Der Lindauer Bote. Motiv zum Tag der Briefmarke in Deutschland 2014 (II)

January 31, 2017 | Author: Günther Kolbe | Category: N/A
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1 Sammelgebiet Deutschland Der Lindauer Bote. Motiv zum Tag der Briefmarke in Deutschland 2014 (II) Horst Schmollinger (...

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Sammelgebiet Deutschland

Der Lindauer Bote. Motiv zum Tag der Briefmarke in Deutschland 2014 (II) Horst Schmollinger (AIJP), FG Tag der Briefmarke im BDPh

Die Boten Wer Lindauer Bote werden wollte, musste nicht aus Lindau stammen. Die Bewerber für den Dienst hatten ehrbar zu sein und einen guten Leumund zu haben. Zum Reiter, Pferdepfleger und Transportarbeiter sowie zum Berg- und Reiseführer mussten sie taugen, sich aufs Italienische verstehen und die regional genauso vielfältigen Maße und Gewichte wie Maut- und Zollbestimmungen mussten sie auch beherrschen. Schließlich wurde ihnen eine Kaution abverlangt, deren Höhe die Exklusivität des Standes Lindauer Bote sicherte. Mitte des 18. Jahrhunderts waren das 1 000 Gulden. So viel kostete in Graubünden damals ein Stadthaus mindestens. Ein Pferd war für 33 Gulden zu haben. Die Boten standen unter dem Schutz der Stadt Lindau, was ein Brustschild mit dem Wappen der Stadt und ein Spieß für alle Zeitgenossen sichtbar dokumentierten. Das bewahrte sie freilich nicht immer vor räuberischem Gesindel und hochherrschaftlichen Raubrittern. Die Boten beeideten der Stadtverwaltung gegenüber ihre Ergebenheit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit. Die Lindauer Boten erhielten von der Stadt ein Fixum je bewältigter Strecke, Lohn für die Beförderung bestimmter Waren je nach Entfernung sowie Briefgelder. Die Kosten für die Pferde und Karren, Übernachtung und Verpflegung sowie für Maut und Zoll hatten sie selbst zu tragen. Vier Boten waren zu gleicher Zeit zu beschäftigen, um den Transport-Dienst zwischen Lindau und Mailand aufrecht zu halten. Jeder hatte zwei Pferde, eins, um zu reiten und eins fürs Gepäck. Im 16. und 17. Jahrhundert hatten sie oft mehr Pferde fürs Gepäck. Dann ritten die Lindauer Boten an der Spitze von ganzen Saumzügen, das Reitpferd war mit den nachfolgenden Saumpferden durch Holzstangen verbunden, was für die Beweglichkeit beim Säumen hinderlich war. 24

Im Jahre 1747 bereitete ein neues Verkehrsgesetz in Graubünden den Lindauer Saumzügen ein Ende. (Durch das Land der Drei Bünde führte der bei weitem längste Teil der Strecke von Lindau nach Mailand.) Es erlaubte den Lindauer Boten jetzt nur noch den Einsatz von zwei Pferden: einem Reitpferd und einem fürs Gepäck. So sollten die Einnahmen der einheimischen Fuhrleute erhöht werden. Denn von nun an waren bei Bedarf die darüber hinaus benötigten Pferde von Bündnern zu mieten, mit Pferdewechsel in Chur und Splügen. Nach Mailand kam der Bote jetzt lediglich noch mit zwei eigenen Pferden, das Geschäft wurde für ihn mithin weniger rentabel. Das war ein Grund unter mehreren für das baldige Ende des einstmals stolzen Corriere di Lindò. Bis zum neuen Gesetz hatte ein Teil der Lindauer Boten, die „Lehensrössler“, das Recht, für die Beförderung von Reisenden drei zusätzliche Rösser zu halten. Nach dem Gesetzeserlass standen für diesen Zweck in Chur und in Splügen Pferde von Bündner Eignern bereit. Damit war auch das Jahrhunderte alte Privileg der Lindauer Boten durchlöchert, die ihnen anvertrauten Sachen und Reisenden ohne Wechsel, also durchgängig, von Lindau nach Mailand zu transportieren. Die Lindauer Boten haben für ihre Transportdienste Pferde genutzt, zum Reiten, zum Säumen und zuweilen für wenige kurze Strecken zum Ziehen von zwei- und vierrädrigen Karren. Postkutschen fuhren sie nie. Signalhörner bliesen sie auch nicht.

Kaufmannsbrief aus dem Jahre 1764 von Fürth nach Chur.

[Sammlung Ernst Jenny]

Philatelie und Postgeschichte 367 · philatelie 446 · August 2014

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Am Ende der Tage des Lindauer Boten setzte die von den Habsburgern beauftragte Post der Thurn und Taxis auf Teilstrecken der ehemaligen Routen des Boten allerdings Postkutschen ein. Das waren die Strecken, beispielsweise von Chiavenna den Splügen hinauf, auf denen die Habsburger den Lindauern den Transport von Waren und Reisenden kurz davor untersagt hatten.

Vom Lindauer Boten beförderte Post Vom Lindauer Boten beförderte Post erkennt man nicht an von ihm angebrachten besonderen Vermerken oder Stempeln; die hat es nicht gegeben. Der Schweizer Philatelist, Ernst Jenny, Vize-Präsident des Vereins der Liechtenstein-Sammler, der ein ganz bemerkenswertes Exponat zur Liechtensteiner Postgeschichte mit Belegen des Lindauer Boten gestaltet hat, nennt mehrere Kriterien für eine Bestimmung der Beförderung von Belegen durch den Boten. Am sichersten ist die Zuordnung bei Geschäfts- und Frachtbriefen, abgeschickt von einem Produzenten, meist aber Kaufmann, adressiert an den für eine Zuschg Zuständigen oder einen Spediteur, geschrieben in einem Zeitraum, in dem der Lindauer Bote die Transportstrecke bediente. Diese Briefe enthalten oft detaillierte Anweisungen, was mit der bei der Zuschg oder Spedition eintreffenden Fracht durch die Faktorei zu geschehen habe. Wenn auf einem vom Lindauer Boten beförderten Brief doch Vermerke angebracht worden sind, dann von Posten, die Sendungen zur Weiterbeförderung an den Lindauer Boten abge-

geben oder von ihm übernommen haben. Das dokumentieren einige Abbildungen in dem postgeschichtlichen Werk von Emil Rüegg [12], von dem diese Information stammt. Das zeigt aber auch der abgebildete Kaufmannsbrief aus dem Jahre 1764 vom Fürther Kaufmann Franziscus Rosenthal an das Handels-, Bank- und Speditionshaus Massner in Chur, die Beförderung und Zustellung von drei Ballen Bortengewebe über Mailand nach Genua und von einem Ballen gefärbten Seidengewebes nach Intra betreffend. Der Brief ist von Thurn und Taxis gegen eine – blau taxierte – Gebühr von 16 Kreuzern von Fürth nach Lindau befördert worden. Dort hat ihn der Lindauer Bote übernommen und zur Spedition Massner nach Chur gebracht. Auf Post-Sendungen, die ausschließlich vom Lindauer Boten befördert worden sind, findet man nur ganz selten Aufschriften. Der abgebildete gefaltete Frachtbrief trägt auf der Außenseite nur die Anschrift der Spedition Massner. Die Innenseite zeigt einen ausgefüllten und ergänzten Vordruck, den der Lindauer Kaufmann Christoph von Halder am 16. August 1756 an die Spedition geschrieben hat. In ihm wird angekündigt, dass der Fuhrmann Joseph Schneiders dem Speditionshaus Massner zwei Kisten Krämereiwaren und ein Fass zuführt. Für die Stückgüter sind die Nummern und die Firmenzeichen, die sie tragen, angegeben. Beides diente der Identifikation der Waren durch die Fuhrleute, die in der Regel nicht lesen konnten. Die Fracht wird für den Empfänger kostenfrei – franco – zugestellt. Der Vordruck enthält die damals üblichen Bedingungen: Der Spediteur musste die Ware rechtzeitig – in der Regel innerhalb von 5 Tagen (preciso!) – an den Empfänger ausliefern, unversehrt (wol!) und zu den übrigen im Aviso (Kaufmannsbrief mit den Lieferungs- und Zahlungsangaben) genannten Bestimmungen des Auftragsgebers, der nur dann den im Frachtbrief genannten Betrag zahlte – in diesem Fall die ungewöhnlich hohe Summe von 1 ½ Gulden (?). Links neben der Unterschrift ist vermerkt, dass der Straßenzoll für die Fuhre bezahlt worden ist und ein Massnerscher Faktor vermerkte schließlich, dass der (Waren-)Zoll in Höhe von – gleichfalls recht hohen – 28 Kreuzern entrichtet worden ist. Ein Bündner Tagelöhner verdiente damals 15 Kreuzer.

Innenseite eines Frachtbriefes aus dem Jahre 1756, von Lindau nach Chur befördert. [Sammlung Horst Schmollinger]

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Der abgebildete Kaufmannsbrief ist nach Kenntnis des Verfassers einer der nicht sehr zahlreichen überlieferten, ausschließlich vom Lindauer Boten beförderten Briefe, der einen womöglich von ihm aufgebrach25

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tesbundes – einem der Drei Bünde – inne hatte und dessen Staatskasse verwaltete. Blickt man auf das gesamte entfaltete Innenleben des Briefes, dann ist an den kleinen Farb- und Helligkeitsunterschiede in den Schriften – im Original noch besser sichtbar – zu erkennen, dass neben der schwungvollen 1 oder 2 auf der Briefvorderseite zwei weitere Anmerkungen nicht vom Absender, sondern vom Empfänger stammen. Das eine ist ein Vermerk unter dem Datum und dem Namen des Absenders. Zu erkennen ist das Datum 10. Juni und ein Vermerk der „empfangen“ oder „bearbeitet“ bedeuten könnte.

Anschriftenseite eines Kaufmannsbriefes (Aviso) aus dem Jahre 1795, von Mailand nach Chur. [Sammlung Horst Schmollinger]

ten Vermerk enthält. Links oberhalb der Anschrift ist eine schwungvolle „1“ oder „2“ zu sehen, die dokumentieren könnte, dass ein Betrag in dieser Höhe entrichtet worden ist. Eine Gebühr in dieser Höhe war zur damaligen Zeit weder in Kreuzern noch in Bluzgern, der Graubündner Scheidemünze, geregelt. In einer Erörterung mit dem Autor einer material- und kenntnisreichen Graubündner postgeschichtlichen Veröffentlichung, Emil Rüegg [12], hat sich ergeben, dass in einigen Fällen Lindauer Boten besondere Entlohnungen verlangt haben, wenn spezielle Leistungen gefordert wurden, die in keinem der Tarife geregelt waren. Wie der Inhalt des Briefes weiter unten zeigen wird, könnte die Ursache dafür das Verlangen nach einer besonders schnellen Beförderung gewesen sein. Sicher ist das freilich nicht. Der Brief wiegt heute fünf Gramm. Er wurde vom Mailänder Kaufmann Pietro Bellone am 26. Mai 1795 an das Churer Handels-, Speditions- und Bankhaus Daniel und Ambrosi Massner, Brüder, gerichtet, das auch die Zollpacht des Got-

Zum anderen ist es der Vermerk unter der Unterschrift des Briefeschreibers. Das ist die Stelle, an der die Faktoren des Hauses Massner in den anderen Briefen, die der Verfasser hat oder kennt, in der Regel ihre Zahlungsvermerke machten, also z.B. „Zoll zlt 4 x“, Zoll von 4 Kreuzern bezahlt, oder auch die Zahlung der Straßenbenutzungsgebühren (Zölle) anmerkten. Die erste Zeile scheint sich auf die Zahlung des Straßenzolls zu beziehen, die zweite auf die des Warenzolls. Im Brief wird angekündigt, dass bei der Firma Massner vom Herrn Curtabat (Kaufmann) in Lindau eine Kiste mit Baumwollstoffen eingehen werde. Sie trägt das Firmenzeichen P. B. und darunter ein M – Pietro Bellone, Milano – sowie die Nummer 2. Die Kiste soll so schnell wie möglich an den Herrn Pietro Antonio Mossi in Como ausgeliefert werden, wobei nicht auf die Kosten geachtet werden muss, weil die Ware schnellstens ausgeliefert werden soll. Bis dahin grüßt Herr Bellone mit den zeitgenössisch üblichen Floskeln und Ehrerbietungen. Erscheinungstermine der Marken mit dem Motiv des Lindauer Boten Der Erscheinungstag der Briefmarke mit dem Lindauer Boten ist in Deutschland Montag, der 1. September 2014, in Liechtenstein auch, in Österreich der 27. September, und in der Schweiz der 4. September. _

Auswahl der benutzten Literatur Die erste Fassung dieses Beitrages erschien in: berlin-brandenburg philatelie, H. 1/2014, S. 42–51. [1] Germano Caccamo: La fine dei corriere di Lindo; in: Clavenna, Bd. 42/2003, S. 157–188

Der zuvor abgebildete Kaufmannsbrief in „entfaltetem“ Zustand [Sammlung Horst Schmollinger] 26

[2] Werner Dobras: Der Mailänder oder Lindauer Bote – eine zuverlässige Transporteinrichtung zwischen Lindau und der Lombardei; in Bündner Monatsblatt, H. 5/1989, S. 339–356

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[3] Werner Dobras: Der Mailänder oder Lindauer Bote; in: Werner Dobras, Andreas Kunz (Hrsg.): Daheim im Landkreis Lindau; Konstanz 1994 [4] Joos Gartmann: Die Pferdepost in Graubünden; Disentis 1985 [5] Rudolf Goop: Menschen am Schellenberg; Bd. 2: Land-, Alp- und Waldwirtschaft; Wien-Köln-Weimar 2008 [6] Joachim Helbig: Postvermerke auf Briefen. 15.–18. Jahrhundert. Neue Ansichten zur Postgeschichte der frühen Neuzeit und der Stadt Nürnberg; München 2010

600 Jahre Konzil zu Konstanz In den Jahren 2014 bis 2018 feiern wir Konstanzer den 600. Jahrestag des Konzils zu Konstanz. Es war das einzige Konzil auf deutschem Boden, an dem ein König, zwei Reformer und drei Päpste teilnahmen. Der tschechische Reformer Jan Hus wurde hier in Konstanz zum Tode verurteilt und verbrannt. Hyronimus von Prag ereilte später das gleiche Schicksal. Es war der Beginn der Reformation. Dieses Anlasses wird mit großem Aufwand gedacht. Kulturelle Veranstaltungen, Sonderschauen, Gottesdienste, Einweihung der Konzilorgel und vieles mehr erinnern an dieses Ereignis vor 600 Jahren.

[7] Klaudia Helbok: 500 Jahre Frachtführer. Vom Mailänder Boten aus Fußach am Bodensee zur Spedition Gebrüder Weiß; Bregenz o. J. [8] Max Hilfiker: Thomas Massner. 1663–1712; Diss. phil. Uni Zürich; Chur 1978 [7] 9 Rolf Hiß: Vom Immenstaader Sagmaschiff zur Lädine. Früher Schiffsbau am Bodensee; in: Das Logbuch. 30. Jg. 1994, H. 2, S. 64–66 [10] Kulturamt der Stadt Lindau (Hrsg.): Mailänder Bote – Lindauer Bote. Auf den Spuren des historischen Verkehrsweges. Ausstellung 21. April bis 4. Juni 1989; Lindau 1989 [11] Emil Rosé: Die Post in Vorarlberg. Geschichte und Entwicklung von den Anfängen bis 1900; in: Rheticus, H. 2/1996, S. 157–170 [12] Emil Rüegg: 1727–1851. Graubünden. Die Anwendung der Postverträge, Tarife und Verordnungen; Chur 2001 [13] Heidi und Paul Senger-Weiss (Hrsg.): Das WeissBuch³. Mehr als 500 Jahre unternehmerischer Tätigkeit einer Familie im Transport; Wien 2010 [14] M. Wiedemann: Zur Postgeschichte der Stadt Lindau (Bodensee) und des westlichen Allgäus; in: Archiv für Postgeschichte in Bayern, H. 1 und 2 von 1933

So erschienen am 3. Juli 2014 eine 60-Cent-Gedenkmarke und eine 10-Euro-Gedenkmünze. Ein Sonderpostamt der deutschen Post im Innenhof der Sparkasse Konstanz an der Marktstätte bot die Gedenkmarke in allen Variationen an. Ersttagsstempel der Post „Bonn“ und „Berlin“ mit entsprechenden Belegen wurden den Interessierten, welche in langen Schlangen an dem Schalter anstanden, angeboten. Ein Sonderstempel, welchen es nur an diesem Tag und nur in Konstanz gab, kam zum Einsatz. Der Andrang war riesengroß und die Post war ausverkauft. Ebenso war nach wenigen Stunden keine Münze mehr in Konstanz zu haben. Am 10. Juli 2014 wurden in einer großen Feier die Marke und die Münze durch Erzbischof Dr. R. Zollitsch und Dr. W. Schäuble im Konstanzer Konzil offiziell vorgestellt. Begleitend zu den offiziellen Aktivitäten beteiligten sich Mitglieder unseres Vereins an der Gestaltung eines limitierten Sonderbeleges. Diese Ansichtskarte zeigt auf der einen Seite das Konzilgebäude im Jahre 1909 und auf der anderen ist die Karte, allerdings nicht portogerecht, mit der 60-Cent-Sondermarke frankiert und mit dem nur in Konstanz erhältlichen Sonderstempel abgestempelt. Diese limitierte Auflage war schnell vergriffen.

Rubrik „Lindauer Bote“ auf der Website der Forschungsgemeinschaft Tag der Briefmarke im BDPh: http://www.tag-derbriefmarke.org/index.php?id=66

Eine die Feierlichkeiten begleitende Briefmarken-Ausstellung „Das Konzil“ ergänzt unsere Aktivitäten zu diesem Ereignis. Es werden Marken und Belege der Vatikanischen Post zum Konzil von Calcedon, dem Konzil von Trient und dem II. Vatikanischen Konzil gezeigt. Abgerundet wird diese kleine, aber feine Schau durch Belege und Dokumente „1500 Jahre christliche Verkündigung in der Region Bodensee“ der Gilde St. Gabriel Schweiz.

Kontakt

Die Ausstellung ist bis 31. August 2014 in der Galerie der Volkshochschule Konstanz, Katzgasse 7 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Dr. Horst Schmollinger, Langkofelweg 5, 12247 Berlin, 030 796 15 70, Fax 0322 23 78 78 70, E-Mail: [email protected]. Hinweise sind willkommen

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Axel Stadler, Philatelisten-Verein Konstanz e.V.

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Neue Literatur

Neue Literatur Bei Vorlage eines für die Redaktion kostenfreien Rezensionsexemplares erfahren neue Literaturwerke in der philatelie eine redaktionelle Besprechung. Hierfür sind mit Einsendung der Bücher auch Bezugsangaben und -quellen zu benennen. „Waschzettel“ sind erwünscht. CD-ROM-Publikationen werden ebenfalls in der philatelie rezensiert; Softwareprogramme fallen nicht in diese Rubrik. Zusendungen von Rezensionsvorlagen bitte ausschließlich an Redaktion philatelie, Wolfgang Maassen, Vogelsrather Weg 27, 41366 Schwalmtal.

Klaus Hirschfeld: Rekommandiert / Einschreiben / Einschreibzettel des Postamtes (Neu-) Haldensleben Im Sonderheft Nr. 12 des Vereins der Briefmarkenfreunde von Haldensleben und Umgebung e.V. dokumentiert der Autor erstmalig die Zusatzleistung „Recommandiert“/„Einschreiben“ von Beginn an in Preußen, NDP, Deutsches Reich, DDR, VGO und Deutsche Bundespost für den Haldensleber Bereich. Zur Preußenzeit werden Verfügungen in chronologischer Zeitabfolge vorgestellt. Allgemein wurden Einschreibzettel ab 1. Februar 1875 zur Verwendung – außer in Bayern – zwingend vorgeschrieben. Der Autor stellt die verschiedenen R-Zettel-Typen vor, wobei naturgemäß der Hauptanteil auf das Deutsche Reich, die Nachverwendung und die Typen in der SBZ und DDR ausgerichtet ist. Im Anhang werden die verschiedenen bekannten R-Zettel mit Verwendungszeiten aufgelistet. Die Broschüre versteht sich als Beispiel, wie Heimatsammler besonders in den neuen Bundesländern dieses Gebiet bis in die Jetztzeit aufarbeiten können. Behandelt sind die R-Zettel nicht nur für das Postamt Haldensleben, sondern auch die unterstellten PA, ZwPa und Poststellen. Format DIN A5, 52 Seiten, zahlr. Farb-Abbildungen, Zeit 2014, VP: 6 Euro zzgl. 1,50 Euro Versandkosten. Bezug: Klaus Hirschfeld, Satueller Str.8a, 39340 Haldensleben, Tel. 0 39 04/4 02 93 E-Mail: [email protected]

Roland Puskeiler/Thomas Wickboldt: Dorfpostämter und Postagenturen im Bereich der Ober/Reichs-Postdirektion Schwerin. Postgeschichte 1868–1945. Band 2: Strelitz–Ratzeburg 332 Seiten – für nicht einmal 50 kleine Postorte? Diese Frage werden sich sicher zu Beginn des Lesens etliche Interessenten stellen. Die Verfasser haben sich über Jahrzehnte mit diesem Thema beschäftigt. Neben dem umfangreichen Durchforsten von alten Zeitungen und Archiven, dem Aufspüren und Sichten alter Verordnungen wurden die meist unscheinbaren, aber teils sehr seltenen 72

Belege und Stempelabschläge oft einzeln über Börsen, elektronische Medien und auf Auktionen erworben. Aufbauend auf den Forschungsergebnissen von Herrn Steinhäuser aus den 1970/80er-Jahren und in Zusammenarbeit mit vielen Sammlerfreunden und Arbeitsgemeinschaften sowie Auswertungen von Stempelhandbüchern und einzelnen Schriften versuchen die Autoren ein möglichst genaues Bild der kleinen Dorfpostämter und Postagenturen dieses Gebietes über einen längeren Zeitraum darzustellen. Neben den benutzten Stempeln dieser Epoche werden auch ergänzend weitere Stempel der einzelnen Orte bis in die 60erJahre des letzten Jahrhunderts gezeigt. Versucht wird, auch anhand von alten Ansichtskarten, den Standort der Agenturen im Ort zu zeigen und – wo dies nicht möglich war – zumindest ein aussagekräftiges Bild des Ortskerns vorzustellen. Im statistischen Teil finden Leser die Daten zur Lage des Ortes, Eröffnungs- und eventuelle Schließungsdaten der Agentur, die Namen und Berufe der Postagenten und deren Gehilfen, bekannt gemachte Versetzungen einzelner Postbediensteter. Zudem umfangreiche Angaben zur Postversorgung der teils winzigen Nebenorte (mit Einwohnerzahlen verschiedener Jahre) und den Ort berührende Postkurse. Somit soll dieses Werk auch für Heimat- und Ahnenforscher sehr interessante Anregungen geben. Auf eine Auspreisung oder Wertung der einzelnen Stempel in Katalogform wurde bewusst verzichtet, da die teils große Seltenheit und die wenigen Angebote kaum Preisvergleiche zulassen. In Vorbereitung befindet sich der 1. Band „Gebiet Mecklenburg -Schwerin“ – hier dürfte jedoch aufgrund der großen Zahl neuer Postorte ein weit größerer Umfang der nächsten Werke zu erwarten sein. (Thomas Wickboldt) Format DIN A4, 322 Seiten, zahlr. Abb. in Farbe, Hardcover, Berlin 2014, VP: 49,90 Euro zzgl. 5 Euro Versandkosten. Bezug: Hadersbeck-Auktionen GmbH, Erich-Steinfurth-Str. 8, 10243 Berlin, Tel. 0 30/29 49 13 90, E-Mail: [email protected]

Dr. Fritz Baumgardt: Labordiagnostik. Die Geschichte der Laboratoriumsmedizin Die Laboratoriumsmedizin oder Labordiagnostik ist jung und alt zugleich: Das einfachste, was der Mensch mit Krankheiten in Verbindung brachte, waren Veränderungen in seinen Ausscheidungen. Dazu musste man nicht Arzt sein, nur fünf gesunde Sinne haben. Der antike Arzt, auf die Vier-Säfte-Lehre von Hippokrates und Galens über Jahrhunderte eingeschworen, machte mit der Harnschau auch nichts anderes: Veränderungen erkennen und erklären. Die Ursachenerklärung mit Hilfe der Götter und des Ungleichgewichts der Säfte führte dann häufig zur Prognose vor der Diagnose. Jung ist die aus Chemie und Medizin sich entwickelnde und heute eigenständige Fachdisziplin, weil erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts versucht wurde, auch Körpersäfte chemischen Reaktionen zu unterziehen, Messwerte zu erheben, Vergleichswerte zwischen gesund und krank zu finden. In den ersten drei Kapiteln dieser philatelistisch gestalteten Geschichte des Medizinlabors werden aus den großen Entdeckungen in Natur, Medizin, Alchemie und Chemie die Bausteine zusammengetragen, die als Voraussetzungen für die klinische Chemie oder chemische Medizin erforderlich waren. Die Mikroskop-Entwicklung führte zum Erkennen der Zellen als Bausteine der Gewebe und damit zum histologischen Labor (Kapitel 4), der Domäne der Pathologen. Das große Gebiet der Mikrobiologie –

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Neue Literatur

mit der enormen Fülle philatelistischen Materials – wäre allein ein eigenes Thema. Aber der Autor hat den Anspruch, die Abteilungen eines modernen Instituts für Laboratoriumsmedizin oder Pathobiochemie inhaltlich vorzustellen. Das geht nicht ohne die Mikrobiologie und heute schon gar nicht ohne die Molekularbio-logie. Kapitel 5 schlägt den Bogen von den klassischen Kulturverfahren über die infektionsserologischen Nachweise der wichtigsten Krankheiten und Seuchen zur Laborrevolution der 1990er- Jahre: Die Polymerase-Kettenreaktion und das PCR-Labor. Die Entwicklung des medizinischen Labors zur Selbstständigkeit mit eigenen Fachgesellschaften und die völlig unterschiedlich verlaufende Berufs- und Standespolitik im geteilten Deutschland machen einen Teil von Kapitel 6 zum Geschichtsbuch. Die Politik ist auch bei den Themen Laborkosten, Wirtschaftlichkeit, Analysenausweitung und Geräteentwicklung, ja selbst bei den Maßeinheiten nicht ganz herauszuhalten. Der labormethodische Teil von Kapitel 6 zeigt den enormen technischen Fortschritt der letzten 50 Jahre: Die Chemie ist vordergründig nicht mehr erkennbar, Immunologie, Antikörpertechnik, Biosensorik, computergesteuerte Automation herrschen vor. Methodenverständigung gelingt nur noch über Abkürzungen. Kapitel 7 erzählt die Geschichte der Blutgruppenentdeckung, Blutübertragung, die Notwendigkeit der Blutspende und die Aufgaben des Krankenhauslaboratoriums bei der Bluttransfusion. Da nicht alle zwei Drittel der Krankheitsfälle, in denen das Labor den entscheidenden Beitrag zur Diagnose liefert, dargestellt werden können, bringt Kapitel 8 eine Auswahl wichtiger Gebiete: Enzyme, Hormone, Vitamine, Krebs- und Diabetes-Diagnostik sowie die Arbeit eines Notfall-Labors. Das letzte Kapitel zeigt einen Partner des Krankenhauslaboratoriums mit zunehmender Bedeutung auch für Routine-Fragestellungen: Das humangenetische Labor. Die noch lange nicht beendete Ethikdiskussion um pränatale Diagnostik oder genetische Tests für Erbkrankheiten wird kurz angerissen. In dieser philatelistisch illustrierten Medizingeschichte des Labors stellt der Autor sein eigenes Berufsbild als Klinischer Chemiker und ehemaliger Leiter eines Krankenhauslabors vor. Es dominieren Firmenfreistempel der Hersteller von Laborgeräten, Reagenzien, Pharmaka und Diagnostika auf vielen Seiten oft die klassischen Briefmarken. Nur über diesen indirekten Weg ist die moderne Entwicklung computergesteuerter Analysen- und immunologischer Verfahrenstechnik belegbar. Und Absenderfreistempel, die es seit den 1920er Jahren gibt, können sehr aussagefähig sein: Vom heute kaum noch bekannten Diabetes-Glycuratortest bis zur anhaltenden Globalisierung durch Firmenfusionen. Format DIN A4, 296 Seiten mit Wiedergabe eines Exponats des Autors in Farbe, April 2013, VP: 30 Euro) für das Buch, eine CD kostet 15 Euro zzgl. Versand. Bezug: [email protected] oder Dr. Fritz Baumgardt, Unter den Eichen 7, 16556 Borgsdorf.

Dr. Fritz Baumgardt: Robert Koch und der weltweite Kampf gegen die Tuberkulose Auch der zweite Titel des Autors Dr. Fritz Baumgardt basiert auf einem seiner Exponate. Diesmal erwartet den Leser und interessierten Philatelisten das Objekt, das der Autor in seiner ersten Fassung bereits 1988 auf der 1. DDR MEDICAPHIL in Falkensee ausgestellt hat. Seither ist die Sammlung immer wieder aktualisiert worden und ist auf nunmehr 260 (!) Seiten angewachsen, die allesamt farbig in dem Werk wiedergegeben sind.

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Während die ersten sechs Kapitel 3000 Jahre Medizingeschichte der Tuberkulose umfassen, hat Dr. Baumgardt im 7. Kapitel die Geschichte der Antituberkulose-Vignetten (Jul-/Weihnachtsmarken), angefangen von dem Spendenmarkengedanken des dänischen Postmeisters Einar Flolboll bis hin zu den weltweiten Ausgaben, die auch heute noch in vielen Ländern erscheinen, erzählt und mit einer überwältigenden Anzahl von Vignetten illustriert. Komplettiert wird dieses Kapitel durch zahlreiche Werbestempel, die zum Kauf der Antituberkulosemarken aufrufen, um den weltweiten Kampf gegen die auch heute noch grassierende Tuberkulose zu finanzieren. Im 8. Kapitel sind die deutschen und internationalen Ehrungen fiir den Entdecker des Tuberkelbazillus Robert Koch zusammengefasst, das 9. und letzte Kapitel schließlich stellt die prominenten Opfer der heimtückischen Volkskrankheit vor. Format DIN A4, 260 Farbseiten, broschiert, 2011, VP: 28 Euro als Buch, 15 Euro für eine CD, jeweils zzgl. Versandkosten. Bezug: [email protected] oder Dr. Fritz Baumgardt, Unter den Eichen 7, 16556 Borgsdorf.

Hans-Ulrich Schulz: Im Zeichen der Luftbrücke (2. Auflage) Da die erste Auflage schon seit einiger Zeit vergriffen ist, war der fünfundsechzigste Jahrestag zur Beendigung der Berliner Luftbrücke Anlass zur Herausgabe einer neuen, erweiterten und überarbeiteten Auflage dieses Handbuches. Das Buch wurde zwischenzeitlich im Rahmen der Internationalen Philatelistischen Literatur-Ausstellung Iphla 2012 mit einer Groß-Vermeil-Medaille ausgezeichnet. Mehrfach wurde der Autor auf eine englische Übersetzung des Buches angesprochen, da im anglo-amerikanischen Sprachraum an dieser Thematik ein großes Interesse besteht und bisher noch keine entsprechende philatelistische Literatur vorhanden ist. Als erster Schritt wurde daher der Katalogteil zweisprachig Deutsch-Englisch gestaltet. Zwischenzeitlich gibt es neue postgeschichtliche Erkenntnisse, zudem konnten einige Belege und diverse Unternummern neu in den Katalogteil aufgenommen werden. Um die Systematik nicht zu stören, wurden neue Hauptnummern jeweils am Ende des betreffenden Teils eingefügt, Unternummern dagegen in der laufenden Nummerierung. Die Preise sind der Marktlage angepasst. Sämtliche besseren Luftbrückenbelege (das bedeutet ab ca. 40 Euro Katalogwert) sind auf den Auktionen der letzten fünf Jahre fast ausnahmslos über dem Ausrufpreis zugeschlagen worden. Sollten bei Ebay einmal bessere Belege eingestellt worden sein, erreichten auch diese recht hohe Zuschläge. Solche Ergebnisse weisen auf ein weiterhin vorhandenes Interesse an diesem Sammelgebiet hin, mit steigenden Preisen bei den seltenen Belegen. Format 16,5 x 24 cm, 268 Seiten, zahlr. Abb, in Farbe, broschiert, Schönefeld o.J. (2014), VP: 29,90 Euro zzgl. Porto. Bezug: Morgana-Edition, Peter N. Morgen, Am Dorfanger 11, 12529 Schönefeld b. Berlin, Tel. 0 30/32 89 12 93, E-Mail: [email protected], Internet: morgana-edition.de

IMOS-Sonderheft zum Jahreskongress in Rohr/ Thüringen 2014 Auch in diesem Jahr bringt das „IMOS-Sonderheft“ eine Vielzahl interessanter Themen für alle Sportbegeisterten. Schwerpunkt des diesjährigen Sonderhefts sind die verschiedenen Jubiläen der Olympischen Geschichte, so z.B. der „90. Geburtstag der ersten 73

Neue Literatur

illustrierten Ganzsachen“: Die Pasteur-Ganzsachen von 1924, auf denen erstmals in der Olympischen Geschichte Sportarten vorgestellt wurden. Mit dem Bericht „Schneevorspiel von Chamonix“ und dem Artikel „Der Olympische Alpinismus-Preis und ein eingelöstes Versprechen“ werden weitere Informationen über die Spiele 1924 dokumentiert. Die Zeit vor 50 Jahren, als BRD- und DDR-Sportler mit einer Qualifikationsveranstaltung die deutsche Olympiamannschaft bildeten, wird mit dem Artikel „Die Olympiamannschaft von Tokyo 1964 – eine Zangengeburt“ behandelt. In einem bemerkenswerten Beitrag stellt Prof. Karl Lennartz, der zwischenzeitlich von uns gegangen ist, die Geschichte der fünf Olympischen Ringe vor. Ergänzt wird das Heft durch zahlreiche weitere Beiträge, u.a. mit Berichten über beliebte Sportarten und Sportereignisse, die für die Region Rohr, in welcher der Jahreskongress stattgefunden hat, besondere Bedeutung haben. Format DIN A5, 138 Seiten, zahlr. Abb. in Farbe, broschiert, VP: 11,45 Euro inkl. Inlandversand. Bezug: Internationale Motivgruppen Olympiaden und Sport, Postbank Ludwigshafen IBAN: DE78 5451 0067 0068 566679, BIC: PBNKDEFF. Kontakt: Diethard Hensel, Dorfstr. 15, OT Koselitz, 01609 Röderaue.

MICHEL-Deutschland-Katalog 2014/2015 Unbestritten gehört der MICHEL-Deutschland-Katalog – auch in der 101. Auflage – zu einem der beliebtesten Katalogwerke für Deutschlandsammler. Mit 1 086 Seiten Umfang bietet er die Katalogisierung aller klassischen und modernen Markenausgaben seit 1849. Neu bearbeitet wurden fünf Besatzungsgebiete des Zweiten Weltkrieges, nämlich der Kanalinseln, von Kotor, Litauen, Serbien und Zante. Die Katalognotierungen wurden überarbeitet und überall Minimalpreise eingeführt. Deutlichere Preisbewegungen vermerkte die Redaktion bei Altdeutschland, den Besetzungsausgaben im Ersten und Zweiten Weltkrieg, bei Memel, den Abstimmungsgebieten, Sudetenland und Generalgouvernement, Lokalausgaben und der Sowjetischen Besatzungszone. Mit 10 100 Farbabbildungen und über 60 700 Preisnotierungen liegt der gedruckte Katalog für 48 Euro vor (in der online-Bibliothek ist er für 24 Euro erhältlich). Der Käufer erhält als Bonus noch das 64-Seiten Sonderheft „Gegen Fälscher und Betrüger“ von BPP-Präsident Christian Geigle, außerdem eine CD mit dem bekannten Sammlungsverwaltungsprogramm MICHELsoft easy. Kontakt: [email protected]

Dr. Hans-Karl Penning: Die Gebührenzettel von Freudenstadt Kann man über eine Handvoll Gebührenzettel ein 500-SeitenBuch schreiben? Man kann. Kann dieses zuerst einmal eher langweilig, wenig spannende Thema den Leser faszinieren? Es kann – und dies sei vorweg gesagt. Vorausgesetzt, man versteht es, dieses Thema einer in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges nahezu zerstörten Stadt Freudenstadt entstandenen Notmaßnahme in den zeit- und sozialgeschichtlichen Zusammenhang einzuordnen, dabei aber keineswegs auf alle dazu gehörenden philatelistischen Fachaspekte zu verzichten. Dr. Penning, der diese Ausgaben seit 1966 (!) spezialisiert hat, sich als Fachprüfer im BPP seit 1981 mit diesen auseinandersetzte, hat in all den Jahrzehnten wohl alle vorhandene Literatur zu dem Thema archiviert – und wie man an diesem umfangreichen Werk sehen kann – nicht nur ausgewertet, sondern aktiv verarbeitet. Auch in zahlreichen Fußnoten, die dankenswerter Weise auf den Textseiten selbst und nicht im Anhang abgedruckt sind. Dabei gelingt es ihm in hervorragender Weise 74

deutlich zu machen, wie sich Forschung über die Zeiten verändert, wie stetige Forschung, Diskussion und Auseinandersetzung Wissenszuwachs möglich machen. Der Autor ist ein Pedant. Im guten Sinne. Was man bereits zu Beginn des Buches spürt, denn eigentlich beginnt dies erst ab Seite 43. Neben einem ausführlichen autobiografischen Vorwort, einem noch umfangreicheren Inhaltsverzeichnis (acht Seiten!) präsentiert er – recht ungewöhnlich – ein Abbildungsverzeichnis von 18 Seiten nebst drei Seiten Tabellenübersicht. Man fragt sich, warum nicht am Schluss des Buches, spürt aber dann beim Lesen, dass Penning die von ihm vergebene Nummerierung der Abbildungen aktiv als roten Bezugsfaden mitlaufen lässt. Das eigentliche Buchthema geht er dann in von ihm bekannter gründlicher Systematik an: Einem ersten Kapitel über Freudenstadt 1945 unter französischer Besetzung folgt eine detaillierte Beschreibung des Postverkehrs in den ersten Monaten nach Kriegsende, ein Kapitel zur Entstehung der Gebührenzettel (ein spezielles wird dem Gebührenzettel MiNr. 5b gewidmet), Ausführungen über die Verteilung und Verwendung (letzteres umfasst alleine mehr als 100 Seiten) sowie über die Poststellen II des Leitpostamtes Freudenstadt. Es folgt das Kapitel, auf das sicherlich viele interessierte Sammler warten: Fälschungen. Gerade hier und einmal mehr erweist sich der Autor als hilfreicher Experte, der es versteht, alle Aspekte und alle Vorkommensformen von Fälschungen und Verfälschungen zu berücksichtigen. Der Rezensent schätzt es ebenfalls, dass Penning dem Sammlereinfluss bei diesen Gebührenzetteln ein Kapitel widmet, aber auch die Forscher, Sammler und Prüfer philateliehistorisch dokumentiert, denn dies haben sie verdient. Kenner werden sein Kapitel zu Bewertungen aufmerksam lesen, Juroren die sorgfältig erarbeiteten Nachweise im Anhang wertschätzen. Er hat eben an alles und alle gedacht. Das Buch war eine Sisyphusarbeit: Es ist formal, strukturell und inhaltlich mit das Beste, was dem Rezensenten seit langem untergekommen ist. Die Ausführung in Farbe auf gestrichenem Papier mit Hardcovereinband und Fadenheftung lässt keine Wünsche offen (sieht man von kleineren, für den Leser völlig unbedeutenden typografischen Mängeln ab). Ein Satz sei noch erlaubt: Häufig wird vorschnell in der Philatelie das Wort „Forschung“ in den Mund genommen. Dieses Buch gehört zu den wenigen, die dies in besonderem Maße verdient haben. Format 21 x 28 cm, 498 Seiten, 467 Abbildungen, davon 360 in Farbe, 135 g- Bilderdruckpapier, Hardcover-Einband mit Farbtitel und Fadenheftung, erschienen als Band 6 der BPP-Schriftenreihe, Bornheim 2014, VP: 49,50 Euro zzgl. 5 Euro Versandkostenanteil (Inland; Ausland nach Lieferart). Bezug: Dr. Hans-Karl Penning, Irlenpütz 24, 53332 Bornheim, Tel. +49 (0) 22 27/52 79, E-Mail: [email protected]

MICHEL-Fußballmarken-Katalog Am 16. Juni 2014 erschien ein völlig neuer Katalog, der sicherlich alle Freunde des Fußballs freuen wird: der erste „MICHEL-Fußball-Katalog – Ganze Welt 2014“. Auf 468 Seiten dokumentiert der Katalog 3 100 Briefmarkenausgaben zum Thema Fußball. Dazu gibt es noch ein WM-Poster im DIN A3-Format mit Spielplan zum Ausfüllen. 9 000 Farbabbildungen und über 28 000 Preisnotierungen bereichern das Werk, wobei der Inhalt alphabetisch nach Ländern und innerhalb der jeweiligen Länder die Ausgaben nach Ausgabedatum geordnet sind. Die gewohnt hohe MICHEL-

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Neue Literatur

Qualität ist mit diesem neuen Katalog in gedruckter Form für 49,80 Euro, in der MICHEL-Online-Bibliothek für 24,90 Euro und als E-Book auf USB-Stick für 39,80 Euro erhältlich. Kontakt: [email protected], www.michel.de

Klaus Scheel: Weihnachtsstempel-Handbuch (24. Lieferung 2014) Die 24. Lieferung des Stempel-Handbuchs der Motivgruppe Weihnachten enthält neben den Weihnachtsstempeln des Jahres 2013 zu einigen Ländern auch wieder bisher nicht katalogisierte Weihnachtsstempel früherer Jahre. Im Einzelnen: Andorra (1991–2000), Deutschland (2013), Finnland (2011–2013), Grönland (2011– 2013), Großbritannien (2013), Italien (2013), Österreich (2013), Schweiz (2011–2013), Slowakei (2012–2013), Ungarn (2013), USA (2013) sowie eine Neufassung der Jahre 1995–1996 der Stempel von Spanien. Alle Stempel sind abgebildet und sorgfältig beschrieben (Ausgabeanlass, Motiv, Verwendungsort und -daten). Neu ist ein Register, in dem alle österreichischen Weihnachtsstempel, nach Orten sortiert, chronologisch aufgelistet sind, so dass das Auffinden bestimmter Stempel wesentlich erleichtert wird. Format DIN A 5, 65 Seiten, Loseblattform, alle Abbildungen in SW; Einzelpreis 4 Euro zzgl. Versandkosten; Bezug: Klaus Scheel, Postfach 3348, D-58033 Hagen, Tel.: 02331-900166

Eckehard Günther/Ingo von Garnier: Die Neuerungen der Norddeutschen Post 1868 bis 1871 In fünf Hauptkapiteln werden die postalischen Veränderungen bei der Norddeutschen Post behandelt. Sie sind gegliedert in Änderungen im Tarifwesen, Rationalisierungen im Auslandsverkehr, Erleichterungen für die Geschäftswelt und das Privatpublikum, Rationalisierung für den Postablauf und Postalische Neuerungen während des Krieges 1870/71 und Elsaß-Lothringen. Als Basis für die reich bebilderte Bearbeitung im Buch wurde die Sammlung von Eckehard Günther gewählt, die dieser mit normalen Finanzmitteln aufgebaut hat, die allerdings von Anfang an breit angelegt war und möglichst alle Postdienste erfasste. Der Leser wird eine Fülle an postgeschichtlichen Fakten entdecken. Nicht nur die Einführung der Bücherbestellzettel, der ersten Streifbänder, des Postmandates, der Correspondenzkarten, Dienstmarken und des Kontierungsverfahrens, auch Punkte wie die Perfinvorläufer, Garantiezeiten, ignorierte Bruchmeilen, Signaturänderungen, Eigene Angelegenheit des Empfänger, neue Transitwege nach den USA und Frankreich, Fortfall von Begleitbriefen für Pakete, Ersatzleistungen für verlorene Sendungen, Neuverpackungen und die erste private Paketbeförderungsgesellschaft. Dies sind einige Beispiele aus dem Stichwortverzeichnis, welches das Inhaltsverzeichnis ergänzt. An den Hauptteil schließen sich neben dem Literatur-, dem Abbildungsverzeichnis und dem Ortsregister zusätzliche Erläuterungen an sowie zur Anregung der Social Philatelie ein Personenverzeichnis. Die postalischen Entdeckungen in den NEUERUNGEN laden alle Sammler ein, ihre Briefe künftig noch fundierter zu beschreiben. Das Buch ist ein Nachschlagewerk, das sicherlich oft zur Hand genommen werden wird. Die Herausgeber haben dem Buch einen stabilen Einband spendiert, was der Leser, der dieses häufig in die Hand nimmt, zu schätzen weiß. Dank der Förderung durch

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das Auktionshaus Christoph Gärtner kann es dennoch zu einem günstigen Preis angeboten werden. Format DIN A 4, 117 Seiten, 170 Briefabbildungen in Farbe, Hardcover mit Fadenbindung, Preis: 29 Euro plus Versandkosten. Bezug: Olaf Schulze Meßdorfer Straße 219, 53123 Bonn, 02 28/7 48 30 35, E-Mail: [email protected]

Post & Geschichte: Nr. 9/Mai 2014 Für Schweiz- und Liechtensteinsammler wird auch diese neue Ausgabe sicherlich von besonderem Interesse sein. Reinhard Stutz beschreibt in einem 20-Seiten-Beitrag die Auswirkungen der Schweizer Neutralitätserklärung durch den Bundesrat vom 3. August 1914 im Postverkehr, es folgt eine Dokumentation zur Briefpost Griechenland-Schweiz/Liechtenstein für die Zeit von 1936 bis 1959, deren Tarife und Gebühren sowie Luftpostzuschläge, bevor dann Christian Geissmann ausführlich die Schweizerische Ärztemission nach Finnland vom Februar bis Mai 1940 thematisiert. Der Leser wird die Informationsdichte, aber auch die ansprechende farbige Gestaltung und das gute Layout zu schätzen wissen. Postgeschichte vom Feinsten! Format DIN A5, 48 Seiten, in Farbe, kart., hrsg. von der Post- und Geschichte GmbH, Postfach 56, CH-5612 Villmergen (Schweiz). Das Magazin kann über ein Jahresabonnemet für 30 Sfr oder als Einzelnummer für je 18 SFr bezogen werden. Kontakt: Christian Geissmann, E-Mail: [email protected], Internet: www.post-und-geschichte.ch

Wolfgang Harms: Vier Beiträge zur „Modernen Philatelie“ Dass auch moderne „Papierkorb-Philatelie“ alles andere als langweilig oder gar uninteressant sein kann, versteht der Autor mit einfachen Mitteln dem Leser näher zu bringen. In vier Beiträgen werden moderne Vorgänge der Deutschen Post AG dokumentiert, die so manch einem kaum bekannt, leicht ansonsten aber auch in Vergessenheit geraten würden. „Mein Werbewunsch“ berichtet über eine Werbeaktion der DP AG, die Ende 2013 nur im Raum Karlsruhe für eine neue Art der Werbezusendungen stattfand. Wohl erstmals ist es gelungen, eine solche Frageaktion vollständig zu belegen. „EINKAUFAKTUELL“: Diese „Versendungsart“ der DP seit 2003 wird einschließlich der Versuche von Fernsehzeitungen, diese zu verbieten, dokumentiert. Die Aufdrucke mit Hinweisen zur „Postwerbung“ auf sehr unterschiedlichen Sendungsarten werden mit Stand von März 2014 erstmalig zusammengefasst. Postwurfsendungen wurden mit Einführung der Frankierwelle 2007 nach 45 Jahren wieder frankiert. – Vier Themen, vier reichhaltige Dokumentationen, die des Lesens wert sind. Format DIN A 4, 85 Seiten, 110 SW-Abbildungen, in Plastikmappe gelumb., 9 Euro zzgl. 1,25 Euro Versandkosten. Bestellung nur über Zahlung des vorstehendes Betrages auf folgendes Konto: Wolfgang Harms, Wilhelm-Raabe-Weg 25, 21244 Buchholz o.d.N., Volksbank Lüneburger Heide eG, IBAN: DE89 2406 0300 2001 7405 00. Achtung: Zusendungsadresse bei der Überweisung nicht vergessen!

Wolfgang Maassen 75

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Belgien: 2-Euro-Sondermünze „100 Jahre I. Weltkrieg (1914–2014)“ Anlässlich des Jahrhundertjubiläums des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges hat Belgien eine 2-Euro-Sondermünze (Auflage: 1.750.000 in NP, je 6.000 in Stgl. und PP) emittiert. Die nationale Seite der Münze zeigt eine Klatschmohnblüte von oben sowie die Angaben „2014–18 / The Great War Centenary“. Umgeben wird die Komposition von der dreisprachigen Staatsbezeichung sowie im äußeren Kreis von den zwölf Europasternen.

Belgien: 10-Euro-Silbermünze „100 Jahre I. Weltkrieg – Menentor in Ypern“ Eine weitere belgische Ausgabe, die dem Thema „100 Jahre Erster Weltkrieg“ gewidmet ist, erschien am 27. Mai 2014. Die 10-Euro-Silbermünze (925/1.000, Auflage: 15.000, PP) zeigt das Menentor in Ypern, das als Ehrendenkmal für die Gefallenen des Britischen Commonwealth errichtet wurde. Die Darstellung auf der Bildrückseite zeigt das Tor in imposanter Größe im Hintergrund sowie davor eine Klatschmohnblüte. Die Legende lautet „DE GROOTE OORLOG • LA GRANDE GUERRE • THE GREAT WAR“. In der Mitte des Tores lesen wir die Kriegsdaten „14–18“. Die Vorderseite bildet eine Karte der EU-Mitgliedsstaaten und zwölf Sterne ab, daneben lesen wir Wertangabe und Ausgabejahr sowie die Staatsbezeichnung in Französisch, Niederländisch und Deutsch.

Deutschland: 100-Euro-Goldmünze 2015 „UNESCO Welterbe – Oberes Mittelrheintal“ Wie das BMF Anfang Juni bekannt gab, wird im Rahmen der Ausgabenserie zur Würdigung deutscher UNESCO Welterbe-Stätten Anfang Oktober 2015 eine 100-Euro-Goldmünze „Oberes Mittelrheintal“ erscheinen. Der Entwurf der Münze stammt von dem Künstler Friedrich Brenner aus Diedorf. Die Bildseite zeigt das Obere Mittelrheintal aus der Vogelperspektive als plastisch ausgeformte Landschaft, umgeben von der Legende „UNESCO WELTERBE OBERES MITTELRHEINTAL“. Die Wertseite zeigt einen Adler, die zwölf Europasterne, Nominale, Ausgabejahr und Staatsbezeichnung sowie – je nach Prägestätte – das jeweilige Münzzeichen.

Frankreich: Münzausgaben der Serie „Von Chlodwig zur Republik, 1500 Jahre französischen Geschichte – Napoléon III.“ Die französische Münzserie „Von Chlodwig zur Republik, 1500 Jahre französische Geschichte“ wurde Anfang Mai mit zwei Münzen zu Ehren „Napoléon III.“ (1808–1873) fortgesetzt: einer 10-Euro-Silber-Münze (900/1.000, Auflage: 10.000, Stgl.) sowie einer 50-Euro-Goldmünze (920/1.000, Auflage: 1.500, Stgl.). Napoléon III. wurde 1848 Staatspräsident und am 2. Dezember 1852 zum erblichen Kaiser der Franzosen. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wurde er gestürzt. Napoléon starb am 9. Januar 1873 in England. Die motivgleichen Münzen zeigen auf der Rückseite das nach links gewandte Porträt Napoléons III. sowie die Umschrift „NAPOLÉON III“ und darunter die Jahresangabe „2014“. Die Vorderseite zeigt den gekrönten kaiserlichen Adler, darunter die Regierungsdaten „1848–1871“ sowie das Staatskürzel „RF“ und die Nominalangabe.

Österreich: 20-Euro-Silbermünze „25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs (1989–2014)“ In Erinnerung an den Fall des „Eisernen Vorhangs“ gab Österreich am 25. Juni 2014 eine 20-Euro-Silbermünze (900/1.000, Auflage: 50.000, PP) heraus. Die Münze zeigt auf einer Vorderseite einen jungen DDR Bürger, der seinem Land – symbolisiert durch die Berliner Mauer und Stacheldraht – den Rücken kehrt. Daneben lesen wir die Staatsbezeichnung sowie Wert- und Jahresangabe. Die Rückseite zeigt denselben jungen Mann in der neuen, „freien” Welt. Zudem lesen wir die Legende „25 JAHRE FALL DES EISERNERN VORHANGS“:

Vatikan: 100-Euro-Goldmünze „Die Evangelisten – Markus“ Im Rahmen der Serie „Die Evangelisten“ hat der Vatikanstaat eine 100-Euro-Goldmünze (916,7/1.000, Auflage: 999, PP) dem Evangelisten Markus gewidmet. Die Vorderseite der Münze zeigt Markus neben seinem Symboltier, dem geflügelten Löwen, umgeben von der Legende „CITTA’ DEL VATICANO / SCS MARC / 100 EURO“. Die Münzrückseite zeigt das nach rechts gewandte Porträt von Papst Franziskus sowie die Umschrift „FRANCISCVS P.M. AN. II • MMXIV“: Michael Maassen

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