Expertise Elternvertreter mit Migrationshintergrund an Schulen

August 3, 2016 | Author: Curt Bruhn | Category: N/A
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1 Expertise Elternvertreter mit Migrationshintergrund an Schulen Abschlussbericht (Stand 16. März 2009) dem Bundesa...

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Expertise

Elternvertreter mit Migrationshintergrund

an Schulen

Abschlussbericht

(Stand 16. März 2009)

dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegt von

Prof. Dr. Stephan Kröner

Universität Erlangen-Nürnberg

Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Regensburger Straße 160 90478 Nürnberg E-Mail: [email protected] Telefon: 0911/5302 - 167 Fax: 0911/5302 - 166 1

Inhalt

1. 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 4.

4.1 4.2 4.3 4.4 5.

5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6. 6.1 6.2 6.3 6.4 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 8. 9.

Elternvertreter mit Migrationshintergrund - Anlass für die Expertise und Inhaltsüberblick

Stephan Kröner und Marcus Friedrich ....................................................................................... 3

Stand der Forschung zu Elternvertretern mit Migrationshintergrund

Stephan Kröner und Marcus Friedrich ....................................................................................... 4

Definition des Begriffs „Migrationshintergrund“ und Situation von Schülern

mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen................................................................... 4

Elternarbeit und Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund ...................................... 5

Effekte des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen .......................... 5

Bisheriger Forschungsstand zu förderlichen bzw. hinderlichen Faktoren für

das Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund an Schulen................................ 6

Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Elternvertretung an Schulen in Bayern und Hessen –

eine Dokumentenanalyse

Romy Schulz, Marcus Friedrich und Stephan Kröner ................................................................ 8

Fragestellung........................................................................................................................... 8

Methode .................................................................................................................................. 9

Ergebnisse .............................................................................................................................. 9

Diskussion ............................................................................................................................. 15

Anzahl und Organisationsform von Elternvertretern und Elternvereinen mit

Migrationshintergrund – eine Befragung allgemeinbildender Schulen in der Metropolregion

Nürnberg und dem Rhein-Main-Gebiet

Marcus Friedrich und Stephan Kröner ..................................................................................... 17

Fragestellung......................................................................................................................... 17

Methode ................................................................................................................................ 17

Ergebnisse ............................................................................................................................ 18

Diskussion ............................................................................................................................. 22

Elternvertreter mit Migrationshintergrund: Gründe für das Engagement, Strategien und

Schwerpunkte der Arbeit, Probleme und Verbesserungsvorschläge – eine qualitative

Interviewstudie

Stephan Kröner, Eva Fritzsche und Marcus Friedrich ............................................................. 24

Fragestellung......................................................................................................................... 24

Methode ................................................................................................................................ 24

Ergebnisse nach Themenbereichen ..................................................................................... 27

Ergebnisse der Analyse von Gruppenunterschieden............................................................ 36

Diskussion ............................................................................................................................. 37

Elternengagement, Schulklima und Werte aus Sicht von Elternvertretern

und Schulleitungen – eine Fragebogenerhebung

Eva Fritzsche, Stephan Kröner und Marcus Friedrich ............................................................. 41

Fragestellung......................................................................................................................... 41

Methode ................................................................................................................................ 41

Ergebnisse ............................................................................................................................ 43

Diskussion ............................................................................................................................. 52

Empfehlungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern

mit Migrationshintergrund

Stephan Kröner, Marcus Friedrich und Eva Fritzsche ............................................................. 55

Voraussetzungen .................................................................................................................. 56

Engagement für das eigene Kind wecken ............................................................................ 58

Elternarbeit in der Gruppe ..................................................................................................... 59

Vernetzung und Institutionalisierung ..................................................................................... 62

Kompetenzerwerb von Eltern mit Migrationshintergrund ...................................................... 64

Rahmenbedingungen auf Seiten der Schule ........................................................................ 65

Schlussbemerkungen............................................................................................................ 70

Literatur..................................................................................................................................... 73

Anhang ..................................................................................................................................... 76

2

1. Elternvertreter mit Migrationshintergrund ­ Anlass für die Expertise und Inhaltsüberblick Stephan Kröner und Marcus Friedrich1 Anlass für die Expertise: Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in das deutsche Schulsystem ist bislang nicht vollständig gelungen (Gaitanides, 2006; Bainski et al., 2004): Schüler mit Migrationshintergrund werden durch das deutsche Schulsystem benachteiligt (Prenzel et al., 2007), der Anteil der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund ist deutlich geringer als der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund sowie der Anteil der Bürger mit Migrationshintergrund insgesamt, und Eltern mit Migrationshintergrund sind in Elternvertretungen an Schulen unterrepräsentiert (Sacher, 2007). Eine stärkere Beteiligung von Bürgern mit

Migrationshintergrund wäre jedoch im

Sinne einer

partizipativ­

demokratischen Schulkultur wünschenswert (Eikel, 2006) und wird zudem mit weiteren positiven Effekten assoziiert (Hill & Taylor, 2004). Während die Frage nach den Ursachen für das oft unterdurchschnittliche Abschneiden von Schülern mit Migrationshintergrund gegenwärtig großes wissenschaftliches Interesse auf sich zieht (z. B. Prenzel et. al., 2004), liegen zu den Gründen für die Unterrepräsentation von Eltern mit Migrationshintergrund in Elternvertretungen an Schulen bislang nur wenige Arbeiten vor. Die vorliegende Expertise hat daher das Engagement von Elternvertretern mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen zum Thema. Inhaltsüberblick: In den folgenden Abschnitten wird zunächst der Stand der Forschung zum Thema Elternarbeit und Migrationshintergrund aufgearbeitet. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse einer Dokumentenanalyse zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Eltern­ vertretung an Schulen in Bayern und Hessen berichtet. Daran anschließend folgen Berichte über drei empirische Untersuchungen: Eine Befragung der Schulleitungen allgemein­ bildender Schulen in der Metropolregion Nürnberg und dem Rhein-Main-Gebiet zu Anzahl und Organisationsform der Elternvereine und Elternvertreter mit Migrationshintergrund, eine qualitative

Interviewstudie

mit

Elternvertretern

mit

Migrationshintergrund

zu

ihrem

Engagement in der Schule sowie eine Fragebogenstudie zum Vergleich der Wahrnehmung von Werten und Schulklima als Rahmenbedingungen des Elternengagements aus Sicht von Elternvertretern einerseits und Schulleitungen andererseits. Abschließend werden aus den vorliegenden Befunden Empfehlungen zur Verbesserung bzw. Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Bildungseinrichtungen abgeleitet und diskutiert.

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Beide Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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2. Stand der Forschung zu Elternvertretern mit Migrationshintergrund Stephan Kröner und Marcus Friedrich1

2.1 Definition des Begriffs „Migrationshintergrund“ und Situation von Schülern mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen Im Zusammenhang mit Migration findet man gegenwärtig eine Reihe verschiedener Begriffe (u. a.: „Ausländer“, „Migranten“, „Spätaussiedler“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“), die sich zum Teil überschneiden, teils voneinander unterschieden und teils synonym verwendet werden. Im vorliegenden Bericht wird primär die Formulierung „Menschen mit Migrationshintergrund“ in Anlehnung an die Definition des Statistischen Bundesamts (2006) verwendet. Diese Formulierung schließt sowohl Menschen ein, die selbst in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland immigriert sind, als auch Menschen, für deren Vorfahren dies im Zeitraum nach 1949 der Fall war. Nach dieser Definition weisen gegenwärtig rund 19 Prozent der Bürger einen Migrationshintergrund auf (Statistisches Bundesamt, 2006). Schüler mit Migrationshintergrund: Gemäß der Definition des Statistischen Bundesamtes weisen

gegenwärtig

22

Prozent

der

Schüler

an

deutschen

Schulen

einen

Migrationshintergrund auf (Boos-Nünning, 2006; Prenzel et. al., 2004; Statistisches Bundesamt, 2006). Ein Migrationshintergrund geht innerhalb des deutschen Schulsystems mit schlechteren Bildungschancen und Schulleistungen einher (Prenzel et. al., 2004). Das Thema „Migration und Bildung“ wird daher inzwischen intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert, auch basierend auf Studien wie der des Berlin-Instituts für Bevölkerungsentwicklung (2009), in welcher ein, auch bildungsbezogener, „Index zur Messung von Integration“ für Bürgerinnen und Bürger mit verschiedenartigem Migrationshintergrund berichtet wird. Insbesondere Schüler mit türkischem Migrationshintergrund werden dabei immer wieder als besondere Problemgruppe identifiziert (vgl. auch Müller & Stanat, 2006). Dies wird zum Anlass genommen, sich mit dem Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen auseinanderzusetzen (Gaitanides, 2008).

1

Beide Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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2.2 Elternarbeit und Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund Elternarbeit: Die Involviertheit von Eltern in schulische Belange lässt sich nach Hill und Taylor (2004) wie folgt untergliedern: ehrenamtliche Tätigkeit an Schulen, Kommunikation mit Lehrkräften und anderem Schulpersonal, häusliche Unterstützung bei Schularbeiten und Besuch von Schulveranstaltungen und Elternabenden. Im deutschen Sprachraum unter­ gliedern Bernitzke und Schlegel (2004) Elternarbeit in Elternberatung und -information, Elternbildung, Elternmitarbeit und institutionelle Elternarbeit. Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund: Trotz der hohen gesellschaftlichen Relevanz ist dem Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in der Elternarbeit an allgemeinbildenden deutschen Schulen bislang nur wenig Aufmerksamkeit gewährt worden. Eine der wenigen Studien zu diesem Thema im deutschen Sprachraum stammt von Sacher (2007). Er berichtet, dass sich Eltern mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem weniger engagierten und dass sie dort im Vergleich zur Zahl der Schüler mit Migrations­ hintergrund unterrepräsentiert seien, allerdings nur an Schulen mit niedrigem Migranten­ anteil. Wenn Kontakte zwischen Schule und Eltern bestehen, dann fänden diese vorwiegend im Rahmen von formellen Gruppenkontakten, beispielsweise bei Elternabenden, statt. Das Einzelgespräch, informell oder im Rahmen von Elternsprechtagen, werde von dieser Elterngruppe

dagegen

häufig

gescheut.

Außerdem

fühlten

sich

Eltern

mit

Migrationshintergrund stärker von den übrigen Eltern allein gelassen und hätten weniger Kontakt zu den Elternvertretern. Im Folgenden werden potentielle positive Effekte einer Steigerung der Beteiligung von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen auf die Schulleistungen der Kinder dargestellt. Unabhängig davon ist jedoch ein hohes Engagement von Eltern mit und ohne Migrations­ hintergrund auch – wie erwähnt – für eine partizipativ-demokratischen Schulkultur wünschenswert.

2.3 Effekte des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen Von einer höheren Beteiligung von Eltern mit Migrationshintergrund in deutschen Schulen werden verschiedene positive Effekten erwartet. Es ist bekannt, dass erhöhtes Engagement von Eltern für die schulischen Belange ihrer Kinder mit positiven Effekten für die Kinder einhergeht: mit besseren Sprachkenntnissen, allgemein höherer Schulleistung, weniger Verhaltensproblemen und höheren angestrebten Bildungsabschlüssen (vgl. Grolnick & 5

Slowiaczek, 1994; Hill et al., 2004; Hill & Taylor, 2004). Derartige Effekte haben sich insbesondere für Angehörige ethnischer Minderheiten gezeigt (Hill et al., 2004). Dazu, welche vermittelnden Variablen den positiven Effekten der Elternarbeit zugrunde liegen, gibt es bislang nur wenige Arbeiten. Kuperminc, Darnell und Alvarez-Jimenez (2008) kommen in ihrer Studie zu Mediatoren für die Effekte elterlichen Engagements zu dem Ergebnis, dass die Eltern durch ihr Engagement möglicherweise das Gefühl der Zugehörigkeit zur Schule bei ihren Kindern erhöhen und ihr Vertrauen in die eigenen Erfolgsaussichten stärken. Darüber hinaus vermuten sie, dass engagierte Eltern bei Lehrkräften höhere Erwartungen an die Leistungen der Schüler hervorrufen. Oyserman, Brickman und Rhodes (2007) kommen im Rahmen einer Interventionsstudie zu dem Ergebnis, dass Elternengagement in Familien mit Migrationshintergrund sich deshalb positiv auf die Schulleistungen der Kinder auswirkt, weil es signalisiert, dass Schulerfolg ein relevanter Aspekt der Identität ist und dass negative Entwicklungen vermeidbar sind, wenn man sich an der Schule engagiert.

2.4 Bisheriger Forschungsstand zu förderlichen bzw. hinderlichen Faktoren für das Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund an Schulen Nicht nur für die im vorangegangenen Abschnitt dargelegten Effekte des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund und die Wirkmechanismen ist die Forschungslage bislang unbefriedigend. Auch zu der Frage, welche Faktoren sich förderlich bzw. hinderlich auf das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen auswirken, gibt es noch Forschungsbedarf. Dieser wird besonders deutlich, wenn man die existierende Forschung vor dem Hintergrund des Mehrebenen-Modells von Grolnick, Benjet, Kurowsky und Aposterolis (1997) zur Erklärung des Elternengagements betrachtet. In diesem Modell werden individuelle, kontextuelle und institutionelle Einflussfaktoren unterschieden. Studien zu individuellen und kontextuellen Einflussfaktoren: Kuperminc et al. (2008) berichten von Hindernissen für das Engagement lateinamerikanischer Zuwanderer an Schulen in den USA. Sie führen geringe Englischkenntnisse, fehlende Kenntnisse darüber, was die Schulen von Eltern erwarten und lange, unflexible Arbeitszeiten als Hindernisse an, sowie eine Sichtweise von Lehrkräften als Experten, die am Besten wissen, was für die Kinder gut ist und denen gegenüber man sich besser passiv verhalte. Sacher (2007) verweist ebenfalls auf arbeitszeitbedingte Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme sowie mangelnde

Sprachkenntnisse,

zudem

führt

er

Misstrauen

gegenüber

staatlichen

Einrichtungen sowie geringe Hoffnungen auf gute Schulabschlüsse für die Kinder als mögliche Hinderungsgründe an. Lee und Bowen (2006) weisen zudem darauf hin, dass 6

Eltern mit Migrationshintergrund oftmals Strategien des Engagements einsetzen, die weniger stark in Verbindung mit der Schulleistung ihrer Kinder stehen. Studien zu institutionellen Einflussfaktoren: López, Scribner und Mahitivanichcha (2001) kommen in einer qualitativen Studie an vier Schuldistrikten, an denen die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund besonders gut gelingt, zu dem Ergebnis, dass es vor allem eine starke Orientierung an den Bedürfnissen der Eltern ist, welche die Elternarbeit in diesen Distrikten erfolgreich macht. Für den deutschen Sprachraum werden unterschiedliche Auffassungen von Eltern und Schule über die schulbezogene Rolle von Eltern genannt (Jäkel & Leyendecker, 2009; Leyendecker, 2008). Dies bezieht sich zwar zunächst primär auf die Vermittlung von Disziplin und die Kontrolle von Hausaufgaben, es ist jedoch davon auszugehen, dass ähnliche Missverständnisse hinsichtlich des Engagements als Elternvertreter bestehen.

7

3. Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Elternvertretung an Schulen in Bayern und Hessen – eine Dokumentenanalyse Romy Schulz, Marcus Friedrich und Stephan Kröner1

3.1

Fragestellung

Im Folgenden sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Elternvertretung in den beiden Bundesländern untersucht werden, in denen auch die für die vorliegende Expertise durchgeführten empirischen Erhebungen durchgeführt wurden. Dies ist besonders deshalb von Interesse, weil das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen gefördert oder gehemmt werden kann, je nachdem, welche Rechte und Pflichten Eltern bzw. Erziehungsberechtigten hinsichtlich der schulischen Bildung ihrer Kinder eingeräumt werden. Darüber, welches das angemessene Verhältnis von Staatsrecht und Elternrecht ist, wird bereits seit der Weimarer Republik diskutiert (vgl. Richter, 1979). Diese Frage ist noch immer aktuell, so nimmt beispielsweise das Land Hessen für sich in Anspruch, über ein im Vergleich zu den anderen Bundesländern „vorbildlich ausgestaltetes“ Elternrecht zu verfügen (Hessisches Kultusministerium, 2009). Im Folgenden werden zunächst die für die Elternvertretung in Hessen und Bayern relevanten Gesetzestexte benannt, die dann im Hinblick auf die Ausgestaltung der schulbezogenen Rechte von Eltern im Allgemeinen und von Eltern mit Migrationshintergrund im Besonderen ausgewertet werden.

1

Alle Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

8

3.2

Methode

Zur Erfassung der rechtlichen Rahmenbedingungen wurde eine Dokumentenanalyse relevanter Gesetzestexte zu Elternvertretungen an Schulen der Bundesländer Bayern und Hessen durchgeführt (vgl. Mayrhofer, 1993). Dabei wurden die in Tabelle 1 aufgelisteten Dokumente ausgewertet. Tabelle 1: Im Rahmen der Dokumentenanalyse ausgewertete Gesetzestexte

3.3

Gesetzestext

Abkürzung

Relevante Paragraphen

Bonner Grundgesetz

GG

Art. 6, Art. 7, Art. 30, Art. 70, Art. 73, Art. 74

Bürgerliches Gesetzbuch

BGB

§ 1626

Bayerisches Gesetz über das Erziehungs­ und Unterrichtswesen

BayEUG

Art. 64, Art. 65, Art. 66, Art. 69, Art. 73, Art. 76

Verfassung des Landes Hessen

HV

Art. 56

Hessisches Schulgesetz

HSchG

§ 100, § 101, § 106, § 110, § 114, § 116, § 120, § 128, § 129

Ergebnisse

Die Analyse der relevanten Gesetzestexte zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für das Engagement von Elternvertretern mit - und ohne - Migrationshintergrund in verschiedenen Ländern beginnt mit dem Grundgesetz (GG). Bereits in Art. 6 des Grundgesetzes thematisiert der Gesetzgeber Ehe, Familie und Kinder. Dabei findet in Art. 6 II S. 1 GG Erwähnung, dass die „Pflege und Erziehung der Kinder […] das natürliche Recht der Eltern [sind] und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Erst in Art. 7 GG regelt der deutsche Gesetzgeber das Schulwesen. Schon aus der Systematik des Bonner Grundgesetzes lässt sich ableiten, dass der Parlamentarische Rat bei seinen Verhandlungen der Familie - und damit den Erziehungsberechtigten - das Naturrecht der Kindererziehung zuerkannte (vgl. Lehmann, 1969); dem steht auch nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht das Verhältnis von Elternrecht und Recht des Staates zur Aufsicht über das Schulwesen als ein „Verhältnis der Gleichordnung bestimmt“ (Böhm, 2007). Zu einer Aufnahme ‚spezieller’ Elternrechte, wie sie sich in den einzelnen Schulgesetzen der Länder wiederfinden, in das Grundgesetz kam es jedoch nicht, auch wenn sowohl die Weimarer Reichsverfassung als auch das Grundgesetz das Elternrecht als Grundrecht - ja nach Peters sogar als ‚Menschenrecht’ - anerkennen (zitiert nach Lehmann, 1969). Dennoch ist die „Entwicklung 9

der konkreten Elternrechte im Schulwesen […] das Werk von Rechtslehre und Rechtssprechung, die auf der Grundlage der Artikel 6 und 7 GG Teilstücke eines Bildungsverfassungsrechts geschaffen und hierdurch einen Verfassungswandel bewirkt haben“ (Richter, 1979). Nach Art. 30, 70 I, 73 und 74 GG obliegt die Schulorganisation den einzelnen Bundesländern. Dies bedeutet, dass jedes Bundesland für sich eigene Regelungen und Gesetze - so zum Beispiel auf dem Gebiet des Schulwesens - erlassen kann, die allerdings nicht in Widerspruch zu Art. 7 GG stehen dürfen. Interessant ist dabei, dass die Bundesländer, deren Verfassungen sämtlich vor dem Grundgesetz in Kraft traten, zwar im Prinzip das Elternrecht der Weimarer Verfassung übernommen haben, es jedoch je nach politischer Machtkonstellation und Mehrheitsverhältnissen unterschiedlich konkretisierten. Reuter (1998) spricht in diesem Zusammenhang von einem „konfessionellen Elternrecht“ (S. 37) – dem Recht der Eltern, bis zum 14. Lebensjahr die Religionszugehörigkeit ihrer Kinder zu bestimmen, und einem „pädagogischen Elternrecht“ (S. 37) – dem Recht der Eltern, bildungsrechtliche Grundrechte ihrer Kinder wahrzunehmen. Während ersteres vorwiegend in Bayern seine Ausprägung gefunden habe, finde sich letzteres in der Hessischen Verfassung wieder (vgl. Richter, 1979). Unter dieser Perspektive ist ein Vergleich der Rechte von Elternvertretern mit Fokus auf den Bundesländern Bayern und Hessen von besonderem Interesse. Im Folgenden soll vor allem herausgearbeitet werden, wer sich in den Elternbeiräten - als Form der Elternvertretung - engagieren darf. Dabei sind besonders das Aufgabenfeld und die daraus erwachsenden Kompetenzen der Elternvertreter von Interesse. Da das Augenmerk in der vorliegenden Expertise auf Eltern mit Migrationshintergrund liegt, findet dieser Aspekt im Folgenden besondere Beachtung. Da sich die gesetzlichen Regelungen dort, wo das Thema Migration im Kontext von Elternvertretungen relevant wird, ausschließlich an der Staats­ bürgerschaft orientieren, nicht jedoch am Migrationshintergrund, wird im Folgenden an einigen Stellen differenziert zwischen Menschen mit Migrationshintergrund im Sinne des übrigen Textes und Ausländern im Sinne der gesetzlichen Regelungen, also Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft.

3.3.1 Die Rechtslage zur Elternvertretung im Freistaat Bayern Die Elternvertretung in Bayern lässt sich untergliedern in die Aspekte Elternbeirat, Schulforum und Landesschulbeirat. Außerdem existieren besondere Mitwirkungsrechte ausländischer Eltern. Diese Aufgaben und Rechte der Elternvertretung in Bayern werden im Folgenden dargestellt.

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Aufgaben und Rechte des Elternbeirats: Nach Art. 64 I BayEUG (Bayrisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesens) wird „an allen Volksschulen, Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen und an Berufsschulen […] ein Elternrat gebildet“ sowie ein Klassenelternsprecher gewählt (Art. 64 II BayEUG). Die einzelnen Aufgaben des Elternbeirats sind in Art. 65 BayEUG geregelt. So haben sie beispielsweise ein Mitwirkungsrecht in Verfahren, die zum Ausschluss von Schülern führen können (vgl. Art. 65 I Nr. 8 BayEUG), bei der Errichtung oder Auflösung von staatlichen und kommunalen Schulen (vgl. Art. 65 I Nr. 10 BayEUG) oder bei Änderungen des Namens von Schulen (vgl. Art. 65 I Nr. 12 BayEUG). Aufgabe des Elternbeirates ist nach Lehmann (1969) zuvorderst, das Vertrauensverhältnis zwischen den Erziehungsberechtigten und Lehrkräften zu vertiefen, zu ermöglichen, dass die Erziehungsberechtigten ihrer Verantwortung für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder nachkommen können und es ihnen zu ermöglichen ihre dementsprechenden Interessen zu wahren (Lehmann, 1969). Der Elternbeirat nimmt somit eine Art Mittlerrolle zwischen den Erziehungsberechtigten und der Lehrerschaft ein, ohne jedoch „Schiedsrichter“ zu sein. Dies umfasst auch die Beratung über die Wünsche, Anregungen und Vorschläge der Eltern respektive Erziehungsberechtigten. Die Zusammensetzung des Elternbeirates ist in Art. 66 I BayEUG geregelt, wonach für je 50 Schüler einer Schule (bei Förderschulen für je 15) ein Mitglied zu wählen ist. Dabei beträgt die Anzahl mindestens fünf und höchstens zwölf. Weitere Mitglieder, jedoch nicht mehr als ein Drittel der gewählten Mitglieder, können mit beratender Funktion hinzugezogen werden (Art. 66 I S. 2 BayEUG). Neben dem Elternbeirat auf Schulebene gibt noch gemeinsame Elternbeiräte (geregelt in Art. 65 II BayEUG), welche die Interessen der Eltern von Schülern mehrerer Volksschulen vertreten. Aufgaben und Rechte des Schulforums: Art. 69 BayEUG besagt, dass an allen Schulen, an denen ein Elternbeirat besteht, auch ein Schulforum eingerichtet wird. Seine Aufgabe besteht darin, schulbezogene Fragen zu beraten und Empfehlungen abzugeben, so beispielsweise in Bezug auf die Entwicklung eines Schulprofils, der Schulwegsicherung oder dem Erlass der Hausordnung. Dem Schulforum gehören der Schulleiter, zwei Lehrer, der Elternbeiratsvorsitzende, zwei vom Elternbeirat gewählte Mitglieder sowie Mitglieder der Schülerschaft an (Art. 69 II BayEUG). Aufgaben und Rechte des Landesschulbeirats: Der Landesschulbeirat ist nach Art. 73 BayEUG für die Beratung der Lehrpläne, Stundentafeln und für die Rechtsverordnungen über die Einrichtung der Elternvertretungen zuständig. Zudem kann er Vorschläge einbringen und Empfehlungen aussprechen. Seine Mitglieder werden vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus berufen, wobei lediglich acht der 40 Mitglieder aus dem Kreis der Eltern stammen. Die anderen Mitglieder des Landesschulbeirats sind Vertreter der 11

Gesellschaft, unter anderem der katholischen und der evangelischen Kirche, der Landkreise, der Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter. Vertreter von Vereinen und Organisationen, die besondere Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund vertreten, befinden sich nicht unter den Mitgliedern des Landesschulbeirats. Auch das Gewicht der Eltern in diesem Gremium ist als gering einzustufen. Es steht den Elternvertretern des Landesschulbeirates nach Art. 73 IV BayEUG jedoch zu, einen Landeselternrat zu bilden, welcher unmittelbar Empfehlungen und Vorschläge an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus richten kann. Fazit zur Rolle der Eltern im bayerischen Schulwesen: Auch wenn sich inhaltliche Einflüsse, beispielsweise auf das Schulwesen insgesamt, die innerschulische Organisation oder die Unterrichtsgestaltung, nicht aus dem Elternrecht ableiten lassen, so steht den Eltern doch ein weit reichendes Informationsrecht zu (Böhm, 2007). Besondere Mitwirkungsrechte von Eltern mit Migrationshintergrund: Bis 1967 war die Wahl zum Elternbeirat jenen Erziehungsberechtigten vorbehalten, welche auch die Berechtigung hatten, an der Gemeindewahl teilzunehmen (Lehmann, 1969). Das bedeutete, dass ausländische Eltern - da ihnen das Recht zur Gemeindewahl verwehrt war - weder an der Wahl des Elternbeirates teilnehmen konnten, noch sich selber zur Wahl stellen durften. Eine solche Regelung findet sich heute im Schulgesetz des Freistaates Bayern nicht mehr. Ausländischen Eltern werden in Art. 76 S. 2 und 3 BayEUG allerdings besondere Pflichten auferlegt, beispielsweise die Pflicht, ihre Kinder an einem integrierten Vorkurs und einer Sprachstandserhebung teilnehmen zu lassen. Zumindest Art. 76 S. 2 tritt zum 31.07.2009 jedoch

außer

Kraft.

Besondere

Staatsbürgerschaft sind in dem

Mitwirkungsrechte

von

Bayerischen Gesetz über

Eltern

ohne

deutsche

das Erziehungs- und

Unterrichtswesen nicht geregelt. Auch für Eltern mit Migrationshintergrund, aber deutscher Staatsbürgerschaft ist dies nicht der Fall.

3.3.2 Die Rechtslage zur Elternvertretung in Hessen Das Hessische Schulgesetz (HSchG) bestimmt in § 100 I Nr.1, dass die Eltern Träger respektive Inhaber von elternspezifischen Rechten und Pflichten - einschließlich der Mitbestimmungsrechte - sind. Dies knüpft an § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu Grundsätzen der elterlichen Sorge an. Die rechtliche Grundlage für das Mitbestimmungsrecht der Eltern findet sich in § 101 HSchG, wobei es sich „unmittelbar auf den Verfassungsauftrag aus Art. 56 Abs. 6 der Verfassung des Landes Hessen“ bezieht (Kommentar zum § 101 HSchG, S. 1). Die speziellen Regelungen des achten Teils des Schulgesetzes (von § 100 bis einschließlich § 120)

12

beziehen sich zwar nicht ausdrücklich auf anerkannte Ersatzschulen, jedoch muss nach § 171 IV HSchG auch dort eine Form der Mitwirkung gewährleistet werden. Die Elternvertretung in Hessen lässt sich untergliedern in die Gremien Klassenelternbeirat, Schulelternbeirat, Schulkonferenz, Kreis- bzw. Stadtelternbeirat und Landeselternbeirat. Diese werden im Folgenden dargestellt. Aufgaben und Rechte des Klassenelternbeirats: Nach § 106 I HSchG umfasst die Klassenelternschaft alle Eltern der Schüler einer Klasse. In jeder Klasse wird jeweils ein Elternteil als Klassenelternbeirat und ein weiterer Elternteil als Stellvertreter für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Ist für den Besuch einer Schulform lediglich eine Dauer von einem Jahr vorgesehen, so wird auch das Amt des Klassenelternbeirats und seines Stellvertreters auf ein Jahr reduziert (vgl. § 106 I HSchG). Die Aufgaben und Rechte des Klassenelternbeirates erstrecken sich auf unterschiedliche Gebiete. Auf ihren Treffen, welche sie wenigstens einmal im Halbjahr einberufen müssen, werden die „wesentlichen Vorgänge aus dem Leben und der Arbeit der Klasse [mit dem Klassenlehrer und den Fachlehrern] erörtert“ (Hessisches Kultusministerium, 1993). Sie besitzen auch das Recht, Vorschläge für die Tagesordnung der Schulelternbeiratssitzungen zu unterbreiten. Aufgaben und Rechte des Schulelternbeirats: Der Schulelternbeirat setzt sich zusammen aus den Klassenelternbeiräten, den Jahrgangselternvertretern, den Elternvertretern, den Abteilungselternbeiräten – diese werden an beruflichen Schulen mit Teilzeitunterricht etabliert – sowie ihren Stellvertretern, und den Elternvertretern der ausländischen Erziehungsberechtigten, letztere jedoch lediglich mit beratender Stimme (§ 109 HSchG). Das Organ des Schulelternbeirates übt die „Mitbestimmungsrechte der Eltern an der Schule aus“ (Hessisches Kultusministerium, 1993). Beispielsweise stehen die Entscheidungen der Schulkonferenz, welche eine gestaltende Funktion des Unterrichtswesens darstellen, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung (§ 110 II HSchG), dazu zählen auch der Beginn oder das vorzeitige Beenden eines Schulversuchs und die Umwandlung einer bestehenden Schule in eine Versuchsschule (Hessisches Kultusministerium, 1993). Zudem hat der Schulelternbeirat ein Anhörungsrecht in den Fällen, in denen der Schulleiter Maßnahmen treffen will, die für das Schulleben „von allgemeiner Bedeutung sind“, sowie vor der Auswahl zugelassener Schulbücher. In seiner aktuellen Fassung konkretisiert das Hessische Schulgesetz die Mitbestimmungs- (z. B. §§ 129 Nr. 2, Nr. 4-9 HSchG) und Anhörrechte (z. B. §§ 129 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 11, Nr. 14-15b HSchG) des Schulelternbeirates, was gegenüber früheren Fassungen eine „deutliche Stärkung der Elternmitbestimmung in den Schulen“ bedeutet (Hessisches Kultusministerium, 1993). 13

Aufgaben und Rechte der Schulkonferenz: In § 128 I HSchG ist geregelt, dass die Schulkonferenz das Organ darstellt, in dem Lehrkräfte, Eltern und Schüler zu einer gemeinsamen Beratung und Schlussfassung kommen. Die Schulkonferenz berät und entscheidet nach § 129 des Hessischen Schulgesetzes beispielsweise über das Schulprogramm oder die Mitarbeit von Eltern und anderen Personen im Unterricht und bei Schulveranstaltungen. Die Vertreter der Eltern werden vom „Schulelternbeirat aus der Mitte aller Eltern“ bestimmt (Hessisches Kultusministerium, 2009). Aufgaben und Rechte des Kreis- bzw. Stadtelternbeirats: Die Mitglieder des Kreis- bzw. Stadtelternbeirats werden getrennt nach Schulform von den Schulelternbeiräten der verschiedenen Schulformen gewählt. Insgesamt gibt es höchstens 19 Mitglieder, welche sich regelmäßig zu Sitzungen zusammenfinden, an denen auch staatliche Schulämter oder kommunale Schulträger bzw. Gäste teilnehmen können. Die Hauptaufgabe der Mitglieder des Kreis- bzw. Stadtelternbeirats besteht in der Beratung der Schulelternbeiräte. Daneben haben sie lediglich ein Anhörungsrecht, beispielsweise in Bezug auf den Schulent­ wicklungsplan des Schulträgers oder bei der Errichtung einer Versuchsschule (vgl. Hessisches Kultusministerium, 1993). Aufgaben und Rechte des Landeselternbeirats: Der Landeselternbeirat besteht aus 18 Mitgliedern, wobei alle neun Schulformen, welche in Hessen vorzufinden sind, vertreten sein müssen. Sie werden durch die Schulelternbeiräte für die Dauer von drei Jahren - getrennt nach Schulform - gewählt. Der Landeselternbeirat beruft in der Regel monatlich eine Sitzung ein, und zudem immer dann, wenn es „das Kultusministerium unter Angabe der Beratungsgegenstände verlangt“ (§ 116 X HSchG). Das Kultusministerium muss die Zustimmung des Landeselternbeirats als Vertretung aller hessischen Eltern auf Landesebene einholen, wenn es um die allgemeinen Bestimmungen der Bildungsziele und Bildungsgänge oder die Richtlinien für die Auswahl der Lehrmittel geht. Darüber hinaus hat der Landeselternbeirat nach § 120 HSchG ein Vorschlags- und Auskunftsrecht.

In

Schulformausschüsse

seinen und

Beratungen

bildet

„Kommissionen

aus

der

Landeselternbeirat

aktuellem

Anlass“,

sogenannte

die

für

das

Kultusministerium Vorbereitungen und Empfehlungen treffen. Besondere Mitwirkungsrechte von Eltern mit Migrationshintergrund: besondere Vertreter ausländischer Eltern gehören - wenn auch nur mit beratender Stimme - dem Schuleltern­ beirat an. Da dieser - wie beschrieben - bei Schulkonferenzen einen starken Einfluss hat, können diese Vertreter hier für Bürger mit Migrationshintergrund besonders relevante Themen anregen, beispielsweise das Fremdsprachenangebot in der Grundschule, welches nach § 129 Nr. 6 HSchG unter dem Zustimmungsvorbehalt des Schulelternbeirats steht.

14

Nach § 114 V-VIII HSchG können darüber hinaus auch Repräsentanten ausländischer Schüler als Gäste an den Sitzungen der Kreis- bzw. Stadtelternbeiräte teilnehmen. Auch wenn diesem Gremium auf den ersten Blick sehr geringe Aufgaben und Rechte zukommen, so können doch für Bürger mit Migrationshintergrund besonders relevante Belange über dieses Organ gestaltet werden: Für Gastredner besteht die Möglichkeit, auf Probleme hinzuweisen oder Vorschläge zu unterbreiten. Auch kann eine solche Veranstaltung der Information der Kreis- bzw. Stadtelternbeiräte dienen. Da diese - wie beschrieben - die Schulelternbeiräte beraten, können Menschen mit Migrationshintergrund ihre Belange nicht nur über die Ausländervertreter, sondern auch über dieses Gremium einfließen lassen und so möglicherweise ihre Präsenz erhöhen und ihren Anliegen Nachdruck verleihen. Weitere Aspekte: Neben den Möglichkeiten, welche sie über die oben beschriebenen Gremien wahrnehmen können, steht den Eltern zudem das Recht zu, Unterrichtsbesuche zu vereinbaren. Dies wird geregelt in § 16 V der Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter und sozialpädagogischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fassung vom 08.07.1993.

3.4

Diskussion

Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen: In beiden Bundesländern gibt es eine gesetzlich geregelte Form der Elternmitbestimmung. Diese wird in Gremien wahrgenommen, die auf der Wahl der Eltern fußen. Zudem ist in keinem der genannten Bundesländer die Wahl in eines der Gremien aufgrund einer bestimmten Staatsangehörigkeit untersagt. Die Beteiligung richtet sich somit lediglich danach, ob das Kind die Klasse besucht, egal, ob die Eltern Deutsche oder Ausländer sind. Auch wenn im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesens derzeit noch besondere Pflichten ausländischer Eltern festgelegt sind, wird es mit der für den 31.07.2009 terminierten Streichung von Art. 76 S. 2 BayEUG zu einer weiteren Angleichung der Rahmen­ bedingungen kommen.2

2

Die Rechtslage in Hessen und Bayern wurde in diesem Kapitel deshalb geschildert, weil damit die

Rahmenbedingungen für die empirischen Befunde der vorliegenden Expertise skizziert werden. Lohnend wäre jedoch auch ein Vergleich mit der Rechtslage in weiteren Bundesländern, beispielsweise Nordrhein-Westfalen. Wie Heuser (2006) anmerkt, hat dort die Schulkonferenz, an der auch Eltern beteiligt sind, eine zentrale Rolle: Sie verfügt „über die Finanzhoheit und seit neuestem auch über die Wahlhoheit für den Leiter der Schule“ (S. 36). Letzteres ist beispielsweise in Hessen so nicht der Fall. Dort gibt die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Schulträger Gelegenheit, zu Bewerbern auf die Ausschreibung Stellung zu nehmen und beauftragt dann die Schulleiterin oder den Schulleiter nach Anhörung des Schulträgers zunächst vorläufig. Vor der endgültigen Beauftragung werden zwar die Schulkonferenz und Schulträger angehört, bei Uneinigkeit entscheidet jedoch letztlich die zuständige Schulaufsichtsbehörde (vgl. § 89 HSchG).

15

Unterschiede in der Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen: Die Möglichkeit der Partizipation durch die Eltern im Allgemeinen ist in Hessen etwas stärker ausgeprägt als in Bayern. In Hessen sind die Gremien mit Elternbeteiligung auf Stadt-, Kreis- und Landesebene miteinander verflochten, so dass ein reger Austausch stattfinden kann. In Bayern fallen die Mitwirkungsrechte der Eltern im Allgemeinen eher schwächer aus. Im Landesschulbeirat haben sie lediglich acht der 40 Stimmen (Art. 73 III BayEUG), so dass man kaum von einer echten Möglichkeit zur Einflussnahme oder Durchsetzung elterlicher Belange sprechen kann. Bei Abstimmungen mit einer Zweidrittelmehrheit haben sie zudem so gut wie keine Möglichkeit, sich gegen entgegengesetzte Ansichten zu durchzusetzen. Auch die spezifische Interessenvertretung für Eltern mit Migrationshintergrund ist in Hessen stärker ausgeprägt als in Bayern. Zwar haben solche Eltern, die einen Migrationshintergrund aufweisen, aber deutscher Staatsbürgerschaft sind, weder in Hessen noch in Bayern spezifische Mitwirkungsrechte, und spezifische Mitwirkungsrechte von Eltern ohne deutsche Staatsbürgerschaft existieren in beiden Bundesländern. Allerdings gibt es bei deren Ausgestaltung zumindest graduelle Unterschiede: Immerhin besteht in Hessen durch das Gremium der Vertretung ausländischer Eltern ein eigenständiges Konstrukt, das es ausländischen Eltern ermöglicht, ihre speziellen Belange ‚gebündelter’ einfließen zu lassen. Dies eröffnet ihnen eine explizite Möglichkeit der Organisation ihrer Interessen, die im Freistaat Bayern so nicht gegeben ist. Zudem kommt ausländischen Eltern in Hessen durch ihre mögliche Vertretung im Stadtelternbeirat die Möglichkeit zu, beratend auf diesen einzuwirken. Diese Bündelung und Koordinierung dürfte zu einer stärkeren Vertretung der Belange von Eltern mit Migrationshintergrund führen, als dies in Bayern der Fall ist, wo ein solches Gremium fehlt und wo ausländische Eltern sich nicht auf gleiche Weise koordinieren können. Fazit: Trotz grundlegender Ähnlichkeiten scheinen die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Hessen dem Engagement von Elternvertretern im Allgemeinen und solchen mit nicht­ deutscher Staatsbürgerschaft im Besonderen eher zuträglich zu sein. Dort, wo in Hessen spezielle Gremien für Eltern mit Migrationshintergrund bestehen, bleiben diese allerdings solchen mit deutscher Staatsbürgerschaft verschlossen. Dies könnte deshalb von Nachteil sein, weil gerade diese Personengruppe einerseits besonders gut geeignet wäre, die Interessen von Eltern mit Migrationshintergrund zu vertreten, und sie andererseits in den „regulären“ Gremien unterrepräsentiert sein dürfte.

16

4. Anzahl und Organisationsform von Elternvertretern und Elternvereinen mit Migrationshintergrund – eine Befragung allgemeinbildender Schulen in der Metropolregion Nürnberg und dem Rhein-Main-Gebiet Marcus Friedrich und Stephan Kröner1

4.1

Fragestellung

Die hier geschilderte Erhebung hatte zum Ziel, die Anzahl von Elternvertretern mit Migrationshintergrund und deren Organisationsform an allgemeinbildenden Schulen exemplarisch für Frankfurt und Nürnberg zu erheben. Die Auswahl dieser Städte erfolgte deshalb, weil hier ein relativ hoher Anteil von Schülern und Elternvertretern mit Migrationshintergrund zu erwarten war. Da aus früheren Studien bekannt ist, dass unter diesen Bedingungen mit erhöhtem Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in der Elternarbeit zu rechnen ist (vgl. Sacher, 2007), können die Ergebnisse als konservative Schätzung der Unterrepräsentation von Eltern mit Migrationshintergrund gelten. Es wurden folgende Fragestellungen bearbeitet: (1) Wie viele Elternvertreter an Schulen haben einen Migrationshintergrund und aus welchen Ländern stammen sie bzw. ihre Vorfahren? (2) Sind die Elternvertreter mit Migrationshintergrund an allen Schulformen und beiden Untersu­ chungsorten in gleicher Weise unterrepräsentiert? (3) Wie häufig sind Vereine und Initiativen mit Beteiligung von Eltern mit Migrationshintergrund an den befragten Schulen und wie lassen sie sich kategorisieren?

4.2

Methode

Stichprobe: Es wurden alle N = 197 allgemeinbildenden städtischen Schulen in Frankfurt/Main (n = 123) und Nürnberg (n = 74) befragt. Variablen: An den befragten Schulen wurden folgende Variablen per Fragebogen erhoben: Der Prozentsatz von Schülern mit Migrationshintergrund an der Schule, Prozentsatz und Anzahl von Elternvertretern mit Migrationshintergrund an der Schule, die Herkunftsländer der Elternvertreter mit Migrationshintergrund, die an der Schule aktiven Elternvereine und sonstigen Initiativen, die Herkunftsländer der in diesen Vereinen und Initiativen engagierten Eltern und die Daten möglicher Ansprechpartner bei Fragen.

1

Beide Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

17

Vorgehensweise: Der Fragebogen wurde an die Schulleitungen verschickt, von diesen ausgefüllt und wieder zurückgesendet.

4.3

Ergebnisse

4.3.1 Rücklauf Von den N = 197 angeschriebenen Schulen aus Frankfurt/Main (123) und Nürnberg (74) haben nach zweimaligem Nachfassen N = 92 den Fragebogen zu Schülern und Eltern­ vertretern mit Migrationshintergrund sowie Elternvereinen beantwortet (n = 48 aus Frankfurt/Main und n = 44 aus Nürnberg). Dies entspricht einer Rücklaufquote von 47 Prozent (für Frankfurt/Main beträgt die Rücklaufquote 39 Prozent, für Nürnberg beträgt sie 59 Prozent). Die detaillierte Aufschlüsselung des Rücklaufs nach Schularten findet sich in Tabelle 2. Tabelle 2: Rücklauf nach Orten und Schularten

Schulart

Schulen Antworten Rücklauf Schulen Antworten Rücklauf Rücklauf Frankfurt Frankfurt Frankfurt Nürnberg Nürnberg Nürnberg Gesamt

Grundschule

71

27

38%

36

25

69%

49%

Grund- und Hauptschule

6

2

33%

8

2

25%

29%

Hauptschule

11

2

18%

11

7

64%

41%

Realschule

16

5

31%

5

3

60%

38%

Gesamtschule

12

3

25%

3

1

33%

27%

Gymnasium

18

4

22%

13

6

46%

32%

123

48

39%

74

44

59%

47%

2

Insgesamt

4.3.2 Anteil und Herkunft der Elternvertreter mit Migrationshintergrund an den befragten Schulen an den beiden Untersuchungsorten Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund: In Bezug auf die Schüler gaben die Schulen im Mittel an, ca. 49 Prozent (SD = 27) hätten einen Migrationshintergrund. Der hohe berichtete Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund im Vergleich zu dem auch in Großstädten wie Frankfurt und Nürnberg niedrigeren Anteil derartiger Schüler zeigt, dass sich vor allem Schulen mit einem hohen Migrantenanteil an der Befragung beteiligt haben. Anteil der Elternvertreter mit Migrationshintergrund: In Bezug auf die Elternvertreter gaben die Schulen im Mittel an, ca. 28 Prozent (SD = 22) hätten einen Migrationshintergrund. Wie 2

Inklusive der Antworten von fünf Schulen, die entweder auf Fragebogen und Umschlag keinen Schulnamen und

keinen Schultyp vermerkt haben oder die einen selten auftretenden Schultyp aufwiesen.

18

Tabelle 3 zeigt, sind die Elternvertreter mit Migrationshintergrund an allen Schulformen unterrepräsentiert. Dies gilt besonders für Gymnasien. Während das Verhältnis des Anteils von

Schülern

mit

Migrationshintergrund

zum

Anteil

der

Elternvertreter

mit

Migrationshintergrund an Grundschulen etwa 1.6 beträgt, beträgt es an Gymnasien lediglich 3.6. An anderen Schulen im Sekundarbereich sind Elternvertreter mit Migrationshintergrund etwas weniger stark unterrepräsentiert. Das Verhältnis des Anteils der Schüler mit Migrationshintergrund zum Anteil der Elternvertreter mit Migrationshintergrund beträgt 2.1 an Hauptschulen, 1.9 an Realschulen und 1.7 an Gesamtschulen. Insgesamt zeigt sich, dass Elternvertreter mit Migrationshintergrund umso stärker unterrepräsentiert sind, je niedriger der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Schule ist. Zahl der Elternvertreter mit Migrationshintergrund in Frankfurt/Main und Nürnberg: Die Schulen aus Frankfurt/Main gaben im Mittel an, 59 Prozent (SD = 24) der Schüler und 36 Prozent (SD = 22) der Elternvertreter hätten einen Migrationshintergrund. In Nürnberg hingegen gaben die Schulen im Mittel an, 35 Prozent (SD = 24) der Schüler und 18 Prozent (SD = 18) der Elternvertreter hätten einen Migrationshintergrund. Die Frankfurter Schulen gaben also im Mittel deutlich höhere Anteile von Schülern und Eltern mit Migrationshintergrund an als die Nürnberger Schulen. Dies kann nicht allein auf die unterschiedliche Verteilung der Schulformen hinsichtlich der Städte Frankfurt/Main und Nürnberg in der Sekundarstufe zurückgeführt werden, da auch die Frankfurter Grundschulen deutlich höhere Anteile von Schülern und Elternvertretern mit Migrationshintergrund angegeben haben als die Nürnberger Grundschulen. Während die Frankfurter Grundschulen im Mittel angaben, 60 Prozent (SD = 25) der Schüler und 40 Prozent (SD = 19) der Elternvertreter hätten einen Migrationshintergrund, gaben die Nürnberger Schulen an, dass 36 Prozent (SD = 24) der Schüler und 20 Prozent (SD =18) der Elternvertreter einen Migrationshintergrund hätten. Herkunftsländer der engagierten Elternvertreter: Insgesamt berichten n = 66 der N = 92 Schulen, dass sich Elternvertreter mit Migrationshintergrund in Gremien ihrer Schule engagieren. Insgesamt gaben die Schulen 30 verschiedene Herkunftsländer für diese Elternvertreter an. Von den 92 Schulen gaben 49 an, dass sich ein oder mehrere Elternvertreter mit türkischem Migrationshintergrund an ihrer Schule engagieren. Es gaben 26 der 92 Schulen an, dass sich ein oder mehrere Elternvertreter mit Wurzeln im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien an ihrer Schule engagieren. 19 der 92 Schulen gaben an, dass sich ein oder mehrere Elternvertreter mit Wurzeln im arabischen Raum (insbesondere mit ägyptischem, irakischem oder marokkanischem Migrationshintergrund) an ihrer Schule engagieren. 18 der 92 Schulen gaben an, dass sich ein oder mehrere Elternvertreter mit italienischem Migrationshintergrund an ihrer Schule engagieren. Zehn Schulen gaben an, 19

dass sich ein oder mehrere Elternvertreter mit spanischem Migrationshintergrund an ihrer Schule engagieren. Ebenfalls zehn Schulen gaben an, dass sich mindestens ein Elternvertreter mit polnischem Migrationshintergrund an ihrer Schule engagiert. Acht Schulen gaben an, dass sich mindestens ein Elternvertreter mit russischem Migrationshintergrund an ihrer Schule engagiert. Ebenfalls acht Schulen gaben an, dass mindestens eines der engagierten Elternteile einen griechischen Migrationshintergrund hat3. Tabelle 3: Unterrepräsentation von Eltern mit Migrationshintergrund in den Elternvertretungen an allgemeinbildenden Schulen in Frankfurt und Nürnberg (N = 92), detailliert nach Schulformen

Prozentsatz der Elternvertreter mit Migrations-hintergrund M (SD)

Verhältnis Schüler/ Elternvertreter mit Migrationshintergrund

Schulform

n

Prozentsatz der Schüler mit Migrationshintergrund M (SD)

Grundschulen Grund- und Hauptschulen Hauptschulen Realschulen Gesamtschulen Zwischensumme Sekundarbereich ohne Gymnasien4 Gymnasien Zwischensumme Sekundarbereich insgesamt Ohne Angabe der Schulart Insgesamt

52 4

50 (27) 68 (14)

31 (21) 34 (31)

1.6 2.0

9 8 4 21

66 (19) 50 (23) 48 (30) 57 (25)

32 (23) 26 (23) 29 (24) 31 (22)

2.1 1.9 1.7 1.9

10 31

27 (20) 47 (27)

7 (10) 23 (22)

3.6 2.1

5

48 (13)

33 (16)

1.5

92

49 (27)

28 (22)

1.8

Hinsichtlich der Herkunftsregion waren die Angaben einiger Schulen ungenau: Zwei Schulen beispielsweise gaben an, dass sich an ihrer Schule Eltern aus „Afrika“ engagieren, Drei Schulen gaben lediglich an, dass sich Eltern aus „Osteuropa“ an ihrer Schule engagieren. In Tabelle 4 sind die Ergebnisse dargestellt, wobei bei einigen der nicht in der Expertise berücksichtigten Länder eine Aggregierung nach Herkunftsregionen vorgenommen wurde. Die aus den Rängen in Tabelle 4 berechnete Spearman-Rangkorrelation zwischen 3

Die Absolutzahl der Elternvertreter aus den genannten Herkunftsregionen an den befragten Schulen lässt sich

aufgrund ungenauer Angaben der antwortenden Schulen nicht verlässlich ermitteln 4

Ohne kombinierte Grund- und Hauptschulen

20

Rangplatz in der Stichprobe und Rangplatz bezüglich des Migrantenanteils in Deutschland von ρ = .76 (p < .01) zeigt, dass die Verteilung der Elternvertreter mit Migrationshintergrund auf die Herkunftsregionen in der Stichprobe weitgehend der entsprechenden Verteilung in der Bevölkerung Deutschlands entspricht. Tabelle 4: Häufigkeit/Rangplatz der Nennung von Elternvertretern mit Migrationshintergrund an den befragten Schulen nach Herkunftsregionen, sowie zugehörige Rangplätze bzgl. des Migrantenanteils in Deutschland (vgl. Statistisches Bundesamt, 2006)

Häufigkeit der Nennung

Rang in der Stich­ probe

Rang bzgl. Migranten­ anteil in Deutschland

Zusammenfassung der Art des Migrationshintergrundes

Angaben der Schulen zum Migrationshintergrund

Türkei

Türkei

49

1

1

ehemaliges Jugoslawien

Bosnien, Kroatien, Serbien, „ehemaliges Jugoslawien“, „Jugoslawien“

26

2

2

Osteuropa ohne Russland

Rumänien, Polen, Ukraine, Ungarn, „Osteuropa“

25

3

3

arabischer Raum

Ägypten, Irak, Marokko

19

4

9

Italien

Italien

18

5

4

Amerika und EU-Länder ohne Spanien, Italien und Griechenland

Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Portugal, USA

12

6

5

Spanien

Spanien

10

7

11

Zentralasien und Indien

Afghanistan, Iran, Indien, Pakistan, Mongolei

10

8

7

Russland

Russland

8

9

10

Griechenland

Griechenland

8

10

6

Südostasien

China, Japan, Sri Lanka, Vietnam

6

11

8

Afrika

„Afrika“

2

12

12

Anmerkung: kursiv = in der vorliegenden Expertise berücksichtigte Länder

4.3.3 Vereine und Initiativen mit Beteiligung von Eltern mit Migrationshintergrund an den befragten Schulen Ergebnis der Erhebung der Zahl der an Schulen aktiven Vereine und Initiativen und Zahl der Vereine/Initiativen mit Migrationsbezug: Von den insgesamt N = 92 Schulen gaben 60 an, dass sich an Ihrer Schule überhaupt Vereine, Projekte oder Initiativen engagieren. Davon gaben wiederum 37 Schulen, also mehr als ein Drittel der Gesamtstichprobe, an, dass sich 21

in diesen Organisationen auch Menschen mit Migrationshintergrund engagieren. Insgesamt nannten die Schulen 84 verschiedene Organisationen, die sich an Schulen engagieren. Bei 47 Organisationen, also der Mehrheit der Fälle, handelt es sich um „klassische“, themenübergreifende schulische Fördervereine, in denen oft zwar auch Eltern mit Migrationshintergrund engagiert sind, die aber keinen expliziten Bezug auf migrations­ spezifische Themen aufweisen. 33 der angegebenen Organisationen haben jeweils einen thematischen Schwerpunkt, der keinen expliziten Bezug zu migrationsspezifischen Themen aufweist, beispielsweise die Themen Mittagsbetreuung, Sozialarbeit oder die Etablierung einer Ganztagsschule. Lediglich 9 der 84 genannten Organisationen setzen sich primär mit Eltern mit Migrationshintergrund und deren Interessen auseinander. Dabei handelte es sich in der Regel um von staatlicher Seite aus initiierte Projekte. Zwei Schulen nannten „Mama lernt Deutsch“, eine Schule das Projekt „HIPPY“, eine Schule das Projekt „KommMIT“, eine Schule die „Ausbildungsorientierte Elternarbeit (AOE)“ als an ihrer Schule engagierte Organisationen. Über diese Projekte hinaus nannte eine Schule einen Förderverein des bilingualen Zweigs ihrer Schule, eine Schule gab einen Zusammenschluss von 30 Eltern mit Migrationshintergrund an, die an der Schule Übersetzungsdienste anbieten, und eine Schule mit spanisch-deutschem Schwerpunkt schließlich nannte zwei Vereine, die sich für die Vermittlung der spanischen Sprache an Schulen einsetzen. Von den neun Organisationen, die sich insbesondere der Eltern mit Migrationshintergrund und ihrer Interessen annehmen, sind fünf in Frankfurt und vier in Nürnberg aktiv. In Vereinen engagierten Eltern mit Migrationshintergrund in Frankfurt/Main und Nürnberg: 27 von 44 Schulleitungen der befragten Nürnberger Schulen gaben an, dass sich an ihrer Schule Eltern mit Migrationshintergrund in Vereinen und Initiativen an ihrer Schule engagieren. Dies entspricht einem Anteil von fast zwei Drittel der antwortenden Nürnberger Schulen. Von den Schulleitungen der 48 Frankfurter Schulen gaben dagegen nur zehn an, dass sich an ihrer Schule Eltern mit Migrationshintergrund in Vereinen engagieren. Dies entspricht lediglich etwa einem Fünftel der antwortenden Frankfurter Schulen.

4.4

Diskussion

Zentrale Ergebnisse: Die Befragung steht im Einklang mit bekannten Ergebnissen zur Unterrepräsentation von Schülern mit Migrationshintergrund an Gymnasien. Die Ergebnisse zum Anteil der Elternvertreter mit Migrationshintergrund zeigen anders als die Ergebnisse von Sacher (2007) darüber hinaus, dass Eltern mit Migrationshintergrund auch in Elternvertretungen an Schulen mit hohem Migrantenanteil unterrepräsentiert sind, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß. Die Ergebnisse zur Herkunft der Elternvertreter zeigen, dass sich die Herkunftsländer der engagierten Eltern mit Migrationshintergrund in etwa so auf Herkunftsländer und 22

Herkunftsregionen verteilen, wie dies dem Anteil der Bürger dieser Herkunftsländer in Deutschland entspricht. Ebenso wie in Deutschland die meisten Menschen mit Migrations­ hintergrund türkische Wurzeln haben, gilt dies auch für die meisten Elternvertreter mit Migrationshintergrund. Die hier diskutierten Ergebnisse zum Engagement in der Elternarbeit scheinen also Befunde aus anderen Bereichen nicht zu replizieren, wonach Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland am schlechtesten integriert seien (BerlinInstitut für Bevölkerungsentwicklung, 2009). Die Ergebnisse zu den an Schulen aktiven Vereinen und Initiativen von Bürgern mit Migrationshintergrund zeigen, dass darin an mehr als einem Drittel der befragten Schulen Eltern mit Migrationshintergrund engagiert sind. Es fällt allerdings auf, dass nur sehr wenige Vereine genannt wurden, die sich vorrangig mit den besonderen Interessen von Eltern mit Migrationshintergrund beschäftigen. Angesichts der großen Zahl existierender Vereine und Initiativen von Menschen mit Migrationshintergrund in Großstädten wie Frankfurt und Nürnberg mag die geringe berichtete Zahl an Schulen aktiver Organisationen mit migrationsspezifischer Ausrichtung insbesondere in Frankfurt erstaunen. Dies lässt sich möglicherweise wie folgt erklären: Formal gibt es zwar eine größere Zahl von Migranten­ vereinen, deren Arbeit teilweise auch Bildungsbezug aufweist, aber real sind diese an den Schulen oft nicht aktiv, und zudem sind sie telefonisch oft nicht erreichbar. Dies entspricht auch informellen Beobachtungen im Rahmen der Vorbereitung der in Kapitel 5 dargestellten Interviews. Hier waren Vereine von Menschen mit Migrationshintergrund sehr oft nicht unter den Telefonnummern zu erreichen, die auf Internetseiten, bei Schulen und städtischen Einrichtungen hinterlegt sind. Zuweilen war auch eine deutschsprachige Version des Internetauftritts nicht verfügbar oder sie war nicht funktionsfähig. Die Beobachtungen zur schwierigen Erreichbarkeit decken sich auch mit entsprechenden Aussagen von Vertretern des Amts für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) in Frankfurt/Main. Auch dann, wenn die Vereine prinzipiell erreichbar sind, ist eine kurzfristige telefonische Kontaktaufnahme ohne Sprachkenntnisse des jeweiligen Herkunftslandes oft nicht erfolgreich. Dieser Umstand dürfte es selbst Kooperation suchenden Schulen erschweren, Migrantenvereine im Bedarfsfall zu kontaktieren um deren Engagement an den Schulen zu initiieren oder zu vertiefen. Die in diesem Kapitel berichtete empirische Erhebung gibt noch keine Antwort auf die Frage, welche Faktoren sich förderlich bzw. hemmend auf das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund auswirken, und welche Schwerpunkte sie in ihrer Arbeit setzen. Dies gehört zu den Fragen, die in der im Folgenden dargestellten qualitativen Interviewstudie bearbeitet wurden.

23

5. Elternvertreter mit Migrationshintergrund: Gründe für das Engagement, Strategien und Schwerpunkte der Arbeit, Probleme und Verbesserungsvorschläge – eine qualitative Interviewstudie Stephan Kröner, Eva Fritzsche und Marcus Friedrich1

5.1

Fragestellung

Ziel der hier berichteten empirischen Untersuchung des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund war es, Lücken der bestehenden Forschung zu schließen, so dass empirisch fundierte Empfehlungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund gegeben werden können. Zu diesem Zweck sollen in der Untersuchung folgende Fragen erörtert werden: (1) Welche Faktoren wirken sich förderlich bzw. hinderlich auf das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen aus? (2) Welches sind die Schwerpunkte der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund? (3) Welchen Strategien folgt die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund überwiegend? (4) Welche Probleme gibt es bei der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund? (5) Welche Verbesserungsmöglichkeiten gibt es aus Sicht der befragten Elternvertreter für die Zusammenarbeit?

Diese

Fragestellungen

wurden

über

qualitative

Interviews

von

Elternvertretern mit Migrationshintergrund untersucht.

5.2

Methode

5.2.1 Stichprobe und Untersuchungsplan Für die Expertise wurden insgesamt N = 34 Elternvertreter mit Migrationshintergrund interviewt, die sich an allgemeinbildenden deutschen Schulen in der Metropolregion Nürnberg sowie im Rhein-Main-Gebiet engagieren. Diese Regionen wurden ausgewählt aufgrund ihres vergleichbar hohen Anteils von Bürgern mit Migrationshintergrund (z. B. Frankfurt/Main, 38%; Nürnberg, 36%), bei gleichzeitig unterschiedlicher Gestaltung der Bildungspolitik und unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Elternarbeit.

1

Alle Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Wir

danken Dipl.-Päd. Piia af Ursin, Stephanie Bareth, Laura Deinzer, Catharina Jochum, Monique Merz, Eva Siebert und Dipl.-Psych. Anamaria Vladut für die Unterstützung bei der Interviewtranskription und Interviewauswertung.

24

N = 25 dieser Interviews wurden später mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Die restlichen Interviews wurden für die vorliegende Expertise zunächst nicht ausgewertet, da zwischen Interviewführung und Auswertung weitere Interviews hinzukamen, die im Hinblick auf die Art des Migrationshintergrunds der Befragten oder die Schulform, an der sie engagiert waren, den Vorgaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge für die Expertise besser entsprachen. Die Zahl der Interviews ergibt sich aus Empfehlungen in der einschlägigen Literatur (vgl. Francis et al., 2004). Es wurden Interviews von jeweils zwischen vier und sieben Elternvertretern verschiedener Herkunftsländer ausgewertet. Dabei handelt es sich um Personen, die selbst oder deren Eltern in der Türkei, in Russland, Italien, Spanien oder dem arabischen Raum geboren wurden. Bei den ausgewählten Herkunftsländern handelt es sich um solche, die einerseits den größten Migrantengruppen in Deutschland entsprechen und die andererseits im Fokus des Interesses des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge standen. Zudem wurde eine möglichst ausgewogene Verteilung auf die Schulformen angestrebt. Diese wurde für die weiterführenden Schulen weitgehend erreicht, lediglich die Grundschulen waren in der Stichprobe häufiger vertreten (vgl. Tabelle 5). Dies erscheint jedoch angesichts der im Allgemeinen sehr großen Zahl an Grundschulen und damit auch großen absoluten Zahl von Elternvertretern mit Migrationshintergrund an dieser Schulform gerechtfertigt. Es wurden 13 der ausgewerteten Interviews in der Metropolregion Nürnberg durchgeführt und 12 im Rhein­ Main-Gebiet. Die Interviewpartner, deren Interviews ausgewertet wurden, waren zwischen 26 und 60 Jahren alt (M = 41.2; SD = 7.5). Acht der Befragten waren männlich, 17 weiblich. Von den Befragten lebten 15 in der ersten Generation in Deutschland, und zwar zum Zeitpunkt des Interviews zwischen 5 und 41 Jahre (M = 26.5; SD = 13.9). Sieben der Befragten lebten in der zweiten Generation hier, für drei der Befragten lagen hierzu keine Angaben vor. Hinsichtlich des höchsten erworbenen Schulabschlusses gaben drei der Befragten einen Hauptschulabschluss, sieben einen Realschulabschluss, einer ein Fachabitur, fünf das Abitur und ebenfalls fünf einen Hochschulabschluss an. Für vier der Befragten lagen keine Angaben zum formalen Bildungsgrad vor.

25

Tabelle 5: Verteilung der Befragten Eltern mit Migrationshintergrund hinsichtlich der Herkunftsländer und der von den Kindern besuchten Schularten

Grundschule

Italien

Spanien

Russland

Arabischer Raum

Türkei

I2F, I6N

S3F, S1N

R1N

A1N, A3F

T7F

8

S2N

R4N

T4N, T6N

4

R2N

T3N, T1N

4

A2F

T2N

5

A4F

T5F

4

4

7

25

Hauptschule Realschule

I4F

Gymnasium

I3F

Gesamtschule

S4F

R3N

I1F, I5F 6

Anzahl

4

4

Anzahl

Anmerkung: Die Kürzel bezeichnen die Interviews. Der erste Buchstabe bezeichnet die Herkunftsregion (Arabischer Sprachraum, Italien, Russland, Spanien, Türkei), der zweite die Interviewnummer, der dritte den Ort des Interviews (F = Rhein/Main-Gebiet, N = Metropol­ region Nürnberg)

5.2.2 Instrumente: Strukturiertes Interview mit Elternvertretern mit Migrationshintergrund Zur Erfassung der Gründe für ein Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in der Schule wurden teilstandardisierte, problemzentrierte Interviews durchgeführt (vgl. Mayring, 2007). Das Interview war entsprechend den Fragestellungen in fünf Themenblöcke gegliedert: (1) Faktoren, die sich förderlich bzw. hinderlich auf das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen auswirken, (2) Schwerpunkte der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund, (3) Strategien der Zusammenarbeit zwischen

Schulen

und

Eltern

mit

Migrationshintergrund

(4)

Probleme

bei

der

Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund und (5) Verbesserungsmöglichkeiten für die Zusammenarbeit.

5.2.3 Vorgehensweise Gewinnung der Interviewpartner: Zur Gewinnung der Interviewpartner wurden zunächst die Schulen, sowie Vereine und städtische Stadtteilbüros befragt. Auf diesem Weg konnten jedoch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit nur wenige an Schulen engagierte Eltern mit Migrationshintergrund ermittelt werden: Den Verantwortlichen in den Vereinen waren in der Regel entweder keine entsprechenden Personen bekannt oder sie gaben zwar unsere Kontaktdaten an entsprechende Elternvertreter weiter, woraufhin jedoch in der Regel auch auf mehrmaliges Nachfragen hin keine Rückmeldungen kamen. Über die Schulen Kontakt zu Elternvertretern mit Migrationshintergrund aufzubauen war aufgrund von Datenschutzbestimmungen ebenfalls kaum möglich. Daher wurden weitere Möglichkeiten 26

zur Gewinnung von Interviewpartnern herangezogen: Einige Kontakte wurden über das Frankfurter Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) und das Nürnberger Inter-KulturBüro hergestellt. Als erfolgreichste Methode zur Gewinnung von Interviewpartnern hat sich aber schließlich erwiesen, die Vorsitzenden der Elternbeiräte einzelner Schulen im Internet zu ermitteln, diese direkt anzurufen und nach Elternvertretern mit Migrationshintergrund zu fragen. Durchführung der Interviews: Die Interviews wurden von zuvor mit dem Interviewleitfaden geschulten Interviewerinnen geführt. Die Interviewpartner wurden vorab gefragt, ob sie mit einer Aufzeichnung der Interviews einverstanden sind, und die Interviews wurden per Diktiergerät aufgezeichnet. Lediglich ein Interviewpartner war mit einer Aufzeichnung per Diktiergerät nicht einverstanden. In diesem Fall wurden die Aussagen mitgeschrieben. Die Wünsche der Interviewpartner nach dem Ort der Interviewdurchführung wurden berück­ sichtigt. Dies war in der Regel die Wohnung der Interviewpartner.

5.2.4 Auswertung Der erste Teil der Auswertung erfolgte in Anlehnung an die bei Mayring (2007) beschriebene Vorgehensweise. Die einzelnen Interviews wurden in einem ersten Schritt wörtlich transkribiert. Im zweiten Schritt erfolgte eine sprachliche Glättung, im dritten Schritt die Aufteilung in Paraphrasen. Diese wurden anschließend den Kategorien eines vorläufigen Kodierschemas

zugewiesen,

welches

fortlaufend

ergänzt

und

im

Sinne

eines

Kodierleitfadens mit Ankerbeispielen versehen wurde. In Zweifelsfällen erfolgte eine konsensuale Validierung im Rahmen des Projektteams. Um die Urteilerübereinstimmung feststellen zu können, wurde die Kategorisierung von zwei unabhängigen Kodierern vorgenommen. Für Details zur Auswertung und zur Urteilerübereinstimmung siehe Friedrich und Kröner (2009). Im Folgenden werden die Kategorien des Kodierschemas als ein zentrales Ergebnis der vorliegenden Untersuchung dargestellt. In Klammern ist jeweils angegeben, wie viele der 25 Befragten sich entsprechend geäußert haben. Anhand dieser Ergebnisse lassen sich die Fragegestellungen größtenteils bereits beantworten.

5.3

Ergebnisse nach Themenbereichen

5.3.1 Förderliche und hinderliche Bedingungen für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen Die zentralen Ergebnisse zu den förderlichen und hinderlichen Bedingungen für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen werden im Folgenden dargestellt. Die vollständigen Ergebnisse zu den Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispiele finden sich in Tabelle 12 im Anhang. Die Rahmenbedingungen wurden in vier 27

Hauptkategorien unterteilt. Drei davon basieren auf der Theorie des geplanten Verhaltens: Die Einstellung gegenüber dem Engagement (n = 24 Nennungen), die soziale Norm hinsichtlich des Engagements (n = 19) und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (n = 24) in Bezug auf ein Engagement (vgl. Ajzen, 2005). Als vierte Hauptkategorie kommt entsprechend den Ergänzungen von Conner und Armitage (1998) die Kategorie Gewohnheit hinzu (n = 5). Einstellung: Die Einstellung lässt sich nach Eccles et al. (1983) nochmals unterteilen. Als erste Unterkategorie der Einstellung findet sich der intrinsische Wert des Engagements (n = 22). Hier geben die engagierten Eltern an, dass ihnen dieses Engagement Spaß mache, dass sie es interessant fänden und dass sie keine Angst davor hätten. Es werden jedoch, insbesondere in Bezug auf weniger engagierte Eltern mit Migrationshintergrund, auch allgemeine Ängste vor dem Engagement oder Ängste vor einer Blamage wegen mangelnder Deutschkenntnisse sowie fehlendes Interesse als für ein Engagement hinderliche Faktoren angegeben. In Bezug auf die zweite Unterkategorie, altruistische Erwägungen/Bedeutung für den Selbstwer (n = 21), geben die Eltern an, dass sie sich engagierten, weil sie etwas für die Schule ihrer Kinder tun wollten und sie Elternengagement gut fänden, sie bezeichnen sich als „soziale Menschen“, und sie berichten, dass sie sich entweder aus eigener Initiative engagierten, oder sich dazu überreden ließen, weil sich sonst keiner dazu bereit erklärt habe. Teilweise sehen sie sich auch ihrer besonderen Rolle als Menschen mit Migrationshintergrund und ihrem damit einhergehenden Wissen und ihren Möglichkeiten in einer besonderen Verantwortung für die anderen Eltern mit Migrationshintergrund verpflichtet. Darüber hinaus motiviert sie das Ziel, Eltern mit niedrigem Bildungsniveau zu unterstützen. Als dritte Unterkategorie stehen ganz handfeste Erwägungen zu Nutzen und Vorteilen des Engagements dem intrinsischen Wert des Engagements und den altruistischen Erwägungen zur Seite (n = 20): Die befragten Eltern versprechen sich von ihrem Engagement mehr Informationen über das Geschehen in Schule und Unterricht, und sie erwarteten sich den Aufbau vieler Kontakte zu den Lehrkräften und zu anderen Eltern. Diesen möchten sie durchaus auch zum Vorteil ihrer eigenen Kinder und zur Verbesserung der eigenen Sprachkenntnisse nutzen. Als vierte und letzte Unterkategorie der Einstellung werden Kosten des Engagements im Sinne entgangener Alternativen thematisiert, wenn auch nur in einem einzelnen Interview. Dies mag darauf zurückgehen, dass ausschließlich engagierte Eltern befragt wurden, welche diese Kosten zumeist schon aus Gründen der Reduktion kognitiver Dissonanzen ausblenden dürften. Soziale Norm: Hinsichtlich der Personengruppen, die das Engagement der engagierten Elternvertreter aus deren Sicht wertschätzen, lassen sich drei Unterkategorien bilden. Dabei handelt es sich um andere Eltern (n = 12), Lehrkräfte/die Schulleitung (n = 10) und nicht näher bezeichnete weitere Personen (n = 6). 28

Wahrgenommene Verhaltenskontrolle: Bei der ersten Unterkategorie der wahrgenommen Verhaltenskontrolle handelt es sich um unzureichende Selbstwirksamkeit/Kompetenzen (n = 22). In diesem Zusammenhang werden mangelnde Deutschkenntnisse, mangelnde Qualifikation zur Elternarbeit durch die eigene (Aus-)Bildung und fehlende Kompetenz bei der Durchsetzung von Interessen ebenso genannt wie die Unbekanntheit der in Deutschland üblichen Elternarbeit in den Herkunftsländern oder die fehlende Möglichkeit zum Erzielen von Effekten für die Schule. Im Zusammenhang mit der zweiten Unterkategorie zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle, der subjektiven Kontrollierbarkeit (n = 20) der wahrgenommenen Rahmenbedingungen für ein Engagement werden Zeitmangel, fehlendes Wissen über Möglichkeiten der Elternarbeit, sowie die Beobachtung, dass sich nur wenige andere Eltern mit Migrationshintergrund engagieren, genannt. Darüber hinaus dürften die in Abschnitt 5.3.4 unter der Rubrik „Probleme der Zusammenarbeit“ genannten Punkte weitere hinderliche

Aspekte

für

ein

Engagement

von

Eltern

darstellen.

Als

positive

Rahmenbedingungen wird von den Eltern genannt, dass sie Zeit hätten, dass kein großer Aufwand nötig sei und dass sich auch andere Eltern mit Migrationshintergrund engagierten. Gewohnheit: Ein Teil der Elternvertreter (n = 5) berichtet, dass sie sich aus Gewohnheit engagieren würden, einige der befragten Elternvertreter waren bereits im Elternbeirat des Kindergartens engagiert.

5.3.2 Schwerpunkte des Engagements Die zentralen Ergebnisse zum Thema „Schwerpunkte des Engagements“ werden im Folgenden dargestellt. Die vollständige Liste der Kateogrien, Unterkategorien und Ankerbeispiele findet sich in Tabelle 13 im Anhang. Die gewählten Hauptkategorien basieren auf einer Adaptation der von Bernitzke und Schlegel (2004) angeführten Aspekte von Elternarbeit. Es handelt sich dabei um die Kategorien „Beratung, Information und Bildung“ (n = 18 Nennungen), „’persönliche’ Mitarbeit/Gestaltung des Schullebens“ (n = 17) und „institutionelle Mitarbeit/’Schulpolitik’“ (n = 22) und eine als „sonstiges“ bezeichnete Restkategorie für sehr globale Aussagen zu Engagement-Schwerpunkten (n = 17). Beratung, Information und Bildung: Innerhalb dieser ersten Kategorie wird nochmals nach Kooperationspartnern in Unterkategorien differenziert. Es handelt sich hierbei erstens um Schulleitung und Lehrkräfte (n = 7). Dabei werden deren Kenntnisse über kulturelle Besonderheiten wie religiöse Feiertage und deren entsprechende Einstellungen sowie das „coaching“

von

Lehrkräften

thematisiert.

Weiterhin

werden

andere

Eltern

als

Kooperationspartner angeführt (n = 11). Hier werden die Kontakte zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Schulleitung, die schulbezogenen Probleme der Eltern mit Migrationshintergrund

und

Kenntnisse

und

Einstellungen

von

Eltern

ohne

Migrationshintergrund zu kulturellen Besonderheiten von Familien mit Migrationshintergrund 29

sowie die Informationsweitergabe von Elternbeiratssitzungen an andere Eltern angeführt. Auch Schüler mit Migrationshintergrund werden von den befragten Elternvertretern als Kooperationspartner genannt (n = 5). Hier steht deren Beratungsbedarf bei Problemen ebenso im Blickpunkt wie die Vermittlung von Schülerpatenschaften und Ausbildungsplätzen sowie das Anbieten extracurricularer Angebote. Neben den genannten Punkten, die eher individuelle Kontakte beinhalten, bilden auch das Angebot institutionalisierter Kurse für Eltern mit

Migrationshintergrund

einen

Schwerpunkt

der

Elternarbeit

von

Eltern

mit

Migrationshintergrund (n = 3), in denen sie beispielsweise über das deutsche Schulsystem und die Rolle der Eltern darin informieren. „Persönliche“ Mitarbeit/Gestaltung des Schullebens: Zu dieser zweiten Kategorie hinsichtlich der Engagement-Schwerpunkte gibt es keine weiteren Unterkategorien. Es geht hier zunächst um die aktive Partizipation an Ereignissen des Schullebens wie Klassenausflügen mit Elternbeteiligung, Flohmärkten, Festen und Elternstammtischen, aber auch um die persönliche Mithilfe bei der Verbesserung von Schulgebäude und Ausstattung, beispiels­ weise bei der Bepflanzung des Schulhofs. Darüber hinaus sind in diesem Kontext auch Aktivitäten mit erkennbarem Bezug zum Thema Migration einzuordnen, beispielsweise in Form der Organisation eines russischen Weihnachtsfests. Institutionelle Mitarbeit und Schulpolitik: Auch in dieser dritten Kategorie der EngagementSchwerpunkte wird nicht nach weiteren Unterkategorien differenziert. Hier wird berichtet, dass sich die Elternvertreter für Verbesserungen der Schulgebäude und ihrer Ausstattung einsetzen, beispielsweise für eine Renovierung der Toiletten, die bessere Anpassung der Busfahrpläne an die Unterrichtszeiten, sowie eine Anschaffung von Spielgeräten oder Schließfächern. Auch die Personalsituation an den Schulen wird als Schwerpunkt des Engagements thematisiert, dabei geht es nicht nur um Lehrkräfte, sondern auch um Schulsozialarbeiter, die unter Anderem Menschen mit Migrationshintergrund in deren Muttersprache beraten sollen, sowie die Bereitstellung von Dolmetschern. Es werden in dieser Kategorie aber auch stärker unterrichtsbezogene Themen berichtet, wie der Einsatz für die Einführung einer Ganztagsschule, für die Sprachförderung in der Muttersprache oder für Deutsch als Zweitsprache. Sonstiges: Neben den genannten Punkten finden sich auch sehr global gehaltene Äußerungen wie „Einsatz für die Belange der eigenen Kinder“, „Einsatz für die Belange aller Schüler mit Migrationshintergrund“, „Einsatz für die Belange aller Kinder“ oder der Einsatz für ein „friedliches Zusammenleben aller Nationalitäten in der Schule“ sowie für eine „Allgemeine Förderung der Zusammenarbeit“. Diese wurden in einer Restkategorie zusammengefasst.

30

5.3.3 Strategien des Engagements

Die zentralen Ergebnisse zu den Strategien des Engagements für die Belange von Eltern mit Migrationshintergrund sind im Folgenden zusammengefasst. Die vollständigen Ergebnisse zu den Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispielen finden sich in Tabelle 14 im Anhang. Als Hauptkategorien werden dabei allgemeine (n = 23) und bereichsspezifische (n = 24) Strategien unterschieden. Innerhalb der allgemeinen Strategien wird nicht weiter nach Unterkategorien differenziert. Hier werden eher informelle, punktuelle Strategien wie die Zusammenarbeit mit einzelnen Lehrkräften oder das Engagement an der Schule auch als Nicht-Elternvertreter genannt. Letzteres reicht vom Spenden von Essen für Feste bis hin zum Einsatz als Dolmetscher für andere Eltern mit Migrationshintergrund. Den Schwerpunkt bilden allerdings stärker auf Institutionalisierung basierende oder abzielende Strategien wie die Mitarbeit in Eltern­ vertretungen, Elternvereinen, Fördervereinen und Migrantenvereinen, deren Vernetzung mit Elternvereinen und der Schule sowie das Gründen eines Fördervereins oder einer Stiftung. Schließlich ist hier auch das Engagement Dritter einzuordnen, beispielsweise von öffentlichen, semiwirtschaftlichen und karitativen Organisationen wie Ämtern für Migration, bfw (Berufliche Fortbildungswerke) oder Kolpingzentrum. Die bereichsspezifischen Strategien verteilen sich auf die Unterkategorien „Prävention und Lösung von Konflikten“ (n = 20), „Beratung, Information und Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund“ (n = 15), „Service“ für Eltern mit Migrationshintergrund“ (n = 9), „Mitarbeit“, d.h. Mithilfe/Beteiligung am Schulleben (n = 14) und Initiierung von Projekten (n = 6). Im Rahmen der Prävention und Lösung von Konflikten (n = 20) bestehen die Strategien darin, sich informieren zu lassen, beispielsweise von Lehrkräften über Probleme im Unterricht oder von Eltern über deren schulbezogene Probleme; Eltern, Lehrkräfte und Schulleitung auf Probleme hinzuweisen, beispielsweise auf Wünsche der Eltern wie den, einen Notenschlüssel auf Arbeiten zu schreiben; Lehrkräfte und Schulleitung über Themen wie kulturelle Besonderheiten von Menschen mit Migrationshintergrund hinzuweisen und damit einhergehend um Verständnis bei Lehrkräften und Schulleitung zu werben (z. B. für die geringe Motivation von muslimischen Schülern an deren religiösen Feiertagen). Darüber hinaus sehen die Elternvertreter wichtige Strategien darin, die Lehrkräfte und die Schulleitung zu kontrollieren, aber auch bei Streitigkeiten zwischen Eltern und Schulleitung zu vermitteln. Im Rahmen der Beratung, Information und Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund (n = 15) bestehen die Strategien einerseits darin, Eltern mit Migrationshintergrund informell zu informieren und weiterzubilden, beispielsweise über Themen wie Schullandheimfahrten, 31

die Übertrittsentscheidung und elterliche Mitwirkungsrechte im Allgemeinen, andererseits in der Organisation institutionalisierter Informationsveranstaltungen für Eltern mit Migrations­ hintergrund, beispielsweise Seminare und Elternkurse. Es geht darüber hinaus darum, bei Eltern mit Migrationshintergrund für Interesse am Schulleben ihrer Kinder zu werben, andere Eltern zu ermutigen, auf Lehrkräfte oder die Schulleitung zuzugehen, und zwar sowohl bei Problemen als auch ohne konkreten Anlass, Eltern mit Migrationshintergrund Anstoß zum Handeln bei eigenen Problemen zu geben und sie auch zur organisierten Mitarbeit zu bewegen. Das Anbieten spezifischer „Service-Leistungen“ für Eltern mit Migrationshintergrund (n = 9) zählt ebenfalls zu den Strategien der Zusammenarbeit. Hier spielten Übersetzertätigkeiten ebenso eine Rolle wie das Stellen migrationsbezogener Anfragen an die Schulen oder die Unterstützung der Eltern mit Migrationshintergrund bei Problemen mit Lehrkräften und Schulleitung, direkt und als verfügbarer Ansprechpartner. In der Unterkategorie „Mithilfe/Beteiligung am Schulleben“ (n = 14) geht es um aktive Mithilfe bei Gelegenheiten wie Sommerfesten, der Einschulung, der Begleitung bei Schulausflügen oder der Organisation von Elternbeiratssitzungen. Darüber hinaus besteht eine Strategie darin, andere Eltern zur Mitarbeit zu bewegen, also Dinge anzustoßen und in die Hand zu nehmen. Allerdings berichten die Elternvertreter auch über eher passive Strategien wie das „zur Verfügung stehen“ auf Anfragen der Schule zur Mitarbeit. Weitere Unterkategorien sind die Initiierung von Projekten (n = 6) hier werden Projekte ohne Migrationsbezug, beispielsweise zur Optimierung des Busfahrplans oder zur Toiletten­ renovierung ebenso genannt wie solche mit Migrationsbezug, wie die Einrichtung eines „türkischen Tags“, die Organisation internationaler Kinderfeste oder von gemeinsamen Klassenausflügen von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund. Die Initiierung solcher Projekte stellt vermutlich eine verbreitete Strategie der Zusammenarbeit dar, allerdings wird an ihrer Schilderung deutlich, dass sich diese (und andere Strategien) inhaltlich nicht immer ganz leicht ohne gleichzeitige Berücksichtigung der damit einhergehenden inhaltlichen Schwerpunkte der Zusammenarbeit betrachten lassen.

5.3.4 Probleme der Zusammenarbeit Im Folgenden werden zentrale Ergebnisse zu den in den Interviews genannten Problemen bei der Zusammenarbeit zusammengefasst. Die vollständigen Ergebnisse zu den Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispielen finden sich in Tabelle 15 im Anhang. Als Hauptkategorien finden sich hierbei Probleme mit Schulleitung und Lehrkräften (n = 24), solche mit Eltern mit Migrationshintergrund (n = 24), Probleme mit Eltern ohne Migrationshintergrund (n = 13) sowie allgemeine Probleme (n = 14). 32

Probleme mit Lehrern und Schulleitung: In der ersten Unterkategorie der Probleme, die auf Schulleitung und die Lehrkräfte attribuiert werden, finden sich Vorbehalte gegenüber Eltern mit Migrationshintergrund (n = 16), wie fehlende Offenheit gegenüber den Anliegen der Elternvertreter, fehlendes Interesse für deren Belange und Lebensverhältnisse oder Vorurteile und Vorbehalte gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen. Elternvertreter mit Migrationshintergrund erfahren aber auch positive Einstellungen von Seiten der Lehrkräfte und Schulleitungen, wie Offenheit gegenüber ihrer Person und ihren Anliegen, Interesse für ihre Lebensverhältnisse sowie Wertschätzung ihres Engagements. Als zweite Unterkategorie zu Problemen mit Lehrern und Schulleitung berichten die interviewten Elternvertreter über verschiedene Aspekte unprofessioneller Elternarbeit (ohne expliziten Migrationsbezug) durch Lehrkräfte und Schulleitungen (n = 18). In Bezug auf die Lehrkräfte werden folgende Aspekte genannt: fehlende Orientierung an den Bedürfnissen der

Eltern,

zu

hohe

Erwartungen

an

die Eltern,

beispielsweise

in

Bezug

auf

Hausaufgabenbetreuung, unzureichende Information der Eltern sowie eine schlechte Erreichbarkeit der Lehrkräfte für die Eltern. Die Schulleitung betreffend werden folgende Punkte problematisiert: ein zu geringer Einfluss der Eltern und das „Decken“ von Lehrkräften bei Problemen. Über derartige konkrete Anlässe hinaus sehen die befragten Elternvertreter es als Problem an, wenn die Schulleitung, die Lehrkräfte und die Eltern zu wenig Kontakt hielten. Als dritte Unterkategorie zu Problemen mit Lehrern und Schulleitung werden Probleme in Bezug auf die Elternarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund im Besonderen genannt (n = 24). In diesem Zusammenhang wird kritisiert, dass die Lehrkräfte mangelnde Deutschkenntnisse der Eltern nicht berücksichtigten, dass die Schulleitung das Engagement dieser Eltern nicht aktiv einfordere und dass kulturelle Unterschiede, wie unterschiedliche Gewohnheiten bezüglich der Anrede per „Du“ oder per „Sie“, die Interaktion zusätzlich erschwerten. Darüber hinaus wurde berichtet, dass bei Konflikten zwischen Schülern nicht alle Eltern von der Schulleitung gleich behandelt würden. Probleme mit Eltern mit Migrationshintergrund: Die befragten Elternvertreter attribuieren nicht alle Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit auf die Schulleitung oder die Lehrkräfte. Viele der Schwierigkeiten werden auch auf die Eltern mit Migrationshintergrund zurückgeführt. Hier wird nicht weiter nach Unterkategorien differenziert. Genannt werden Sprachprobleme, soziale Ängste, fehlendes Wissen über das deutsche Schulsystem, der seltene Besuch schulischer Veranstaltungen, fehlendes Interesse/Engagement und fehlende Zeit für ein Engagement. Es wird aber auch berichtet, dass kulturelle Unterschiede die Interaktion zwischen Eltern und Lehrkräften erschwerten, auch sorge eine mangelnde Berücksichtigung unterschiedlicher 33

religiös bedingter Essensgewohnheiten bei Gelegenheiten wie Schulfesten für Verärgerung bei Eltern mit Migrationshintergrund. Eltern ohne Migrationshintergrund: Hinsichtlich der Probleme mit Eltern ohne Migrations­ hintergrund wird nicht weiter nach Unterkategorien differenziert. Genannt werden hier negative Einstellungen, mangelnde Offenheit und Akzeptanz, Vorurteile, mangelndes Interesse sowie fehlendes Wissen über die kulturellen Besonderheiten der Familien mit Migrationshintergrund als die Zusammenarbeit erschwerende Faktoren. Allgemeine Probleme: Über die genannten Probleme und Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit hinaus wurden von den interviewten Eltern mit Migrationshintergrund auch Probleme genannt, die sich nicht eindeutig einer Akteursgruppe zuordnen lassen. Beispielsweise war von bürokratischen Hürden die Rede und davon, dass sich sowohl bei Eltern mit als auch ohne Migrationshintergrund immer die gleichen Eltern beteiligen. Außerdem mangele es zuweilen an Vertrauen zwischen Eltern, Lehrkräften und der Schulleitung. Positivbeispiele: Eine vollständige Auflistung der genannten Ankerbeispiele findet sich in Tabelle 15 im Anhang. Dort finden sich auch ebenfalls zahlreich genannte Positivbeispiele der Zusammenarbeit, sie sind hier durch „(+)“ gekennzeichnet. An dieser Stelle sei nur exemplarisch darauf verwiesen, dass einige Elternvertreter ungefragt davon berichten, dass Lehrkräfte aktiv auf die Eltern mit Migrationshintergrund zugingen, dass Menschen mit Migrationshintergrund Offenheit und Akzeptanz entgegengebracht werde und dass dies positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit habe. Schließlich

wurde

über

die

genannten

Probleme

und

Schwierigkeiten

bei

der

Zusammenarbeit hinaus von den interviewten Eltern mit Migrationshintergrund auch auf allgemeine Schwierigkeiten hingewiesen, welche sich zwar nicht unmittelbar aus der Interaktion zwischen Eltern und Schulleitung ergeben, diese Zusammenarbeit aber zusätzlich belasten könnten. Die Kategorien und Ankerbeispiele sind in Tabelle 16 im Anhang aufgelistet. An dieser Stelle sei nur erwähnt, dass in Bezug auf Eltern beispielsweise im Allgemeinen negative Einstellungen und Verhaltensweisen thematisiert werden oder beklagt wird, dass sich zu viele Eltern nicht für schulische Belange interessierten und in Bezug auf das deutsche Schulsystem beispielsweise kritisiert wird, dass in Deutschland zu wenig in Bildung investiert werde und die Schullaufbahn der Kinder stark vom Engagement der Eltern abhängig sei.

34

5.3.5 Verbesserungsvorschläge In den Interviews wurde schließlich auch nach Verbesserungsvorschlägen gefragt, die dazu führen sollen, dass sich mehr Eltern mit Migrationshintergrund in der Schule engagieren. Die zentralen Ergebnisse zu den im Rahmen der Analyse gewonnen Kategorien werden im Folgenden dargestellt. Eine vollständige Liste der gewonnenen Kategorien und Anker­ beispiele findet sich in Tabelle 17 im Anhang. Gemeinde/Schulträger: Verbesserungsvorschläge hierzu finden sich in n = 6 Interviews. Es wurde vorgeschlagen, Herkunftssprachlehrkräfte einzustellen, welche die Sprache der jeweiligen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sprechen und die als Ansprechpartner und Sprachlehrkräfte dienen sollen. Zusätzlich wünschen sich die befragten Elternvertreter mehr Investitionen in Beratungsangebote. Auf Ebene der Schulleitung und der Lehrkräfte (n = 17) wünschen sich die befragten Elternvertreter

eine

bessere

Akzeptanz

und

Toleranz

gegenüber

Schülern

mit

Migrationshintergrund und mehr Kommunikation zwischen den Lehrkräften und den Eltern, beispielsweise über das „Postheft“. Hilfsangebote für die Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund: Um Eltern mit Migrationshintergrund schulisches Engagement zu erleichtern, werden verschiedene Hilfsangebote erwähnt (n = 13): Bereitstellen von Übersetzern und gleichsprachigen Ansprechpartnern, Förderung des Vertrauens in die Lehrkräfte, Angebote zur Verbesserung der Sprachkenntnisse sowie die Vermittlung von Wissen über das Schulsystem. Hilfsangebote für Schüler mit Migrationshintergrund: Für die Schüler mit Migrations­ hintergrund wünschen sich einige der Befragten (n = 6) außerdem Patenschaften mit Lehramtsstudierenden sowie Förderunterricht für die deutsche Sprache. Veränderungen auf Seiten der Eltern mit Migrationshintergrund: Aussagen in diesem Zusammenhang finden sich in n = 13 Interviews. Die Befragten wünschen sich, dass diese mehr mit der Schule in Kontakt treten und kommunizieren, sich mit dem Land, in dem sie nun leben, stärker identifizieren und auch entsprechend handeln sowie angebotene Hilfe auch annehmen sollten. Interaktion der Lehrkräfte mit den Eltern und der Eltern untereinander: In diesem Zusammenhang finden sich Aussagen bei n = 12 der Befragten. Sie sind der Ansicht, dass das Interesse der Lehrkräfte und Eltern an der Zusammenarbeit erhöht werden solle. Dies könne konkret durch gegenseitiges Kennenlernen bei informellen Veranstaltungen in der Schule geschehen, zum Beispiel beim Kaffeeklatsch.

35

Verhaltensregeln

für

den

Elternbeirat:

Einer

der

Befragten

nannte

außerdem

Verhaltensregeln für Elternbeiräte: Demnach sollten sie gut erreichbar, offen, zugänglich und sympathisch sein. Strategien zur Verbesserung der Zusammenarbeit: Grundsätzliche Strategien wurden von n = 9 der Befragten erwähnt. Sie äußerten die Ansicht, dass es wichtig sei, sowohl auf der Lehrer-, als auch auf der Elternseite zu intervenieren. Um auf die Bedeutung der Elternarbeit stärker aufmerksam zu machen, solle an den Elternabenden darüber informiert und dafür geworben werden, wobei jedoch auf die Eltern kein Zwang ausgeübt werden und die persönliche Entscheidung der Eltern geachtet werden solle. Inhaltlich solle sich die Elternarbeit auf Präventionsarbeit konzentrieren.

5.4

Ergebnisse der Analyse von Gruppenunterschieden

Vorgehensweise: Zur Analyse von Gruppenunterschieden wurde zunächst ausgezählt, in wie vielen von N = 25 Interviews bestimmte Unterkategorien vertreten waren (z. B. „intrinsischer Wert nach Eccles“ als Unterkategorie der Hauptkategorie Einstellung im Thema „förderliche und hinderliche Bedingungen für das Engagement"). Diese Häufigkeiten wurden auch auf der darüber gelegenen Ebene der Hauptkategorien ermittelt (z. B. „Einstellung“). Auf Ebene der Hauptkategorien wurde zunächst ein Screening nach Unterschieden zwischen den Gruppen durchgeführt. Um potentielle Effekte aufzudecken und den β-Fehler zu minimieren wurde dazu α = .30 gewählt. Dort, wo beim Screening Unterschiede auftraten und weitere Unterkategorien vorhanden waren, wurde exploriert, auf welche Unterkategorien die Gruppenunterschiede zurückgehen. So wurde die Zahl der berechneten Tests gering gehalten und die α-Inflation reduziert. Die gesamte statistische Auswertung erfolgte der Stichprobengröße entsprechend über nonparametrische Verfahren. Bei den Analysen von Gruppenunterschieden wurden jeweils nur die Kategorien ausgewertet, die sich tatsächlich auf die Fragestellung bezogen. So wurden beispielsweise bei der Hauptkategorie „Probleme der Zusammenarbeit“ die Positivbeispiele der Zusammenarbeit und die „allgemeinen Hinweise auf Schwierigkeiten“ nicht zum Vergleich verschiedener Gruppen herangezogen.

5.4.1 Unterschiede nach Untersuchungsort Die durchgeführten Analysen von Unterschieden der Aussagen zwischen den Metropol­ regionen Rhein-Main und Nürnberg ergaben hinsichtlich der Themen „Schwerpunkte des Engagements“, „Strategien des Engagements“, „Probleme der Zusammenarbeit“ und „Verbesserungsvorschläge“ keine statistisch signifikanten Unterschiede. Einige wenige Unterschiede ergaben sich hinsichtlich des Themas „Gründe für das Engagement“. Hier zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede in der zur Kategorie „Einstellung“ gehörigen Unterkategorie „altruistische Erwägungen“. Letztere werden in Nürnberg häufiger berichtet 36

(MdNürnberg = 2; MdRhein-Main = 1; U = 38.5; p =.03). Zudem zeigten sich in der Kategorie „wahrgenommene

Verhaltenskontrolle“

statistisch

signifikante

Unterschiede

auf

Kategorienebene (MdNürnberg = 1; MdRhein-Main = 0; U = 33.5; p = .01), die auf Unterschiede in der

Unterkategorie

„Selbstwirksamkeit/Kompetenz“

zurückgehen

(MdNürnberg

=

1;

MdRhein-Main = 0; U = 25.5; p < .01). In den Interviews aus Nürnberg finden sich mehr Aussagen, die sich auf die Unterkategorie „Selbstwirksamkeit/Kompetenz“ beziehen, als dies für die Region Rhein-Main der Fall ist.

5.4.2 Unterschiede zwischen den Schularten Die durchgeführten Analysen der Unterschiede von Aussagen der Elternvertreter verschiedener Schularten ergaben keine Unterschiede im Hinblick auf die Themen „Schwerpunkte des Engagements“, „Strategien des Engagements“, „Probleme der Zusammenarbeit“ und „Verbesserungsvorschläge“. Bei den Gründen für das Engagement zeigten sich jedoch Unterschiede hinsichtlich der zu den Einstellungen gehörenden Unterkategorie „altruistische Erwägungen“ (MdGrS = 1.5, MdHS = 3.5, MdRS = 1, MdGym = 2, MdGeS = 0.5; K-W = 12.3; p = .02)2. Von Elternvertretern, die sich in Hauptschulen engagieren, werden besonders oft altruistische Erwägungen genannt, in den Aussagen der Elternvertreter, die sich an Realschulen oder Gesamtschulen engagieren, finden sich dagegen deutlich weniger Aussagen zu dieser Unterkategorie.

5.4.3 Herkunftslandspezifische Unterschiede Die durchgeführten Analysen der Aussagen der Interviewpartner auf Unterschiede je nach Herkunftsländern der Familien ergaben für keine der Kategorien statistisch signifikante Unterschiede. Dies gilt für sämtliche untersuchten Themen, also für die „Gründe für das Engagement“, die „Schwerpunkte des Engagements“ und die „Strategien des Engagements“ ebenso wie für die „Probleme der Zusammenarbeit“ und die darauf bezogenen „Verbesserungsvorschläge“.

5.5 Die

Diskussion zentralen

Ergebnisse

zusammenfassen:

Als

der

Gründe

qualitativen für

das

Interviewstudie

Engagement

lassen

werden

von

sich

wie

den

folgt

befragten

Elternvertretern vor allem auf das Engagement bezogene Einstellungen wie Interesse an Elternarbeit oder altruistische Erwägungen genannt, als Gründe gegen ein Engagement werden

schwerpunktmäßig

Aspekte

der

wahrgenommenen

Verhaltenskontrolle

wie

mangelnde Sprachkenntnisse oder fehlendes Wissen über das deutsche Schulsystem

2

GrS = Grundschule, HS = Hauptschule, RS = Realschule, Gym = Gymnasium, GeS = Gesamtschule

37

angeführt. Zumindest auf deskriptiver Ebene deutet sich damit an, dass Aspekten der „Einstellung“ und der „wahrgenommenen Verhaltenskontrolle“ im Sinne der Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. Ajzen, 2005) besondere Bedeutung zukommt, während die „soziale Norm“ eher in den Hintergrund zu treten scheint. Schwerpunkte des Engagements betreffen einerseits die Information und Bildung von Lehrkräften, Eltern und Schülern, andererseits aber auch die persönliche und die institutionelle Mitarbeit, beispielsweise den Einsatz für die Verbesserung der Ausstattung der Schule oder die Initiierung von Projekten. Hier bleibt etwas festzuhalten, was eigentlich selbstverständlich ist, dass nämlich oft ganz „normale“, nicht migrantenspezifische Probleme im Zentrum der Elternarbeit auch von Eltern mit Migrationshintergrund stehen, beispiels­ weise, dass eine Lehrerin dem eigenen Kind nicht glaubt oder es mutmaßlich ungerecht behandelt (Interviews I2F, T6N). Die Kategorien für die in der Interviewstudie berichteten Schwerpunkte der Zusammenarbeit entsprechen weitgehend den Aspekten von Elternarbeit von Bernitzke und Schlegel (2004). In Bezug auf die Strategien des Engagements bleibt festzuhalten, dass die befragten Elternvertreter in der Regel im Elternbeirat oder als Elternsprecher organisiert sind, wobei die Strategien der Zusammenarbeit primär darin zu bestehen scheinen, Konflikte zu lösen, zu beraten, Eltern mit Migrationshintergrund zu unterstützen und aktiv bei der Gestaltung des Schullebens mitzuhelfen. Im Rahmen ihres Engagements sehen sich die befragten Elternvertreter mit verschiedensten Problemen konfrontiert: Sie nehmen Vorbehalte seitens der Schulleitung, der Lehrkräfte sowie der Eltern ohne Migrationshintergrund wahr und berichten über unprofessionelle Elternarbeit im Allgemeinen und gegenüber Eltern mit Migrationshintergrund im Besonderen. Darüber hinaus berichten sie über weitere Problemfelder, von denen zwar nicht sie selbst, wohl aber andere Eltern mit Migrationshintergrund betroffen sind. Dabei handelt es sich um sprachliche Defizite und unzureichende Informationen über die Elternrolle im deutschen Schulsystem. Ausgangspunkt der in der vorliegenden Expertise verwendeten Kategori­ sierung stellten die beteiligten Gruppen dar. Einen anderen Ausgangspunkt verwendeten Plath, Bender-Szymanski & Kodron (2002). Sie benennen vier Barrieren bei der Zusammenarbeit von Eltern mit Migrationshintergrund und der Schule: wechselseitige Sprachprobleme, wechselseitige kulturelle Fremdheit, unangemessene Kontaktaufnahme und Vermittlung der Inhalte und Ziele der Kooperationsangebote sowie eine unangemessene Konzeption und Durchführung der Kooperationsangebote. Dieses Kategoriensystem von Plath et al. ließe sich auch auf die Aussagen der im Rahmen der vorliegenden Studie Befragten anwenden. Aussagen der Elternvertreter mit Migrationshintergrund zur fehlenden Akzeptanz beziehungsweise Toleranz von Eltern ohne Migrationshintergrund lassen sich 38

allerdings nur schwer in das Kategoriensystem von Plath et al. einordnen. Dies mag daran liegen, dass in der Literatur das Thema der Kooperation mit Eltern mit Migrationshintergrund meist nicht aus Sicht der betroffenen Eltern behandelt wurde. Stattdessen wurde das Thema meist aus der Sichtweise von Lehrkräften, Schulleitungen oder anderen staatlichen Bediensteten abgehandelt (vgl. Eberding & Schepker, 1995, Gaitanides, 2008, Plath et al., 2002). Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich dem Thema „Elternvertreter mit Migrationshintergrund“ aus verschiedenen Perspektiven anzunähern. Aus diesem Grund wird im folgenden Kapitel eine Untersuchung dargestellt, in der sowohl die Sichtweise der Elternvertreter, als auch die der Lehrkräfte und Schulleitungen berücksichtigt wird. Über die Gründe, Schwerpunkte, Strategien und Probleme der Zusammenarbeit hinaus wurden die befragten Elternvertreter auch um Verbesserungsvorschläge gebeten. Die Verbesserungsvorschläge

der

befragten

Elternvertreter

beziehen

sich

auf

die

verschiedensten Adressaten. Die Häufigkeit entsprechender Nennungen deutet darauf hin, dass in diesem Zusammenhang einerseits konkrete Vorschläge für die Intensivierung von Hilfsangeboten für Eltern mit Migrationshintergrund, andererseits aber auch Wünsche nach allgemeinen Verhaltens- und Einstellungsänderungen bei Schulleitungen, Lehrkräften und anderen Eltern eine wichtige Rolle spielen. Diese Verbesserungsvorschläge fließen in die in Kapitel 7 dargestellten Handlungsempfehlungen ein. Eine vergleichende Analyse der Aussagen nach Untersuchungsort, Schulform und Herkunftsland ergab nur vereinzelt statistisch signifikante Unterschiede. Die vorhandenen Unterschiede im Hinblick auf die Schulart lassen sich womöglich durch ihre Funktion für die Schulkarriere der Kinder erklären. Während in der Grundschule, wo es noch um den Übergang ins Gymnasium geht, der Nutzen und die eigenen Vorteile im Vordergrund stehen, ebenso wie im Gymnasium, wo es um das Erreichen des Abiturs geht, scheint dies in den Haupt- und Realschulen weniger bedeutsam zu sein. Aus diesem Grund kommen bei Elternvertretern, die sich an Hauptschulen engagieren, altruistische Erwägungen vermutlich stärker zum Tragen, als dies bei den anderen Schularten der Fall ist. Bei den Unterschieden zwischen den beiden Untersuchungsorten Rhein-Main-Gebiet und Metropolregion Nürnberg hinsichtlich der Unterkategorie „altruistische Erwägungen“ und der Unterkategorie „Selbstwirksamkeit/Kompetenz“ könnte man vermuten, dass diese durch die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen des elterlichen Engagements bedingt sein könnten. In diesem Fall wäre allerdings zu erwarten, dass aufgrund der günstigeren gesetzlichen Rahmenbedingungen der Eltern in Hessen die Unterkategorie „Selbst­ wirksamkeit/Kompetenz“ dort öfter genannt würde als in Bayern. Andererseits können die Unterschiede bezüglich der Unterkategorie „altruistische Erwägungen“ auch dadurch entstehen, dass in der Stichprobe für die vorliegende Expertise die Schularten ungleich über 39

die beiden Regionen verteilt sind. Insgesamt ist es daher wahrscheinlicher, dass die Unterschiede zwischen den beiden Regionen durch Drittvariablen wie die Schulart verursacht werden. Für die vorliegende Expertise von Bedeutung ist vor allem die Irrelevanz des Herkunfts­ landes. Dies lässt sich vor dem Hintergrund der Tatsache interpretieren, dass für die vorliegende Expertise ausschließlich solche Eltern befragt wurden, die sich engagieren. Diese sind womöglich im Hinblick auf ihr Engagement den Eltern ohne Migrationshintergrund besonders ähnlich, was ansonsten eventuell vorhandene Unterschiede nach Herkunftsland überdecken mag. Dies würde auch mit der bereits berichteten hohen Ähnlichkeit der von diesen Eltern berichteten Werte im Vergleich zu denen anderer Akteure im Einklang stehen. Insgesamt sind damit nur wenige Unterschiede in Bezug auf Untersuchungsort, Herkunftsland und Schulart feststellbar. Die für künftige Forschung interessantesten Unterschiede zeigen sich dabei im Hinblick auf die Schulart, an der sich die Eltern engagieren, zu erwarten. Um dazu empirisch gesicherte Aussagen zu erhalten, wäre es sinnvoll, in künftigen Studien über die Elternvertreter mit Migrationshintergrund hinaus auch nicht engagierte Elternvertreter mit Migrationshintergrund nach ihren Beweggründen gegen ein Engagement zu befragen.

40

6. Elternengagement, Schulklima und Werte aus Sicht von Elternvertretern und Schulleitungen – eine Fragebogenerhebung Eva Fritzsche, Stephan Kröner und Marcus Friedrich1

6.1

Fragestellung

Ein Resultat der im vorangegangenen Kapitel berichteten qualitativen Interviewstude war die Erkenntnis, dass es für ein vollständiges Bild wichtig ist, sich dem Thema „Elternvertreter mit Migrationshintergrund“ aus verschiedenen Perspektiven anzunähern. Aus diesem Grund wird hier eine Untersuchung dargestellt, in der sowohl die Sichtweise der Elternvertreter, als auch die der Lehrkräfte und Schulleitungen berücksichtigt wird. Es wurden folgende Fragestellungen bearbeitet: (1) Gibt es bestimmte Ausprägungen des Schulklimas, die einen besonders

positiven

Zusammenhang

mit

dem

Engagement

von

Eltern

mit

Migrationshintergrund aufweisen? (2) Gibt es bestimmte von Schulen vertretene Werte, die einen besonders positiven Zusammenhang mit dem Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund aufweisen? (3) Gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung der Elternarbeit seitens der Schulleitungen, der Elternvertreter mit und derjenigen ohne Migrationshintergrund? Diese Fragestellungen wurden mit Hilfe von Fragebögen untersucht, die an ausgewählten Schulen parallel an Elternvertreter mit Migrationshintergrund, Elternvertreter ohne Migrationshintergrund und die Schulleitung ausgegeben wurden.

6.2

Methode

6.2.1 Stichproben Alle Elternvertreter mit Migrationshintergrund, die für die in Kapitel 5 berichtete Studie interviewt worden waren, wurden gebeten, Fragebögen zu Schulklima und Werten auszufüllen. Von diesen füllten n = 23 Fragebögen zum Schulklima und zu den von Ihnen und der Schule vertretenen Werten auszufüllen. Ergänzend wurden n = 8 weitere Elternvertreter mit Migrationshintergrund gebeten, diese Fragebögen ebenfalls auszufüllen. Insgesamt ergab sich damit eine Stichprobe von N = 31 Elternvertretern, die an dieser Fragebogenuntersuchung teilnahmen. Sie setzt sich zusammen aus vier Elternvertretern mit arabischem, fünf mit italienischem, vier mit russischem, drei mit spanischem, neun

1

Alle Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

41

Elternvertretern mit türkischem Migrationshintergrund, hinzu kamen insgesamt sechs Personen mit einem auf Griechenland, das ehemalige Jugoslawien oder Pakistan bezogenen Migrationshintergrund. Die Teilnehmer dieser Fragebogenuntersuchung waren zwischen 26 und 69 Jahren alt (M = 42.2; SD = 8.7). Zehn der Befragten waren männlich, 21 weiblich. 20 der Befragten lebten in der ersten Generation in Deutschland, und zwar zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 2 und 47 Jahre (M = 27.5; SD = 15.2). Elf der Befragten lebten

in

der

zweiten

Generation

hier.

Hinsichtlich

des

höchsten

erworbenen

Schulabschlusses gaben vier der Befragten einen Hauptschulabschluss, zehn einen Realschulabschluss, ein Befragter ein Fachabitur, fünf ein Abitur und zehn einen Hochschulabschluss an. Für einen der Befragten lag keine Angabe zum Bildungsgrad vor. Um Aussagen zu Schulklima und Werten aus verschiedenen Blickwinkeln zu erhalten, wurden an den Schulen, an denen sich diese Elternvertreter engagieren, auch Vertreter der Schule sowie Elternvertreter ohne Migrationshintergrund zu diesen Themen befragt. Es antworteten Schulleitungsmitglieder von N = 9 Schulen.

6.2.2 Instrumente: Fragebögen für Schulleitungen und Eltern mit sowie ohne Migrationshintergrund Zur Erfassung der Rahmenbedingungen des Engagements von Eltern mit Migrations­ hintergrund wurde ein Fragebogen zum Klima an der Schule eingesetzt, an der sich die Befragten engagieren sowie ein Fragebogen zu den von dieser Schule vertretenen Werten. Fragebogen zum Schulklima: Zur Erfassung des Schulklimas wurden die Skalen „Wärme“, „Strenge – Kontrolle“ und „Anregung – Vielfalt“ des Linzer Fragebogens zum Schul- und Klassenklima übernommen und angepasst (vgl. Eder & Mayr, 1998). Die Skalen wurden eingekürzt, da nur so eine den Interviewpartnern gegenüber vertretbare Dauer der Befragung gewährleistet werden konnte. Fragebögen zu vertretenen Werten: Zur Erfassung der jeweils vertretenen Werte wurden ausgewählte Items der Skalen „Intellektualität“, „Harmonie“, „Religiosität“, „Materialismus“ und „Konservatismus“ aus dem „Österreichischen Wertefragebogen“ verwendet (vgl. Renner & Salem, 2004).

6.2.3 Instrumente: Fragebogen nur für Eltern mit Migrationshintergrund Für die Teilstichprobe der Elternvertreter mit Migrationshintergrund wurde ein Fragebogen zu biographischen Daten und sozialem Hintergrund eingesetzt, der folgende Aspekte erfasst: Geburtsland, Nationalität und Sprachkenntnisse des engagierten Elternteils, seines Partners, der Großeltern und Kinder, Alter, Geschlecht, Familienstand, Bildungsniveau und Beruf des engagierten Elternteils und seines Partners, sowie Jahrgangsstufe und Schulform, welche die Kinder besuchen. Die Items des Fragebogens wurden aus einer Large-Scale-Studie an 42

Schulen in schwieriger Lage übernommen und angepasst (Paasch, Köller & Stanat, 2007). Außerdem sollte diese Teilstichprobe nicht nur über die von ihr selbst vertretenen Werte Auskunft geben, sondern auch über ihre Wahrnehmung der durch die Schule vertretenen Werte.

6.2.4 Instrumente: Fragebögen nur für Schulleitungen und Eltern ohne Migrationshintergrund Für einen Abgleich der Aussagen von Eltern mit Migrationshintergrund und anderen Akteuren wurde ein Fragebogen zur Zusammenarbeit von Schulen und Eltern mit Migrations­ hintergrund mit offenem Antwortformat erstellt, der an die Schulleitungen und an die Eltern ohne Migrationshintergrund ausgegeben wurde. In diesem Fragebogen waren wesentliche Punkte aus dem Interviewleitfaden der in Kapitel 5 dargestellten Interviewstudie in Form eines Fragebogens mit offenem Antwortformat enthalten. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Erhebung vorgestellt und diskutiert. Dabei wurden alle Mittelwerts­ unterschiede mit einer Effektstärke von |d| > .10 je nach Art des Vergleichs entweder mit Hilfe eines Mann-Whitney-U-Tests für unabhängige oder eines Wilcoxon-Rangsummentests für abhängige Stichproben auf statistische Signifikanz getestet.

6.3

Ergebnisse

6.3.1 Schulklima Wahrnehmung des Schulklimas durch die Elternvertreter mit Migrationshintergrund und die Schulleitungen: Ein Abgleich der Antworten der Elternvertreter mit Migrationshintergrund mit den Antworten der Schulleitungen zu dem von ihnen wahrgenommene Schulklima führte zu den in Tabelle 6 dargestellten Ergebnissen: Die Wahrnehmungen der Elternvertretern mit Migrationshintergrund und der Schulleitungen sind weitgehend deckungsgleich. Es fällt zudem auf, dass insbesondere der Mittelwert der Skala Wärme bei beiden Gruppen deutlich oberhalb des Skalenmittels liegt. Die Befragten beider Gruppen stimmten also Aussagen wie „Die Stimmung an der Schule ist heiter, fröhlich“ überwiegend zu. Tabelle 6: Deskriptive Statistiken zum Schulklima für Eltern mit Migrationshintergrund und die befragten Schulleitungen

Elternvertreter mit Migrationshintergrund M (SD); Md (IQA); N

Schulleitungen M (SD); Md (IQA); N

d

Wärme

3.72 (0.94); 3.78 (1.45); 28

4.10 (0.38); 4.00 (0.39); 10

-.08

Strenge – Kontrolle

3.63 (0.69); 3.58 (1.00); 26

3.58 (.024); 3.50 (0.33); 10

.01

Anregung – Vielfalt

3.38 (1.00); 3.40 (1.45); 28

3.38 (.046); 3.40 (0.80); 11

.00

Skala

43

Wahrnehmung des Schulklimas durch Elternvertreter mit und die Elternvertreter ohne Migrationshintergrund: Die Ergebnisse der Befragung der Elternvertreter mit und der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund hinsichtlich des Schulklimas kann Tabelle 7 entnommen werden. Beide Seiten schätzen das Schulklima sehr ähnlich ein. Die Effektstärkemaße deuten nicht auf praktisch bedeutsame Unterschiede hin. Alle befragten Gruppen äußern sich also sehr ähnlich zum Schulklima und nehmen geben insbesondere hinsichtlich der Skala Wärme Werte über dem Skalenmittel an. Tabelle

7:

Deskriptive

Statistiken

zum

Schulklima

für

Eltern

mit

und

ohne

Migrationshintergrund

Skala

Elternvertreter mit Migrationshintergrund M (SD); Md (IQA); N

Elternvertreter ohne Migrationshintergrund M (SD); Md (IQA); N

Wärme

3.72 (0.94); 3.78 (1.50); 26

3.90 (0.90); 3.89 (0.61); 13

-.04

Strenge – Kontrolle

3.63 (0.69); 3.58 (1.00); 26

3.42 (0.40); 3.50 (0.73); 12

.06

Anregung – Vielfalt

3.38 (1.00); 3.40 (1.45); 28

3.85 (0.83); 4.00 (1.30); 13

-.09

d

6.3.2 Werte Vorliegende Daten: Es liegen verschiedene Daten zu vertretenen Werten und deren Wahrnehmung vor. Zunächst liegen Angaben der Schulleitungen zu den Werten vor, die sie und die an der Schule aktiven Lehrkräfte vertreten. Weiterhin liegen Angaben von Elternvertreter mit Migrationshintergrund sowie Elternvertreter ohne Migrationshintergrund dazu vor, welche Werte die Schulleitung und die Lehrkräfte an der Schule, an der sie sich engagieren, ihrer Meinung nach vertreten. Schließlich liegen außerdem Daten zu den von den Eltern mit Migrationshintergrund vertretenen Werten vor. Im Folgenden werden jeweils paarweise Vergleiche zwischen diesen Daten vorgestellt. Von den Eltern mit Migrationshintergrund vs. von den Schulleitungen vertretene Werte: Ein Abgleich der von den Eltern mit Migrationshintergrund vertretenen Werte mit den von den Schulleitungen vertretenen Werten lässt sich anhand der Werte der Tabelle 8 vornehmen. Während sich für Intellektualität, Harmonie und Materialismus keine nennenswerten Effekte zeigten (|d| < 0.05), waren schwache Effekte für die Skalen „Religiosität“ (d = 0.17) sowie „Konservatismus“ (d = 0.24) zu beobachten (vgl. Cohen, 1988), jeweils mit höheren Werten für die Elternvertreter als für die Schulleitungen. Beide Effekte werden statistisch signifikant (U = 49.0, p = .01 bzw. U = 37.5, p = .00). Insgesamt geben sowohl die Elternvertreter als auch die Schulleitungen hinsichtlich der Skalen Intellektualität und Harmonie Werte deutlich oberhalb des Skalenmittels an.

44

Tabelle 8: Deskriptive Statistiken zu Werten für Eltern mit Migrationshintergrund und die befragten Schulleitungen (kursiv = statistisch signifikante Gruppenunterschiede; p < .05)

Werte-Skala

Von den Elternvertretern mit Migrationshintergrund vertretene Werte M (SD); Md (IQA); N

Intellektualität

4.32 (0.78); 4.50 (0.83); 25

4.15 (.53); 4.33 (.83); 9

.04

Harmonie

4.49 (0.80); 4.67 (0.50); 26

4.52 (.50); 4.67 (.75); 9

-.01

Religiosität

3.67 (1.13); 4.00 (1.67); 23

2.78 (.46); 2.67 (.67); 9

.17

Materialismus

3.30 (0.61); 3.40 (0.60); 26

3.09 (.56); 3.25 (.80); 7

.07

Konservatismus

3.51 (0.79); 3.67 (1.00); 23

2.62 (.42); 2.60 (.75); 8

.24

Aus Sicht der Schulleitungen an den Schulen vertretene Werte M (SD); Md (IQA); N

d

Von den Schulen vertretene Werte und die Wahrnehmung der von den Schulen vertretenen Werte durch die Eltern mit Migrationshintergrund: Über die von den Elternvertreter mit Migrationshintergrund und die Schulen vertretenen Werte hinaus wurden die Elternvertreter mit Migrationshintergrund auch danach befragt, welche Werte die Schulen ihrer Ansicht nach vertreten. Der Vergleich der nach Wahrnehmung der Elternvertreter mit Migrations­ hintergrund durch die Schulen vertretenen Werte mit den Angaben der Schulleitungen zu den von ihnen vertretenen Werten kann Tabelle 9 entnommen werden. Es zeigt sich, dass die Eltern mit Migrationshintergrund den Schulleitungen und den Lehrkräften an den Schulen, an denen sie sich engagieren, die Werte Religiosität, Materialismus und Konservatismus stärker zuschreiben als diese sich selbst. Diese Unterschiede werden trotz der kleinen Stichproben statistisch signifikant (Religiosität: U = 37.5, p = .00; Materialismus: U = 52.0, p = .03; Konservatismus: U = 40.5, p = .01). Tabelle 9: Deskriptive Statistiken zu den Werten, die nach Wahrnehmung der Eltern mit Migrationshintergrund von den Schulen vertreten werden und den Werten, die nach Angabe der Schulleitungen von ihnen vertreten werden (kursiv = statistisch signifikant; p < .05)

Werte-Skala

Wahrnehmung der Elternvertreter mit Migrationshintergrund bgzl. von den Schulen vertretener Werte M (SD); Md (IQA); N

Aus Sicht der Schulleitungen an den Schulen vertretene Werte M (SD); Md (IQA); N

d

Intellektualität

4.23 (0.74); 4.28 (1.33); 20

4.15 (.53); 4.33 (.83); 9

.02

Harmonie

4.28 (0.69); 4.42 (1.29); 21

4.52 (.50); 4.67 (.75); 9

-.07

Religiosität

3.61 (0.91); 3.67 (0.97); 21

2.78 (.46); 2.67 (.67); 9

.20

Materialismus

3.68 (0.72); 3.75 (0.90); 17

3.09 (.56); 3.25 (.80); 7

.20

Konservatismus

3.40 (0.78); 3.17 (1.13); 21

2.62 (.42); 2.60 (.75); 8

.22

45

Wahrnehmungen der Elternvertreter mit und der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der von den Schulen vertretenen Werten: Während zwischen den Vertretern der Schulen und der Elternvertreter mit Migrationshintergrund eine große Ähnlichkeit hinsichtlich der Einschätzung der von den Schulen vertretenen Werte festgestellt werden konnte, zeigen sich einige Abweichungen dieser beiden Gruppen zu den Elternvertretern ohne Migrationshintergrund. Die Ergebnisse für die Einschätzung der von den Schulen vertretenen Werte durch Eltern mit und ohne Migrationshintergrund kann Tabelle 10 entnommen werden. Die Effekte, die sich zeigen, sind nach Cohen (1988) bestenfalls schwach. Im Vergleich mit der Größe der anderen Effekte, die sich in dieser Untersuchung in Bezug auf Werte gezeigt haben, sind dies jedoch immer noch die größten Effekte. Hinsichtlich der Dimensionen Religiosität, Materialismus und Konservatismus geben die Eltern mit Migrationshintergrund höhere Werte an als die Eltern ohne Migrationshintergrund. Die Unterschiede hinsichtlich der religiösen und der materialistischen Werte werden (marginal) statistisch signifikant (U = 91.0, p = .06 bzw. U = 67.0, p = .01). Tabelle 10: Deskriptive Statistiken zur Wahrnehmung der von den Schulen vertretenen Werten für Eltern mit und Eltern ohne Migrationshintergrund (kursiv = statistisch signifikant)

Werte-Skala

Wahrnehmung der Elternvertreter mit Migrationshintergrund hinsichtlich der von den Schulen vertretenen Werten M (SD); Md (IQA); N

Wahrnehmung der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der von den Schulen vertretenen Werten M (SD); Md (IQA); N

d

Intellektualität

4.23 (0.74); 4.28 (1.33); 20

4.35 (0.46); 4.50 (0.67)

-.04

Harmonie

4.28 (0.69); 4.42 (1.29); 21

4.52 (0.36); 4.50 (0.69)

-.08

Religiosität

3.61 (0.91); 3.67 (0.97); 21

3.14 (0.58); 3.00 (0.83)

.11

Materialismus

3.68 (0.72); 3.75 (0.90); 17

2.98 (0.66); 3.00 (0.85)

.24

Konservatismus

3.40 (0.78); 3.17 (1.13); 21

3.06 (0.64); 3.17 (1.00)

.10

Von den Eltern mit Migrationshintergrund vertretene Werte und ihre Wahrnehmung der von den Schulen vertretenen Werten: Die Ergebnisse des Vergleichs der Werte, welche die Elternvertreter mit Migrationshintergrund selbst vertreten und der Werte, die ihrer Wahrnehmung nach von den Lehrkräften und der Schulleitung der Schulen, an der sie sich engagieren, vertreten werden, können Tabelle 11 entnommen werden. Es zeigt sich, dass die von den Elternvertretern mit Migrationshintergrund selbst vertretenen Werte fast deckungsgleich mit den aus Ihrer Sicht an den Schulen vertretenen Werten sind. Es ergab sich nur ein sehr schwacher Effekt, der lediglich marginal statistisch signifikant wurde: Materialistische

Werte

wie

Erfolg

und

Karriere

sind

den

Elternvertretern

mit

Migrationshintergrund aus ihrer Sicht wichtiger als den Vertretern der Schule, an der sie sich engagieren (Z = 1.69, p = .10). 46

Tabelle 11: Deskriptive Statistiken zu den von den Elternvertretern mit Migrationshintergrund selbst vertretene und an der Schule wahrgenommene Werte (kursiv = statistisch signifikant)

Wahrnehmung der Elternvertreter mit Migrationshintergrund hinsichtlich der von den Schulen vertretenen Werten M (SD); Md (IQA); N

Werte-Skala

Von den Elternvertreter mit Migrationshintergrund vertretene Werte M (SD); Md (IQA); N

Intellektualität

4.32 (0.78); 4.50 (0.83); 25

4.23 (0.74); 4.28 (1.33); 20

.02

Harmonie

4.49 (0.80); 4.67 (0.50); 26

4.28 (0.69); 4.42 (1.29); 21

.05

Religiosität

3.67 (1.13); 4.00 (1.67); 23

3.61 (0.91); 3.67 (0.97); 21

.01

Materialismus

3.30 (0.61); 3.40 (0.60); 26

3.68 (0.72); 3.75 (0.90); 17

-.12

Konservatismus

3.51 (0.79); 3.67 (1.00); 23

3.40 (0.78); 3.17 (1.13); 21

.03

d

6.3.3 Wahrnehmung der Elternarbeit durch die Schulleitungen Die Antworten zu den an die Schulleitungen verteilten Fragebögen zur Zusammenarbeit von Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund mit offenem Antwortformat wurden für die jeweiligen Fragen des Fragebogens paraphrasiert und kategorisiert. Zentrale Ergebnisse der Auswertung von N = 9 Antworten sind in den folgenden Abschnitten dargestellt. Gründe für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund: Die Gründe für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund sehen die befragten Schulleitungen hauptsächlich in deren Einstellungen. Neben intrinsischen und altruistischen Erwägungen, beispielsweise Interesse und dem Wunsch zu helfen, sehen die Schulleitungen vor allem im persönlichen Nutzen eine wichtige Motivation für die Eltern. Die Schulleitungen vermuten, dass sich die Eltern Vorteile aus dem persönlichen Engagement versprächen, da sie sich erwarteten, das ihnen so Einblicke ins Schulleben gewährt würden, stärkerer Kontakt zu den Lehrkräften möglich sei, und sich ganz allgemein Vorteile für das eigene Kind und die Förderung seines Integrationsprozesses ergeben könnten. Ein Schulleiter gibt darüber hinaus an, an seiner Schule würden sich Eltern engagieren, weil sie das Gefühl hätten, ihr Kind würde in der Schule unangemessen behandelt. Gründe gegen das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund: Als Gründe gegen das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund nennen die Schulleitungen hauptsächlich Punkte, welche die von den Eltern wahrgenommene Verhaltenskontrolle betreffen: Es werden durchgängig Sprachprobleme als Ursache vermutet, relativ oft auch Zeitprobleme sowie fehlendes Wissen über die Elternarbeit im deutschen Schulsystem. Auf der Ebene der Einstellung würden Berührungsängste, Unsicherheit und mangelndes Selbstvertrauen eine weitere wichtige Rolle spielen. Jeweils ein Schulleiter gibt unterschiedliche Erziehungs­ vorstellungen

von

Schule

und

Eltern

als

Grund

gegen

ein

Engagement

bzw. 47

Berührungsängste vor einer fremden Kultur als Grund für ein geringes Engagement der Eltern an. Schwerpunkte der Zusammenarbeit: Bezüglich der Themen, die den Eltern mit Migrations­ hintergrund wichtig sind, nehmen die Schulleitungen wahr, dass für diese Eltern die eigenen Kinder, bzw. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund allgemein im Zentrum des Interesses stünden. Wichtig seien hier die Förderung der Sprachkenntnisse und der Leistungen im Allgemeinen, sowie die Integration der Schülerinnen und Schüler. Außerdem beschäftige die Eltern mit Migrationshintergrund das deutsche Schulsystem als solches, das sie besser verstehen wollten. Ein Schulleiter nennt darüber hinaus auch religionsbezogene Themen als Schwerpunkt des Engagements von Elternvertretern mit Migrationshintergrund. Strategien der Zusammenarbeit: Die Schulleitungen nennen verschiedenste Formen der Zusammenarbeit zwischen der Schule und den Eltern im Allgemeinen, das heißt ohne expliziten Bezug auf Vorhandensein eines Migrationshintergrundes. Als allgemeine Strategien der Zusammenarbeit wird von den Schulleitungen der verschiedenen Schulen durchgängig die Kooperation mit Elternbeirat und Elternsprechern genannt, teilweise werden auch Elternabende, Elterngespräche, Elternsprechtage, Klassenkonferenzen, Elternabende Sprechstunden und die Durchführung themenspezifischer Elternabende genannt. Als weitere wichtige Strategie der Zusammenarbeit wird die Beteiligung der Eltern am Schulleben angeführt, konkret die Mithilfe bei Festen, Aktionen oder Ausflügen. Darüber hinaus wird teilweise von informellen Veranstaltungen für interessierte Eltern wie einem Elternstamm­ tisch oder einem Elterncafé berichtet. Außerdem wird von Kursen oder Informations­ veranstaltungen berichtet, die ausdrücklich zum Ziel hätten, Eltern mit Migrationshintergrund zu informieren oder weiterzubilden (z. B, „Mama lernt Deutsch“). Ein befragter Schulleiter wies explizit darauf hin, dass die Initiative für sämtliche Veranstaltungen mit Elternbeteiligung von der Schule und nicht von den Eltern selbst ausgehe. In Bezug auf die Eltern mit Migrationshintergrund berichten die befragten Schulleitungen, dass diese sich als Klassenelternsprecher oder im Elternbeirat engagierten. Darüber hinaus beteiligten sie sich am Schulleben oder initiierten Projekte, beispielsweise Unterrichts­ einheiten über ihre eigene Kultur. Einige Schulleitungen berichten, dass der praktische Einsatz, also die Mitarbeit am Schulleben, die häufigste Strategie der Zusammenarbeit zwischen der Schule und den Eltern mit Migrationshintergrund sei. Probleme der Zusammenarbeit: Bei der Zusammenarbeit entstehende Probleme werden von den Schulleitungen auf die Kompetenzen und Einstellungen der Eltern mit Migrations­ hintergrund zurückgeführt. Im Vordergrund stünden einerseits Sprachprobleme und fehlendes oder unzureichendes Wissen über das deutsche Schulsystem. Auf der anderen Seite würden die Erziehungsvorstellungen der Eltern und ihre Ängste vor der Förderschule 48

die Zusammenarbeit erschweren. Von zwei Schulen wurde außerdem thematisiert, dass Eltern mit Migrationshintergrund beispielsweise ihre Sprachschwierigkeiten als Grund für ihr geringes Engagement - so wörtlich - „vorschieben“ würden. Ein Schulleiter bemängelt das Fehlen von Vermittlern zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund. Unterschiede im Engagement von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund: Die Schulleitungen berichten, dass Unterschiede im Engagement von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund nur schwierig feststellbar seien, tendenziell sei es jedoch so, dass sich eher weniger Eltern mit Migrationshintergrund engagierten und dass diese insgesamt zurückhaltender seien als andere Eltern. Gleichwohl seien sie dann sehr engagiert, wenn es um die Mitarbeit bei schulischen Aktionen oder Festen gehe. Ein Schulleiter gibt an, die Eltern mit Migrationshintergrund seien entweder sehr höflich oder aber skeptisch-gereizt. Ein anderer gibt an, Eltern mit Migrationshintergrund engagierten sich vor allem bei „kulinarischen“ Veranstaltungen. In Bezug auf herkunftslandbezogene Unterschiede im Engagement zwischen den Eltern mit Migrationshintergrund sind die Aussagen der verschiedenen Schulleitungen widersprüchlich: Einige Schulleitungen berichten, dass keine Unterschiede feststellbar seien, während andere Schulleitungen berichten, dass große Unterschiede bestünden. In diesen Fällen wird konstatiert, dass Eltern aus asiatischen Ländern, aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Marokko sowie solche aus Frankreich eher zurückhaltend seien, beziehungsweise die Bildung ihrer Kinder als Aufgabe der Schule sähen. Über Eltern mit türkischem Migrationshintergrund wird von mehreren Schulleitungen berichtet, dass diese sehr engagiert seien, von einer Schulleitung wird allerdings auch berichtet, dass dies kaum der Fall sei. Ein Schulleiter gibt an, Eltern afrikanischer Herkunft würden Kontakt zu einzelnen Lehrern suchen, aber ein Engagement in Gremien oder Vereinen meiden. Verbesserungsmöglichkeiten: Um die Zusammenarbeit mit den Eltern mit Migrations­ hintergrund zu verbessern, werden von den Schulleitungen verschiedene Möglichkeiten genannt. Als ein Ansatzpunkt werden Hilfsangebote für Eltern mit Migrationshintergrund genannt, beispielsweise solche zur Verbesserung der Sprachkompetenz. Auch gegenseitige Hilfsangebote innerhalb der Elternschaft im Rahmen von Tutorensystemen werden als ein hilfreiches Angebot gesehen. Andererseits werden auch Veränderungen auf Seiten der Lehrkräfte und der Schulleitung vorgeschlagen, zum Beispiel der Abbau eigener Berührungsängste, bessere Information und persönliche Ansprache der Eltern oder Erziehungsvereinbarungen in verschiedenen Sprachen. Ein Schulleiter schließlich schlägt das vermehrte Einstellen von Lehrkräften mit Migrationshintergrund, Kooperation mit Migrantenvereinen sowie die Einrichtung von Begegnungsstätten mit schulfremden Personal vor. 49

6.3.4 Wahrnehmung der Arbeit von Elternvertretern mit Migrationshintergrund durch andere Elternvertreter Neben den Schulleitungen wurden auch Elternvertreter ohne Migrationshintergrund zum Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund befragt. Die entsprechenden Antworten zu den an diese Eltern verteilten Fragebögen mit offenem Antwortformat zur Zusammenarbeit wurden für die jeweiligen Fragen des Fragebogens paraphrasiert und kategorisiert. Zentrale Ergebnisse der Auswertung von N = 10 Antworten sind in den folgenden Abschnitten dargestellt. Gründe für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund: Die Antworten der Eltern ohne

Migrationhintergrund

lassen

nicht

darauf

schließen,

dass

sich

Eltern

mit

Migrationshintergrund aus anderen Gründen engagieren als Eltern ohne Migrations­ hintergrund.

Hinsichtlich

der

Gründe

für

das

Engagement

von

Eltern

mit

Migrationshintergrund vermuten sie, dass vor allem die Einstellung der Eltern mit Migrationshintergrund entscheidend sei, insbesondere ihr Wunsch, sich für die eigenen Kinder zu engagieren und das Schulleben mit zu gestalten. Andererseits mutmaßen die befragten Eltern ohne Migrationshintergrund, dass die Eltern mit Migrationshintergrund sich von ihrem Engagement auch konkrete Vorteile versprächen, wie den Zugang zu Informationen über das Schulleben, eine bessere Förderung ihrer eigenen Kinder oder die Möglichkeit, ihre Kultur oder Religion in das Schulleben einzubringen. Gründe gegen das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund: Hier vermuten die befragten Elternvertreter ohne Migrationshintergrund überwiegend fehlende Kompetenzen der Eltern mit Migrationshintergrund. Im Mittelpunkt stünden sprachliche Schwierigkeiten und Zeitprobleme auf Grund von Berufstätigkeit. Zu diesen Faktoren kämen noch fehlendes Selbstvertrauen vor großen Gruppen zu sprechen, fehlende eigene Schulbildung, fehlende Informationen über das deutsche Bildungssystem sowie schlechte Elternarbeit von Seiten der Schulleitung und der Lehrer hinzu. Schwerpunkte der Zusammenarbeit: Die befragten Elternvertreter ohne Migrations­ hintergrund sehen einen Interessenschwerpunkt der engagierten Eltern mit Migrations­ hintergrund in der Sprachförderung. Dabei handele es sich sowohl um die Förderung der Deutschkenntnisse als auch um die Förderung in der Muttersprache. Teilweise wird auch angenommen, dass sich die Eltern mit Migrationshintergrund engagieren würden, um die Integration zu fördern und Teil der Gemeinschaft zu werden, aber auch um nicht benachteiligt zu werden. Darüber hinaus werden von den Elternvertretern ohne Migrationshintergrund Themen genannt, die keinen spezifischen Migrationsbezug haben, wie die Gestaltung des Schullebens, die Verbesserung der Ausstattung der Schule und die Zusammenarbeit mit einzelnen Lehrkräften. 50

Strategien der Zusammenarbeit: Dass Elternvertreter im Rahmen ihres Engagements im Elternbeirat mit Schulleitungen und Lehrkräften zusammenarbeiten würden, berichten nahezu alle Elternvertreter ohne Migrationshintergrund. Von vielen wird darüber hinaus ein Engagement als Klassenelternsprecher, in Fördervereinen oder im Rahmen des Schul­ forums genannt. Kontakt zwischen Schule und Eltern bestehe außerdem über informelle Gespräche oder Sprechtermine. Darüber hinaus würden sich die Eltern im Allgemeinen an der Gestaltung des Schullebens beteiligen, beispielsweise im Rahmen von Projekten oder Festen. An einigen Schulen gebe es zusätzlich Angebote für die Eltern, zum Beispiel Elternkurse, oder gemeinsame Angebote für Eltern und Lehrer, zum Beispiel einen Chor oder gemeinsame Kegelabende. Eltern mit Migrationshintergrund engagieren sich den Berichten der Eltern ohne Migrationshintergrund zufolge ebenfalls im Elternbeirat, wenn nicht als aktives Mitglied, dann wenigstens durch die Teilnahme an den Sitzungen des Elternbeirats. Eine wichtige Strategie der Zusammenarbeit bestehe in der aktiven Mitgestaltung am Schulleben, sei es in Projekten, in der Schulbücherei, im Rahmen von Festen oder beim Schüleraustausch. Vereinzelt werden außerdem das Bereitstellen von Praktikumsplätzen für die Schülerinnen und Schüler sowie das zur Verfügung stehen für Übersetzungen aufgezählt. Probleme der Zusammenarbeit: Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund berichten die Elternvertreter ohne Migrationshintergrund nicht von einer Häufung von Problemen. Hier gebe es entweder keine, nur wenige oder ebenso viele Probleme wie bei der Zusammenarbeit mit Eltern ohne Migrationshintergrund. In den seltenen Fällen, wo Probleme benannt werden, werden sprachliche Probleme sowie eine fremde Mentalität, eine fremde Religion und andere Erziehungsmaßstäbe angeführt. Eine Elternvertreterin kritisiert außerdem ganz allgemein, dass sich die Eltern untereinander zu wenig kennen würden. Unterschiede im Engagement von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund: Bezüglich der Unterschiede im Engagement von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund vertreten die befragten Elternvertretern ohne Migrationshintergrund unterschiedliche Ansichten. Etwa die Hälfte der befragten Elternvertreter sieht keine Unterschiede im Engagement zwischen Eltern mit und ohne Migrationshintergrund, die andere Hälfte der Elternvertreter berichtet dagegen Unterschiede, in einem Fall sogar gravierende Unterschiede. Diejenigen, die Unterschiede im Engagement wahrnehmen, berichten, dass Eltern mit Migrationshintergrund sich eher weniger beteiligen würden und zurückhaltender seien, während die Eltern ohne Migrationshintergrund engagierter und interessierter seien und mehr selbst in die Tat umsetzen würden. Ein befragter Elternvertreter ohne Migrationshintergrund berichtet außerdem, dass sich die Eltern mit Migrationshintergrund vorwiegend für migrations­ 51

bezogene Themen einsetzen würden, während sich die Eltern ohne Migrationshintergrund für vielfältigere Themen interessieren würden. Bezogen auf die verschiedenen Herkunftsländer der Eltern mit Migrationshintergrund berichten die befragten Elternvertreter ohne Migrationshintergrund überwiegend keine Unterschiede.

Ein

befragter

Elternvertreter

berichtet

lediglich,

dass

die

Religion

entscheidender sei als das Herkunftsland und islamische Eltern oft religiös motiviert seien. Lediglich eine befragte Elternvertreterin sieht Unterschiede zwischen verschiedenen Herkunftsländern. Sie berichtet, dass Eltern mit Migrationshintergrund aus der Türkei, dem Irak und aus Syrien zurückhaltend seien, Eltern mit Migrationshintergrund aus Polen und Tschechien ihre Rechte kennen würden und entsprechend fordernd auftreten würden und Eltern mit Migrationshintergrund aus Weißrussland zwar zum Teil auch sehr fordernd seien, jedoch mehrheitlich unauffällig und zurückhaltend. Verbesserungsvorschläge: Die befragten Elternvertreter betonen, dass es wichtig sei, den Kontakt zu Eltern mit Migrationshintergrund zu suchen, diese aktiv anzusprechen, so oft sich die Gelegenheit biete und mit zu vergebenden Ämtern direkt auf sie zuzugehen. Darüber hinaus wird von Einzelnen vorgeschlagen, Elternbriefe in gängige Sprachen zu übersetzen, Elternvertreter für Themen mit Migrationsbezug einzuführen und mehr Informationen über den Elternbeirat zu vermitteln. Eine Eltervertreterin schlägt darüber hinaus vor, dass die Schulleitung einen „väterlichen“ bzw. „mütterlichen“ Führungsstil zeigen solle, da so Zusammenarbeit verbessert werden könne und man die Eltern mit Migrationshintergrund gezielt einbinden könne. Hierzu solle man auch ihre sprachlichen Kompetenzen für Sprachkurse für die Schülerinnen und Schüler oder die Eltern nutzen.

6.4

Diskussion

Quantitativer Teil: Die in diesem Kapitel berichtete Studie beinhaltet einen quantitativen und einen qualitativen Aspekt. Der quantitativ ausgewertete Teil hat ergeben, dass wesentliche Aspekte des Schulklimas von den befragten Gruppen - Elternvertretern mit Migrations­ hintergrund, Elternvertretern ohne Migrationshintergrund und Vertretern der Schulen - sehr ähnlich beurteilt werden. Dabei haben alle Gruppen das Klima an der Schule als sehr warm und herzlich beschrieben. Aus den Daten lässt sich jedoch nicht ableiten, ob das positive Schulklima Folge oder Ursache des Engagements der Elternvertreter mit Migrations­ hintergrund ist. Es ist aber anzunehmen, dass ein positives Vertrauensverhältnis zwischen an Schulen auch zu einem Engagement der Eltern führt. In Bezug auf die erhobenen Werte haben sich bei den Elternvertretern mit Migrationshintergrund höhere Werte für Religiosität und Konservatismus gezeigt, als sie an den Schulen vertreten werden. Mit Effekten von weniger als d = .25 fallen diese Unterschiede eher gering aus. Dabei scheint auch aufgrund der Interviewaussagen der Befragten das Thema Religion ein Motiv für manche Menschen 52

mit Migrationshintergrund zu sein, sich an Schulen zu engagieren. Aufgrund der geringen Stichprobengröße wäre es jedoch verfrüht, daraus weit reichende Schlussfolgerungen ableiten zu wollen. Außerdem sind womöglich aufgrund geringer statistischer Power tatsächlich vorhandene Unterschiede nicht nachgewiesen worden. Dennoch zeigt sich, dass hier ein Ansatzpunkt für weitergehende Untersuchungen besteht, die auch zusätzliche Variablen wie die verfolgten Erziehungsziele einbeziehen könnten. Qualitativer Teil - Befragung der Schulleitungsvertreter: Der qualitativ ausgewertete Teil der Antworten der Vertreter der Schulleitungen ermöglicht einen Abgleich der in Kapitel 5 dargestellten Wahrnehmung der Elternarbeit durch Elternvertreter mit Migrationshintergrund mit der Wahrnehmung seitens der Schulleitungen. Auch wenn hier ebenfalls eine breitere Datenbasis wünschenswert wäre, deutet sich folgendes an: Bei den Gründen für und gegen das Engagement in der Schule unterscheiden sich die Angaben der befragten Elternvertreter und die Wahrnehmungen der Schulleitungen wenig. Die Schulleitungen scheinen also die Motive der engagierten Elternvertreter weitgehend so wahrzunehmen, wie diese sie auch selbst darstellen. Ein Punkt jedoch, der von den befragten Elternvertretern häufig genannt wird, von den Schulleitungen dagegen nicht erwähnt wird, ist der, dass das Engagement Spaß mache. Stärkere Unterschiede in den Sichtweisen von Elternvertreten und Schulleitungen werden bei den Schwerpunkten der Zusammenarbeit deutlich: Die befragten Schulleitungen berichten, das sich Elternvertreter mit Migrationshintergrund hauptsächlich mit Themen beschäftigten, die in Zusammenhang mit Migration stehen, also zum Beispiel dem Einsatz für Sprachunterricht oder der Förderung der Integration der Schülerinnen und Schüler. Die Interviews mit den Elternvertretern liefern hier ein anderes Bild. Themen mit Migrationsbezug werden zwar von allen befragten Elternvertretern mit Migrationshintergrund genannt, Themen ohne Migrationsbezug nehmen jedoch ähnlich viel Raum ein. Möglicherweise spiegeln sich in diesen Unterschieden kulturalistische und ethnisierende Zuschreibungen durch die Schulleitungen wider (vgl. Gaitanides, 2008). Auch bei der Wahrnehmung der Strategien der Zusammenarbeit sind tendenziell Unterschiede erkennbar: von den Schulleitungen wird vor allem die praktische Mitarbeit als Engagementschwerpunkt wahrgenommen, während die befragten Elternvertreter berichten, dass sie sich ebenso auf schulpolitischer Ebene engagierten. Möglicherweise liegen diese Unterschiede darin begründet, dass das Urteil der Schulleitungen auf dem Engagement prototypischer Elternvertreter mit Migrationshintergrund basiert, während die von uns

befragten

Elternvertreter teilweise auf der Basis ihres Engagements im Stadtelternbeirat und in städtischen

Gremien

gewonnen

wurden

und

damit

nicht

zu

den

klassischen

„Salatmitbringern“ im Sinne von Janzen und Herlach (2006) zählen. 53

Auch bei den Problemen der Zusammenarbeit sind deutliche Unterschiede zwischen den

Angaben der berichteten Elternvertreter und den Wahrnehmungen der Schulleitungen feststellbar. Die Antworten der Schulleitungen legen nahe, dass sie die Ursachen für Probleme primär bei den Eltern mit Migrationshintergrund suchen. Von Seiten der Elternvertreter werden Probleme dagegen sowohl bei den Eltern mit Migrationshintergrund selbst, als auch auf Seiten der Lehrkräfte und Schulleitungen gesehen. Unabhängig von der Ursachenzuschreibung unterbreiten jedoch sowohl Schulleitungen als auch Elternvertreter Verbesserungsvorschläge, die beide Gruppen betreffen: im Mittelpunkt stehen jeweils Hilfsangebote für Eltern mit Migrationshintergrund, es werden aber Interventionen mit dem Ziel von Einstellungsänderungen bei den Lehrkräften und Schulleitungen gefordert, sowie ein besserer Informationsfluss zwischen Eltern und Schule. Insgesamt sind die berichteten Unterschiede

in

der

Sichtweise

von

Schulleitungen

und

Elternvertretern

mit

Migrationshintergrund auf deren Engagement zunächst nur als vorsichtige erste Hinweise zu sehen. Um hier größere Gewissheit zu erhalten, wären auf den qualitativen Ergebnissen basierende, quantitativ-empirische Untersuchungen an größeren Stichproben hilfreich. Qualitativer Teil - Befragung der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund: Die Antworten der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund zu den Themen „Gründe für das Engagement“ und „Schwerpunkte des Engagements“ entsprechen weitgehend den Antworten der Elternvertreter mit Migrationshintergrund. Die Angaben der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund zu den Gründen und Schwerpunkten des Engagements der Elternvertreter mit Migrationshintergrund decken sich also stärker mit denen der Elternvertreter mit Migrationshintergrund als mit denen der befragten Schulleitungen. Bei den „Strategien der Zusammenarbeit“ ähnelt

der

Blickwinkel der Elternvertreter

ohne

Migrationshintergrund dagegen eher dem der befragten Schulleitungen, da sie eher die aktive Mithilfe als die institutionalisierte Elternarbeit als zentrale Strategie der Elternvertreter ohne Migrationshintergrund vermuten. Die „Probleme der Zusammenarbeit“ sehen die Eltern ohne Migrationshintergrund ebenfalls aus einem ähnlichen Blickwinkel wie die befragten Schulleitungen: Sofern überhaupt Probleme berichtet werden, werden diese vor allem in den mangelnden Kompetenzen und im kulturellen Hintergrund der Eltern mit Migrations­ hintergrund gesehen. Die „Verbesserungsvorschläge“ der Eltern ohne Migrationshintergrund zielen schwerpunktmäßig auf Hilfsangebote für Eltern mit Migrationshintergrund ab, es werden aber auch Einstellungsänderungen seitens der Schulleitungen und Lehrer gefordert und es wird vorgeschlagen, dass durch vermehrten Kontakt zwischen den Eltern mit und ohne Migrationshintergrund die Zusammenarbeit verbessert werden könne.

54

7. Empfehlungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund Stephan Kröner, Marcus Friedrich und Eva Fritzsche1 Im Folgenden werden auf der Literatur und auf eigenen empirischen Untersuchungen basierende Empfehlungen abgegeben, die auf eine Förderung des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem und auf eine Verbesserung der Zusammenarbeit von Schulen und Eltern mit Migrationshintergrund abzielen. Wie müsste es an Schulen in Deutschland aussehen, damit eine gute und intensive Zusammenarbeit zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und anderen Akteuren an Schulen üblich wird? Vor dem Hintergrund der von uns durchgeführten Interviews müsste dazu Folgendes geschehen sein: Die Eltern mit Migrationshintergrund haben sprachliche Barrieren der Zusammenarbeit überwunden, sie wissen über das Schulsystem und ihre Rolle innerhalb des Schulsystems Bescheid, haben Interesse an schulischen Belangen und erwarten sich positive Effekte von einem persönlichen Engagement. Die anderen Akteure wertschätzen das Engagement der Eltern mit Migrationshintergrund, die Lehrkräfte haben Interesse an einer Zusammenarbeit und eine positive Einstellung gegenüber den Eltern mit Migrationshintergrund, sie verfügen über die erforderlichen interkulturellen Kompetenzen und die nötige Zeit, um sich mit den besonderen Herausforderungen im Rahmen der Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund auseinanderzusetzen, die Zusammen­ arbeit ist zeitlich auf die Bedürfnisse der Eltern abgestimmt und institutionalisiert, auch die Eltern ohne Migrationshintergrund sind den Eltern mit Migrationshintergrund gegenüber offen. Die im Folgenden genannten Empfehlungen zielen darauf ab, einzelne Schritte auf dem Weg zu einem derartigen, sicherlich schwer erreichbaren Optimalzustand zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Sie basieren auf Ausführungen in der Literatur und bekannten Praxisbeispielen und werden mit den Ergebnissen der für die vorliegende Expertise

durchgeführten

Studien

abgeglichen.

Es

werden

zunächst

allgemeine

Empfehlungen dargestellt, bevor speziellere Empfehlungen angeführt werden, die sich auf Einzelgespräche, Gruppenkontakte, Kommunikation, die Schaffung und Ausgestaltung von Institutionen, Angebote zum Kompetenzerwerb durch Eltern mit Migrationshintergrund und schließlich Rahmenbedingungen auf Seiten der Schule beziehen.

1

Alle Autoren: Zentralinstitut für Lehr-Lernforschung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

55

7.1

Voraussetzungen

7.1.1 Beginn bereits im Kindergarten Einige der von uns interviewten Elternvertreter gaben bei der Frage nach Gründen für ihr Engagement an, dass sie es bereits seit der Kindergartenzeit ihrer Kinder gewohnt seien, sich in der Elternarbeit zu engagieren. Dies deckt sich mit Ergebnissen aus der Literatur (Bainski et al., 2004) und führt zu der Empfehlung, bereits in diesen Institutionen mit Maßnahmen zur Förderung des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund zu beginnen. In diesem Zusammenhang scheinen im Kindergartenalter beginnende Projekte wie das in Kapitel 7.6.3 dargestellte Projekt „HIPPY“ ein guter Ansatz zu sein, um Eltern für ihre zukünftigen Aufgaben zu sensibilisieren. Leider ist in Bezug auf den Primarbereich die Forschungslage zum Elternengagement bislang nicht befriedigend, zumal die Befunde aus dem schulischen Bereich hierauf nur bedingt übertragbar sind (vgl. Bainski et al., 2004; Textor, 2008).

7.1.2 Offenheit signalisieren Engagement von Eltern an Schulen ist oft nichts „Großes“, sondern findet häufig zunächst in ganz kleinem Rahmen statt. Es beginnt womöglich mit dem Bemühen der Eltern um das eigene Kind (vgl. Träbert, 2006). Eine von uns interviewte Elternvertreterin berichtet beispielsweise von Absprachen mit der Lehrerin über die angemessene Vorgehensweise bei der Hausaufgabenbetreuung („Inhalte erst dann erarbeiten, wenn sie bereits in der Schule thematisiert wurden“, I2F), bevor sie später im Elternbeirat aktiv wurde. Viele der befragten Elternvertreter wünschen sich in diesem Zusammenhang jedoch eine Förderung der Akzeptanz der Eltern mit Migrationshintergrund durch die Lehrkräfte und andere Eltern. Der Interaktion zwischen Lehrkräften und Eltern kommt offensichtlich eine zentrale Rolle für das Engagement der Eltern zu. Hier gilt es, den Eltern gegenüber Offenheit zu signalisieren und aufeinander zuzugehen. Dies wird den Lehrkräften zuweilen dadurch erschert, dass sich die Zusammenarbeit mit engagierten Eltern aus Lehrersicht durchaus unangenehm gestalten kann, beispielsweise in Gesprächen über Probleme mit den Kindern. Daher bietet es sich an, das Thema Elterngespräche stärker als bislang zum Bestandteil der Lehrerausbildung und Lehrerweiterbildung zu machen. Darüber hinaus könnten auch Maßnahmen ergriffen werden, welche Einstellungsänderungen bei Lehrpersonal und Eltern ohne Migrations­ hintergrund bewirken. So nennen Hoy und Smith (2007) zehn Prinzipien und darauf basierende Strategien, die sich empirisch - auch im schulischen Kontext - als gut geeignet erwiesen haben, Einstellungsänderungen herbeizuführen, bzw. gewünschtes Verhalten zu fördern. Diese Prinzipien bezeichnen sie als „Attraktivität“, „Expertise“, „Vertrauen“, „Kollegialität“, „Reziprozität“, „Knappheit“, „Verpflichtung“, „Selbstwirksamkeit“, „Fairness“ 56

und „Optimismus“ (S. 164f). Im Einzelnen ist damit gemeint, dass Menschen eine Einstellung um so eher übernehmen bzw. ein Verhalten um so eher ausführen, wenn es von attraktiven Vorbildern ausgeführt wird („Attraktivität“), die ihnen ähnlich zu sein scheinen, die sich als kompetent („Expertise“) und vertrauenswürdig erwiesen haben („Vertrauen“) und auch von Dritten so angesehen werden („Kollegialität“). Ein Verhalten wird außerdem umso eher von Menschen ausgeführt, bzw. eine Einstellung wird von Menschen umso eher übernommen, wenn es von Menschen eingefordert wird, die sich ihnen gegenüber kollegial verhalten haben („Reziprozität“), wenn ein Verlust zu drohen scheint, falls das Verhalten nicht ausgeführt, bzw. die Einstellung nicht übernommen wird („Knappheit“), wenn die betreffenden Personen sich freiwillig und öffentlich zu dem entsprechenden Verhalten/der entsprechenden Einstellung bekannt haben („Verpflichtung“) und wenn der Betreffende glaubt, das Verhalten auch mit Erfolg ausführen zu können („Selbstwirksamkeit“). Ein Verhalten bzw. eine Einstellung, die von Vorgesetzten und Autoritätspersonen eingefordert wird, wird von Personen vor allem dann übernommen, wenn diese Personen als fair wahrgenommen werden („Fairness“) und Optimismus ausstrahlen („Optimismus“). Um Lehrkräfte also zu einer engagierten Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrations­ hintergrund zu bewegen, sollten insbesondere die Schulleitungen dafür gewonnen werden, entsprechende Verhaltensweisen zu zeigen. Die Schulleitungen sollten selbst ein positives Beispiel geben und engagiert mit Eltern mit Migrationshintergrund zusammenarbeiten. Sie könnten darüber hinaus Lehrkräfte, die von den anderen Kollegen besonders respektiert und geachtet werden, für eine engagierte Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund gewinnen. Zudem dürfte es hilfreich sein, die Gewinne einer Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund, sowie die möglichen Verluste eines Unterlassens für die Lehrkräfte herauszustellen. Es wäre zu überlegen, ob die Lehrkräfte für eine freiwillige und idealerweise schriftlich fixierte Selbstverpflichtung zur engagierten Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund zu gewinnen wären. Darüber hinaus wäre es möglich, ihnen durch positive Beispiele, realistische Aufgaben, Lob und Unterstützung - auch durch Fortbildungen zu „interkultureller Kompetenz“, vgl. Bender-Szymanski (2008) - positive Selbstwirksamkeits­ erwartungen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund zu vermitteln. Entsprechende Maßnahmen dürften vor allem an Schulen Erfolg haben, an denen ein vertrauensvolles Klima herrscht und an denen sich die Beteiligten fair behandelt fühlen. Um Vertrauen zu gewinnen, wäre es wichtig, dass sich die Schulleitungen wiederum als kompetent, sensibel, offen, verlässlich, freundlich, rechtschaffen und ehrlich präsentieren, sowie Lehrkräfte maßgeblich an den Entscheidungen beteiligen, welche die Lehrkräfte betreffen. Die genannten Maßnahmen können analog auch dazu genutzt werden, mehr Eltern mit Migrationshintergrund für ein Engagement an der Schule zu gewinnen. Einen förderlichen Effekt auf die Kommunikation zwischen den Akteuren hätte zudem womöglich 57

auch

die

verstärkte

Einstellung

von

Lehrkräften

und

Schulsozialarbeitern

mit

Migrationshintergrund.

7.2

Engagement für das eigene Kind wecken

7.2.1 Von den Eltern abzuzeichnende Lerntagebücher und Verbesserung der Erreichbarkeit von Lehrkräften Zur Verbesserung des Informationsflusses und Informationsaustauschs zwischen Eltern und Lehrkräften bieten sich unter Anderem Lerntagebücher an, in welche die Lehrkräfte Woche für Woche Erfolge und Misserfolge der Schüler eintragen. Dadurch, dass diese Tagebücher regelmäßig von den Eltern abgezeichnet werden, stellt diese Maßnahme sicher, dass die Eltern über die Geschehnisse in der Schule informiert sind und nicht lediglich einen, dann oft überraschenden, „blauen Brief“ am Schuljahresende erhalten (Janzen & Herlach, 2006). Die Elternvertreter, welche für die in Kapitel 5 dargestellte qualitative Interviewstudie befragt wurden, schlagen vor, derartige Lerntagebücher auch als Posthefte zum Informations­ austausch zwischen Eltern und Lehrkräften zu nutzen. Auch darüber hinaus wünschen sie sich, dass die Lehrkräfte ihre Erreichbarkeit erhöhen, sei es im Anschluss an den Unterricht, per Telefon oder per E-Mail.

7.2.2 Vermehrte Kontaktaufnahme durch die Lehrkräfte Bidlingmeier und Safraider (2006) sprechen folgende Empfehlungen für Lehrkräfte aus: aktiv auf die Eltern mit Migrationshintergrund zugehen, in Gesprächen aufmerksam zuhören und echtes Interesse am Kind vermitteln, fehlende Nachfragen eher auf fehlenden Mut als darauf zurückführen, dass alles klar ist, sowie die Eltern bei etwaigen Problemen frühzeitig ansprechen, nicht erst, wenn schlechte Zensuren unabwendbar sind. Auch die von uns befragten Elternvertreter mit Migrationshintergrund schlagen vor, dass die Initiative zur Aufnahme von Kontakt verstärkt von den Lehrkräften ausgehen sollte.

7.2.3 Hausbesuche durch Lehrkräfte Ein von den befragten Elternvertretern benannter Problempunkt bezieht sich auf die geringe Intensität des Kontakts zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Lehrkräften. In der Literatur finden sich hierzu Lösungsvorschläge bei Gaitanides (2008): Die von ihm befragten Lehrkräfte berichten von Erfolgen durch Hausbesuche ohne „Problemanlass“ als proaktiver Methode. Auch Janzen und Herlach (2006) empfehlen, dass die Lehrkräfte sich Zeit für Hausbesuche nehmen sollten, um sich ein Bild von den Lebensbedingungen ihrer Schüler zu machen. Ein engerer, von den Lehrkräften initiierter Kontakt zwischen Eltern und Lehrkräften entspricht auch den Wünschen der im Rahmen der Interviewstudie befragten Eltern. 58

7.2.4 Gestaltung persönlicher Gespräche Für wichtige Elterngespräche empfehlen Boos-Nünning et al. (o.J.), entsprechend fortgebildete Lehrkräfte und Berater als Dolmetscher einzusetzen, auf keinen Fall aber Jugendliche oder andere Verwandte, dies entspricht dem Wunsch vieler befragter Eltern nach Übersetzern. Für derartige Treffen schlagen Boos-Nünning et al. (o.J.) zudem die Wahl außerschulischer Orte wie Lern- und Begegnungsstätten im Stadtteil vor. Dies scheint insbesondere deshalb sinnvoll, um mögliches Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen abzubauen (vgl. auch Bidlingmeier & Safraider, 2006). Von derartigem Misstrauen berichten auch einige der von uns befragten Elternvertreter. In Bezug auf die Inhalte persönlicher Gespräche ermutigen Janzen und Herlach (2006) die Lehrkräfte, auch außerschulische, erziehungsbezogene Themen anzusprechen. Dies werde speziell von der Zielgruppe russlanddeutscher Aussiedler erwartet.

7.3

Elternarbeit in der Gruppe

7.3.1 Feste und gemeinsame Aktivitäten Der Studie von Gaitanides (2008) lässt sich entnehmen, dass Feste von vielen Lehrkräften als gut geeignete, niederschwellige Möglichkeiten zur Initiierung von Elternengagement, zum Auflösen von Blockaden und zur Förderung der Identifikation mit der Schule gesehen werden. Auch die von uns befragten Elternvertreter mit Migrationshintergrund bestätigen diese Sichtweise. Sie betonen darüber hinaus, dass sie sich Veranstaltungen mit informellem Rahmen für die Eltern wünschen, beispielsweise einen „Kaffeeklatsch“ in der Schule oder gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge, und sehen diese Veranstaltungen als Möglichkeiten zur Mithilfe beim Schulleben. Janzen und Herlach (2006) betonen allerdings, dass die Elternschaft zwar - im direkten Kontakt mit den Lehrkräften - verstärkt an der Organisation schulischer

Veranstaltungen

beteiligt

werden

solle,

jedoch

ohne

Eltern

mit

Migrationshintergrund zu „‚Kuchenbäckern’ und ‚Salatmitbringern’“ zu degradieren. Feste und gemeinsame Aktivitäten könnten dazu beitragen, dass sich Eltern mit Migrationshintergrund und andere Personengruppen besser kennenlernen und Vorurteile abbauen. Manche unserer Interviewpartner berichteten, dass sie selbst sich im Rahmen derartiger Maßnahmen engagierten. Die Befragten nennen verschiedene unterrichtsnahe Projekte, wie beispielsweise einen „türkischen Tag“ oder eine Unterrichtseinheit zu „russischem Weihnachten“, bei denen sie sich engagierten. Hamburger (2005) kritisiert allerdings an derartigen Projekten, dass so lediglich das Wissen der einen über die Verschiedenheit der anderen empirisch gefestigt werde. Es wäre demnach darauf zu achten, Eltern mit Migrationhintergrund inhaltlich nicht auf „bunte Kleider, exotische Tänze und kulinarische Spezialitäten“ (S. 9) festzulegen. Bainski et al. (2004) schlagen darüber 59

hinausgehend vor, soziale Elemente auch in „klassische“ Elternabende zu integrieren und diese als Workshops zum gegenseitigen Kennenlernen und dem Austausch über Vorstellungen von Erziehung und Lernen zu gestalten. Entsprechende Wünsche äußern auch die von uns befragten Elternvertreter.

7.3.2 Einladung zu Elternabenden und Elternsprechtagen Plath et al. (2002) weisen darauf hin, dass eine schriftliche Einladung in deutscher Sprache bei manchen Eltern als unpersönlich wahrgenommen werde und diese zudem nicht in der Lage seien, die Bedeutung von Elternabenden und Elternsprechtagen auf Basis derartiger Einladungen angemessen einzuschätzen. Bos-Nünning et al. (o.J.) schlagen mündliche bzw. telefonische Einladungen vor, ggf. gefolgt von einer schriftlichen Einladung zur Erinnerung. Zusätzlich empfehlen sie das Rühren der „informellen Werbetrommel“ durch aktive Eltern oder andere Schlüsselpersonen. Hier führen sie Imame, Vereinsvorsitzende, oder Muttersprachlehrer an. Dies entspricht auch dem Wunsch der von uns befragten Eltern, dass die Lehrkräfte vermehrt direkten, telefonischen Kontakt zu einzelnen Eltern aufnehmen sollten (Interview T1N). Bainski et al. (2004) schlagen darüber hinaus vor, Einladungen in den Sprachen zu verschicken, die nötig sind, um alle Eltern zu erreichen. Dies impliziert allerdings, dass die Sprachen dann auf dem Elternabend auch tatsächlich verstanden bzw. übersetzt werden.

7.3.3 Verhaltensverträge in Bezug auf Elternabende Sowohl Elternvertreter, welche für die in Kapitel 5 dargestellte qualitative Interviewstudie befragt wurden, als auch Schulleitungen, welche für die Studie in Kapitel 6 befragt wurden, schlagen den Einsatz von Verhaltensverträgen zum Besuch von Elternabenden vor. Dabei handelt es sich um ein Vorgehen, welches an einzelnen Schulen bereits praktiziert und für erfolgreich gehalten wird (Julia Herdramm, Grundschule Kleine Kielstraße Dortmund, persönliche Mitteilung). Die Verhaltensverträge können sich darüber hinaus auch auf andere bildungsrelevante Verhaltensweisen beziehen, indem darin für Eltern, Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen konkrete Verhaltensweisen festgeschrieben werden, die der Erreichung der Bildungsziele der Kinder förderlich sind. Eine der befragten Schulen wird demnächst entsprechende Verhaltensverträge erproben.

7.3.4 Gestaltung von Elternabenden Ein Problempunkt, der aus der qualitativen Interviewstudie in Kapitel 5 deutlich wird, ist der Umstand, dass Elternabende und ähnliche Veranstaltungen von Eltern mit Migrations­ hintergrund seltener besucht werden als von anderen Eltern. Aus der Literatur lassen sich Empfehlungen zu diesem Punkt vor allem anhand der Ergebnisse der Studie von Gaitanides 60

(2008) gewinnen, der Lehrkräfte zu Schülern und Familien mit Migrationshintergrund befragt hat. Hier wären zu nennen: das Anbieten „schichtarbeitsfreundlicher“ Terminlösungen, eine Steigerung der Attraktivität von Elternabenden durch ein attraktives Raumangebot, die Vermeidung von Elternabenden mit dem Charakter von „Frontalunterricht“, die Einbeziehung von Schülern und ihren „Produkten“ um die Neugier der Eltern zu steigern sowie eine klare Kommunizierung der Botschaft, dass eine Teilnahme wirklich erwartet und für wichtig gehalten

wird.

Konkrete

Hinweise

für

die

Vorbereitung

von

Elternabenden

und

Elterngesprächen geben auch Boos-Nünning et al. (o.J.). Dabei handelt es sich um Punkte wie: Eltern und Migrantenselbstorganisationen sowie Kolleginnen und Kollegen in die Planung einbeziehen, hohe Feiertage bei der Terminfestlegung berücksichtigen, einen Raum für

die

Kinderbetreuung

anbieten,

ggf.

inklusive

Betreuungskraft,

Namensschilder

bereitstellen, den religiösen Essensvorschriften angemessene Getränke und Snacks bereithalten. Dies entspricht dem Wunsch vieler von uns befragter Eltern nach einer stärkeren Rücksichtnahme auf kulturelle Besonderheiten (Interviews T2N, T1N).

7.3.5 Direkte Ansprache und Bitte um Mithilfe Eltern mit Migrationshintergrund sind oft zurückhaltend und warten darauf, angesprochen zu werden, bevor sie sich engagieren. In diesem Kontext schlagen Bainski et al. (2004) folgendes vor: „Migranten, die auf Elternabenden als besonders interessiert auffallen, werden gezielt zur Mitarbeit […] eingeladen“ (S. 21). Wie Plath et al. (2002) berichten, ist dies auch eine von nahezu der Hälfte der von ihnen befragten Schulleitungen berichtete Strategie zur Werbung von Elternvertretern mit Migrationshintergrund an deren Schulen. Auch für viele der von uns befragten Elternvertreter mit Migrationshintergrund war es der Startschuss für ihr Engagement, dass sie gefragt bzw. darum gebeten wurden. Es sollte allerdings sichergestellt werden, dass die Eltern, die um ein Engagement gebeten werden, auch wissen, was von ihnen verlangt wird, da ein gewählter, aber inaktiver Elternvertreter ein geringer Gewinn ist. So berichteten einige der Schulleitungen, die im Rahmen der in Kapitel 4 vorgestellten Studie geantwortet haben, von zwar gewählten, aber inaktiven Eltern­ vertretern mit - und ohne - Migrationshintergrund. Dies mag jedoch wiederum ein Problem sein, welches auch von der Herangehensweise der übrigen Akteure abhängt: So gaben auch einige der von uns befragten, gewählten Elternvertreter an, im Rahmen ihres Engagements primär auf Anfragen seitens der Schule zu warten und für die Wünsche anderer Eltern bereitzustehen.

7.3.6 Lieblingsthemen aufgreifen Träbert (2006) schlägt zur Aktivierung von Eltern vor, ihnen das Einbringen ihrer Vorlieben und Interessen zu ermöglichen. Wer die Erfahrung mache, ernst genommen und um seine 61

Meinung gebeten zu werden, sei auch eher zur aktiven Beteiligung in diesen Bereichen bereit. Als konkreten Hinweis nennt er das Verteilen von Fragebögen zu Themenwünschen vor Elternabenden statt einfachen Fragens in die Runde. Dieser von Träbert (2006) benannte Aspekt wird auch in den für die vorliegende Expertise geführten Interviews deutlich. Die von uns befragten Eltern haben individuelle „Lieblingsthemen“, die sie besonders beschäftigen, wie gemeinsame Unternehmungen mit deutschen Eltern, Deutsch Sprechen zu Hause in Familien mit Migrationshintergrund oder Disziplin und Kontrolle an Schulen (Interviews R2N, I2F). Hier könnte es ein Ansatzpunkt für die Schulen sein, derartige Themen bei ihren Eltern aufzuspüren und ihre Bearbeitung als Keimzellen für ein umfassenderes Engagement zu fördern.

7.4

Vernetzung und Institutionalisierung

7.4.1 Unterstützung der Zusammenarbeit durch öffentliche Einrichtungen Sowohl in der Metropolregion Nürnberg als auch im Rhein-Main-Gebiet gibt es vielerorts städtische Einrichtungen, die sich um die Integration von Menschen mit Migrations­ hintergrund bemühen und die auch eng mit Migrantenvereinen vernetzt sind. Beispiele hierfür sind das Nürnberger Inter-Kultur-Büro und das Amt für multikulturelle Aktivitäten (AmkA) in Frankfurt am Main. Das Nürnberger Inter-Kultur-Büro ist beispielsweise eng mit dem Verein „Bildungslotsen“ verbunden, der Eltern mit Migrationshintergrund Informationen und Beratung zum deutschen Schulsystem anbietet. So leistet er – wenn auch nicht direkt an Schulen – einen Beitrag zur Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern mit Migrations­ hintergrund.

Das

AmkA

arbeitet

beispielsweise

im

Projekt

„ausbildungsorientierte

Elternarbeit“ mit Multiplikatoren aus Migrantenvereinen zusammen, mit dem Ziel, Eltern mit Migrationshintergrund beim Thema des Übergangs ihrer Kinder in Ausbildung und Berufsleben zu unterstützen. Die genannten Einrichtungen leisten damit schon wichtige Arbeit der Art, wie sie auch von den befragten Elternvertretern gewünscht wird. Die Arbeit dieser Einrichtungen wird an den Schulen und von den Elternvertretern mit Migrations­ hintergrund aber oftmals noch nicht hinreichend wahrgenommen. Eine stärkere Vernetzung der auf Integration ausgerichteten städtischen Einrichtungen und der Vereine mit Migrations­ hintergrund – insbesondere der Vereine mit Fokus auf Bildungsaspekte - mit den örtlichen Schulen wäre daher der Zusammenarbeit zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Schulen sicherlich zuträglich.

62

7.4.2 Verbesserung der Erreichbarkeit von Migrantenvereinen Informelle Beobachtungen bei der Vorbereitung der qualitativen Interviewstudie haben ergeben, dass es zwar eine Reihe von Organisationen von und für Bürger mit Migrationshintergrund gibt, die auch bildungsrelevante Themen bearbeiten, die jedoch oft nur schwer telefonisch erreichbar sind. Dies entspricht den Beobachtungen von Boos-Nunning et al. (o.J.), wonach Migrantenvereine im Sinne kultureller Nähe und Distanz sehr weit von den Schulvertretern entfernt seien. Insofern verwundert es nicht, wenn die Arbeit dieser Vereine oft weder bei den Elternvertretern noch bei den Schulleitungen angemessen wahrgenommen wird. Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Migrations­ hintergrund in das deutsche Schulsystem kann es daher sein, die Erreichbarkeit dieser Vereine zu verbessern, indem die bei städtischen Einrichtungen oftmals verfügbaren Listen regelmäßig überprüft, aktualisiert und mit Sprechzeiten im Internet publiziert werden. Möglicherweise würde es sich auch lohnen, über ein Call-Center eine von den Schulen und anderen Interessenten nutzbare zentrale Nummer für deutschsprachige telefonische Erst­ kontakte zu Migrantenvereinen bereitzustellen. Dieses Call-Center könnte von den Vereinen als virtuelles Sekretariat genutzt werden.

7.4.3 Vernetzung zwischen Eltern mit Migrationshintergrund Ein positives Beispiel zur engeren Vernetzung der Eltern mit Migrationshintergrund findet sich an der Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund. Dabei werden Mütter, deren Kinder die

Schule

bereits

durchlaufen

haben,

gebeten,

andere

Mütter

mit

gleichem

Migrationshintergrund über die Schule, das deutsche Schulsystem im Allgemeinen, Elternarbeit und die für das Kind nötige Unterstützung zu informieren und für Rückfragen bereitzustehen (Grundschule Kleine Kielstraße, 2009). Dieses Projekt genügt gleich mehreren Wünschen der Befragten zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Es hilft, Eltern mit Migrationshintergrund besser über das deutsche Schulsystem aufzuklären, sprachliche wie kulturelle Barrieren zu überwinden, bei den Eltern mit Migrationshintergrund Berührungsängste mit der Schule abzubauen und Vertrauen in die Schule zu schaffen. Zum anderen geben die beteiligten Mütter ein gutes Beispiel, sorgen für eine positive soziale Norm hinsichtlich des Engagements an der Schule und die Wertschätzung ihres Engagements

zeugt

vom

Respekt

der

Schule

gegenüber

den

Eltern

mit

Migrationshintergrund. Etwas Ähnliches leistet auch der Verein „Bildungslotsen“ (s. Kapitel 7.6.3).

7.4.4 Gründung von Schulbeiräten Einen Vorschlag zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und außerschulischen Partnern, der sich auf die bessere Einbindung von Organisationen mit 63

Fokus auf Menschen mit Migrationshintergrund, ihre Interessen und Bedürfnisse anwenden lässt, unterbreiten Bainski et al. (2004). Sie verweisen auf die in Großbritannien, den USA und Kanada verbreiteten School Councils und schlagen vor, auch an deutschen Schulen Schulbeiräte zu installieren, in denen neben den Eltern auch andere Vertreter der unter­ schiedlichen im jeweiligen Stadtviertel lebenden Gruppen vertreten sind. In Großbritannien beispielsweise gibt es mehr als 300 000 sogenannte „School Governors“ (National Governors’ Association, 2009). Sie nehmen Einfluss auf die Ausrichtung der Schule, übernehmen Verantwortung und beobachten und bewerten die Leistungen der Schule. Sie werden bei der Einstellung von Lehrkräften und Schulleitern einbezogen, können Geld für die Schule sammeln und für diese werben. Sie sollen gemäß demokratischer Prinzipien helfen, die Schulen zu überwachen und auf ihre Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Die School Governors sind zudem landesweit in einem Verband organisiert, der seinen Mitgliedern in Newslettern und einer eigenen Zeitschrift regelmäßig über die Arbeit, Möglichkeiten und Schwierigkeiten berichtet, die den Engagierten bei ihrer Arbeit begegnen können. Im Unterschied zu Elternbeiräten in Deutschland kann beispielsweise in England fast jeder interessierte Erwachsene School Governor werden, so dass das Engagement von Eltern auch über die Dauer des Schulbesuchs eigener Kinder hinaus erleichtert wird. Auch wenn Leithwood,

Jantzi

und

Steinbach

(1999)

berichten,

dass

Effekte

entsprechender

Organisationen auf das Unterrichtsgeschehen und die Leistungen der Schüler vor allem von der Offenheit der Schulleitung hinsichtlich einer gemeinsamen Zusammenarbeit abhängen und nur schwach positiv sind, stellen sie womöglich gerade für die Förderung eines kontinuierlichen Engagements, beispielsweise von in Elternvereinen engagierten Migranten, eine gute Lösung dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Befunde aus Kapitel 4 zur schwachen Vernetzung zwischen Elternvereinen und Schulen. Auch Leithwood et al. (1999) sehen die Stärken von School Councils primär in Bezug auf eine gelingende Elternarbeit. Da Studien zu derartigen School Councils dem Vorhandensein dieser Einrichtung entsprechend überwiegend aus dem englischsprachigen Ausland stammen, ist die Generalisierung auf die rechtlichen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen in Deutschland beim derzeitigen Forschungsstand schwierig.

7.5

Kompetenzerwerb von Eltern mit Migrationshintergrund

7.5.1 Sprachbezogene Hilfsangebote für Eltern mit Migrationshintergrund Die in Kapitel 4 genannten, an Schulen aktiven Initiativen haben zu einem großen Teil sprachbezogene Schwerpunkte (z. B. „Mama lernt Deutsch“, vgl. Landeshauptstadt Wiesbaden, 2005). Damit übereinstimmend fordern auch viele der von uns interviewten 64

Elternvertreter mit Migrationshintergrund spezielle Hilfsangebote für Eltern mit Migrations­ hintergrund, die sich auf die Überwindung der Sprachbarriere beziehen. Hierbei handelt es sich um das bereits erwähnte Bereitstellen von Dolmetschern ebenso wie um Angebote zur Sprachförderung für Eltern. So sagt einer der von uns inverviewten Elternvertreter dass es ohne Sprache keine Integration und kein Engagement gebe; das alles liege an der Sprache; die Sprache sei das Wichtigste (Interview R2N).

7.5.2 Informationsveranstaltungen über das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem Neben sprachlichen Problemen hindern oft falsche oder lückenhafte Überzeugungen über das deutsche Schulsystem Eltern mit Migrationshintergrund an einem Engagement. Diese Informationsdefizite könnten durch Informationsveranstaltungen über das deutsche Schul­ system und die Rolle der Eltern darin verringert werden. So berichtet beispielsweise Heuser (2006) über seine Arbeit an einer Schule für Kinder von Aussiedlern und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es wichtig sei, die Eltern nicht nur über Besonderheiten des Schulsystems zu informieren, sondern darüber hinaus auch über die Komplexität von Arbeitsmarkt und dualem Ausbildungssystem. Außerdem müsse ihnen die Bedeutung von Eigeninitiative vermittelt werden. Auch viele der von uns interviewten Elternvertreter mit Migrationshintergrund sehen mangelnde Kenntnisse und falsche Vorstellungen über das deutsche Bildungssystem sowie über die bildungsbezogenen Aufgaben der Eltern als Gründe für mangelndes Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund. Informations­ angebote jeglicher Art, auch unter Beteiligung anderer Personen mit Migrationshintergrund, könnten hier hilfreich sein.

7.6

Rahmenbedingungen auf Seiten der Schule

7.6.1 Hilfsangebote zur Gesprächsführung für Lehrkräfte Im Rahmen der qualitativen Interviews wurde deutlich, dass es immer wieder zu Problemen in der Gesprächsführung zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Lehrkräften kommt: Auch wenn sich hier zunächst Dolmetscher als Abhilfe anbieten, ist darüber hinaus jedoch auch der Aufbau interkultureller Kompetenz bei den Lehrkräften hilfreich, kombiniert mit einem Training bewährter Techniken der Gesprächsführung (vgl. bereits Minuchin, 1974). Busch und Dorn (2001) betonen in Bezug auf die Kommunikation in potentiell konflikt­ trächtigen Situationen, dass die Lehrkräfte insbesondere zwischen drei Botschaften in den sprachlichen Aussagen der Elternvertreter unterscheiden sollten: den sachlichen Aussagen der Gesprächspartner, Aussagen zur emotionalen Beziehung der Gesprächspartner zum sachlichen Inhalt und Wünschen der Gesprächspartner hinsichtlich des Gesprächsthemas. 65

Sie empfehlen, diese Aspekte im Gespräch voneinander getrennt anzusprechen. Hierzu nennen Busch und Dorn eine ganze Reihe von Leitlinien einer optimalen Gesprächsführung, nach denen Lehrkräfte sich insbesondere in konfliktträchtigen Gesprächen richten sollten: Sie sollten sich bewusst sein, dass beide Seiten eine unangemessene Sichtweise haben können. Die Lehrkräfte sollten ihren Gesprächspartner ernst nehmen und ihm dies auch durch Nachfragen, Gestik, Mimik und Sprechweise signalisieren. Lehrkräfte sollten eigene emotionale Befindlichkeiten durchaus zeigen, aber stets kontrollieren. Während des Gesprächs sollten die Lehrkräfte nicht zu lange selbst reden, sondern immer wieder fragen, informieren, fordern und zuhören. Während des Gesprächs sollte nicht versucht werden, zu viel auf einmal zu klären, sondern jedes Thema sollte separat geklärt werden und dabei sollten wahrgenommene Probleme, Wünsche und emotionale Befindlichkeiten jeweils voneinander getrennt angesprochen werden. Dafür reichten jeweils oft schon ein oder wenige Sätze. Der Gesprächspartner solle mit Respekt, gleichberechtigt und als Erwachsener behandelt und dementsprechend nicht belehrt, beschuldigt oder - direkt oder indirekt - bedroht werden. Forderungen und Wünsche der Lehrkräfte an die Elternvertreter sollten klar formuliert werden. Alle Aussagen der Lehrkräfte sollten klar und verständlich formuliert sein. Unangemessene Generalisierungen und irrelevante Informationen seien zu vermeiden. In Situationen, die zu Konflikten führen können, sollten Lehrkräfte letztlich auch Alternativen in Betracht ziehen, die zu einer Beruhigung der Befindlichkeiten führen können. Dies könne auch bedeuten, das Gespräch zu vertagen, abzuwarten oder einen Schlichter hinzu zu ziehen. Diese von Busch und Dorn angeführten Techniken zur Gesprächsführung basieren zwar weniger auf empirischen Befunden, haben sich aber den Autoren zufolge als praxistaugliches Werkzeug erwiesen. Eine Weiterqualifizierung der Lehrkräfte in Bezug auf Gesprächsführung und interkulturelle Kompetenzen scheint auch vor dem Hintergrund der von uns geführten Interviews geboten, da verschiedene der von uns befragten Elternvertreter berichteten, die Zusammenarbeit falle schwer, wo die Lehrkräfte die Eltern nicht als gleich­ berechtigt, sondern wie Befehlsempfänger oder Schüler behandeln würden.

7.6.2 Schaffung geeigneter Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte Aus den Ergebnissen von Gaitanides (2008) wird deutlich, dass ein Hinderungsgrund für die Umsetzung mancher der genannten Maßnahmen zur Steigerung des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund darin bestehen könnte, dass diese Maßnahmen mit einer Zusatzbelastung für die Lehrkräfte verbunden sind. So weist Träbert (2006) darauf hin, dass eine erfolgreiche Elternarbeit zwar vieles erleichtere, jedoch zunächst erhöhten Aufwand bedeute. Über die nötige Weiterbildung von Lehrkräften hinaus sind daher wirksame Anreize für die Lehrkräfte zu schaffen, nicht zuletzt indem der mit intensiver Elternarbeit verbundene tatsächliche zeitliche Aufwand angemessen berücksichtigt wird. Auch die Wertschätzung 66

entsprechender Bemühungen im Rahmen der Schulkultur könnte hier eine Rolle spielen. Schließlich ist auch das Vorhalten geeigneter und ansprechender Räumlichkeiten für Gespräche in diesem Zusammenhang zu nennen.

7.6.3 Best-Practice-Beispiele mit Schwerpunkt Sprachförderung Die Sprachbarriere hat sich als ein wichtiges Hindernis für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund herausgestellt. Im Folgenden werden daher Praxisbeispiele mit einem Schwerpunkt auf Sprachförderung genannt, in denen bereits heute versucht wird, einige der genannten Maßnahmen umzusetzen. HIPPY: Das in Israel entwickelte Programm „HIPPY“ (Home Instructions for Parents of Preschool Youngsters) zielt darauf ab, Eltern mit Migrationshintergrund dazu zu motivieren und in die Lage zu versetzen, ihre Kinder insbesondere sprachlich, aber auch sozial und kognitiv zu fördern. Innerhalb des zweijährigen Programms werden die teilnehmenden Eltern wöchentlich von einer Mutter mit gleichem Migrationshintergrund besucht, welche die Eltern mit Lernspielzeug versorgt, ihnen den Umgang damit erklärt und sich mit ihnen über den Gebrauch austauscht. Die Eltern sollen täglich etwa 15 Minuten gemeinsam mit ihren Kindern mit dem Lernspielzeug spielen und einmal monatlich in einer Elterngruppe darüber reflektieren (HIPPY Deutschland e.V., 2006). Mama lernt Deutsch: Das Projekt „Mama lernt Deutsch“ richtet sich vor allem an Mütter mit Migrationshintergrund, da Mütter als Schlüsselfiguren für die Bildung und kulturelle Partizipation der Familie und Kinder gelten. Durch Deutschkurse in Grundschulen, Kinder­ tagesstätten und Moscheen, also an Orten, die ihnen aus ihrem Alltag bekannt sind, sollen die Mütter in ihren sprachlichen und sozialen Möglichkeiten unterstützt und gestärkt werden. Letztlich sollen ihnen auch die Orte vertrauter gemacht werden, an denen ihre Kinder lernen, so dass ihre Hemmungen sinken, mit der Schule in Kontakt zu treten (vgl. Landeshauptstadt Wiesbaden, 2005). MitSprache: „mitSprache“ ist ein Modellprojekt zur sprachlichen und soziokulturellen Integration von Eltern und Schülern mit Migrationshintergrund. Es handelt sich um eine Kooperation zwischen dem Frankfurter Amt für multikulturelle Angelegenheiten AmkA, dem Frankfurter Schulamt und einigen Frankfurter Schulen. Dabei sollen bestehende Ansätze zur Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache, Mehrsprachigkeit, Elternarbeit und Lehrer­ bildung in Hinblick auf die Bedürfnisse von Eltern und Schülern mit Migrationshintergrund reflektiert, weiterentwickelt und erprobt werden (Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, 2007).

67

7.6.4 Best-Practice-Beispiele mit Schwerpunkt Informationsvermittlung für Eltern Auch wenn die Bearbeitung der Sprachbarriere sicherlich wichtig ist, sind die Elternrolle im Rahmen des deutschen Schulsystems und das komplexe Ausbildungs- und Berufssystem weitere Punkte, an denen viele Eltern mit Migrationshintergrund Informationsdefizite haben. Im Folgenden werden daher Praxisbeispiele mit entsprechendem Schwerpunkt genannt. Projekt der Heinrich-Zille-Grundschule in Berlin: An dieser Schule werden die Eltern durch Elternschule, Elterncafé, Workshops und Gesprächskreise intensiv in den Schultag eingebunden. Ein Schwerpunkt liegt auf dem so genannten „Kinder-Pass“. Dabei handelt es sich um ein Heft für Kinder und ihre Eltern, das den Schulstart begleitet. Kinder, Eltern und Lehrkräfte notieren die Fortschritte des Kindes in Bezug auf den Lernerfolg, aber auch bezüglich interkultureller und allgemeiner sozialer Kompetenzen. Den Kinderpass gibt es auf Deutsch und zweisprachig auf Deutsch und Türkisch. Die Schule wurde Sieger des europäischen Grundschulpreises „Engagement macht Schule“ (Träbert, 2006). Gesprächskreis für türkische Mütter an der Grundschule Beckerradstraße in Gelsenkirchen: Während des ersten Schulhalbjahres werden hier im Rahmen des Schulanfangs die Inhalte eines

„Erziehungsdiploms“

erarbeitet.

Im

zweiten

Schulhalbjahr

richtet

sich

der

Gesprächskreis an Mütter der dritten und vierten Klassen und thematisiert beispielsweise den Übergang in weiterführende Schulen, Klassenfahrten und die Bedeutung von Büchern (Träbert, 2006). Leuchtturm e. V. - Elternbildung für Aussiedler: Der Verein Leuchtturm e.V. in Weilheim hat in Zusammenarbeit mit der örtlichen Hauptschule ein auf die Zielgruppe der Aussiedler ausgerichtetes Maßnahmenbündel entwickelt. Dieses umfasst unter anderem ein Faltblatt für Eltern auf Deutsch und Russisch mit Informationen zu schulischen Abläufen wie Stundenplan, Entschuldigungen, Schwimmwoche und Ausflügen, regelmäßige Elternabende auf Deutsch und Russisch im Übergangswohnheim und gemeinsame Sprachförderung für Schüler und Eltern unter dem Titel „beim Kochkurs Deutsch lernen“ (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, 2006). Ausbildungsorientierte Elternarbeit (AOE): Bei der „Ausbildungsorientierten Elternarbeit“ handelt es sich um ein Projekt mit zweijähriger Laufzeit, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt und vom Jugendmigrationsdienst umgesetzt wird. Ziel des Projekts ist es, Eltern über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem zu informieren, sie zu ermutigen, sich für die schulische Bildung ihrer Kinder zu engagieren und sie zu motivieren, sich an der Berufswahl ihrer Kinder zu beteiligen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2007). 68

7.6.5 Arbeit mit Multiplikatoren Über die Arbeit mit Eltern hinaus ist eine Einbindung weiterer Akteure ein Schlüssel zur erfolgreichen Elternarbeit. Im Folgenden werden daher exemplarisch entsprechend ausge­ richtete Projekte vorgestellt. InDica: Das Projekt InDica wurde im Jahr 2002 als Teilprojekt einer Maßnahme des Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen in Rheinland-Pfalz begrün­ det. Es handelt sich dabei um eine Fortbildungsreihe für Multiplikatoren mit Migrations­ hintergrund, die mit dem Ziel geschult werden, in ihrer Muttersprache umfassendes Wissen über Schulsystem und Formen der Elternmitwirkung in der Schule, über Sprachförderung und Mehrsprachigkeit, über Berufswahl und Ausbildungswege, an andere Eltern mit Migrationshintergrund weiterzugeben. Die so geschulten Multiplikatoren organisieren ent­ sprechende Elterninformationsveranstaltungen selbstständig, bewerben sie und führen sie durch (Koepf, 2009). Multiplikatorengesprächskreis: Bidlingmeier und Safraider (2006) berichten von einem Gesprächskreis „Eltern sein in Deutschland“, der im Rahmen eines Familienvereins für Spätaussiedlerfamilien in Lemgo angeboten wird. Dort behandeln interessierte Lehrkräfte, Erzieherinnen und Eltern gemeinsam Themen wie den Vergleich von Schulsystemen, erfolgreiche Lebensentwürfe im Herkunftsland und in Deutschland, zweisprachige Erziehung und rechtliche Fragen. Die Teilnehmer übernehmen ihrerseits eine Brückenfunktion zwischen Eltern, Kindergärten und Schulen.

7.6.6 Schulversuch KommMIT: „KommMit“ (Kommunikation, Migration, Integration, Teilhabe) ist ein bayernweiter Schulversuch mit 30 teilnehmenden Schulen, der im Oktober 2008 begonnen hat und auf drei Jahre ausgelegt ist. Ziel des Versuchs ist es, die Chancen zu verbessern, die junge Menschen mit Migrationshintergrund am Ausbildungsmarkt haben. Zu diesem Zweck sollen die sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Schülern mit Migrationshintergrund individuell gefördert werden. Dazu findet zusätzliche fachbezogene Sprachförderung in der Schule statt und es erfolgt eine enge Vernetzung von Schulen mit außerschulischen Vereinen. Zusätzlich soll die Zusammenarbeit mit den Eltern durch Vorbereitungskurse auf das deutsche Schulsystem für die Eltern verbessert werden. Die Ergebnisse des Versuchs sollen schließlich in einem Best-Practice-Handbuch veröffentlich werden (vgl. Bayerisches Ministerium für Kultus und Unterricht, 2008).

69

7.6.7 Reduktion der negativen Folgen geringen Elternengagements für die Schüler Eine

Steigerung

des

Engagements

von

Eltern

im

Allgemeinen

und

Eltern

mit

Migrationshintergrund im Besondern ist bereits im Sinne der Demokratieförderung wünschenswert. Hier setzen die bislang genannten Maßnahmen an, die primär darauf abzielen, das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen zu steigern. Ein weiterer Grund für diese Maßnahmen ist jedoch auch der Nutzen, der davon für die Schüler ausgeht. Hill und Taylor (2004) gehen von zwei Wirkmechanismen für Eltern­ engagement aus: Zum einen führe sie zu effizienterer soziale Kontrolle der Schüler, da sie zu einem besseren Konsens zwischen Lehrkräften und Eltern zu Erziehungszielen und angemessenem Schülerverhalten führe. Zum anderen steigere sie das soziale Kapital der Schüler, indem sie bei den Eltern für besseres Wissen über schulische Erwartungen sorge, deren Möglichkeiten zur Unterstützung bei Hausaufgaben erweitere, den Informations­ austausch mit anderen Eltern über die Qualität zur Wahl stehender Schulen, Kurse und Lehrkräfte anrege und dafür sorge, dass die Eltern in der Schule hohe Leistungserwartungen bezüglich Schülerleistungen und Unterrichtsqualität kommunizierten. Es gehört zu den Besonderheiten des deutschen Schulsystems, dass Eltern hier viele Aufgaben übernehmen, die in anderen Ländern durch die Schule abgedeckt werden (Stichwort: Hausaufgaben). Eine der von uns interviewten Personen beschreibt die Grundschule als „Prüfung für die Eltern“ (Interview A1N). Da auch die effizientesten Maßnahmen zur Steigerung elterlichen Engagements nicht alle Eltern erreichen dürften und von diesen wiederum diejenigen Schüler am meisten profitieren dürften, die ohnehin günstige Voraussetzungen im Elternhaus mitbringen, ist über Maßnahmen zur Steigerung des Elternengagements hinaus auch zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die negativen Folgen einer niedrigen Partizipation von Eltern für die davon individuell betroffenen Schüler zu mildern. Schulsozialarbeit, Hausaufgabenbetreuungen und Ganztagsschulangebote sind hierfür sicherlich geeignete Ansatzpunkte.

7.7

Schlussbemerkungen

Gefahr kulturalistischer/ethnisierender Zuschreibungen: An einer primären Sichtweise von Menschen mit Migrationshintergrund als Problemverursacher und einer Zuschreibung der Probleme

von

Menschen

mit

Migrationshintergrund

auf

ihre

jeweils

spezifischen

Herkunftsländer (vgl. Berlin-Institut für Bevölkerungsentwicklung, 2009) wird zunehmend kritisiert, dass so die mit einem steigenden Migrantenanteil einhergehende „innergesell­ schaftliche Pluralisierung […] nicht in gleicher Weise [wie Auslandsaufenthalte] als Chance, sondern in erster Linie als Zumutung und Problem begriffen“ werde (Bainski et al., 2004), 70

und

eine

vereinfachende

Zurückführung

der

beschriebenen

Probleme

auf

den

Migrationshintergrund „die Gefahr der kulturalistischen/ethnisierenden Zuschreibung“ berge (Gaitanides, 2008). Wann immer nach Herkunftsländern differenziert wird, ist bei der Interpretation daher zu berücksichtigen, dass etwaige Unterschiede zwischen den Herkunftsregionen immer auch mit immensen Unterschieden hinsichtlich einer ganzen Reihe potentiell relevanter Drittvariablen wie sozioökonomischem Status, Aufenthaltsdauer und Rahmenbedingungen für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft einhergehen. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass die Umsetzung einiger Empfehlungen für die Steigerung des Engagements von Eltern mit Migrationshintergrund auch einer ebenfalls wünschenswerten Steigerung des Engagements von Eltern ohne Migrationshintergrund zuträglich sein dürfte (vgl. Boos-Nünning et al., o.J.). Kulturübergreifende Maßnahmen: Nicht alle Themen sind für das Engagement von Eltern aus verschiedenen Herkunftsländern gleich bedeutsam. Religiöse Feiertage beispielsweise bieten für die Menschen mit Migrationshintergrund aus christlich geprägten Herkunftsländern wie Spanien oder Italien weniger Anlass zu Problemen mit der Schule als für solche aus muslimisch geprägten Ländern. Unabhängig davon gibt es jedoch auch für kulturspezifische Probleme häufig übergreifende Lösungsansätze. Eine Kombination aus Trainings zur Gesprächsführung und interkultureller Kompetenz auf Seiten der Lehrkräfte ist sicherlich in vielen Fällen hilfreich (vgl. Bender-Szymanski, 2008; Minuchin, 1974). Desiderata für künftige Forschung: Die vorliegende Expertise beinhaltet Empfehlungen, die zur Steigerung des Engagements von Menschen mit Migrationshintergrund an Schulen führen sollen. Dabei wurde auf bislang vorliegende Publikationen zu diesem Thema ebenso

zurückgegriffen wie auf eigene empirische Untersuchungen. Im Rahmen der für diese Expertise durchgeführten empirischen Untersuchungen konnte jedoch die schmale Basis zu diesem Thema vorliegender empirischer Daten nur an einigen wenigen, ausgewählten Punkten erweitert werden. Beispielsweise stellen Menschen aus Jugoslawien und Mittel- und Osteuropa außerhalb Russlands häufige Migrantengruppen in Deutschland dar, welche für die in den für die vorliegende Expertise durchgeführten empirischen Untersuchungen nicht berücksichtigt wurden. Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass auch ein Großteil der verfügbaren deutschsprachigen Literatur zum Thema Elternarbeit und Migrationshintergrund lediglich

eine

Sammlung

von

Best-Practice-Beispielen

und

erfahrungsgesättigten

Ratschlägen darstellt. Eine systematische Überprüfung der Wirksamkeit derartiger Empfehlungen ist bislang kaum erfolgt. Angesichts der wachsenden Bedeutung des Themenbereichs sind in diesem Kontext daher weitere qualitative und quantitative Untersuchungen erforderlich.

71

Auch wenn Elternvertreter mit Migrationshintergrund an deutschen Schulen noch unterreprä­ sentiert sein mögen: Das vielleicht ermutigendste Ergebnis der für die vorliegende Expertise durchgeführten Untersuchungen ist, dass die von uns befragten, engagierten Eltern häufig und explizit Positivbeispiele aus ihrem Engagement berichtet haben, obwohl wir sie primär nach Problemen der Zusammenarbeit befragt hatten. Dies lässt hoffen, dass sich das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund an Schulen tatsächlich steigern lässt, wenn Projekte und Initiativen wie die erwähnten Best-Practice-Beispiele Schule machen.

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9. Anhang Tabelle 12: Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispiele zu förderlichen und hinderlichen „(-)“ Bedingungen für das Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund in Schulen Einstellung intrinsischer Wert, nach Eccles Spaß Interesse Keine Angst (-) Angst vor einem Engagement als Elternvertreter allgemein (-) Angst vor Blamage wegen des Gefühls mangelnder Deutschkenntnissen (-) kein Interesse Altruistische Erwägungen/Bedeutung für den Selbstwert (Eccles) Befragter will positive Effekte für Schule erzielen („etwas für die Schule tun“) Befragter findet, man sollte sich engagieren Selbstbild als sozialer Mensch Befragter engagiert sich aus eigener Initiative Befragter tut es weil sonst keiner bereit ist, sich zu engagieren Befragter tut es wg. besonderer Rolle/Verantwortung/Wissen/Möglichkeiten als Migrantin Will Eltern mit niedrigem Bildungsniveau unterstützen Nutzen/Vorteile (Eccles) Wer sich engagiert bekommt mehr Information (z. B. wissen, was in der Schule läuft)/ Kontakt zu Lehrern Wer sich engagiert bekommt viele Kontakte/lernt andere Eltern kennen Engagement/Vorteile für eigenes Kind (z. B. bessere Integration, Zugang zu kostenloser Nachhilfe) Verbesserung der eigenen Sprachkenntnisse Kosten/entgangene Alternativen (Eccles) soziale Norm andere Eltern Befragter merkt, dass andere Eltern sich freuen Befragter merkt, dass sie überfordert sind Lehrkräfte/ Schulleitung Befragter spürt, dass Lehrkräfte oder Schulleitung die Arbeit der Elternvertreter schätzen Wünschen sich/erwarten Mitgestaltung (-) Angst vor negativen Folgen des Engagements für das eigene Kind nicht näher bezeichnete weitere Personen Befragter wurde gefragt/gebeten/gewählt

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Tabelle 12 (Fortsetzung) Wahrgenommene Verhaltenskontrolle Selbstwirksamkeit/Kompetenzen (-) Schlechte Sprachkenntnisse verhindern Engagement von Eltern mit Migrationshintergrund (-) Mangelnde eigene Qualifikation (niedriges Bildungsniveau, niedriger Lebensstandard) (-) fehlende Kompetenz bei der Durchsetzung von Interessen (Umsetzung von Wille zu Engagement zu tatsächlichem Engagement) (-) in Deutschland übliche Elternarbeit ist so aus Herkunftsland nicht bekannt (-) Erzielen von Effekten für die Schule durch Engagement ist nicht zu erwarten Kompetenz zur Elternarbeit Möglichkeit zum Erzielen von Effekten für die Schule wird deutlich Kontrollierbarkeit (-) Hat keine Zeit (-) Fehlendes Wissen über Möglichkeiten der Elternarbeit bei Eltern mit Migrationshintergrund (-) Problem, weil keine/ wenige andere Eltern mit Migrationshintergrund sich engagieren (-) wenige/ keine anderen Eltern mit Migrationshintergrund Hat Zeit Kein großer Aufwand notwendig Kein Problem, weil viele andere Eltern auch einen Migrationshintergrund haben Gewohnheit Gewohnheit Schon im Beirat des Kindergartens engagiert

Tabelle

13:

Kategorien,

Unterkategorien

und

Ankerbeispiele

zu

Schwerpunkten

des

Engagements zwischen Elternvertretern und Schulen Beratung, Information und Bildung Schwerpunkt Schulleitung/Lehrkräfte Kenntnisse einzelner Lehrer zu kulturellen Besonderheiten (z. B. religiöse Feiertage) Einstellung einzelner Lehrer zu kulturellen Besonderheiten (z. B. religiöse Feiertage) “coaching für Lehrkräfte“ („Lehrer mit Mangelpersönlichkeit“) Schwerpunkt Eltern Kontaktaufnahme zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und Lehrern/Schulleitung fördern Andere Eltern zum Engagement motivieren (insbesondere andere Eltern mit Migrationshintergrund) Schulbezogene Probleme von Eltern mit Migrationshintergrund lösen Um Verständnis für kulturelle Besonderheiten bei Eltern ohne Migrationshintergrund werben Informationen von Elternbeiratssitzungen an andere Eltern weitergeben Vermittlung von Erziehunsunterstützung Schwerpunkt Schüler informelle Beratung von Schülern mit Migrationshintergrund bei Bedarf Vermittlung von Schülerpatenschaften für Schüler mit Migrationshintergrund Vermittlung von Ausbildungsplätzen für Schüler mit Migrationshintergrund Anbieten von Kursen oder Freizeitangeboten Schwerpunkt (Kurse für) Eltern mit Migrationshintergrund Kenntnisse über das deutsche Schulsystem vermitteln (z. B. Infos über bilinguale Schulen der Region)

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Tabelle 13 (Fortsetzung) „persönliche“ Mitarbeit/Gestaltung des Schullebens Allgemein (z. B. Klassenausflüge mit Eltern, Flohmärkte, Feste, Elternstammtische) Verbesserung von Schulgebäude und Ausstattung (z. B. Bepflanzung des Schulhofs) Schwerpunkt Migration (z. B. „russisches Weihnachten“) Institutionelle Mitarbeit/“Schulpolitik“ (Engagement für …) Verbesserung von Schulgebäude und Ausstattung durchsetzen (z. B. Toiletten, Busfahrpläne, Spielgeräte, Schließfächer) Verbesserung der Personalsituation durchsetzen

(Lehrer, Sozialarbeiter, auch mit Migrationshintergrund, Dolmetscher)

Einsatz für Änderungen in der Unterrichtsorganisation (z. B. die Einführung einer Ganztagsschule) Einsatz für die Sprachförderung (muttersprachlicher Unterricht) Einsatz für die Sprachförderung (Deutsch als Zweitsprache) Einsatz für Religionsunterricht (z. B Islamunterricht) Einsatz für das extracurriculare Angebot an der Schule Sonstiges Engagement für die Belange der eigenen Kinder Engagement für die Belange aller Schüler mit Migrationshintergrund Engagement für die Belange aller Kinder (z. B. Prävention, Hausaufgaben-AGs, kulturelle Grundausbildung) Engagement für jeweilige Themen des Elternbeirats friedliches Zusammenleben aller Nationalitäten in der Schule Lösen außerschulischer Probleme Allgemeine Förderung der Zusammenarbeit

Tabelle 14: Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispiele zu Strategien des Engagements zwischen Elternvertretern und Schulen bzw. Lehrkräften Allgemeine Strategien Zusammenarbeit mit einzelnen Lehrern Engagement an der Schule auch als Nicht-Elternvertreter (z. B. als Dolmetscher für andere Migranten, Essen spenden) Mitarbeit in Elternvertretungen Mitarbeit in Elternvereinen/Fördervereinen Mitarbeit in Migrantenvereinen Vernetzung mit Elternvereinen und mit der Schule Gründen eines Fördervereins (z. B. für islamischen Religionsunterricht) Gründen einer Stiftung (z. B. für islamischen Religionsunterricht) Engagement Dritter Semiwirtschaftliche und karitative Organisationen (bfz, bfw, Kolpingzentrum) Verwaltung Demonstrieren Regelmäßige Versammlungen des Elternvereins mit den Lehrkräften organisieren

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Tabelle 14 (Fortsetzung) Bereichsspezifische Strategien Prävention und Lösung von Konflikten allgemein sich informieren lassen (Gespräche, schriftliche Befragung der Eltern) Eltern/ Lehrkräfte/ Schulleitung/ Schulamt auf Probleme hinweisen (z. B. Elternwunsch: Notenschlüssel auf Arbeiten schreiben) Lehrerkräfte/Schulleitung informieren / „weiterbilden“ (z. B. über kulturelle Besonderheiten) Um Verständnis bei Lehrern/Schulleitung werben (z. B. für kulturellen Besonderheiten) Lehrer/Schulleitung kontrollieren Vermitteln bei Streitigkeiten (z. B. Eltern mit Migrationshintergrund /Schulleitung) Beratung, Information und Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund Eltern mit Migrationshintergrund informell informieren/weiterbilden (z. B. zu Mitwirkungsrechten, Übertrittsentscheidung, Schullandheim) Institutionalisierte Informationsveranstaltungen für Eltern mit Migrationshintergrund (z. B. Seminare, Elternkurse) Bei Eltern mit Migrationshintergrund für Interesse am Schulleben ihrer Kinder werben Andere Eltern ermutigen, bei Problemen auf Lehrer/Schulleitung zuzugehen Andere Eltern ermutigen, auch ohne Probleme auf Lehrer/Schulleitung zuzugehen Eltern mit Migrationshintergrund Anstoß zum Handeln bei eigenen Problemen geben Andere Bürger mit Migrationshintergrund zur organisierten Mitarbeit bewegen Aktivierung zur Mitarbeit durch Veranstaltungen seitens der Lehrkräfte (z. B. Elternstammtisch) „Service“ für Eltern mit Migrationshintergrund Übersetzen Migrationsbezogene Anfragen an Schulen Bei Problemen mit Lehrkräften/ Schulleitung unterstützen / Ansprechpartner sein Mitarbeit (Mithilfe/Beteiligung am Schulleben) Aktive Mithilfe (z. B. Sommerfest, Einschulung, Schulausflüge, Organisation von Elternbeiratssitzungen) Andere Eltern zur Mitarbeit bewegen (Dinge Anstoßen, in die Hand nehmen) Bei Bedarf auf Anfragen der Schule reagieren Initiierung von Projekten Initiierung und Betreuung von Projekten ohne Migrationsbezug (z. B. „Busfahrplan“, „Toilettenrenovierung“) Initiierung und Betreuung von Projekten mit Migrationsbezug (z. B. „Türkischer Tag“, „Klassenausflug mit Eltern“)

Tabelle 15: Kategorien, Unterkategorien und Ankerbeispiele zu Problemen der Zusammenarbeit zwischen Elternvertretern und Schulen bzw. Lehrkräften sowie anderen Eltern Lehrer/Schulleitung Vorbehalte ggü. Eltern mit Migrationshintergrund

(Mangelnde Offenheit/Akzeptanz/ Vorurteile/ fehlendes Interesse)

Fehlende Offenheit gegenüber den Anliegen der Elternvertreter Fehlendes Interesse für die Belange und Lebensverhältnisse der Eltern Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen Lehrkräfte sind durch das mangelnde Engagement der Eltern mit Migrationshintergrund frustriert fehlendes Vertrauen zwischen Eltern, Lehrern und Schulleitung (+) Offenheit gegenüber den Elternvertretern und ihren Anliegen

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Tabelle 15 (Fortsetzung) (+) Interesse für die Belange und Lebensverhältnisse der Eltern (+) Akzeptanz der Elternvertreter mit Migrationshintergrund als Person (+) Wertschätzung des Engagements der Elternvertreter mit Migrationshintergrund Unprofessionelle Elternarbeit (ohne expliziten Migrationsbezug) Fehlende Orientierung an den Bedürfnissen der Eltern zu hohe Erwartungen (z. B. an die Hausaufgabenbetreuung der Kinder) unzureichende Information der Eltern schlechte Erreichbarkeit der Lehrkräfte zu geringer Einfluss der Eltern schlechte Organisation von Förderangeboten „Decken“ von Lehrkräften durch die Schulleitung bei Problemen Lehrkräfte und Schulleitung halten zu den Elternvertretern zu wenig Kontakt Misserfolg bei der Klärung von Problemen durch den Elternbeirat Unprofessionelle Elternarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund: Keine Berücksichtigung der mangelnden Deutschkenntnisse der Eltern Schulleitung fordert das Engagement der Eltern nicht aktiv ein kulturelle Unterschiede (z. B. bzgl. Anrede) Bei Problemen werden die Schüler und Eltern jeweils untereinander nicht gleich behandelt (+) Lehrkräfte gehen auf die Eltern zu (+) Schulleitung wird bei Problemen mit Lehrkräften aktiv Eltern mit Migrationshintergrund Probleme zwischen Kindern unterschiedlicher Herkunftsländer Sprachprobleme Soziale Angst Fehlendes Wissen über deutsches Schulsystem Seltener Besuch schulischer Veranstaltungen Kein Engagement Kein Interesse Keine Zeit Mangelnde Ressourcen (z. B. Schwierigkeiten beim Schreiben von Einladungen) mangelnder Integrationswille (z. B. kein Interesse, die deutsche Sprache zu erlernen) kulturelle Unterschiede hinsichtlich der Schule in den Herkunftsländern sorgen für Schwierigkeiten Verärgerung, wenn religiöse Essensvorschriften bei Schulfesten nicht berücksichtigt werden Vorurteile / Misstrauen (z. B. die Überzeugung, Kinder mit Migrationshintergrund würden gegenüber Kindern ohne Migrationshintergrund benachteiligt) (+) Kommen zu schulischen Veranstaltungen und engagieren sich (+) Offenheit / Akzeptanz / Vorurteilsfreiheit / Interesse Eltern ohne Migrationshintergrund negative Einstellungen Mangelnde Offenheit/Akzeptanz/ Vorurteile/fehlendes Interesse gegenüber den Eltern mit Migrationshintergrund Fehlendes Wissen über kulturelle Besonderheiten der Eltern mit Migrationshintergrund Verärgerung des Elternbeirats über ein Engagement außerhalb des Elternbeirats Fühlen sich benachteiligt (+) Offenheit und Akzeptanz gegenüber Eltern mit Migrationshintergrund

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Tabelle 15 (Fortsetzung) Allgemeine Probleme Bürokratische Hürden Es beteiligen sich immer die gleichen Eltern bzw. es beteiligen sich immer die gleichen Eltern nicht Fehlendes Vertrauen zwischen Eltern, Lehrkräften und Schulleitungen

Tabelle 16: Kategorien und Ankerbeispiele zu Hinweisen auf allgemeine Probleme Eltern allgemein Haben keine Lust auf Erziehung Interessieren sich nicht für schulische Belange Engagieren sich nicht, kommen selten zu schulischen Veranstaltungen und werden i.d.R. zu spät aktiv Haben allgemein nur wenig Zeit für ihre Kinder Behandeln die Kinder anderer Eltern schlecht Schlechte Beziehung der Kinder untereinander belastet das Verhältnis der Eltern untereinander Lösen Probleme ohne den Elternbeirat Bewerten das Engagements anderer Eltern negativ Mangelnde Offenheit, mangelnde Akzeptanz, Vorurteile, fehlendes Interesse Schulsystem / Schulträger / Gemeinde Die Schullaufbahn der Kinder ist zu sehr vom (u. a. finanziellen) Engagement der Eltern abhängig Die Entscheidung über den Bildungsweg der Kinder wird zu früh verlangt Fehlende Investitionen in Bildung in Deutschland (z. B. zu wenig sozialpädagogisches Personal) Kein Religionsunterricht für muslimische Kinder Das deutsche Schulsystem ist zu locker, zu langsam im Stoff, zu einseitig und zu wenig fördernd Das deutsche Schulsystem ist zu straff organisiert (Schüler haben z. B. zu wenig Freiheit) Das deutsche Schulsystem reagiert zu langsam auf Veränderungen Die Fehlzeiten der Lehrkräfte sind zu hoch Schulgebäude / Ausstattung (z. B. sperrt sich die Gemeinde gegen Änderungen des Busfahrplans) Zu hoher Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund, u. a. weil Eltern ohne Migrationshintergrund entsprechende Schulen gezielt meiden Die Schule ist ein Stressor für die Familie Schulformbezogene Probleme Probleme allgemein Negative Einstellungen / Vorurteile allgemein Lehrkräfte bringen Schülern keinen Respekt bei Auffälliges Schülerverhalten Autoritäres Verhalten der Lehrkräfte, fehlende Kompetenz der Lehrkräfte Beratungsstellen haben Probleme, ihre Zielgruppen zu erreichen Kinder mit Migrationshintergrund sind zwischen den verschiedenen Kulturen hin- und hergerissen Positivbeispiele allgemein Die Lehrkräfte achten auf die Disziplin der Schüler Die Lehrkräfte sind kompetent Gute Zusammenarbeit aller Seiten Gute Informationsweitergabe

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Tabelle 17: Kategorien und Ankerbeispiele zu Verbesserungsvorschlägen für die Zusammen­ arbeit zwischen Elternvertretern und Schulen Gemeinde/Schulträger Herkunftssprachlehrer und Lehrer einstellen, die die Sprache der Menschen mit Migrationshintergrund sprechen Investition in Beratungsangebote Verbesserung der Informationsweitergabe In der Integrationspolitik auf Gleichbehandlung achten und dabei auch assimilierte Eltern berücksichtigen Veränderungen auf Seiten von Lehrer/Schulleitung Erhöhte Akzeptanz und Toleranz gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund Ausbau der Kommunikation zwischen Schule und Eltern (Telefonisch, per Mail, per Postheft) Einführung von Schuluniformen Förderangebote für alle Eltern zugänglich machen um Missgunst zu vermeiden Hilfsangebote für/Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund Bei Bedarf Bereitstellung von Übersetzern (mit Schweigepflicht) Gleichsprachige Ansprechpartner zur Verfügung stellen Vertrauen in die Lehrkräfte fördern Sprachkenntnisse verbessern (z. B. durch Deutschkurse an der Schule) Wissen über Schulsystem verbessern (auch bereits während des Kindergartens) Zur Wahrnehmung der Erzieherrolle in Bezug auf schulische Themen anhalten Kulturelle Unterschiede auf „neutralem Boden“ beheben Kompetenz der Eltern stärken Hilfsangebote für Schüler mit Migrationshintergrund Patenschaften mit Lehramtsstudierenden Deutschförderunterricht für Schüler mit Migrationshintergrund Veränderungen auf Seiten von Eltern mit Migrationshintergrund Mehr Kontakt und Kommunikation mit der Schule Stärkere Identifikation mit dem Land, in dem sie leben Angebotene Hilfe auch annehmen Interaktion der Lehrkräfte mit den Eltern und der Eltern untereinander Interesse von Eltern und Lehrern allgemein an Zusammenarbeit erhöhen Gegenseitigen Respekt fördern Gegenseitiges informelles Kennenlernen/Vorurteilsabbau (z. B. Kaffeeklatsch in der Schule) Gemeinsame außerschulische Aktivitäten von Schülern, Eltern und Lehrkräften Verhaltensregeln für den Elternbeirat Hohe Erreichbarkeit Sollte offen, sympathisch und zugänglich sein Strategien zur Verbesserung der Zusammenarbeit Sowohl auf Lehrer-, als auch auf Elternseite intervenieren Für die Elternarbeit werben, darüber informieren (z. B. am Elternabend) Auf die Eltern keinen Zwang ausüben Die Zusammenarbeit sollte sich vor allem auf Prävention konzentrieren Eher kleine als große gemeinsame Unternehmungen planen, um die Bereitschaft zur Teilnahme zu erhöhen Integrieren statt selektieren Kompetente externe Personen als Vermittler einsetzen, die idealerweise beide Kulturen kennen

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