichten nachkommen zu können. 3. Anforderungen werden einseitig und eingeschränkt ausgelegt, z. B. Verantwortung wird nur als Verantwortung für Finanzen oder Maschinen, nicht aber als Verantwortung für Menschen verstanden, was aber an frauendominierten Arbeitsplätzen häufig vorkommt. 4. Es werden vage Formulierungen verwendet, so dass tradierte Vorstellungen über den geringeren Wert von Frauenarbeit in die Bewertung einfließen können.

7. Bestimmte Anforderungen, die an frauendominierten Arbeitsplätzen häufig vorkommen, werden erst dann bewertet, wenn andere Anforderungen auch erfüllt sind. Einzelne Anforderungen werden dadurch aneinander gebunden. Z. B. wird Verantwortung nur an den Arbeitsplätzen bewertet, an denen hohe Kenntnisse und mehrjährige Erfahrung erforderlich sind. 8. Anforderungen an frauendominierten Arbeitsplätzen werden erst dann bewertet, wenn sie einen bestimmten Zeitanteil erreichen.

5. Anforderungen, die vor allem auf männerdominierte Tätigkeiten zutreffen, werden

Manche dieser Diskriminierungsfallen wur-

besonders stark gewichtet, z. B. Verantwor-

den mit den neuen ERAs ausgeschlossen.

tung für Maschinen und Material oder Auf-

Vor allem sind durch den gemeinsamen

gaben mit hohem Entscheidungsspielraum.

Rahmentarifvertrag für ArbeiterInnen und

6. Bestimmte Anforderungen, die an frauendominierten Arbeitsplätzen auftreten, werden dort nicht berücksichtigt und damit auch nicht bezahlt, an männerdominierten Arbeitsplätzen jedoch schon ( z. B. Verantwortung ). Dies ist insbesondere dann möglich, wenn unterschiedliche Arbeitsbewertungsverfahren und Anforderungsarten verwendet werden, z. B. für Angestellte und für ArbeiterInnen, wobei

Angestellte die Diskriminierungsgefahren gebannt worden, die in unterschiedlichen Tarifverträgen liegen ( Ziffer 6 der Aufstellung ). Andere Gefahren treten in den ERAs gar nicht erst auf, da entsprechende Vorschriften nicht vorkommen: so z. B. das Aneinander-Binden von Anforderungsarten, wie es in Ziffer 7 der Aufstellung beschrieben wird oder das Voraussetzen eines bestimmten Zeitanteils ( Ziffer 8 der Aufstellung ).

das Verfahren, das für die meisten Frauen

Um andere mögliche Diskriminierungsgefah-

gilt, die Anforderungen an deren Arbeits-

ren anzugehen, gilt es die Handlungsspiel-

plätzen nicht berücksichtigt.

räume, die die ERAs bieten auszuschöpfen.

46

Manche Diskriminierungsgefahren sind in den ERAs von vornherein ausgeschlossen, …

… auf manche muss bei der betrieblichen Umsetzung geachtet werden.

Anforderungsarten

b.

Welche neuen Spielräume eröffnen die neuen ERAs?

Mit dem Abschluss der neuen ERAs wurden

• durch die höhere Durchlässigkeit der

wichtige Erfolge erzielt und im Vergleich zu den alten Rahmentarifverträgen Spielräume geschaffen, die es nun zu nutzen gilt, um

Entgeltgruppen, • die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Zusatzstufen und

eine Unterbewertung von Frauenarbeitsplätzen zu vermeiden.

• eine ganzheitlichere Definition der Anforderungsarten.

Vor allem unter drei Aspekten ergeben sich neue Chancen für eine gerechtere Eingruppierung von Frauen:

Höhere Durchlässigkeit der Entgeltgruppen Eine höhere Durchlässigkeit der Entgelt-

die geforderte Anforderungsart durch das

gruppen ist dadurch gegeben, dass es

Erfüllen eines anderen Kriteriums zu erset-

an einigen Stellen möglich geworden ist,

zen.

Beispiel Erfahrung: Die Anforderungsart »Erfahrung« kann sich

als Männer. Eine gerechtere Bewertung

nachteilig für Frauen auswirken, wenn sie

der Anforderungen eines Arbeitsplatzes ist

ausschließlich als tatsächliche Verweildau-

dann möglich, wenn Erfahrung als die Zeit

er auf dem Arbeitsplatz verstanden wurde.

verstanden wird, die für die Beherrschung

Denn Frauen können aufgrund ihrer häufige-

der Arbeitsaufgabe erforderlich ist. Diese

ren Inanspruchnahme von Elternzeit dieses

alternative Definition kann in den ERAs an-

Kriterium im Durchschnitt schlechter erfüllen

gewendet werden.

47

Erfahrung ist die Zeit, die für die Berherrschung der Arbeitsaufgabe erforderlich ist, nicht allein die Zeit, in der eine Person eine bestimmte Arbeitsaufgabe erledigt.

Anforderungsarten

Aus den ERAs: Für den Bezirk Baden-Württemberg ist dies in Anlage 1, Punkt 1.2.2 ausdrücklich so beschrieben. Im ERA für Nordrhein-Westfalen findet sich eine entsprechende Formulierung in der Anlage 1a unter Punkt 1. Im Bezirk Küste wird Berufserfahrung ab Entgeltgruppe E5 zum Eingruppierungskriterium. Allerdings kann Berufserfahrung in jeder Entgeltgruppe auch ‚auf einem anderen Wege erworben‘ sein. Hierzu sagt § 3 ( 2 ): „Kenntnisse und Fertigkeiten gelten als auf anderem Wege erworben im Sinne der Entgeltgruppen 4 – 11, wenn der Beschäftigte die Anforderungen der jeweiligen Entgeltgruppe erfüllt.“ Diese Formulierung bietet die Möglichkeit, den Nachteil von Frauen beim Kriterium »Berufserfahrung« auszugleichen.

48

Auch im Bezirk Niedersachsen ist es ab Entgeltgruppe 5 möglich, die geforderten Kenntnisse und /oder Fertigkeiten ‚auf anderem Wege erworben‘ zu haben und somit die Berufserfahrung auf dem speziellen Arbeitsplatz zu ersetzen. In Entgeltgruppe 4 wird ‚Erfahrung im ausgeübten Tätigkeitsfeld‘ gefordert, so dass auch hier keine ununterbrochene Beschäftigung auf dem Arbeitsplatz nötig ist. Für den Bezirk Thüringen ist in § 3 (5) ebenfalls geregelt, dass für die Eingruppierung allein die Tätigkeit, nicht aber die Ausbildung des /der Beschäftigten maßgeblich ist und dass die erforderlichen Qualifikationen auch auf anderem Weg erworben sein können.

Ba-Wü, Niedersachsen

NRW

Küste

Thüringen

Notwendige Fähigkeiten, die für die Erledigung einer Arbeitsaufgabe benötigt werden, können auch außerhalb des Betriebes erworben werden

Anforderungsarten

Beispiel Anlernzeiten: In den unteren Entgeltgruppen ist es bei den

mit der Haus- oder Familienarbeit verwandt

meisten ERAs für die Eingruppierung ent-

sind. Denn hier bringen Frauen oftmals

scheidend, wie lange die Unterweisung oder

Kenntnisse und Erfahrungen mit, die sie

das Anlernen dauern muss, um den Arbeits-

durch ihre Familienarbeit erworben haben.

platz beherrschen zu können. Die erforder-

Um die erforderliche Dauer der Anlernzeit

liche Dauer der Anlernzeit ist allerdings ein

gerecht einschätzen zu können, ist stets

Wert, der auf Schätzungen und Erfahrung

zu fragen: „Wie lange wäre die Anlernzeit,

beruht und nicht objektiv gemessen oder

wenn die Frauen dieses oder jenes erst ler-

festgestellt werden kann. Für Frauen ergibt

nen müssten ? “ „Wie lange würde jemand

sich dann ein Nachteil, wenn bei der Berech-

angelernt werden müssen, der diese Kennt-

nung der Anlernzeiten bestimmte Kennt-

nisse und Erfahrungen nicht hat ? “ Erst wenn

nisse und Fertigkeiten nicht berücksichtigt

diese Qualifikationen auch berücksichtigt

werden, die sie aufgrund ihrer Erziehung

werden, kann der Arbeitsplatz gerecht be-

und traditionellen Rollenzuschreibung mit-

wertet werden.

bringen. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten, die Frauen scheinbar »von Hause aus« mitbringen, sind beruflich verwertete Qualifikationen: Sie verkürzen die tatsächlich erforderliche Anlernzeit im Betrieb. Dies darf aber nicht zu einer geringeren Eingruppierung des Arbeitsplatzes führen, sondern muss als Qualifikation bei der Bewertung des Arbeitsplatzes und der Eingruppierung angemessen bewertet werden.

Im ERA des Bezirks Thüringen wird hierzu in § 3 (1) ausdrücklich erwähnt, dass bei der Bemessung der in den Entgeltgruppen E1 bis E3 notwendigen Zeiten für Einarbeitung, Übung und Anlernen „von einem Niveau ohne jegliche berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten ausgegangen“ wurde. In den übrigen ERAs wird dies nicht ausdrücklich erwähnt. Trotzdem kann das Argument bei der neuen Bewertung und Eingruppierung

Dieses Argument trifft besonders dort zu,

von Arbeitsplätzen genutzt werden. Der

wo Frauen an Arbeitsplätzen arbeiten, die

Spielraum dazu ist vorhanden.

49

Anlernzeit kann nicht objektiv gemessen werden. Kenntnisse und Fertigkeiten, die Frauen »von Hause aus« mitbringen, verkürzen zwar die tatsächliche Anlernzeit, dürfen aber nicht zu einer geringeren Eingruppierung führen.

Thüringen

Anforderungsarten

Beispiel berufliche Weiterbildung: In den meisten ERAs kann eine erforderliche Weiterbildung zu einer höheren Eingruppierung des Arbeitsplatzes führen.

Aus den ERAs: Im Bezirk Küste gilt dies ab Entgeltgruppe 6, in der unter anderem eine »zusätzliche spezielle Weiterbildung« erforderlich ist. Im Bezirk Niedersachsen ist ab Entgeltgruppe 7 eine »auf den Betrieb bezogene Weiterbildung«, ab Entgeltgruppe 8 eine »zusätzliche berufliche Weiterbildung« erforderlich. In den Bezirken mit analytischen Arbeitsbewertungsverfahren, also in Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen, finden sich die Anforderungen an berufliche Weiterbildung in den Bewertungen des Anforderungs-

50

merkmals »Können« bzw. »Wissen und Können«. Hier führt die Anforderung einer ein- oder zweijährigen Fachausbildung jeweils zu höheren Punkten für dieses Anforderungsmerkmal.

Bei Eingruppierung auch Weiterbildungsmaßnahmen berücksichtigen, an denen häufig Frauen teilnehmen. Küste

Für eine diskriminierungsfreie Bewertung und Eingruppierung von Frauenarbeitsplätzen ist es hier wichtig, dass auch Weiterbildungsmaßnahmen berücksichtigt werden, an denen Frauen häufig teilnehmen. Also z. B. nicht nur der/die MeisterIn oder TechnikerIn, sondern auch der/die BilanzbuchhalterIn, der/die PersonalfachwirtIn, der/die Fachkaufmann/-frau für Materialwirtschaft. Der ERA des Bezirks Niedersachsen fördert dies z. B. dadurch, dass die genannten Beispiele geschlechtsneutral formuliert wurden und auch die Assistentin-IHK, die Fachberaterin-IHK und die Fachwirtin einschließen.

Ba-Wü, NRW Niedersachsen

Anforderungsarten

Möglichkeit der Inanspruchnahme von Zusatzstufen der Entgeltgruppe entsprechende Tätigkeiten im Wechsel auszuführen. Verantwortung ist hier die Anforderung, Aufgaben mit Entscheidungsspielraum zu erledigen. Unter Kooperation wird die Anforderung wiederkehrender Abstimmung mit anderen verstanden. Je nach Entgeltgruppe und Vorliegen eines oder mehrerer Kriterien können zwischen einer und drei Zusatzstufen erreicht werden. ( siehe auch nächsten Abschnitt )

Durch die Einrichtung von Zusatzstufen in den einzelnen Entgeltgruppen ist es in den meisten Tarifbezirken möglich geworden, Anforderungen zu berücksichtigen, die zwar zu den übertragenen Arbeitsaufgaben gehören, aber für sich alleine nicht zu einer höheren Eingruppierung führen würden. Insbesondere für Arbeitsplätze von Frauen ergibt sich hier eine Chance zur Honorierung bislang unberücksichtigt gebliebener Anforderungen.

Aus den ERAs:

Der ERA des Bezirks Niedersachsen bestimmt in § 4 jeweils 3 Entgeltstufen für die Entgeltgruppen 2 – 13. Dabei ist Entgeltstufe A für die Zeit bis zur selbständigen Arbeitsausführung vorgesehen. Entgeltstufe B gilt nach der Einarbeitungszeit, wenn die Tätigkeit selbständig ausgeführt wird. Darüber hinaus wird ein Arbeitsplatz in Entgeltstufe C eingestuft, wenn die übertragene Gesamttätigkeit über das Anforderungsniveau der Entgeltgruppe hinausgeht, eine höhere Entgeltgruppe jedoch nicht rechtfertigt.

Im Bezirk Baden-Württemberg können gemäß § 11 auf Verlangen einer Betriebspartei Eingangs- und Zusatzstufen für die Entgeltgruppen 7 – 17 verabredet werden. Kriterien für das Erreichen der Zusatzstufe sind spezielle betriebliche Anforderungen an das Wissen und Können, wie z. B. ausgeprägte betriebliche Spezialkenntnisse und /oder ausgeprägte aufgabenbezogene Qualifikationen. Für den Bezirk Küste regelt § 5, dass die Voraussetzungen für die Zusatzstufen erfüllt sind, wenn die übertragene Aufgabe zusätzlich Anforderungen an die Flexibilität, die Verantwortung und /oder die Kooperation der Beschäftigten stellt. Unter Flexibilität wird die Anforderung verstanden, verschiedene / verschiedenartige, aber der Wertigkeit

51

·

Im ERA des Bezirks Thüringen wird in § 4 für jede Entgeltgruppe ( E1 – E12 ) eine Zusatzstufe ( Z1 – Z12 ) definiert. Die jeweilige Zusatzstufe wird z. B. dann erreicht, wenn zusätzlich tätigkeitsübergreifende Qualifi-

Zusatzstufen nutzen !

Niedersachsen Ba-Wü

Küste

Thüringen

Anforderungsarten

kationen gefordert werden ( Z1 – Z3 ) oder dispositive Aufgaben und /oder Aufgaben der Anleitung und Führung oder zusätzliche Tätigkeiten mit zusätzlicher Qualifikation dauerhaft übertragen werden ( ab Z4 ). Ab Z10 ist

die dauerhafte verantwortliche Anleitung und Führung von Beschäftigten einschließlich der Weisungsbefugnis Voraussetzung für das Erreichen der jeweiligen Zusatzstufe ( siehe auch nächsten Abschnitt ).

Ganzheitlichere Definition der Anforderungsarten Durch ein allzu enges Verständnis der An-

vorkommen, an denen hauptsächlich Frauen

forderungsarten besteht die Gefahr, dass

arbeiten. Die neuen ERAs bieten hier Spiel-

bestimmte Aspekte von Anforderungen

räume, die für eine diskriminierungsfreiere

ausgeschlossen – also nicht bewertet – wer-

Bewertung von Frauenarbeitsplätzen genutzt

den, die typischerweise an Arbeitsplätzen

werden können.

Beispiel »ausdrückliche Erwähnung bestimmter Anforderungsarten«: Es ist wichtig darauf zu achten, wie die

sogar ausdrücklich. Diese Möglichkeiten

Anforderungsarten im ERA beschrieben,

müssen genutzt werden ! Dabei sollte auch

erläutert und definiert sind. Manche Be-

an Routineaufgaben gedacht werden, deren

schreibungen ermöglichen die Berücksich-

Anforderungen durch die »Selbstverständ-

tigung typischer Anforderungsarten an

lichkeit« der Tätigkeiten oft übersehen

Frauenarbeitsplätzen oder erwähnen sie

werden.

52

Anforderungsarten ganzheitlich betrachten und weit auslegen !

Anforderungsarten

Aus den ERAs: Im Bezirk Baden-Württemberg werden z.B. in Anlage 1, Punkt 1 zu der Anforderungsart »Wissen und Können« ausdrücklich auch Geschicklichkeit, sensomotorische Fähigkeiten, Konflikt-, Moderations- und Präsentationstechniken gezählt. Dies sind Anforderungsarten, die an vielen Arbeitsplätzen vorkommen, an denen Frauen arbeiten. Ihre Berücksichtigung wird zu einer gerechteren Bewertung und Eingruppierung dieser Arbeitsplätze führen.

Verantwortung und /oder Kooperation erfüllt sein. Die Anforderungsart liegt hier vor an Arbeitsplätzen, „deren Erledigung wiederkehrend die Abstimmung mit anderen notwendig macht“. Auch Flexibilität, definiert als „die Anforderung, verschiedene/ verschiedenartige, aber der Wertigkeit der Entgeltgruppe entsprechende Arbeiten im Wechsel auszuführen“, ist an vielen Frauenarbeitsplätzen erforderlich und kann nun zur Eingruppierung in eine der Zusatzstufen führen.

Im Bezirk Nordrhein-Westfalen geht das Anforderungsmerkmal Kooperation mit maximal 20 von insgesamt 170 möglichen Punkten in die Bewertung ein. Mit diesem Merkmal wird die Anforderung beschrieben, „zur Erfüllung der Arbeitsaufgabe mit anderen sachgerecht zu kommunizieren, zusammenzuarbeiten und /oder in vorgegebenem Rahmen die Arbeit mit der Arbeit anderer abzustimmen“. Diese Anforderung dürfte an vielen Arbeitsplätzen vorliegen, die von Frauen ausgeübt werden.

Für das Erreichen einer Zusatzstufe im ERA des Bezirks Thüringen wird die Notwendigkeit einer „tätigkeitsübergreifenden Qualifikation“ gefordert bzw. die Übertragung von zusätzlichen Tätigkeiten, die wesentlich über die Anforderungen der jeweils vorangegangenen Entgeltgruppen „hinausgehen und deshalb eine zusätzliche Qualifikation erfordern“. Was tätigkeitsübergreifende oder zusätzliche Qualifikationen im einzelnen sind, wird nicht näher definiert. Fähigkeiten der Kommunikation oder Kooperation und Abstimmung könnten bei entsprechender betrieblicher Verhandlung zu Beispielen dafür werden.

Im Bezirk Küste müssen für die Erreichung einer der Zusatzstufen an dem Arbeitsplatz die Kriterien Flexibilität,

53

Ba-Wü

NRW Thüringen

Küste

Anforderungsarten

Beispiel »vage Formulierungen«: In allen ERAs werden bei der Beschreibung

dürfen nicht zu Ungunsten von Frauen inter-

der Entgeltgruppen oder der Anforde-

pretiert werden. Sondern sie müssen unbe-

rungsarten auch solche Formulierungen

dingt als Spielräume genutzt werden, um

verwendet, die als Kompromiss in den Tarif-

den Wert von frauendominierten Arbeits-

verhandlungen entstanden sind und nicht

plätzen zu verdeutlichen und bei der Ein-

eindeutig definiert und verständlich sind,

gruppierung zu berücksichtigen. Das Motto

sondern Interpretationsspielräume lassen.

heißt hier: Keine falsche Bescheidenheit an

Solche eher ungenauen Formulierungen

dieser Stelle!

Interpretationsspielräume nutzen !

Aus den ERAs: Im ERA des Bezirks Baden-Württemberg wird z. B. die Anforderungsart »Handlungsspielraum« in Anlage 1 Punkt 3 durch die Komplexität und den Umfang des Aufgabengebietes beschrieben. Für die Steigerungen zwischen den einzelnen Stufen werden Formulierungen verwendet wie

und wann von „erweitertem Handlungsspielraum“ gesprochen werden kann. Ebenso wenig ist eine Arbeitsaufgabe eindeutig von einem Aufgabengebiet zu unterscheiden. Und wann ein komplexes Aufgabengebiet zu einem umfangreichen Aufgabengebiet wird, muss auch im Einzelfall entschieden werden.

„geringer Handlungsspielraum – Handlungsspielraum – erweiterter Handlungsspielraum“ oder auch „Arbeitsverrichtung – Teilaufgabe – Arbeitsaufgabe – Aufgabengebiet – komplexes Aufgabengebiet – umfangreiches Aufgabengebiet“.

Bei der Bewertung der einzelnen Arbeitsplätze muss deshalb darauf geachtet werden, dass durch die notwendige Interpretation dieser Formulierungen nicht unbemerkt ( und auch unbeabsichtigt ) traditionelle Vorstellungen über den geringeren Wert von Frauenarbeitsplätzen Einfluss gewinnen und Arbeitsplätzen von Frauen nicht »automatisch« das komplexe oder umfangreiche Aufgabengebiet und der erweiterte Handlungsspielraum abgesprochen werden. Stattdessen muss es in den Köpfen und in den Vorstellungen der BewerterInnen selbstverständlich werden,

Diese Formulierungen lassen Interpretationsspielräume offen. Denn es ist nicht eindeutig zu unterscheiden, was ein „geringer Handlungsspielraum“ im Vergleich zu „Handlungsspielraum“ ist

54

Ba-Wü

Anforderungsarten

dass auch an Frauenarbeitsplätzen höhere Anforderungen vorliegen.

xe Aufgabengebiete – Aufgabenbereiche – komplexe Aufgabenbereiche.“

Ein ähnliches Argument trifft auch für die Beschreibung der Bewertungsstufen des Anforderungsmerkmals „Handlungs- und Entscheidungsspielraum“ im Bezirk Nordrhein-Westfalen zu. Hier wird unterschieden, ob die Erfüllung der Arbeitsaufgabe im Einzelnen, weitgehend oder teilweise vorgegeben ist bzw. ob die Erfüllung der Arbeitsaufgabe überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig oder weitgehend ohne Vorgaben selbständig erfolgt. Diese Formulierungen lassen bei der Bewertung der einzelnen Arbeitsplätze einen Spielraum offen, der nicht in eine Unterbewertung von Frauenarbeitsplätzen münden darf. Die Beschreibungen der Bewertungsstufen des Anforderungsmerkmals Kooperation ermöglichen ebenfalls Spielräume.

Auch hier sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Begriffen nicht eindeutig festgelegt, sondern interpretierbar. Dabei muss darauf geachtet werden, dass an Frauenarbeitsplätzen nicht von vornherein ausschließlich „Tätigkeiten“ verrichtet (dies wäre Entgeltgruppe 2 bis 4 ) oder „sachbearbeitende Aufgaben und /oder Facharbeiten“ erledigt werden ( Entgeltgruppe E5 ), sondern dass an Frauenarbeitsplätzen auch „schwierige“ oder „umfassende“ Aufgaben anstehen ( Entgeltgruppen E6 und E7 ) bzw. Aufgabengebiete oder Aufgabenbereiche bearbeitet werden können ( Entgeltgruppen 8 bis 11 ).

Im ERA des Bezirks Küste werden die Unterschiede zwischen den Entgeltgruppen unter anderem durch folgende Begriffe beschrieben: „Tätigkeiten – sachbearbeitende Aufgaben und /oder Facharbeiten – schwierige sachbearbeitende Aufgaben und /oder schwierige Facharbeiten – umfassende sachbearbeitende Aufgaben und /oder umfassende Fachaufgaben – fachgebietsübergreifende Aufgabengebiete – komple-

55

Eine ähnliche Begriffsreihe wird im ERA des Bezirks Thüringen verwendet, so dass hier dasselbe Argument gilt. Der ERA des Bezirks Niedersachsen verwendet in allen Entgeltgruppen den Begriff „Tätigkeiten“ und lässt somit an dieser Stelle keine Interpretationsspielräume offen, die zu einer Unterbewertung von frauendominierten Arbeitsplätzen führen könnten. Allerdings werden hier die Begriffe „mehrjährige Erfahrung“ bzw. „mehrjährige Berufserfahrung“ sowie „erweiterte berufliche Fertigkeiten“ verwendet, um zwischen den Entgeltgruppen

NRW

Thüringen

Niedersachsen Küste

Anforderungsarten

zu differenzieren. Wie viele Jahre einer „mehrjährigen Erfahrung“ entsprechen, wird nicht definiert. Auch nicht, wann genau ein Arbeitsplatz „erweiterte berufliche Fertigkeiten“ erfordert. Während des Bewertungsverfahrens muss

56

deshalb Wert darauf gelegt werden, dass jene erhöhten Anforderungen auch an Frauenarbeitsplätzen erkannt und berücksichtigt werden. Entsprechende Hinweise und Argumente liefern auch hier die Arbeitsbeschreibungen.

Reklamationsverfahren

4.5.

Wenn etwas nicht stimmt: Reklamationsverfahren

Für eine gerechtere Eingruppierung von

teten ausgeführt werden“ (§ 3 Einführungs-

Frauen sind die Reklamationsverfahren

TV Baden-Württemberg, § 10 Einführungs-TV

besonders wichtig und müssen offensiv ge-

Küste)

nutzt werden, wenn die Vermutung besteht, dass Anforderungen an Arbeitsplätzen von Frauen nicht berücksichtigt wurden oder auf andere Weise ihre Arbeitsplätze zu niedrig eingruppiert wurden. Gerade während der Einführungsphase der ERAs werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt, die später nur mit größerer Anstrengung wieder verändert können.

In allen ERAs sind mitbestimmte Reklamationsverfahren geregelt worden, die zum Teil sogar über die bestehenden Einspruchsmöglichkeiten hinaus verbessert werden konnten. Wenn Beschäftigte ihre Eingruppierung für nicht gerechtfertigt halten, können sie und /oder der Betriebsrat gegen die Eingruppierung Einspruch einlegen. Die Details der Reklamationsverfahren unterscheiden sich

Dies zeigt sich auch am Beispiel der fol-

in den ERAs der einzelnen Tarifbezirke. Auch

genden Regelungen für die Bezirke Baden-

gibt es unterschiedliche Regelungen für die

Württemberg und Küste: „Ist eine Erstein-

Phase der Ersteingruppierung und die Zeit

gruppierung wirksam geworden, so kann sie

danach.

für einen Zeitraum von drei Jahren danach

Deshalb werden die Regelungen zu Rekla-

nur mit der Begründung reklamiert werden,

mationen der Eingruppierung im folgenden

dass andere Arbeitsaufgaben als die bewer-

kurz dargestellt.

57

Wichtig: Reklamationsverfahren nutzen !

Reklamationsverfahren

Aus den ERAs: Der ERA des Bezirks BadenWürttemberg ermöglicht Beschäftigten wie Betriebsrat eine Reklamation der vom Arbeitgeber mitgeteilten Eingruppierung. Der Arbeitgeber muss die Eingruppierung innerhalb von zwei Monaten überprüfen und das Ergebnis dem /der Beschäftigten und dem Betriebsrat schriftlich mitteilen. Falls über dieses Ergebnis kein Einverständnis erzielt wird, erfolgt eine weitere Überprüfung durch die Paritätische Kommission ( § 10 ). Spätestens hier ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Aufgabenbeschreibung vorzulegen. Kommt es zu keiner Einigung, wird die weitere Entscheidungsfindung einer erweiterten Paritätischen Kommission und dann einer Schiedsstelle übergeben (§ 7 ( 3.3 ) ff). Für den Bezirk Küste regelt § 2, dass Beschäftigte gegen ihre Eingruppierung Einspruch einlegen können. Hilft der Arbeitgeber dem Einspruch nicht ab, muss er dies mit Hilfe der Arbeitsbeschreibung begründen. Anschließend sollen Arbeitgeber und Betriebsrat den Streitfall behandeln. Gelingt auch hier keine Einigung, steht dem /der Beschäftigten der Rechtsweg offen. Für die Phase der Ersteingruppierung werden Streitfälle gemäß § 10 Einfüh-

58

rungs-TV der Paritätischen Kommission zur Entscheidung vorgelegt. Kommt keine Einigung zustande, werden zunächst erneut Arbeitgeber und Betriebsrat tätig, dann die Tarifvertragsparteien, dann die Einigungsstelle. ·

Im Bezirk Niedersachsen ist bei Einzelstreitigkeiten in Betrieben mit über 200 Beschäftigten eine Paritätische Entgeltkommission vorgesehen, die diese Einzelstreitigkeiten beilegt. Gelingt dies nicht, verhandeln Arbeitgeber und Betriebsrat miteinander. In Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten geschieht dies von Anfang an. Wenn keine Einigung erzielt werden kann, sind die Tarifvertragsparteien hinzuzuziehen. Im Falle von Streitigkeiten über die Anwendung der tariflichen Entgeltgruppen oder Entgeltstufen steht anschließend der Rechtsweg offen.

Ba-Wü

Niedersachsen

Küste

In der Phase der Ersteingruppierung ist für Streitigkeiten hierüber, die nicht von der Entgeltkommission beigelegt werden können, eine besondere tarifliche Schlichtungsstelle vorgesehen ( § 3 (5) Überleitungs-Tarifvertrag ). ·

Für den Bezirk Thüringen regelt § 3 (8), dass Beschäftigte gegen ihre Eingruppierung Einspruch einlegen können. Hilft der Arbeitgeber dem Einspruch nicht ab, muss er dies schriftlich

Thüringen

Reklamationsverfahren

begründen. Anschließend sollen Arbeitgeber und Betriebsrat den Streitfall behandeln. Gelingt auch hier keine Einigung, steht dem /der Beschäftigten der Rechtsweg offen. Für die Phase der Ersteingruppierung werden Widersprüche der Beschäftigten und Fälle einer Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung durch den Betriebsrat gemäß § 5 Einführungs-TV der Paritätischen Kommission zur Entscheidung vorgelegt. Kommt keine Einigung zustande, werden die Tarifvertragsparteien hinzugezogen. Im Bezirk Nordrhein-Westfalen können Beschäftigte ihre Eingruppierung beim Arbeitgeber beanstanden, der diese zu prüfen hat. Ist der /die Beschäftigte mit diesem Ergebnis nicht einverstanden, wird eine von Arbeitgeber und Betriebsrat paritätisch besetzte Kommission tätig. Unabhängig davon steht

59

den Beschäftigten der Rechtsweg offen ( § 4 ). Außerdem können Betriebsrat und Beschäftigte eine Überprüfung der Eingruppierung schriftlich beantragen, wenn sich die Anforderungen der Arbeitsaufgabe maßgeblich geändert haben. Auch hier wird eine paritätisch besetzte Kommission gebildet, die sich mit dem Antrag befasst, wenn die Antragstellenden mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind. Für die Phase der betrieblichen Einführung des ERA können die Betriebsparteien ein besonderes Verfahren nach den Bestimmungen des § 7 Einführungs-TV vereinbaren. Dieses besondere Verfahren sieht eine Paritätische Kommission vor, die auf schriftlichen Antrag des Betriebsrats tätig wird, wenn sich die Betriebsparteien nicht über die Eingruppierung einigen können. Wird auch hier keine Einigung erzielt, entscheidet die tarifliche Einigungsstelle.

NRW

Belastungen

5.

Die Schwere der Arbeit: belastende Faktoren und Belastungszulagen

5.1.

Eine alte Forderung ist umgesetzt: Hohe gesundheitliche Belastungen beeinflussen nicht mehr die Findung des Grundentgelts

In der Vergangenheit saßen Gewerkschafte-

Als Ausweg aus dieser verzwickten Lage

rInnen, BRInnen und auch die Beschäftigten

wurde die Forderung aufgestellt, dass Be-

selbst oft in einer Zwickmühle, wenn es um

lastungen zumindest aus der Bemessung

die Bezahlung besonders belastender Tätig-

des Grundentgeltes herausgenommen und

keiten ging: Einerseits sollte es einen finanzi-

nur noch über Zulagen bezahlt werden soll-

ellen Ausgleich für die besonderen Belastun-

ten.

gen geben, denen die Beschäftigten ausgesetzt waren. Andererseits führte die höhere

Dies ist nun in allen ERAs umgesetzt!

Bezahlung dazu, dass bei der Einführung von

Mit dem Grundentgelt ist eine »normale«

Maßnahmen zur Humanisierung der Arbeit

oder »mittlere« Belastung abgegolten, die

Beschäftigte Einkommensverzicht befürchte-

gesundheitlich unschädlich ist. Höhere

ten und die Arbeitserleichterungen weniger

Belastungen sollen möglichst vermieden

begeistert aufnahmen als erwartet. Das hö-

werden. Nur dort, wo sie unumgänglich sind,

here Einkommen hatte kurzfristig einen grö-

soll eine Zulage einen Ausgleich schaffen.

ßeren Reiz als die Schonung der Gesundheit.

Manche ERAs schaffen die Möglichkeit,

Aber es konnte doch nicht angehen, dass sich

diesen Ausgleich durch mehr Freizeit zu ge-

die Beschäftigten »ihre Gesundheit abkaufen

währleisten. Auf jeden Fall sind Belastungen

ließen«, so das häufig gehörte Argument.

nun nicht mehr eingruppierungsrelevant.

5.2.

Hohe Belastungen erhöhen nicht mehr das Grundentgelt.

Bei unumgänglichen Belastungen werden Zulagen gezahlt

Welche rechtlichen Anforderungen sind an eine diskriminierungsfreie Bemessung von Belastungszulagen zu stellen?

Für Frauen ist mit der Entfernung des Merk-

»körperlich schwere Arbeit«, auch wenn sie

»neues« Verständnis

mals »Belastungen« aus den Eingruppie-

durchaus als belastend empfunden wurde.

rungskatalogen und Arbeitsbewertungsver-

Eine Reihe von Leichtlohnklagen und Höher-

fahren ein wichtiger Schritt in Richtung auf

gruppierungsaktionen in den achtziger Jah-

Entgeltgerechtigkeit getan worden. Denn

ren war die Folge. Sie führten zu wichtigen

der körperlichen Schwere von Arbeit ermöglicht gerechtere Bewertung von Frauenarbeitsplätzen

das Merkmal »geringe körperliche Belas-

Gerichtsurteilen, die eine Veränderung des

tung« führte in der Vergangenheit zu den

Verständnisses der körperlichen Schwere

sogenannten Leichtlohngruppen, in denen

von Arbeit bewirkt und Kriterien zur dis-

sich hauptsächlich Frauen wiederfanden

kriminierungsfreien Berücksichtigung von

( ►auch Kapitel 2.1 ). Sie verrichteten nach

Belastungen aufgestellt haben. Dieses ver-

der damals üblichen Definition eben keine

änderte Verständnis konnte nun endlich mit

60

Belastungen

den neuen ERAs tariflich festgeschrieben

Im Zuge der Leichtlohnklagen und Hö-

werden.

hergruppierungsaktionen der IG Metall

Die Gerichtsurteile sind dennoch auch heute von großer Bedeutung. Denn auch wenn Belastungen die Eingruppierung nun nicht mehr beeinflussen, ist die Gefahr der Diskriminierung beim Ausgleich von Belastungen nicht automatisch gebannt. Die Kriterien und Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Berücksichtigung von Belastungen müssen auf Belastungszulagen sinngemäß ebenso angewendet werden wie auf Grundentgelte.

in den achtziger Jahren entschied das Bundesarbeitsgericht ( BAG ) in der Sache der Kabelarbeiterinnen der Firma Kroschu aus Witten ( »Kroschu-Frauen« ) ( BAG vom 27.04.1988 – 4 AZR 707/97 ). Mit diesem Urteil wurde der Begriff der körperlichen Schwere von Arbeiten neu und erweitert definiert. Körperlich schwer ist eine Arbeit demnach nicht mehr nur bei hoher Muskelbeanspruchung, die hauptsächlich an Männerarbeitsplätzen für eine höhere Eingruppierung sorgte. Sondern es müssen

Das erste Urteil hierzu stammt vom Europä-

alle Faktoren berücksichtigt werden, die auf

ischen Gerichtshof ( EuGH ) aus dem Jahre

den Menschen belastend einwirken können,

1986 ( EuGH vom 01.07.1986 – Rs 237/85 ).

wie z. B. ausschließlich stehende Tätigkeit,

Der EuGH nimmt in diesem Urteil Stellung

notwendige Körperhaltung, taktgebundene

zur Verwendung von Kriterien der körperli-

und /oder repetitive Arbeit, nervliche Belas-

chen Belastung von Arbeit ( muskelmäßige

tung und Lärm. Dies sind Belastungsfakto-

Beanspruchung oder Belastung oder Grad

ren, die häufig an Frauenarbeitsplätzen auf-

der Schwere der Arbeit ). Er legt fest, dass

treten und nun auch zu einer Eingruppierung

solche Kriterien selbst dann verwendet

in höhere Entgeltgruppen führten. In der

werden dürfen, wenn Angehörige eines Ge-

späteren Diskussion ist diese Liste noch um

schlechts von ihnen bevorzugt werden.

psychosoziale Belastungsfaktoren ergänzt

Allerdings muss dann durch die Verwendung anderer Kriterien, die das andere Geschlecht bevorzugen, ein Ausgleich hergestellt werden. Insgesamt darf also das Eingrup-

worden, wie z. B. erschwerte Möglichkeiten der Kommunikation, erschwerte Beeinflussbarkeit des zeitlichen Ablaufs oder Konfrontation mit ekelerregenden Situationen.

pierungssystem durch die Auswahl der An-

Welche Belastungszulagen die ERAs im ein-

forderungsarten bzw. Belastungsarten nicht

zelnen vorsehen, könnt ihr wieder der Tabel-

diskriminieren.

le im Anhang entnehmen.

61

Belastungen

5.3.

Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ? Was ist zu tun?

Nicht alle Belastungen, die typischerweise

konnten in den neuen ERAs nun endlich

an Frauenarbeitsplätzen auftreten, vor allem

umgesetzt werden (►Abschnitt 5.2 ).

die psychosozialen Belastungen, konnten in

Damit setzt sich die sog. »geänderte Ver-

den neuen ERAs erwähnt und in die Belas-

kehrsanschauung« des Begriffes der körper-

tungszulagen einbezogen werden. Dennoch

lichen Belastung nun tariflich und betrieb-

wurde ein großer Erfolg erzielt: Die Anforde-

lich durch. Im ERA des Bezirks Thüringen

rungen der Rechtsprechung aus den Jahren

wird die neue Definition des Belastungsbe-

1986 und 1988 an die Definition des Begrif-

griffs in Protokollnotizen zu § 12 ausführlich

fes der körperlichen Schwere von Arbeiten

zitiert. Es heißt:

»geänderte Verkehrsanschauung« setzt sich endlich auch tarifvertraglich durch

Thüringen

„Der Begriff »körperliche Belastungen« berücksichtigt alle sich aus der Tätigkeit ergebenden Umstände, die auf den Beschäftigten belastend einwirken und zu körperlichen Reaktionen führen können.“ „Unter normalen Belastungen und Erschwernissen werden solche verstanden, die sich aus der Tätigkeit ergeben und die für den Beschäftigten auf Dauer nicht zu erhöhten Anstrengungen und zu keinen Gesundheitsschädigungen führen.“

Es gilt also, in den Betrieben darauf zu

trieblichen Verhandlungen darauf geachtet

achten, dass die erweiterten tariflichen

werden, dass die abzuschließenden Be-

Definitionen angewendet werden. Dort, wo

triebsvereinbarungen der geänderten Ver-

in den ERAs keine detaillierten Definitionen

kehrsanschauung entsprechen und nicht

vorgenommen werden, muss in den be-

diskriminieren.

62

Auf korrekte betriebliche Umsetzung achten !

Belastungen

Beispiel Belastung der Muskeln: In den ERAs von Baden-Württemberg, Küste

• ob während der täglichen Arbeitszeit ein Wechsel der Belastung vorliegt,

und Niedersachsen wird Belastung der Muskeln definiert als dynamische und statische bzw. einseitige Muskelbelastung.

• ob sie auf die gleichen Muskelgruppen wirkt oder ob sie verschiedene Muskelgruppen abwechselnd beansprucht,

Für Baden-Württemberg wird in Anlage 2 genauer definiert, dass die Belastung davon abhängt, • welchen Kraftaufwand die zu bewegenden Werkstücke, Werkzeuge oder Arbeitsmittel erfordern, • inwieweit die zur Arbeitsverrichtung not-

• ob sie stoßartig auftritt. In den Tarifbezirken Küste und Niedersachsen wird Belastung der Muskeln definiert als durch die bei der Arbeit aufzuwendende Kraftanstrengung, durch die wechselnde Belastungsart, durch die Belastungsdauer und

wendige Haltung des Körpers belastend

die zeitliche Verteilung der Belastung auf die

wirkt,

tägliche Arbeitszeit.



Was ist zu tun ?



Alle Beschreibungen müssen genau und vollständig beachtet werden, damit Frauenarbeitsplätze von ihren Belastungen her gerecht eingeschätzt werden können. Die alte, engere Definition von Muskelbelastung darf keinen Einfluss mehr haben.

63

Ba-Wü, Küste, Niedersachsen

Belastungen

Beispiel Belastung durch Reizarmut: Diese Belastungsart wird ausschließlich im

beiten mit geringer Kraftanstrengung und

ERA von Baden-Württemberg geregelt. Sie

hoher Reizarmut Arbeit geleistet wird und /

liegt dann vor, wenn inhaltlich einförmige,

oder wenn am Arbeitsplatz die Möglichkeit

monotone, sich ständig wiederholende Ar-

zu sozialen Kontakten fehlt.



Was ist zu tun ?

► Diese Belastungsart muss besonders beachtet werden, da sie an vielen Frauenarbeitsplätzen vorliegen dürfte ( z. B. Montagearbeiten, Akkordarbeit am Band ... ).

64

Ba-Wü

Belastungen

Belastungen durch Umgebungseinflüsse: In den ERAs von Baden-Württemberg, Küs-

faktoren aufgezählt. Die folgende Tabelle

te und Niedersachsen werden eine Reihe

zeigt die Umgebungseinflüsse im einzel-

von Umgebungseinflüssen als Belastungs-

nen:

Baden-Würtemberg

Küste

Niedersachsen

Lärm

Lärm

Lärm

Schmutz

Verschmutzung

Verschmutzung

Öl

Öl

Öl

Fett

Fett

Fett

Hitze, Kälte

Temperatur

Temperatur

Zugluft

Zugluft

Wasser

Nässe

Nässe

Säure, Lauge

Säure

Säure

Gase, Dämpfe

Gase und Dämpfe

Gase und Dämpfe

Staub

Staub

Staub

Blendung und Lichtmangel

Blendung oder Lichtmangel

Blendung oder Lichtmangel

Unfallgefahr, Schutzkleidung

hinderliche Schutzkleidung und Unfallgefährdung

hinderliche Schutzkleidung und Unfallgefährdung

Erkältungsgefahr

Erkältungsgefahr

Erschütterung, Vibration

Erschütterung



Was ist zu tun ?



Auch bei den Belastungen durch Umgebungseinflüsse muss darauf geachtet werden, dass alle Belastungsarten an Frauenarbeitsplätzen geprüft werden. Manche Belastungen könnten an Frauenarbeitsplätzen häufiger vorkommen und dürfen deshalb nicht übersehen werden.

65

Ba-Wü, Küste, Niedersachsen

Belastungen

Beispiel Belastung der Sinne und Nerven: Diese Belastungsart kommt in den ERAs von Küste und Niedersachsen vor und

Küste, Niedersachsen

wird dort wie folgt definiert:

Belastungen der Sinne und Nerven entstehen durch aufmerksames Wahrnehmen ( Sehen, Hören, Fühlen, Tasten ) und die angespannte Bereitschaft zum notwendigen Eingreifen bei der Beobachtung, Überwachung und Steuerung von Arbeitsabläufen. Sie können beispielsweise auftreten bei Arbeiten, bei denen höchste Konzentration oder eine besondere Beanspruchung der Sehnerven erforderlich ist. Sie werden durch die bei der Arbeit auftretende Anspannung, durch die wechselnde oder gleichförmige Belastungsart, durch die Belastungsdauer und die zeitliche Verteilung der Belastung auf die tägliche Arbeitszeit bestimmt.



Was ist zu tun ?



Belastungen der Sinne und Nerven kommen an Frauenarbeitsplätzen häufig vor. Deshalb muss auf eine korrekte Ermittlung dieser Belastungsart besonders geachtet werden, damit Frauen bei der Gewährung von Belastungszulagen gerecht behandelt werden.

66

Belastungen

Beispiel vage Formulierungen der Belastungsstufen: Nur bei der Belastungsart Lärm gibt es

Stufe 2: hohe Belastung der Muskeln: beson-

Messwerte, die eine objektive Zuordnung

ders schwere Arbeiten in ungünstiger Kör-

von Belastungsstufen ermöglichen. Bei

perhaltung (z. B. Bücken, Knien, über Kopf)

allen anderen Belastungsarten gilt, dass die Beschreibung für die einzelnen Belastungsstufen vage formuliert sind bzw. noch betrieblich vereinbart werden müssen. So heißt es z. B. im ERA von Baden-Württemberg zu den Stufen bei der Belastung der Muskeln:

Was eine höhere und was eine hohe Belastung ist, bzw. was schwere, mittelschwere oder besonders schwere Arbeiten sind, wird nicht näher beschrieben, sondern liegt in der subjektiven Einschätzung der betrieblichen EntscheiderInnen. Bei der Suche nach Definitionen und Begründungen für das Vorliegen

Stufe 1: höhere Belastung der Muskeln:

bestimmter Belastungsstufen können Ar-

schwere Arbeiten, mittelschwere Arbei-

beitssicherheits- und Arbeitsschutzgesetze

ten in ungünstiger Körperhaltung ( z. B.

sowie Richtlinien der Berufsgenossenschaf-

Bücken, Knien, über Kopf )

ten wertvolle Hinweise liefern.



Was ist zu tun ?



Bei der Formulierung von Belastungsstufen im Betrieb und bei der Auslegung der entsprechenden tariflichen Regelungen muss darauf geachtet werden, dass überkommene Vorstellungen über körperlich schwere und belastende Arbeit von Männern und leichte Arbeit von Frauen nicht wieder Eingang finden.

67

Ba-Wü

Leistungsentgelte

6.

Mehr Leistung – mehr Geld: Tariflich vereinbarte Leistungsentgelte

6.1.

Leistungsentgelte in den neuen ERAs

Die neuen ERAs sehen eine Reihe verschie-

in den noch abzuschließenden Betriebsver-

dener Modelle zur Leistungsvergütung vor,

einbarungen diskriminierungsfrei gestaltet

die teils im ERA geregelt sind, teils betrieb-

werden können.

lich ausdifferenziert werden können und müssen:

Auch beim Leistungsentgelt darf nicht diskriminiert werden.

Grundsätzlich gilt, dass auch Leistungszulagen und andere leistungsbezogene Entgelt-

• Es gibt Regelungen zu Akkordentgelten,

bestandteile den gesetzlichen Diskriminie-

zu Prämien- und Provisionsentgelten.

rungsverboten unterliegen. Artikel 141 des

• In einigen Tarifverträgen werden Kennzahlenvergleiche beschrieben. • Es werden Zielvereinbarungssysteme beschrieben. • Im Zeitentgelt werden Beurteilungsver-

EG-Vertrages und die Lohngleichheitsrichtlinie der EU beziehen sich ausdrücklich auf sämtliche Entgeltbestandteile ( vgl. hierzu Kapitel 2 ). Das Diskriminierungsverbot des § 612 BGB in Deutschland ist also entsprechend weit auszulegen.

fahren geregelt, die zur Zahlung einer

Allgemein kann gesagt werden, dass Leis-

Leistungszulage führen.

tungsentgelte desto weniger anfällig für Diskriminierungen sind, je mehr sie auf

Jedes dieser Systeme hat seine Eigenarten,

objektiven Messungen oder Zählungen der

seine Anwendungsgebiete und auch seine

geleisteten Arbeit beruhen. Aber dies alleine

Vor- und Nachteile. Darauf kann in dieser

ist noch keine Garantie für völlige Diskrimi-

Handlungshilfe nicht im einzelnen einge-

nierungsfreiheit. Im Abschnitt 6.2 werden

gangen werden. Wer sich dafür interessiert,

deshalb einige Hinweise für eine diskriminie-

sollte sich die bezirklichen Arbeitshilfen zu

rungsfreie Gestaltung von Leistungsvergü-

diesem Thema besorgen. Was uns hier inte-

tungssystemen in Betriebsvereinbarungen

ressiert ist, wie Leistungsvergütungssysteme

gegeben.

68

Messen oder Zählen ist weniger diskriminierungsanfällig als Beurteilen oder Schätzen.

Leistungsentgelte

► 6.2.

Worauf muss in den Betrieben geachtet werden? Was ist zu tun?



erhalten sollen, dann muss das Leis-

Leistungskriterien müssen von beiden

tungsentgeltsystem so gestaltet sein,

Geschlechtern gleich gut erfüllbar sein.

dass es Männern und Frauen eine gleich

Sie dürfen nicht ein Geschlecht begüns-

hohe Gesamtvergütung ermöglicht. So-

tigen.

wohl Frauen als auch Männer müssen

Erläuterung: Manche Leistungskriterien

also bei vergleichbarer Leistung dieselbe

können aufgrund der tradierten Rollen-

Leistungszulage erhalten können, z. B.

und Arbeitsteilung in der Familie von

10 Prozent. Dies entschied der EuGH in

Frauen schlechter erfüllt werden als von

einem Urteil von 1995 ( ‚Royal Copenha-

Männern. Solange die Rollenteilung in

gen‘, EuGH 31.05.1995, Rs C–400 /93 ).

unserer Gesellschaft noch so ist, benachteiligen diese Kriterien Frauen bei der Leistungsvergütung. ►

► Das System zur Leistungsvergütung muss allen Beschäftigten offenstehen. Keine

Leistungskriterien müssen diskriminie-

Beschäftigtengruppe darf ausgeschlos-

rungsfrei ausgelegt werden.

sen sein, vor allem dann nicht, wenn ihr

Erläuterung: Wenn z. B. das Kriterium Weiterbildungsbereitschaft so ausgelegt

mehrheitlich Personen eines Geschlechts angehören.

wird, dass damit Weiterbildung in der

Erläuterung: Diese Forderung ergibt sich

Freizeit gemeint ist, sind Frauen aufgrund

aus der Regel, dass alle Beschäftigten

der herkömmlichen Rollenteilung be-

die gleiche Chance auf ein gleich hohes

nachteiligt.

Leistungs- und Gesamtentgelt haben müssen ( siehe oben. ) Würden bestimmte

► Der Maßstab für die Leistung muss gleiche Verdienstchancen für Frauen und Männer ermöglichen.

Beschäftigtengruppen ausgeschlossen, hätten ihre Mitglieder keine Möglichkeit auf ein Leistungsentgelt. Wenn dieser Beschäftigtengruppe hauptsächlich Frau-

Erläuterung: Wenn Frauen und Männer

en angehören, z.B. Reinigungskräfte oder

unterschiedliche, aber gleichwertige Ar-

Sekretärinnen, dann liegt mittelbare Dis-

beiten verrichten und Leistungsentgelt

kriminierung vor.

69

Konfliktpunkte

7.

Konfliktpunkte bei der Umsetzung der tariflichen Eingruppierungsbestimmungen*

Unternehmen

Betriebsrat – IG Metall – ArbeitnehmerInnen

Arbeitsplatzbeschreibung Es wird nur die »offizielle« Arbeitsaufgabe, z. T. unvollständig beschrieben. Zusätzliche, qualifizierte Tätigkeiten fallen damit unter den Tisch

Umfassende, vollständige Arbeitsplatzbeschreibung mit allen ausführlichen Tätigkeiten erstellen und als Grundlage für die Eingruppierung verwenden

Qualifikationsanforderungen Bei der Bewertung der erforderlichen Qualifikation werden viele Kenntnisse und Fertigkeiten nicht erwähnt oder als »selbstverständlich« vorausgesetzt. Die betriebliche Grundqualifikation, die durch langjährige betriebliche Erfahrungen erworben wurden, werden bei der Eingruppierung nicht berücksichtigt.

Alle erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten, »Tricks«, Erfahrungen vollständig anführen und entsprechend bewerten. Alle abgeforderten Qualifikationen müssen auch bezahlt werden.

Vielseitigkeit Bewertet wird jeweils nur der einzelne Arbeitsplatz ( Arbeitsaufgabe ), obwohl die Kolleginnen viele Arbeitsplätze ausfüllen können und vielseitig belastbar sind ( 10 Arbeitsplätze mit Lohngruppe 2 ergeben danach Lohngruppe 2 )

Wenn die Kolleginnen vielseitig einsetzbar sind und nachweislich an mehreren unterschiedlichen Arbeitsplätzen arbeiten, sollte nicht die Einzelaufgabe, sondern der Arbeitsbereich als Grundlage für die Eingruppierung verwendet werden ( 10 Arbeitsplätze mit Lohngruppe 2 sind höherwertig als Lohngruppe 2 )

Arbeitsorganisation Da die Tätigkeiten Maßstab für die Eingruppierung sind, können die Unternehmer durch Arbeitsteilung niedrigere Lohngruppen erreichen ( z. B. Maschinenarbeiter: Lohngruppe 6, Einrichter: Lohngruppe 8 oder Fließbandarbeit: Lohngruppe 2 ) *

Ganzheitliche, umfangreiche Arbeitsinhalte führen zu höheren Qualifikationen und Eingruppierungen. Die Gewerkschaften fordern daher eine Verringerung der Arbeitsteilung bei entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen.

aus einer Lehreinheit des IG Metall-Bildungszentrums Sprockhövel

70

*

71

aus einer Lehreinheit des IG Metall-Bildungszentrums Sprockhövel

Wie schwer ist die Arbeit ? ( bei ERA kein Eingruppierungsmerkmal mehr )

Was tue ich ?

Wie gut arbeite ich ?

wie schnell arbeite ich ?

Wie viel mache ich bzw.

Welche besonderen Bedingungen herrschen ? ( z. B. Nachtarbeit )

Wie schwer ist die Arbeit ? ( wenn dies nicht bereits bei der Eingruppierung abgegolten wurde )

Ohne tarifliche Absicherung bzw. jenseits tariflicher Regelungen ( nach Art und Höhe )

Grundentgeltdifferenzierung (Eingruppierung)

Leistungsanteile / Zulagen

Zulagen / Zuschläge

übertariflich

Die Entgelt-Säule

Tarifparteien: • Eingruppierung • Umgruppierung • Richtbeispiele ( ggf. ) Betriebsparteien: • Eingruppierungskriterien • Richtbeispiele ( ggf. )

Tarifparteien: • Entgeltgrundsätze ( ggf. inkl. Varianten ) Betriebsparteien: • Auswahl • Anwendung bzw. Ausgestaltung

Tarifparteien: • Kriterien für tarifliche Ansprüche Betriebsparteien: • Anwendung dieser Kriterien • teilweise Regulierung der Bedingungen ( z. B. Arbeitszeitgestaltung )

Tarifparteien: • legen durch Gestaltung der Tarifverträge indirekt fest, was für ÜT übrig bleibt Unternehmer: • ob ÜT-Leistungen gezahlt werden Betriebsparteien: • wenn ÜT-Leistungen gezahlt werden: Grundsätze ihrer Ausgestaltung

Konfliktpunkte

Die Entgelt-Säule *

Glossar

8.

Glossar: Die wichtigsten Fachbegriffe

Analytik

Außertariflich Beschäftigte

Die Analytik ist eine Methode, um die Ar-

Außertariflich Beschäftigte fallen durch

beitsaufgabe von Beschäftigten tariflich zu

ihre Einkommenshöhe, ihren Arbeitsvertrag

bewerten. Das geschieht anhand verschie-

und durch höhere Anforderungen als im

dener Kriterien. Dazu gehören zum Beispiel

Tarifvertrag geregelt aus dem persönlichen

die benötigten Arbeits- und Fachkenntnisse

Geltungsbereich des Tarifvertrages heraus.

oder die mit der Arbeitsaufgabe verbundene

Dieses höhere Einkommen hat für diese Be-

Verantwortung. Für jedes Kriterium wird je-

schäftigten allerdings auch eine Kehrseite:

weils eine Anzahl von Punkten vergeben. Die

Sie verlieren den gesamten Schutz des Tarif-

insgesamt erzielte Punktzahl bestimmt die

vertrages ( Urlaubsanspruch, Mehrarbeitszu-

Einstufung in eine Entgeltgruppe und damit

schläge etc. ).

über die Höhe des Grundentgelts. Die Analytik wird nur in wenigen Tarifgebie-

Belastung

ten angewandt. In Nordrhein-Westfalen und

Im neuen ERA gilt der Grundsatz: „Belas-

Baden-Württemberg wurde im Rahmen von

tungen sind zu vermeiden“. Die IG Metall

ERA ein Stufenwertzahlverfahren entwickelt.

will nicht, dass Gesundheitsschutz durch Zuschläge abgekauft wird. Deshalb sind Ar-

Arbeitsbewertung Es gibt zwei Methoden der Arbeitsbewertung: die Analytik und die Summarik. Die Arbeitsbewertung ist Grundlage für die Eingruppierung eines Beschäftigten.

Ausbildungsvergütung Damit die Auszubildenden an der allgemeinen Entgeltentwicklung teilhaben, wird im Rahmen von ERA die Ausbildungsvergütung in die Entgelttabelle mit aufgenommen. In der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie waren die Ausbildungsvergütungen bereits vor dem ERA-Abschluss prozentual an den Ecklohn angekoppelt.

72

beitsorganisation und Arbeitsinhalte so zu gestalten, dass Belastungen vermieden werden. Wenn sich Belastungen nicht vermeiden lassen, wird eine Belastungszulage gezahlt.

Beteiligungsrechte Die IG Metall will die betriebliche Mitbestimmung des Betriebsrats ergänzen. Die individuellen Beteiligungsrechte der Beschäftigten bei der Gestaltung ihrer Arbeits-, Leistungs- und Entgeltbedingungen sollen durch tarifliche Regelungen gestärkt werden, zum Beispiel durch Gestaltungs- und Reklamationsrechte.

Weiterführende Informationen auch im Internet unter: www.igmetall.de/ tarife/nachrichten/ entgeltrahmen/ lexikon.html

Glossar

Besitzstandswahrung

ERA-Anpassungsfonds

Durch ERA soll niemand schlechter gestellt

Die Tarifverträge aus dem Jahr 2002 sehen

werden als bisher; das bisherige individuelle

für die meisten Tarifgebiete vor, das Geld

Einkommen bleibt in jedem Fall erhalten.

aus der ERA-Strukturkomponente in betrieb-

Daher ist im Entgeltrahmenabkommen eine

lichen ERA-Anpassungsfonds zu sammeln.

Besitzstandswahrung vorgesehen, die die

Aus diesen Anpassungsfonds werden dann

bestehende Entgelthöhe absichert.

die höheren Einkommen für diejenigen finanziert, die sich aus den neuen Entgelten

Diskriminierung Mit dem ERA ist die indirekte Diskriminierung von Frauen bei der Eingruppierung

nach der ERA-Einführung ergeben.

ERA-Strukturkomponente

beseitigt. Die Anforderungsprofile berück-

Die ERA-Strukturkomponente dient dazu, die

sichtigen – anders als früher – gleiche bzw.

ERA-Einführung zu finanzieren. Grundgedan-

gleichwertige Anforderungen an Männer

ke: Ein Teil des Volumens von Tariferhöhun-

und Frauen und bewerten sie entsprechend

gen wird genutzt, damit die Beschäftigten

gleich. Deswegen gibt es auch nicht mehr

mehr Geld erhalten, deren Entgelte durch

das Kriterium „körperlich schwere Arbeit“,

ERA steigen werden. Da es noch keinen ERA

das immer mit Muskelkraft verbunden wur-

gibt, wurde die Strukturkomponente in den

de.

Jahren 2002 und 2003 in vollem Umfang an die Beschäftigten weitergegeben.

Eckentgelt

Tabellenwirksam – also Grundlage für Tarif-

Mit dem sogenannten Eckentgelt ist die Ein-

erhöhungen ab 2004 – waren für 2002 und

gruppierung in die Entgeltgruppe gemeint,

2003 nur die Erhöhungen ohne die ERA-

die Anforderungen an die Tätigkeit beschrei-

Strukturkomponente. Das sind 3,1 Prozent

ben, die üblicherweise mit einer fachspezifi-

für 2002 und 2,6 Prozent für 2003. Von die-

schen Ausbildung erfüllt werden.

ser Basis aus werden künftige Tariferhöhungen berechnet.

Eingruppierung

Der Rest ( also 0,9 Prozent für 2002 und

Bei der betrieblichen Einführung von ERA

0,5 Prozent für 2003 ) wird nicht tabellen-

müssen die Beschäftigten neu eingruppiert

wirksam, sondern wird in den Betrieben in

werden. Der Arbeitgeber macht dazu einen

ERA-Anpassungsfonds eingestellt, die später

Vorschlag. Die Eingruppierung soll durch Ar-

zur ERA-Finanzierung dienen.

beitnehmer und Betriebsrat reklamierbar sein.

73

Glossar

Im Hintergrund werden in einigen Tarifgebieten Lohn- und Gehaltstabellen mitgeführt, bei denen die Strukturkomponente berücksichtigt ist. Auch aus künftigen Tarifrunden wird ein Teil für die ERA-Strukturkomponente benötigt – bisher aufgebracht sind 1,4 Prozent. ERA wird eingeführt, sobald 2,79 Prozent aus den allgemeinen Tariferhöhungen aufgebracht sind. Dann gelten die neuen Entgelt-Tabellen. In anderen Tarifgebieten steht die neue Entgelt-Tabelle schon fest. Dort wird das Geld aus der ERA-Strukturkomponente unmittelbar zur schrittweisen betrieblichen Einführung der neuen Entgelt-Tabellen eingesetzt.

Gehalt Als Gehalt wird – bisher – das Entgelt für Angestellte bezeichnet. Arbeiter erhalten Lohn. Durch ERA wird die Trennung zwischen Lohn und Gehalt zugunsten eines gemeinsamen Entgelts aufgehoben.

Kostenneutralität Die IG Metall hat sich mit den Arbeitgebern verständigt, dass die Umstellung auf das neue ERA-Entgeltsystem kostenneutral sein soll. Anhand von Berechnungen in Musterbetrieben haben IG Metall und Arbeitgeber gemeinsam ermittelt, dass diese systembedingten Mehrkosten sich auf 2,79 Prozent

Fahrplan

belaufen. Davon sind durch die Tarifab-

Bei den Tarifverhandlungen im Frühjahr 2002

abgedeckt; der Rest wird Bestandteil künfti-

haben sich IG Metall und Metall-Arbeitgeber

ger Tarifverträge sein.

schlüsse des Jahres 2002 bereits 1,4 Prozent

auf einen Fahrplan zur ERA-Einführung geeinigt. Festgelegt sind • ein Zeitpunkt, zu dem die ERA-Verhandlungen abgeschlossen sein müssen • ein Zeitraum, in dem sich die Betriebe auf die ERA-Einführung vorbereiten können • ein Zeitraum, in dem ERA betrieblich eingeführt wird • ein Zeitpunkt, bis zu dem ERA betrieblich eingeführt sein muss. Die Fahrpläne in den Tarifgebieten unterscheiden sich leicht.

74

Die systembedingten Kosten sind ein Durchschnittswert über alle Beschäftigten und alle Betriebe. In einzelnen Betrieben können die Kosten darüber oder darunter liegen. Falls die Kosten darunter liegen, wird das Geld, das nicht für die ERA-Einführung benötigt wird, an die Beschäftigten ausgeschüttet. Falls die Kosten darüber liegen, sind in den Tarifverträgen weitere Möglichkeiten zur Kompensation vereinbart.

Glossar

Lohn

Qualifizierung

Als Lohn wird – bisher – das Entgelt für Ar-

Qualifizierung wird immer wichtiger, um die

beiter bezeichnet. Angestellte erhalten Ge-

Arbeitsplätze sicherer zu machen. Sie kann

halt. Durch ERA wird die Trennung zwischen

auch dazu beitragen, dass die Beschäftigten

Lohn und Gehalt zugunsten eines gemeinsa-

mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Deswegen

men Entgelts aufgehoben.

fordert die IG Metall einen individuellen Rechtsanspruch auf Weiterbildung. In der

Mitbestimmung Nach Paragraf 87 des Betriebsverfassungsgesetzes ( BetrVG ) hat der Betriebsrat bei der Entgeltgestaltung Mitbestimmungsrechte, zum Beispiel bei der Auswahl der Entgeltgrundsätze und -methoden und bei der Fest-

baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie ist im Jahr 2001 bereits ein entsprechender Tarifvertrag zur Qualifizierung vereinbart worden.

Reklamationen

setzung der leistungsbezogenen Entgelte

Die IG Metall will im neuen ERA Reklamati-

( Akkord, Prämie und sonstige vergleichbare

onsrechte der Beschäftigten regeln. Einzelne

Leistungsentgeltformen ). Einzelheiten der

Beschäftigte sollen beispielsweise das Recht

Mitbestimmung werden durch das Gesetz

haben, ihrer Eingruppierung zu widerspre-

aber nicht geregelt.

chen, wenn sie der Ansicht sind, falsch eingruppiert zu sein. Außerdem sollen sie einen

Paritätische Kommission So wird ein betrieblicher Ausschuss bezeichnet, der sich mit einer bestimmten betrieblichen Angelegenheit befasst. Die Mitglieder der Kommission werden – je zur Hälfte – vom Betriebsrat und vom Arbeitgeber benannt.

Anspruch auf Überprüfung haben, wenn sie meinen, dass die vereinbarten Leistungsbedingungen unzutreffend sind. Auch der Betriebsrat soll die tarifvertragliche Möglichkeit haben, Eingruppierung und Leistungsbedingungen zu beanstanden.

Um eine paritätische Kommission handelt es

IG Metall-Mitglieder, die ihre Eingruppierung

sich zum Beispiel beim „Akkordausschuss“

reklamieren wollen, erhalten bei der örtli-

bzw. bei der „Akkordkommission“ nach den

chen IG Metall Ratschläge und Hilfe.

Lohnrahmentarifverträgen. Die Aufgabe dieser Ausschüsse oder Kommissionen ist es, strittige ( reklamierte ) Akkorde zu überprüfen.

75

Glossar

Schiedsverfahren

Summarik

Die Beilegung von Streitigkeiten über die

Die Summarik ist eine Methode, um die Ar-

Auslegung und Anwendung von Tarifverträ-

beitsaufgabe von Beschäftigten tariflich zu

gen wird häufig über tarifliche Schieds- bzw.

bewerten. Das geschieht anhand von weni-

Schlichtungsstellen abgewickelt. Zuständig-

gen Anforderungsmerkmalen, bei denen die

keit, Zusammensetzung und Arbeitsweise

Unterweisungs-, Anlern- oder Ausbildungs-

dieser Instanzen sind im IG Metall Bezirk

zeit im Vordergrund steht. Daneben spielen

Küste im Tarifvertrag über Tarifschiedsge-

Berufserfahrung oder auch der Grad an

richt, Einigungsstelle und Schnellschlichtung

Selbstständigkeit eine Rolle.

geregelt ( siehe auch Paritätische Kommission ).

In den meisten Tarifgebieten wird die Summarik angewandt.

Stufenwertzahlverfahren In Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg wurde im Rahmen von ERA ein Stufenwertzahlverfahren entwickelt. Dabei gibt es – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen – vier Anforderungsmerkmale ( Können, Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Kooperation und Mitarbeiterführung ). Die Arbeitsaufgabe jedes Beschäftigten wird darauf geprüft, welche Anforderungsmerkmale erfüllt sind. Dafür gibt es dann jeweils Punkte, die am Ende addiert werden. Aus der Gesamtpunktzahl ergibt sich die Eingruppierung – und entsprechend die Bezahlung.

76

Glossar

Zusammenstellung von Definitionen der Begriffe, die in den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie des Bezirks Frankfurt verwendet werden

Anlernen

Können

Ist das systematische Vermitteln von ver-

Vermögen, fähig sein, imstande sein, in der

schiedenen Grundfertigkeiten ( § 3.2 LRTV

Lage sein; dürfen, berechtigt sein; Grund ha-

Hessen )

ben; gelernt haben, verstehen, beherrschen (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 772 )

Disposition Plan, Einteilung, Gliederung Anordnung von

Selbständig

gesammeltem Material (Wahrig, Deutsches

Unabhängig, nicht fest angestellt; ohne Hil-

Wörterbuch, S. 351 )

fe, allein, ohne Anleitung, Antrieb von außen (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 1170 )

Einführen Jemanden anleiten, unterweisen, vertraut

Verantwortung

machen mit; in offizieller Form bekannt ma-

Pflicht, Bereitschaft, für seinen Handlungen

chen, vorstellen; zum ersten Mal auftreten

einzustehen, ihre Folgen zu tragen; Rechtfer-

(Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 386 )

tigung, Verteidigung; Rechenschaft (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 1351 )

Geschäftsvorgang Im Geschäftsbuch belegtes geschäftliches

Wissen

Ereignis (Wahrig, Deutsches Wörterbuch,

Kenntnis von etwas haben (Wahrig, Deut-

S. 550 )

sches Wörterbuch, S. 1440)

Kenntnisse

Zweckausbildung

Wissen, Erfahrung (Wahrig, Deutsches Wör-

Ist die Ausbildung für bestimmte Arbeitsver-

terbuch, S. 736 )

richtungen, die nicht nur nach Anweisung ausgeführt werden können ( § 3.2 LRTV Hessen )

77

»Wahrig« ist das anerkannte Lexikon für tarifrechtliche Fragen

78

• Ja, für Mitglieder und StellvertreterInnen der Paritätischen Kommission ( § 7.1.6 ERA-TV )

• Ja, in Betrieben ab 500 Beschäf- • Einspruchsfrist 8 Wochen, bei tigten und konzernabhängigen fehlender Einigung tritt erweiBetrieben ab 300 Beschäftigterte Paritätische Kommission ten, in kleineren Betrieben gilt zusammen, danach Schiedsdas vereinfachte Einstufungsstelle (§ 7.3 ERA-TV) verfahren, in dem eine Paritäti• Jede Seite kann unter Angabe sche Kommission erst im Reklavon Gründen eine Überprüfung mationsverfahren gebildet ( § 7 der Arbeitsbeschreibung verund 8 ERA-TV ) wird langen (§ 7.3 ERA-TV) • 3 Vertreter des AG, 3 Vertreter der Beschäftigten, davon mind. 1 BR, BR entscheidet über die Vertreter der Beschäftigten, jede Seite kann ausgewählte Berater aus dem Unternehmen hinzuziehen ( § 7.1 )

• keine anders lautenden Regelungen für die Einführung des ERA-TV

Werden Schulungen zur Umsetzung des neuen ERA erwähnt ?

Welche Widerspruchsfristen und -formen sind vorgesehen ?

9.

Wird eine Paritätische Kommission gebildet ? Wie ist sie zusammengesetzt ?

Baden-Würtemberg

Ersteingruppierung

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung: a) Baden-Würtemberg

Küste

79

• Anschließend gilt § 99 BetrVG i.V.m. § 2 Ziff. 4,5

• 4 – 6 Betriebsangehörige, davon je die Hälfte vom AG und vom BR zu benennen.

• Einspruchsfrist 8 Wochen, bei fehlender Einigung tritt erweiterte Paritätische Kommission zusammen, danach Schiedsstelle ( § 7.3 ERA-TV )

• Ja, im Rahmen der Einführung des ERA ( § 10 Einführungs-TV )

Werden Schulungen zur Umsetzung des neuen ERA erwähnt ?

• Anschließend gelten § 2 (4 und 5) ERA: Einspruchsrecht des BR innerhalb einer Woche schriftlich, bei Nichteinigung Rechtsweg; Einspruchsrecht der Beschäftigten, Ablehnung muss vom AG schriftlich begründet werden, bei Nichteinigung Verhandlung zwischen AG und BR, bei erneuter Nichteinigung Rechtsweg

• Einspruch muss schriftlich erfolgen (§ 10 Einführungs-TV)

• Nein. Es gilt also das BetrVG. Schulungsveranstaltungen werden • Jede Seite kann unter Angabe von Gründen eine Überangeboten. Frauprüfung der Arbeitsbeschreibung verlangen ( § 7.3 en sollten sich ERA-TV ) daran beteiligen. • Einspruchsfrist während der Einführung des ERA 4 Wochen ( § 10 Einführungs-TV ), Entscheidung durch Paritätische Kommission, dann Einigungsversuch AG – BR, bei Nichteinigung Hinzuziehen der Tarifparteien, dann tarifliche Einigungsstelle

Welche Widerspruchsfristen und -formen sind vorgesehen ?

9.

Wird eine Paritätische Kommission gebildet ? Wie ist sie zusammengesetzt ?

Ersteingruppierung

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung: b) Küste

80

Werden Schulungen zur Umsetzung des neuen ERA erwähnt ?

• Ja, für Einzelstreitigkeiten. In • Einspruchsfrist für den BR wäh- • Nein. Es gilt also das BetrVG. Betrieben mit mehr als 200 Berend der Einführung des ERA • Allerdings wird in § 2 Überleischäftigten sowohl bei der 3 Wochen. Entscheidung durch tungs-TV eine VorbereitungsEinführung des ERA als auch Paritätische Entgeltkommissiphase definiert, in der sich später. In kleineren Betrieben on, bei Nichteinigung HinzuzieAG und BR auf die Einführung verhandeln AG und BR ( § 15 hen der Tarifvertragsparteien, vorbereiten. Dies könnte SchuERA-TV, sowie § 3 Überleitungsdann tarifliche Schlichtungslungsmaßnahmen einschlieTV ) stelle ( § 3 Überleitungs-TV ) ßen. • Je 2 – 3 sachkundige Beschäf• Nach der Einführung des ERA tigte, die jeweils vom AG bzw. steht nach der Nichteinigung BR benannt werden ( § 15 ERAüber die Eingruppierung der TaTV ) rifvertragsparteien der Rechtsweg offen. ( § 15 ( 5 ) ERA-TV )

Welche Widerspruchsfristen und -formen sind vorgesehen ?

9.

Wird eine Paritätische Kommission gebildet ? Wie ist sie zusammengesetzt ?

Niedersachsen

Ersteingruppierung

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung: c) Niedersachsen

81

• Fall 2: Grundsätzlich gelten die Mitwirkungsrechte des BR nach § 99 BetrVG und § 4 ERA. ( § 2 ( 7 ) ERA ). Bei Reklamationen wird auch hier eine paritätische Kommission gebildet.

• Fall 2: Individuelle Reklamation durch Beschäftigte/n innerhalb von 4 Wochen nach Mitteilung der beabsichtigten Eingruppierung ( § 4 ( 1 ) ERA ), danach: Prüfung durch AG, dann Paritätische Kommission, Rechtsweg. Beschäftigte/r und BR können bei Änderung der Arbeitsaufgabe eine Änderung der Eingruppierung von sich aus beantragen. ( § 4 ( 2 ) ERA )

• Fall 1: Einspruchsfrist für den BR während der Einführung des ERA 4 Wochen nach Vorlage der vorläufigen. Eingruppierung durch den AG; danach 2 Wochen nach Zugang der Eingruppierungsunterlagen ( § 7 ( 6 ) ERA-ETV ). Beratung in der Paritätische Kommission 8 Wochen, danach entscheidet die Einigungsstelle ( § 7 ( 4 ) ERA-ETV )

• Fall 1: Ja, im Rahmen der Einführung des ERA, wenn betrieblich freiwillig das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren gemäß § 7 ERA-ETV vereinbart wird. Sie wird tätig, wenn BR und AG sich anhand der Unterlagen über eine Eingruppierung des Arbeitsplatzes nicht einigen können.

• Je 2 von AG und BR bestellte Betriebsangehörige ( § 7 ( 2 ) ERAETV )

Welche Widerspruchsfristen und -formen sind vorgesehen ? • Nein. Es gilt also das BetrVG.

Werden Schulungen zur Umsetzung des neuen ERA erwähnt ?

9.

Wird eine Paritätische Kommission gebildet ? Wie ist sie zusammengesetzt ?

Nordrhein-Westfalen

Ersteingruppierung

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung: d) Nordrhein-Westfalen

82

• Anschließend gilt § 99 BetrVG

• Anschließend gilt § 3 ( 8 ) ERA: Einspruchsrecht der Beschäftigten, Ablehnung muss vom AG schriftlich begründet werden, bei Nichteinigung Verhandlung zwischen AG und BR, bei erneuter Nichteinigung Rechtsweg

• Paritätische Kommission entscheidet den Widerspruchsfall, bei Nichteinigung Hinzuziehen der Tarifvertragsparteien, danach Verfahren gemäß § 26 MTV

• Einspruch muss schriftlich erfolgen. (ebenda)

• Einspruchsfrist für BR und Beschäftigte während der Einführung des ERA 3 Wochen ( § 3 ( 3 ) Einführungs-TV )

• Ja, für die Einführung des ERA ( § 5 Einführungs-TV )

• Je 2 von AG und BR bestellte Betriebsangehörige ( § 5 ( 2 ) Einführungs-TV )

Welche Widerspruchsfristen und -formen sind vorgesehen ?

• Allerdings wird in § 2 Überleitungs-TV eine Vorbereitungsphase definiert, in der sich AG und BR auf die Einführung vorbereiten. Dies könnte Schulungsmaßnahmen einschließen.

• Nein. Es gilt also das BetrVG.

Werden Schulungen zur Umsetzung des neuen ERA erwähnt ?

9.

Wird eine Paritätische Kommission gebildet ? Wie ist sie zusammengesetzt ?

Thüringen

Ersteingruppierung

Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung: e) Thüringen

83

• § 6 ( 4.3 ): Ja, einvernehmlich.

• § 6 ( 4.3 ): Paritätische Kommission auf Betriebs- oder Unternehmensebene

Wie ist die Mitbestimmung bei der Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele geregelt ? • § 5 ( 2.3 ): Katalog wird aufgrund der technischen und organisatorischen Entwicklung überprüft und „möglichst unverzüglich“ ergänzt.

Werden die tariflichen Richt- oder Niveaubeispiele überarbeitet ?

10.

Sind betriebliche Ergänzungsbeispiele möglich ?

Baden-Würtemberg

Richt- und Niveaubeipiele

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

a) Baden-Würtemberg

Küste

84

• Ab 1.1.08 gemäß § 87 ( 1.10 ) BetrVG

• ERA sagt nichts dazu aus, laut Ziffer 5 des Verhandlungsergebnisses vom 11.09.03 wird weiter darüber verhandelt

Wie ist die Mitbestimmung bei der Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele geregelt ? • ERA sagt nichts dazu aus.

Werden die tariflichen Richt- oder Niveaubeispiele überarbeitet ?

10.

• § 3 ( 9 ): Ja, freiwillig.

Sind betriebliche Ergänzungsbeispiele möglich ?

Richt- und Niveaubeipiele

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

b) Küste

85

• § 3 ( 7 ) Überleitungs-TV: Bei der erstmaligen Eingruppierung können Betriebsrat und Arbeitgeber den Abschluss von ergänzenden betrieblichen Richtbeispielen verlangen.

• Ab 2013 dann, wenn neue Technologien, Produkte oder Organisationsformen zu wesentlichen Änderungen geführt haben.

• § 2 ( 3 ): Ja, freiwillig.

• § 2 ( 3 ): Paritätische Kommission

Wie ist die Mitbestimmung bei der Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele geregelt ?

• und Aktualisierung der Berufsbezeichnungen bei Neuordnungen der Berufsbilder

• und mindestens alle 5 Jahre

• § 2 (2 ): Ja, bei Bedarf

• Ziffer 2 des Verhandlungsergebnisses vom 20.11.03 verpflichtet zur Vereinbarung von tariflichen Richtbeispielen für 10 Tätigkeitsfelder bis 30.06.04. Bislang sind erst Richtbeispiele für ein Tätigkeitsfeld ( Zerspanung ) vereinbart worden. ( Anlage zu § 3 )

Werden die tariflichen Richt- oder Niveaubeispiele überarbeitet ?

10.

Sind betriebliche Ergänzungsbeispiele möglich ?

Niedersachsen

Richt- und Niveaubeipiele

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

c) Niedersachsen

86

• Die Niveaubeispiele sind von • Entfällt gemäß der Idee in den Tarifvertragsparteien § 3 (4 ) ERA gemeinsam bewertet und eingruppiert worden. Sie gelten als Orientierungshilfe. Maßgebend für die Eingruppierung der /des Beschäftigten ist seine/ihre konkrete Arbeitsaufgabe

Wie ist die Mitbestimmung bei der Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele geregelt ? • Keine Aussage dazu in den ERAs

Werden die tariflichen Richt- oder Niveaubeispiele überarbeitet ?

10.

Sind betriebliche Ergänzungsbeispiele möglich ?

Nordrhein-Westfalen

Richt- und Niveaubeipiele

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

d) Nordrhein-Westfalen

87

• § 3 ( 7 ): Ja, freiwillig.

• § 3 ( 7 ): Betriebsparteien

Wie ist die Mitbestimmung bei der Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele geregelt ? • Ja, gemäß Protokollnotiz zu § 3 ( 6 ) bei Bedarf, mindestens aber alle 5 Jahre und bei Neuordnung der Berufsbilder

Werden die tariflichen Richt- oder Niveaubeispiele überarbeitet ?

10.

Sind betriebliche Ergänzungsbeispiele möglich ?

Thüringen

Richt- und Niveaubeipiele

Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen

e) Thüringen

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