Die Geschichte des Attergaues

April 24, 2017 | Author: Gerhard Calvin Steinmann | Category: N/A
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1 Kapitel 1 Die Geschichte des Attergaues vor dem Entstehen Vöcklabrucks2 3 DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES VOR DEM E...

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Kapitel 1

Die Geschichte des Attergaues vor dem Entstehen Vöcklabrucks

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IE GESCHICHTE DES ATTERGAUES VOR DEM ENTSTEHEN VÖCKLABRUCKS

Die keltische Besiedlung Die Kelten waren Stämme und Stammesverbände, die sich im Großen und Ganzen durch eine relativ einheitliche materielle und immaterielle Kultur von anderen Stammesverbänden wie etwa Italiker, Etrusker oder Illyrer abhoben. Familien, Sippen und Stämme waren die sozialen Einheiten, denen die Loyalität des einzelnen galt. Inwieweit überhaupt ein allen Stämmen gemeinsames »keltisches Bewusstsein« vorhanden war, ist umstritten. Dass sie an eine gemeinsame Abstammung glaubten und gemeinsame religiöse Vorstellungen besaßen, ist wahrscheinlich1. Tatsache ist aber, dass die Kelten nie als gemeinsame Einheit aufgetreten sind, sondern immer nur als Stämme, Stammesbündnisse oder Stammesverbände. Auch ihre Sprache wies eine Vielzahl von Dialekten auf. Im Gegensatz zu den vielen namenlosen Völkern der ur- und frühgeschichtlichen Perioden Mitteleuropas treten die Kelten als Träger der latènezeitlichen Kultur erstmals in den Geschichtskreis der antiken Welt, wo sie im Griechischen Keltoi, im Lateinischen Galli genannt werden2. Durch den griechischen Historiker Herodot treten erstmals auch der nordalpine Raum und seine Bewohner in Erscheinung, wobei wir erfahren, dass die Kelten um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. in Mitteleuropa lebten3. Wie lange die Kelten bereits in Mitteleuropa, im Bereich des späteren Westhallstattkreises ansässig waren, ist nicht überliefert. Es ist jedoch anzunehmen, dass zumindest die westliche Urnenfelderkultur bereits die Keimzelle eines Keltentums in sich trug. Im Lauf des 5. Jahrhunderts v. Chr. setzten die ersten Wanderbewegungen aus dem westlichen Mitteleuropa ein, die von keltischen Stämmen getragen wurden, wobei die Kelten in der Folge nicht nur die italische Halbinsel in Unruhe versetzten, sondern über den Balkan vordrangen und mit der hellenistischen Welt in Berührung kamen4. Das Vordringen der Kelten in den Raum des heutigen Österreich setzte im 6. Jahrhundert v. Chr. ein. Dabei kam es zu Änderungen im politischen und zum Teil auch sozialen Gefüge des West- und Osthallstattkreises, die jedoch mangels schriftlicher Quellen allein nach der materiellen Hinterlassenschaft erschlossen werden müssen. Es gibt aber keine archäologischen Hinweise, dass die neu ankommenden Kelten die hier ansässige vorkeltische Bevölkerung verdrängt haben. Es kam offenbar zu einem friedlichen Ausgleich, da die Bewohner weiterhin ihrer überwiegend bäuerlichen Tätigkeit nachgingen. Die keltischen Eroberer scheinen nur eine kleine Oberschicht gebildet zu haben, in deren Hand die politischen und wirtschaftlichen Schlüsselstellungen lagen. Zu den Fundschwerpunkten in Oberösterreich zählten neben dem Inngebiet und dem Raum Wels, Linz, vor allem Hallstatt, wo zwar weiter Salzabbau betrieben wurde, jedoch die Bedeutung des Abbauortes abzunehmen begann, ohne ganz zu verschwinden. Die Entwicklung im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. zeigt eine Übergangsgesellschaft und Tendenzen einer einsetzenden Urbanisierung. Entlang der bedeutenden Verkehrswege entstehen größere Siedlungen im westeuropäischen Gebiet, die Caesar als oppida bezeichnet. Sie lagen meist in geschützter Lage auf Anhöhen oder in Flussschlingen und waren in der Regel befestigt. Der oberösterreichische Raum hatte an dieser Urbanisierung nur geringen Anteil. Es herrschte die dörfliche Struktur vor, doch gab es auch zahlreiche Einzelhöfe in Form von Streusiedlungen. Lediglich am Freinberg in Linz konnte eine mit einem oppidum vergleichbare Höhensiedlung festgestellt und näher erforscht werden, die allerdings bereits auf eine befestigte urnenfelderzeitliche Siedlung zurück geht. Unter

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Ostalpenraum Der Ostalpenraum im 1. Jahrhundert v. Chr.

Ausnützung der schon vorhandenen Befestigungsruinen erfolgte der Ausbau mit einfacher Steinsetzung in der späten Latènezeit, der zu einer Siedlungsform führte, die in manchem den gallischen oppida ähnelt.5 Die Übergangsgesellschaft dieser Zeit ist geprägt durch eine starke Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität. Archäologisch ist diese Entwicklung durch das Aufkommen zahlreicher technischer Innovationen belegt, die zu einer Vielzahl neuer Gerätschaften und Werkzeuge wie eiserne Pflugscharen und Sensen führen. Bronze wird endgültig durch Eisen als Werkstoff verdrängt, wobei die Erzeugung von Massenwaren in eigenen Werkstätten bald einen schwungvollen Handel ermöglicht.6 Zu den wichtigsten kulturellen Veränderungen dieser Zeit in Mitteleuropa zählt neben der Verwendung der Schrift die Prägung eigenständiger Münzen, die den Übergang vom Tauschhandel zur Geldwirtschaft einleiteten. Im ostalpinen Raum finden sich vor allem norische Münzen. Es handelt sich dabei um Großsilbermünzen sowie Kleinsilber, das etwas später einsetzte, aber bis weit in die römische Kaiserzeit in Umlauf blieb.7 Der Wert der verschiedenen Einzelmünzen kann nur aus den römischen Angaben erschlossen werden. So entsprachen zwei Kleinsilber (oboli) einem römischen As.8

Der Attergau als Teil des Königreichs Noricum Die Entstehung des Königreichs Noricum Mit den Kelten gelangte erstmals ein politisch begabtes Element in den Raum des heutigen Österreich. Allerdings war ihre politische Gestaltungskraft nicht stark genug, ein fest gefügtes Staatsgebilde aufzurichten. Den Kelten des Ostalpenraumes gelang es jedoch, sich im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. zum Königreich Noricum zusammenzuschließen. Grundlage dafür war eine Form des Gefolgschaftssystems, bei dem sich eine Gruppe verschiedenster Stämme unter die Hegemonie der Noriker stellte. Die Größe dieses Königreiches veränderte sich im Laufe der Zeit. Kernraum war anfänglich das Gebiet des heutigen Kärntens und Sloweniens, die Siedlungsbereiche der Noriker und Taurisker. In der Folge weitete sich der Einflussbereich nach Osten bis ins heutige Burgenland und Westungarn zur Raab, nach Norden über den Alpenhauptkamm bis ins Salzburgische, die

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Steiermark, Oberösterreich und Niederösterreich bis zur Donau aus, während im Westen der Inn die Grenze bildete, sodass dieses politisch lockere Gebilde ohne Tirol und Vorarlberg, dem Siedlungsgebiet der Raeter, dafür aber mit dem Chiemgau in weiten Bereichen dem heutigen österreichischen Staatsgebiet entsprach. An der Spitze des Königreiches Noricum stand der norische König als primus inter pares unter den übrigen Stammeshäuptlingen, die sich ebenfalls als Könige (reguli) bezeichneten.9 Die norische Völkertafel des C. Ptolemaios nennt als Völker, die zum Regnum Noricum gehörten die Saevakres, Alauni, Ambisontes, Norici, Ambidravi, Ambilini.10 Im bayerisch-salzburgischen Alpenvorland werden die Alauni lokalisiert, während für den Bereich unserer engeren Heimat ein Siedlungsgebiet der Saevakres angenommen wird.11 Auch im Königreich Noricum bildeten nach wie vor Ackerbau und Viehzucht die Wirtschaftsgrundlage. Der Hallstätter Salzbergbau war inzwischen aber bereits in seiner Bedeutung vom Dürrnberg bei Hallein übertroffen worden. Für die keltischen Erzeugnisse der Töpferscheibe sind die Kammstrichkeramik mit Graphitbeimengung und die Form der Schnabelkanne charakteristisch.12

Drei in Vöcklabruck gefundene etruskische Votivfigürchen Einen starken Einfluss auf die keltische Kultur übte der Mittelmeerraum mit seinen Hochkulturen aus. Vor allem die etruskische Kultur faszinierte die keltischen Völker im hohen Maße. Die Etrusker hatten im 6. Jahrhundert v. Chr. ihr Einflussgebiet im Norden und Süden Italiens bis in die Po-Ebene und nach Kampanien ausgedehnt. Ihre Kolonisationstätigkeit in Oberitalien mit den Hafenstädten Spina und Adria an der Pomündung wirkte sich belebend auf den Handel mit dem Norden aus. Auffallende archäologische Zeugnisse dafür sind die formschönen etruskischen Bronzekannen, die in ansehnlicher Zahl über die Alpen gelangten. Besondere Beachtung haben in diesem Zusammenhang auch drei etruskische Votivfigürchen aus Bronze gefunden, die sich heute im Naturhistorischen Museum in Wien befinden. Sie wurden 1872 vom privaten Altertumsforscher Karl Blumauer dem Grafen Gundaker Wurmbrand für die Anthropologische Gesellschaft in Wien mit dem Hinweis auf ihre Herkunft aus Vöcklabruck übergeben. Damit scheinen die Beziehungen auch des Raumes unserer engsten Heimat mit dem etruskischen Kulturkreis belegt. Von den drei Statuetten stellt die größere mit 9,5 cm einen nackten, stehenden Mann mit gestreckten Händen und gespreiztem Daumen mit einem Steckzapfen am Fuß dar. Dazu kommen noch: die 7,3 cm hohe Statuette eines nackten Jünglings mit eng geschlossenen Armen und Beinen sowie die 6,8 cm hohe Figur einer opfernden Frau mit hoher Kopfbedeckung. Der rechte Arm ist erhoben, die linke Hand hält das Gewand, die Füße fehlen.13 Michael Lindenthaler berichtet in seiner Geschichte des Bezirkes Vöcklabruck, dass Karl Blumauer Grabungen bei dem hallsteinzeitlichen Grabhügel in Obereck durchgeführt hat14, sodass die drei Bronzestatuetten wohl am ehesten von dort stammen.

Zur Frage der Herleitung des Namens des Vöcklaflusses aus keltischen Wurzeln

Etruskische Votivfigürchen. Gefunden wurden sie 1872 von Karl Blumauer, vermutlich in Obereck, Gemeinde Lenzing. Naturhistorisches Museum, Wien.

Der Flussname für die Vöckla in Verbindung mit der Brücke im Dörfl als Ausgangspunkt für den Namen der heutigen Bezirksstadt Vöcklabruck findet sich als »pons Veckelahe« erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1134. Der Flussname selbst wird aber schon 788/90 in der Notitia Arnonis von St. Peter als Feckelisaha und Fechilaha angeführt.15 Johann Andreas Seethaler leitet den Namen der Vöckla aus dem Keltischen ab und kommt mit der Wortfolge Fechel Aha Briga († Hügel) zu einem schnell fließenden Fluss, der um einen umschatteten Hügel fließt. Abgeleitet vom keltischen Namen des Flusses, der über eine Furt oder Brücke verfügte, nimmt Seethaler bereits für das Königreich Noricum eine keltische Siedlung an, von der sich aus Vechlae Pontum das kelto-germanische Idiom bis in die heutige Zeit erhalten hat16, wofür es jedoch keine archäologischen

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Belege gibt. Tatsache ist nur, dass die meisten Namen für Flüsse, Seen, Täler und Berge, aber auch für viele Siedlungen bereits aus keltischer oder vorkeltischer Zeit stammen und von den Römern später nur noch umgeformt wurden.17 Eine andere Ableitung für den Flussnamen Vöckla wird auf die keltischen Worte fehil für Fisch und aha=Ache für Fluss zurückgeführt.18 Eine ganz andere Deutung nimmt an, dass der Name der Vöckla sich erst zur Zeit der bayerischen Besiedlung herausgebildet hat und sich aus dem Personennamen Veckilo und Ache für fließendes Wasser herleitet. Wieder eine andere Version führt Fechilaha auf das keltische Wort »foecke« (lateinisch focus oder facula) für Fackel zurück, die auf einer Anhöhe als Signalfeuer zur Weitergabe von Nachrichten entzündet wurde.19

Der Raum zwischen Iuvavum und Ovilava in römischer Zeit Die römische Okkupation des Königreiches Noricum und die Erhebung zur kaiserlichen Provinz Die zunehmende kulturelle und wirtschaftliche Beeinflussung durch die römische Großmacht drängt das Königreich Noricum immer mehr in die Rolle eines Vasallenstaates, der aber noch seine formelle Unabhängigkeit bewahren kann. Als im Jahre 15. v. Chr. Tiberius und Drusus, die Stiefsöhne von Kaiser Augustus das rätische Alpenland und das vorgelagerte Gebiet der keltischen Vindeliker nach schweren Kämpfen erobern und für diesen Raum, der die heutige Ostschweiz, die schwäbisch-bayerische Hochebene sowie die Bundesländer Tirol und Vorarlberg und Teile Salzburgs umfasste, die Provinz Rätien einrichten, ist das norische Königreich an drei Seiten von römischem Reichsgebiet umschlossen.20 In den Jahren 14 bis 8 v. Chr. okkupieren die Römer schließlich, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, das Königreich Noricum.21 Es vergeht aber noch mehr als ein halbes Jahrhundert, bis das annektierte Gebiet den Status einer kaiserlichen Provinz erhält. Als Statthalter mit dem Titel procurator oder praefectus fungiert ein Beamter aus dem Ritterstand. Als erster ist C. Barbius Atticus urkundlich überliefert.22 Er hatte seinen Amtssitz in dem auf dem Zollfeld von Kaiser Claudius gegründeten Municipium Claudium Virunum. Die Grenzen der Provinz Noricum deckten sich weitgehend mit jenen des Königreiches Noricum.23 Basis der Provinzbevölkerung bildeten die einheimischen Kelten, die aber schon von Beginn an stark durch Zuwanderer aus Italien und anderen Reichsteilen ergänzt wurden. Die meisten keltischen Stämme zeigten sich zwar der römischen Kultur aufgeschlossen, konnten sich aber noch lange Zeit eine kulturelle Eigenständigkeit bewahren, die sich vor allem in ihren Wohnstätten, Bestattungsbräuchen, Trachten, Sitten und in der Kulturpraxis äußert. Die rasche Romanisierung setzt vor allem in den Städten ein, die von den Römern als Zentren ihres Machtapparates an bereits vorhandenen Siedlungsplätzen angelegt werden. Dabei sind zwei Stadtformen nach römischem Recht zu unterscheiden: Die klassische Form einer außerhalb Roms entstandenen Stadt war die colonia, eine planmäßig vom römischen Staat nach bestimmten Rechtsnormen gegründete Stadt, die über eigene Bürgerschaft, Beamte und Institutionen verfügte. Das Gründungsritual bestand aus den Auspizien, das heißt der Beobachtung des Vogelfluges und dem Anreissen der Stadtgrenzen mit einem Pflug durch die zuständigen Gemeindemagistrate. Ein municipium entstand zumeist durch Umformung einer Siedlung in eine römische Stadt ohne rituellen Gründungsakt. Der Rechtsstatus einer colonia konnte einem municipium später durch kaiserliche Proklamation verliehen werden. Die genaue Unterscheidung dieser beiden Stadtformen hinsichtlich ihrer rechtlichen Auswirkungen ist weitgehend ungeklärt. Unter Vicus verstand man schließlich alle nicht städtischen Siedlungen. Es handelte sich dabei meist um zentrale Orte, die als Versorgungszentren der umwohnenden Bevölkerung in wirtschaftlicher Hinsicht dienten und häufig den Ausgangspunkt eines municipiums bildeten. Jede römische Stadt besaß noch ein eigenes Territorium, das weit über das engere Stadtgebiet hinausging und ihre ökonomische Basis bildete.24 Als Kaiser Claudius mit Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum und Iuvavum fünf Siedlungen das Stadtrecht als municipia verlieh, lag Iuvavum (Salzburg) als einzige Stadt nördlich des Alpenhauptkammes.25

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Der Name Iuvavum-Iuaro-Iuvaro ist nicht lateinischen Ursprungs, doch ist seine etymologische Ableitung bis heute nicht geklärt. Da der Name der Salzach in der Tabula Peutingeriana mit Iuaro angegeben wird, aber wohl Iuvarus gelautet hat, ist jedenfalls ein Zusammenhang mit dem Fluss gegeben. Der Name haftete wahrscheinlich auf der vorrömischen Siedlung auf dem Rainberg. Mit der römischen Stadtgründung wurden die Höhensiedlungen aufgegeben und die Bevölkerung im Tal angesiedelt. Die Stadt am Salzachufer entstand daher sowohl durch Ansiedlung der Vorbevölkerung als auch durch Zuzug von Trägern des römischen Bürgerrechtes aus Italien, da die Verleihung eines Stadtrechtes die Anwesenheit einer entsprechenden Zahl römischer Bürger voraussetzte. Denn nur sie konnten das Funktionieren der munizipischen Selbstverwaltung garantieren.26 Die Auswahl des Platzes für die Stadtgründung war zweifellos durch die verkehrsgünstige Lage am Kreuzungspunkt der wichtigen Straße vom Süden mit der Ost-West-Verbindung von Pannonien nach Augsburg und Kempten sowie an den Rhein vorgegeben. Der Stadtbezirk umfasste das nördliche Alpenvorland zwischen Tauern und Inn und schloss wohl die Stammesgebiete der keltischen Ambisontes und Alauni mit ein.27 Die Iuvavum nächstgelegene Römerstadt wurde erst unter Kaiser Hadrian (117-138) als Municipium Aelium Ovilava (Wels) gegründet. An dieser Stelle hatten schon Kelten der La-Téne Zeit eine Siedlung am linken Traunufer mit der Bezeichnung Vilesos oder Vilesom, die als Ort an den Windungen (der Traun) gedeutet wird, angelegt. Auch für die Wahl dieses Ortes als römische Stadtgründung war die verkehrsgünstige Lage am Flussübergang an der rätisch-norischen Voralpenstraße, der wichtigen Ost-West-Route nach Iuvavum und weiter über die Tauern und Italien sowie auch Richtung Süden über den Pyhrn-Pass ausschlaggebend.28 Der dazugehörige Stadtbezirk reichte von der Enns bis zum Inn und von der Donau entlang des Kobernausser Waldes bis an den Tauernkamm. Der Grenzverlauf zwischen den beiden Stadtbezirken von Iuvavum und Ovilava ist nicht genau zu ermitteln, muss jedoch im Attergau gewesen sein. Der Raum, in dem sich ab dem Ende des 8. Jahrhunderts allmählich Vöcklabruck herausbildete, lag somit bereits in römischer Zeit im Grenzbereich zweier Verwaltungsbezirke. Mit der Eingliederung Noricums in das Imperium Romanum begann für den Raum des heutigen Oberösterreich eine mehr als ein Jahrhundert dauernde friedliche Blütezeit. Da die in der Provinz lebenden römischen Bürger nicht auf den aus ihrer Heimat gewöhnten Lebensstandard verzichten wollten, wurde auch die einheimische Bevölkerung mit den Vorzügen der römischen Zivilisation bekannt, sodass die Romanisierung vor allen in den städtischen Zentren rasche Fortschritte machte. Die römische Besiedlung erfasste aber auch den ländlichen Raum. In den klimatisch begünstigten und landschaftlich reizvollsten Teilen, vor allem an den Seen, entstehen Villen und Gutshöfe nach italienischem Muster, luxuriöse Landsitze mit Bodenheizung, Fußbodenmosaiken, Wandbemalung und Badeanlagen. Reste solcher Landhäuser konnten am Ufer des Mondsees, am Traunsee bei Altmünster sowie am Atttersee bei Litzlberg, Steinbach und vor allem in Weyregg freigelegt werden. Eindrucksvolle Modelle der römischen Villa und des Badehauses von Weyregg sind im Vöcklabrucker Heimatmuseum zu sehen. Die archäologischen Untersuchungen in Weyregg haben ergeben, dass diese Villa gegen Ende des 2. Jahrhunderts erbaut und noch im 4. Jahrhundert großzügig umgebaut und mit Mosaiken geschmückt wurde.29 In den letzten Jahren wurden auch bei Altheim im Innviertel drei große Komplexe von Landgütern freigelegt, an deren archäologischer Erforschung noch gearbeitet wird.30 Neben den zivilisatorischen Errungenschaften in den Städten, wie Wasserleitung, Kanalisation und Luftheizanlagen, die ähnlich wie unsere Dampfheizungen funktionierten, bringt die römische Herrschaft auch für den ländlichen Siedlungsraum entscheidende wirtschaftliche und kulturelle Veränderungen. Die bisherige Naturlandschaft wird von den Römern in weiten Bereichen in eine Kulturlandschaft verwandelt. Entwässerung und Bewässerungen, der Bau von Brücken, Stegen, Zufahrtswegen und Pfaden, die Bearbeitung von Feldern nach römischem Vorbild, die Einführung der Kalkdüngung und des Klees als Düngepflanze bringen neue Impulse für Ackerbau und Viehzucht. Dazu kam die Veredelung von Bäumen und der Import sowie die Anpflanzung neuer Gemüse-, Getreideund Obstsorten. Zahlreiche Lehnwörter aus dem Lateinischen künden noch heute von der Durchdringung unseres Raumes mit römischer Zivilisation.31

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Das römische Straßennetz Die wichtigsten Straßen in Noricum – ihr Verlauf und ihre Errichtung

Österreich zur Römerzeit.

Zu den größten Errungenschaften der römischen Zivilisation zählt unbestritten der Ausbau des Straßennetzes. Die nahezu lückenlose Durchdringung des Reiches mit römischen Straßen war die entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren des Verwaltungssystems und die reibungslose Durchführung der militärischen Operationen im Bereich dieses riesigen Imperiums, das von den Flüssen Euphrat und Tigris in Vorderasien bis nach Spanien und zu den Britischen Inseln reichte. Von den beiden wichtigsten Süd-Nordverbindungen führte ein Straßenzug von Aquileia über Teurnia und die Hohen Tauern nach Iuvavum und von dort weiter nach Augusta Vindelicum (Augsburg) oder Regina Castra (Regensburg). Die zweite Route führte von Aquileia über Emona (Laibach), Virunum und den Pyhrnpass nach Ovilava, wo sie in die OstWest-Verbindung mündete. Diese Ost-West-Straße führte von Pannonien über Carnuntum, Cetium (St. Pölten) nach Lauriacum (Lorch) und zum Castellum Lentia (Linz). Dort zweigte die Limes-Straße ab, die entlang der Donau über Castra Batava (Passau) nach Regina Castra führte, während die als ziviler Verbindungsweg noch wichtigere rätisch-norische Voralpenstraße über Ovilava nach Augusta Vindelicum bzw. Iuvavum ging. Das Gebiet zwischen dem Höhenzug des Hausruck im Norden und dem Attersee im Süden, wurde im übrigen entlang der Flüsse Traun, Ager und Vöckla schon lange vor den Kelten und Römern von einem uralten Verkehrsweg durchzogen. Diese Viae publicae als wichtige Haupt- und Heeresstraßen wurden auch Konsularstraßen genannt. Sie hatten zumeist eine Breite von 4 bis 5 Meter, die aber in Gebirgsgegenden oft geringer war.Der gesamte Straßenkörper hatte eine Stärke von durchschnittlich einem Meter und konnte daher durchaus mit einer heutigen Autobahn konkurrieren. Auf einen

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Römische Straßen in Noricum nach dem Itinerarium Antonini.

Untergrund von gestampftem Lehm kam eine 15 bis 30 cm starke Lage aus sorgfältig aneinander geschichteten Hausteinen, deren Fugen mit Caementum (Kalkmörtel),der durch Zusatz von Ziegelmehl oder gemahlenem Tuffstein wasserfest gemacht worden war, ausgegossen wurden. Die Fahrbahndecke als oberste Schicht war entweder eine 10 cm dicke Schotterschicht oder eine 30 cm starke Betondecke aus sehr hartem mit Schotter und Sand verstärkten Mörtel. Damit kein Wasser auf der Straße blieb, wölbte man ihre Oberfläche und brachte seitliche Abflussrinnen an. Besonders wichtige Verkehrswege hatten häufig ein vieleckiges Steinpflaster. Die auf diese Weise entstandenen Straßenkörper waren nahezu unzerstörbar und stellten bis ins hohe Mittelalter die wichtigsten Verkehrswege dar. An allen Hauptstraßen gab es jeweils eine Tagesreise entfernt mansiones, Rasthäuser, in denen die Reisenden Nachtquartier und Verpflegung vorfanden. Dazwischen waren noch zwei bis drei mutationes, Pferdewechselstellen. Die Entfernung zwischen zwei mansiones lag zumeist bei 17 km, was der durchschnittlichen Tagesleistung eines Reisenden entsprach. Bei sehr beschwerlichen Streckenteilen lagen die Rasthäuser näher beisammen. Diese Stationen waren im allgemeinen größere Anlagen, bei denen etwa 40 Pferde und eine größere Zahl von Last- und Zugtieren bereit standen. Neben Unterkünften für die Reisenden, Wagenbegleiter und Knechte gab es noch Werkstätten zur Instandhaltung des Fuhrparks. Auch Badeanlagen waren häufig angeschlossen. Dagegen waren die Pferdewechselstellen viel kleiner. Für diese mansiones oder mutationes wurden entweder eigene Anlagen errichtet, oder man zog für sie an der Straße gelegene einheimische Siedlungen heran. Die Reise erfolgte meist zu Pferd. Reisewagen waren nur Frauen und hochgestellten Personen vorbehalten. Das Militär ging mit Ausnahme der höheren Offiziere, die ritten oder im Wagen fuhren, zu Fuß. Bei der Kanzlei des Statthalters von Noricum war eine Art Straßenpolizei eingerichtet. Es handelte sich dabei um von der Truppe freigestellte Soldaten, die beneficiarii genannt wurden und den Sicherheitsdienst auf den Hauptstraßen versahen. Neben diesen viae publicae gab es noch ein dichtes Netz von viae vicinales. Diese verbanden die kleineren Ortschaften und Anwesen untereinander sowie mit den Hauptstraßen, verfügten aber über keine Stationen. Zu den Nebenstraßen gehörten auch als Saumpfade angelegte Alpenübergänge, die in den Wintermonaten meist nicht begehbar waren. Brücken wurden nur dort errichtet, wo ein Übergang unbedingt erforderlich war, sodass oft große Umwege in Kauf genommen werden mussten. Da die Brücken und Stege in der Regel aus Holz gebaut waren, haben sie keine Spuren hinterlassen.32

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Bau einer römischen Hauptstraße.

Für die Kenntnis der Strecken standen den Reisenden Itinerarien, sehr brauchbare Kursund Reisehandbücher oder auch Karten zur Verfügung. Den wichtigsten Aufschluss über den Verlauf der Römerstraßen und die einzelnen Stationen liefern zwei kartographische Quellen: das Itinerarium Antonini, ein Verzeichnis der Hauptstraßen und Poststationen aus dem zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert, das insbesonders dem Militär als Reisehandbuch diente, vor allem aber die berühmte Tabula Peutingeriana, die mittelalterliche Kopie einer vermutlich aus dem 4. Jahrhundert stammenden antiken Weltkarte. Sie bestand ursprünglich aus 12 Pergamentblättern, von denen das westlichste Blatt mit Spanien und Teilen Britanniens nicht mehr erhalten ist. Mehr als 6 Meter lang und knapp einen halben Meter breit stellt sie auf dieser Fläche die damals bekannte Erde vom Atlantischen bis zum Indischen Ozean in einer stark zusammengepressten und daher verzerrten Form dar. Die Karte wurde 1507 vom Humanisten Konrad Celtis (1459 bis 1508) entdeckt, der sie dem Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger (1465-1547) weitergab, von dem sie ihren Namen hat. 1598 erstmals veröffentlicht, gelangte sie in den Besitz des Prinzen Eugen. Nach dessen Tod kam sie 1736 in die Wiener Hofbibliothek (heute Österreichische Nationalbibliothek), zu deren größten Schätzen sie zählt.33

Der Verlauf der Via publica zwischen Ovilava und Iuvavum – die Frage der Situierung der drei mansiones Teil der Tabula Peutingeriana mit Rom als Zentrum. Österreichische Nationalbibliothek, Wien.

Der Verlauf der Konsularstraße zwischen Ovilava und Iuvavum, die als einzige Ost-WestVerbindung sicherlich eine starke Verkehrsfrequenz aufwies, ist auf den meisten Streckenteilen noch im Gelände festzustellen. Die Römerstraße führte von Wels in südwestlicher Richtung über die Ortschaften Hörweg und Staig östlich der Bahnlinie nach Breitenschützing, wo sie nach Süden abbog und Schwanenstadt erreichte, das im Süden

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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana mit der Eintragung von Tergolape.

umgangen wurde. Über Hainprechting und Niederstrass ging sie weiter nach Attnang. Von dort zog sie über Aichet am Südhang des Sonnleitenwaldes am Bauernhaus Steinsäuler vorbei und erreichte Vöcklabruck vom Norden, überquerte die Vöckla südlich des Vöcklabauern über eine Furt und verließ bei Oberthalheim die Flussniederung. Sie folgte dann bis Timelkam der Bundesstraße 1 und gelangte nach zweimaliger Überquerung der Dürren Ager über Weiterschwang und Gampern am Südhang des Kohberges nach Walchen und Mösendorf. Von hier verlief die Trasse nach Übersetzung der Vöckla unter Vermeidung der sumpfigen Talniederung über Kritzing nach Frankenmarkt. Westlich von Frankenmarkt wich die Römerstraße vom Verlauf der Bundesstraße ab und berührte die Ortschaften Auleithen, Höhenwarth, Fellern und Kirchham, ehe sie in Obermühlau wieder die Bundesstraße erreichte und Oberösterreich Richtung Iuvavum verließ. Ein anderer Straßenzug, möglicherweise der Hauptstrang, führte an Puchheim vorbei, überquerte bei Neudörfl die Ager und gelangte über Unterregau und Schalchham nach Oberregau und Pichlwang. Von ihm ist heute noch ein 3 bis 4 km langer Graben östlich der Ager zu sehen. Ein weiterer Arm führte über Wagrain und die heutige Schlossstraße vermutlich zur Vöcklafurt beim Vöcklabauern.34 Im Westen von Vöcklabruck zweigte bei Oberthalheim eine Nebenstraße in Richtung Obergallaberg ab, die über Stein, Genstetten, Baum und Eisenpalmstorf nach St. Georgen verlief. Von dort führte sie über Bergham und Stampf und stimmte von hier an mit der Trasse der heutigen Straße nach Oberwang im Wesentlichen überein. Von Oberwang ging sie am Hang der Kulmspitze an der Konradskirche vorbei nach Mondsee und von dort über Zell am Moos und Irrsdorf, wo sie bei Straßwalchen wieder in die Konsularstraße mündete. Außerdem scheint noch eine weitere Verbindungsstraße vor Oberthalheim beim ehemaligen Bahnwächterhaus Nr. 307 über eine muldenförmige Anlage im Terrassenhang gegen das Mutterhaus der Schulschwestern und weiter in Richtung Oberer Stadtturm sowie Schöndorfer Hügel geführt zu haben, wo im 19. Jahrhundert, beim Bau eines Hauses Spuren dieser alten Römerstraße gefunden wurden.35 Für den Verlauf der Via publica zwischen Ovilava und Iuvavum sind in der Tabula Peutingeriana mit Tergolape, Laciacis und Tarnantone drei mansiones angeführt. Keine dieser mansiones wurde bis heute gefunden, sodass ihre Situierung noch immer umstritten ist. Während Tarnantone im Raum Pfongau-Irrsee vermutet wird, nimmt man Laciacis vor allem bei Frankenmarkt oder Mösendorf an, wo ein Meilenstein gefunden wurde. Laciacis wird aber auch, abgeleitet aus dem lateinischen Wort lacus für See, in Seewalchen vermutet, zumal der Namensteil »-walchen« auf Orte verweist, die von den frühen Bayern für von Romanen besiedelte Orte gebraucht wurden. Johann Anton Seethaler schließt nicht aus, dass der von ihm schon in der Römerzeit angenommene Ort Vecklabriga mit der Poststation Laciacis gleichzusetzen ist, weist aber darauf hin, dass Laciacis auch von Frankenmarkt, Vöcklamarkt oder Mösendorf sowie Seewalchen beansprucht wird.36

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Ebenso umstritten ist die Situierung der mansio Tergolape. Als erster nimmt Konrad Mannert 1807 Tergolape bei Vöcklabruck an, wenn er diese Raststation »bey Buchheim und dem Übergang des Agerflusses« ansiedelt.37 Auch für Franz Kurz liegt Tergolape bei Vöcklabruck.38 Alois Zauner39 und Rudolf Noll40 schließen aus der Tatsache, dass so viele römische Straßen ihren Knotenpunkt im Raum Vöcklabruck haben, dass hier auch Tergolape zu suchen ist. Ebenso vertritt Gerhard Winkler diese Auffassung und begründet sie mit der Bedeutung dieses Ortes als »Brücken- und Kopfstation für die Verbindung zu den Seen und zum Salzkammergut«.41 Eckehard Bamberger, der Tergolape wie andere Archäologen mit einer römischen Siedlung identifiziert, die in den Jahren 1954 bis 1963 in der Ortschaft Oberharrern bei Schlatt in der Nähe des Bahnhofes Breitenschützing ausgegraben wurde, führt die sprachliche Wurzel von »tergo-l-ape« auf das illyrische Wort terg oder targu für »Markt« zurück, wobei das Infix »l« als Verkleinerungsform für tergo dient während »-ape« wohl dem lateinischen Wort für aqua entspricht, so dass sich daraus die Übersetzung »Kleiner Markt am Wasser« ergäbe.42 Es wäre zweifellos ein reizvoller Gedanke anzunehmen, dass die an den Flüssen Vöckla und Ager gelegene Stadt Vöcklabruck ihre älteste Wurzel in einem noch vorrömischen Ort haben könnte, der ihrem heutigen Namen nicht unähnlich ist. Archäologische Belege für solche Spekulationen gibt es jedoch bislang keine. Die jüngsten archäologischen Forschungsergebnisse aus Schlatt haben aber auch keinen Beweis für die dortige Situierung von Tergolape erbracht, sondern eher zur Annahme geführt, dass es sich hier um einen ausgedehnten römischen Gutshof, eine villa rustica, gehandelt hat. Dafür haben Grabungen an der Linzer Straße zur Vermutung Anlass gegeben, Tergolape könnte unter dem alten Marktkern von Schwanenstadt und auf den gegen den Philippsberg ansteigenden Hängen zu suchen sein.43

Der »Römerturm« am Schöndorfer Hügel

Die Kirche Maria Schöndorf.

Schon Sebastian Insprugger führt 1727 in seiner frühesten Beschreibung Vöcklabrucks44 aus, dass auf Äckern um Schöndorf manchmal alte Münzen aus Kupfer, Gold, Messing und vor wenigen Jahren das Bild einer römischen Frau, das auf einem Onyxring eingeprägt war, gefunden wurden. Johannes Andreas Seethaler berichtet 1830,45 dass man in den Feldfluren von Schöndorf und Oberthalheim noch jetzt öfters auf Bau- und Mauerstücke, auf rote und graue Geschirrtrümmer und terra sigillata stößt. Tatsächlich finden sich in den Sammlungen des Vöcklabrucker Heimathauses zahlreiche römische Münzen und Kleinfunde von

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Meilenstein im Römermuseum der Stadt Wels, nach der Inschrift in das Jahr 236 n. Chr. zu datieren: Imp(erator) Caesar C(aius) Iul(ius) / Verus Maximinus / pius felix invictus / Aug(ustus) tr(ibunicia) pot(estate) II co(n)s(ul) II p(ater) p(atriae) / proco(n)s(ul) et C(aius) Iul(ius) Verus / Maximus nobilissim/us Caes(ar) princeps iuve/ntutis domini indul/gentissimo pontes / refecerunt et / Vias munierunt et / miliaria restituer/unt. / m(ille) p(assus) I.

verschiedenen, nicht mehr genau feststellbaren Fundorten in Vöcklabruck. Bemerkenswert ist ein 2860 g schweres Steingewicht mit der römischen Ziffer V, das 1961 beim Fundamentaushub für einen Neubau beim Kaufhaus Lötsch, Hinterstadt 23, ausgegraben wurde.46 Jodok Stülz schreibt in seiner Geschichte der Pfarre und der Stadt Vöcklabruck 185747: »Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass sich an der Stelle, wo heute die Kirche Schöndorf steht, in der Römerzeit ein Wartthurm zum Schutze der Straße, vielleicht auch eine Halle mit dem Idole einer Gottheit befunden habe. Der Kirchenthurm, welcher in gar keinem Verhältnis zur Kirche steht, dürfte vielleicht römisches Mauerwerk sein. Die Kirche selbst scheint ein alter Bau zu sein, der sich freilich im Laufe der Jahrhunderte allerhand Veränderungen musste gefallen lassen. Sie ist der heiligen Jungfrau und Mutter Gottes Maria geweiht. Sehr oft wurden Marienkirchen an solchen Stellen erbaut wo früher in der heidnischen Zeit Idole der Juno, Maia, Minerva oder Diana gestanden hatten«. Noch um 1900 schrieb Schwester Maria Eleonora Faigl, Lehrerin an der privaten Lehrerinnen Bildungsanstalt in ihrer Historisch-topografischen Skizze48 über Vöcklabruck: »Nach Ansicht der Archäologen haben die Römer auch den alten Turm erbaut, der sich unverändert bis in unserer Zeit erhalten hat, nur ist er nicht mehr mit dem silbernen Adler der stolzen Roma, sondern dem Siegeszeichen der Christenheit geschmückt, er dient als Turm der Marienkirche.« Wie vielen anderen Kunsthistorikern ist selbst Walter Buchowiecki in seinem Standardwerk über die gotischen Kirchen Österreichs49 die einzigartige Konstruktion mit ihren beiden Türmen in Längsrichtung ein Rätsel. Daher kommt er noch 1951 zu dem Fehlschluss: »Völlig rätselhaft ist die Anreihung zweier Türme hintereinander, wie sie in der Kirche Maria Schöndorf vorkommt. Der erste, klobige Turm, den ein Zeltdach mit laternenartigem Aufsatz abdeckt, reicht nicht über das 14. Jahrhundert hinaus, es darf daher bei ihm, so verlockend es wäre, nicht an ein Westwerk gedacht werden. Die auffallende Mächtigkeit der Mauern bestärkt zur Annahme, dass er als Fluchtburg bei Gefahr gedient haben mag«. Tatsächlich wird der wuchtige Turm der Schöndorfer Kirche noch heute im Volksmund hartnäckig »Römerturm« genannt. Inzwischen hat die kunsthistorische Forschung aber geklärt, dass der mächtige Westturm erst zwischen 1500 und 1520 gebaut wurde, während der kleinere Ostturm von dem Kirchenbau stammt, der zeitlich vor 1450 liegt und von dem auch noch der Chor erhalten ist.50 Wenn sonach in Schöndorf bisher keine römischen Mauerteile entdeckt werden konnten, so ist doch nicht ganz auszuschließen,dass sich hier eine römische Wachtstelle befand. Sie könnte zum Schutz eines am Fuße des Hügels liegenden kleinen Ortes (Mansio Tergolape?) oder der daneben vorbeiziehenden Konsularstraße gedient haben.51 Auch die aus dem Jahre 823 stammende älteste Schreibung des Namens »Schöndorf« als »Scugindorf« dürfte auf »schauen« im Sinne von Ausschau halten oder wachen zurück gehen und erst später zu Schöndorf »verschönt worden sein«.52

Die römischen Meilensteine am Beispiel der wechselhaften Geschichte des Vöcklabrucker Meilensteins Über 100.000 Meilensteine säumten einst die Verkehrswege im römischen Imperium, etwa 28 000 dieser zwei bis drei Meter hohen, zylindrischen Steinsäulen sind ganz oder teilweise erhalten. In Noricum dürften um die 600 dieser steinernen Wegweiser gestanden sein, von denen bisher etwa 170 zumindest in Bruchstücken und keineswegs immer am ursprünglichen Standort gefunden wurden. Viele lagen teilweise in Wäldern versteckt, wurden zu christlichen Symbolen umgewandelt oder von späteren Generationen als Baumaterial verwendet.53 Die Meilensteine waren in einer Entfernung von 2 bis 3 Metern neben der Straße jeweils in Abständen von einer römischen Meile (milia passuum = 1000 Doppelschritte = 1479 m) aufgestellt. Ihre ausführlichen Inschriften nannten den jeweiligen regierenden Kaiser mit allen Titeln und Ämtern und bildeten daher ein wichtiges Propagandamittel. Da am Ende der Inschrift die Entfernung zur nächsten Stadt angegeben war, bildeten sie zusammen mit den Straßenkarten und Straßenverzeichnissen, in denen die Entfernungen der wichtigsten Orte und Rasthäuser voneinander eingetragen waren, eine wichtige Orientierungs-

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hilfe für den Reisenden, da er jederzeit feststellen konnte, an welchem Punkt der Straße er sich gerade befand.54 Das bedeutendste Relikt der Römerzeit im Raum Vöcklabruck ist ein stark verwitterter 128 cm hoher Meilenstein aus Granit, der einen Durchmesser von 62 bis 49 cm hat und aus der Zeit von Kaiser Septimius Severus (193-211) stammt und der erste Meilenstein ist, der in Oberösterreich gefunden wurde.55 (Die Funde der übrigen Miliare in Oberösterreich erfolgten 1865 in Mösendorf, 1894 in Wels, 1970 in Gampern und 1971 in Timelkam). Sein ursprünglicher Standort ist unbekannt. Er befand sich »über Mannsgedenken« vor dem Haus Nr. 150 (heute Stadtplatz 15) in Vöcklabruck. Doch konnte seine Geschichte inzwischen weitgehend rekonstruiert werden.56 1816 kaufte ihn der Besitzer der Papiermühle in Schöndorf Leopold Koch, ließ ihn verkehrt ins Wasser stellen und als Träger eines Gewölbebogens einbauen. Als 1822 der Vöcklabrucker Kaplan Franz Benedetti den Landrichter Johann Andreas Seethaler auf den Stein aufmerksam machte, erkannte ihn dieser als Meilenstein des Kaisers Septimius Severus und seiner Söhne Caracalla und Geta. 1853 gelang es dem Augustiner Chorherrn und Archäologen Josef Gaisberger, die bis dahin lesbare Inschrift auf 13 volle Wörter zu ergänzen. Als im Jahre 1874 Isidor Braun die Papiermühle kaufte, baute er sie zu einem Hammerwerk um, ließ den Stein herausnehmen und als Denkmal vor seiner Fabrik aufstellen. 1894 verkaufte er die Fabrik an Ludwig Hatschek, den Gründer der Eternitwerke, der den Stein vor seinem Wohnhaus beim Gussstahlwerk aufstellte. Seit 1934 hat der Meilenstein seinen bislang endgültigen Standort im kleinen Vorgarten beim Heimathaus in der Hinterstadt. Erwin Theuner, der Urgeschichtler des Linzer Landesmuseums, der Bezirkskonservator Josef Berlinger und der Heimathauskustos Robert Bernhart aus Vöcklabruck stellten einen Abklatsch aus Papiermasse her, der alle Vertiefungen des Steins plastisch wiedergab. So war es dem archäologischen Institut der Universität Wien durch Vergleich mit dem sogenannten Vöcklamarkter Meilenstein aus Mösendorf möglich festzustellen, dass die beiden Miliare fast textgleich sind. Die Inschrift auf dem Vöcklabrucker Meilenstein, hat demnach gelautet: (Die unterstrichenen Buchstaben waren lesbar, die übrigen mussten ergänzt werden)

IMP.CAES.L.SEPTI MIVS SEVERVS PIVS PERTINAX AVG. ARAB.PARTH.MAX. PONTIF.MAX TR.POT. VIIII.IMP. XII.COS.II.PROCOS. ET IMP.C.M.AVREL.AN TONINVS PIVS AVG. TR.POT.IIII.PROCOS.ET P.SEPT.GETA NOB. CAES MILIARIA VETVSTATE CON LAPSA RESTITIVERVNT CVRANTE M.JVVENTIO SVRO PROVCLO. LEG.PR.PR. AB JVVAO M …

Imp(erator) Caes(ar) L(ucius)Septimius Severus Pius Pertinax Aug(ustus) Ara(bicus) Parth(icus)max(imus) pontif(ex) max(imus) tr(ibunicia)pot(estate)VIIIIimp(erator) XII co(n)s(ul) II proco(n)s(ul) et imp(erator) c(aesar) M(arcus) Aurel(ius) An tonius Pius Aug(ustus) tr(ibunicia)pot(estate) IIII proco(n) s(ul) et P(ublius) Sept(imius) Geta nob(ilissimus) Caes(ar) miliaria vetustate con lapsa restituerunt curante M(arco)Juventio Suro Procuro leg(ato)pr(o) pr(aetore) Ab Juvao m(ilia passuum)….

In deutscher Übersetzung lautet der Text: Imperator Caesar Lucius Septimius Severus Pius Pertinax Augustus, Besieger der Araber und Parther, oberster Priester, neunmal durch das Tribunat, zwölfmal durch das Imperium, zweimal durch das Konsulat ausgezeichnet, Proconsul, und sein Mitkaiser Marcus Aurelius Antoninus Pius viermal durch das Tribunat ausgezeichnet, Proconsul, und Publius Septimius Geta, der edelste Caesar, haben unter Aufsicht des Marcus Juventius Surus Proculus, des Legaten im Prätorenrang, die infolge ihres Alters umgestürzten Meilensteine wiederhergestellt. Die Entfernung von Salzburg beträgt …Meilen.57 Von Septimius Severus sind weitaus die meisten Meilensteine erhalten. Der Grund dafür liegt in dem Besuch, den der Kaiser im Jahre 201 abstattete. Die Ankündigung dieses

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Besuches bewog den in Lauriacum residierenden Statthalter M. Juventius Surus Proculus, für den hohen Besuch auch die Straßen zu sanieren und neue Meilensteine mit einer Huldigung an den Herrscher aufzustellen. Als im Jahre 211 der auf dem Meilenstein als erster nach dem Kaiser Septimius Severus genannte Sohn und Mitkaiser M. Aurelius Antoninus, gewöhnlich Caracalla genannt, zur Alleinregierung kam, ließ er seinen jüngeren Bruder Geta ermorden und als Zeichen der damnatio memoriae dessen Namen auf den öffentlichen Denkmälern tilgen. Wie auf dem Vöcklamarkter ist daher auch auf dem Vöcklabrucker Miliare die Zeile mit Geta ausgemeißelt worden.58 Die Meilenangabe der Entfernung von Salzburg war leider auf dem Vöcklabrucker Meilenstein nicht mehr festzustellen, geht man jedoch von der Meilenentfernung XXXI auf dem in Mösendorf gefundenen Miliare aus, so wäre für den Vöcklabrucker Stein die Meilenangabe XXXX nahe liegend. Dieser Meilenstein wäre dann rund 60 km von Salzburg an der Gabelung der Römerstraße bei Straß in Oberthalheim in Richtung Salzburg sowie nach Seewalchen aufgestellt gewesen.

Die krisenhaften Ereignisse der mittleren Kaiserzeit Die nach der Okkupation Norikums auch für den Raum des Attergaues an die eineinhalb Jahrhunderte währende und im großen und ganzen friedvolle Zeit, fand mit dem rund 15 Jahre dauernden Markomannenkriegen ein Ende. Mehr als ein Jahrhundert hatten die römischen Kaiser mit den Markomannen und Quaden durch immer wieder erneuerte Verträge Frieden und Sicherheit an der Donaugrenze des Imperiums aufrecht erhalten können und mit dieser Politik auch bei den benachbarten Germanenstämmen ein gewisses Maß an Romanisierung erreicht.59 Um die Mitte des 2. Jahrhunderts schlossen sich im mittleren Donauraum mehrere Stämme möglicherweise auf Grund von im Inneren des germanischen Raumes aufgebauten Spannungen zu einer größeren Koalition zusammen. In der Folge kam es zu Einfällen in römisches Reichsgebiet. Da ein in die Tiefe gegliedertes Verteidigungssystem fehlte, konnten germanische Kriegsscharen weitgehend ungehindert bis Oberitalien vorstoßen und sogar Aquileia belagern. Obwohl der Hauptstrom der Germanen über die Pyhrnlinie vordrang, zeigen insbesonders archäologische Spuren aus Iuvavum und dem Raum Wels, dass auch die Bevölkerung dieser Gebiete schwer unter Brandschatzungen und Verwüstungen zu leiden hatten. Zeitgenössischen Berichten ist auch zu entnehmen, dass zahlreiche Bewohner jenseits der Donau in Gefangenschaft verschleppt wurden.60 Dazu kam, dass die zur Bekämpfung der eindringenden Germanen aus dem Osten des Reiches herbeigeholten Legionen eine pestartige Seuche mit sich brachten, die nicht nur die Mannschaftsstärke der Truppen arg dezimierte, sondern in Verbindung mit einer akuten Hungersnot die Entvölkerung ganzer Landstriche zur Folge hatte. Auch die Bevölkerung Norikums musste dieser Seuche kräftig Tribut zahlen.61 Der Verlust an Menschenleben durch Krieg und Seuchen war so groß, dass an vielen Orten eine Neuregelung der Bodenaufteilung erfolgen musste, nach der jeder unbebautes Ackerland in Besitz nehmen konnte und ihm sogar auf zehn Jahre Abgabenfreiheit gewährt wurde.62 Erst nach schweren und verlustreichen Kämpfen gelang es Kaiser Marc Aurel (161-180) und endgültig seinem Sohn Commodus (180-192) die germanischen Stämme zurückzuwerfen und den Frieden an der Donaugrenze wiederherzustellen.63 Als Folge der Markomannenkriege wurde 180 die legio II Italica von Celeia in den Donauraum verlegt und für sie zunächst 2 km östlich der Mündung des Ennsflusses nahe der heutigen Ortschaft Arbing auf einer Niederterrasse der Donau das Legionslager errichtet. Bereits einige Jahre später wurde es jedoch, wohl wegen der Hochwasserbedrohung, auf die nur 6 km entfernte Schotterterrasse am linken Ennsufer, nahe der Zivilsiedlung Lauriacum, verlegt. Unter Kaiser Septimius Severus (193-211) kam es wieder zu einer Bautätigkeit und zur Erneuerung des bestehenden Straßensystems, das für die nachfolgenden unruhigen Zeiten für rasche Truppenbewegungen zunehmende Bedeutung gewann. Unter Septimius Severus wurde das municipium Ovilava in den Rang einer colonia erhoben und das Stadtgebiet erheblich vergrößert. Dabei kam es auch zur Errichtung einer Stadtmauer mit vorspringenden Türmen, denen noch vier Gräben vorgesetzt waren.64 Dennoch konnte der Raum zwischen Iuvavum und Ovilava nie mehr jene Sicherheit und

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Geborgenheit im Verband des römischen Weltreiches erlangen, die vor den Markomannenkriegen bestanden hatte. Die rasche Abfolge der sogenannten Soldatenkaiser, von denen kaum einer einen natürlichen Tod starb, bewirkten eine schleichende Wirtschaftskrise, die sowohl die Verhältnisse im Inneren als auch an den Grenzen des Reiches prägten. Zahlreiche Hort- und Verwahrfunde in der norischen Limeszone, die wohl im Zusammenhang mit germanischen Plünderungszügen stehen, bezeugen die krisenhaften Zeiten, die im 3. Jahrhundert erneut über den Grenzraum hereinbrachen.65 Dass auch der Attergau von diesen Ereignissen nicht verschont blieb, belegt ein im Jahr 1950 unmittelbar am Seeufer des Attersees und am Ausfluss der Ager in einem Garten entdeckter Hortfund von mehr als 100 silbernen Denarmünzen, mit einem Schlussstück aus dem Jahr 229 sowie Silberschmuck, der ins Vöcklabrucker Heimatmuseum gelangte.66 Unter den Kaisern Gallienus (253-268) und Aurelianus (270-275) verschlechtert sich die Lage weiter. Neuerlich dringen germanische Stämme, vor allem Alamannen und Juthungen bis an die Enns vor, sodass sogar das starke Legionslager Lauriacum schwere Schäden davonträgt und die benachbarte Zivilsiedlung einer Brandkatastrophe zum Opfer fällt. Wenn nicht einmal die starke Militärfestung die Germanen abschrecken konnte, lässt sich ermessen, welche Verwüstungen das flache Land zu erdulden hatte. Einige villae rusticae werden auf Dauer verlassen.67

Spätzeit und Ende der römischen Herrschaft Die Teilung der Provinz Noricum unter Kaiser Diokletian

Kaiser Constantinus I. (306-337). Das Toleranzpatent Kaiser Constantinus I. öffnete 313 dem Christentum wohl auch in unserem Raum den Weg zur Bekehrung der römischen Bevölkerung.

Kaiser Diokletian (284-305) versuchte mit kraftvoller Hand den Auflösungserscheinungen im Inneren und an den Grenzen des Reiches entgegenzutreten. Aus der Erkenntnis, dass das von allen Seiten bedrohte Imperium von einem einzigen nicht mehr beherrscht werden kann, führte er das neue Regierungssystem der Tetrarchie ein, indem er 285 Maximianus als zweiten Augustus zum Mitregenten ernannte. Den beiden Augusti wurden mit Constantius Chlorus und Galerius zwei Caesaren zur Seite gestellt. Im Zuge einer groß angelegten Reorganisation der gesamten Reichsverwaltung kam es durch eine über den Kamm der Tauern verlaufende Grenzlinie zur Teilung der bisherigen Provinz Noricum in die Provinzen Noricum mediterraneum, Binnennoricum und Noricum ripense, Ufernoricum. Beide Provinzen wurden gemeinsam mit der Provinz Pannonia Prima in der neugeschaffenen Diözese Illyricum zusammengefasst. An der Spitze der Zivilverwaltung jeder Provinz stand ein aus dem Ritterstand stammender Statthalter mit der Amtsbezeichnung Praeses. In Binnennoricum hatte der Statthalter seinen Sitz im Virunum auf dem Zollfeld bei Klagenfurt. Ob der Statthalter für Ufernoricum seinen Sitz in Ovilava oder in Lauriacum hatte, ist umstritten, da weder die epigraphischen noch historiographischen Quellen eine eindeutige Aussage erlauben. Doch gibt man heute eher Lauriacum den Vorzug.68 Dafür spricht auch, dass der Prozess gegen

Heilige Florian. Der Leichnam des hl. Florian wurde geborgen und Orientierungspunkt einer wohl nie unterbrochenen Verehrung

Steinkiste. Mit dem hl. Florian fanden schon zahlreiche namenlose Christen den Tod als Märtyrer. Ihre Reliquien haben in dieser Steinkiste die Zeiten überdauert.

(Albrecht Altdorfer, 1516/1518).

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die 40 Christen im Jahre 304 unter dem Vorsitz des Statthalters Aquilinus in Lauriacum stattfand, wie der Vita des hl. Florian zu entnehmen ist. Auch der hl. Florian selbst, ein ehemaliger Kanzleivorsteher des Statthalters, fand hier am 4. Mai 305 den Märtyrertod.69 Diokletian verfügte auch eine scharfe Trennung von Militär- und Zivilverwaltung. Die Grenzschutztruppen wurden neu organisiert, indem die bisherigen Grenzverbände, vor allem die legio II Italica, auf mehrere Garnisonen verteilt wurden. Die militärische Befehlsgewalt für Ufernoricum und Pannonia Prima oblag für beide Provinzen gemeinsam einem dux, der sein Hauptquartier in Carnuntum hatte. Trotz aller Reformen und Kraftanstrengungen war jedoch der Verfall des Reiches auf längere Sicht nicht mehr aufzuhalten. Die Siedlungs- und Grabfunde des 4. und 5. Jahrhunderts bezeugen die herausragende Bedeutung Lauriacums in dieser Spätphase, während das archäologische Material aus Ovilava in dieser Zeit immer spärlicher wird. Auch die aus dem Jahre 285 stammende Ehreninschrift für Kaiser Diokletian, die vom Gemeinderat der Colonia Ovilava gestiftet wurde, dürfte eher als Loyalitätsbekundung gegenüber dem neu ernannten Herrscher aufzufassen sein, denn als Dankesbezeugung für die Berufung zur Provinzhauptstadt.70 Legitimierung von weltlicher Herrschaft aus dem Glauben: Der heilige Severin segnet Odoaker vor seinem Zug über die Alpen. Stich des 19. Jahrhunderts.

Die Bedrohung Ufernoricums und das Wirken des hl. Severin Für Iuvavum (Salzburg) wurden, wie Meilensteine bezeugen, noch unter den Kaisern Konstantin I.(306-337) und Julian Apostatà (361-363) Straßenverbindungen um die Stadt erneuert, doch hatte das deutlich verkleinerte Munizipium stark an Substanz eingebüßt. Lediglich im Zentrum der mittelkaiserzeitlichen Stadt konnten über bereits zerstörten Wohnbauten zwei spätantike Gebäude nachgewiesen werden, deren Funktion unklar ist, zumal die umliegenden Bereiche zu diesem Zeitpunkt bereits in Ruinen gelegen sein müssen. Auch die kontinuierliche Präsenz von militärischen Einheiten ist nicht zu belegen. Archäologische Befunde sprechen aber von einer ungebrochenen Besiedlung von der Spätantike bis ins Mittelalter.71 Sehr wenig ist über das spätantike Erscheinungsbild Ovilavas bekannt. Allerdings zeigen die Ergebnisse der archäologischen Forschung einen deutlichen Bevölkerungsrückgang und eine fortschreitende Abnahme des Fundmaterials, was jedenfalls dafür spricht, dass die Stadt im Laufe des 4. Jahrhunderts deutlich an Bedeutung verlor. Die Belegung der spätrömischen Friedhöfe bricht spätestens zu Beginn des 5. Jahrhunderts ab und zeigt keine Kontinuität zu den bajuwarischen Reihengräberfeldern des 7. und 8. Jahrhunderts. Archäologische Spuren für eine andauernde romanische Siedlungstätigkeit während des 5. und 6. Jahrhunderts fehlen. In der Vita Severini wird Ovilava nicht erwähnt. Lediglich die Namenstradition und die Nutzung romanischer Gräberfelder könnte auf eine allerdings archäologisch nicht belegte Orts- und Siedlungskontinuität deuten.72 Von historisch überragender Bedeutung ist der aus Ovilava stammende Grabstein aus dem späten 4. bis frühen 5. Jahrhundert, auf dem der Soldat Flavius Ianuarius den Tod seiner geliebten Frau Ursa beklagt, die die Geburt ihres gemeinsamen Kindes nicht überlebt hat und mit 38 Jahren gestorben ist. Da er sie als »crestiana fidelis« bezeichnet, ist dieser Grabstein das einzige frühchristliche schriftliche Zeugnis aus ganz Österreich, das ausdrücklich eine »gläubige Christin« nennt. Im Übrigen ist aber die Ausdrucksweise noch stark der alten Tradition und der heidnischen Vorstellungswelt verbunden, wenn von der tiefen Unterwelt und dem Schicksal als einer handelnden Person die Rede ist. Solche Redewendungen scheinen sich länger gehalten zu haben, als an ihren Sinn wirklich geglaubt wurde.73 Die bedeutendste Stadt der Spätantike in Ufernoricum war ohne Zweifel Lauriacum (Enns-Lorch),das nicht nur Amtssitz des zivilen Statthalters, sondern auch militärischer Zentralort war. Im Laufe des 4. Jahrhunderts sind hier auch die Aufenthalte zweier römischer Kaiser bezeugt. 341 unterzeichnete Constantius II (337-361), ein Sohn Konstantins d. Gr., ein Edikt in Lauriacum. Der zeitgenössische Historiker Ammianus Marcellinus berichtet, dass Kaiser Gratian (367-383) während eines Eilmarsches vom Kampfgebiet in Raetien »per Lauriacum« nach Illyricum zog. Die herausragende Bedeutung des Ortes bezeugt auch seine Funktion als Bischofssitz.

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Grabstein der Ursa aus dem 4. bis frühen 5. Jh. n. Chr. Stadtmuseum, Wels. Fl(avius) Ianuarius mil(es) vivus fecit. / Condida sepulcro hic pausat Ursa / crestiana fidelis an(norum) XXXVIII. Per partum / subito ducente inpio fato est tradita Tartaris / imis et me subito linquit sibi coniugem pro tempo/re iunctum. Quem ambulo et quero miser, quem ipse / aeterna condidi terra. O, quit tribuat genesis, / qui separat convirginios dulcis, ut non licuit / nobis iugiter supernam frunisci caritatem. / Hoc dico legentibus et lacrimis prosequor verba: / coniuncti amantis semper se bene dicere debent, / quia nihil erit dulcius quam prima iuventus.

Während die ungeschützte Zivilstadt allmählich verlassen wurde, lässt sich für das befestigte Legionslager eine ununterbrochene Besiedlung bis in die mittelalterliche Zeit nachweisen. Auch nach dem Abzug der Romanen nach Italien im Jahre 488 wurde die Region weiter autonom von Bevölkerungsgruppen besiedelt, die wohl aus verbliebenen Provinzialen und Germanen bestanden.74 Das ufernorische Gebiet des heutigen Oberösterreich wurde seit Beginn des 5. Jahrhunderts von Osten und Westen zugleich bedroht. Aus dem Westen wurden die verbliebenen Siedlungen Ufernoricums durch ständige Einfälle der Alamannen, Thüringer und Heruler bedrängt, während aus dem Osten die Vandalen und die Westgoten entlang der Donau eindrangen. Unter der Führung Alarichs besetzten letztere Noricum, ehe sie in Italien einfielen und 410 Rom eroberten und plünderten. Um die Mitte des 5. Jhdt. zogen die Hunnen aus Pannonien kommend durch Noricum und stießen unter ihrem König Attila bis Gallien vor, ehe sie 451 auf den Maurikianischen Feldern bei Troyes zurückgeschlagen wurden, wobei die zurückflutenden Scharen neuerlich die ufernorischen Gebiete verwüsteten. Wie für kein anderes Grenzgebiet des Römischen Reiches sind wir durch die Vita Severini als Geschichtsquelle über das Geschehen in Ufernoricum in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts anschaulich und eindrucksvoll informiert.75 Über Herkunft und Person des hl. Severin, der um das Jahr 467 in das bedrängte Noricum kam, gibt auch die Vita Severini keinen Aufschluss, sondern nur Hinweise, dass er vornehmer Abstammung war und in der Reichsverwaltung eine hohe Anstellung inne gehabt hatte. Von manchen Forschern wird er ja mit dem Konsul Flavius Severinus gleichgesetzt. Nicht nur durch sein Charisma, sondern auch durch seine große diplomatische Erfahrung, die er vor seiner inneren Bekehrung (conversio) gesammelt hatte, gelang es ihm, als geistlicher und weltlicher Führer durch Entwicklung strategischer Konzepte und Abschluss von Verträgen mit Germanenkönigen der Bevölkerung noch eine mehrjährige Periode des Friedens zu erwirken. Unter dem ständigen Druck einfallender Germanenstämme schrumpfte dieses gesicherte Gebiet immer mehr zusammen, bis schließlich als einziger Zufluchtsort der bedrängten Zivilbevölkerung die Legionsfestung Lauriacum verblieb. Aber auch dieser Ort musste unter dem Druck der Germanen aufgegeben werden. Severin führte die Romanen nun donauabwärts, wo sie im Tullnerfeld und bei Favianis (Mautern) noch für einige Jahre Sicherheit fanden. In Favianis starb Severin auch am 8. Jänner 482. Mit dem Sieg Hunwulfs, dem Bruder des Skirenfürsten Odoaker, der nach der Absetzung des letzten weströmischen Königs Romulus Augustulus im Jahre 476 von Ravenna aus in Italien als König herrschte, 487/88 über die Rugier unter ihrem König Feletheus, die sich mit den Ostgoten gegen ihn verbündet hatten, nahte für die romanische Bevölkerung auch hier das Ende. Da sich Odoaker außer Stande sieht, die Donaugrenze zu halten, betraut er 488 Hunwulf mit der Organisation des Abzugs der

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romanischen Provinzialbevölkerung, die zum größten Teil aus den letzten Resten der an die Donau versetzten Soldaten, Kaufleuten und Verwaltungsbeamten besteht und deren Umsiedlung nach Italien, womit die römische Periode in Oberösterreich ihr endgültiges Ende findet. Die Heimkehrer nehmen die Reliquien des hl. Severin mit, die in Lucullanum, dem heutigen Frattamaggiore bei Neapel, ihre letzte Ruhe finden.76

Das Ende der römischen Herrschaft im Attergau

Keltoromanischer Grabstein der späten Völkerwanderungszeit. Zweites Viertel des 6. Jahrhunderts, an der Pfarrkirche von St. Georgen im Attergau.

Noch im Jahre 488 nimmt eine rugisch-gotische Allianz den Kampf gegen Odoaker auf, der 493 mit seinem Untergang endet. Der Raum des heutigen Oberösterreich kommt nun unter die Herrschaft des italisch-gotischen Großreiches des Königs Theoderich. Doch ist dieser Herrschaft keine lange Dauer beschieden, da dieses Reich nach seinem Tod im Jahre 526 rasch zerfällt. Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass 488 die gesamte ufernorische Bevölkerung das Land verlassen hat. Zahlreiche Romanen – wir müssen darunter ein vorwiegend keltisches im Laufe der Jahrhunderte romanisiertes Bevölkerungssubstrat verstehen – haben den Exodus offenbar nicht mitgemacht. Auch die Vita Severini spricht nur von einer Räumung der Städte an der Donau, nicht aber vom Hinterland. Im übrigen konnte für alle geschichtlichen Epochen die Erfahrung gemacht werden, dass die landbebauende Bevölkerung, selbst wenn sie durch kriegerische Ereignisse großen Verwüstungen ihrer Ländereien und ständiger Bedrohung ihres Lebens ausgesetzt wird, nur schwer zur Aufgabe ihrer Heimat zu bewegen ist. Wer und ob überhaupt jemand im Raum des heutigen Oberösterreich und damit auch im Attergau geherrscht hat, liegt im Dunkel der Geschichte. Dieser Raum scheint im ersten Drittel des 6. Jahrhunderts vielen Einflüssen offen gewesen zu sein. Ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts gelangten die verbliebenen Romanen unter die Herrschaft der Bayern (Baiuvaren), indem sie ihren neuen Herren abgabenpflichtig wurden. Im Gegensatz zum Raum um Salzburg, wo in den Güterverzeichnissen vom Ende des 8. Jahrhunderts zahlreiche »Romani tributarii bzw. Romani et eorum mansus tributales« aufscheinen, sind in Oberösterreich solche Romanen nur einmal überliefert und zwar als der Bayernherzog Theodo I. (ca. 690-717) der Salzburger Kirche fünf Romanen mit ihren Mansen an der Vöckla bei Wartenburg übergab.77 Dennoch kann der Attergau als wichtigster Bereich im heutigen Oberösterreich für das ländliche Rückzugs- und Über-

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lebensgebiet des Romanentums gelten. Die Bayern nannten die romanischen Altsiedler, die in ihrer Rechtsstellung nicht gemindert worden sein dürften, in verschiedenen Varianten »Welsche«. Daher sind solche Romanenreservate in Walchen- und Wallernnamen oder in mit Walchs- und Wals- verbundenen Ortsbezeichnungen wieder zu erkennen. Auch die wohl unter Diokletian als Flächenmaß eingeführte charakteristische Quadraflur, eine durch das Kreuz- und Querpflügen mit dem Hakenpflug entstandene quadratische Flurform von 220 m, lässt sich im Attergau an mehreren Orten in den Parzellengrößen nachweisen. Sie kann geradezu als Leitfossil für den Bereich einer romanischen Besiedlung gelten und wird daher neben den Walchen- und Barschalkenortsnamen auch als »Geländedenkmal« für das Überleben romanischen Bauerntums angesehen. Am reinsten hat sich die Quadraflur in St. Georgen im Attergau erhalten.78 Aus St. Georgen stammt auch ein einzigartiges Dokument aus der nachrömischen Epoche Oberösterreichs, etwa ein Menschenalter vor der bajuwarischen Ansiedlung. Es handelt sich dabei um den Grabstein eines kelto-romanischen Ehepaares aus dem Attergau, der sich derzeit im Pfarrhof von St. Georgen befindet. Das ungleiche Fibelpaar der Frau lässt eine Datierung in das frühe 6. Jahrhundert zu. Das Werk wird einem romanischen Steinmetz im Bereich der Quadrafluren von St. Georgen zugewiesen. Die urtümlich rohen Gesichter mit den übergroßen kugelförmigen Köpfen mit weit aufgerissenen Augen, die zu einem einzigen ungegliederten Block verschmolzenen Leiber und die rechtwinkelig gebeugten fast ornamenthaft an den Rumpf geklebten Ärmchen zeigen deutlich die Aufweichung der provinzialrömischen Grabsteintradition und geben zugleich Zeugnis vom Durchbruch einer so lange latent erhalten gebliebenen bodenständigen keltischen Kunstauffassung. Schon wenige Jahrzehnte später wäre allerdings eine monumentale Skulptur dieser Art im Hinblick auf den mit der bayerischen Epoche eingetretenen Strukturwandel nicht mehr denkbar.79

Die bayerische und karolingische Epoche im Attergau Die Herkunft der Bayern

Die ersten schriftlichen Nennungen der Bajuwaren in der Gotengeschichte des Jordanes (551) und in der Vita S. Martini des Venantius Fortunatus (565/571).

Die Frage nach der Entstehung des Bayernstammes ist bis heute nicht befriedigend gelöst, da die Quellenlage erst seit dem 8. Jhdt.,somit für die letzte Phase des Herzogtums der Agilolfinger, das anfängliche Dunkel der bayerischen Geschichte zu erhellen vermag. Das mit dem Ende der römischen Herrschaft entstandene Machtvakuum im Alpenvorland nützte nicht eines der größeren Völker wie Alemannen oder Langobarden, sondern der Stamm der Bayern oder Baiuvaren. Da über ihn bis ins 6. Jhdt. keinerlei schriftliche Nachrichten vorliegen, werden die Bayern auch gerne als »Findelkinder der Völkerwanderung« bezeichnet. Die um 511 verfasste Vita Severini des Eugippius kennt noch keinen bayerischen Stamm. Als gesichert kann gelten, dass das fränkische Reich nach dem Tod des Ostgotenkönigs Theoderich im Jahre 526 spätestens unter König Theudebert I. (533-548) seinen Einfluss über das spätere Stammesgebiet der Bayern ausdehnte. Die wichtigste Quelle hiefür ist Theudeberts Brief an den oströmischen Kaiser Justinian (527-565), in dem er sein Herrschaftsgebiet von der Donau und der Grenze Pannoniens bis an den Ozean angibt.80 Als ältester Beleg für die Bayern gilt die um 520 entstandene »Fränkische Völkertafel«. 551 übernahm der Historiograph Jordanes in seiner Getica eine Kurzfassung der um 529 von Cassiodor verfassten 12-bändigen Gotengeschichte.81 Man liest darin, dass »jenes Land der Suaven im Osten die Bayern, im Westen die Franken, im Süden die Burgunder und im Norden die Thüringer hat«. Der italienische Bischof und Dichter Venantius Fortunatus (536608) erzählt, dass man östlich des Lechs auf die Bayern stoße. Damit wird bereits im 6. Jhdt. jene Grenze zwischen Bayern und Schwaben genannt, die bis heute besteht.82 Während Ignaz Zibermayr noch Lorch als erstes Zentrum der aus dem Osten eingewandeten Bayern sah, von wo sie um 700 durch einen Awareneinfall nach Westen in die späteren Siedlungsgebiete vertrieben wurden83, gelten diese Vorstellungen von der bayerischen Landnahme im Raum des heutigen Oberösterreich als überholt. Die neuere wissenschaftliche Forschung neigt zur Auffassung, dass bei der Entstehung des bayerischen Stammes nicht die Einwanderung einer oder mehrerer völkischer Gruppen das auslösende Ereignis war, sondern die Stammesbildung das Ergebnis einer Ethnogenese ist, die

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Karte Europa beim Tode Theoderichs d. Gr. (626 n. Chr.)

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Spätantike Provinzen.

Völker im 5. und 6. Jahrhundert.

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Verbrüderungsbuch. Eintrag der bairischen Herzöge aus dem Geschlecht der Agilolfinger und ihrer Gemahlinnen im Verbrüderungsbuch von St. Peter.

sich in jenem Siedlungsraum um Regensburg und Straubing vollzogen hat, wo die Bayern seit der ersten Hälfte des 6. Jhdt. auch in den schriftlichen Quellen genannt werden. Dabei verschmolzen germanische und andere Volkssplitter, wobei vor allem an Thüringer Langobarden, Ostgoten und Alamannen, aber auch an romanische und sogar awarische Volksgruppen zu denken ist. Dies schließt nicht aus, dass die Namensgebung auf die Einwanderung der Baiovarii, elbgermanischer Siedlungsgruppen aus Südböhmen in das Donautal zuruckzuführen ist. Diese »Männer aus Böhmen« traten zunächst als Foederaten, die zur Grenzverteidigung eingesetzt wurden, in römische Dienste. Nach dem Ende der römischen Herrschaft blieben sie an der Donau und hatten mit den Kastellen und befestigten Stützpunkten Straubing, Regensburg, Weltenburg und Neuburg die militärischen Schlüsselpositionen in ihrer Hand. Deshalb wurden sie, obwohl sie nicht sehr zahlreich waren, zum namensbildenden Kern für einen neuen Stamm.84 Die bayerische Stammesbildung dürfte dabei von Anfang an in enger Verbindung mit dem Geschlecht der Agilolfinger gestanden haben, von denen schon die Lex Baiuvariorum sagt: »Der Herzog aber, der dem (Bayern-)Volk voransteht, jener war und soll immer aus dem Geschlecht der Agilolfinger sein, weil es ihnen so die (Franken-)Könige zugestanden haben85«. Für die ethnischen Ursprünge des Geschlechts der Agilolfinger, deren Herzöge erst mit Theodo I. um 690 historisch fassbar werden, gilt daher letztlich die gleiche Problemstellung, wie für die Herkunft des Bayernstammes.86 Von den frühen Zentren an der Donau griff die bayerische Besiedlung rasch nach Norden und Süden aus. Bereits in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts erfasste sie das Alpenvorland vom Chiemgau über den Salzburger Flachgau und das heutige Oberösterreich bis in die Gegend von Linz, wobei die Enns den Grenzfluss zum Reich der Awaren bildete.

Die bayerische Siedlung im Attergau aus der Sicht der Archäologie und der Ortsnamen Über das Ausmaß der Besiedlungskontinuität im Raume des Attergaues von der keltischen Periode bis zur bayerischen Siedlung gibt es keine gesicherten Hinweise. Gegen eine prägende Kraft der verbliebenen Reste spätantiker Kultur spricht der Umstand, dass im Raum des heutigen Oberösterreich nicht einmal die Namen der römischen Siedlungen, wenn wir von Ovilava (Wels), Lentia (Linz) und Lauriacum (Lorch) absehen, überdauert haben. Daran ändern auch die aus der Bezeichnung Walchen für »Welsche« abgeleiteten Siedlungsnamen nichts, da es sich hier um Namen handelt, mit denen Orte von den Bayern bezeichnet wurden, in denen sich die romanischen Bevölkerungsreste in entsprechender Zahl erhalten hatten. Nicht aussagekräftiger sind Ortsnamen, die mit »schalk« (Knecht) gebildet sind, da auch sie auf bayerischen Benennungen beruhen. Denn dieser Ausdruck geht auf die Bezeichnung »Barschalken« zurück, die in den älteren Güterverzeichnissen (Notitia Arnonis, Breves Notitiae) häufig erwähnt, aber auch noch in den Traditionscodices des 10. Jhd. genannt werden. Man hat sie als Personen romanischer Herkunft in einer geminderten rechtlichen Stellung gedeutet.87 Doch ist die rechtliche und soziale Position dieser Bevölkerungsgruppe sehr differenziert und die ausschließlich romanische Zusammensetzung nicht sicher.88 Mit dem Rückzug eines Großteiles der Romanen 488 nach Italien schrumpften jedenfalls die Städte zu unbedeutenden Siedlungen zusammen und das Kulturland ging zurück. Erst die Bayern schufen durch umfangreiche Rodungen im Laufe der nächsten Jahrhunderte neues Kulturland.89 Allerdings haben sich in den Fluss- und Gewässernamen zahlreiche Bezeichnungen erhalten, die noch auf die älteste Schicht der vorkeltischen und keltischen Besiedlung zurückgehen, die dann von den Römern nur mehr entsprechend umgeformt wurden. So stammen von den Kelten die Namen der Ager aus Agria, die Treibende, oder der Traun aus Druna für Lauf sowie der Enns aus Anisa für Sumpffluss, während die Seen fast durchwegs nach bayerischen Männern benannt sind, wie der Attersee von Atari, der Mondsee von Manno, der Wallersee von Walari. Nur der Traunsee ist nach der Traun benannt. Aus den vom 5. bis 8. Jahrhundert vollzogenen Lautentwicklungen kann die Sprachforschung die frühe Ein-

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Walchenorte und romanische Mischnamen in Bayern (nach E. Schwarz, Ausführung: W. Hölzl).

deutschung der Namen vorkeltischer oder keltischer Herkunft erkennen. So haben sich die Namen für Wels mit der lateinischen Form Ovilava oder –vis, zu Wels (888 genannt),90 für Linz über die lateinische Bezeichnung Lentia aus der keltischen Wurzel lentos (Siedlung an der Biegung des Flusses) zu Linze (799 genannt) entwickelt.91 Im Namen Lorch hat sich der Personennahmen Laurios mit dem besitzanzeigenden acumsuffix (dem Laurios gehörig) von Lauriacum über Lóraha (791 genannt) schließlich zu Lorch herausgebildet.92 Aus der Zeit der bayerischen Besiedlung weisen die ing-(-ingen) und -ham(-heim) Namen auf die älteste Namensgeschichte und daher auch auf die ältesten Siedlungen. Dafür spricht auch, dass diese ing- und heim – Namen im Bereich der niedrigen und klimatisch bevorzugten, für den bäuerlichen Erwerb besonders günstigen Lagen zu finden sind. Nicht alle der heute in Oberösterreich vorkommenden ing-Namen sind allerdings echte ing-Namen, die für bayerische Frühsiedlungen zeugen, sondern nur jene, für die das germanische Suffix-ing eine bestimmte Zugehörigkeit ausdrückt. Denn die Endsilbe -ing, die bis ins 12. Jhdt. -ingen lautete, bezeichnet denPersonenkreis, der von einem Anführer oder Siedlungsleiter

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abhängig war. Daher sind die meisten echten ing-Namen als patronymische-ing-Namen von männlichen Personen abgeleitete Besitznamen. So weist etwa der Name Schörfling auf die Zugehörigkeit eines Hofes oder Ortes zu einer Person namens Skerolf oder Skariwolf, 803 als Sceroluingen bezeugt, oder Lenzing auf eine Person namens Lanzo, 1430 als Lentzing genannt. Pfaffing verweist auf den Sitz eines Pfaffen, also eines Weltgeistlichen, oder Apeding bei Schwanenstadt auf einen Abt, also eine klösterliche Gründung. Wimpassing bei Wels hat seinen Ursprung allerdings in einer naturgegebenen Örtlichkeit und deutet mit den Wörtern »wint« (Wind) und »pozzen«(schlagen) auf einen Ort, wo der Wind so stark bläst, dass es zu einem Windbruch kommen kann. Im Gegensatz zu den durch Ableitung gebildeten ing-Namen handelt es sich bei den heimNamen um Zusammensetzungen, bei denen Heim als ein gemeingermanisches Wort schon im Althochdeutschen »Haus, Wohnung, Wohnort« bedeutet. Mundartlich geschrieben erscheint es häufig als – ham, was auf die Abschwächung von – heim zu – ham im 12. Jahrhundert zurückgeht. Die Verwendung von Heim in der Ortsnamensgebung drückt im Gegensatz zu den die Bewohnerschaft hervorkehrenden Insassennamen daher Siedlungsnamen aus. Die Art dieses Wohnortes beschreibt dann das vorangesetzte Bestimmungswort, das wieder in Besitz – oder Lagenamen unterschieden werden kann. Von den rund 300 in Oberösterreich erhaltenen echten – heim – oder ham – Namen verweisen wieder die meisten, nämlich etwa hundert, auf einen männlichen Personennamen als Bestimmungswort. Dazu zählen beispielsweise Gerlham bei Seewalchen abgeleitet von Gerilo.93 Als Lagenamen kommen Geländenamen, wie Aham bei Attnang, das Heim am fließenden Wasser (aha), Redlham bei Schwanenstadt, das Heim am Redlbach, Aufham am Attersee für oberhalb gelegen, Moosham für am Sumpf gelegen oder Puchheim von puoche (Buche) in Betracht. Schließlich gibt es noch eine Gruppe von heim-Namen, die als Bestimmungswort auf einen von einem Personennamen abgeleiteten ing-Namen zurückgehen und heute auf -kam enden. Dazu zählt beispielsweise Timelkam abgeleitet aus dem Personennamen Tumilo. Das Auftreten der ing-Namen deckt sich im Wesentlichen mit dem der heim-Namen. Dabei ist festzustellen, dass beide Namensgruppen im gebirgigen Salzkammergut, in den Flussgebieten von Alm, Steyr und Enns und im östlichen und nördlichen Mühlviertel fehlen. Das Fehlen dieser Ortsnamen in diesen Bereichen erklärt sich vor allem daraus, dass die bayerische Besiedlung ursprünglich nur in den landwirtschaftlich geeignetsten Gebieten erfolgte. Außerdem befand sich östlich der Linie Salzkammergut – Almtal-Linz das Gebiet slawischer Siedlungen. Im Attergau häufen sich die ing- und heim-Namen zwischen Attersee und Mondsee, entlang der römischen Hauptstraße sowie zwischen Ager und Hausruck und etwas schwächer zwischen Ager und Traun, während die Waldgebiete des Hausrucks und der Raum südlich von St. Georgen aber auch das spätere Mondseeland von solchen Orten frei blieben. Auch daraus kann geschlossen werden, dass die Bayern in den ersten Jahrhunderten auch im Attergau den für die Landwirtschaft günstigsten Boden besiedelten.94 Auch die Ergebnisse der archäologischen Forschung bestätigen die Erkenntnisse der Ortsnamenforschung und beweisen, dass der oberösterreichische Zentralraum einschließlich des Attergaues spätestens im 7. Jahrhundert fest in bayerischer Hand war. Allerdings kam nach Erreichen dieser Ausbaulinie die frühmittelalterliche Siedlungstätigkeit nicht zum Stillstand. Es kommt auch an den Rändern der Altsiedlungen weiterhin zu Rodungen, doch handelt es sich hier zunächst um vorgeschobene, isoliert angelegte Höfe, die sich erst später zu neuen Ortschaften erweitern und damit die Siedlungsdichte vergrößern. Während jedoch die Besiedlung des oberösterreichischen Zentralraumes eine ausschließlich bayerische Leistung ist, war die Kolonisierung der Randgebiete eine Gemeinschaftsleistung bayerischer und slawischer Siedler. Als Urheimat der Slawen wird ein Gebiet zwischen den Flüssen Don, Pripjet, Bug und Dnjepr vermutet. Da sie in den lateinischen Quellen häufig als sclavi bezeichnet werden ist anzunehmen, dass sie als Objekte eines ausgedehnten Menschenhandels dienten. Der Name Wenden wird hingegen vom Volk der Veneter abgeleitet, das mit den Slawen in keinem unmittelbaren Zusammenhang stand. Im 4. u. 5. Jhdt. brachen slawische Stämme Richtung Westen auf. Im Vorfeld der Karpaten trennten sie sich in zwei Gruppen: die einen wanderten nach Böhmen und Mähren und in die Slowakei, die anderen über den Balkan zur nördlichen Adria. Das Karpatenbecken blieb ihnen verwehrt, da hier die Stämme der Langobarden, Gepiden und Awaren – später der Magyaren oder Ungarn-

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Ortsnamen aus Personennamen s Ortsnamen ∅ jüngere »alttschechische« Ortsnamen

n

Slawische Ortsnamen in Oberösterreich und die Wege der slawischen Einwanderung

Kultur n karantanische Köttlach-Kultur s Hügelgräber

l donauländische

Große Signaturen kennzeichnen Gräberfelder mit Einzelwaffengräbern

Slawische Grabfunde in Oberösterreich

Codex Fridericianus Maior. Kopial-(Urkunden-)buch von 1302, p. 51r, Abschrift der Stiftungsurkunde von Kremsmünster.

Älteste Ansicht der Stiftskirche aus dem Psalterium des Abtes Ulrich IV. Schoppenzaun von 1465 (CC 359 der Staatsbibliothek). Herzog Tassilo bringt kniend dem Kirchenpatron, dem hl. Agapitus, das Kirchenmodell dar.

waren. Sie verhinderten einen Zusammenschluss der slawischen Völker und – für die Zukunft – die Entwicklung eines ostmitteleuropäischen, slawischen Großreiches. Bedrängt vom asiatischen Reitervolk der Awaren ereichten erstmals im 6. Jhdt. slawische Stämme den Südosten Österreichs. Sie wanderten entlang der sumpfigen Täler von Drau, Gail und Mur aufwärts und kamen bis ins östliche Oberösterreich, ins Wiener Becken und ins Alpenvorland. An der Donau zwischen Traun und Marchmündung stießen sie auf ihre aus Böhmen und Mähren südwärts ziehenden Stammesverwandten und ließen sich, wie zahlreich erhalten gebliebenes slawisches Namensgut bezeugt, in den kaum besiedelten Tal- und Beckenlandschaften wieder. Als im Verlauf des 6. Jhdt. erstmals in den schriftlichen Quellen die Baiuvaren erscheinen, haben die Slawen, wie den Ortsnamen in Verbindung mit den erzählenden Quellen zu entnehmen ist, auch große Teile der Ostalpen besiedelt. Dabei bildete der Kamm der Hohen Tauern im Wesentlichen die Grenze, doch griff die slawische Besiedlung in einigen Bereichen auch darüber nach Norden aus. So stießen die Slawen im Gebiet von Bad Ischl, im Kremstal und im Windischgarstener Becken vom Süden her über die Tauern vor. Ein Großteil der slawischen Völker stand zunächst unter der Herrschaft der Awaren. Als diese 626 vor Konstantinopel eine vernichtende Niederlage erlitten, kam es durch den fränkischen Kaufmann Samo zur Bildung eines ersten slawischen Großreiches, dessen Schwerpunkt in Böhmen angenommen wird. Mit Samos Tod um 660 verfiel jedoch dieses Reich, sodass die Awaren im frühen 8. Jhdt. ihre Macht wieder ausdehnen konnten. Zu den wertvollsten Quellen für die Frühgeschichte der Slawen zählt die Gründungsurkunde über die vom Bayernherzog Tassilo III. im Jahre 777 erfolgte Stiftung des Klosters Kremsmünster. Sie liegt allerdings nicht im Original, sondern nur in einer vom Passauer Bischof Otto von Lohnsdorf (1254-1265) angefertigten Kopie vor. Ihr ist zu entnehmen, dass zu dem reichen Grundbesitz, mit dem Tassilo seine Gründung ausstattete, auch die Zuweisung einer Slawendekanie gehörte. Sie bestand aus mehreren Gruppen slawischer Zuwanderer, die einen Stammesverband unter der Leitung eines Fürsten (Zupan) bildeten. Er stand unter bayerischer Oberherrschaft und wurde von herzoglichen Beamten verwaltet. Auch archäologische Untersuchungen auf einem Terrassensporn von Sierninghofen im Gräberfeld von Dornach/Hausleithen bei Steyr und in den Gräberfeldern von Micheldorf/ Kremsdorf belegen die Anwesenheit slawischer Siedler, wobei jedoch die zeitliche Einordnung dieser Gräber umstritten ist. Vor allem ob sie schon vor den Awarenkriegen Karls des Großen zu datieren sind oder erst nach dem Zurückweichen der Awaren entstanden sind, ist noch ungeklärt. Da die archäologische Forschung die slawischen Gräberfelder bisher durchwegs in das 9. Jhdt. setzt, ergibt sich daraus eine wesentlich spätere Datierung als die schriftlichen Quellen die Anwesenheit der Slawen dokumentieren.95

Die Geschichte des Attergaues unter den Agilolfingern und Karolingern Das erste Stammesherzogtum der Bayern unter den Agilolfingern Als die Bayern im frühen 6. Jahrhundert erstmals als Stamm fassbar werden, stehen sie bereits unter der Führung der Herzöge aus dem Geschlecht der Agilolfinger, denen das Recht auf erbliche Herrschaft nach der Lex Baiuvariorum zustand. Die Herkunft dieses Geschlechts, das seinen Namen auf einen Agilulf als Ahnherrn zurückführt, ist unbekannt. Der erste namentlich genannte Herzog ist Garibald I., der seit 555 regierte und mit Walderada, der Tochter des Langobardenkönigs Wacho verheiratet war. Da sie vorher mit dem Frankenkönig Theudebald vermählt war, nimmt man an, dass Garibald fränkischer Abstammung war (unus ex suis) und von den Frankenkönigen, die zu Beginn der Stammeswerdung der Bayern die Oberhoheit über sie ausübten, eingesetzt wurde.96 Mit Theodo (um 690-718) wird erstmals ein Bayernherzog historisch fassbar. Unter seiner Regierung nehmen die ersten fränkischen Glaubensboten ihre Missionstätigkeit auf. Der heilige Rupert kommt nach Salzburg, während in Regensburg der hl. Emmeram als Glaubensbote wirkt. Da Theodo der Salzburger Kirche fünf Romanen mit ihren Mansen bei Wartenburg übergibt,97 stammt von diesem Bayernherrscher auch die erste schrift-

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Agilolfinger I Wacho König der Langobarden um 510-540

Walthari

Wisigarda ∞ Theudebert

König d. Langobarden 546

Waldarada

∞1

Theudebald

∞2

Chlothar I.

Frankenkönig 548-555

Frankenkönig 533-547/48

Frankenkönig 511-561 ∞3

Garibald I. Bayernherzog um 555-592

Tassilo I.

Gundoald

Bayernherzog 592- ca. 610

Herzog v. Asti 612

Grimoald

(Tochter) ∞ Eoin

Theodelinde 627/28 ∞ 1 Authari König d. Langobarden 584-590 ∞ 2 Agilulf König d. Langobarden 591-616

Herzog v. Trient

Garibald II. Bayernherzog um 610

Agilolfinger II Theodo Bayernherzog vor 696-717/18 ∞ Folchaid

Lantpert

Uta

Theotpert

Grimoald

Theodolt

Tassilo II.

Bayernherzog in Salzburg um 702-nach 716

Bayernherzog in Freising 725/28

Bayernherzog in Regensburg (?)

Bayernherzog in Passau (?)

∞ Regintrud

∞ Pilitrud

∞ 1 Waltrat ∞ 2 Pilitrud

Ansprand König d. Langobarden 712

∞ Theoderada

Hucbert



Guntrud

Liutprand

Bayernherzog 736/37

König d. Langobarden 712-744

Agilolfinger III Gotfrid

Karl Martell ∞ 2 Swanabild

Herzog d. Alamannen 709

Hausmeier 714-741



Lantfrid

Theudobald

Odilo

Herzog d. Alamannen 709-730

Herzog d. Alamannen 746 (?)

Herzog d. Bayern 736/37-748

Hiltrud 754

Agilolfingerin

Karlmann I.

Pippin

Grifo

Hausmeier 741-747

Hausmeier 741-751 König 751-768

753

Desiderius König d. Langobarden 757-774

∞ Ansa Adelchis

Liutpirc



König d. Langobarden

Theodo

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Cotani

Tassilo III.

Karl d. Große

Karlmann II.

Herzog d. Bayern 748-788/94

König/Kaiser 768-814

König 768-771

Hrodrud

DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Theodebert

liche Nachricht aus dem Raum der späteren Stadt Vöcklabruck. Zugleich ist sie der wichtigste Hinweis auf eine gewisse Bevölkerungskontinuität seit der spätromanischen Zeit in diesem Raum. Der nächste auch für die Geschichte des Attergaues bedeutsame Bayernherzog ist Odilo, der um 736 zur Herrschaft kommt und am 18. Jänner 748 stirbt.98 Er stammt aus der schwäbischen Linie der Agilolfinger und war der Sohn des Alamannenherzogs Gottfried. Als er 740 aus Bayern vertrieben wird, findet er beim fränkischen Hausmeier Karl Martell Zuflucht. Während seines Aufenthaltes am Hofe des Hausmeiers gewinnt er die Gunst von dessen Tochter Hiltrud. Bevor sie mit seinem Kind niederkommt, flieht sie mit ihm nach Bayern und bringt 741 bereits als seine Gemahlin den späteren Tassilo III. zur Welt. Dieser karolingisch-agilolfingische Familienskandal entwickelte sich zu einer schweren Belastung der fränkisch-bayerischen Beziehungen, die noch über den Tod Odilos nachwirkte und auch das gesamte Leben Tassilos überschattete.99

Spätgotische Darstellung von Herzog Tassilo III. an der Außenwand der Stiftskirche Mattsee mit der Inschrift »Anno domini DCCLXXVII. Tassilo dux primum post rex monachus sed ad ymum. idibus in terris discesserat iste decembris. Matse fundavit plura templaque dotavit«. Im Jahre 777. Tassilo, zuerst Herzog, dann König, schließlich aber Mönch. Er schied von der Erde am 11. Dezember. Er hat Mattsee gegründet und viele andere Kirchen ausgestattet.

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Herzog Odilo gelingt es, Bayern politisch und kirchenrechtlich weitgehend von den Franken unabhängig zu machen. Als er 748 stirbt, ist sein Sohn erst sieben Jahre alt. Unter der Vorherrschaft seiner Mutter Hiltrud kann er sein Herzogtum gegen seine Gegner behaupten. Mit seinem Herrschaftsantritt im Jahre 757 erreicht das ältere bayerische Stammesherzogtum den Höhepunkt seiner Machtstellung, wenngleich er noch im selben Jahr dem fränkischen König Pippin und seinen Söhnen Karl und Karlmann den Treueid leisten und damit das bayerische Herzogtum nach Lehnsrecht dem fränkisch-karolingischen Königstum unterordnen muss.100 Als Tassilo III. 763 auf dem Feldzug gegen Aquitanien mit seinem bayerischen Aufgebot das Heer seines Onkels, des Frankenkönigs Pippin, ohne Erlaubnis verlässt, begeht er den lehnsrechtlichen Treuebruch der »Harisliz«. Da sich 788 die politische Lage zu Tassilos Ungunsten verändert hat, nimmt Karl der Große diesen 15 Jahre zurückliegenden Vorfall zum Anlass, ihn wegen Hochverrats anzuklagen und ihm das Herzogtum zu entziehen. Er wird zum Tode verurteilt und schließlich zu lebenslänglicher Klosterhaft begnadigt. Auf der Frankfurter Synode 794 tritt Tassilo zum letzten Mal in Erscheinung. Er muss für sein schuldhaftes Verhalten und seinen Treuebruch um Verzeihung bitten sowie in seinem und im Namen seiner Kinder auf sein Recht auf das Herzogtum der Bayern so wie auf alles Eigentum im Lande verzichten. Von den Kindern, die er der Gnade des Königs empfiehlt, ist in den Quellen später nicht mehr die Rede. Er selbst stirbt an einem 11. Dezember, vermutlich des Jahres 797.101

Bericht des Chronisten Paulus Diaconus. Er berichtet in seiner Geschichte der Langobarden über die Heirat der langobardischen Königstochter Walderada mit dem Baiernherzog Garibald. (Foto: ÖNB Wien)

Verbrüderungsbuch. Eintragung von Karl Martell und Swanahild, von Pippin und Karlmann im Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg. Grifo wurde erst später unter den Königen nachgetragen.

Die kirchlichen Verhältnisse unter den letzten Agilolfingern Kurz vor seinem Tod im Jänner 748 gründet Odilo das Kloster Mondsee, das älteste auf österreichischem Boden, das nicht zugleich Sitz eines Bistums wurde.102 Zahlreiche meist durch Schenkungen erfolgte Erwerbungen in einem Dutzend bayerischer Gaue, die sich vom Gebiet um Kufstein bis zur Donau und von hier zu den oberösterreichisch-salzburgischen Kalkalpen erstreckten,103 machten Mondsee bald zum reichsten bayerischen Kloster. Der Stiftungslegende zufolge wurden in die Klostergründung Mönche aus Monte Cassino berufen, dem 529 vom hl. Benedikt gegründeten Stammkloster der Benediktiner. Gegen die Besiedlung durch Mönche aus Monte Cassino spricht der hohe Rang der Mondseer Schreibstube, die Werke der Buchkunst hervorbrachte, deren Qualität sogar Salzburg in den Schatten stellte. Die ältesten erhaltenen Werke sind der vor 788 entstande-

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Karte der 798 geschaffenen Kirchenprovinz Baiern.

ne Mondseer Psalter,der sich heute in Montpellier befindet und vielleicht das persönliche Gebetbuch Herzog Tassilos III. war, sowie der um 770 zu datierende Mondseer Mathäus, die älteste deutsche Bibelübersetzung. Da diese Handschriften auf oberitalienischen Textvorlagen und nicht solchen aus Mittel- oder Süditalien beruhen, ist die Besiedlung Mondsees durch Monte Cassino unwahrscheinlich.104 Als der Angelsachse Winfried – Bonifatius mit Zustimmung von Papst Gregor III. und Unterstützung Herzog Odilos 739 die Bistümer Salzburg, Freising, Regensburg und Passau errichtete, zeichnete sich eine bayerische Kirchenprovinz ab, die dem Bayernherzog auch dazu dienen sollte, sie als »Landeskirche« unter herzoglicher Führung dem fränkischen Einfluss zu entziehen.105 Gegenüber den bisher in Bayern ausschließlich tätigen Kloster- oder Wanderbischöfen erhielten die neu geschaffenen Diözesen eigene Bischöfe und zwar Johannes für Salzburg, Erembert für Freising und Gaubald für Regensburg. In Passau, der alten Römerstadt,bestand seit 711 eine der wichtigsten Herzogsburgen. Außerdem war hier mit Vivilo bereits ein Bischof im Amt, der von Papst Gregor III. in Rom geweiht worden war. Er wurde von Bonifatius in seinem Amt bestätigt. Da Herzog Hucbert 736 an die Kirche des hl. Stephan bereits eine Schenkung tätigte, muss dieses Patrozinium schon vor 739 bestanden haben.106 Der bedeutendste Passauer Bischof aus karolingischer Zeit ist Waltrich (777-805), der 777 bereits bei der Weihe Kremsmünsters in Erscheinung tritt und später in enger Beziehung zu Bischof Arn von Salzburg steht. Seiner langen und tatkräftigen Amtsführung gelingt es, die Grenzen des Bistums bis in den Traungau vorzuschieben. Unklar ist, ob die Grenze zwischen den Bistümern Passau und Salzburg schon bei der Gründung mit den Gaugrenzen übereinstimmte und der Attergau mit dem Gebiet des heutigen Vöcklabruck von Anfang an zu Passau oder zunächst zu Salzburg gehörte. Jedenfalls entsprach die Grenze zwischen den beiden Bistümern um 790 bereits der heutigen, wobei auch die Missionsbezirke Mattsee und Mondsee damals schon zur Diözese Passau gehörten.107 Für den Attergau ist die Missionstätigkeit Salzburg seit dem Wirken des hl. Rupert um 700 anzunehmen,108 ehe sich das um 748 gegründete Kloster Mondsee, an das auch im Attergau eine Reihe von Schenkungen erfolgte, als nächstes Missionszentrum entwickelte. Sicherlich

ERZBISTUM MAINZ

Die Kirchenprovinz Baiern Sitz des Erzbischofs Sitz eines Bischofs

ERZBISTUM MAILAND PAT R I A R C H AT A Q U I L E I A

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Christus und David aus dem Psalter von Montpellier, Mondsee vor 788. Bibliothèque de l´Université Montpellier Ms. 409.

war die Missionstätigkeit in dieser Zeit im Attergau noch eine mühevolle Aufgabe, gibt es doch zahlreiche Hinweise, dass Christentum und Heidentum noch lange nebeneinander existierten und das einfache Volk weiter an heidnische Gottheiten und Dämonen glaubte. Mit den durch Tassilo III. um 760109 und 777 erfolgten Klostergründungen von Mattsee und Kremsmünster entstand unter dem letzten Agilolfinger eine Klosterkette, die sowohl der Festigung der herzoglichen Macht als auch der Mission und Kolonisation diente. Für St. Florian belegen archäologische Spuren eine Bautätigkeit bis in die spätromanische Zeit, doch gehen diese nicht auf ein echtes Kloster in agilolfingischer Zeit zurück. Die Entstehung von St. Florian steht in engem Zusammenhang mit der Passio sancti Floriani. Diese erzählt, dass Florian,der in Aelium Cetium (St. Pölten) im Ruhestand lebende ehemalige Vorstand der Kanzlei des Statthalters der Provinz UferRechtsaufzeichnungen. Schon seit früher Zeit legten die Mönche und die Kirche über ihren Besitz Rechtsaufzeichnungen an. Mondseer Traditionskodex mit erster Nennung der Schöndorfer Kirche.

Ansicht von Mondsee um 1600. (Aus Stengelius: »Monasteriologia«).

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Pestbild (Detail). Unbekannter Maler (1649). Ortsansicht mit der Stiftskirche Mondsee vor dem Umbau.

noricum, Aquilinus, von der Gefangennahme einer Gruppe von Christen in Lauriacum erfahren hatte.Um ihnen zu helfen brach er dorthin auf, bekannte sich selbst als Christ und wurde auf Befehl seines früheren Vorgesetzten zum Tode verurteilt. Nachdem er in der Enns ertränkt worden war, wurde sein Leichnam an Land gespült und von einer frommen Frau beerdigt. Schon beim Transport des Hingerichteten mit einem Gespann ereignete sich ein Quellwunder, weitere folgten an der Stelle, wo er begraben wurde.110 Diese Darstellung zeigt so detaillierte Kenntnisse z. B. der Amtstitel (princeps officii praesidis) für die Funktion Florians als Kanzleivorsteher des Statthalters, des Gerichtsvollzuges und der Provinzialtopographie, dass zumindest ein historischer Kern des legendenhaft ausgeschmückten Berichtes anzunehmen ist.111 Zudem ist ersichtlich, dass es um 300 in Aelium Cetium und Lauriacum schon Christengemeinden gegeben hat. Über dem Grab des hl. Florian entstand bald eine Wallfahrtsstätte, deren Mauerreste bis in das 4. Jahrhundert zurückreichen. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts scheint das Bistum Passau über der Grabstätte eine kleine Kirche erbaut zu haben, die 819 als cellula sancti Floriani genannt wird. Erst 888 ist von einem echten monasterium als Kanonikerstift die Rede, als König Arnulf von Kärnten dort eine Urkunde zugunsten Kremsmünsters ausstellt. Alle Urkunden bezeugen auch in der Folge die Abhängigkeit St. Florians von Passau und zeigen das Stift als wichtigen Stützpunkt im Traungau zur Abwehr der aus dem Osten drohenden Gefahren.112 Die endgültige Regelung der kirchlichen Verhältnisse in Bayern erfolgte schließlich 798, als Papst Leo III. auf Wunsch Karls d. Gr. Arn, seit 785 Bischof in Salzburg, zum Erzbischof erhob. Durch die Schaffung der bayerischen Kirchenprovinz mit Salzburg als Erzdiözese und den Suffraganbistümern Regensburg, Freising, Passau und Säben in Südtirol beabsichtigte der Frankenkönig nach dem Ende der Agilolfingerherrschaft die Einheit der bayerischen Kirche zu bewahren. Von der bayerischen Geschichtsschreibung wird häufig die Frage aufgeworfen, warum Karl d. Gr. gerade Salzburg zum Sitz des Metropolitanverbandes erhob und nicht Regensburg, das ältere kirchliche Rechte besaß. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war wohl vor allem, dass die Erhebung Regensburgs zum Metropolitansitz ein Anknüpfen an die Residenz der Agilolfinger bedeutet hätte, die vor ihrem Sturz als bayerische Herzöge eine königsgleiche Stellung inne gehabt hatten, aber auch der Umstand, dass Arn von allen bayerischen Bischöfen Karl am nächsten stand. Außerdem war Salzburg das reichste der bayerischen Bistümer und hatte sich bei der Mission der slawischen Karantanen im heutigen Kärnten große Verdienste erworben.113 Der Entscheidung zur Schaffung des Metropolitanverbandes ging möglicherweise der Tod Tassilos III. am 11. Dezember 797 voraus, hatte doch die bayerische Bischofskirche die Agilolfinger Odilo und Tassilo eindrucksvoll als ihre Häupter anerkannt.

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Frühmittelalterliche Gaue.

Völker und Räume im 8. und 9. Jahrhundert.

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DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Die agilolfingischen Grafschaften im Attergau Während die ältere Forschung annahm, dass sich die als pagus bezeichneten Gaue weitgehend mit den Verwaltungsbezirken der Grafschaften deckten,114 wird gegenwärtig eher die Auffassung vertreten, dass die nach Gewässern oder zentralen Orten benannten bayerischen Gaue ursprünglich Siedlungslandschaften gewesen sind, die sich durch eine gewisse naturräumliche Geschlossenheit auszeichneten. Die Gliederung in Gaue (pagi) blieb jedoch auf das Altsiedelland beschränkt, sodass echte Gaue nur nördlich des Alpenhauptkammes vom Bodensee bis zur Enns vorkommen. Sie waren von Ödland mannigfacher Art umgeben. Die Grenzen bildeten zumeist ausgedehnte Wälder ab einer Hochlage von 500 bis 700 m. Nur die Ebenen, größeren Talniederungen und das anschließende Hügelland waren bewohnt. Bereits auf den bewaldeten Hügeln begann eine siedlungsarme, wenn nicht siedlungsleere Zone.115 Erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung nahmen die naturräumlichen Gaue mehr und mehr den Charakter von Verwaltungseinheiten an. Zu den bereits in agilolfingischer Zeit bezeugten Gauen zählten neben dem Mattiggau, dem Gebiet der Mattig-Mondsee-Furche, und dem Rottachgau, der im Westen über den Inn nach Oberösterreich hineinreichte, vor allem der Traungau und der Attergau. Während der wesentlich größere Traungau sich zwischen Hausruck und dem Unterlauf der Enns sowie zwischen Donau und Traun erstreckte, umfasste der Attergau die Landschaft um den Attersee, begrenzt im Norden vom Höhenrücken des Hausruck und im Süden von den Bergen des Salzkammergutes, entwässert von den Flüssen Vöckla, Ager und Dürre Ager.116 Mit der Eingliederung Bayerns ins Frankenreich der Karolinger wurde auch eine neue Verwaltungsorganisation eingeführt, die als »fränkische Grafschaftsverfassung« bezeichnet wird. Die alten Gaue verloren zwar ihre wirtschaftliche und politische Bedeutung, doch führte man auch in fränkischer Zeit die vertraute Gaubezeichnung weiter an, um damit die Lage einer Grafschaft näher zu bestimmen, sodass die Gaunamen noch durch Jahrhunderte bestehen blieben. Zwischen den alten bayerischen Gauen und den fränkischen Grafschaften gab es keinen unmittelbaren Zusammenhang. Meist lagen in einem Gau mehrere Grafschaften bisweilen konnte aber eine Grafschaft auch am

Karolinger Karl d. Große Pippin d. Bucklige 811

Karl d. Jüngere 811

Pippin

Ludwig d. Fromme

König v. Italien 810

König/Kaiser 840

Bernhard König v. Italien 818

Lothar I.

Pippin

König/Kaiser

König v. Aquitanien ostfr. König

855

Ludwig d. Deutsche

838

876

Karl d. Kahle westfr. König/Kaiser 877

Ludwig II. Lothar II.

Karlmann

Ludwig III. d. Jüngere

Karl III. d. Dicke

König v. König Italien/Kaiser 869 875

König 880

König 882

König/Kaiser 888

Arnulf v. Kärnten ostfr. König/Kaiser 899

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Zwentibold

Ludwig IV. d. Kind

König v. Lothringen 900

ostfr. König 911

DIE GESCHICHTE DES ATTERGAUES

Der Sprengel der Diözese Passau. Der Sprengel entwickelte sich entlang der Donau nach Osten. Ihre Nebenflüsse gliedern den Raum. Karte: Dr. Herbert Wurster

Der hl. Rupert um 710 war der Missionar der Kirche von Salzburg, er wirkte aber auch im Raume der späteren Diözese Passau. Handschrift des 12. Jahrhunderts, cop 1420, f. ir.

Schnittpunkt von Gauen liegen und daher an mehreren Gauen Anteil haben. Die freien Bewohner eines Gaues, die pagenses, bildeten die gerichts- und heerbannpflichtige Oberschicht. Wenn ein Gau bestimmten Grafschaften gleichgesetzt oder als Teil zugeordnet wurde, waren die Gaugenossen die freien und vollberechtigten Grafschaftsleute. In Gauen, die wie der Traungau Außengrenzen besaßen, wurden die pagenses wie Grenzbewohner ohne Gauverfassung rein funktionell als Grenzer (confiniales) bezeichnet. Sie mussten nicht nur mit ihren Grafen in den Krieg ziehen, sondern auch in Friedenszeiten entsprechende Wacht- und Aufklärungsdienste leisten. Für Grafen, denen die Funktionen eines Grenzgrafen übertragen wurde, ergab sich dadurch keine grundsätzliche Änderung ihrer Stellung.117 Noch im Herbst 788 hatte sich Karl der Große nach dem Sturz Tassilos III. in die bayerische Hauptstadt Regensburg begeben, um für die Außengrenzen des Reichsgebietes die offensive Verteidigung gegen die Awaren von der Donau bis zur Save zu organisieren. An der Donau führten zwei Grafen und Königsboten (comites et missi) Graman und Otachar das Heer gegen den Feind an. Die beiden waren als Königsboten persönliche Beauftragte des Frankenkönigs, als Grafen für die grenznahen Bereiche zuständig. Der zuerst genannte Graman war als Graf des an das Awarenreich grenzenden Traungaus der höherrangige. Aus anderen Quellen ergibt sich, dass nicht nur die Grafen und Königsvasallen als weltliche Herrschaftsträger, sondern auch die geistlichen Würdenträger, Bischöfe und Äbte, für

Die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig 498. Er leitete die Christianisierung der Franken und ihres Reiches ein.

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den Grenzschutz verantwortlich waren. Ihnen folgten die zum Heeresdienst verpflichteten Freien und Unfreien.118 Comites, die wie Gerold I. oder Erich von Friaul für ganze Reiche zuständig waren, werden in den Quellen häufig Präfekten genannt. Diese Bezeichnung als obergräfliche Präfekten wird in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts durch die Titulatur marchio verdrängt. Die Mark im bayerischen Ostland wurde in ihrer ersten Phase nach dem Volk benannt, wogegen sie sich richtete, sodass der Raum nach der Verdrängung der Awaren ein Slawenland wurde. Um 870 entwickelte sich der Begriff eines bayerischen Ostlandes (plaga orientalis) dessen volkssprachige Form wohl schon Ostarrichi war.119

Kaiser Karl der Große und sein Sohn, König Pippin. Miniatur aus einer mittelalterlichen Handschrift in der Bibliotheca Capitolare in Modena. In grausam geführten Eroberungskriegen gelang es ihnen, das Reich der Awaren zu zerschlagen und das Herrschaftsgebiet des Frankenreichs bis nach Pannonien auszudehnen.

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Die karolingische Herrschaft bis zur »Katastrophe von Pressburg« Nach dem Sturz Tassilos III. machte Karl der Große Bayern zu einer Provinz des fränkischen Reiches und setzte statt eines Herzogs seinen mit den Agilolfingern verwandten Schwager Gerold als Präfekt ein. Da Karl der Große den gesamten herzoglichen Besitz zwischen Inn und Enns zum Königsgut gemacht hatte, wurden einige herzogliche Höfe im Laufe des 9. Jhdt. zu königlichen Pfalzen ausgebaut. Unter ihnen befand sich neben Ranshofen, Ostermiething, Mattighofen und Alkoven auch Atarhofen/Attersee.120 Daneben gab es Pfalzen in Verbindung mit Burgen und zumeist auch Kirchen wie an der Ennsgrenze in Lorch und möglicherweise in Linz.121 Tassilos Absetzung führte nach dem Bericht der Reichsannalen122 zu Angriffen der mit Tassilo verbündeten Awaren, einem turkstämmigen Reitervolk aus Zentralasien, das an der Wende vom 6. zum 7 Jhdt. ein Reich mit dem Zentrum in der ungarischen Tiefebene errichtet hatte, das sich im Westen bis zum Wiener Wald erstreckte, während der anschließende Raum bis zur Enns eine unter awarischer Oberhoheit stehende Pufferzone zum bayerischen Herzogtum bildete.123 Nachdem schon Graman, der Graf im Traungau, die Awaren auf dem Ybbsfeld besiegt hatte, begann Karl der Große 791 einen Feldzug gegen die Awaren, bei dem er sein Heer vor dem Überschreiten der Enns drei Tage lang fasten und beten ließ. Während dieser Feldzug wegen des Ausbruchs einer Pferdeseuche im fränkischen Heer abgebrochen werden musste, führten die Kriegszüge des Markgrafen Erich von Friaul ( 795) und König Pippins von Italien ( 796), des Sohnes Karls des Großen zur Unterwerfung der Awaren. Die von Karl dem Großen sodann errichtete Grenzmark reichte von der Enns bis zur Raab. Für den Traungau ist nach Graman, der 799 an der Grenze seines Herrschaftsgebietes unter nicht ganz geklärten Umständen den Tod fand, erst wieder 827 ein Graf Wilhelm I. bezeugt, dessen Söhnen Wilhelm II.und Engilschalk die Grafschaft im Traungau samt der Grenzgrafschaft zwischen Enns und Raab übertragen wurde. Im Jahre 871 wurde von König Ludwig dem Deutschen das Gebiet zwischen Hausruck und Raab dem Markgrafen (marchio) bzw. Grenzgrafen (comes terminalis) Aribo unterstellt. Während sich somit für den Traungau aus karolingischer Zeit eine Grafenreihe erstellen lässt, ist für den Attergau aus dieser Zeit nur ein einziger Graf namens Deotricus (Dietrich) bezeugt, der 823 mit seinem Sohn Gundaker dem Kloster Mondsee einen vorher entfremdeten Wald zurückgab.124 Diese Grafen im östlichen Teil des Herzogtums Bayern waren Machthaber, die im Auftrag des Königs dessen Interessen wahrzunehmen hatten. Ihre wichtigsten Aufgaben waren die Rechtssprechung im Grafengericht, die Steuererhebung und die Militärhoheit in ihrer Grafschaft. Die Grenzen ihrer Einflussbereiche waren durch die von ihnen abhängigen Personenverbände bestimmt und daher fließend. Ihre Amtsführung unterlag der Kontrolle durch die missi dominici, Königsboten, die zumeist Bischöfe oder Grafen aus anderen Gegenden waren. Den besten Einblick in die Verhältnisse und die Infrastruktur der Grafschaften gegen Ende der karolingischen Epoche bietet die Zollordnung von Raffelstetten, einem Ort an der Mündung der Traun in die Donau, die zwischen 903 und 906 im Machtbereich des Markgrafen Aribo unter König Ludwig IV. dem Kind aufgezeichnet wurde. Ignaz Zibermayr vergleicht dieses Zollweistum in seiner geschichtlichen Bedeutung mit der Vita Severini, da »hier wie dort ein heller Lichtstrahl in das Dunkel der untergehenden Kultur einer Spätzeit fällt.«125 Dem Weistum können wir die Existenz eines dem Mark- oder Grenzgrafen Aribo unterstehenden Machtbereiches entnehmen, der ein Gebiet umfasste, das vom Traungau zumindest bis in die Gegend von Melk und St. Pölten reichte.126 Denn über diesen Raum erstreckten sich die Einflussbereiche jener namentlich genannten und als iudices orientalium bezeichneten 41 Männer, welche die Zollgewohnheiten im östlichen Bayern gekannt und zu Raffelstetten gewiesen und beschworen haben. Dem Wortlaut der Zollaufzeichnung nach waren außer den namentlich genannten Schwurmännern noch andere lokale Machthaber zugegen, die »in hiis tribus comitatibus nobiles« (Edelfreie in diesen Grafschaften) gewesen sind. Die westlichste dieser drei »Untergrafschaften« wird meist mit dem Traungau identifiziert.127 Mit Kaiser Arnulf von Kärnten (887 – 899),dem letzten bedeutenden Herrscher der Karolinger, wird Bayern noch einmal zum Kernland des Reiches. 888 hält er sich nachweislich in der königlichen Pfalz in Atterhofen auf, dem Verwaltungszentrum des reichen könig-

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lichen Grundbesitzes im Attergau.128 Als Arnulf 899 stirbt, ist sein Sohn Ludwig IV. mit dem Beinamen das Kind, erst sieben Jahre alt. Mit seinem Tod im Jahre 911 erlischt im ostfränkischen Reich die karolingische Dynastie,rund hundert Jahre nach dem Tode Karls des Großen. In Bayern wird das durch die fehlende königliche Zentralgewalt entstandene Machtvakuum von dem aus hochedlem bayerischen Geschlecht stammenden Grafen Luitpold (895 bis 907) genutzt. Als Markgraf für Karantanien und Oberpannonien kann er im bayerischen Stammland eine so überragende Machtstellung erreichen, dass er den Titel »dux« annimmt, der seit dem Sturz Tassilos III. von keinem bayerischen Herrscher mehr geführt worden war. Er wird zum Begründer der bayerischen Herzogsdynastie der Luitpoldinger, gilt aber auch als Ahnherr der späteren österreichischen Babenberger.129 In diese Periode des Niederganges des ostfränkischen Reiches unter den letzten Karolingern gegen Ende des 9. Jahrhunderts fällt auch das erstmalige Auftauchen eines neuen furchterregenden Feindes aus den östlichen Steppen. Als letzter Nachzügler der großen Völkerwanderung erscheint das Turkvolk der Ungarn. Die älteste Meldung über ihr Auftreten aus dem Frankenreich stammt aus 862. In den Jahrbüchern von St. Bertin findet sich der auf Erzbischof Hinkmar von Reims zurückgehende Hinweis: »Feinde, die vorher jenen Völkern unbekannt waren und Ungarn genannt werden, verwüsteten das Reich«.130 Erst zwei Jahrzehnte später werden sie in den ältesten Salzburger Jahrbüchern wieder genannt, wo zum Jahre 881 von einem ersten Kampf mit den Ungarn »apud Weniam« und einem zweiten mit denKabaren bei »Culmite« die Rede ist. Während es sich bei Wenia um die erste Erwähnung Wiens oder des Wienflusses im Mittelalter handelt, wird Culmite in der Gegend von Pöchlarn lokalisiert. Bei den Kabaren handelte es sich um ein turkstämmiges Volk, das sich nach einer Revolte gegen die Khazaren den Ungarn angeschlossen hatte, aber weiterhin unter einem eigenen Fürsten als eigenständiges Volk auftrat.131 Die Ethnogenese der Ungarn hatte sich in den Steppengebieten der mittleren Wolga vollzogen, wo sie gegen 830 auftraten. Sie fanden Aufnahme im Etelköz (Etelküzü) dem Gebiet zwischen Dnjepr, Karpaten und Donaudelta, wo sie unter der Oberherrschaft der Khazaren lebten, deren großes Reich seinen Mittelpunkt an der unteren Wolga und am Don hatte. Von Etelköz aus unternahmen zunächst die Ungarn, dann auch die mit ihnen verbündeten Kabaren Plünderungszüge, die sie auf byzantinisches Gebiet aber auch ins bayerische Ostland führten. Die in den frühmittelalterlichen Quellen als Ungri, Ugri oder Ogri bezeichneten »Altungarn« leiteten ihren Namen, der soviel wie »zehn Stämme« bedeutet, von den Ugriern bzw. Onoguren ab. Als das ungarische Hauptheer unter Árpád auf Anstiften der Byzantiner 895 einen verlustreichen Kriegszug gegen die Bulgaren unternahm, wurden die in Etelköz zurückgebliebenen schwachen ungarischen Streitkräfte aus Osten von den mit den Bulgaren verbünˇ deten Pecenegen angegriffen. Darauf flüchtete die Mehrheit des Volkes über die Karpatenpässe nach Siebenbürgen, während Árpád mit dem Hauptheer über dem Verecke-Pass ins Karpatenbecken eindrang und bei Munkatsch die Tiefebene erreichte. Damit begann die Niederlassung der Ungarn in Siebenbürgen und im Gebiet an der oberen Theiß, das zu diesem Zeitpunkt von den Awaren schon zum Großteil verlassen war. Verbliebene awarische Gruppen sind damals im ungarischen Volk aufgegangen.132 Bereits im Jahre 892, als die Ungarn noch eine ferne Macht in Etelköz waren, hatte sich König Arnulf der Unterstützung einer ungarischen Truppe, die sich gerade auf einem Streifzug befand, im Kampf gegen den mährischen Fürsten Zwentibald I. bedient. 899 kämpften von den angenommenen insgesamt 20.000 Reitern, welche die Ungarn aufbieten konnten, etwa 5.000 als Verbündete Arnulfs in Oberitalien gegen König Berengar I. und besiegten ihn an der Brenta.133 Als die Ungarn nach ihrer Rückkehr aus Oberitalien vom Ableben des Kaisers am 8. Dezember 899 erfuhren, betrachteten sie die beim Bündnis mit ihm eingegangenen Verpflichtungen als hinfällig und änderten sofort ihre Pläne. Sie verwüsteten das schutzlose Pannonien und töteten Fürst Brazlav von Siscia.134 Erst damit begann jene Phase, in der die Ungarn nicht nur für Italien und das Frankenreich, sondern auch für ihre unmittelbaren Nachbarn in Bayern und Mähren zur existenzbedrohenden Geißel Gottes wurden. Noch im Herbst 900 griffen sie erstmals über die Enns aus und verwüsteten »fünfzig Meilen« weit den Traungau. Am 20. November 900 vernichtete Luitpold eine versprengte ungarische Abteilung bei Linz, worauf die Ennsburg errichtet wurde.135

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Während orientalische Geschichtsschreiber über eine doppelte Führungsspitze bei den Ungarn berichten, wie sie auch bei anderen Steppenvölkern üblich war, erwähnen die alamannischen und bayerischen Quellen nur einen sakralen Großfürsten oder König als obersten Herrscher, der als kende, kündü, rex oder dux bezeichnet wird. 904 luden die Bayern den Kende Kurszan (Cussal) zu einem Gastmahl an die Fischa. Als man sich zu Tisch setzte, wurde er mit seinem Gefolge heimtückisch umgebracht.136 In dessen Position rückte Arpad nach, der bereits von den Khazaren zum Heerführer oder Heerkönig eingesetzt worden war. Er war der Führer des Stammes der Megyer, dessen Name wahrscheinlich auf die Magyaren, einen der altugrischen Stämme, zurückging. Durch die Herrschaft der Arpaden wurde der Name ihres Stammes allmählich zu einer zweiten Bezeichnung für das gesamte Volk als »Magyaren«. Aus dem Bündnis König Arnulfs mit den Ungarn resultiert der bisweilen auch heute noch vertretene Vorwurf Arnulf habe die Ungarn »ins Land gerufen« und damit das Frankenreich und ganz Europa über ein halbes Jahrhundert lang ihren Plünderungszügen preisgegeben. Am schärfsten hat Liudprand von Cremona diese Kritik geäußert, indem er von einem »scelus immense« (ungeheuren Verbrechen) sprach und Arnulf dafür zur Strafe einen erbärmlichen Tod andichtete: Der Kaiser sei von kleinen Würmern, die man Läuse nennt, solange gequält worden, bis er seinen Geist aufgab.137 Bemerkenswert ist jedoch, dass man derartige Vorwürfe bei den zeitgenössischen Autoren nicht findet, sondern ihnen erst fast ein Jahrhundert später begegnet. Tatsache ist aber, dass bei der schwierigen Situation am Ende des 9. Jahrhunderts Kaiser Arnulf und die christlichen Bayern keine Bedenken hatten, sich mit den heidnischen Ungarn nach heidnischen Ritual gegen die christlichen Mährer zu verbünden, denen als Anhängern des Methodius und der slawischen Liturgie das katholische Christentum abgesprochen wurde. Ebenso bedienten sich die Mährer ihrerseits ungarischer Hilfe, um die Bayern zu bekriegen. Erst nach Arnulfs Tod wurden die Ungarn, die man bisher nur als kampfstarke Soldtruppen eingesetzt hatte, zu existenzbedrohenden Feinden. Rund 50 verheerende Beutezüge der Ungarn durch ganz Europa vom Tode des Kaisers bis 955 machten das von Arnulf geschlossene Bündnis in den Augen späterer Generationen zu einem »ungeheuren Verbrechen«. Erst Jahrzehnte später werden die Ungarn in den abendländischen Quellen138 als äußerst wildes Volk beschrieben und mit den Völkern Gog und Magog verglichen, die nicht wie Menschen, sondern wie wilde Tiere lebten, sich von rohem Fleisch nährten, das Blut und die zerstückelten Herzen ihrer Gefangenen gleichsam als Heilmittel verschlangen, kein Erbarmen kannten und sich nicht von Gottesfurcht leiten ließen. Mit ihren kahlgeschorenen Köpfen, tief in den Höhlen liegenden Augen sind sie eher tierischen Ungeheuern als Menschen ähnlich, zumal sie sich einer abscheulichen Sprache bedienen und ein durchdringendes Kriegsgeschrei erheben. Sie gelten als äußerst grausam und habgierig und sind von ihrem Charakter her hinterhältig, meineidig und vertragsbrüchig. Dieses immer wieder anzutreffende Klischee geht aber nicht auf die Ungarn selbst, sondern auf Jordanes und Marcellinus zurück, die damit die Hunnen charakterisieren, deren plötzliches Auftauchen 500 Jahre vorher zu Beginn der Völkerwanderung eine ähnliche Geißel Gottes darstellte.139 Zur Beseitigung dieser ständigen Bedrohung zieht Markgraf Luitpold im Frühsommer 907 mit dem gesamten bayerischen Heerbann die Donau abwärts durch das bayerische Ostland gegen die Magyaren. Der Angriff führt bei Pressburg am 4. Juli 907 zu einer ungeahnten Katastrophe, einer Epochenwende. Es kommt zur vollständigen Vernichtung des bayerischen Heeres durch die beweglichen magyarischen Reiter, denen die im Nah- und Einzelkampf geübten bayerischen Krieger nicht gewachsen sind. Bei dem Blutbad finden neben Markgraf Luitpold, Erzbischof Thietmar von Salzburg, die Bischöfe von Freising und Säben, zahlreiche Grafen und die Blüte des bayerischen Adels den Tod140. Nicht minder katastrophal sind die politischen Folgen der Niederlage. Die Grenze des Reiches muss zur Enns zurückgenommen werden. Das Land zwischen Enns und Inn erhält wieder Grenzlandcharakter, während die Gebiete östlich der Enns für mehr als ein halbes Jahrhundert ins Dunkel der Geschichte zurückfallen und die Früchte einer mehr als hundertjährigen Missionsarbeit weitgehend verloren gehen141. Da die Ungarn an Donau und Enns Stützpunkte für weitere Einfälle in den Traun- und Attergau errichten, werden auch in der Folge die Gebiete um Vöcklabruck mehrfach von magyarischen Raubzügen heimgesucht.142

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Die »ecclesia ad Scugindorf« als geistliches Zentrum und die Siedlung am Fuße des Schöndorfer Hügels als erste geschichtliche Wurzel für das spätere Vöcklabruck im 9. und 10. Jahrhundert Die erste Nennung der Schöndorfer Kirche im Mondseer Traditionskodex Die ersten schriftlichen Nachrichten über den Attergau verdanken wir dem Kloster Mondsee, in dem bereits bald nach der 748 erfolgten Gründung durch Herzog Odilo ein Traditionsbuch für alle Besitzänderungen angelegt wurde.Solche Traditionsbücher, die Vorläufer der Urbare, gab es in vielen Klöstern. Der Mondseer Traditionskodex nimmt im Rahmen dieser Quellengattungen eine besondere Rolle ein, da er bis in die Mitte des 8. Jahrhunderts zurückreicht und die in ihm enthaltenen, ausnahmslos in lateinischer Sprache abgefassten Urkunden nach Regionen bzw. Gauen angeordnet sind und zahlreiche Orts- und Familiennamen enthalten, die wichtige regionalgeschichtliche Erkenntnisse nicht nur für den Attergau, sondern auch für den darüber hinausgehenden salzburgisch-bayerisch-österreichischen Raum liefern.143 Das Benediktinerkloster Mondsee blieb bis 788 ein agilolfingisches Eigenkloster. 803 wurde es von Karl dem Großen seinem Erzkaplan, Erzbischof Hildebald von Köln ( 819) übergeben und damit zu einem Stützpunkt fränkischen Einflusses im Attergau144. Aus dem Ende des 8. und Anfang des 9. Jhdt sind vom West- und Nordufer des Attersees und aus der näheren Umgebung Vöcklabrucks verschiedene auf bayerische Gründungen zurückgehende Orte bezeugt, wie 790 Locus Ataraguui (St. Georgen), 772 Pirhinuanc (Pichlwang), 809 Steinpah (Steinbach bei Schörfling), 748 und 831 Camparon/Campara (Gampern), 748 Repaguui (Unterregau), 822 Adira (Ader an der Dürren Ager bei Timelkam), 823 Puhilespah (Pilsbach) und 823 Scugindorf (Schöndorf). Eine der Urkunden berichtet, dass zur Zeit des Abtes Lantperth ein Mann namens Mahtuni aus religiösen Gründen einen Teil seines Erbes bestehend aus 40 Tagwerken (Joch) Land, Wäldern und anderen Wertsachen, im Attergau in dem Ort, der Puhilespah (Pilsbach) heißt, dem Kloster Mondsee übertrug. Der Vertrag, der bereits am 7. Dezember in der Michaelskirche in Mondsee unterzeichnet worden war, wurde in der »eclesia ad Scugindorf« (Kirche zu Schöndorf) am 26. Dezember, am 20. Tag des Mondes, im Jahr 824, in der 1. Indiktion erneuert und trat sofort in Kraft.145 Von der Person des Schenkers ist außer dem bayerischen Namen nichts bekannt. Er übertrug dem Kloster nur einen Teil seines väterlichen Erbes, dürfte daher ziemlich begütert gewesen sein und muss wohl auch in der Gegend um Pilsbach gelebt haben, da sonst die zweite Beurkundung nicht in der nahen, für ihn zuständigen Kirche erfolgt wäre. Da das Kloster Mondsee nach dem Mondseer Urbar von 1416 ein Gut in Sonnleiten besaß146, könnte es sich bei der Schenkung um diese Gründe gehandelt haben. Obwohl als Jahr der Ausfertigung der Urkunde 824 angegeben ist, muss die Jahreszahl richtig Skizze der Notgrabung in der Schöndorfer Kirche. Dünne Linien: Chor, Priestergruft und Sakristei Punkte: Fundamentvorsprung dicke Linien und Schraffen: festgestellte Mauerzüge strichliert: Rekonstruktion (vermutete Mauerzüge).

So sah eine bajuwarische Holzkirche des 7. Jahrhunderts aus. (Nach Rainer Christlein).

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Die Kirche am Kolomannsberg bei Mondsee, die einzige erhalten gebliebene Holzkirche in Österreich. Ein vergleichbares Aussehen hatte vermutlich die 823 erstmals urkundlich genannte Schöndorfer Kirche.

823 lauten, wie schon Jodok Stülz vermutete147, da sowohl die Indiktion als auch das Mondjahr 823 ergeben. Die falsche Schreibweise »DCCCXXIIII« statt richtig »DCCCXXIII« dürfte darauf zurückzuführen sein, dass vom Kopisten irrtümlich ein Strich zuviel hinzugefügt wurde148. Die Form der Urkunde entspricht den Rahmenschemata, die zwischen 805 und 829 in Salzburg und Regensburg üblich waren. Das verwendete Latein ist mit einigen ungrammatikalischen Formulierungen als typisch frühmittelalterlich zu bezeichnen. Schon J.E. KochSternfeld vertritt 1841 die Ansicht, dass Scugindorf mit Schöndorf gleichzusetzen ist149. Die Erwähnung von Scugindorf innerhalb der Urkunden von Nachbarorten wie Schörfling, Pichlwang und Regau sowie die Tatsache, dass Schöndorf bis heute die zuständige Kirche für Pilsbach ist, lässt auch keinen anderen Schluss zu.

Zur Frage des Alters, des Aussehens und der baulichen Struktur der ersten Schöndorfer Kirche Nach der Klosterkirche von Mondsee ist die Schöndorfer Kirche die früheste im Bezirk Vöcklabruck genannte Kirche und zugleich eine der ältesten des Landes Oberösterreich. Da die Nennung im Jahre 823 nur zufällig im Rahmen der Beurkundung einer Schenkung erfolgte, ist anzunehmen, dass die Kirche schon länger bestanden hat. Da andere Hinweise nicht überliefert sind, wissen wir weder etwas über die Zeit ihrer Erbauung und Weihe noch über den Anlass der Errichtung und das Aussehen der Kirche. Dafür konnten bei einer Notgrabung anlässlich der Restaurierungsarbeiten von 1962 wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. So wurden an der Nordseite in 50 cm Tiefe Mauerreste gefunden, die sich vom Eingang in die Priestergruft in einem Abstand von einem Meter von der heutigen Chormauer nach Osten zogen. Nach 1,50 m teilte sich der Mauerzug in zwei Äste, die in leichtem Bogen nach Norden und Süden strichen. Die Mauerstärke konnte im nördlichen Teil mit einem Meter festgestellt werden. Weitere Grabungen unter dem rechten Chorgestühl und unter dem hölzernen Chorgitter ermöglichten es, den Scheitelpunkt der gekrümmten Verbindungsmauer einzumessen. Ferner wurden in einem Abstand von einem Meter von den bestehenden Mauern des Chores parallele Längsmauern festgestellt, die durch einen

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Apsisbogen verbunden sind. Nach Norden und Süden schließen sich je ein weiterer weniger gekrümmter Apsisbogen an150. Diese Grabungen brachten keine Hinweise, die eine Datierung des Kirchenbaues ermöglicht hätten. Einzelne aus dem 6. bis 8. Jhdt. zu datierende Funde, die leider keiner wissenschaftlichen Bearbeitung unterzogen wurden, weisen darauf hin, dass sich die zur Kirche gehörige Siedlung am westlichen Hang des Schöndorfer Hügels befand.151 Die Kirche selbst war wohl nur eine Holzkirche auf steinernen Fundamenten, deren Aussehen am ehesten mit der einzigen noch erhalten gebliebenen Holzkirche auf dem Kolomansberg bei Mondsee zu vergleichen ist.

Zur Frage des kirchenrechtlichen Status der Kirche Die günstige Verkehrslage dieser Siedlung, an der schon zur Römerzeit wichtige Verkehrsverbindungen vorbeiführten,lassen vermuten, dass in Schöndorf ebenso wie in Vöcklamarkt und Suanse (Schwanenstadt) die ältesten Kirchen im Bezirk entstanden sind, zumal dieses Gebiet zu den am dichtest besiedelten Teilen des bayerischen Altsiedellandes westlich des Inns zählte. Die »ecclesia ad Scugindorf« kann allerdings noch nicht als Pfarre angesehen werden. Nach dem Codex iuris canonici aus 1883 (can. 51,1) ist die Pfarrei wie folgt definiert: »Die Pfarrei ist eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die in einer Teilkirche auf Dauer errichtet ist und deren Seelsorge unter der Autorität eines Diözesanbischofs einem Pfarrer als ihren Herrn anvertraut ist.« Trotz der Herausbildung von Kirchen mit Zehent, Tauf- und Begräbnisrecht ist es im Frühmittelalter nicht zur Ausbildung eines flächendeckenden Netzes von Pfarrsprengeln gekommen. Bischöfliche und adelige Eigenkirchen bildeten noch bis ins späte 10. Jahrhundert die Stützpunkte der Volksseelsorge. Eine Pfarrorganisation mit einem klar abgegrenzten Sprengel mit eigener Kirche und eigenem Seelsorger wurde im heutigen Oberösterreich erst im Hochmittelalter vor allem vom Passauer Bischof Altmann (1065-1091) sowie seinen Nachfolgern Ulrich (1092-1121), Reginmar (1121-1138) und Reginbert (1138-1147) aufgebaut und dauerte bis weit ins 13. Jh.152. Während im Bistum Passau die Seelsorgesprengel meist als »ecclesiae« bezeichnet werden, taucht ab Bischof Altmann immer häufiger dafür die Bezeichnung »parochia« auf, ohne zunächst den älteren Begriff ganz zu verdrängen. Die neue Bezeichnung signalisiert wohl die straffe Einbeziehung der Seelsorgesprengel in den Bistumsverband und den Ablösungsprozess vom Eigenkirchenwesen. Die etymologische Ableitung des Wortes »Pfarre« wird einerseits vom Wort »Pferch« für einen abgegrenzten Raum, andererseits vom lateinischen Wort »plebs« für Kirchenvolk gesehen153. Für letzteres spricht der Umstand, dass der Pfarrer im Mittelalter zunächst als »plebanus« bezeichnet wurde, während sich die Bezeichnung »parochianus« erst mit dem Konzil von Trient durchsetzte. Parochia hingegen war im Frühmittelalter die für eine Diözese gebräuchliche Bezeichnung. Daher verstand man unter ecclesiae parrochiales bischöfliche Kirchen mit Taufrecht. Als diözesane Seelsorgezentren standen sie organisatorisch zwischen dem Eigenkirchenwesen und der diözesanen Ordnung. Das Eigenkirchenwesen entsprang vor allem der germanischen Eigenart, dass ein Grundherr für sich, seine Familie und sein Gesinde auch über eine zugehörige Kirche verfügen wollte154. Dadurch kam es nach der bayerischen Landnahme auch im Raum des heutigen Oberösterreich sehr rasch zu einer großen Ausbreitung gottesdienstlicher Stätten. Der Eigenkirchenherr bestellte den jeweiligen Geistlichen, dessen Weihe dem Diözesanbischof oblag, während der Grundherr für den Erhalt der Kirche und den Unterhalt des Priesters sorgen musste. Da die Eigenkirchen vom Sitz des Bischofs weit entfernt waren und meist ein großes Gebiet umfassten, in dem sie viele Funktionen bischöflicher Kirchen zu übernehmen hatten, bedurften sie bereits einer entsprechenden Organisation. Sie kamen daher rechtlich späteren Pfarrkirchen schon ziemlich nahe, besonders als sie um 800 auch das Recht zur Einhebung des Zehents erhielten155. Daher erweckten sie das Interesse der Bischöfe an einer Abgrenzung von Kirchensprengeln. Das Zehentwesen förderte in der Folge nicht nur die Sprengelbildung um diese Kirchen, sondern führte auch zur Ausbildung sogenannter Eigenpfarren. Das zähe Festhalten am Eigenkirchenwesen bildete häufig ein starkes Hindernis für eine systematische vom Diözesanbischof ausgehende und auf ihn bezogene Kirchenorganisation im Lande. Deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Eigenkirchen

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stellen die mit Personennamen zusammengefügten Ortsnamen auf »-kirchen« dar, wie beispielsweise Gunskirchen oder Waizenkirchen, die noch die enge Bindung von Gotteshäusern an ihre Gründer und Besitzer belegen. Aufgrund des großen Einflusses der Eigenkirchenherren wurde das Eigenkirchenwesen im Investiturstreit von der päpstlichen Seite heftig bekämpft. Für den Bereich des Niederkirchenwesens war es daher eine entscheidende Neuerung, als Papst Alexander III. (1159-1181) das Eigenkirchenrecht in die gemäßigtere Form des Patronates umwandelte. Aus Dankbarkeit für seine Kirchenstiftung wurde dem Patron nunmehr nur das Recht zugestanden, den an der betreffenden Kirche wirkenden Geistlichen zu ernennen, während die Amtseinsetzung dem Bischof vorbehalten blieb. Die erblichen Patronatsrechte konnten später als Kirchenlehen verkauft, vertauscht oder verpfändet werden.156 Auch nach dem Investiturstreit gab es noch lange Kirchen, die sich nur sehr lose in die diözesane Ordnung einfügten. Da die Bischöfe häufig beim Aufbau des Kirchenwesend auf diözesanfremde Kräfte angewiesen waren, war eine zu radikale Vorgangsweise gegen das Eigenkirchenwesen nicht möglich. Daher kam es noch lange zu Kirchengründungen durch Laien oder Klöster, bei denen eine starke Abhängigkeit von den jeweiligen Stiftern erhalten blieb. Als Reminiszenz an die ehemalige Unabhängigkeit als Eigenkirchen können zahlreiche mittelalterliche Filialsprengel gelten. In Urkunden des Spätmittelalters werden sie auch noch häufig, wohl aus Gründen des Prestiges »parochiae« genannt. Daher sagt im Spätmittelalter das Wort »parochia« über den Rang eines Seelsorgesprengels häufig nichts mehr aus, sodass jeweils im Einzelfall untersucht werden muss, ob die entscheidenden Merkmale für eine Vollpfarre gegeben sind. Durch den Zusammenschluss zweier Seelsorgesprengel zu einer einzigen Pfarre konnte auch ein so genanntes »Doppelpfarrsystem« entstehen, bei dem in einem Sprengel die Pfarrkirche lag, während sich dafür im anderen der Sitz des Pfarrherrn befand. Eine gewisse Parallelität hiezu ist in der Pfarre Schöndorf/Vöcklabruck gegeben. Denn die Pfarrkirche lag in Schöndorf, während der Pfarrer seit der Mitte des 12. Jhdt. seinen Sitz im Spital an der Vöcklabrücke hatte. Zugleich gab es innerhalb der ummauerten Stadt die St. Ulrichskirche, an deren Ausweitung zu einem eigenen Seelsorgesprengel sich die Bürger der Stadt jahrhundertelang bemühten, ehe diese Kirche schließlich unter Joseph II. 1785 anstelle von Maria Schöndorf zur Pfarrkirche erhoben wurde. Neben den Eigenkirchen finden sich im frühen Mittelalter auch noch Taufkirchen, ecclesiae baptismales genannt. Sie gingen wohl auf ein älteres, römisch-rechtlich geprägtes Organisationssystem zurück. Ihre Sprengel waren vom Bischof festgesetzt. Es konnten ihnen auch andere Kirchen unterstellt sein. Ihre Vorrechte, wie Sonntagsgottesdienst, Begräbnis, Eheschließung, Taufe, gingen später auch auf Eigenkirchen über157. Welcher rechtliche Status der 823 genannten ecclesia ad Scugindorf zukam, ist unbekannt. Am wahrscheinlichsten erscheint, dass sie auf eine Eigenkirchengründung des Klosters Mondsee zurückgeht. Da aber nicht auszuschließen ist, dass das Christentum vom Romanenort Seewalchen zumindest für den Raum um das spätere Vöcklabruck ausging, könnte Schöndorf auch eine Filialkirche von Seewalchen gewesen sein und in der Folge den Rang einer ecclesia baptismalis erreicht haben.158 Für das Kloster Mondsee ergab sich im Jahre 831 eine für die Zukunft entscheidende Minderung seines Rechtsstatus. Als nämlich Kaiser Ludwig der Fromme, der Sohn und Nachfolger Karls des Großen, in diesem Jahr seiner Gemahlin Judith das Nonnenkloster Obermünster bei Regensburg übertrug, entschädigte er den Bischof von Regensburg durch die Übereignung des Klosters Mondsee, das dadurch von einem freien Reichskloster zu einem bischöflichen Eigenkloster wurde. Für Mondsee bedeutete diese Statusminderung ein starkes Hemmnis in seiner geistigen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung, da es für den fernen Regensburger Bischof vor allem als Einnahmensquelle von Interesse war. Da mit dem Jahre 831 die Fortführung des Mondseer Traditionskodex eingestellt wurde, endet auch diese für den Attergau wichtigste Rechtsquelle, sodass es für mehr als drei Jahrhunderte aus diesem Gebiet kaum mehr urkundliche Aufzeichnungen gibt.159 Das Kloster Mondsee bleibt in der Folge fast tausend Jahre unter der Oberhoheit des Bistums Regensburg, die sogar die Aufhebung des Klosters am 20. Oktober 1791 überdauert, da erst mit kaiserlicher Hofresolution vom 28. Juni 1808 die Lehensherrlichkeit von Regensburg über Mondsee für erloschen erklärt wird.160

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Die Bedrohung durch die Einfälle der Ungarn bis zur Schlacht auf dem Lechfeld im Jahre 955 Wie für die ganzen Gebiete westlich der Enns setzten auch für den Attergau nach der Katastrophe des Jahres 907 unruhige Zeiten ein. Immer wieder drangen ungarische Scharen bis weit in den Attergau und auch darüber hinaus vor. Die Ungarn legten es dabei nicht auf große Schlachten an, sondern teilten sich in einzelne Scharen auf, die in ungeschützte Dörfer einbrachen und sie niederbrannten. Die Bewohner wurden, wenn sie nicht mehr fliehen konnten, getötet oder bestenfalls als Gefangene fortgeschleppt. Fast so groß wie die Gefahr durch die Überfälle war die folgende Hungersnot, wenn die Vorräte vernichtet oder als Beute weggeführt wurden und sich niemand mehr zur Bestellung auf die Felder wagte.161 Für den bei Pressburg 907 gefallenen Markgrafen Luitpold trat in Bayern sein Sohn Arnulf (907-937) die Nachfolge an, für den seit 909 der Herzogstitel belegt ist. Nachdem er einige Erfolge gegen eindringende Ungarn erringen kann und einen mehrjährigen Waffenstillstand zustande bringt, gelingt es ihm 921 durch eine Übereinkunft mit König Heinrich I. (919-936) seine Herrschaft abzusichern und in seinem Herzogtum eine unabhängige, königsgleiche Stellung zu erringen.162 Auch erlangt er über die bayerischen Bistümer die volle Kirchenhoheit, wodurch er in die Lage versetzt wird, zur Finanzierung der Ungarnabwehr und Versorgung militärischer Gefolgsleute auch Kirchengut in Anspruch zu nehmen. Bei den klösterlichen Skriptoren wird er in diesem Zusammenhang wegen der Enteignung zahlreicher Klostergüter heftig getadelt und als Unterdrücker der Kirche bezeichnet, was ihm auch den Beinamen »der Böse« eingetragen hat.163 Pater Sebastian Insprugger schreibt 1727, dass seit den Zeiten der Römer auf dem Schöndorfer Hügel eine unbekannte Stadt bestanden habe, die »schließlich von Attila zerstört worden sei«. Außerdem berichtet er, dass unter König Heinrich dem Vogler auch in Vöcklabruck »die Fundamente der Stadt, so dann aus Quadersteinen die Stadtmauer in richtiger Höhe errichtet und überaus große Gräben um die Stadt gezogen« worden seien164, was schon Benedikt Pillwein 1830 als »unerweislich« ansieht165. Während die Ausführungen Innspruggers über die römische Stadt auf dem Schöndorfer Hügel wohl ihren Ursprung in den legendenhaften Berichten über den »Römerturm« der Kirche haben166, ist die Annahme eines früheren Vöcklabruck in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts sicherlich ein Nachhall auf die schlimme Zeit der Ungarneinfälle in den Attergau. Tatsache ist, dass König Heinrich I. (919-936) zum Schutz gegen die Einfälle der Ungarn befestigte Anlagen im Donauraum errichten ließ. Für Vöcklabruck ist jedoch eine so frühe Existenz einer befestigten Ansiedlung auszuschließen. Die früheste Mitteilung über eine Siedlung an der Flussniederung der Vöckla bei der »pons Veckelaha« stammt aus dem Jahre 1143, während die planmäßige Anlage des heutigen Stadtkerns am rechten Vöcklaufer als »locus Vechelaponte« erst zwischen 1188 und 1215 durch die Babenberger erfolgte167. Bemerkenswert ist jedoch, dass an den Hängen des in Ost-West-Richtung offenen AgerVöcklatales und damit auch rund um den Schöndorfer Hügel mit Puchheim, Wagrain, Burgstall Vöcklabruck, Perkham am Kohberg, Pichlwang, Oberregau mit Burgstall in Obereck und dem Schloss Schöndorf ein ganzer Ring von Burgen angelegt war, von denen die meisten zwar erst im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt werden, was aber eher von der schlechten Quellenlage zwischen 9. und 12.Jahrhundert herrühren dürfte.168 Burgen, die im Kriegsfall Schutz bieten konnten, gab es zunächst nur in Form von großen Ringmauern, hinter denen die Bevölkerung Schutz suchen konnte. Erst seit dem 10. und 11. Jahrhundert traten neben diese Fluchtburgen des Frühmittelalters Burgen als befestigte Wohnsitze des Adels. Sie sind das Ergebnis einer grundlegenden Veränderung durch die schon unter den fränkischen Kaisern und Königen der Karolinger einsetzende und sich unter ihren Nachfolgern den römisch – deutschen Kaisern und Königen verstärkt fortgesetzte Verleihung von Immunitätsrechten vor allem an die Kirche, aber auch an den Adel. Dadurch wurden deren Besitzungen aus der Amtsgewalt der Grafen befreit, sodass die ursprünglich geschlossenen Amtsbezirke der alten Grafschaften immer stärker mit Immunitätsgebieten durchsetzt wurden. Als Reaktion darauf bemühten sich die Grafen und der freie Adel vom König, aber auch von den Herzogen und Bischöfen Eigenbesitz und Lehengüter zu erwerben. Dadurch entstanden anstelle der früheren »Amtsgrafschaften« die jüngeren »Allodialgrafschaften«.169

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Im Zentrum dieser jüngeren Grafschaften wurden Burgen als ständige Wohnsitze errichtet, nach denen sich der Adel in der Folge nannte. Sowohl die Bezeichnung Graf, die vom Amt zum Titel geworden war, als auch der Name der Burg als Geschlechts- bzw. Familienname vererbte sich seither vom Vater auf den Sohn.170 Falls zur Zeit der Ungarneinfälle Fluchtburgen schon bestanden haben sollten, waren sie kein entscheidender Schutz, als im Jahre 943 magyarische Scharen plündernd, brandschatzend und mordend auch durch den Attergau gezogen sind. Damals wurden die Klöster Mondsee und St. Florian sowie das Traunseekloster Trunseo in Altmünster zerstört. Während St. Florian und Mondsee wieder aufgebaut wurden, ist das Kloster Trunseo seither aus der Geschichte getilgt. Der von König Otto I. (936-972) als Nachfolger Arnulfs eingesetzte Herzog Berthold (938-947) konnte am 12. August 943 in der Nähe der befestigten Siedlung Wels einer beutebeladenen ungarischen Heerschar, die im Begriff war, sichschon wieder über die Enns zurückzuziehen, eine schwere Niederlage beibringen.171 Dennoch dauerte es noch bis zum Jahre 955, ehe König Otto I. durch den Sieg auf dem Lechfeld bei Augsburg über die Ungarn diese Gefahr endgültig beseitigen konnte.

Die siegreiche Schlacht auf dem Lechfeld. Kaiser Otto I. beendet 955 mit seinem Sieg auf dem Lechfeld die ungarische Gefahr, da diese in der Folge christianisiert werden. Durch die Teilnahme an der siegreichen Schlacht wurde der hl. Ulrich, der Bischof von Augsburg, zu einem der beliebtesten Heiligen des Mittelalters. Auch in der Diözese Passau wurde ihm eine Reihe von Kirchen, darunter auch die heutige Pfarrkirche in Vöcklabruck, geweiht (Ölgemälde in der Pfarrkirche Zell, frühes 18. Jahrhundert).

Zur Frage der kunsthistorischen Datierung und Zuordnung der 1980 in Vöcklabruck entdeckten vergoldeten Kupferplatten Bei Renovierungsarbeiten in der Dörflkirche im Jahre 1980 wurden in einem morschen Sakristeikasten drei vergoldete Kupferplatten und später noch ein viertes Stück gefunden.172 Nagellöcher in den Bildfeldern und Randleisten weisen auf eine ursprüngliche Montierung der Kupferplatten auf einen Holzkern hin. Die Plattenränder sind teilweise ungebörtelt. Die vier Platten sind jeweils mit einer Perlleiste eingefasst und das gleiche Ornamentband in Felder geteilt: die zwei hochrechteckigen in zwei, die drei querrechteckigen in drei Abschnitte. Die einzelnen Bildfelder werden von einem schmalen Steg gerahmt, stellenweise fehlen die ornamentalen Einfassungen. Da die technische Herstellung mehrere Arbeitsgänge voraussetzt, zeugen die Platten auch für hohes handwerkliches Können. Bemerkenswert ist, dass die Kupferplatten nicht aus einem groben Blech getrieben und gehämmert, sondern zwischen glatten Steinen gewalzt wurden. Dadurch war es möglich, verhältnismäßig schmale Streifen zu erzeugen. Die Figuren wurden zuerst mit Punzen von der Rückseite her in ihren groben Umrissen als Relief getrieben. Anschließend wurde die Treibart mit Sticheln weiter verfeinert und differenziert. Ebenso wurden die Noppen von hinten mit Punzen oder Stempeln eingeschlagen. Als nächster Arbeitsvorgang wurde die Schauseite feuervergoldet, bevor durch eine weitere Bearbeitung mit Sticheln und verschieden geformten Eisen die gepunzte Relieffigur durch Gravuren und Ziseluren die bestimmende Zeichnung erhielt. Eine genaue Betrachtung der Figuren zeigt, dass die Bearbeitung der Vorderseite nicht bei allen Figuren mit gleicher Konsequenz und Intensität erfolgte. Für eine Beschreibung des Stils der Figuren ergeben sich zahlreiche gemeinsame Merkmale. Alle Gestalten verfügen über mehr oder minder stark ausgeprägte herzförmige »Birnenschädel«. Ebenso wirken die wie nasse Taue anliegenden Haare herzförmig. Die Gesichter werden unter den getriebenen Augenwülsten von ausdrucksvollen mandelförmigen Augen beherrscht. Markant stechen auch die stark überbetonten Nasen, die strichförmig oder leicht wellenförmig gezeichneten Münder und die hoch angesetzten Ohren hervor. Die Hände wurden fein herausziseliert, auch die Gewänder sind zum großen Teil fein gefältet getrieben und ziseliert. Dennoch wirken die Details »barbarisch« grob und roh, weil sie mit dem Stichel in das harte Kupfer der getriebenen Wülste und Grate eingraviert wurden. Von den dargestellten Figuren lassen sich nur zwei mit einiger Sicherheit identifizieren: die Querleiste mit dem himmelfahrenden Christus flankiert von zwei fliegenden Engeln, sowie der obere Teil des einen senkrechten Streifens mit der Darstellung Christi mit dem Kreuzstab in der linken Hand, die Rechte zum Segen erhoben. Da der unterhalb der rechten Hand befindliche rechteckige Gegenstand allgemein als Sarkophag gedeutet wird, verweist die ganze Szene auf den auferstehenden oder auferstandenen Christus. Die in betender Haltung oder mit Buch in der Hand dargestellten Figuren wurden als die vier

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Links: Langobardische Buchbeschläge aus der Dörflkirche von Vöcklabruck. Gesamtbild. Rechts: Vöcklabrucker Christus.

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Eine Stiftung des bayerischen Herzogspaars: der Tassilokelch, entstanden vermutlich in Salzburg zwischen 768/69 und 788. Die Bildfelder in der Cuppa stellen Christus und die vier Evangelisten dar, die Darstellungen am Fuß des Kunstwerks zeigen die Heiligen Theodor Martyr, Johannes den Täufer, Maria und Theodolinde. Die umlaufende Inschrift lautet: TASSILO DVX FORTIS + LIVTPIRC VIRGA REGALIS.

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Tassilokelch, Detail. Muttergottesbild am Fuß: M(aria) T(heotokos), (LIVTPI)RC VIRG(A).

Melker Kopfreliquiar. Alpenländische Werkstatt, 2. Hälfte (?) 13. Jahrhundert. Kupfer, Feuervergoldet, Halbedelsteine, Kaltemail Ergänzung. Höhe 32 cm, Durchmesser des Standringes 19 cm, Durchmesser des Kronreifs 17 cm. Stift Melk, Schatzkammer.

Evangelisten oder als Apostel identifiziert, doch ist eine nähere Bestimmung nicht schlüssig herzustellen. Man kann sie aber gesamthaft wohl als Heilige ansprechen. Im Hinblick auf die Unmöglichkeit einen gesicherten inhaltlichen Zusammenhang für die ursprüngliche Zusammensetzung der bisher gefundenen Platten zu finden, kann nur geschlossen werden, dass sie Teile eines größeren Werkes waren. Benno Ulm173 hält die Platten für Buchbeschläge zu einem Codex. Martina Pippal174 nimmt an, dass sie zu einem Tragaltar gehört haben. Diese Variante hält auch Hermann Fillitz für wahrscheinlicher als Buchbeschläge, schränkt zugleich aber ein, dass die vorhandenen Platten für eine gesicherte Verwendungszuweisung nicht ausreichen. Sie könnten zur Verkleidung eines nicht mehr rekonstruierbaren liturgischen Gegenstandes gedient haben. Hiefür käme ein Reliquenschrein ebenso wie ein Tragaltar oder anderes mehr in Betracht.175 Nicht minder schwierig wie die Deutung der Platten ist ihre Datierung: Benno Ulm verweist die Kupferplatten in das zeitliche und örtliche Umfeld des Tassilokelches und damit in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts, wobei er das Augenmerk vor allem auf die aufgebörtelten Silberplatten mit den Heiligendarstellungen lenkt. Vor allem die Medaillons des Fußes scheinen ihm mit den Darstellungen der Vöcklabrucker Beschläge verwandt. Martina Pippal schließt auf Grund der ikonographischen und stilistischen Merkmale, dass die Platten einer alpenländischen Werkstatt des ausgehenden 12. oder 13. Jahrhunderts zugehören. Hauptbasis für ihre Auffassung bildet die These vom Weiterleben bzw. dem Ausstrahlen des im Mittelmeerbereich zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert entwickelten »langobardischen« Stils in östliche Adriagebiete, nach Südfrankreich und vor allem in die Alpengebiete bis ins 13. Jahrhundert hinein. Erst der Einbruch der Gotik im späten 13. Jahrhundert habe dem außergewöhnlichen Beharrungsvermögen in der alpenländischen Kunst vom Früh- zum Hochmittelalter ein Ende bereitet. Als wichtigstes Stilindiz für eine Spätdatierung in das 3. Viertel des 12. Jahrhunderts sieht sie bei einer der vier Standfiguren mit Büchern eine sanfte Drehung nach links an, da bis ins 13. Jahrhundert hinein »hierzulande auch bei der Wiedergabe von anthropomorpen Motiven rein in der Fläche gedacht und jede Bewegung in die Ebene rückgebunden wird.«176 Hermann Fillitz kommt auf Grund einer vergleichenden Untersuchung physiognomischer Einzelheiten wie Augen, Ohren, Kinn, Nase und Mund mit Werken des 12. und 13. Jahrhunderts insbesonders mit dem Kopfreliquiar von Melk zu seiner Spätdatierung der Vöcklabrucker Platten. Ferner weist er darauf hin, dass es für die Figur des auferstandenen Christus (für den sich inzwischen die Bezeichnung, »Vöcklabrucker Christus« eingebürgert hat) im ersten Jahrtausend keine ikonographische Parallele gibt. Diese Spätdatierung lasse sich auch durch die historische Situation stützen, da an der Stelle der heutigen Barockkirche ursprünglich die vom Edelfreien Pilgrim von Weng gestiftete und 1143 geweihte romanische Spitalkirche des hl. Ägidius stand. Gerade darin liege aber auch »die einzigartige Bedeutung der Platten in Vöcklabruck, die wie kein zweites Objekt die Polarität der künstlerischen Ausdrucksweise über Jahrhunderte hinweg zeigen.«177 Dieser Spätdatierung der Kupferplatten aus Vöcklabruck in das 12. oder 13. Jahrhundert kann folgendes entgegengehalten werden: 1. Die These vom Weiterleben des im Mittelmeerbereich zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert entwickelten »langobardischen«Stils bis ins 13. Jahrhundert insbesonders auch in den Alpengebieten ist bei den unzweifelhaft gegebenen stilistischen Affinitäten der Vöcklabrucker Platten zu oberitalienischen Werken des 8. und 9. Jahrhunderts kein stichhaltiges Argument. In diesem Zusammenhang sei nur auf die ebenso wie auf den Vöcklabrucker Platten als ganze Körper dargestellten Figuren des Ratchis-Altars für Pemmo in Cividale178 sowie auf die in das Ende des 8. Jahrhunderts datierten Wandmalereien in der Kirche St. Proculus in Naturns im Vintschgau, vor allem auf die beiden fliegenden Engel im Triumphbogen179 verwiesen. Zudem charakterisieren urtümliche Roheit, Disproportionalität und verkümmerte Gliedmaßen auch den Figurenstil provinzial-römischer Kunst in ihrem Nachleben im Frühmittelalter in unserem Gebiet.180 2. Dem von Martina Pippal angeführten Stilindiz der sanften Drehung nach links, die eine der vier Frontalfiguren auf den Vöcklabrucker Platten aufweist, als Beleg für eine Datierung ins 13. Jahrhundert, ist entgegenzuhalten, dass bereits in der Buchmalerei von Salzburg und Mondsee im 8. Jahrhundert Standfiguren mit leichten Drehungen aus der Frontalität heraus, festgestellt werden können. In diesem Zusammenhang soll nur auf das Psalter von Montpellier verwiesen werden.181

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St. Prokulus-Kirche in Naturns. Triumpfbogen. Der linke Wächter und der rechte Wächter.

3. Der von Hermann Fillitz für die Spätdatierung herangezogene Stilvergleich mit dem Melker Kopfreliquiar ist insoferne problematisch, als hier lediglich eine Kopfbüste mit ganzen Figuren auf den Vöcklabrucker Platten verglichen werden kann. Außerdem ist dieses Kopfreliquiar »mit seiner von einer streng orthogonalen Ordnung bestimmten Physiognomie mit den runden und birnenförmigen Köpfen in Vöcklabruck schwer zu vereinbaren.182 Martina Pippal hat bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei der Darstellung des sogenannten »Vöcklabrucker Christus« nicht nur um jenen Typ der »Auferstehung« handelt, bei dem Christus dem Grab entsteigt, sondern um eine bereits vollzogene Auferstehung, bei der Christus frontal vor dem Grab steht.183 Der bereits vor dem Grab stehende Auferstandene kommt aber schon in Darstellungen aus frühchristlicher Zeit vor, ebenso in Psalterhandschriften des 9. Jahrhunderts.184 Auch der in seiner eigenartigen und seltenen Form als Kreuz allein und ohne Kreisscheibe dargestellte Kreuznimbus bei den beiden Vöcklabrucker Christusfiguren, lässt sich schon bei frühmittelalterlichen Werken feststellen.185 Ebenso spräche die Annahme, dass die Kupferplatten als Beschläge für eine tafelförmige Portatile gedient haben könnten, nicht gegen eine Datierung ins 8. Jahrhundert, da derartige Tragaltäre schon im 6. Jahrhundert bezeugt und die ältesten noch erhaltenen Stücke in die karolingische und vorkarolingische Zeit datiert werden.186 Wenn sich schließlich Hermann Fillitz für eine Datierung der Kupferplatten in das 12. Jhdt. auf die durch die von Pilgrim von Weng gestiftete und 1143 geweihte romanische Spitalkirche entstandene geschichtliche Situation stützt, so ist festzustellen, dass ebenso ein historischer Konnex für eine Datierung in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts hergestellt werden kann. Denn die erste Nennung der Schöndorfer Kirche, die 1147 als Pfarrkirche vom Bistum Passau mit Hospiz und Ägidiuskirche zu einer reichen Pfarrpfründe zusammengelegt wurde, erfolgte im Jahre 823 rein zufällig im Zusammenhang mit der Beurkundung einer Schenkung an das Kloster Mondsee. Es ist daher anzunehmen, dass die Entstehung der Kirche Maria Schöndorf bis in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts nach der 748 erfolgten Gründung des Klosters Mondsee zurückreicht. Damit gelangen wir aber in die Epoche der letzten Agilolfinger, der Herzoge Odilo, des Gründers von Mondsee und Tassilo, des Stifters von Kremsmünster und die vielfältigen politischen, familiären und kulturellen Beziehungen zwischen dem Langobardenreich in Oberitalien und dem bayerischen Herzogtum.

Der »Schaukler« in der St. Prokulus-Kirche in Naturns. Bedeutendste Szene am Mittelteil der Südwand: Drei Personen seilen einen Heiligen ab; der »Schaukler« kann mit dem hl. Prokulus selbst identifiziert werden (um 800).

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Stirnseite des sog. »Pemmo-Altars« in Cividale mit der Majestas Domini. Der Kastenaltar aus vier reliefierten Platten wurde laut umlaufenden Inschrift von Herzog Ratchis zum Andenken an seinen Vater Pemmo für eine dem hl. Johannes geweihte Kirche gestiftet. Als Entstehungszeit kommt nur die Zeit zwischen 737 und 744 in Frage, als Ratchis Herzog von Friaul, aber noch nicht König der Langobarden war.

Linke Seite des Pemmo-Altars: Elisabeth und die hl. Jungfrau.

Rechte Seitenplatte des Pemmo-Altars: Anbetung: der Hl. Drei Könige. Die Magier in langobardischer Tracht vor der thronenden Jungfrau mit dem Kind.

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Die ältesten Adelsgeschlechter im Attergau und ihr Einfluss auf die Einbeziehung dieses Raumes unter die österreichische Landeshoheit Die geschichtlichen Quellen sind von der Mitte des 9. bis ins 12. Jhdt. für den Raum des Attergaues äußerst spärlich und beschränken sich in der Hauptsache auf die Besitzrechte des Adels. Nur fragmentarisch ist daraus eine Genealogie der für diese Gebiete maßgeblichen Geschlechter zu ermitteln. Dabei zeigt sich, dass die edelfreien Geschlechter gegen Ende des 12. Jhdt. immer weniger werden187. An ihrer Stelle steigt aus den ursprünglich unfreien Dienstmannen der Höfe, des edelfreien Adels und der Kirche der neue Stand der Ministerialen durch ihre Verwendung im Kriegs-, Hof- und Verwaltungsdienst in den Gesellschaftskreis des Hochadels auf.

Die Grafen von Wels – Lambach und die steirischen Otakare Als erstes bedeutendes Grafengeschlecht treten im oberösterreichischen Voralpengebiet die Grafen von Wels-Lambach in Erscheinung, von denen 992 Graf Arnold I. erstmals urkundlich bezeugt ist. Sie hatten dort aber wohl schon seit Beginn dieses Jahrhunderts ihren Einflussbereich. Ihre Besitzungen erstreckten sich vom Hausruck und den Innbächen im Norden bis zum Toten Gebirge im Süden und zur Enns im Osten. Von entscheidender Bedeutung wird für dieses Geschlecht, dass Graf Arnold II. um 1010 durch seine Heirat mit der Ostfränkin Reginlind in enge verwandtschaftliche Beziehungen zum späteren König Konrad II. (1024-1039) tritt. Da dieses Geschlecht seinen Namen vom »castrum opinatissimum in Lambacensi loco« ableitet, wird hier ihr ursprüngliches Herrschaftsgebiet gelegen haben.188 1035 überträgt König Konrad II. diesem Grafengeschlecht die Karantanische Mark an der Mur, aus der später die Steiermark hervorgeht. Es ist nahe liegend, dass auch Enns zu ihren wichtigsten Stützpunkten zählte und von ihnen auch am Zusammenfluss von Enns und Steyr die Burg Steyr (Stirapurk) erbaut wurde. Da zahlreiche Gefolgsleute aus dem östlichen Bayern mit den wels-lambachischen Markgrafen in der Karantanischen Mark Fuß fassen, entsteht ein neuer Personenverband, dessen Einfluss sich vom Traungau bis an die ungarische Grenze und das oststeirische Hügelland erstreckte.189 Da Arnolds Frau Reginlind Besitz in Schwaben und Franken in die Ehe mitbrachte, schickte er seinen Sohn Adalbero, der sich der geistlichen Laufbahn zuwendete, in die Würzburger Domschule. Später wurde Adalbero Bischof der Würzburger Diözese. 1050 brach jedoch über dieses Geschlecht wohl im Rahmen einer Familienfehde mit der Eroberung der Burg Lambach eine Katastrophe herein, bei der sowohl die Mutter Reginlind als auch ihre Söhne Gottfried und Arnold III. sowie dessen Frau ein gewaltsames Ende fanden.190 Nach dem Ende der Wels-Lambacher treten die aus dem Chiemgau stammenden Otakare als Nachfolger die Herrschaft im Traungau an. Mit den Herrschaften Steyr und Enns beherrschen sie das Ennstal bis zur Donau sowie umfangreiche Gebiete im Salzkammergut. Seit 1056 sind sie als steirische Otakare und Markgrafen der Karantanischen Mark nachzuweisen. Andere Teile des Lambacher Besitzes zwischen Inn und Enns fielen an die Grafen von Formbach, die bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1158 eine mit den babenbergischen Markgrafen vergleichbare Stellung besaßen.191

Die Herren von Puchheim Das edelfreie Geschlecht der Herren von Puchheim hatte den Schwerpunkt seiner Besitzungen im Salzburgischen in Weng, wo sich ihre Burganlage befand, und in Schalkham bei Köstendorf. Auf die enge Beziehung des Geschlechts zu Salzburg kann auch daraus geschlossen werden, dass mit der Puchheimer Herrschaft auch die Vogtei über den Besitz des Domkapitels am Trattberg verbunden war192. In den Urkunden des 12. Jahrhunderts nennen sich die Vertreter dieses Geschlechts abwechselnd nach Weng und Puchheim, wohl nach dem jeweiligen Aufenthaltsort, um die

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Ansprüche auf das betreffende Gebiet zu dokumentieren; ein Verhalten, das nach den personenbezogenen Einflussbereichen des Mittelalters eine übliche Vorgangsweise war. Der von diesem Geschlecht bevorzugte Name »Pilgrim« erinnert noch an die iro-schottischen Mönche oder »Pilger«,die vom 7. bis zum 9. Jahrhundert in weite Teile Mittel- und Westeuropas das Christentum brachten. Auch Johann Siebmacher lässt in seinem Wappenbuch das Geschlecht der Puchheimer aus Schottland stammen.193 Anlässlich der Übergabe eines Gutes bei Seekirchen an das Salzburger Domkapitel ist 1120 ein »Pilgrim« als Zeuge verzeichnet194. Um 1124 übertragen Pilgrim und seine Ehefrau Kunigund aus dem Geschlecht von Weng ihre Güter bei Tittmoning der Salzburger Kirche195. Dabei wird diese Familie als »sowohl durch Besitz wie Hochherzigkeit sehr mächtig« genannt, was bereits ihre religiöse und soziale Komponente erahnen lässt. Um 1127 übergibt der »Freie Pilgrim für das Heil seiner Seele und seiner Eltern« dem Kloster St. Peter drei Huben am Rohrbach samt Hörigen. Dabei unterzeichnet als Zeuge auch »Pilgrim, der Sohn desselben Pilgrims«.196 Ein Pilgrim von Weng kauft 1134 vom Grafen Adalbert von Regau die Vöcklabrücke und stellt sie unter den Schutz des Hochstifts Salzburg197 und wird damit zum entscheidenden Wegbereiter der späteren Stadt Vöcklabruck. Er ist wohl mit jenem Pilgrim identisch, der sich 1136 erstmals nach Puchheim nennt, als er kirchliche Lehen des Bistums Salzburg in Wallmoning (nordwestlich von Tittmoning) und Haselbach (südöstlich von Salzburg) dem Kloster St. Peter zurückgibt. Dabei wird er als »gottergebener Mann« bezeichnet198. Als Adalbert von Puchheim um 1140 durch Gisela, die Gemahlin seines Bruders Pero, ein Gut in Pfongau an St. Peter schenkt, treten abermals »Pilgrim von Weng« (wohl der Bruder von Adalbert und Pero) und sein Sohn Pilgrim als Zeugen auf.199 Dieser ältere Pilgrim zog sich zu seinem Lebensabend in das von ihm bei der Vöcklabrücke gestiftete Hospiz zurück, wo er auch um 1159 als Spitalmeister starb200. Sein Sohn, der uns zweimal mit seinem Vater als Urkundszeuge begegnet ist, war mit Kunigund, der Schwester Arnolds von Wartenburg, verheiratet. Deren Sohn, ebenfalls ein Pilgrim, erscheint 1190 zusammen mit Arnold von Wartenburg bei Herzog Otakar in Enns.201. Diese Beziehung zu den steirischen Otakaren wurde wahrscheinlich durch seine Heirat mit Kunigund von Wartenburg angebahnt, die einem steirischen Ministerialengeschlecht entstammte. Nach dem Anfall der Steiermark finden wir Pilgrim 1196 im Gefolge des Babenbergerherzogs Friedrich I. in Erla.202 Pilgrims Sohn Heinrich bezeugte 1202 in Graz die Verleihung der Mautfreiheit durch Herzog Leopold VI. an die Propstei Berchtesgaden.203 Er wählte 1242 seine Grabstätte in der von seinem Vorfahren vor hundert Jahren gestifteten Ägidiuskirche204. Heinrich hatte zwei Söhne, Albero und Heinrich. Der letztere scheint 1268 in einem Gerichtsbrief des Grafen von Hardegg auf.205 Zusammen mit seinem Sohn Albero war dieser jüngere Heinrich 1274 in Göß bei Leoben Zeuge bei einer dort ausgestellten Urkunde.206 Im Jahre 1277 wird nur mehr sein Sohn Albero genannt.207 Albero, der zweite Sohn des 1242 in der Ägidiuskirche bestatteten Heinrich wird in diesem Jahr erstmals genannt.208 Er war mit Agnes von Liebenstein, einer Nichte des Bischofs von Passau vermählt209 und gelangte sowohl unter Otakar von Böhmen als auch Rudolf von Habsburg zu großem Einfluss. Der Böhmenkönig verlieh ihm 1276 das oberste Erbtruchsessenamt, das vorher die Feldsberger innegehabt hatten.210 König Rudolf I. von Habsburg bestätigte Albero in diesem Amt. Doch musste er darum mit seinem Schwager Ulrich von Pillichsdorf einen Streit ausfechten, der erst 1301 zu seinen Gunsten endete. Er gehörte zur Gefolgschaft König Rudolfs und war auch Mitglied des Rates, den der König seinem Sohn Albrecht zur Seite stellte.211 1294 strebte er an, die Kirche im Dörfl, in der zwei Jahre vorher sein Bruder Heinrich bestattet worden war, als Grabstätte seiner Vorfahren zu einer Konventualkirche zu erheben.212 Albero, der 1303 zuletzt nachzuweisen ist,213 hatte drei Söhne, Albero, Pilgrim und Albrecht, von denen der letzte unvermählt verstorben sein dürfte. Pilgrim folgte seinem Vater als Inhaber des österreichischen Erbtruchsessenamtes.214 Bei Renovierungsarbeiten, die 1980 in der Dörflkiche durchgeführt wurden, erwies sich die marmorne Altarplatte des barocken Hochaltars als die mächtige Grabplatte der Herren von Puchheim, die Pilgrim, der Truchsess 1321 für seine Familie und seine Vorfahren hatte errichten lassen.215 Als in dieser Platte bei der Verwendung als Altarmensa in der Barockzeit eine Vertiefung ausgemeißelt wurde, wurden auch einige Buchstaben der Inschrift zerstört. Soweit sie noch lesbar ist, lautet die romanisch-gotischen Majuskeln verfasste Inschrift: »ANNO DOMINI MCCCXI DOMINVS PILGRIMVS DE PVECHAM

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HIC TVMVLAVIT PATREM SV….C ET MATREM CETERAM SVAM NACIONEM« (Im Jahre des Herrn 1321 hat der Herr Pilgrim von Puchheim hier ein Grabmahl errichtet für seinen Vater…. seine Mutter und die übrige Verwandtschaft). Den Grabstein zieren noch ein romanisches Schaftkreuz und die schwachen Konturen des schlichten Puchheimer Wappens. Pilgrims älterer Bruder Albero stand dem habsburgischen Landesfürsten Albrecht II. sehr nahe und übernahm für ihn häufig diplomatische Dienste216. Im Oktober 1348 überließ Albero dem Habsburgerherzog die Herrschaft Puchheim im Tauschwege gegen die Festen Litschau und Heidenreichstein im niederösterreichischen Waldviertel217. Wohl als Dank für sein Entgegenkommen bei dem für Herzog Albrecht II. sehr wichtigen Tausch218 erhielt Albero 1352 die Hauptmannschaft im Aar- und Thurgau.219 Alberos Bruder, der 1341 zum letzten Mal bezeugte Erbtruchsess Pilgrim hatte vier Söhne, Heinrich, Albert, Hans und Pilgrim. Pilgrims gleichnamiger jüngster Sohn wurde als Pilgrim III. (1365-1395) einer der bedeutendsten Salzburger Erzbischöfe des 14. Jahrhunderts. Otto Friedrich von Puchheim ( gestorben 1664) war Bischof von Laibach. Mit Franz Anton von Puchheim, Bischof von Wiener Neustadt, starb am 13. Oktober 1718 der letzte Spross dieses uralten edelfreien Geschlechts, dessen Vorfahre für das Werden von Vöcklabruck so entscheidende Impulse gesetzt hatte.220

Die Herren von Wartenburg und die ältere Linie der Polheimer Nördlich vom heutigen Vöcklabruck befand sich die Herrschaft Wartenburg, nach der sich erstmals 1160 ein Otto von Wartenburg nannte221, der sich 1172 im Gefolge des Markgrafen Otakar IV. (1164-1192) befand. Sein Sohn Arnold war nach dem Aussterben der steirischen Otakare zwischen 1198 und 1203 im Gefolge des Babenbergerherzogs Leopold VI. zu finden, den er 1217 bis 1219 auch auf seinem Kreuzzug ins Heilige Land begleitete222. Um 1250 und 1256 wird neuerlich ein Otto von Wartenburg genannt223, mit dem dieses Geschlecht gegen Ende des 13. Jhdt. ausstirbt. Da die Erbtochter Christen mit Albero von Polheim verheiratet war, ging die Herrschaft Wartenburg auf die Polheimer über, womit dieses Geschlecht im Attergau erstmals Fuß fasste224. Die Polheimer eines der wenigen adelfreien Adelsgeschlechter, das die Krise ihrer Adelsgenossen im 13. Jhdt. überlebte, ist erstmals zu Beginn des 12. Jhdt. in Pollham bei Grieskirchen bezeugt und erbaute am Beginn des 13. Jhdt. zugleich mit der Stadtgründung von Wels dort eine Adelsburg. Die Wartenburger Linie der Polheimer starb zwar bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts aus, doch trat ein anderer Zweig des Geschlechts an ihre Stelle, der seinen Stammsitz in Rehberg bei Kremsmünster hatte225.

Die Grafen von Schaunberg Dieses edelfreie Geschlecht, das sich ursprünglich nach Julbach am linken Ufer des Inn benannte, errichtete Mitte des 12. Jhdt. auf Rodungsgebiet die Schaunburg (heute in der Gemeinde Hartkirchen bei Eferding), die 1161 erstmals urkundlich erwähnt wird und nach der sie sich fortan benannten226. Als Erben der nach 1158 ausgestorbenen Grafen von Formbach besaßen sie bald einen umfangreichen Herrschaftsbereich. Dazu kommt noch, dass die Grafen von Peilstein um 1170 von den Herren von Wasen, wohl Burghauptleute des Bamberger Bischofs in Attersee, deren Besitz im Attergau geerbt hatten. Von diesen ging er an die Grafen von Plain über, die ihn mit ihren eigenen Gütern im Attergau vereinigten. Als Erben der Grafen von Plain verfügten daher die Schaunberger bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts auch über einen umfangreichen Gebietskomplex im Attergau227. 1260 ist die Burg Kammer am Nordufer des Attersees nachweislich in ihrem Besitz228 und wird in der Folge Mittelpunkt des Schaunberger Besitzes im Attergau. ˇ Als König Ottokar II. Premysl von Österreich Besitz ergriff, erkannten ihn die Schaunberger an, indem sie 1251 an seinem Landtag in Korneuburg teilnahmen229. Im Kampf

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Rudolfs von Habsburg gegen Ottokar standen die Schaunberger jedoch auf der Seite des Habsburgers und daher in der Gunst des neuen Herrschergeschlechts. Kurz vor Mitte des 13. Jhdt. erscheinen die Schaunberger bereits als Gerichtsherrn im Traungau und im Donautal sowie in jenem Gebiet, das sich bis zum Salletwald erstreckte230 und übten daher in diesem Gebiet bereits die Hochgerichtsbarkeit aus. Sie verfügten über einen nahezu lückenlosen Machtbereich, der sich von der Donau zwischen Passau und Linz bis in den Attergau erstreckte. Aus dem Urbar von 1371, der erstmals den Schaunberger Besitz zusammenfasst231, ist deutlich zu ersehen, dass sich ihr Attergauer Besitz aus drei Komplexen nämlich den Gütern der Grafen von Peilstein, der Freien von Wasen und der Grafen von Plain zusammensetzt. Die größte Zahl ihrer Untertanen lag um Kammer, weitere Schwerpunkte lassen sich um Vöcklamarkt und nördlich von Vöcklabruck um Ungenach, Pilsbach und Zell am Pettenfirst ausmachen.

Die Grafen von Regau

Hügel von Oberregau, mit der Vitus-Kirche. An dieser Stelle befand sich die Burg des 1188 ausgestorbenen Geschlechtes der Grafen von Regau.

Die meisten Adelsherrschaften im Attergau dürften, ohne dass dies durch die Quellenlage einwandfrei zu belegen ist, bis in die Zeit der bayerischen Besiedlung zurückreichen. Erst mit dem Zerfall des karolingischen Reiches gegen Ende des 9. Jahrhunderts lassen sie sich jedoch historisch verlässlich nachweisen.232 Zu den ältesten Adelsgeschlechtern in diesem Raum zählen die Grafen von Regau, die sich später nach Poigen und Regau nannten233. Der erste gesicherte Vertreter dieses Geschlechts ist Graf Adalbert, der 1083 als Urkundszeuge auftritt234 und sich 1108 erstmals nach Poigen nennt235. Sein Sohn Gebhard, 1083 erstmals als »puer« bezeichnet, ist bis 1140 nachzuweisen und nannte sich auch nach Stein bei Krems236. Er teilte sich seinen Besitz mit den drei Brüdern Adalbert, Wolfker und Ernst. Adalbert, der von 1122 bis 1158 bezeugt ist, tritt 1134 als Verkäufer der »pons Veckelahe« an Pilgrim von Weng in Erscheinung237. Mit seiner Frau Gertrude hatte er die Söhne Adalbert und Gebhard, mit denen das Geschlecht um 1188 ausstarb238. Mittelpunkt des Besitzkomplexes der Grafen von Regau war die schon um 800 als »Repagouui« genannte Ebene von Unterregau239. In ihrem Besitz befand sich auch fast das ganze Gebiet, auf dem später die Stadt Vöcklabruck entstand. Weitere Besitzungen sind auch am östlichen Ufer des Traunsees nachzuweisen.240 Um 1150 erbauten die Grafen von Regau auf ihrem Eigengrund in der Ebene von Unterregau die Kirche und übergaben sie dem Kloster Seitenstetten241. Beherrschend über der Ebene errichteten die Grafen von Regau am Steilrand der zur Ager abfallenden Hochterrasse auf einem, durch zwei natürliche Gräben geschützten Sporn ihre Burg, die vom Hinterland durch Wall und Graben abgeriegelt war. Am Rand des Plateaus sind teilweise noch Rest einer Umfassungsmauer zu erkennen. Heute befindet sich dort die dem hl. Veit (Vitus) geweihte Kapelle, die noch 1492 den Erzengel Michael als Patron hatte. Die jeden 4. März hier abgehaltene Kirchenweihe wurde als »Hofkirchenweihe« bezeichnet.242 Ob die kleine Kirche auf die ehemalige Burgkirche zurück geht, ist archäologisch nicht geklärt. Die beiden Brüder Adalbert und Gebhard beerbten noch um 1156 ihren Onkel Wolfker, den letzten Vertreter der Linie von Poigen-Stein, wodurch sie auch dessen reichen Besitz in Niederösterreich südlich der Donau erwarben243.

Das Bistum Bamberg als attergauische Grundherrschaft Als Kaiser Otto III. in Italien im Jahre 1002 im Alter von erst 22 Jahren starb, konnte sich der Bayernherzog Heinrich IV., der Sohn Heinrichs des Zänkers, Urenkel König Heinrichs I., des Gründers dieser Dynastie und zugleich ihr letzter Spross als Heinrich II. gegen anfängliche Widerstände von Schwaben und Sachsen die deutsche Königskrone sichern. Er wird zwar ein großer Förderer der Kirche, beherrscht sie aber auch wie keiner seiner Vorgänger und Nachfolger. Völlig selbstherrlich entscheidet er über die Besetzung von Bischofsstühlen, ernennt mehr als 50 Bischöfe während seiner Regierungszeit, sodass der deutsche Episkopat schließlich durchwegs aus ergebenen Dienern des Königs besteht. Als

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Bistum Bamberg. Bis in das späte Mittelalter spielte das Bistum Bamberg - hier die Bischofsstadt in einem spätmittelalterlichen Tafelbild - im Sprengel der Diözese Passau eine bedeutende Rolle.

einziger Kaiser wurde Heinrich II. 1146 unter Papst Eugen III. heilig gesprochen. Seine Gemahlin Kunigunde, die erste gekrönte deutsche Königin, wurde 1200 kanonisiert.244 Der wichtigste Eingriff Heinrichs II. in die kirchliche Organisation war die Gründung des Bistums Bamberg, die er mit großer Hartnäckigkeit gegen erhebliche Widerstände des Würzburger Bistums, das durch Neugründung einen erheblichen Teil seines Diözesangebietes verlor, durchsetzte. Er stattete das neue Bistum reich mit Krongut am Main und an der Regnitz sowie an der Donau um die Isarmündung und in Kärnten aus. Für die weitere Entwicklung des Attergaues war es von entscheidender Bedeutung, dass auch das gesamte Krongut in diesem Raum mit der königlichen Pfalz Atterhofen (Attersee) als Mittelpunkt an Bamberg fiel, wobei die Gebiete rechts der Vöckla bischöfliches Gut wurden, während die links gelegenen Flächen in den Besitz des Domkapitels gelangten.245 Zur wirtschaftlichen Nutzung ihres vor allem aus umfangreichen Wäldern bestehenden Besitzes im Attergau mussten die Bamberger für eine rasche Rodung großer Flächen sowie die Trockenlegung ausgedehnter Sumpfgebiete sorgen. Zu diesem Zwecke wurden von ihnen fränkische Bauern angesiedelt, von denen die meisten aber bereits 1014 einer Pestepidemie zum Opfer fielen. Erst die zweite Besiedlungswelle zwischen 1040 und 1050 hatte bleibenden Erfolg. Insgesamt sollen etwa 3.000 fränkische Familien angesiedelt worden sein. Für die geringe Bevölkerungsdichte der damaligen Zeit eine erstaunliche hohe Zahl. Im 12. Jahrhundert erfolgte die Abtrennung der nördlichen Teile des Bamberger Besitzes mit der neu erbauten Frankenburg als eigenem Mittelpunkt, die 1160 erstmals als Feste bezeichnet wird.246 1260 verlegte Bamberg den als Hofmark bezeichneten geschlossenen Niedergerichtsbezirk im südlichen Teil seines Besitzes von Atterhofen zur Kirche des hl. Georg nach Attergaudorf, das nach dem Patron dieser Kirche in St. Georgen umbenannt wurde.247 Der im Jahre 1237 fertig gestellte weltberühmte Bamberger Dom, in dem Heinrich II.und seine Gemahlin Kunigunde ihre letzte Ruhestätte fanden, wurde zu einem nicht unwesentlichen Teil auch mit den Erträgnissen erbaut, die aus dem Attergau stammen. Als 1046 der Bamberger Bischof Suidger, ein Anhänger der cluniazensischen Reform, als Clemens II. Papst wurde und seine Diözese beibehielt, hatte der Attergau sogar einen Papst als Landesherrn. Sein Pontifikat dauerte allerdings kaum 10 Monate. Da sein Leichnam zur Beisetzung im Dom nach Bamberg überführt wurde, ist er der einzige Papst, der in Deutschland seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Zeitgenössische Chronisten zufolge soll er vergiftet worden sein. Aus dem Attergau stammt mit Hermann II. auch einer der Bamberger Bischöfe des 12. Jahrhunderts, der dem Geschlecht der Herren von Aurach angehörte. Da der Bamberger Dom dem hl. Georg geweiht ist, kann dieser als typischer Heiliger dieses Bistums bezeichnet werden. Um die Kirche von St. Georgen entstand mit der Verlegung des »ius hofmarchie« von Attersee in den von Atergaudorf auf St. Georgen umbenannten

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Ort ein Gerichtsbezirk, in dem die Amtleute und der Vogt die niedere Gerichtsbarkeit über alle bischöflichen Untertanen ausübten.248 Attersee (Atarhofen) blieb jedoch weiterhin mit seinem befestigten Sitz Verwaltungsmittelpunkt der bambergischen Herrschaft.249 Unklar ist, wer seit 1007 die Vogtei über den Bamberger Besitz im Attergau ausübte, da das von Kaiser Heinrich II. neugegründete Bistum Bamberg als einzige deutsche Diözese keine Immunitätsurkunde besitzt.250 Zwar waren die Grafen von Sulzbach bis zu ihrem Aussterben 1188 Vögte der meisten bambergischen Besitzungen in Bayern251, doch lassen sich für die bambergischen Besitzungen im Attergau weder die Grafen von Sulzbach noch deren Rechtsnachfolger als Bamberger Vögte urkundlich belegen. Es wird daher angenommen, dass die Grafen von Peilstein diese Vogtei inne hatten252. Als deren Erben haben wir schon die Grafen von Schaunberg kennen gelernt.253

Die Babenberger als Erben der Grafen von Regau Die Grafen von Regau, die vor 1188 ausstarben, hatten den Babenbergerherzog Leopold V. (1176-1194) als Erben eingesetzt, sodass ihr Besitz an den österreichischen Landesfürsten überging. Da die Babenberger aus diesem Anlass die Grafen von Regau als ihre »progenitores« nannten, wird auf eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen diesen beiden Geschlechtern geschlossen.254 Da jedoch die Herrschaft Wartenburg in Oberregau später Untertanen besaß und im Wartenburger Urbar aus 1391 auch die Herrschaft Stein in Niederösterreich als Besitz der Polheimer eingetragen ist, dürften die Babenberger das Regauer Erbe zum Teil an ihre Gefolgsleute weiter verliehen haben. Zu diesen zählten neben den Polheimern auch die Puchheimer, die ebenfalls in Unterregau Untertanen besaßen255. 976 hatte Kaiser Otto II. (973-983) den Babenberger Leopold I. (»Marchio Liutpold”) mit der Markgrafschaft belehnt, die zunächst nur das Gebiet östlich der Enns bis zur Traisen umfasste, von seinen Nachfolgern aber bald bis an die Thaya und an die March erweitert wurde. Inwieweit ihnen auch bereits Gebiete westlich der Enns unterstanden, ist ungeklärt. Als der Babenberger Leopold IV. (1136-1141) als Bundesgenosse König Konrads III. im Kampf gegen die Welfen mit dem Herzogtum Bayern belehnt wurde, waren jedenfalls auch die Gebiete des späteren Landes ob der Enns unter ihrer Herrschaft. Auf dem Reichstag von Regensburg 1156 verzichtet jedoch der Babenberger Heinrich II. Jasomirgott (1141-1176) endgültig auf das Herzogtum Bayern, das Heinrich dem Löwen verliehen wird. Dafür wird mit dem Privilegium minus die babenbergische Mark in ein Herzogtum umgewandelt und auch de iure von Bayern losgelöst. In dieser Urkunde wird jedoch in keiner Bestimmung auf das Gebiet westlich der Enns Bezug genommen. Allerdings schreibt der zeitgenössische Chronist Otto von Freising, ein Bruder des Babenbergerherzogs, der selbst Augenzeuge der Ereignisse in Regensburg war, dass damals nicht nur die babenbergische Mark, sondern auch die »von altersher zu ihr gehörigen Grafschaften, von denen es heißt es wären drei gewesen«, in ein Herzogtum verwandelt worden seien256. Außerdem berichten die Annalen des Abtes Hermann von Niederalteich und das sogenannte »Breve chronicon Austriacum Mellicense257, dessen Entstehung man um 1170 ansetzt, dass Herzog Heinrich Jasomirgott bei der Rangerhöhung seiner Mark zum Herzogtum neben Österreich auch noch den Attergau und die Gerichtsbarkeit von der Enns bis zum Salletwald bei Passau erhielt. Dem wird aber entgegengehalten, dass der Bayernherzog Heinrich der Löwe noch 1176 zu Enns einen Gerichtstag abhielt, sodass die Enns damals noch die Ostgrenze des Herzogtums Bayern gebildet haben muss. Die jüngere Forschung geht heute zumeist davon aus, dass der steirische Markgraf Otakar IV. (1165-1192) als Vasall des Bayernherzogs dessen Hoftag in Enns besuchte und daher damals der Einfluss Heinrich des Löwen noch über seinen steirischen Vasallen bis an die Enns reichte258. Seit den sechziger Jahren des 12. Jahrhunderts war aber jedenfalls der bayerische Einfluss auf diesen Raum ständig im Abnehmen. Der Eintritt der Schaunberger, deren Gebiet im Westen bis zum Salletwalt und zur Rotensala reichte, in die Gefolgschaft der Babenberger bedeutete für Bayern schließlich den Verlust ihres Einflusses in diesem Gebiet. Der Sturz des Bayernherzogs Heinrich des Löwen 1180 und die Schwierigkeiten, welche die ihm nachfolgenden Wittelsbacher zunächst mit dem bayerischen Adel hatten, behinderten wirksame bayerische Gegenmaßnahmen gegen die zielstrebige Erweiterungspoli-

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tik der Babenberger westlich der Enns. Die entscheidenden Schritte waren die Absicherung ihres Erbes von den Grafen von Regau nach 1188, sowie um 1200 die Erwerbung des 1222 erstmals als civitats bezeichneten Wels durch Kauf vom Hochstift Würzburg. Dazu kamen 1222 noch durch Verpfändung die Burgvogtei Wels und der Anteil, den das Kloster Lambach an der Stadt Wels besaß. Schon 1205 hatten die Babenberger von Gottschalk von Haunsperg, dem letzten seines Geschlechtes, auch das Gebiet von Linz erwerben können. Auf Grund eines Vergleiches über eine Teilung der Haunsperger Erbmasse mit dem Erzbischof von Salzburg, der Kaufrechte auf die Stammburg geltend machte, wurde die Grenze zwischen dem salzburgisch-erzbischöflichen und dem babenbergischherzoglichen Besitz westlich von Pöndorf nahe der heutigen Grenze zwischen Oberösterreich und Salzburg festgesetzt. Mit dem aus dem Erbe der steirischen Otakare stammenden Städten und den dazugehörigen Herrschaften Enns und Steyr war das Städteviereck im nachmaligen Oberösterreichischen Zentralraum in einer Hand vereinigt.259 Auf der Machtgrundlage dieser Erwerbungen und der Steiermark als otakarisches Erbe im Jahre 1192 konnte Herzog Leopold VI. (1198-1230) ab 1220 die babenbergische Territorialhoheit über das spätere Traun- und Hausruckviertel sowie den Attergau behaupten. Die Herzöge von Österreich und Steiermark waren durch diese Besitzerwerbung tief in den Bereich des alten bayerischen Stammesherzogtums eingedrungen. Durch die 1255 erfolgte Landesteilung, bei der Herzog Heinrich XIII. (1253-1290) Niederbayern und Herzog Ludwig II. der Strenge (1253-1294) Oberbayern und die Pfalz erhielt, kam es zu einer weiteren Schwächung der bayerischen Position. Da der Chiemgau an Niederbayern fiel, wurde dieses neue Herzogtum zum Nachbarn des werdenden Landes ob der Enns.260 Die bayerischen Herzoge konnten sich in der Folge mit dieser Entwicklung nie abfinden. Schon 1233 war Herzog Otto II. der Erlauchte (1231-1253) zur Wiederherstellung der bayerischen Besitzrechte in Oberösterreich eingedrungen, hatte das Kloster Lambach und Wels besetzt, musste sich aber unter dem Druck König Heinrichs (VII)., der für seinen Vater Kaiser Friedrich II. die Regierung in Deutschland führte und mit Margarete, der Schwester des letzten Babenbergerherzogs Friedrich II. verheiratet war, wieder zurückziehen.261 Der Verlust der altbayrischen Siedlungsgebiete zwischen Hausruck und Enns belastete das bayerisch-österreichische Verhältnis bis ins 19. Jahrhundert.

Das »Privilegium Minus«. Goldbulle (goldenes Siegel) Kaiser Friedrichs I. Barbarossi, vom Original des »Privilegium Minus« abgenommen verwendet und für die Fälschung im Rahmen des »Privilegium Maius« verwendet; Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, AUR 1358/59; Foto: Otto, Wien.

Das »Privilegium Minus«. Kaiser Friedrich I. (Barbarossi) gewährt dem Herzog Heinrich von Österreich anlässlich der Umwandlung der Mark in ein Herzogtum besondere Rechte («Privilegium Minus«), 17. September 1156, Regensburg, Abschrift aus der Mitte des 13. Jh.; Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Hs. 929 fol. 146 v.

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Belehnungszeremonie aus der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, 3. Viertel des 14. Jh. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Cod.Guelf. 3.1 Aug. 2° fol. 51r.

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Pilgrim von Weng und Graf Adalbert von Regau.

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