Alter als Chance. 8. Deutscher Seniorentag mit SenNova. 16. bis 18. Mai 2006 in Köln. Publikation Nr. 19

October 7, 2016 | Author: Anna Förstner | Category: N/A
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Publikation Nr. 19

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisation e.V.

Alter als Chance 8. Deutscher Seniorentag mit SenNova 16. bis 18. Mai 2006 in Köln

Alter als Chance Dokumentation 8. Deutscher Seniorentag mit SenNova 16. bis 18. Mai 2006 in Köln

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V.

Inhalt Der Deutsche Seniorentag 2006 wurde durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen finanziell gefördert. Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) Eifelstr. 9 53119 Bonn Telefon: 0228 – 24 99 93 – 0 Fax: 0228 – 24 99 93 20 E-Mail: [email protected] Internet: www.bagso.de

INHALT Grußwort Bundespräsident Horst Köhler

7

Grußwort Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

8

Vorwort Roswitha Verhülsdonk

9

Vervielfältigung erlaubt, Belegexemplar erwünscht © 2006, BAGSO, Bonn

1.

FESTPROGRAMM DEUTSCHER SENIORENTAG 2006

Redaktionelle Bearbeitung: Heike Felscher

1.1

Festveranstaltung

Umschlagfoto vorne: Bundespräsident Horst Köhler betrachtet das Bild „Frauen auf Inlinern“, das der Künstler Hans Jürgen Apel am Vormittag vor der Festveranstaltung gemalt hat. (c) dpa - report. Umschlagfoto hinten: Bundesministerin Ursula von der Leyen und BAGSO-Vorsitzende Roswitha Verhülsdonk bei der Eröffnung der SenNova. Foto: Aleksander Perkovic

1.1.1

Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende Begrüßung Bundespräsident Horst Köhler Rede Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Grundsatzrede „Chancen des Alters in einer Gesellschaft des langen Lebens“ Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration Grußwort Fritz Schramma, Oberbürgermeister der Stadt Köln Grußwort Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende Schlusswort

Verlag: Baumeister Verlag Layout: Nadine Haser Druck: Druckerei Mack GmbH • Siemensstrasse 15 • 71101 Schönaich

1.1.2 1.1.3

1.1.4

Soweit in dieser Publikation nur die männliche Schreibweise verwendet wird, ist bei Entsprechung auch die weibliche Form eingeschlossen. Einige Beiträge der Foren, Workshops und Symposien mussten aus Platzgründen gekürzt werden. Weiterführende Informationen zu den Foren/Workshops sind beim durchführenden Verband zu finden (vgl. Adressenliste Kap.8.) Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme Alter als Chance: Dokumentation Deutscher Seniorentag 2006, Köln, 16.-18. Mai 2006 / Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO). [Red.Bearb.: Heike Felscher]. – Bonn: BAGSO, 2006 ISBN 3-9809618-4-2

2

1.1.5 1.1.6

1.2

1.3

11

12 20

28

37 45 48

Ökumenischer Gottesdienst im Dom zu Köln Kardinal Josef Meisner, Präses Nikolaus Schneider

51

Gala im Gürzenich – „Mer fiere“

60

BAGSO

3

Alter als Chance 2.

KONGRESS

2.1

Alter als Chance für ein neues Verhältnis der Generationen Forum A Generationen lernen

2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.6 2.4.7 2.4.8 2.4.9 2.5 2.5.1 4

Inhalt

Alter als Chance für die Übernahme politischer Verantwortung Forum B Ältere Migranten und Migrantinnen: Aktive Partner und Partnerinnen in einer europäischen Bürgergesellschaft Alter als Chance in einem verlässlichen Sozialstaat Forum C Patienten-Arzt-Kommunikation: Informationen zum Medizinbetrieb Patienteninformationen im Internet Pflege zu Hause – Schicksal oder Herausforderung? Pflegebegleiter-Projekt Spezifische Probleme älterer Menschen mit Behinderung in ambulanter und stationärer Pflege NS-Verfolgte in der Altenhilfe

62

2.6

64 79

2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4

82 96

99 116 119 120 123 124 128

Alter als Chance für innovatives Engagement Forum D 130 Wie entsteht ein Theaterstück? 144 Modellvorhaben „Kompetenznetz für das Alter“ 145 Lernen sich zu engagieren – ZWAR Gruppennetze in NRW 147 Begleitung, Betreuung und Qualifizierung von Ehrenamtlichen 150 Seniorenverbände im Modernisierungsprozess 154 Seniorenbildung europäisch gefördert 156 Das Bundesverwaltungsamt als Dienstleister 158 Brennpunkt Gemeinnützigkeit 161 Alter als Chance für die wirtschaftliche Entwicklung Forum E

164

BAGSO

2.6.5 2.6.6 2.6.7 2.6.8 2.6.9 2.6.10 2.6.11 2.6.12 2.6.13 2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.3

Alter als Chance in körperlicher und geistiger Mobilität Forum F Tanzen – Sich bewegen – Aktiv bleiben Tanzen im Sitzen – Eine spezielle Tanzform „Balance-Training“ – Gleichgewichtsschulung und Sturzprophylaxe Wellness für den Rücken Wellness pur – Entspannung nach Pilates Nordic Walking – Dauerbrenner für Frischluftfans Richtig fit – ich denk mit! ..... auch ab 50 „Sie können besser denken, als Sie denken“ Im Fokus Demenz Hören schwerhörige Senioren schwer? Nein – anders! Gedächtnistraining für und mit Blinden und Sehbehinderten Gedächtnistraining für Hochbetagte

180 192 194 196 198 200 202 203 206 207 209 211 213

2.7.4 2.7.5 2.7.6

Alter als Chance für sinnerfülltes Leben Forum G „einfach anders leben“ Spurensuche – FrauenLeben in der Kriegs- und Nachkriegszeit Biografisches Arbeiten Märchen als Wegbegleiter älterer Menschen Kreativprojekt Kunstspuren

2.8 2.8.1 2.8.2 2.8.3 2.8.4

Wohnen und Vorsorge Selbstständig Wohnen – aber nicht allein Solange wie möglich in den eigenen 4 Wänden wohnen Prävention – Impulse zur aktiven Altersvorsorge Hilfe über den Tag hinaus – Wie vererbe ich richtig?

242 244 247 248

2.9 2.9.1 2.9.2 2.9.3

Internet Gemeinsam Lernen im ViLE-Netzwerk Online kommunizieren Senior-Online-Redaktion

251 252 254

BAGSO

214 228 232 233 236 239

5

Alter als Chance 3.

ABSCHLUSS DEUTSCHER SENIORENTAG 2006

256

3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4

TALK in Köln, „Alter als Chance“ – „Brauchen wir eine neue Kultur des Alters?“ Begrüßung – Roswitha Verhülsdonk Impulsreferat: Prof. Dr. Thomas Klie Podiumsdiskussion unter Einbeziehung des Publikums Fragen der Zuschauer an das Podium

257 257 259 267 299

4.

KÖLNER ERKLÄRUNG

306

5.

WEITERE HÖHEPUNKTE

313

5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3

313 318 318 320 322

5.5 5.6

Mehr Kultur in der 2. Lebenshälfte – mehrKultur 55plus Programm der Stadt Köln Fachveranstaltung 4 Jahre Kölner SeniorenNetzwerke Fachtag „Demenz – Herausforderungen für Familien“ Ausstellung: „Kölner Treff“ Pilgerweg der Gemeinden im „Erzbistum Köln“ zum Deutschen Seniorentag Eröffnungkonferenz im Rahmen des Projektes „Transnational Exchange Project on Social Inclusion“ Auftakt zum „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet Fotowettbewerb „Alter als Chance“

6.

SENNOVA

333

6.1 6.2

SenNova – Neue Akzente Die Aussteller

333 336

7.

BILANZ: ERFOLG IN ZAHLEN

342

8.

BAGSO: ORGANISATIONEN UND VORSTAND

345

8.1 8.2 8.3 8.4

Die BAGSO: Verbände auf einen Blick BAGSO-Vorstand BAGSO-Förderverein BAGSO-Service GmbH

345 356 358 359

5.4

6

Grußworte

324 326 329 332

BAGSO

Grußwort Bundespräsident Horst Köhler

„ALTER ALS CHANCE“ – das Motto des Deutschen Seniorentags 2006 gefällt mir ausgesprochen gut. Es macht nämlich deutlich, worauf es heute ganz besonders ankommt: dass wir unsere Chancen nutzen. Denn die Herausforderungen, die unser Land meistern muss und die uns alle betreffen, können wir nur dann bewältigen, wenn wir auch alle einbeziehen: junge und alte Menschen, Frauen und Männer. Historisch neu und schon deshalb besonders anspruchsvoll ist es dabei, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ältere Menschen ihr reiches Potential an Lebensweisheit, Wissen, Erfahrung und Können vielfältig einbringen können, die „späten Freiheiten“ nutzen. Die Voraussetzungen sind gut: Das zeigen auch die wichtigen und umfangreichen Leistungen, die Seniorinnen und Senioren bereits heute in den Familien und im Ehrenamt vollbringen. Und ich bin mir sicher: Der Deutsche Seniorentag 2006 wird dazu beitragen, viele gute Erfahrungen und nützliche Erkenntnisse auszutauschen. Das Netz, das so entsteht, trägt nicht nur die älteren Menschen, sondern hilft der ganzen Gesellschaft. Um es ganz deutlich zu sagen: Für Ideen und Engagement ist man nie zu alt. Das ist mein Appell an die Älteren: Gehen Sie auf die Jungen zu. Sie werden gebraucht! BAGSO

7

Alter als Chance

Vorwort

Grußwort zum 8. Deutschen Seniorentag

Vorwort

Foto: BMFSFJ

„ALTER ALS CHANCE“ lautete das Motto des 8. Deutschen Seniorentages 2006 im Congress-Centrum Ost der Koelnmesse.

„ALTER ALS CHANCE“: Das Motto des Deutschen Seniorentags setzt einen selbstbewussten Akzent gegen alle, die ein längeres Leben und eine älter werdende Gesellschaft vor allem als Belastung darstellen. In Wirklichkeit bietet das höhere Lebensalter vielfältige Chancen – für die einzelnen Menschen und für die Gesellschaft. Erfahrungswissen ist das große Potenzial des Alters, aber nicht nur das: Auch ältere Menschen sind lernfähig, innovativ und kreativ. Wir sollten dieses Potenzial nutzen – wir können es uns gar nicht leisten, es zu verschenken. „ALTER ALS CHANCE“: Für meine Politik ist das Motto des Deutschen Seniorentags Programm. Familie ist Mehrgenerationenfamilie, Gesellschaft ist Mehrgenerationengesellschaft. Viele ältere Menschen sind ehrenamtlich tätig und unterstützen ihre Familien. Wir müssen die Möglichkeiten für ältere Menschen im Beruf und im freiwilligen Engagement erweitern, wir müssen Mitgestaltungsmöglichkeiten verbessern und das Zusammenleben von Alt und Jung stärken, um eine lebendige Gesellschaft für alle Generationen zu schaffen. Der Deutsche Seniorentag 2006 wird dafür wichtige Impulse und Anstöße geben. Ursula von der Leyen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 8

BAGSO

Noch nie sind so viele Menschen zum Seniorentag angereist, noch nie war das Medieninteresse so groß. Die fast 20.000 Besucherinnen und Besucher wollten wissen, ob sie selbst die Chancen des Alters nutzen und wie sie – vielleicht gemeinsam mit anderen – noch mehr aus ihrem Leben machen können. Die vorliegende Dokumentation ist das Spiegelbild dieser dreitägigen Veranstaltung. Sie gibt Anregungen für eine aktive Lebensgestaltung im Alter und liefert mit der Zusammenstellung der sieben ganztägigen Foren und über 40 Workshops einen Überblick darüber, wo und wie ältere Menschen sich einbringen: In der Familie, der Nachbarschaft, im Verein und im freiwilligen Engagement auch mit jüngeren Menschen. Bundespräsident Horst Köhler hatte die Schirmherrschaft über den Deutschen Seniorentag übernommen. Seine Botschaft an die Besucherinnen und Besucher des Kongresses in Köln lautete: Die Folgewirkungen des demografischen Wandels sind nur lösbar, wenn die Generation der Älteren ihr Wissen, ihr Können und ihre Lebenserfahrung einbringen und zur Lösung der Zukunftsprobleme alle Generationen solidarisch zusammenwirken und ihren Beitrag leisten. In ihrer Grundsatzrede „Chancen des Alters in einer Gesellschaft des langen Lebens“ verdeutlichte Bundesministerin Ursula von der Leyen, dass Altenpolitik eine Politik nicht nur für, sondern immer auch mit alten Menschen ist. „Sie muss sowohl das produktive, kreative und vitale Alter berücksichtigen, als auch den gedämpfteren Aspekt des pflegebedürftigen Alters.“ Die Grußworte des nordrhein-westfälischen Generationenministers Armin Laschet und des Kölner Oberbürgermeisters Fritz Schramma BAGSO

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Alter als Chance betonten die Potenziale des Alters, von denen das Landesprojekt „Zukunftsinitiative Seniorenwirtschaft“ und die „Kölner Seniorennetzwerke“ profitieren.

1. FESTPROGRAMM DEUTSCHER SENIORENTAG 2006

Unser Dank gilt dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen deren finanzielle Unterstützung den Deutschen Seniorentag ermöglicht hat. Wir danken der Stadt Köln für die hervorragende Unterstützung und gute Zusammenarbeit. Sie war ein großartiger Gastgeber für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland.

Foto: Aleksander Perkovic

Festveranstaltung

„ALTER ALS CHANCE“ – die große Besucherzahl hat das Interesse am Leitwort des Deutschen Seniorentages gezeigt. Nutzen auch Sie die Chance, die Anregungen dieser Dokumentation für Ihr eigenes Leben und Ihre Arbeit zu nutzen.

Bundespräsident Horst Köhler und seine Frau mit prominenten Gästen des Seniorentages und BAGSOVertretern.

Foto: Eduard Fiegel

Ebenso danken wir allen Beteiligten, die durch ihre Mitwirkung – Einbringung von Ideen, Fachwissen und ehrenamtlichen Einsatz – zum Gelingen dieser Großveranstaltung beigetragen haben. Ein besonderer Dank geht an die BAGSO-Mitgliedsorganisationen, die wieder herausragendes, ehrenamtliches Engagement zeigten und sich an den Infoständen auf der SenNova über großes Interesse freuen konnten. Den Sponsoren Augustinum, Barmer, Galeria Kaufhof, Generali, Nissan, Telekom und Pfizer danken wir für die finanzielle Förderung des Deutschen Seniorentages.

Die Telekom-Band unter musikalischer Leitung von Mike Gesell.

Roswitha Verhülsdonk BAGSO-Vorsitzende. Unser Dank gilt dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFFJ) und dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MGFFI NRW) für die finanzielle Unterstützung.

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BAGSO

Foto: Aleksander Perkovic

BAGSO

Begeisterung beim Bläck Fööss Konzert im Kölner Gürzenich

11

Alter als Chance

1.1

Festveranstaltung um ihre Sichtweise der Öffentlichkeit vorzutragen. Nicht alle Schirmherren von Deutschen Seniorentagen haben Wort gehalten und sind selbst gekommen. Deshalb sind wir heute besonders froh.

Festveranstaltung

1.1.1 Begrüßung Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende Alter als Chance! Immer mehr ältere Menschen haben verstanden, dass Alter nicht ein Anhängsel an das eigentliche Leben ist, dass Altern ein Prozess ist, den man erfolgreich selbst gestalten kann, und der dann viele neue Chancen bietet. Das ist die Botschaft, die die BAGSO mit den Angeboten dieses 8. Deutschen Seniorentages an die Teilnehmer und, mithilfe der Medien, an Gesellschaft und Politik richten will. In sieben ganztägigen Foren und 40 Workshops, vor allem aber mit dieser Festveranstaltung wollen wir Seniorinnen und Senioren ermutigen, ihre persönlichen Chancen durch ein aktives, engagiertes Leben zu nutzen und gleichzeitig als ältere Generationen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie im Leben erworben haben, in unsere Gesellschaft einzubringen. Sie leisten damit einen Beitrag zur Solidarität der Generationen, die wir angesichts des demografischen Wandels umso mehr brauchen. Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Schon zu Beginn Ihrer Amtszeit, als die Öffentlichkeit besonders aufmerksam auf Ihr Wort hörte, haben Sie gesagt, dass Sie den Veränderungen, die sich aus rückläufigen Geburtenzahlen und zunehmender Lebenserwartung für fast alle Politikbereiche und für das gesamte gesellschaftliche Leben ergeben, Ihre besondere Aufmerksamkeit widmen wollen. Inzwischen haben Sie die „Macht des Wortes“, über die Sie als Bundespräsident verfügen, immer wieder genutzt, um das Problembewusstsein zu stärken und gleichzeitig die bestehenden Ängste vor diesem Problem zu relativieren. Sie wissen, dass die Älteren heute, wie keine Generation vor ihnen, bereit sind, ihren Beitrag zum Wohl von Familie und Gesellschaft zu leisten. Wir danken Ihnen, dass Sie die Schirmherrschaft über den Deutschen Seniorentag sofort angenommen haben und dieses Forum nutzen, 12

BAGSO

Herr Bundespräsident! Sie haben Ihre Gattin mitgebracht. Das freut uns ganz besonders. Frau Köhler, wir begrüßen Sie beide sehr herzlich in unserem großen Kreis und danken Ihnen für die Ehre Ihres Besuches. Leider müssen Sie uns beide wegen eines anderen Termins in Berlin nach ihrer Festrede verlassen. Deshalb möchte ich mich schon jetzt bei Ihnen beiden herzlich bedanken, dass Sie gekommen sind und uns ihr Wort schenken. Wir Senioren wissen es zu würdigen, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. Sehr geehrte Frau Bundesministerin von der Leyen! Ihrem Hause verdanken wir, dass wir den 8. Deutschen Seniorentag durchführen können und wieder zu geringen Teilnehmerpreisen gemeinsam mit unseren inzwischen 90 Mitgliedsverbänden und -organisationen den reich bestückten Markt der Möglichkeiten zum Mittun und Mitdiskutieren anbieten können. Als zuständige Ministerin für alle Generationen wollen Sie uns heute vortragen, wie Sie aus Ihrer Gesamtverantwortung heraus Politik für die älteren und den alten Menschen in Deutschland gestalten wollen. Man braucht sich nur anzuschauen, gestern Deutscher Familientag, heute Deutscher Seniorentag. Da sieht man, wir sind mittendrin in der Thematik. Wir begrüßen Sie sehr herzlich und danken Ihnen. Herr Staatsminister Laschet ! Auch Ihr Land Nordrhein-Westfalen hat diesen Deutschen Seniorentag finanziell gefördert. Herzlichen Dank. Wir alle wissen, wie eng die finanziellen Möglichkeiten sind. Ihr Haus, mit dem es eine lange und gute Zusammenarbeit gibt, hat aber auch noch über die finanzielle Leistung hinaus an unserem Programm mitgewirkt. Dass die Frage nach einer zeitgemäßen Alterskultur übermorgen im Mittelpunkt unserer Diskussions-Veranstaltung steht, das verdanken wir den Anregungen Ihres Hauses und insbesondere von Herrn Ministerialrat Dr. Eppe. BAGSO

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Alter als Chance

Festveranstaltung

Wir sind gespannt, was Sie als Generationenminister in Ihrem Grußwort zu unserem Thema beitragen. Denn unter den Zuhörern befinden sich auch besonders viele Landeskinder aus Nordrhein-Westfalen, die das sicher ganz besonders interessiert. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schramma! Auf die Stadt Köln, ihren OB, ihre Verwaltung und ihre sehr aktiven Senioren könnte ich jetzt ein großes Loblied singen. Ich habe das ja schon gestern Abend im Kreise der Verantwortlichen aus unseren Mitgliedsverbänden bei Ihrem Empfang gesagt, den Sie für uns gegeben haben. Köln hat den Deutschen Seniorentag genauso zu seiner Sache gemacht, wie das sehr erfolgreich beim Weltjugendtag 2005 geschehen ist. Ich danke Ihnen, Ihrer Sozialdezernentin Marlis Bredehorst, die ich auch herzlich begrüße, ja vielen Abteilungen Ihrer Verwaltung für ideenreiche Unterstützung. Ich bin sicher, die Kölner Senioren, angeführt von der Seniorenvertretung und ihrem Vorsitzenden, Herrn Herwegh, werden diesen Deutschen Seniorentag nutzen. Zudem gewähren Kölner Bürger großzügige Gastfreundschaft in privaten Quartieren. Ein großer Dank an Verwaltung, Rat und Bürgerschaft und ein herzlicher Gruß an alle Kölner. Einem von den Kölnern möchte ich nun besonders danken, dem Vorsitzenden unseres BAGSO-Fördervereins, Herrn Wolfgang Haehn. Dass wir den morgigen Abend mit einer schmissigen Gala im Gürzenich feiern können, ist vor allem ihm und seinen guten Kölner Beziehungen zu verdanken. Und Kölner Beziehungen sind ja was, das weiß die ganze Republik. Herr Oberbürgermeister! Sie stellen, wie man weiß, das Licht der Stadt Köln nicht unter den Scheffel. Lassen Sie uns erleben, wie Ihre Stadt ihren Seniorinnen und Senioren hilft, sich selbst eine hohe Lebensqualität zu bereiten und stellen Sie uns Ihre neue Initiative das „Kölner Seniorenjahr 2006“ vor, die dadurch initiiert ist, dass wir den Deutschen Seniorentag hier veranstalten.

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BAGSO

Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende, begrüßt die Gäste der Festveranstaltung. Foto: Aleksander Perkovic

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle sehr herzlich. Viele Gäste aus der Politik geben uns die Ehre. Ein Willkommen den Damen und Herren Bundestagsabgeordneten, Herrn Grübel, Frau Blumenthal und Frau Haßelmann. Meine Damen und Herren, Sie wissen am besten, wie sehr der demografische Wandel zur Querschnittsaufgabe für alle Politikbereiche geworden ist, und sie tragen große Verantwortung für den Zusammenhalt der Generationen und das gesellschaftliche Klima insgesamt. Wir bieten Ihnen unsere Mitarbeit an. Ich begrüße die Abgeordneten des Landtages von Nordrhein-Westfalen, Frau Asch und Herrn Pick, der übrigens auch Schatzmeister der BAGSO ist. Ein herzlicher Gruß an alle Ehrengäste, die heute zur Eröffnung des Deutschen Seniorentages gekommen sind. Es ist mir ein Anliegen, an dieser Stelle den Repräsentanten unserer Sponsoren zu danken. Denn auch sie helfen uns, dass wir das gesamte Angebot zu diesen moderaten Preisen machen können. Das sind einmal von Augustinum Wohnstifte Frau Lettenmeier, vom Vorstand der Barmer Ersatzkasse Herr Dr. Fiedler, von der Deutschen Telekom – leider musste Herr Dr. BAGSO

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Alter als Chance

Festveranstaltung

Klinkhammer in letzter Minute aus wichtigen Gründen absagen – begrüße ich ganz herzlich Frau Pagel, mit der wir schon gut zusammengearbeitet haben, vom Vorstand der Galeria Kaufhof Herrn Mandac, von Generali Versicherungen, Herrn Renz, vom Vorstand von Nissan Herrn Dr. Landwehr und von Pfizer Herrn Klein. Besonders begrüße ich Herrn Gottlob von der Deutschen Telekom, mit der wir seit Jahren in sehr interessanten Projekten im T-OnlineBereich gut zusammenarbeiten. Ihm haben wir auch zu verdanken, dass heute die Big-Band der Telekom auftritt, in der spielt er sogar selbst mit. Zusammen mit der Deutschen Telekom und weiteren Partnern eröffnet heute die BAGSO und das Kompetenzzentrum das „Online Jahr 50+ – Internet verbindet“. Wir wollen gemeinsam dazu beitragen, dass möglichst viele ältere Menschen die Chancen neuer Technologien zur Bereicherung ihres Lebens durch Information und Kommunikation und zur Erleichterung ihres Alltags nutzen lernen. Wir haben diesmal so viele Ehrengästen wie noch nie. Ich musste also eine Auswahl treffen, die ich stellvertretend begrüße. Da beginne ich mit besonderer Freude bei Ihnen, liebe Frau Professor Lehr. Sie waren Bundesministerin und haben, würde ich sagen, erstmals die Seniorenpolitik in den Sattel gehievt. Und alle, die heute Seniorenpolitik machen, stehen schon auf ihren Schultern. Aber sie haben vorher und immer noch durch ihre wissenschaftliche Arbeit als Altersforscherin Grundlagen dafür gelegt, dass wir heute wissen, wie Politik für Ältere Menschen gestaltet werden muss und auf was es ankommt. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich. Ich begrüße den ehemaligen Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Herrn Dr. Worms, jetzt Vorsitzender der Europäischen Seniorenunion. Und ich begrüße einen alten Bekannten von mir, Herrn Walter Link, der sich lange Jahre im Deutschen Bundestag um Seniorenpolitik gekümmert hat und insbesondere durch seine Arbeit als Vorsitzender der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ für die Politiker von Heute und Morgen wichtige Grundlagen gelegt hat zum Thema „Demografischer Wandel“, und was dazu notwendig ist und wie es weitergehen muss. 16

BAGSO

Ich begrüße Vertreter der Justiz, insbesondere den Oberlandesgerichtspräsidenten, Herrn Riedel. Ich begrüße die Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Ich begrüße die Partner aus dem Sozialbereich und aus der Gerontologie Herrn Dr. Dietrich, vom KDA, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Herrn Löher vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, mit dem wir ja auch gut zusammenarbeiten. Herrn Prof. Oswald begrüße ich von der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie. Dann begrüße ich herzlich die Vertreter der Presse. Und zwar stellvertretend freue ich mich darüber, dass ich Herrn Deppendorf begrüßen kann, den Programmdirektor des WDR. Abschließend möchte ich noch die Vorsitzende der Landesseniorenvertretungen NRW, Frau Dr. Renn, nennen. Die 90 Mitgliedsverbände der BAGSO haben, wie schon bei allen Deutschen Seniorentagen, das Programm mitgestaltet. Viele bieten in eigener Verantwortung Workshops zu Themen aus ihrer Programmarbeit an, die unser Leitwort aufgreifen. Die sieben Foren morgen sind unter Federführung von Frau Dr. Neubauer, unserer Geschäftsführerin, sowie der Projektmitarbeiterin Frau Felscher gemeinsam mit den verantwortlichen Verbänden konzipiert worden. Sie enthalten die programmatischen Kernaussagen dieses Deutschen Seniorentages. Insbesondere die Ergebnisse der Foren, die dort gemeinsam mit den Fachreferenten und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erarbeitet werden, sollen sich in der Kölner Erklärung wieder finden, die die BAGSO am Donnerstag verkünden und in einer Abschlusspressekonferenz vorstellen wird. Sie wird dann den politischen Parteien und Parlamenten als unser gemeinsamer Beitrag zur Weiterentwicklung der Seniorenpolitik zugeleitet. Den Deutschen Seniorentag werden wir wieder insgesamt dokumentieren. Wir sind sicher, dass auch dieses Buch wieder für die Fachwelt und die Seniorenorganisationen zu einer Fundgrube von Anregungen für die eigene Arbeit wird. Ich begrüße herzlich alle Repräsentanten, Mitwirkenden und Mitglieder aus unseren Mitgliedsverbänden. Ich danke für die gute BAGSO

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Alter als Chance

Festveranstaltung

Zusammenarbeit im Vorfeld und wünsche uns an den drei folgenden Tagen viele bereichernde Erfahrungen. Ein besonderer Gruß und Dank geht an die Referenten der Foren und Workshops, die alle auf Honorare verzichten. Und da sind viele Prominente darunter. Wie beim Deutschen Seniorentag in Hannover 2003 haben wir wieder viele Gäste aus dem alten und neuen Europa. Ihnen allen ein herzliches Willkommen. Ein besonderer Gruß und Dank geht an die Aussteller der begleitenden, und hier in der Köln-Messe besonders gut integrierten SenNova. Sie ist mit den Präsentationen unserer Mitgliedsverbände vor allem ein Markt der Möglichkeiten zum Mittun für die Besucher. Sie bietet zudem interessante Informationen über innovative Dienstleistungen für ältere Menschen und hat ein eigenes Aktionsprogramm.

Liebe Medienvertreter! In diesen Tagen können sie leibhaftige Beispiele aktiver Älterer in Fülle hier erleben und sie interviewen. Berichten Sie darüber. Sie helfen damit, vorhandene Ängste bei den Jüngeren vor einer Zukunft, von der sie fürchten, dass sie alt, arm und grau ist, abzubauen. Interviewen Sie! Alle werden gerne mitmachen. Wir alle müssen den Jungen vermitteln, dass sie selbst davon profitieren, wenn die Älteren ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten ins gesellschaftliche und politische Leben einbringen können. Der Deutsche Seniorentag ist eine Herausforderung an alle, Alt und Jung, die Zukunft hoffnungsvoll gemeinsam zu gestalten.

Das der erste Tag der SenNova dem Internet gewidmet ist, kommt nicht von Ungefähr. Denn heute ist für uns auch deswegen ein besonderer Tag, weil die BAGSO das Online-Jahr „Internet verbindet“ mit vielen Partnern startet.

Viele Vertreter aus Fernsehen, Funk und Printmedien haben schon im Vorfeld und ganz besonders am Programm dieser Tage großes Interesse gezeigt. Dafür sind wir sehr dankbar. Seit der demografische Wandel und seine vielfältigen Folgen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten sind, findet auch zunehmend eine Korrektur des Altersbildes in den Medien statt. Die oft einseitige Darstellung des alten Menschen als hilfebedürftig, isoliert und behindert – leider gibt es ja solche Altersschicksale gar nicht selten – wird abgelöst durch die Erkenntnis, dass alte Menschen keine homogene Gruppe sind und dass sie in vielerlei Weise das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben durch ihre Beiträge bereichern. 18

BAGSO

Foto: Aleksander Perkovic

Frau Dr. Barbara Keck, die Geschäftsführerin der BAGSO-Service GmbH, und ihr Team haben die SenNova wieder bestens organisiert. Danke an sie und alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der BAGSO, die seit Monaten und besonders in den letzten Tagen und Wochen einen außergewöhnlichen Einsatz leisten.

Bundespräsident Horst Köhler mit Bundesministerin Ursula von der Leyen und der BAGSOVorsitzenden Roswitha Verhülsdonk auf dem Weg zur Festveranstaltung.

BAGSO

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Alter als Chance

Festveranstaltung

1.1.2 Rede Bundespräsident Horst Köhler I. Viele wissen es gar nicht, aber: Wer in unserem Land 100 Jahre alt wird, der bekommt einen Glückwunschbrief vom Bundespräsidenten. 1985, es war die Zeit von Richard von Weizsäcker, gingen 899 Briefe ins Land. Im vergangenen Jahr konnte ich schon 4.360 Hundertjährigen gratulieren. Und wenn es bei der bisherigen Tradition bleibt, dann schreibt ein Bundespräsident künftig mehr als eine Million Glückwunschbriefe pro Amtszeit. Denn wahrscheinlich kann fast die Hälfte der heute Geborenen einmal den „Hundertsten“ feiern. Ich finde: Das ist eine sehr schöne Aussicht! II. Natürlich ist das mit dem Altwerden immer auch so eine Sache. Keiner von uns weiß, ob und wie sich am Ende seines Lebens die dunkle Seite des Alters offenbaren wird. Der alte Goethe befand ja, und ich zitiere das: „Die Summa summarum des Alters ist eigentlich niemals erquicklich“. Ich denke, hier hat die Zeit Goethe überholt. Noch nie waren die Aussichten so gut wie heute, weit jenseits des offiziellen Renteneintrittsalters gesund zu bleiben und gebraucht zu werden. Deshalb gefällt mir das Motto Ihres Kongresses auch so gut: „Alter als Chance“. III. Ich verstehe dieses Motto auch als Chance für Alt und Jung, das heißt: für unsere ganze Gesellschaft. Wir dürfen nur die Dimension der damit verbundenen politischen Gestaltungsaufgabe nicht unterschätzen. Antworten müssen wir vor allem auf folgende Fragen finden: Wie können wir den Menschen mehr Freiheit und mehr Ermutigung geben, sich ihr Leben gut einzuteilen und länger in der Mitte unserer Gesellschaft aktiv zu sein? Wie schaffen wir es, die Altersvorsorge auf unsere gestiegene Lebenserwartung einzustellen? Wie gelingt uns ein neues Miteinander der Generationen? Wie kann man lernen, alt zu werden, wenn doch so viele Leute nur noch vom Jugendwahn reden? 20

BAGSO

Wie können wir alle, die Jüngeren wie die Älteren, die Vorstellung vom Alter als einer Zeit des Niedergangs überwinden, damit wir die vielen Chancen besser in den Blick bekommen und nutzen, die mit einem längeren Leben verbunden sind? Übrigens haben Altersforscher herausgefunden: Wer ein positives Bild vom Alter hat, der lebt im Durchschnitt deutlich länger als jemand mit negativem Altersbild. IV. Sie, die hier Versammelten, haben sich nicht an die Redensart gehalten, „sich aufs Altenteil zurückziehen“. Das ist gut so. Sie sind damit Beispiel und Vorbild. Damit aber Ihr Beispiel überall Schule macht, muss noch viel geschehen. Ich denke, dass wir allen Grund haben, auch über eine Verlängerung des Erwerbslebens nachzudenken. Das entspricht den Wünschen vieler Älterer, die mitten im Leben stehen und eben gerne länger berufstätig sein wollen. Hier sollten Lösungen möglich sein, und die brauchen wir auch angesichts des Geburtenrückgangs in Deutschland mit seinen langfristigen Konsequenzen für die soziale Sicherung und den Arbeitsmarkt. Die Unternehmen sind schon heute gut beraten, darüber nachzudenken, wie sie die Stärken der älteren Beschäftigten nutzen können. Einige tun das ja auch schon, aber noch immer sind in den meisten Fällen ältere Arbeitnehmer die Ersten, von denen sich Unternehmen trennen, wenn sie Personal abbauen. Und Ältere, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, bekommen viel zu selten eine neue Chance. Ich glaube, das Fachwissen, die Erfahrung und die Menschenkenntnis älterer Menschen werden in der Zukunft auch und gerade in der Wirtschaft, in den Unternehmen, immer wichtiger. Tatsächlich zeigen auch Umfragen, dass die Deutschen sich darauf einstellen, später in Rente zu gehen. Ich finde, es könnte durchaus auch darüber diskutiert werden, ob starre Altersgrenzen überhaupt noch in unsere Zeit passen. Ich würde mir hier möglichst viel Freiheit für jeden Einzelnen und für die Tarifpartner wünschen, denn jeder Mensch altert eben anders, und auch jeder Beruf ist anders, und viele Tätigkeiten setzen gerade solche Qualitäten voraus, die erst ältere Menschen ganz entwickelt haben. BAGSO

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Alter als Chance

Festveranstaltung

V. Der Beruf ist aber nur eine Seite eines tätigen Alters. Schöne und wichtige Aufgaben stellen sich für ältere Menschen auch und gerade in der Familie. Frau Verhülsdonk hat schon darauf verwiesen: Frau Ministerin von der Leyen hat gestern den ersten Deutschen Familientag in Berlin veranstaltet – und es war ein guter Tag, weil gerade auch die verschiedenen Generationen zusammengekommen sind. Viele berufstätige Eltern, die das Glück haben, die Großeltern in der Nähe zu wissen, sind dankbar für deren Mithilfe, das häusliche Leben am Laufen zu halten – als Babysitter, als Schularbeitenhilfe oder schlicht als geliebte Oma oder geliebter Opa. „Wahlomas“ und „Leihopas“ leisten ähnliche wichtige Hilfe auch außerhalb der eigenen Familie. Die ältere Generation erleichtert damit den Jüngeren die Entscheidung für ein Leben mit Kindern. Das zeigt: Altenfreundlichkeit und Kinderfreundlichkeit haben viel, sehr viel miteinander zu tun. Wir sollten wirklich alles tun, um die Separierung von Alten und Jungen zu verhindern. Altenfreundlichkeit und Kinderfreundlichkeit haben viel miteinander zu tun, manchmal wird daraus aber auch eine mehrfache Herausforderung: Ich denke an jene 30- bis 50-Jährigen, die gleichzeitig ihre Kinder aufziehen, ihre betagten Angehörigen pflegen und im Beruf volle Leistung bringen sollen. Die Belastung der so genannten „SandwichGeneration“ macht deutlich, dass wir die Lebensverläufe von Jung und Alt sehr genau in den Blick nehmen müssen. Wir müssen klären: Wo liegen bei Alten und Jungen die Zeiten besonderer Belastung, in welchen Phasen können und sollten sie einander helfen, und wie erleichtern wir ihnen – auch finanziell – ein durchweg gutes Miteinander? Denn wenn wir uns über eine längere Spanne des aktiven und gesunden Lebens freuen können, dann können wir doch auch die Lebensläufe entzerren, dann können Phasen von Bildung, Beruf und Familie leichter und lockerer miteinander verbunden werden. Dafür mehr Freiheit, mehr Gelegenheit, mehr Sicherheit zu schaffen – ich glaube, das macht gute Politik aus. Sie wird sich nicht nach irgendwelchen Ressortgrenzen der Familien-, Bildungs- und Sozialpolitik richten, sondern vor allem danach, welche Ziele die Menschen, Jung und Alt, über die Jahre miteinander verwirklichen wollen. 22

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VI. Wie viel Erfüllung in einem tätigen Leben im Alter steckt, das entdecken immer mehr Menschen, die freiwillig ehrenamtliche Aufgaben übernehmen. Ich denke, dass wir noch gar nicht ermessen können, welche großen Möglichkeiten es da gibt – etwa in Vereinen und Kirchen, in Bildung und Kultur oder in Sozialeinrichtungen. Erst neulich wurde mir das wieder vor Augen geführt, und wissen Sie wo? In Madagaskar. Da traf ich nämlich eine Gruppe von Deutschen, die alle so in Ihrem, in unserem Alter waren. Sie halfen in Madagaskar beim Aufbau der Industrie- und Handelskammer und bei der Einführung des dualen Ausbildungssystems dort. Das brauchen die ganz dringend! Alle diese Aufbauhelfer aus Deutschland hatten ihr Berufsleben absolviert, aber keiner wollte danach untätig zu Hause sitzen. Also wurden sie das, was man „Senior-Experten“ nennt. Ich habe in Madagaskar die elf besten Handwerks-Lehrlinge des Landes ausgezeichnet in einer schönen Veranstaltung. Den ganzen langen Weg bis zu dieser Auszeichnung waren sie an der Hand ihrer erfahrenen deutschen Berater gegangen. Die jungen Leute waren schlicht begeistert – sie hatten jetzt etwas in der Tasche: ein Zertifikat, und vor allem etwas im Kopf: ihre Ausbildung. Und, meine Damen und Herren, ich hatte den Eindruck, unsere deutschen Senior-Experten waren nicht minder begeistert, vielleicht sogar noch mehr. Einer von ihnen sagte mir direkt: „Herr Bundespräsident, in meinem ganzen Berufsleben habe ich nichts Schöneres erfahren, als diesen jungen Menschen in Madagaskar zu helfen, eine Ausbildung und damit eine Lebensperspektive zu bekommen.“ Und ich finde, das ist doch wunderbar – für die Menschen in Afrika, aber auch wunderbar für unsere älteren Ausbilder dort. Ähnlichen Enthusiasmus habe ich zum Beispiel bei einem Treffen in Deutschland mit der Stiftungsinitiative Johann Gottfried Herder erlebt. Die Initiative vermittelt pensionierte Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer nach Mittel- und Osteuropa, wo sie dazu beitragen, die Wissenschafts- und Hochschulsysteme zu erneuern. Sie geben Vorlesungen und machen auch Seminare. BAGSO

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Schon heute leisten ältere Menschen statistisch rund 20 Stunden monatlich pro Kopf im bürgerschaftlichen Engagement. Und ich weiß, nicht zuletzt durch meine Gespräche, und ich habe das Gefühl, das kommt auch heute hier zum Ausdruck: Die Bereitschaft ist groß, noch viel mehr zu tun. Noch mehr kann geleistet werden, möchte man leisten. Eine Allensbach-Umfrage zeigt übrigens: In der obersten Altersgruppe ist der Wille, anderen zu helfen, am stärksten ausgeprägt. „Ganz für andere da sein, anderen helfen“, bezeichnen immerhin 34 % der über 74-Jährigen als ihre Lebensorientierung. Und darum wünsche ich mir zusätzliche Angebote gerade auch für Ältere, die sich freiwillig in den Dienst einer guten Sache stellen wollen. Darum sind Einrichtungen wie Freiwilligenagenturen, Ehrenamtsbörsen und Seniorenbüros so wichtig. Und darum kann ich allen, die sich in unserem Land ehrenamtlich engagieren, gar nicht oft genug danken für ihre gute Arbeit, und das möchte ich gerade Ihnen allen heute sagen, die Sie sich ja in der einen oder anderen Form engagieren: Herzlichen Dank für Ihr Engagement! Unsere Gesellschaft wäre ohne Ihre Arbeit viel, viel ärmer.

Bewährungsprobe, wenn es immer mehr alte und immer weniger junge Menschen gibt. Wir brauchen eine Alterssicherung, die verlässlich und für alle Generationen zumutbar ist. Heute ist die materielle Situation der Rentner in Deutschland sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich gut. Doch die Sorge wächst, dass unter schwierigeren Bedingungen in Zukunft möglicherweise wieder mehr Menschen von einem sehr niedrigen Alterseinkommen leben müssen. Und hier müssen wir, auch möglicherweise durch Streit, durch Diskussion, eine nachhaltige Lösung suchen. Und ich habe keinen Zweifel: Wir können sie finden. Alle Altersgruppen, auch die jetzigen Rentner, sollten verstehen, dass der finanzielle Spielraum für die Altersversorgung enger wird. Ohne mehr eigene Vorsorge wird es künftig sicherlich nicht mehr gehen. Vor allem müssen wir die vielen Menschen – und das ist das Wichtigste im Augenblick – in Arbeit bringen, die arbeitslos sind und denen oft das Geld fehlt, etwas fürs Alter zurückzulegen. Deshalb lasse ich auch persönlich nicht locker, immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit die wichtigste innenpolitische Aufgabe in Deutschland ist.

VII. Dabei will ich aber auch ganz klar sagen: Alte Menschen sollten tätig sein, wenn sie es wollen, aber alte Menschen haben es sich auch verdient, keinem Leistungsstress mehr ausgesetzt zu sein. Dann gelangen stärker neue Qualitäten in ihr Leben: Ruhe, Muße, Gelassenheit, Bedächtigkeit, und wir alle denken doch auch: Weisheit. Gewiss: Das alles darf nicht nur für das Alter reserviert sein, aber der Wunsch der Älteren danach verdient besonderen Respekt, und wer diese Qualitäten lebt – Ruhe Muße, Gelassenheit, Bedächtigkeit –, gibt auch seinen Mitmenschen davon ab. Und das brauchen wir.

IX. Sie, meine Damen und Herren, wissen noch besser als ich, wie viel Unterstützung zwischen Jung und Alt es in den Familien gibt. Darüber freue ich mich. Wir können uns aber nicht darauf verlassen, dass die fürsorgende Kraft der Familien in einer alternden Gesellschaft dauerhaft ausreichend sein wird. Wir wissen: Familien schultern viel. Nicht alle halten den Belastungen stand. Die Solidarität in der Familie, etwa die Pflege eines nahen Angehörigen, kann an die Grenzen der eigenen Kraft einer Familie führen. Wir wissen auch: Immer mehr alte Menschen können sich nicht mehr darauf verlassen, in ihrer Familie Hilfe zu finden. Das liegt auf der Hand, wenn auf jeden älteren Menschen immer weniger Kinder kommen, wenn Familien nicht am selben Ort wohnen, wenn immer mehr alte Menschen allein leben. Wir brauchen also neue Ideen, wie alte Menschen Nähe, Solidarität und Hilfe auch außerhalb der Familie erleben können. Das klappt z. B., wenn ältere Menschen Wohngemeinschaften bilden oder wenn so genannte „junge Alte“ Hochbetagten helfen. Wer keine jüngeren Familienangehörigen hat, wird umso mehr

VIII. Die älteren Menschen in Deutschland haben in ihrem Leben viel geleistet; dafür verdienen sie Dank und Anerkennung der ganzen Gesellschaft. Ein Ausdruck dieser Solidarität zwischen den Generationen ist in Deutschland der Generationenvertrag. Dazu gehört, neben vielem anderen, die Bereitschaft der Jüngeren, die Versorgung der älteren Generation mit zu tragen. Kein Zweifel: Diese Solidarität steht vor einer 24

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auf ein Netzwerk von Freunden angewiesen sein. Darum sind neue Orte der Begegnung zwischen Jung und Alt so wichtig. Mehrgenerationenhäuser – eine Initiative von Frau Ministerin von der Leyen – und Nachbarschaftszentren etwa bieten solche Orte der Begegnung und des Miteinanders. X. Das Alter, so der französische Schriftsteller Marcel Proust, sei unter allen Realitäten vielleicht diejenige, von der wir Menschen uns am wenigsten eine Vorstellung machen. Dabei sind die Chancen, das Alter positiv zu gestalten, umso größer, je früher man sich mit dieser Lebensphase befasst. Und da ist jeder und jede selbst für sich verantwortlich. Wer in jungen Jahren gesund lebt und sich zum Beispiel viel bewegt, hat größere Chancen, auch im Alter fit zu bleiben. Wer früh begonnen hat, ein soziales Netzwerk zu knüpfen und den Familienund Freundeskreis zu pflegen, der kann auch im Alter auf Zuwendung hoffen. Wer sich früh darin übt, auf Menschen zuzugehen, der wird sich auch leichter tun, im Alter neue Bindungen einzugehen. Und wer sich schon in jungen Jahren ehrenamtlich engagiert, kann daran im Alter gut anschließen. Schließlich: Wer früh gelernt hat, sich für Vieles zu interessieren und für Neues offen zu sein, bleibt auch später, im Alter, neugierig und wird sich engagiert weiterbilden. Die vielleicht wichtigste Herausforderung in einer alternden Gesellschaft lautet: Mit der Zeit gehen. Deshalb sollten gerade ältere Menschen die Chancen der Weiterbildung nutzen. Denn es gibt kein besseres Mittel gegen das Gefühl, sich in der Welt nicht mehr so recht auszukennen, als eben lebenslanges Lernen. Und ist das nicht auch spannender als die Berieselung mit belanglosen Fernsehprogrammen? XI. Merken Sie was? Ich zähle auf Sie, die Älteren. Deshalb erlaube ich mir auch, Ihnen einiges zuzumuten. Denn das entspricht dem Eindruck, den ich von meinen älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern immer wieder habe. Ich halte mich an die Erkenntnis, dass ältere Menschen nicht weniger leistungsfähig als jüngere sind, sondern anders leistungsfähig. Das belegen die Ergebnisse der Altersforschung, und das zeigt auch die Alltagserfahrung: Wenige Großväter werden ihre 26

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Enkel im „Memory“ schlagen, aber viele im Schach. Und noch etwas ist wichtig: Wer viel erlebt und erfahren hat, kann den Jüngeren helfen, Erlebnisse zu verstehen, einzuordnen, in Perspektive zu setzen. „Das Alter ist für mich (...) ein Balkon, von dem man zugleich weiter und genauer sieht“, hat Marie Luise Kaschnitz geschrieben. Einsicht in die conditio humana, in die Fragen einer guten Lebensführung, wird man häufiger bei älteren Menschen finden als bei jüngeren. All das macht klar, welchen Schatz die älteren Menschen hüten und welche Bereicherung dies für die Jüngeren bedeuten kann. Das macht auch klar, dass wir Diskriminierung von Alten nicht dulden dürfen. Es zeigt, wie wichtig es ist, dass ältere Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft und nicht an ihrem Rand stehen. Und es unterstreicht, dass wir die Älteren wertschätzen sollen. Das ist gut für unsere ganze Gesellschaft. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und ihre Mitglieder tun sehr viel für ein solches Altersbild, nicht zuletzt, indem sie es vorleben. Und deshalb danke ich Ihnen allen herzlich für Ihren Einsatz und wünsche Ihnen weiterhin Beharrlichkeit und viel Erfolg. XII. Ein japanisches Sprichwort sagt: „Die größte Kulturleistung eines Volkes sind zufriedene Alte.“ Und zufrieden sind alte Menschen wohl nur dann, wenn sie sich sagen können: Wir haben es ganz gut gemacht, und die, die nach uns kommen, erkennen das an und sind auch selbst auf einem guten Weg. Wenn das stimmt, dann können wir uns heute ein recht ordentliches Zeugnis ausstellen, denn die Lebenszufriedenheit der alten Menschen in Deutschland ist nachweislich insgesamt groß. Aber das sollte uns nicht genügen. Ich bin überzeugt: Je mehr wir die „Chancen des Alters“ entdecken und verwirklichen, umso mehr wird unsere Gesellschaft zu einer wahrhaft humanen Gesellschaft. Und darum bitte ich Sie, jeden Einzelnen persönlich: Seien Sie Pioniere! Gehen Sie neue und vielleicht auch manchmal unbequeme Wege! „Alter ist nichts für Feiglinge“, sagte vor knapp zweihundert Jahren der königlich-preußische Leibarzt Christoph Wilhelm Hufeland. BAGSO

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Ich denke, das stimmt auch heute noch: Unser Land braucht Ihr Selbstvertrauen, Ihre Kreativität und Ihren Mut zur Tat. Dann wird es mehr denn je zu einem Land, in dem es sich für alle Generationen gut leben lässt. Und so ein Land wünsche ich mir, und so ein Land können wir erreichen. Herzlichen Dank. Verabschiedung Bundespräsident Köhler Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende Dank für Ihr Kommen. Nicht alle Schirmherren haben Wort gehalten, sind selbst gekommen, um zu den Seniorinnen und Senioren zu reden. Sie haben eine wichtige Rede gehalten, die hoffentlich viel Echo findet. Die BAGSO wird sie auf ihrer Homepage ins Internet stellen. Da gibt es regelmäßig viele Besucher. Es ist schon von vielen öffentlich gesagt worden: Sie sind der richtige Bundespräsident für den Zeitabschnitt, in dem wir leben, und für die anstehenden politischen Herausforderungen. Die Menschen verstehen Sie. Wir wünschen Ihnen in Ihrem Amte viel Erfolg und Gottes Segen. Sie müssen uns leider verlassen, um andere Termine zu erreichen. Deshalb: Die Senioren wissen es zu würdigen, dass Sie sich für uns diese Zeit genommen haben.

1.1.3 Grundsatzrede „Chancen des Alters in einer Gesellschaft des langen Lebens“

Insgesamt ist die Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren um 30 Jahre gestiegen. Das ist zunächst ein großartiges Geschenk für jeden einzelnen, aber auch eine enorme Verpflichtung für die Gesellschaft, diese geschenkten Jahre zu nutzen. Carpe diem – gilt im Alter ebenso wie in der Jugend. Altenpolitik ist eine Politik nicht nur für, sondern immer auch mit den alten Menschen. Alterspolitik ist keine homogene Politik, sondern muss variabel und differenziert sein. Sie muss sowohl das produktive, kreative und vitale Alter berücksichtigen, als auch den gedämpfteren Aspekt des pflegebedürftigen Alters. Lassen Sie mich zunächst zum produktiven Alter blicken. Die über 50 - Jährigen haben eine deutlich positivere Einstellung zum dritten Lebensabschnitt als die öffentliche Debatte vermuten ließe. 63 % schätzen ihre persönliche Zukunft im Alter optimistisch ein. Das Motto dieses Seniorentags „Alter als Chance“ greift diese positive Grundhaltung auf. Ältere Menschen sind eine wichtige Gruppe – nicht nur zahlenmäßig betrachtet: • Sie sind eine mächtige und stetig wachsende Konsumentengruppe; die Unternehmen beginnen das langsam zu begreifen und stellen sich darauf ein. • Sie sind eine bedeutende politische Einflussgröße, die in zwanzig Jahren in unserer Gesellschaft schon in der Mehrheit sein wird.

Bundesministerin Ursula von der Leyen Liebe Frau Verhülsdonk, sehr geehrter Herr Minister Laschet, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schramma, meine Damen und Herren, Wenn wir uns das Bild des Alters anschauen, das generationenlang überliefert ist in Geschichten und Märchen, in Fabeln und Liedern, dann ist dies das Bild des Lebensabends. In der Jugend lernen wir, 28

als Erwachsene arbeiten wir und haben Familie, im Alter ruhen wir uns aus von all der Mühe. So war es einmal. Wenn wir aber heute über das Alter sprechen, dann sprechen wir über ein Drittel der Gesellschaft, das ein Drittel seines Lebens jenseits der Erwerbsarbeit verbringt. Dann ist es völlig absurd, das Alter als eine Phase des „das-LebenAuslaufen-lassen“ zu begreifen.

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• Und sie sind als Ehrenamtliche und in den Familien eine unverzichtbare Quelle für soziales Kapital. Es gilt vor allem: „Die Alten“ gibt es nicht. Alter ist nicht gleich Alter. Der Gerontologe Paul B. Baltes erzählt gerne das Beispiel vom 60 - Jährigen Klassentreffen, bei dem man glauben kann, dass einige ihre Kinder, andere ihre Eltern mitgebracht hätten. Meine Damen BAGSO

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und Herren, aus diesen Überlegungen lassen sich wichtige Konsequenzen für die Altenpolitik ableiten: Wenn die Gesellschaft der Alten in sich sehr facettenreich und vielfältig ist, dann müssen es auch die Altenhilfe und die Altenpolitik sein. Lassen Sie mich dazu vier Überlegungen thesenartig darstellen. 1. Seniorenpolitik beginnt weit vor dem Alter Verantwortlich mit den gewonnenen Jahren umzugehen, heißt auch, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Das beginnt nicht erst im Alter, sondern weit vorher. Die Verpflichtung, fürs eigene Alter vorzusorgen wird wachsen – nicht nur finanziell. Beim Stichwort Vorsorge denken wir heute in erster Linie an die materielle Seite. Wie wichtig diese ist, wissen heute die meisten Menschen, und sie kümmern sich zunehmend. Aber verantwortliche Vorsorge betrifft nicht nur die materielle Seite, sondern auch die physische und psychische. Es findet unbestritten ein Leistungswandel im Alter statt: Schnelligkeit und Kraft lassen tendenziell nach, dafür nehmen Erfahrung, konzentriertes Wissen und soziale Kompetenzen zu. Die Dachdecker beispielsweise, die vor kurzem bei der Anhebung der Rentengrenze auf 67 Jahre Thema waren, haben völlig recht damit, dass es unzumutbar ist, in diesem Alter noch auf Dächern zu arbeiten. Aber andere kreative Arbeitsmöglichkeiten schließt das nicht aus. Wer in diesem oder ähnlichen Berufen tätig ist, wird sich künftig rechtzeitig um neue Perspektiven bemühen müssen, sich beruflich weiterbilden und neu orientieren, ehe die physische Kraft schwindet. Wir werden uns viel stärker immer wieder auf Neues im Beruf einlassen müssen. Dafür sind wir uns selbst und auch der Gesellschaft gegenüber in der Verantwortung. Was aber können wir tun, um uns auf diese neuen Lebensumstände und Erwerbsbiografien vorzubereiten? Das Leben im Alter ist die Folge dessen, was wir vorher tun. Wer von Kind an lernt, • seinen Körper und seinen Kopf zu trainieren, • seine sozialen Beziehungen und seine Gesundheit zu pflegen, 30

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• sich immer wieder neu zu orientieren, • Übergänge und Verluste zu bewältigen, der hat große Chancen, dies bis ins hohe Alter beizubehalten. Künftige Altersgenerationen – die heute mittlere und jüngere Generation – werden sich viel stärker auf das lebenslange Lernen einstellen müssen. Dies ist übrigens auch ganz im Sinne einer modernen Familienpolitik: Bildungsabschluss, Karriereweichen und Kinderwünsche können nicht zwischen 25 und 45 Jahren gepresst bleiben. Die drei starren Blöcke: Ausbildung, Beruf oder Familie, Rente wird und kann es so nicht mehr geben. Abschnitten der Erwerbsarbeit, von Zeit für Kinder, Vaterzeiten und Mutterzeiten, Pflegezeiten und Weiterbildungszeiten werden sich in Zukunft in einer modernen Gesellschaft bis ins hohe Alter abwechseln. Der intelligente Umgang mit Zeit heißt auch, Arbeitsteilung besser zu nutzen. Die Generation der jungen Frauen wird nicht alleine • Mutter, pflegende Tochter und Haushaltsmanagerin sein können • und dabei selbstständig ihren Lebensunterhalt und die private Vorsorge fürs Alter schultern können. Sie wird Hilfe im Alltag annehmen, um Zeit für ihren erlernten Beruf und ihre Familienangehörigen zu haben. Gleiches wird für den jungen Mann, der Vater und pflegender Sohn ist, gelten. Es wird einen transparenteren Markt der haushaltsnahen Dienstleistungen geben müssen, damit die mittlere Generation, die im Beruf für die ganz Jungen und ganz Alten die Lebensgrundlage erarbeiten muss, entlastet ist, um kostbare Zeit für die Zuwendung gerade für die ganz Jungen und ganz Alten in der eigenen Familie zu haben. Dafür hat die Bundesregierung jetzt die Absetzbarkeit der haushaltsnahen Dienstleistungen deutlich erhöht und sie führt ein Elterngeld ein, um bewusst Schonräume für Kinder und pflegebedürftige Angehörige innerhalb der Familie ohne finanziellen Druck zu sichern. Und je mehr BAGSO

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der Markt der haushaltsnahen Dienstleistungen legal nachgefragt wird, weil man die Rechnung absetzen kann, desto mehr Transparenz und Qualität kommt in diesen Sektor. Und desto mehr legale Arbeitsplätze können wir in diesem Sektor schaffen.

30 Jahren geht die Gesamtbevölkerung lediglich um 3 % zurück, aber die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird um fast 24 % sinken. Wir werden die Arbeitskraft der Älteren brauchen. Kreativität und Innovationskraft sind kein Privileg der Jugend, sie sind in jedem Alter anzutreffen – sie sind selbstverständlich auch jenseits der Lebensmitte vorhanden. Die Wirtschaft wird meines Erachtens auch positiv auf die Erkenntnisse der Altersforschung reagieren. Nicht nur, dass neue Modelle der „Arbeit im Alter“ Antworten auf den wachsenden Fachkräftemangel geben werden – es verbirgt sich hinter diesen Gedanken auch ein Riesenpotenzial von alternsfreundlichen Technologien.

Foto: Aleksander Perkovic

3. Wir müssen den Bürgersinn im Alter entwickeln.

Bundesministerin Ursula von der Leyen bei ihrer Grundsatzrede.

2. Deutschland braucht seine älteren Menschen, mehr denn je. Aus dem eben Gesagten geht nicht nur hervor, dass jeder Einzelne Verantwortung für die Entwicklung seiner Fähigkeiten im Alter hat, sondern auch die Wirtschaft ist gefordert. 41 % aller Betriebe beschäftigen niemanden über 50 Jahren. 15 % der deutschen Unternehmen erklären offen, dass sie grundsätzlich nicht bereit sind, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzustellen. Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, die Erwerbsquote von älteren Arbeitskräften bis 2010 auf 50 % zu steigern. In Deutschland sind wir davon noch weit entfernt. Gerade einmal 40 % der Menschen im Alter von 55 bis 64 Jahren sind erwerbstätig. In Japan arbeiten heute schon mehr als 60 % in dieser Altersgruppe. Die Wirtschaft wird sich stärker auf das Altern unserer Bevölkerung einstellen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben will. In den kommenden 32

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Noch nie in der Geschichte gab es so viele so ressourcenstarke ältere Menschen wie heute: Noch nie waren sie so gesund, so gebildet, hatten so viel Zeit und so viel Geld. Ältere Menschen stellen ein gewaltiges soziales Kapital in der Gesellschaft dar. Die meisten von ihnen wissen auch: Sie haben es gut gehabt in ihrem Leben, und viele sind durchaus bereit, etwas zurück zu geben. Der aktuelle Freiwilligensurvey zeigt, dass in den vergangenen Jahren das freiwillige Engagement bei den älteren Jahrgängen überproportional angestiegen ist; am stärksten – mit 6 % – bei den so genannten „jungen Alten“ zwischen 55 und 65 Jahren. Noch viel mehr ältere Menschen würden sich gern stärker gesellschaftlich einbringen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Dieses soziale Kapital bleibt noch allzu oft brachliegen. Aufgabe der Politik ist es deshalb, Strukturen und Räume zu schaffen, damit mehr Ältere nach ihrem Zeitbudget, ihren Neigungen und Fähigkeiten ehrenamtliche Aktivitäten ausfüllen können. Ich möchte Ihnen kurz vier Akzente skizzieren, mit denen die Bundesregierung gezielt in das Ehrenamt im Alter investiert. Ich möchte in dieser Legislaturperiode in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt in Deutschland ein Mehrgenerationenhaus schaffen. Stellen Sie sich ein Haus vor, in dem eine Menge Kinder herumtoben. Mütter oder Väter, Großväter und Großmütter sind hier, um sich bei der Kinderbetreuung gegenseitig zu unterstützen. BAGSO

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Kinder treffen hier ihre „Leihoma“, eine ältere Frau, die ihnen regelmäßig vorliest oder bei den Hausaufgaben hilft. Ein älterer Herr bringt Schülern das Schachspiel bei und bekommt im Gegenzug Hilfe beim Rasenmähen. Im Haus ist die Selbsthilfegruppe der Angehörigen von Demenzerkrankten ebenso wie die Seniorengruppe, die Schulkindern aus sozial benachteiligten Familien morgens und mittags eine Tafel bereitet. Einige Beispiele nur, aber so ähnlich sieht ein Mehrgenerationenhaus aus, ein Treffpunkt für Jung und Alt in der Nachbarschaft. Die Mehrgenerationenhäuser sind offen für alle Menschen im Stadtteil oder einer Gemeinde. Und es können aus der lokalen Gesellschaft auch jene „eingeladen“ werden, die keine Kinder haben oder deren Kinder weit entfernt leben. Mehrgenerationenhäuser führen Jung und Alt zusammen und nutzen dabei ganz gezielt die Kompetenz älterer Menschen. Ich möchte den Kreislauf des Gebens und Nehmens zwischen den Generationen stärker beleben. Ich bin überzeugt davon, dass die Frage, ob der gern beschworene Generationenkrieg nicht stattfindet, davon abhängt, wie es uns gelingt Strukturen zu schaffen, dass die Generationen sich im Alltag häufig und selbstverständlich begegnen. Wer als alter Mensch Kinder um sich hat, wird nicht durch ihren Lärm und das Gewusel irritiert sein, weil er es gewöhnt ist. Im Gegenteil, er wird sich an ihrer Lebhaftigkeit freuen und Anteil nehmen. Wer als junger Mensch Ältere um sich hat, wird an ihre teilweise Umständlichkeit und Langsamkeit gewöhnt sein, und sich über ihre Erfahrungs- und Geschichtenreichtum freuen und ihre Hilfe annehmen. Ich möchte mit Mehrgenerationenhäusern deshalb Orte schaffen, wo der Austausch zwischen den Generationen selbstverständlich möglich ist. Das Prinzip ist das der Gegenseitigkeit, nämlich dass möglichst viele Menschen sowohl geben als auch nehmen. Wenn der Staat nicht alles übernehmen soll in einer Gesellschaft des langen Lebens – und er kann dies nicht – dann ist es heute unsere Aufgabe, eben diese Strukturen zu schaffen, wo Menschen aus eigener Kraft, miteinander, in kluger Arbeitsteilung ihren Alltag gestalten können. 34

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Der CongressSaal war während der Festveranstaltung bis auf den letzten Platz besetzt. Zusätzlich erfolgte eine Übertragung in zwei weitere Säle. Foto: Aleksander Perkovic

Darauf zielt auch der zweite Akzent: das Modellprogramm „Selbstorganisation älterer Menschen“. Wir stellen mit diesem Instrument den Kommunen Beratungsangebote zur Verfügung, wie sie Einrichtungen und Dienstleistungen der Gemeinde, etwa soziale Dienste für alte Menschen, in die Selbstorganisation von Bürgerinnen und Bürgern – natürlich auch von alten Menschen – überführen können. Mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren - Organisationen planen wir einen gemeinsamen Schwerpunkt zum Thema „Partizipation“, der die Möglichkeiten Älterer zur Mitgestaltung und Mitverantwortung in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Inhalt haben wird. Ich freue auf die gemeinsame Arbeit! Mit dem bundesweiten Programm „Erfahrungswissen für Initiativen“ (EFI) fördert die Bundesregierung seit mehr als vier Jahren die Ausbildung von seniorTrainerinnen und seniorTrainern für Leitungsfunktionen im Bereich des freiwilligen Engagements. Sie begleiten und beraten freiwillige Initiativen jeden Alters. In den vergangenen vier Jahren wurden auf diese Weise rund 1.000 seniorTrainerinnen und seniorTrainer ausgebildet, die ihrerseits bereits mehr als 3.000 Projekte mit aufgebaut haben. Viele davon sind Projekte für und mit Kindern und Jugendlichen, beispielsweise in Schulen oder Kindergärten, für lernschwache Schüler oder zur Sprachförderung bei Kindern mit Migrationshintergrund. Das Prinzip ist hier, als älterer Mensch nicht BAGSO

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nur Zeit und Erfahrung zur Verfügung zu stellen, sondern selbst Motor für neue Aktivitäten zu sein. Schließlich erweitert mein Haus mit dem Modellprogramm generationsübergreifende Freiwilligendienste den bewährten Ansatz der Freiwilligendienste für Jugendliche auf alle Altersgruppen. In über 50 Projekten übernehmen Bürgerinnen und Bürger jeden Alters Verantwortung für Junge, für Alte, für Behinderte, oder auch für besonders belastete Familien. 4. Wer der Hilfe bedarf, muss sich auf die Gemeinschaft verlassen können. Aktuell sind nur etwa 5 % der älteren Menschen pflegebedürftig. Aber es wird in Zukunft mehr alte Menschen und Hochbetagte geben, die der Pflege bedürfen. Die Gruppe der über 90-Jährigen ist die am schnellsten wachsende Altersgruppe der Gesellschaft. Der Verlust von Identität und Handlungskontrolle ist ab einem bestimmten Alter eine Tatsache, der wir uns stellen müssen. Eine der wichtigsten Aufgaben wird deshalb sein: • wie wir Zuwendung und Pflege für immer mehr alte und hilfsbedürftige Menschen sichern;

„Sterben ist Leben, nämlich Leben vor dem Tod.“ Unsere Aufgabe ist es, diesen Prozess würdig zu gestalten. Wenn wir uns fragen, wie wir sterben möchten: Dann möchten die meisten in ihrer vertrauten Umgebung, im Kreise ihrer Angehörigen, sterben. Aber oft ist die Familie allein überfordert. Sei es, weil sie Angst hat, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein, sei es, weil die medizinischen Voraussetzungen dafür fehlen. Hier leisten Hospizwesen und Palliativmedizin wertvolle Dienste, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Wir dürfen nicht ausblenden, dass das Sterben seinen Raum und seine Zeit hat im Leben. Der Focus muss darauf gerichtet sein, die Zeit vor dem Tod möglichst schmerzfrei zu leben, Abschied zu nehmen, zurück zu blicken, aber sich auch die Frage: “Was kommt nach dem Tod?” gemeinsam mit anderen Menschen zu stellen. Ich weiß als Ärztin, wie wichtig das unumstößliche Vertrauen für Patienten ist, dass Ärzte das Leben schützen, alles dafür tun, Leiden zu mindern und keine Maßnahmen (z.B. Intensivapparate) gegen den Willen der Patienten einsetzen. Sterben ist ein Prozess, und er gehört zum Lebensweg dazu. Palliativmedizin und Hospizbewegung gehen diesen Weg. Meine Damen und Herren, der Deutsche Seniorentag wird zu all diesen Aspekten wichtige Impulse und Anstöße geben, da bin ich mir sicher. Für heute und die kommenden Tage wünsche ich Ihnen interessante und anregende Diskussionen. Vielen Dank!

• und wie wir auch denen ein Alter in Würde ermöglichen können, die vielleicht keine Familie mehr haben, die sich um sie kümmert. Ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung ist es deshalb, die Qualität der Pflege weiter zu verbessern. Insbesondere die häusliche Pflege muss gestärkt und die Entwicklung alternativer, innovativer Wohnund Betreuungsformen vorangetrieben werden. Die Maßnahmen der Bundesregierung orientieren sich an den Empfehlungen, die der Runde Tisch Pflege erarbeitet hat. Das betrifft • eine gezielte Förderung der Personalgewinnung, • die Entbürokratisierung der Pflege • und nicht zuletzt Themen der Palliativmedizin und der Hospizbewegung. 36

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1.1.4 Grußwort Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Im Namen der gesamten Landesregierung und vor allem auch im Namen unseres Ministerpräsidenten Herrn Dr. Jürgen Rüttgers heiße ich Sie bei uns in Nordrhein-Westfalen, hier in Köln, willkommen. Ich freue mich, dass Sie sich entschieden haben, nach knapp 20 Jahren wieder einen Deutschen Seniorentag in unserem Bundesland zu veranstalten. Aber gleichzeitig kann ich Ihnen zu dieser Wahl nur gratulieren. Denn die Region zwischen Aachen und Bielefeld ist für dieses Thema geradezu prädestiniert. BAGSO

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Demografischer Wandel Nordrhein-Westfalen ist zwar – im Vergleich zum Freistaat Bayern beispielsweise – noch relativ jung. Wir feiern in diesem Jahr gerade mal den 60. Geburtstag. Aber was die demografische Entwicklung angeht, so sind wir dem Bundestrend um einiges voraus. In der Kernregion unseres Landes, dem Ruhrgebiet, kann man bereits heute die Bevölkerungsstrukturen finden, die in anderen Teilen der Bundesrepublik erst in 25 Jahren Realität sein werden. Und: Schon jetzt gibt es in allen nordrhein-westfälischen Großstädten mehr über 70-Jährige als unter 7-Jährige. Das ist einer der Gründe, warum wir in Nordrhein-Westfalen ein Generationenministerium geschaffen haben. Ein Generationenministerium, was ist das denn? – mag sich manch einer fragen. Nun, mir ging es da vor knapp einem Jahr nicht anders. Denn genau das war auch meine Reaktion, als unser Ministerpräsident mich nach der gewonnenen Landtagswahl anrief und fragte, ob ich die Leitung eines solchen Hauses übernehmen möchte. • Wenn man sich allerdings mit dem Thema auseinandersetzt, • wenn man sich die Fakten anschaut, • wenn man bedenkt, wie unser Land in 20 Jahren aussehen wird, dann wird schnell klar: Dieses Ministerium ist ein Haus für Zukunftsaufgaben. Politik für die Zukunft Blicken wir doch einmal ein paar Jahre voraus: • Was passiert mit den Jüngeren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge – die sog. Babyboomer – in knapp 20 Jahren in Rente gehen? • Wie wird sich ein 18-jähriger fühlen, wenn die Menschen, die er auf der Straße sieht, in der Mehrzahl über 60 Jahre alt sind? • Welche Auswirkungen hat das, wenn plötzlich vielen Großeltern nur wenig Enkel gegenüber stehen? 38

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Fest steht: Der demografische Wandel hat weitreichende Konsequenzen. Bislang wurde das Thema fast ausschließlich unter Rentengesichtspunkten diskutiert. Aber hier geht es um weit mehr als um die Altersvorsorge. Es geht vor allem darum, • wie wir in Zukunft zusammen leben, • wie Alt und Jung miteinander umgehen, • wie sich das Verhältnis der Generationen zueinander entwickelt. Kurz gesagt: Hier geht es um Fragen des gesellschaftlichen Klimas. Und auf diese Fragen müssen wir Antworten finden. Mit dem bundesweit ersten und einzigen Generationenministerium will die Landesregierung, will ich als Minister deshalb Konzepte für unser Land und seine Einwohner entwickeln. Unser Leitbild ist ein Land für Jung und Alt und eine Politik für Jung und Alt. Oder anders ausgedrückt: Wir machen Politik für die Zukunft, in dem wir uns bereits heute mit den Herausforderungen von morgen auseinandersetzen. Unser Ziel dabei lautet: Entlang und innerhalb der Generationen dürfen keine neuen Konfliktlinien aufreißen, und bestehende Konflikte dürfen sich nicht verschärfen. Denn wer dem „Krieg der Generationen“ das Wort redet, der hat kein Interesse am Zusammenhalt der Gesellschaft. Uns aber geht es darum, dass in unserem Land alle Generationen gut leben können, dass sie ihre spezifischen Lebensstile verwirklichen können, aber auch miteinander im Gespräch bleiben und voneinander lernen. Denn hier geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Neue Sicht auf die Älteren Und unsere Zukunft – das belegen die Zahlen eindeutig – sind in wachsendem Maße ältere Menschen. Sie stellen bereits heute eine große Gruppe, und ihr Anteil an der Bevölkerung wird in den komBAGSO

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menden 25 Jahren nach Angaben der Statistiker noch deutlich steigen. Die Senioren sind also schon allein zahlenmäßig alles andere als eine Randgruppe, die man politisch oder gesellschaftlich vernachlässigen dürfte. Wir in Nordrhein-Westfalen wollen deshalb ganz gezielt den Blick auf die Älteren richten. Das wird bereits daran deutlich, dass wir das Thema „Seniorenpolitik“ nicht länger im Gesundheits- und Sozialministerium ansiedeln. Es könnte sonst der Eindruck entstehen, als sei Seniorenpolitik eher etwas, was ausschließlich mit Pflege, Gesundheit oder Krankheit zu tun hat. Nein, wir wollen das Spektrum erweitern und ältere Menschen in den Mittelpunkt rücken. Das ist etwas, was ich als „neue Sicht auf die Älteren“ bezeichne. Und diese veränderte Blickrichtung ist dringend notwendig. Denn bislang hat man sich hauptsächlich darauf konzentriert, die steigende Lebenserwartung und den wachsenden Anteil der Senioren rein statistisch zu erfassen.

Sehen wir uns doch einmal die ältere Generation an. Da sehe ich Senioren, die überwiegend in guten finanziellen Verhältnissen leben. Sie sind • leistungsfähig, • sportlich aktiv, • aufgeschlossen, um die Welt zu erkunden. • Sie kleiden sich modisch • und gehen mit frischem Elan an neue Aufgaben – für sich und andere – heran. Wir müssen also aufhören, „Alter“ automatisch mit „Defizit“ gleich zu setzen. Stattdessen sollten wir unseren Blick auf die Potenziale des Alters richten. Potenziale des Alters Arbeitsmarkt

Kaum jemand hat sich dagegen mit den qualitativen Veränderungen beschäftigt. Wendet man sich nämlich diesem Punkt zu, dann wird schnell klar, dass der demografische Wandel nicht nur Risiken, sondern auch Chancen birgt. Die neuen „Alten“ Fakt ist: Die Menschen in unserem Land werden nicht nur älter. Sie bleiben auch viel länger leistungsfähig als früher – sowohl geistig als auch körperlich. Aber in den meisten Köpfen ist das noch nicht angekommen. Sobald jemand aus dem Berufsleben ausscheidet, den Hammer oder den Bleistift aus der Hand gegeben hat, zählt er in den Augen vieler zum alten Eisen. Dabei sollten wir uns einmal bewusst machen, dass das gesetzliche Rentenalter noch aus der Kaiserzeit stammt. Damals haben die wenigsten Menschen allerdings diese Altersgrenze erreicht. Heute heißt „65“ nicht mehr, am Ende der Leistungsfähigkeit oder gar am Ende des Lebens zu stehen. Denn mit 66 Jahren fängt das Leben bekanntlich erst an. 40

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Das gilt vor allem für den Arbeitsmarkt. Denn Ältere können hier Potenziale beisteuern, über die Jüngere nicht – oder zumindest nicht in dem Maße – verfügen. Ich nenne hier beispielsweise Erfahrung, Gelassenheit, Zuverlässigkeit und Loyalität. Diese Eigenschaften entwickeln sich erst im Lauf eines Lebens. Und das macht ältere Arbeitnehmer so wertvoll für die Unternehmen. Hinzu kommt, dass sich die Altersstruktur in den Betrieben – bedingt durch den demografischen Wandel – grundlegend verändern wird. Schon um das Jahr 2015 – und bis dahin ist es nicht mehr lange – werden die 50- bis 65-Jährigen die größte Gruppe in den Belegschaften bilden, weil dann viel weniger jüngere Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Das heißt: Wir dürfen ältere Menschen nicht länger aus den Betrieben herausdrängen. Stattdessen müssen sich die Arbeitgeber bereits heute auf diese Entwicklung einstellen, indem sie altersgemischte Teams bilden, für gesunde Arbeitsbedingungen sorgen und ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterbilden. BAGSO

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Seniorenwirtschaft Doch nicht nur bei der Herstellung von Waren müssen wir uns umstellen und die Potenziale des Alters berücksichtigen. Nein, auch bei den Entwicklungen von Produkten und Dienstleistungen. Viele, die heute aus dem Erwerbsleben ausscheiden – oder kurz davor stehen –, haben gut verdient und viel gespart. So verfügt die Generation 50plus in Deutschland jährlich über eine Kaufkraft von rund 650 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass ältere Menschen mehr Zeit haben als früher, das Geld auch auszugeben. Und das tun sie auch: Die heutige Rentnergeneration ist die erste, die mehr Geldvermögen auflöst, als sie bildet. Allerdings gibt es bisher viel zu wenig Produkte und Serviceangebote für ältere Menschen. Dabei rechnet sich die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen für Senioren für beide Seiten: • Die Älteren profitieren, weil dadurch ihre Lebensqualität gesteigert wird

Die Seniorenwirtschaft kann damit einen wichtigen Beitrag zur Lissabon-Strategie der Europäischen Union leisten. Denn wenn wir das bislang noch brachliegende Potenzial nutzen, kommen wir dem Ziel, die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum zu machen, einen großen Schritt näher. Deshalb hat Nordrhein-Westfalen auch die Initiative zur Gründung eines „Seniorenwirtschaft-Netzwerkes der Europäischen Regionen“ ergriffen und dessen Leitung übernommen. Aber – und das ist mir wichtig zu betonen: Wenn ich diese Chancen aufzähle, geht es mir nicht darum, die Senioren auf ihren Geldbeutel zu reduzieren. Nein! Denn die wachsende Zahl der älteren Menschen birgt nicht nur Potenziale für die Wirtschaft. Darin liegt gerade auch eine Chance für die Senioren selbst. Sie verfügen mehr als jemals zuvor über Macht und Einflussmöglichkeiten, um den Markt von morgen zu bestimmen.

Foto: Dr. Stafan Raab

• und die Wirtschaft profitiert, weil dadurch Wachstum und Beschäftigung angekurbelt werden. Wir in Nordrhein-Westfalen haben deshalb die „Zukunftsinitiative Seniorenwirtschaft“ entwickelt: Wir setzen uns mit der Landesseniorenvertretung, den Wohlfahrtsverbänden und der nordrhein-westfälischen Wirtschaft an einen Tisch, um Angebot und Nachfrage zueinander zu bringen. Wenn es uns gelingt, das allein in Nordrhein-Westfalen vorhandene Potenzial zu nutzen, dann können wir in den nächsten Jahren bis zu 100.000 neue Arbeitsplätze schaffen – z. B.: • im Bereich der neuen Medien und der Telekommunikation, • bei Handel und Dienstleistungen,

Generationenminister Laschet begrüßte die Gäste im Namen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen.

• in Kultur, Sport und Tourismus, • oder auch im Wellness- und Gesundheitsbereich. 42

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Schlussbemerkung

1.1.5 Grußwort

Fest steht: Die Potenziale des Alters sind ein wichtiges Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen – auf europäischer Ebene genauso wie auf Bundes- und Landesebene. Aber: Ob es uns gelingt, die Chancen des Alters zu nutzen – sowohl für die Senioren selbst als auch für unsere Gesellschaft – das hängt vor allem davon ab, welchen Stellenwert dem demografischen Wandel in unseren Städten und Gemeinden eingeräumt wird: Also direkt dort, wo das Zusammenleben der Generationen im Alltag stattfindet. Viele nordrhein-westfälische Kommunen haben das bereits erkannt und beispielsweise Demografieräte oder Demografiebeauftragte eingerichtet und eine Vielzahl von Projekten angestoßen. Ich denke, dass Herr Oberbürgermeister Schramma uns dazu gleich noch etwas aus der Sicht der Stadt Köln berichten wird. Mir ist es jedoch noch wichtig, auf einen entscheidenden Punkt hinzuweisen. Städte, die sich bei der Planung von Wohnraum, öffentlichen Einrichtungen und Verkehrswegen auf den demografischen Wandel einstellen, in dem sie die steigende Zahl von älteren Menschen und deren Bedürfnisse berücksichtigen, sind nicht nur seniorenfreundlich. Sie sind auch kinder- und familienfreundlich. Denn alles, was älteren Menschen den Alltag erleichtert – wie barrierefreie Zugänge oder längere Ampelphasen – das kommt auch unseren Jüngsten zu Gute. Und darauf sollten unsere Anstrengungen auch letztlich abzielen: Dass alle Generationen in unserem Land • sich wohl fühlen, • aufeinander zugehen, • voneinander lernen. Kurz gesagt: Dass auch in Zukunft das Zusammenleben der Menschen von einer Kultur des Füreinander und Miteinander geprägt ist – und dass keiner außen vor bleibt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen drei interessante und erfolgreiche Tage hier bei uns in Nordrhein-Westfalen. 44

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Oberbürgermeister der Stadt Köln, Fritz Schramma von Christian Morgenstern stammt der Ausspruch: „Kein Glück ohne Gast.“ Gäste machen also glücklich. Die hochrangigen und engagierten Gäste, die der 8. Deutsche Seniorentag nach Köln führt, machen uns besonders glücklich. Darum freue ich mich sehr, Sie alle – auch im Namen von Rat und Verwaltung der Stadt Köln – zu diesem herausragenden Ereignis begrüßen zu können. Und ich bin stolz darauf, dass der 8. Deutsche Seniorentag in unserer schönen Stadt Köln stattfindet. Dieser Kongress hat schon im Vorfeld große Resonanz bei den Kölnern gefunden: in Bevölkerung und Politik, und bei den vielen engagierten Initiativen und Verbänden, von denen wir Ihnen einige im so genannten „Kölner Treff“ im Eingangsbereich des Congress-Centrums Ost präsentieren können. „ALTER ALS CHANCE“ – so lautet das Motto heute, und meine verehrten Vorredner haben die Chancen des Alters für die einzelnen Menschen und unsere Gesellschaft insgesamt aufgefächert, aber auch Herausforderungen und Aufgaben nicht verschwiegen. Der demografische Wandel betrifft die Städte und Kommunen unterschiedlich stark. Köln wird seine Bevölkerungszahl allen Prognosen nach bis zum Jahr 2040 durch zahlreiche Zuzüge sogar geringfügig steigern können. Trotzdem müssen wir uns auch hier in Köln frühzeitig mit der Veränderung der Altersstruktur auseinandersetzen. Die Entwicklungen betreffen praktisch alle Bereiche unseres Lebens, Wirtschafts- und Arbeitswelt, Wohnumfeld, Gesundheitswesen, Freizeitgestaltung, Pflege und Rentensystem. Die Einbeziehung der Dimension des Alterns in alle politischen Bereiche und die Gewährleistung der gesellschaftlichen Integration und Teilhabe älterer Menschen sehe ich als politische Verpflichtung an. BAGSO

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Denn es ist eine zentrale Frage unserer Kultur, ob auch unsere alten Mitbürgerinnen und Mitbürger zufrieden sind. Um die Chancen und Herausforderungen des demografischen Wandels in der Öffentlichkeit bewusst zu machen, findet in diesem Jahr das „Kölner Seniorenjahr 2006“ statt. Das gemeinschaftliche Projekt der Stadt Köln, der „Rundschau – Altenhilfe DIE GUTE TAT e.V.“ und der Universität zu Köln steht unter dem Motto: „Alter gemeinsam gestalten“. Denn genau das ist gefordert, wie wir eben von Herrn Bundespräsident Köhler gehört haben, das gemeinsame und generationsübergreifende Gestalten der Zukunft, in der die Gesellschaft immer älter wird. Darum richtet sich das Aktionsjahr auch an alle Kölnerinnen und Kölner, egal welchen Alters. Über eine Reihe von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Gesprächsrunden, Benefizkonzerten und Ausstellungen können Kontakte geknüpft und Anregungen gesammelt werden. Das eigene Älterwerden soll als Chance verstanden werden, als Möglichkeit für eine selbst bestimmte Weiterentwicklung und Lebensgestaltung. Frau Bundesministerin von der Leyen hat es bereits beschrieben: Viele Seniorinnen und Senioren sind bis ins hohe Alter aktiv, leistungsbereit und leistungsfähig. Sie wollen aktiv mitmachen, sich persönlich einbringen, Neues erfahren, sich austauschen, Anregungen sammeln, Kontakt mit Menschen haben, insbesondere auch mit der jüngeren Generation, kurzum – sie wollen weiterhin mitten im Leben stehen! Meine Damen und Herren, als Immanuel Kant, der große Philosoph aus Königsberg, fünfzig Jahre alt wurde, soll ihn angeblich der Festredner als „Ehrwürdiger Greis!“ angeredet haben. Das hinderte Kant nicht daran, noch mehr als 20 Jahre lang zu lehren. Und auch seine Hauptwerke schrieb er in einem weit höheren Alter. So machte er sich erst an die Metaphysik der Sitten, als er weit über 70 Jahre alt war. Viele Seniorinnen und Senioren sind ebenso lange aktiv und in der Lage, Großes zu schaffen. Unsere Gesellschaft braucht sie, die Senioren. Köln braucht ihre Erfahrung und ihre Klugheit, Köln braucht ihr Wissen um das, was wirklich zählt im Leben. Die aktive Seniorenpolitik in Köln hat zum Ziel, dieses 46

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Potenzial auszuschöpfen und das Leben in der Gemeinschaft zu fördern, um so Isolation und Ausgrenzung von älteren Mitmenschen zu vermeiden. Beteiligung, Selbstverantwortung und Solidarität sind ebenso zu stärken und anzuregen, wie Selbsthilfe, ehrenamtliche Arbeit, bürgerschaftliches Engagement und Nachbarschaftshilfe. Das bedeutet nach meinem Verständnis auch, dass engagierten Bürgerinnen und Bürgern, Seniorinnen und Senioren mehr Gestaltungsund Mitsprachemöglichkeiten im sozialen und politischen Raum gegeben werden muss. Daher ist mir die gute Zusammenarbeit der Kölner Sozialverwaltung mit den Wohlfahrtsverbänden und der gewählten Seniorenvertretung sehr wichtig. Als Beispiel für die engagierte Seniorenpolitik in unserer Stadt möchte ich die Seniorennetzwerke hervorheben. Sie haben vor vier Jahren in 12 Kölner Stadtteilen mit Hilfe der Verbände der freien Wohlfahrtspflege ihre Arbeit aufgenommen. Es sind Netzwerke für und mit Senioren, die das Leben in der Gemeinschaft fördern und Beteiligung, Selbstverantwortung und Solidarität stärken. Dadurch, dass sich die Seniorinnen und Senioren in den Netzwerken gegenseitig unterstützen, steigern sie selbst ihre Lebensqualität und fördern ihre Gesundheit und ihre gesellschaftliche Teilhabe. Experten gehen davon aus, dass alle Angebote der offenen Altenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die Pflegebedürftigkeit, präventiv und damit „pflege-bedarfssenkend“ wirken. Eine besondere Anerkennung erhielten die „Kölner Seniorennetzwerke“ durch die Auszeichnung mit dem Deutschen Präventionspreis, der von der Bertelsmannstiftung in Kooperation mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung verliehen wird. Durch die Einrichtung der Seniorennetzwerke in Köln wurden strukturelle Veränderungen geschaffen, die den hier lebenden älteren Menschen ein „kompetentes Alter(n)“ ermöglichen und neue Chancen im Alter erschließen. Es ist unser Ziel, die Netzwerkarbeit weiter zu erhalten und das soziale Netz für Seniorinnen und Senioren durch Optimierung vorhandener Mittel dauerhaft auszubauen. Dabei haben wir einen ParadigmenBAGSO

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wechsel vorgenommen. Um den Bedürfnissen der Senioren zu entsprechen müssen nicht neue Einrichtungen geschaffen werden. Flexible Angebote mit unterschiedlichsten Schwerpunkten und Zielen sind das Gebot der Stunde. Von Senioren wird heutzutage eine große Flexibilität gefordert. Wir sollten Ihnen mit der gleichen Flexibilität begegnen, wenn es um ihre Bedürfnisse geht. Und ich denke, dies sollte sich auch in der Ausbildung derer niederschlagen, die hauptberuflich mit den Bedürfnissen älterer Menschen konfrontiert sind. Meine Damen und Herren, Köln ist selbst eine Seniorin, Köln ist die älteste deutsche Großstadt und zugleich jung und dynamisch geblieben. In einem beliebten Lied der Bläck Fööss wird Köln besungen als „ewig junge Jungfrau“ und zugleich als „Ahle Möhn“. Darum ist Köln, wie ich finde, ein guter Ort, um den 8. Deutschen Seniorentag durchzuführen. Ich freue mich auf die Mitarbeit in den Workshops und auf die gemeinsame Feier, nicht ohne Kölsche Akzente morgen Abend. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg. Möge der Seniorentag dazu beitragen, dass wir immer mehr Chancen des Alters und der demografischen Entwicklung erkennen und dass wir sie nutzen.

1.1.6 Schlusswort Roswitha Verhülsdonk, BAGSO-Vorsitzende Sehr geehrte Damen und Herren, das war eine denkwürdige Eröffnungsveranstaltung für einen Deutschen Seniorentag. Wenn ich mich an frühere erinnere und darüber nachdenke, wie da über Alter gesprochen worden ist. Dann haben wir heute gemeinsam eine Sternstunde erlebt, dass Politik und Gesellschaft die Herausforderungen unserer Zeit erkannt haben, und nicht mehr mit Einzelaktionen zu reagieren versuchen, sondern mit Konzepten und Visionen. Ich habe dem Herrn Bundespräsidenten, bevor er gegangen ist, gesagt, dass er uns eine großartige Rede gehalten hat, die alle unsere intellektuellen Erwartungen erfüllt hat, die aber auch in ganz besonderem Maße unsere Herzen erreicht hat. Das war für uns alle eine erbauliche Sache. 48

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Liebe Frau von der Leyen, wir haben Sie heute Morgen als junge Frau in einer wichtigen politischen Verantwortung sehr sympathisch erlebt und haben erkannt, Sie wissen, was Sie tun. Mit den Aktionen, die Sie in dieser Legislaturperiode beginnen oder fortsetzen wollen, verfolgen Sie ein Konzept, in dem Sie Stein auf Stein setzen, um gemeinsam ein Bauwerk zu errichten, in dem eine ganze Gesellschaft leben und sich wohl fühlen kann. Wir wünschen Ihnen auf diesem Weg, dass Sie gut vorankommen, dass sie viele Steine aufrichten können, die dieses Bauwerk stabil machen und bieten Ihnen nochmals unsere Unterstützung an. Herr Laschet, als Sie eben von der Bühne kamen, habe ich Ihnen gesagt: „Hinter Ihrem Kopf stand unentwegt das Wort „Chance“. Sie haben Ihre Chance genutzt zu zeigen, dass der Generationenminister von Nordrhein-Westfalen auch weiß, was er tut und an welchem Strumpf er mitstrickt. Wir wünschen Ihrem Land mit Ihnen eine gute Zukunft, denn Sie wollen für die Menschen da sein. Der Oberbürgermeister von Köln, Herr Schramma, darf nochmals mitnehmen: Köln hat sich in einer hervorragenden Weise für uns als Gastgeber präsentiert, aber Köln ist auch eine vorbildliche Stadt im Hinblick auf die Lebensbedingungen der älteren Menschen, die hier leben. Ich möchte Ihnen eine Bitte mitgeben: Wenn ein Oberbürgermeister einer so großen, so alten Stadt wie Köln im Kreise des Deutschen Städtetages über die Themen, die wir heute behandeln, selber das Wort nimmt, dann werden Frau von der Leyen und die BAGSO es sicher in Zukunft ein Stück leichter haben, die Kommunen auf unsere Seite zu ziehen, wenn es darum geht, Lebensräume für ältere Menschen in diesen Gemeinden zu schaffen. Ich danke der Telekom-Band für die schmissige Musik. Ich muss sagen, ich bewundere die Damen und Herren, die jetzt hier oben zwei Stunden stehen und nicht wanken. Herzlichen Dank, es war eine tolle Sache. Mein Dank geht auch an die Medienvertreter, die ja sehr zahlreich hier sind. Ich möchte auch der Messeleitung danken, und allen, die hinter den Kulissen mitgewirkt haben. Das sind unendlich viele MenBAGSO

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schen, die auch Nächte zum Tag machen mussten, damit wir heute Morgen hier pünktlich beginnen konnten. Und ich möchte an die eigenen Mitarbeiter einen Dank richten, an Frau Dr. Neubauer und Frau Felscher, die insbesondere für das geistige Konzept verantwortlich waren, aber auch ganz stark für die Organisation. Und wir hatten noch nie so eine perfekte Organisation, wie in der Koelnmesse. Was einmal mit den technischen Möglichkeiten des Hauses zusammenhängt, zum anderen mit der Fleißarbeit des BAGSO-Teams bei der Vorbereitung. Ganz herzlichen Dank! Und er geht auch an die Ehrenamtlichen im Vorstand und in den Verbänden, die hier an den Ständen tätig. Einen Dank auch an die Aussteller. Ich wünsche uns allen bereichernde Tage. Und jetzt singen wir gemeinsam das BAGSO-Lied, dass von unserem Vorstandsmitglied Frieder Theysohn getextet und Herrn Huba vertont worden ist.

1.2 Ökumenischer Gottesdienst im Dom zu Köln „….. und eure Alten werden Träume haben“ (Apg 2, 17) Gottesdienstleitung: Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, Präses Nikolaus Schneider Musikalische Gestaltung: Ulrich Brüggemann (Domorgel), Posaunenchor der Ev. Kirchengemeinde Braunsfeld unter der Leitung von Michael Frangen, Dr. Stefan Altmeyer (Klarinette) Inhaltliche Gestaltung: Bundesforum Katholische Seniorenarbeit (BfKS), Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit (EAfA), Evangelische Kirche im Rheinland, Erzbistum Köln Ansprache Erzbischof Joachim Kardinal Meisner Liebe Schwestern, liebe Brüder! Wir sind heute im Kölner Dom zum Gottesdienst versammelt. Er ist das größte, und – als Erzbischof von Köln sage ich – er ist auch das schönste Gotteshaus in Deutschland. Darum freue ich mich, dass er gerade jetzt zum Ort der Begegnung des 8. Deutschen Seniorentages mit dem lebendigen Gott wird. Dieser Dom ist schon das dritte Gotteshaus an dieser Stelle. Der jetzige gotische Dom steht seit 758 Jahren. Hier merkt man, dass Alter und Schönheit miteinander korrespondieren. Der Dom sollte auch in dieser Stunde zu uns sprechen. 1. Das Wichtigste am Dom kann man nicht sehen, nicht anfassen und berühren, nämlich die Fundamente. Ohne diese Fundamente würden die Säulen hier vor uns nicht aufragen, die das hohe Gewölbe tragen. Es ist meist im Leben so, dass das Wichtigste, was uns trägt und stützt, nicht für unsere Augen sichtbar ist. Vor einigen Jahren begegnete mir bei einem Ferienaufenthalt in Bayern eine Gruppe älterer Leute, die ich freundlich mit „Grüß Gott“ begrüßte. Darauf sagte ein älterer Herr etwas provozierend zu mir: „Grüß Gott, wenn du ihn siehst!“ Ich bin darauf stehen geblieben und habe ebenfalls etwas provokativ entgegnet: „Haben Sie schon mal Ihren Verstand

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gesehen?“ Er lächelte und sagte: „Dann steht’s ja doch Eins zu Null für Sie!“ Na, Gott sei Dank! Denn wenn es das alles nicht gäbe, was wir nicht sehen, dann wäre es schlecht um die Welt bestellt: Es trägt uns das Erbarmen Gottes. Es trägt uns das Wohlwollen so vieler Menschen. Der Apostel Paulus sagt: „Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6,2). Er sagt nicht: „Einer werde des anderen Last“, sondern „Einer trage des anderen Last“. Und wer sich von Gottes Erbarmen getragen weiß, dem wird auch alles andere erträglich. Wir sind in Gottes Händen, und Gottes Hände sind gute Hände. 2. Zum Zweiten sprechen zu uns im Kölner Dom seine schönen großen und alten Fenster. Der Dom hat einen Hektar Glasfläche. Aber wenn Sie von außen am Dom vorbeigehen, bekommen sie vom Glanz der Fenster gar nichts mit. Man muss in den Dom hineingehen, wie wir jetzt, dann sieht man etwas von der Farbenpracht und Schönheit der Fenster im Dom. Es gibt ein Buch mit dem Titel: „Alle Herrlichkeit ist innerlich“. Die Glocken laden uns ein, den Kirchenraum zu betreten, um etwas von der Schönheit Gottes zu erfahren. Jesus sagt ausdrücklich: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Und wie ist er erst mitten unter uns, wenn dreihundert oder dreitausend oder – wie zum Weltjugendtag im August des vergangenen Jahres – eine Million versammelt sind! Dann ist er unter uns in einer Dichte, die uns glücklich macht. Man muss in den Innenraum der Kirche gehen, um etwas von der Herrlichkeit Gottes zu sehen. Aber jeder von uns ist auch ein Glied der Kirche. Und ich glaube, wir müssten wieder mehr in uns gehen, um dem Herrn in unserem eigenen Herzen zu begegnen. Der Apostel Paulus sagt das schöne Wort, das ich überaus liebe: „Euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott“ (Kol 3,3). Hier ist uns ein Reichtum in die Hand gegeben, den wir gar nicht hoch genug einschätzen können! Wir sollten von diesen erfahrenen Reichtümern den anderen mitteilen, besonders den Jüngeren. Was können wir den anderen Menschen von den Reichtümern Gottes schenken?

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Das sind eigentlich ganz einfache Dinge. Ich will zunächst einmal sagen: das gute Wort. Wir haben alle einen unerschöpflichen Reichtum an guten Worten. Warum sind wir oft so geizig im Verschenken von guten Worten? Das gute Wort verbindet und tröstet. Wer einen traurigen Menschen durch ein gutes Wort getröstet hat, der hat die Welt zum Positiven verändert. Und dann gibt es auch noch das hörende Ohr. Wenn man älter wird, wird auch das Hören schwieriger. Aber es gibt ja zum Glück so etwas wie Hörgeräte. Doch viele junge Menschen mit gutem Gehör haben kein hörendes Ohr. Sie reden nämlich immer nur von sich selber. Der Schöpfergott hat uns zwei Ohren und nur einen Mund gegeben, damit wir doppelt so viel hören wie reden. Und die Bendiktusregel, eines der wichtigsten Dokumente des christlichen Abendlandes, beginnt mit dem Satz: „Höre, mein Sohn! Höre, meine Tochter!“ Der Glaube kommt vom Hören. Ich gehöre dem, auf dessen Wort ich höre. Viele Menschen ersticken heute fast an sich selbst, weil sie niemanden haben, der ihnen mal zuhört. Ein verwundetes Herz muss sich einmal sauber bluten können, damit es wieder Heilung findet. Dazu brauchen wir ein hörendes Ohr. Eine weitere Möglichkeit, was wir einander schenken können, ist der gute Blick. Wir kennen alle das Wort: „Wenn Blicke töten könnten“. Aber der gute Blick ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen, den können wir uns in der Straßenbahn und im Zug schenken. Er signalisiert den anderen, dass sie von mir als Schwester oder Bruder erkannt und anerkannt sind. Schließlich gibt es noch die gute Hand. In unseren Händen pulst das warme Leben. Wenn ich meine Hand wärmend auf die Hand des anderen lege, dann ist schon eine Brücke gebaut, dann könnte ich ihm auch einmal etwas Ernstes sagen, was gesagt werden muss, und es wird ihn dann nicht mehr verletzen, denn es ist ja schon eine Verbindung von mir zu ihm geschlagen durch die gute Hand. Die Säulen im Dom tragen die sich entfaltenden Gewölbe. Jeder von uns ist eine solche Säule, die sich in der Güte und in der Liebe entfalten soll, wie die Gewölbe im Hohen Dom. BAGSO

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3. Als Drittes nenne ich noch die Domtürme. Wer sie von außen betrachtet, hat den Eindruck: Es sind zwei Finger, die sich in den Himmel recken, sodass sich zwischen ihnen die Figur des Buchstabens „V“ ergibt. Man kann das oft im Fernsehen sehen, wenn es um Auseinandersetzungen von Menschen geht: Die Unterlegenen halten dann trotzig zwei Finger (Mittel- und Zeigefinger) hoch und wollen damit sagen „Victory“, d.h. „Wir siegen“. Der Dom sagt mit seinem „Victory“, mit seinen Siegestürmen: „Nicht wir siegen, sondern Christus hat für uns gesiegt: über Sünde, Tod und Teufel“. Das ist für uns Menschen ganz wichtig! Früher sind die Menschen durchschnittlich nur 40 Jahre alt geworden, aber man hatte den Eindruck, sie hatten mehr Zeit, als wir heute. Ich glaube, ich kenne das Lebensgeheimnis unserer Vorfahren vor 300 Jahren. Das kann man auf eine Formel bringen: 40 plus Ewigkeit. Diese Formel schenkte ihnen viel Zeit in dieser Welt. Heute werden die meisten Menschen 90 Jahre und noch älter, aber sie haben alle keine Zeit, weil wir heute eine andere Lebensformel haben, die heißt: 90 plus Null. Dabei hat man keine Zeit, weil die Ewigkeit fehlt. Für die Menschen in früheren Zeiten gehörte die Ewigkeit selbstverständlich zum Leben mit dazu. Heute jedoch konzentrieren sie sich so sehr auf ihr gegenwärtiges Leben, als sei es für sie die letzte Gelegenheit. Weil sie dabei das höchste Glück erstreben, sind sie dazu verurteilt, das Vorteilhafte aus ihrem Leben herauszuholen und immer schneller zu leben. Das so forcierte Tempo hängt mit dem Verlust der Aussicht auf die Ewigkeit zusammen. Wir müssen wieder lernen, dass der Mensch mehr Zukunft als Gegenwart und Vergangenheit zusammen hat. Das heißt, der Mensch hat immer noch viel mehr vor sich, als bereits hinter sich. Und darum spielt doch das Alter überhaupt keine Rolle. Ob ich 88, 48 oder 18 Jahre alt bin – ich habe immer noch viel mehr vor mir, als bereits hinter mir. Denn der Tod ist nicht Endstation, sondern Umsteigestation von dem Leben in der Welt in das Leben des Himmels, wie wir es zeitlebens gebetet haben: „Wie im Himmel, so auf Erden“. Und der Tod ist darum nichts anderes als ein Hinübergehen von der einen Hand Gottes in die andere Hand Gottes. Das gibt uns den langen Atem, das lässt uns menschenwürdig leben. 54

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Wenn ein Mensch zur Welt kommt, dann weint er bittere Tränen, aber seine Mitwelt, die Eltern und die Angehörigen, freuen sich, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist. Und wenn der Mensch einmal heimgehen darf, dann sollte es genau umgekehrt sein, dann sollte sich derjenige freuen dürfen, der nun nach Hause geht in das Vaterhaus Gottes, in seine unermessliche Liebe. Und alle die, die er zurücklässt, sollten ein wenig um ihn weinen dürfen, weil er für sie eine schmerzliche Lücke hinterlässt. Im Leben der Gottesmutter Maria war das so. Wer einmal vor dem wunderschönen Marienaltar des Veit Stoß in der Marienkirche in Krakau gestanden hat, wird dieses Bild nie mehr vergessen können: wie Maria sterbend in die Arme der weinenden Apostel sinkt, aber mit einem österlichen Lächeln auf ihrem Antlitz. Warum war das bei ihr so? Ich meine, weil sie dort nicht fehlte, wo sie nötig war. Und das ist auch unser aller Berufung, dass wir jetzt als Seniorinnen und Senioren dort nicht fehlen, wo wir nötig sind: vor Gott, unter den Menschen und in der Welt. Amen. Foto: Tanja Evers

Präses Nikolaus Schneider und Erzbischof Joachim Kardinal Meisner beim Ökumenischen Gottesdienst im Kölner Dom.

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Ökumenischer Gottesdienst der Prophet Joel ankündigte, das geschah damals: Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und eure Töchter werden Propheten sein, eure jungen Männer werden Visionen haben und eure Alten werden Träume haben. Auch über meine Knechte und Mägde werde ich von meinem Geist ausgießen in jenen Tagen und sie werden Propheten sein.“

Predigt „….. und eure Alten werden Träume haben“ (Apg 2, 17) Präses Nikolaus Schneider Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde! „Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure jungen Männer werden Visionen haben und eure Alten werden Träume haben“ – diese Verheißung steht am Anfang der Kirche. Der Apostel Petrus hat dieses Zitat aus dem Buch des Propheten Joel in seine Pfingstpredigt aufgenommen, oder besser gesagt: der Geist Gottes hat Petrus dieses Prophetenwort in Herz, Sinn und Mund gelegt. Nach Jesu Kreuzigung, Auferweckung und Himmelfahrt befinden sich die Schülerinnen und Schüler Jesu in Jerusalem. Es ist die Zeit des jüdischen Wochenfestes. Das war die Feier der Offenbarung Gottes am Sinai. Israel feierte, dass Gott mit seinem Volk redet, dass er ihm die Thora mit den 10 Geboten und damit Erlaubnis und Orientierung für ein gelingendes Leben geschenkt hat. Nun ereignete sich die Erfüllung der Abschiedsverheißungen Jesu: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird...“. Was das Judentum feierte, nämlich das Geschenk des lebendigen Gespräches zwischen Gott und seinen Menschen, wird nun durch Christus für uns Nichtjüdinnen und -juden zugänglich: Gott gibt sich uns zu erkennen. Das ist das Evangelium, die frohe Botschaft. Im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu sollen wir Gottes Weg mit den Menschen erkennen, die Schrift verstehen und auslegen und den weiteren Weg Gottes mit seinen Menschen in der Zeit der Kirche begreifen. Dazu half damals, dazu hilft heute das Geschenk des Heiligen Geistes. Ergriffen von diesem Wort nimmt Petrus das Wort und hält seine erste Predigt. Am Anfang der Kirche steht also keine Gründungskonferenz, sondern eine Predigt, in der Gottes Geist sich als gegenwärtig und mächtig erweist, in der die Heilige Schrift ausgelegt wird. Was 56

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Der Geist Gottes, Gott selber also griff in die Geschichte ein, um diese neue geschichtsmächtige Bewegung in Gang zu setzen. Kirche – das war und ist die von Gottes Geist geschenkte neue Existenzweise und Organisationsform menschlichen Zusammenlebens. Grenzenüberschreitende Verständigung ermöglicht sie. Kirche lädt alle ein und kennt keine Vorbehalte aufgrund von Alter, Rasse oder Geschlecht. Nicht nur Sprachbarrieren werden vom Geist Gottes überwunden. In der Vollmacht des Heiligen Geistes werden gegenseitiges Verstehen und menschliche Gemeinschaft ermöglicht über die Grenzen sozialer Unterschiede hinweg. Und auch Generationenunterschiede wirken sich nicht länger ausschließend und trennend aus. Nicht wegen der Aufforderung, anständig und nett zu den Alten zu sein! Nein, sondern weil die Alten Träume haben so, wie die Jungen Visionen. Das Lebensalter spielt keine Rolle hinsichtlich der von Gottes Geist geschenkten Begabungen und Möglichkeiten. Alte und Junge sind gleich geachtet, in gleicher Weise gewürdigt und berufen als die Seinen, als seine Kirche. Deshalb soll es nicht nur in der Kirche keinen „clash of generations“ geben. Die Jungen sollen den Alten ihre Lebensmöglichkeiten nicht neiden und ihr eigenes Leben nicht durch Beschneiden der Lebenszeit der Alten bereichern wollen. Das geht nämlich gar nicht. Das führt in die Irre. Die Alten haben schließlich von Gott geschenkte Träume, die wir brauchen. Gott spricht durch sie zu uns. Damit wir alle leben können. Damit wir Zukunft haben. Die Träume der Alten eröffnen uns nämlich Zukunft, Hoffnung auf ein gelingendes Leben genauso gut und richtig wie die Visionen der Jungen. Wir brauchen sie wie die Luft zum Atmen, das Brot zum Essen und das Wasser zum Trinken. Menschliches Leben soll nicht durch BenutBAGSO

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zen oder Vernichten anderen menschlichen Lebens ermöglicht oder bereichert werden. Wir brauchen alle, Gott begabt alle mit seinem Geist! Der Apostel Petrus verbindet die Zusage aus der prophetischen Vision des Joel mit dem Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi. Das ist kein Zufall, sondern Wirken des Heiligen Geistes. Denn durch das in Jesus Christus offenbar gewordene Heilshandeln Gottes sind die Grenzen und Schranken des Todes überwunden. Christus ist auferstanden! Träume und Zukunftshoffnungen gelten über die Grenzen unseres vergänglichen Leibes und unsere schwindenden Geistesund Körperkräfte hinaus. Unser Leben wird durch Altern, Sterben und Tod nicht entwertet, unsere Worte behalten Gewicht, unsere Träume Kraft zur Zukunft! Gott braucht uns in jeder Lebensphase, deshalb ist jede Lebensphase für das Zusammenleben aller so wichtig. „Ich habe den Herrn beständig vor Augen. Er steht mir zur Rechten, ich wanke nicht. Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Zunge und auch mein Leib wird in sicherer Hoffnung ruhen; denn du gibst mich nicht der Unterwelt preis, noch lässt du deinen Frommen die Verwesung schauen.“ Die Alten sind als Alte gewürdigt und bewahrt. Sie müssen also nicht alles daran setzen, möglichst jugendlich zu sein oder zu erscheinen. Gerade so, wie sie sind, so sind sie richtig. Denn im Vertrauen auf Jesu Leben, Sterben und Auferstehen können wir den Sieg Gottes über die Macht des Todes besingen. Und in diesem Vertrauen können wir der Vergänglichkeit allen irdischen Lebens und deshalb auch der Vergänglichkeit unseres Lebens realistisch und zuversichtlich ins Auge sehen. Unsere Lust und Fähigkeit zum Träumen und Hoffen wird dadurch nicht gemindert.

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dort nimmt man vom Leben, was es gibt, nicht alles oder nichts, sondern Gutes und Böses, Wichtiges und Unwichtiges, Freude und Schmerz, dort hält man das Leben nicht krampfhaft fest, aber man wirft es auch nicht leichtsinnig fort, dort begnügt man sich mit der bemessenen Zeit und spricht nicht den irdischen Dingen Ewigkeit zu, dort lässt man dem Tod das begrenzte Recht, das er noch hat. Den neuen Menschen und die neue Welt aber erwartet man allein von jenseits des Todes her, von der Macht, die den Tod überwunden hat. Im Glauben, das heißt durch Vertrauen in die Macht Gottes, die den Tod überwunden hat, gewinnen wir die Kraft, als Alte zu träumen – für die Zukunft. Und wir gewinnen die Gelassenheit, das Alter – vor allem uns zu akzeptieren, wie wir sind. So können wir das Alter als Chance für neue Erfahrungen und Möglichkeiten begreifen und einbringen für ein gelingendes Leben auf dieser Erde. Dafür steht die Kirche Jesu Christi, die aus der ersten Predigt des Petrus heraus lebt, seine Verheißungen durch die Zeit trägt und auch heute glaubt, was Joel im Namen Gottes verspricht: „Eure Alten werden Träume haben - ich werde von meinem Geist ausgießen“ – auch heute. – Amen. Einleitung der Fürbitten Präses Nikolaus Schneider

Dietrich Bonhoeffer sagt das so:

Herr, unser Gott, wir tragen vor dich die Träume und Hoffnungen älterer Menschen. Wir kommen mit allem, was uns bewegt, zu dir, dem Gott des Lebens, und bitten dich um deinen Beistand.

Wo aber erkannt wird, dass die Macht des Todes gebrochen ist, wo das Wunder der Auferstehung und des neuen Lebens mitten in die Todeswelt hineinleuchtet, dort verlangt man vom Leben keine Ewigkeiten,

1. Wir denken an die Menschen, die das Alter genießen als eine Lebensphase mit neuen Chancen und ungeahnten Möglichkeiten. Erhalte ihre Lebensfreude und lass sie dadurch neue Wege zu sich selbst, zu anderen und zu dir finden. (Irmtraut Pütter)

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Gala im Gürzenich

2. Wir denken an die Menschen, die in den Ruhestand kommen und sich nutzlos, an den Rand gedrängt oder ausgegrenzt fühlen. Lass sie eine Aufgabe finden, die sie befriedigt und ihnen die Anerkennung bringt, die sie brauchen. (Roswitha Verhülsdonk)

Theaters Köln. Die 24 Ensemblemitglieder im Alter zwischen 61 und 90 Jahren zeigten unter der künstlerischen Leitung von Ingrid Berzau und Dieter Scholz selbst entwickelte Theaterszenen zum Thema Leben als älterer und alter Mensch. Mit einer heiteren Mischung aus Selbstbewusstsein und Selbstkritik sowie witzig umgesetzten Krankheits-, Kaffee- und Kuchenklischees zogen sie rasch das Publikum auf ihre Seite.

3. Wir denken an die kranken alten Menschen, die spüren, dass sie den Ansprüchen unserer Gesellschaft nach Leistungsfähigkeit und Jugendlichkeit nicht genügen und ihr Leben deshalb als Belastung empfinden. Lass ihnen Menschen begegnen, die ihnen Achtung und Wertschätzung entgegenbringen und nicht nur ihre Schwächen, sondern ihre Stärken und Kompetenzen sehen. (Irmtraut Pütter)

Foto: Anna Schenke

4. Wir denken an die nachfolgenden Generationen. Hilf uns, zu einem guten Miteinander aller Generationen unseren Beitrag zu leisten. Segne das Bemühen all derer, die sich für die Zukunft des Lebens, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, für weltweite Gerechtigkeit und Schritte zum Frieden einsetzen. (Roswitha Verhülsdonk)

Mit viel Schwung und Herz - Das AltentheaterEnsemble auf der Bühne im Gürzenich.

5. Wir denken an alle, die politische Verantwortung tragen. Dass sie sich einsetzen für eine menschliche, lebenswerte und zukunftsfähige Gesellschaft, in der alle ihren Platz haben. (Irmtraut Pütter) Abschluss der Fürbitten Erzbischof Kardinal Meisner Lebendiger Gott. Wir haben dir unsere Bitten vorgetragen. Noch vieles mehr bewegt uns, vieles, für das wir keine Worte finden. All dies nehmen wir mit hinein in das Gebet, das Jesus uns gelehrt hat.

Das Kölner Gürzenich bildete den feierlichen Rahmen für die Gala des Deutschen Seniorentages. „Mer fiere“ lautete das Motto des Abends, und das nahmen die rund 800 Besucherinnen und Besucher nach einem arbeitsreichen Veranstaltungstag wörtlich. Den Anfang machte das Altentheater-Ensemble des Freien Werkstatt 60

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Foto: Aleksander Perkovic

1.3 Gala im Gürzenich – „Mer fiere“

Die Talkrunde mit Dr. Rainer Landwehr, Markenvorstand von Nissan, und Eberhard Gebauer, Leiter Verbandsarbeit der Galeria Kaufhof, widmete sich dem Thema: Senioren als Kunden. Max Schautzer leitete dann zum Höhepunkt des Abends über: Der Auftritt der Bläck Fööss. Nach einem einstündigen Konzert und mehreren Zugaben standen nicht nur die Kölner Gala-Gäste klatschend und schunkelnd an ihren Plätzen, sondern die Begeisterung erfasste den gesamten Saal über alle regionalen Grenzen hinweg.

Sorgten für Stimmung mit „Kölschem Flair“: Die Bläck Fööss.

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Alter als Chance

Kongress

Gestaltung des Kongressprogrammes

2. KONGRESS

Das Kongressprogramm bildete das Herzstück des Deutschen Seniorentages. Es wird auf ehrenamtlicher Basis von der BAGSO mit ihren Verbänden und kooperierenden Partnern gestaltet. Die inhaltliche Abstimmung und Organisation erfolgte in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen durch die BAGSO-Geschäftsstelle.

Information, Unterhaltung und Bewegung: Der Kongress hatte für alle Seniorentagsbesucher und -besucherinnen das richtige Angebot.

Das Motto des Seniorentages „Alter als Chance“ wurde in den sieben parallel laufenden ganztägigen Foren mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen aufgegriffen. Für das Konzept und die Durchführung zeichneten jeweils zwei BAGSO-Verbände verantwortlich, weitere beteiligten sich mit Referaten und Praxisbeispielen. Insgesamt 43 Workshops – gestaltet von den BAGSO-Verbänden und weiteren Kooperationspartnern – präsentierten praxisnah Bewegungsangebote, Informationen zum Wohnen, Internet und vieles mehr.

Fotos: Tanja Evers

Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Vorstellung des Projektes mehrKultur55plus, das an allen drei Veranstaltungstagen vom Institut Bildung und Kultur präsentiert wurde. Das vom nordrhein-westfälischen Generationenministerium geförderte Projekt zeigte an zahlreichen Ständen in Theater- und Malpräsentationen sowie Vorträgen ein farbiges Kaleidoskop von Kulturangeboten für ältere Menschen. Weitere Höhepunkte während des Seniorentages zeigten die Veranstaltungen der Stadt Köln, die Fachtagung „social Inclusion“ sowie der Pilgerweg zahlreicher Gemeinden aus dem Erzbistum Köln. Im vorliegenden Programm wurden die einzelnen Workshopveranstaltungen nicht in der Reihenfolge des Programmes zum Deutschen Seniorentag 2006 abgedruckt, sondern jeweils inhaltlich dem Forum zugeordnet, dass diesen Themenbereich angeschnitten hat. Dadurch soll die Orientierung erleichtert werden, so dass auch die Workshops und Symposien zu speziellen Fragestellungen leicht zu finden sind.

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An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kölner Congress Centrums bedanken. Ein besonderes Dankeschön geht an das Team von Herrn Mangen und Herrn Buck, sowie an das sehr engagierte Technik-Team von König & Partner, die den reibungslosen Ablauf dieser Großveranstaltung erst ermöglichten.

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Alter als Chance

Alter als Chance für ein neues Verhältnis der Generationen

2.1.1 Forum A

Generationen

2.1

Kongress Verantwortlich: Kolpingwerk Deutschland, Volkssolidarität Bundesverband Mitwirkende: Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V., BMFSFJ, Deutscher Evangelischer Frauenbund/Amt für Jugendarbeit EKiR, Forum Gemeinschaftliches Wohnen - Bundesvereinigung e.V., IG Bauen, Agrar und Umwelt, Lebensbogen & doMS e.V., ViLE-Netzwerk

A1 Neue Qualität der Beziehungen zwischen den Generationen

A1 Neue Qualität der Beziehungen zwischen den Generationen

Moderation: Karl Michael Griffig, Kolpingwerk Deutschland • “Video der Generationen“ – filmischer Einstieg Jan Schmolling, Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland • Potenziale des Alters – Potenziale der Jugend Silvia Gregarek, Europäische Seniorenakademie, Ahaus • Krieg der Generationen – Freundschaft der Generationen? Streitgespräch zwischen Politikern verschiedener Generationen Otto Graebner, Bundesvorsitzender der AG SPD 60 plus, Bertold Bahner, Bundesvorsitzender der Liberalen Senioren, Hans-Peter Bröhl, Kreisvorsitzender der Jungen Union Köln

A2 Projektbeispiele lebendiger Generationensolidarität Moderation: Karl Michael Griffig, Kolpingwerk Deutschland • „Der Pate“ – Generationen als Partner Gabriele Wahlen, CENO Köln (Centrum für nachberufliche Orientierung) • „Kompetenzbörse für Jung und Alt im Lern-Austausch über das Internet (KOJALA) Markus Marquard, ViLE-Netzwerk, Ulm • „Neugier und noch mehr– Talk am Tisch“– Projekt zum Generationen-Dialog in der EKiR, Pfarrer Rüdiger Breer, Joergen Nieland

A3 Neue Lebens- und Wohnformen Moderation: Horst Riethausen, Volkssolidarität • Neue Wege: Rahmenbedingungen der Politik Rudolf Herweck, Abteilungsleiter BMFSFJ • Neue Wohnformen: Standpunkt der Wissenschaft Prof. Dr. Winfried Saup, Universität Augsburg • Unsere Erfahrungen mit generationsübergreifendem Wohnen Gerda Helbig, Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V. • Vernetzung von Angeboten: Erfahrungen eines Trägers Helmut Weißbrich, Geschäftsführer Volkssolidarität Pößneck e.V.

A4 Wohnen der Zukunft – Neue Wege für alle Generationen Moderation: Horst Riethausen, Volkssolidarität • Podiumsdiskussion mit Referenten von A3 sowie Monika Nolte, Lebensbogen & doMS e.V., Elke Aulich, Volkssolidarität gGmbH, Krumbholz-Villen, Karl-Heinz Vorbrücken, IG Bauen, Agrar und Umwelt

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Als Einstieg in die Thematik zeigte Jan Schmolling, stellvertretender Leiter des Kinder- und Jugendfilmzentrums in Remscheid, zwei preisgekrönte Filme aus dem Wettbewerb „Video der Generationen“. Hier werden unterschiedliche Generationen angesprochen, Filme aus ihrer Sicht zum Thema herzustellen. Oft sind bereits bei der Filmproduktion verschiedene Generationen beteiligt. Ansonsten beschäftigen sich die Beiträge inhaltlich mit dem Thema „Generationen“. Die Erfahrung zeigt, dass auf diese Weise der Blick für jeweils andere Generationen geschärft und Vorurteile abgebaut werden. Seit 1998 haben sich etwa 2.500 Personen an dem jährlich ausgeschriebenen Wettbewerb beteiligt. (Weitere Informationen unter: www.video-der-generationen.de ) In einem grundlegenden Referat beschäftigte sich die Diplom-Pädagogin Silvia Gregarek mit dem Thema „Potenziale des Alters – Potenziale der Jugend“. Die Frage einer neuen Qualität der Beziehungen zwischen den Generationen lässt sich nur vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse erläutern. Die heutige Gesellschaft wird durch zwei epochale Veränderungen bestimmt, den demografischen Wandel und den sozialen Wandel. Dabei bietet der Anstieg der älteren Bevölkerung und die Abnahme von Kindern und Jugendlichen nicht nur Probleme (Vergreisung, Rentenlast), sondern auch Chancen, wenn das Bild des Alters neu bestimmt und die Möglichkeit der Kommunikation zwischen den Generationen ausgebaut wird. Verkompliziert wird diese Entwicklung durch Effekte des sozialen Wandels, die mit Schlagworten wie Individualisierung, Komplexität, Pluralisierung und Globalität angedeutet werden. Das bedeutet auch, dass alle, sowohl jüngere als auch ältere Menschen, gezwungen sind, ihre Biografie lebenslang zu gestalten. Während jüngere Menschen in diese Prozesse hineinwachsen, stehen ältere Menschen vor der BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Des Weiteren haben ältere Menschen, aufgrund ihres längeren Lebens und aufgrund ihrer bereits vollzogenen Veränderungsprozesse in ihrem Lebenslauf, viele Lebenserfahrungen, während jüngere Menschen durch das spätere Hineinwachsen in die sich verändernde Gesellschaft ein Zukunftsgespür besitzen, das ältere Menschen in der Form nicht haben können. ... In einem neuen Verhältnis zwischen den Generationen geht es demnach für ältere Menschen darum, „Zukunft zu lernen und Erfahrung zu lehren“, während es für jüngere Menschen darum geht, „Zukunft zu lehren und Erfahrung zu lernen“. Behält man die genannten Zusammenhänge im Blick, wird in naher Zukunft eine größere Gruppe älterer Menschen mit einer kleineren Gruppe jüngerer Menschen diese Gesellschaft gestalten. Das bedeutet in Bezug auf „Zukunft und Erfahrung“, dass die größere Gruppe älterer Menschen ein grundlegendes Interesse an einem Austausch zwischen den Generationen entwickeln wird, will sie die Gesamtgesellschaft nicht von den globalen Modernisierungsprozessen abkoppeln und ihren eigenen gesellschaftlichen Entwicklungs- und Entfaltungspotenzialen im Wege stehen. Auf der anderen Seite wird die kleinere Gruppe jüngerer Menschen zum Erfahrungsaustausch und für ihre eigenen Lebens- und Arbeitszusammenhänge auf die größere Gruppe älterer Menschen angewiesen sein und deshalb ebenfalls den Austausch zwischen den Generationen suchen. Dies ist ein weiterer Prozess, der neue Chancen für das Verhältnis zwischen den Generationen beinhaltet. Wenn lebenslange Bildung und lebenslanges Lernen für alle Generationen zur Teilhabe an Kultur und Gesellschaft unabdingbar sind, 66

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dann bieten sich, als weitere neue Chance für das Verhältnis zwischen den Generationen, zukünftig auch Bildungs- und Lernprozesse an, in denen sich jüngere und ältere Menschen zunehmend begegnen werden.

Generationen Generationen

Aufgabe, auch im fortgeschrittenen Alter neu zu lernen. „Für ein neues Verhältnis zwischen den Generationen bedeutet das, dass eine stärkere Berücksichtigung von altersgemischten Wahlgruppen des gemeinsam Interessanten, unabhängig vom Alter, zunimmt. Dadurch wird Alter eine zunehmend nachrangige Kategorie. Viel entscheidender werden gemeinsame individuelle Interessen, gemeinsame Ziele, auch Lebensziele, ähnlich verlaufende biografische Abschnitte oder ähnliche Lebensformen. Dies ist ein Prozess, der neue Chancen für das Verhältnis zwischen den Generationen beinhaltet.

Das bedeutet, die Forderung nach lebenslanger Bildung und lebenslangem Lernen ist zugleich eine Forderung nach intergenerationeller Bildung und intergenerationellem Lernen, da lebenslange Bildung und lebenslanges Lernen intergenerationelle Bildung und intergenerationelles Lernen sind. Oder anders formuliert, lebenslanges Lernen kann sich nur intergenerationell verwirklichen.“ Den Abschluss des ersten Teils bildete ein Gespräch zwischen Politikern verschiedener Generationen und Parteien zum Thema „Krieg der Generationen – Freundschaft der Generationen?“ Es nahmen teil: • Berthold Bahner, Bundesvorsitzender der Liberalen Senioren, • Otto Graeber, Bundesvorsitzender der AG SPD 60plus, • Hans-Peter Bröhl, Kreisvorsitzender der Jungen Union, Köln. In einer ersten Runde wollten die Moderatoren Silvia Gregarek und Karl Michael Griffig wissen, wie weit sie aus ihrer eigenen Wahrnehmung Beispiele für einen drohenden Generationenkrieg sehen oder doch eher von einem freundschaftlich geprägten Miteinander der Generationen in Zukunft ausgehen. Dabei wird überwiegend die Meinung vertreten, dass der drohende Generationenkrieg eher ein Phänomen ist, das Medien heraufbeschwören, um damit Schlagzeilen zu produzieren. In der eigenen Familie, aber auch in der politischen Arbeit sind eher Beispiele für ein Miteinander und für gelebte Solidarität zwischen den Generationen zu finden. Auch die zweite Frage, inwieweit innerhalb der eigenen Partei ein Dialog zwischen den Jugend- und Seniorenorganisationen gelingt, wird überwiegend positiv beantwortet. Interessant ist der Hinweis, dass sich sogar oft Junge und Alte gegen die mittlere Generation verbünden, wenn es z. B. um die Besetzung von Listenplätzen oder die Aufstellung von Kandidaten geht. Die aktuelle Diskussion über familienpolitische Fragen und die fast BAGSO

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Alter als Chance zeitgleiche Veröffentlichung des Kinder- und Jugendberichtes, des Familienberichtes und des Altenberichtes wird als Chance gesehen, auch in der Politik auf den verschiedenen Ebenen den Generationenaspekt stärker in den Vordergrund zu rücken und von einer auf einzelne Lebensphasen oder Zielgruppen orientierten Politik wegzukommen.

ben selbst keine eigenen Kinder, so dass der Kontakt zu den Jugendlichen zum einen als Herausforderung, zum anderen aber auch als persönliche Bereicherung erlebt wird. Insgesamt wird eher von positiven Erfahrungen berichtet, wenn es gelingt, den Jugendlichen Mut zu machen, dass sie ihren eigenen Weg finden und auch die Herkunftsfamilien gut mit eingebunden werden.

Gerade der Familienbericht und der Altenbericht enthalten zu diesem Thema wichtige Ausführungen. Strittig wird dann doch noch das Thema „Zukunft der sozialen Sicherungssysteme“ diskutiert. Hier geht das Spektrum von Umbau und Stabilisierung des bestehenden Systems bis hin zu Forderungen nach einem radikalen Umbau, der nur deswegen nicht angegangen werde, weil man die Menschen als zukünftige Wähler nicht ehrlich über die drohenden Probleme informiert.

„Kompetenzbörse für Jung und Alt im Lern-Austausch über das Internet (KOJALA)“

A2 Projektbeispiele lebendiger Generationensolidarität „Der Pate“ – Generationen als Partner Gabriele Wahlen stellte das gleichnamige Projekt vor, dass in Trägerschaft von CENO (Centrum für nachberufliche Orientierung) Köln seit einigen Jahren durchgeführt wird. Zielgruppe sind zum einen Hauptschüler, die mit Hilfe von Paten den Übergang von der Schule in den Beruf besser bewältigen sollen, andererseits aktive Senioren, die Interesse und Zeit haben, sich als Paten um Jugendliche zu kümmern. Der Verein stellt eine Schulung und Begleitung der Paten sicher, da der Prozess vom gegenseitigen kennen lernen über die einzelnen Schritte der Begleitung bis hin zu einer Ablösung doch einiges an Einfühlungsvermögen und Kenntnis verlangt. Ergänzend berichteten drei Mitwirkende des Projektes im Gespräch mit Gabriele Wahlen über ihre Erfahrungen. In der Regel werden Mädchen von Frauen und Jungen von Männern begleitet. Die Senioren kommen in der Regel aus der bürgerlichen Mitte und schildern die Begegnung mit den Jugendlichen, die oft aus einem schwierigen Milieu kommen, als „Kulturschock“. Zwei der Gesprächspartner ha68

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Generationen Generationen

Kongress

Markus Marquard präsentierte dieses aktuelle Projekt aus Ulm, das gemeinsam vom Zentrum für Weiterbildung der Universität Ulm und dem Verein ViLE (Virtuelles Lernnetzwerk) getragen wird. Es bündelt Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren mit verschiedenen anderen Projekten generationsübergreifender Arbeit gemacht wurden, z. B. Alt hilft Jung, dem Partnerschaftsprojekt „BIFFY – Big Friends for Youngsters“ sowie einem generationsübergreifenden Projekt in der Umweltbildung. Das neue Projekt versucht einen Austausch über das Internet mit einer Vernetzung von Begegnungsmöglichkeiten und Kursangeboten zu verbinden, bei der verschiedene Einrichtungen wie Schulen, Jugendzentren, Seniorenzentren, Theater und Unternehmen beteiligt sind. Aufgrund der vielfältigen Kontakte im Raum Ulm gibt es erste viel versprechende Erfahrungen, dass dies gelingen kann. Als Beispiele aus dem neuen Projekt werden genannt: Erzählcafes, Zeitzeugenbefragung, Kompetenztraining von Personalfachleuten für Jugendliche, Mediennutzung im Dialog von Jung und Alt, Porträt zeichnen sowie Angebote zur Lebensorientierung in den Klassen 11 und 12 eines Gymnasiums. Markus Marquard wies darauf hin, dass sich ein lebendiger Austausch zwischen den Generationen nicht einfach dadurch ergibt, dass man die Menschen zusammenführt, sondern es muss in der Ausschreibung und Teilnehmergewinnung deutlich werden, dass das Projekt für alle Beteiligten einen Mehrwert hat. Dies wird noch einmal an verschiedenen Erfahrungen aus dem aktuellen Projekt erläutert. (Weitere Informationen unter: www.kojala.de oder www.vile-netzwerk.de) BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Pfarrer Rüdiger Breer und Joergen Nieland berichteten über Hintergründe und Erfahrungen mit diesem Projekt, das vom Jugendreferat der evangelischen Landeskirche im Rheinland konzipiert und in einem mehrjährigen Prozess in die Kirchenkreise und Gemeinden kommuniziert wurde. Es steht im Kontext einer Kampagne mit dem Titel „Klartext“, die sich um einen offenen Dialog zwischen den Generationen und um eine Vermittlung zwischen oft fremden Welten bemüht. Gleichzeitig will sich die Kirche als Lobby für die Jugendlichen profilieren und den Gemeinden Mut machen, auch hier einen Schwerpunkt zu setzen. Ein entsprechendes Arbeitsheft, das den Teilnehmenden des Forums zur Verfügung gestellt wird, berichtet ausführlich über die Hintergründe des Projektes und nennt konkrete Beispiele für Gesprächsanlässe und Themen: • • • • •

Seniorengruppen laden Jugendgruppen ein und umgekehrt, Jugendliche reden mit Zeitzeugen über geschichtliche Themen, Erwachsene leisten eine Art Coaching beim Einstieg in den Beruf, Austausch über den Umgang mit Zeit, Engagement im Bereich Freiwilligendienste.

Auch hier wurde betont, dass beide Seiten ein Interesse an der Behandlung des Themas oder an dem Erzielen eines Ergebnisses haben müssen, damit das Projekt ein Erfolg wird. Gerade Jugendliche sind sehr sensibel, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Anliegen und Einstellungen nicht wirklich ernst genommen werden. Daher wird auch den Erwachsenen in den Gemeinden empfohlen, im Vorfeld genauer die Motivation und die Ziele zu klären.

A3 Neue Lebens- und Wohnformen Horst Riethausen gab den Einstieg zum Thema und verwies darauf, dass neue Wohn- und Betreuungskonzepte notwendig sind, um den gesellschaftlichen Anforderungen bzw. Herausforderungen der nächsten Jahre gerecht werden zu können. 70

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Neue Wege: Rahmenbedingungen der Politik

Generationen

„Neugier und noch mehr – Talk am Tisch“ – Ein Projekt zum Generationen-Dialog in der evangelischen Kirche

Rudolf Herweck, Abteilungsleiter im BMFSFJ, referierte über die durch die Politik zu gestaltenden Rahmenbedingungen. Er hob hervor, dass schon der Titel des Forums symbolisiert, welche Herausforderungen in der Alten- und Gesellschaftspolitik in den nächsten Jahrzehnten zu meistern sind. Der unterschiedliche Blick, der auf dieses Thema geworfen wird, macht deutlich, dass es sich dabei um eine Gemeinschaftsaufgabe von Gesellschaft und Politik handelt. Er stellte heraus, dass der Bund nur begrenzte Kompetenzen zur Gestaltung und zum Eingreifen hat, und dass die maßgeblichen Weichenstellungen in den Ländern und Kommunen erfolgen müssen. Dabei verwies er besonders auf die Landesbauordnung, die soziale Wohnungsbauförderung und die Bedarfs- und Altenhilfeplanung auf kommunaler Ebene. In einer zahlenmäßig geringeren und im Durchschnitt älteren Bevölkerung stehen sich immer weniger Jüngere und immer mehr Ältere gegenüber. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zukunftsaufgaben werden von weniger und im Durchschnitt älteren Menschen bewältigt werden müssen. Darin sieht er für die ältere Generation die Chance, einen wichtigen Beitrag zur Neujustierung des Generationenverhältnisses, zur Gestaltung des Gemeinwesens und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten. Nach seiner Auffassung besteht dadurch die große Chance, das Altersbild endlich zu korrigieren, es modern und realistisch zu gestalten und den Belastungsdiskurs durch einen Diskurs über die Chancen und Potenziale des Alters abzulösen. Rudolf Herweck würdigte das Engagement von Menschen, wie u. a. von Gerda Helbig sowie deren Vereine, ohne die eine Zivilgesellschaft nicht funktionieren kann. Die Großfamilie alter Prägung existiert nicht mehr, insofern müssen den sich verändernden Familienmustern, Lebens- und Arbeitsbedingungen entsprechende Angebote gegenüber gestellt werden. BAGSO

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Alter als Chance Dazu gehört auch das vom BMFSFJ im Jahr 2006 gestartete „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser“. Dieses Programm soll einen konkreten und nachhaltigen Weg aufzeigen, wie die Bindungen zwischen den Generationen gefestigt und die Gesellschaft für Jung und Alt zukunftsfähig gestaltet werden kann. Vorgesehen ist, bis zum Jahr 2010 in allen Landkreisen und kreisfreien Städten insgesamt mehr als 400 solcher Häuser aufzubauen. Die Herausforderungen für die Zukunft sind auch mit der Frage zu umschreiben, „Was passiert, wenn nichts passiert?“

neue Konzeptideen (z. B. „Das intelligente Heim“) fördern, Verbesserung des Heimrechtes und der damit verbundenen Frage, wer künftig die Zuständigkeit dafür hat.

Dazu wurden drei Leitlinien benannt:

Das sind:

1. Wenn es gelingt, möglichst vielen älteren Menschen altersgerechte Wohnungen, Wohnungen ohne Hindernisse zur Verfügung zu stellen, dann wird ihr Verbleib in der eigenen Wohnung auch nicht an Kleinigkeiten scheitern.

• individuelle (z. B. Privathaushalte), • gemeinschaftliche (z. B. Hausgemeinschaften, betreutes Wohnen),

2. Wenn es gelingt, ältere Menschen in ihrer Wohnung und ihrem Wohnumfeld Anregungen zu geben, ihnen ein Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, dann ist das auch die beste soziale Prävention.

Anhand neuerer Daten beschrieb er die Wohnsituation älterer Menschen:

3. Wenn es gelingt, ältere Menschen die Unterstützung zu geben, die sie bei Hilfe- und Pflegebedürftigkeit brauchen, dann wird das auch dazu beitragen, nicht notwendige Heimübertritte zu vermeiden.

• Die „normale“ Wohnung im Privathaushalt überwiegt gegenüber anderen Wohnformen.

Dabei geht es nicht um eine „Pflegeheimlose Stadt“, es geht vielmehr um eine sinnvolle Balance aus häuslicher und stationärer Pflege.

• In Deutschland leben rund 160.000 ältere Menschen in ca. 4.500 Einrichtungen des betreuten Wohnens. Das durchschnittliche Alter bei Einzug liegt bei 78 Jahren.

Welches sind die konkreten Aktivitäten und Vorhaben?

Neue Wohnformen: Standpunkte der Wissenschaft Prof. Winfried Saup begann seinen Vortrag mit der Feststellung, „Das Alter hat viele Gesichter, aber auch ein breites Spektrum unterschiedlicher Wohnformen“.

• institutionelle (z. B. Altenpflegeheime, Seniorenresidenzen).

• Die Mehrzahl lebt in privaten Haushalten.

• Fast 95 % der älteren Menschen leben selbstständig als Wohnungsmieter oder Eigentümer.

• Jeder fünfte Hoch- und Höchstbetagte wohnt im Heim. In Alten- und Altenpflegeheimen leben rund 4 bis 6 % der Bevölkerung ab dem 65. Lebensjahr.

1. Modellhafte Bauförderung. 2. Wohnen und das Thema: „Wirtschaftskraft Alter“. 3. Modellprojekt: „Neues Wohnen – Beratung und Kooperation für mehr Lebensqualität im Alter“. Im Blickpunkt weiterer Überlegungen steht der Abbau von Bürokratie, d. h. gemeinsam mit den Ländern unnötige Vorschriften beseitigen, 72

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• Noch wenige – aber immer mehr – Ältere wohnen in gemeinschaftlichen Wohnprojekten. • Immer mehr Senioren interessieren sich für Wohngemeinschaften und Hausgemeinschaften. • Senioren wollen grundsätzlich „Wohnen wie gewohnt“! BAGSO

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• Wohnen im Privathaushalt wird auch von Hochaltrigen eindeutig einer Heimunterbringung vorgezogen. • Altersgemischte Wohnumgebung wird gegenüber einem altershomogenen Wohnumfeld bevorzugt. • Besondere Attraktivität hat in den vergangenen Jahren das „betreute Wohnen“ gewonnen. Was ist älteren Menschen im Zusammenhang mit dem Wohnen wichtig? • Selbstständige Haushaltsführung. • Sicherheit im alltäglichen Lebensvollzug.

Erfahrungen mit generationsübergreifenden Wohnprojekten

Generationen

• Dominant ist der Wunsch nach Unabhängigkeit und selbstständiger Lebensführung.

Gerda Helbig, Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V., sprach über den Stellenwert generationsübergreifender Wohnprojekte: „Die Wohninitiativen wollen nicht nur Isolation und Vereinsamung im Alter vorbeugen. Sie kreieren neue, positive Altersbilder und fördern das Miteinander der Generationen und unterschiedlicher Familien-, Arbeits- und Lebenszusammenhänge. Als überschaubare, soziale Gebilde tragen sie zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität sowie der Wahl- und Entscheidungsmöglichkeit des Einzelnen bei. Sie verhindern Vereinsamung, fördern zwischenmenschliche und soziale Mitverantwortung und Mitgestaltung alter und junger Menschen, sie bauen Brücken zwischen gesellschaftlichen Gruppen und schaffen soziale Netzwerke“. Die Geschäfts- und Beratungsstelle bearbeitet täglich Anfragen in denen es um Gemeinschaftliches Wohnen unterschiedlichster Formen und Vorstellungen geht. Im Jahr 2005 waren dies etwa 10.200 Anfragen (1999 waren es nur 2.000). Als Anlass für die Menschen, sich mit diesem Thema zu befassen, werden altergruppenspezifische Gründe angegeben (Auswahl):

• Soziale Einbettung in Kontaktnetzwerke. • Wohnkomfort. • Vorsorge für und Versorgung in Notfallsituationen. Was sind „Neue Wohnformen im Alter“? 1. Das betreute Wohnen.

Altersgruppe ca. 65plus

2. Gemeinschaftliche Wohnprojekte.

• Angst vor Vereinsamung.

3. Das im Alter anpassbare Mehrfamilienhaus. 4. Normales Wohnen auch im Alter – Mehrfamilienhaus .

• Angst davor, dass eventuelle notwendige Unterstützungsleistungen nicht quartiernah vorhanden und/oder unbezahlbar sein werden.

Fazit:

Altersgruppe ca. 50plus

Es braucht nicht immer „große“ Wohnanlagen oder eine Modellförderung des Bundes. Intelligente, kreative Planungen, auch in kleinerem Rahmen, lassen sich gut und funktionstüchtig realisieren.

• Neue Lebensformen mit neuen Aufgaben finden. • Einen Beitrag zu gesellschaftlichen Problemen leisten, u. a. die jüngere Generation entlasten. Jüngeren Menschen und jungen Familien geht es um • Konzepte, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen.

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Alter als Chance

Kongress • bezahlbare, z. T. einkommensabhängige, Wohnungen anzubieten,

Das Wohnen in Gemeinschaften ist wichtiger Bestandteil des Lebens. Darüber hinaus sind eigene familiäre und freundschaftliche Verbindungen, Außenkontakte sowie eigene Interessen bedeutungsvoll und zu berücksichtigen. Vernetzung von Angeboten: Erfahrungen eines Trägers Helmut Weißbrich, Geschäftsführer des Kreisverbandes der Volkssolidarität Pößneck e.V., brachte u. a. zum Ausdruck, dass es notwendig ist, viele Fragen neu und anders anzugehen. Dazu bedurfte es der Eigeninitiative der Verantwortlichen im Vorstand und der Geschäftsführung, aber auch der engen Zusammenarbeit mit den Kommunen und der Politik. Auch im Bereich des Wohnens wurden die Weichen neu gestellt. Der Vorstand beschloss, durch den Verband ein Konzept für ein Netzwerk der Betreuung und Pflege von – vor allem älteren Menschen – aufzubauen. Dazu mussten die Fragen, „Was wollen wir?“, „Was können wir?“ und „Wie wollen wir es?“, beantwortet werden. Mit viel Eigeninitiative, Risikobereitschaft und sinnvoller Partnerschaft, wurden die Projekte geplant und schrittweise umgesetzt. So entstanden ein neues Pflegeheim – als Dreh- und Angelpunkt –, gruppenbetreutes Wohnen, eine Wohnanlage (120 WE), ein Kinderzentrum und ein Mädchenheim. Dieses „Netzwerk“ trug und trägt maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens der betroffenen Menschen bei und ist für die gesamte Region ein wichtiger Impuls. Es hat über die Kreisgrenzen hinaus große Anerkennung gefunden und dient als „Vorzeigeprojekt“. Mit diesen Projekten kann der Verband für sich und sein Einzugsgebiet die gesetzten Ansprüche erfüllen,

Generationen

• Konzepte für Wohnprojekte als bezahlbare Altersvorsorge.

• sichere und unter ökologischen Gesichtspunkten gebaute Anlagen für die Zukunft zu erstellen.

A4 Podiumsdiskussion „Wohnen mit Zukunft – Neue Wege für alle Generationen“ An der Podiumsdiskussion nahmen neben den Referenten aus dem Block A3 folgende Personen teil: Monika Nolte, Verein Lebensbogen & doMS e.V., Elke Aulich, Volkssolidarität Sachsen-Anhalt e.V., KarlHeinz Vorbrücken, IG Bauen, Agrar und Umwelt. Im „Frage und Antwortspiel“ wurden folgende Themen behandelt (Auszüge): • Niedrigschwellige Angebote müssen ausgebaut werden. • Man kann und sollte auch im Alter und bei Krankheit in Normalität leben. • Umbau zweier alter Stadtvillen zur Einrichtung der vierten Generation (Demenzkranke) als Pilotprojekt, gefördert durch das BMFSFJ. • Rund um das Wohnen gibt es den Wachstumsmarkt „Seniorenwirtschaft“; Hersteller und Nutzer sollen zusammen geführt werden. • Die Transparenz der Finanzierung des betreuten Wohnens (Grundund Betreuungspauschale) wurde eingefordert. • Die Zuständigkeit für die Beantragung von Fördermitteln für die Mehrgenerationenhäuser liegt beim BMFSFJ, den Landkreisen und Gemeinden. • Einbindung von Ausländern in geeignete „Migrationsprojekte“. Protokollführung A1/A2: Petra Heusler, A3/4: Adelheit Wendrich Teilnehmerzahl: A1: 100, A2: 80, A3: 490, A4: 420

• für die Menschen als Partner und kompetenter Dienstleister da zu sein und zu agieren, 76

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Kongress

FORUM A: FORDERUNGEN

Verantwortlich: Volkshochschule (VHS) Hamm, Elisabeth-Lüders-Berufskolleg Mitwirkende: Bernd Lammers (VHS), Andrea Brechmann, Karl-Heinz Wolf und weitere Mitwirkende des PC-Clubs

1. In einer älter werdenden Gesellschaft wird es zunehmend wichtiger, die Potenziale des Alters und die Potenziale der Jugend nutzbar zu machen. Dazu sind entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, z. B. durch Schaffung flexibler Übergänge beim Eintritt in die und beim Ausscheiden aus der Erwerbsarbeitswelt. 2. Generationsübergreifendes Lernen und lebendiger Erfahrungsaustausch tragen dazu bei, dass die Solidarität zwischen den Generationen gestärkt wird. Deshalb sind entsprechende Projekte, die einen solchen Austausch ermöglichen, wie die jetzt geplanten „Mehrgenerationenhäuser“, nicht nur modellhaft, sondern dauerhaft zu fördern. 3. Neue Lebens- und Wohnformen müssen sich den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen anpassen. Die Angebote sind entsprechend den verändernden Familienmustern, Lebens- und Arbeitsbedingungen zu gestalten. Die vorhandenen bzw. neu zu entwickelnden Angebote müssen für die Menschen zukunftssicher und bezahlbar sein. 4. Neben den notwendigen Modellförderungen (auch durch den Bund) bedarf es intelligenter, kreativer Planungen und sich daraus ableitender Wohnprojekte auch im „kleineren Rahmen“. Das Zusammenwirken und die Mitsprache aller „Beteiligten“ (Bürgerinnen und Bürger, Verbände, Wohnungsbaugesellschaften, Kommunen, Interessengruppen, Architekten usw.) ist mehr als bisher zu gewährleisten.

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Generationen

2.1.2 Generationen lernen

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Der Workshop sollte das Kooperationsprojekt des Elisabeth-LüdersBerufskollegs und der VHS Hamm „Generationen lernen“ vorstellen und auf Basis der vorliegenden Erfahrungen ein Entwicklungsraster für die Implementierung eines solchen Projektes aufzeigen. Der Kern des Projektes: Unser PC-Club Seniorinnen und Senioren, Schülerinnen und Schüler aus der 12. Jahrgangsstufe der gymnasialen Oberstufe arbeiten gemeinsam im Internet. Inhalte: WORD (Erstellen von Flyern, Einladungen, Serienbriefe, Geschäftskorrespondenz), Internet (Recherchen, E-Mail, InternetBanking, E-Commerce), PowerPoint (Präsentationen für Ostern, Weihnachten, etc.), Excel (z. B. Erstellen eines Kassenbuches, Lohnabrechnungen, Rechnungsvordrucke). Schüler als Lehrer: Englisch für Senioren Ein Englischkurs wird von Schülerinnen und Schülern der Fachoberschule für Seniorinnen und Senioren durchgeführt. In didaktischer und methodischer Hinsicht werden sie durch eine Lehrkraft beraten. Einzelveranstaltungen Verschiedene Themen, wie z. B. Kriegsende, Zivilcourage, Beziehung in Partnerschaften gestern und heute ergänzen inzwischen als Einzelthemen das Projekt „Generationen lernen“, in der Anfangsphase hatten sie eher Impulscharakter.

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• Ideenbörse Die Gruppe mit einer Projektabsicht eröffnet eine Ideenbörse. Bei der Auswahl der umsetzbaren Projektideen ist es wichtig, die eigenen Ressourcen zu berücksichtigen. Aus dieser Ideenbörse lässt sich die Konzeptidee entwickeln. • Konzeptidee entwickeln. • Gewinnung weiterer Interessierter. Die Rekrutierung findet am Anfang noch über persönliche Ansprache statt, erst nach erfolgter Publizierung ist eine Mitarbeiterwerbung über die Öffentlichkeitsarbeit möglich. • Partnersuche – Nutzung vorhandener Netzwerke und Netzwerkentwicklung. Bereits bestehende Netzwerke, z. B. von Kirchengemeinden, Trägergemeinschaften verschiedener Institutionen, Volkshochschulen, Schulen etc. sind für generationsübergreifende Projekte zu nutzen. Häufig existieren bereits Kontakte zwischen Grundschulen und Kirchengemeinden, Kindergärten und Altenheimen etc.. Schulen und Kindertageseinrichtungen sind als Partner von Seniorenorganisationen gut geeignet.

rinnen und Schülern als Beleg für bürgerschaftliches Engagement mit dem Zeugnis ausgehändigt wird.

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Wie kann ich ein Projekt des intergenerationellen Lernens entwickeln?

• Projekteinstieg über Tagesseminare: Beim Einstieg in generationsübergreifendes Lernen bietet sich ein Tagesseminar in Form eines Workshops an. Geeignet sind hier geschichtliche oder politische Themen, aber auch Themen aus den Bereichen Erziehung, Familie etc.. Die beiden miteinander arbeitenden Gruppen sollten dann aus ihrer eigenen Institution heraus auf das Thema vorbereitet werden, so sind u. a. Frage- und Problemstellungen zu entwickeln und Kommunikationsanlässe vorzubereiten. Der Rolle des Moderators kommt eine besondere Verantwortung zu. • Projektmarketing ist für das Überleben des Projekts unverzichtbar. In einer regen Diskussion setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Möglichkeiten der Entwicklung eines solchen Projekts auseinander. Protokollführung: Bernd Lammers Teilnehmerzahl: 26

• Konkrete Umsetzung. Mit dem Kooperationspartner wird das konkrete Konzept entwickelt. Die wesentliche Voraussetzung für das Gelingen und den längerfristigen Erfolg generationsübergreifender Arbeit und Lernen ist die gut abgestimmte Planung. • Projekte sollten sich immer mit Themen oder Gegenständen befassen, der Kontakt zwischen beiden Gruppen entsteht dann von allein. Projekte, die im Focus lediglich einen Kontaktaufbau haben, dienen einem Selbstzweck; ein Scheitern ist damit wahrscheinlich. • Projekt bedeutet nicht eine „unendliche Geschichte“, sondern eine zeitliche Befristung, die Optionen auf eine Fortsetzung enthält. Für die Bereitschaft zum Engagement ist es wichtig, dass man sich nicht auf unabsehbare Zeit verpflichten muss. • Für die Arbeit mit schulischen Gruppen bietet es sich an, die Lehrkräfte zur Verteilung eines Zertifikats zu animieren, das den Schüle80

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Alter als Chance für die Übernahme politischer Verantwortung

Verantwortlich: Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesseniorenvertretungen (BAG LSV), Deutscher Senioren Ring (DSR) Mitwirkende: Arbeitsgemeinschaft SPD 60plus, BAGSO, BAK Arbeit und Leben, Büro gegen Altersdiskriminierung, GEW-Bundesseniorenausschuss, JAHRESRINGE Gesamtverband, Liberale Senioren Lis@, Seniorenarbeitsgemeinschaft der Linkspartei.PDS, Volkssolidarität Bundesverband

2.2.1 Forum B B1 Chancen ergreifen Moderation: Dr. Uta Renn, Vorsitzende der Landesseniorenvertretung NRW • Übernahme politischer Verantwortung – wie viel gesteht die Politik Senioren zu? Podiumsdiskussion mit: Marlis Bredehorst, Dezernentin für Soziales und Senioren der Stadt Köln Brigitte Paetow, Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Mecklenburg-Vorpommern Mia-Elisabeth Krüger, Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Sachsen Helga Stumm, LSV Thüringen

B2 Kommunalpolitiker im Kreuzverhör – zum Stellenwert der Seniorenarbeit Moderation: Elvira-Barbara Sawade, Deutscher Senioren Ring • Podiumsdiskussion mit: Werner Becker-Blonigen, Bürgermeister Stadt Wiehl (FDP) Dr. Gerhard Langemeyer, Oberbürgermeister Dortmund (SPD) und Vorsitzender des NRW-Städtetages Heidemarie Lüth, Bürgermeisterin Stadt Chemnitz (Linkspartei.PDS)

B3 Schluss mit Altersdiskriminierung! Moderation: Helga Walter, Vorsitzende der BAG LSV • Impulsreferat: Prof. Dr. Thomas Mann, Juristisches Seminar der Universität Göttingen • Podiumsdiskussion mit: Berthold Bahner, Bundesvorsitzender Liberale Senioren Dr. Guido Klumpp, BAGSO Hanne Schweitzer, Büro gegen Altersdiskriminierung Prof. Dr. Gunnar Winkler, Präsident der Volkssolidarität

B4 Mitgestalten – aber wie? Moderation: Dr. Ulla Foemer, WDR 4 „In unserem Alter“ • Podiumsdiskussion mit: Dr. Dietmar Köster, Projekt „Altengerechte Stadt“, Wuppertal Felicitas Koch & Anja Möbius, Jugendvertreter Politischer Jugendring Dresden Irmgard Scheinemann, Seniorenbeirat Düsseldorf Werner Ruppelt, JAHRESRINGE Gesamtverband

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B1 Chancen ergreifen

Politische Verantwortung

2.2

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Dr. Uta Renn zeigte auf, dass zur positiven Gestaltung des demografischen Wandels das Engagement der älteren Bürgerinnen und Bürger unverzichtbar ist. Es müssen Strukturen ausgebaut werden, um Altersfragen integrativ zu behandeln und die Wahrnehmung der Interessen älterer Menschen auf allen Ebenen zu ermöglichen. Dem Wunsch älterer Menschen nach Mitgestaltung hat die kommunale Verwaltung vielerorts dadurch entsprochen, dass die örtliche Seniorenpolitik an die Älteren selbst rückgekoppelt wurde. Als sachkundige Einwohner können sie politische Entscheidungsträger über die Bedarfslage und Belange älterer Menschen beraten. Ziel ist, eine Politik zu installieren, die ältere Menschen nicht ausgrenzt, sondern sich auf deren Lebenserfahrung und Kenntnisse stützt. Seniorenvertretungen stellen ein Bindeglied zwischen Politik und älteren Menschen dar. Die Stabilisierung und Weiterentwicklung von Seniorenvertretungen auf allen Ebenen ist zu unterstützen und zu fördern. Aus der Gemeindeordnung der jeweiligen Bundesländer ergibt sich leider bisher keine Verpflichtung für die Einrichtung und Förderung von Seniorenvertretungen. Kommunen müssen immer wieder daran erinnert werden, Seniorenvertretungen zu fördern und zu unterstützen. Nur so können die durch den demografischen Wandel entstehenden gesellschaftlichen Veränderungen sinnvoll in eine, auf das Gemeinwesen orientierte Politik aufgenommen werden. Marlis Bredehorst betonte die gute Zusammenarbeit mit der Seniorenvertretung in Köln, die seit über dreißig Jahren besteht. Neben der gesamtstädtischen Seniorenvertretung gibt es in den einzelnen Stadtteilen Bezirks-Seniorenvertretungen. Hier findet die eigentliche BAGSO

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und vielfältig lebendige Arbeit statt. Die Seniorenvertretung ist in den wichtigen Ratsausschüssen verankert.

• Sozialreport 50+ für Mecklenburg-Vorpommern,

Die Stadt Köln hat eine Stadtarbeitsgemeinschaft, die sich zusammensetzt aus: Seniorenvertretungen, Vertretern der vier Ratsfraktionen, Wohlfahrtsverbänden und der Stadtverwaltung.

• Beschäftigung des Landtages mit dem Versicherungsschutz für die ehrenamtliche Arbeit.

Brigitte Paetow aus Mecklenburg-Vorpommern beschrieb das dortige Altenparlament als Form der politischen Teilhabe für Seniorinnen und Senioren. Ziel dieses Gremiums ist es, zwischen den Seniorenorganisationen des Landes die Handlungsfelder abzustimmen, um eine koordinierte Vorgehensweise und größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erreichen. Ein Organisationskomitee wird einberufen zur Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Altenparlaments, das alle zwei Jahre tagt. Die Delegierten des Parlaments beraten in Arbeitskreisen. Eine Beratung der Beschlussvorlagen findet im Plenum statt, ebenso die Beratung und Beschlussfassung von Resolutionen. Die verabschiedeten Beschlüsse werden dem/der Landtagspräsident/in und den Fraktionen des Landtages übergeben. Die Schwerpunktthemen der bisherigen vier Altenparlamente waren (auszugsweise): die Stellung der Senioren in der demokratischen Gesellschaft, die Altersversorgung, Gesundheit, Pflege und Wohnen sowie weitere Themen. Zur Nachbereitung des Altenparlaments wird von der Landtagsverwaltung eine Dokumentation erstellt. Die bisherigen Ergebnisse der Seniorenpolitik des Landes sind beispielsweise der: 84

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Mia-Elisabeth Krüger sprach zum Thema: Erfahrungen zur Wechselwirkung – Beteiligung an der politischen Verantwortung – Chancen erkennen und ergreifen.

Politische Politische Verantwortung Verantwortung

Für eine altenfreundliche Stadt ist die Schaffung von Seniorennetzwerken notwendig und hilfreich. Diese Arbeit wird von den Wohlfahrtsverbänden geleistet. Seniorentagesstätten werden zum Teil zu Netzwerkstellen umfunktioniert. Auch das Jugendamt der Stadt Köln arbeitet mit Senioren zusammen.

• Landesprogramm „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“,

Um Chancen erkennen und ergreifen zu können, muss klar sein, was wir wollen, welche Aufgaben vor uns liegen, und in welcher Form sie realisiert werden können. Politische Verantwortung ist immer Verantwortung für das Gesamtwesen, die Gesellschaft als Ganzes, das Gemeinwohl. Seniorenvertretungen auf allen Ebenen arbeiten mit diesem Selbstverständnis und haben damit ihren Anteil im vorparlamentarischen Raum. Dass das auch so anerkannt wird, zeigt sich in Sachsen. Dort sind nunmehr alle Seniorenvertretungen – bis auf eine – in den Hauptsatzungen der Kommunen verankert. Diese Verankerung ist ein außerordentlich bedeutsamer Faktor für die Wirksamkeit der Vertretungen. Anerkennung und Legitimation muss immer wieder angemahnt, Unterlassung kritisiert werden. Eine besondere Erscheinung in der Gestaltung der Politik mit und für Seniorinnen und Senioren ist die Benennung von Seniorenbeauftragten durch Parlamente und/oder Verwaltungen. Es unterscheiden sich: a) Seniorenbeauftragte im Zusammenwirken mit berufenen Vertretungen. Sie sind Mittler, Bindeglied, Beratende in beiden Richtungen. b) Seniorenbeauftragte, die von Kreistagen/Landräten installiert wurden anstelle von Seniorenvertretungen. Diese Entwicklung ist eine Verzerrung des Anliegens, die ältere Generation in adäquater Form an der politischen Verantwortung zu beteiligen. BAGSO

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Alter als Chance Helma Stumm, Vorsitzende der Seniorenvertretung in Gera, stand als Gesprächspartnerin für den erkrankten Vorsitzenden der LSV Bayern zur Verfügung. Sie ist im Vorstand der Landesseniorenvertretung Thüringen zuständig für die Europäische Seniorenarbeit. Die Schwerpunkte der Arbeit für die ältere Generation in Gera sind: Soziales und Heime, Öffentlichkeitsarbeit, Sicherheit und Verkehr. Es gibt für die Arbeit der Seniorenvertretungen keine rechtlichen Grundlagen. Die Arbeit vollzieht sich in Projekten, insbesondere generationsübergreifenden Projekten für Jung und Alt. Die Landesseniorenvertretung nimmt Anträge aus den örtlichen Seniorenvertretungen entgegen, z. B. zum Thema Altersdiskriminierung. Durch Veranstaltungen und Vorträge wird auf die Sorgen und Probleme der älteren Menschen hingewiesen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die anschließende Diskussion verlief sehr rege und zum Teil kontrovers, unterstrich jedoch die Notwendigkeit der Verankerung von Seniorenvertretungen in den Gemeindeordnungen, um einheitliche Möglichkeiten der Mitgestaltung zu bieten.

B2 Kommunalpolitiker im Kreuzverhör Dr. Gerhard Langemeyer, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund Ebenso wie auf Bundes- und Landesebene hat auch in Dortmund die politische Partizipation der Seniorinnen und Senioren einen hohen Stellenwert. Dies drückt sich u. a. darin aus, dass der Seniorenbeirat in der Hauptsatzung der Stadt verankert ist. Die Wahl zum Seniorenbeirat findet pro Stadtbezirk (12 Stadtbezirke) statt. Die Seniorenbeiräte sind in den Stadtausschüssen und in den Bezirksvertretungen vertreten. Aktueller Schwerpunkt ist der Aufbau von Seniorenbüros in allen 12 Stadtbezirken. Diese werden von den Wohlfahrtsverbänden geführt. Heidemarie Lüth, Bürgermeisterin der Stadt Chemnitz In unterschiedlicher Weise wollen Senioren selbstbestimmt und selbstständig ihre Ressourcen und Potenziale in die Entwicklung der 86

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Gesellschaft einbringen. Die Kommune hat Räume für die Gestaltung des Lebens im Alter vorzuhalten – Räume für Geselligkeit, Räume zur Mitgestaltung des eigenen Lebens. Nicht betreuen, nein, Räume zur Selbstverwirklichung für sich und im Interesse der Gemeinschaft. Die fachliche, rechtliche und organisatorische Unterstützung sind Aufgaben der Kommune. Chemnitz hat einen Seniorenbeirat, der stellvertretend für die ältere Generation in der kommunalen Arbeit mitbestimmen und mitgestalten kann. Gemäß Hauptsatzung der Stadt wird der Seniorenbeirat auf Vorschlag des Stadtrates gewählt und hat Rede- und Vorschlagsrecht in den Ausschüssen. Vorschläge werden dann an den Stadtrat zur Abstimmung und ggf. zur Umsetzung gegeben. Schwerpunkte der Arbeit des Seniorenbeirats sind zurzeit „Mehrgenerationenwohnen“ und die „Netzwerke zwischen den Seniorengruppen“.

Politische Politische Verantwortung Verantwortung

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Werner Becker-Blonigen, Bürgermeister der Stadt Wiehl Seit 1989 wird in der Stadt Wiehl aktive Seniorenpolitik betrieben. Ziel dabei ist es, die städtischen Aufgaben entsprechend der Altersstrukturen der Stadt erfüllen zu können. Um die vielfältigen Bedarfe (z. B. Wohnberatung, Mehrgenerationenwohnen etc.) zu erfassen und ihnen gerecht zu werden, wurde eine Koordinationsstelle in der Verwaltung eingerichtet. Hierbei wird dem Aspekt „Hilfe zur Selbsthilfe“ breiter Raum gegeben. Eine Seniorenvertretung oder einen Seniorenbeirat hat die Stadt Wiehl nicht. Es hat sich gezeigt, dass die aktive Einbeziehung der Seniorinnen und Senioren in das Gemeinschaftsleben ein integrativer Ansatz im Sinne der Zukunftsfähigkeit, der Arbeitsteiligkeit und der Unterstützung der „Sandwich-Generation“ und der Jugend darstellt. Die Größe der Stadt und die dezentrale Siedlungsstruktur ermöglichen es, die kommunikative Transparenz zu nutzen, um Jung und Alt in einem gesellschaftspolitischen Gesamtzusammenhang leben zu lassen. Da über 30 % des Stadtrates von Seniorinnen und Senioren repräsentiert werden, ist eine spiegelbildliche Repräsentanz über das demokratische Auswahlverfahren erreicht worden. BAGSO

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Von in Urwahl gewählten Seniorenvertretungen bis zu von den Gemeinden oder Parteien eingesetzten Beiräten in unterschiedlichen Varianten (ein Teil gewählt, ein Teil besetzt, von Parteien/Wohlfahrtsverbänden entsandt etc.) waren die unterschiedlichsten Formen der Partizipation der Senioren in den Kommunen gegeben. Auch die Befugnisse der jeweils vorgetragenen Beispiele reichten unterschiedlich weit. Es wurde gefordert, dass Seniorenvertreter/Seniorenbeiräte politischen Parteien gegenüber neutral agieren können, da die Belange und Interessen der Senioren Priorität haben müssen und nicht durch Parteiinteressen beeinflusst werden dürfen. Dr. Uta Renn, Vorsitzende der LSV NRW, kündigte die Kölner Erklärung der BAGSO zum Abschluss des 8. Deutschen Seniorentages an, in der die im Forum fast einhellig vorgetragene Forderung nach einer Verankerung der Seniorenvertretung/des Seniorenbeirates in die Gemeindeordnung bekräftigt wird. Im Schlusswort der Podiumsrunde wurde, bis auf Werner Becker-Blonigen, die Wichtigkeit einer Seniorenvertretung/eines Seniorenbeirates klar herausgestellt, da auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung der Bevölkerung auf die Kompetenz und das Engagement engagierter Seniorinnen und Senioren nicht verzichtet werden könne. Zum Abschluss mahnte eine Seniorin aus dem Publikum die Politiker: „Handeln Sie in Ihrer Seniorenarbeit so, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, damit auch Sie sich später als Senior akzeptiert und respektiert fühlen“.

B3 Schluss mit Altersdiskriminierung! Impulsreferat von Prof. Thomas Mann zur Altersdiskriminierung durch gesetzliche Höchstaltersgrenzen: Es gibt eine Reihe von Vorschriften, die es verbieten, einzelne Berufe über ein bestimmtes Alter hinaus auszuüben. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass bei Überschreitung der jeweiligen Altersgrenze die Fähigkeit zur Ausübung bestimmter Berufe nicht mehr gegeben ist. Klagen gegen diese Bestimmungen werden in der Regel abschlägig beschieden.

Politische Politische Verantwortung Verantwortung

Die Wortmeldungen aus dem Publikum konzentrierten sich auf die unterschiedlichen Formen und Befugnisse ihrer(s) jeweiligen Seniorenvertretung/Seniorenbeirates und der allgemeinen Forderung nach einer(m) in der Gemeindeordnung verankerten Seniorenvertretung/ Seniorenbeirates.

Das nachlassende Leistungsvermögen von Menschen über 60 bildet eine zentrale Argumentationslinie in gerichtlichen Entscheidungen zur Altersgrenze. Zugespitzt formuliert, stellt also die Berufstätigkeit Älterer (z. B. Ärzte) eine potenzielle Gefahr für die Gesellschaft dar. Starre Höchstaltersgrenzen müssen durch individuelle Leistungsprüfungen ersetzt werden. Pauschalierungen sind allenfalls in bestimmten Berufen, z. B. bei Piloten, hinnehmbar. Dr. Guido Klumpp ging auf Diskriminierungen Älterer im Arbeitsleben ein. Ungleichbehandlungen Älterer sind nach der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU nur zulässig, wenn sie dem erklärten Ziel dienen, mehr Ältere in Arbeit zu bringen (z. B. älteren Arbeitslosen durch Befristung des Arbeitsvertrages wieder einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen). Jedoch muss vermieden werden, dass grundsätzlich alle Arbeitsverträge mit Älteren befristet abgeschlossen werden. Man könne darüber diskutieren, ob man von größeren Unternehmen verlangen könne, eine bestimmte Quote Älterer zu beschäftigen. Ein Verzicht auf Altersangaben in Bewerbungen, dem Beispiel der USA folgend, sei auch denkbar. Auch im Zivilrecht gibt es eine Reihe von Diskriminierungen, z. B. Angebotsausschlüsse im Bereich der privaten Krankenversicherung sowie bei der Kreditvergabe durch Banken und Sparkassen. Hanne Schweitzer berichtete u. a. exemplarisch über Diskriminierungen Älterer bei Banken/Sparkassen. So wird vielen älteren Menschen, die immer zuverlässige Kunden waren, der Dispositionskredit

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Alter als Chance gestrichen. Auch ein „Test“ der Geschäftsfähigkeit durch Vorlage eines Formulars zur Unterschrift ist bekannt. Das Antidiskriminierungsgesetz wird z. B. die Verweigerung von Hypotheken an Ältere nicht verhindern, da es nur für Massengeschäfte greift. Ein Hypothekendarlehen wird als Individualgeschäft betrachtet. Prof. Gunnar Winkler stellte die Wertestrukturen der bestehenden Gesellschaft als nicht altersfreundlich dar. Die Orientierung in der Sozialpolitik verändert sich – weg vom Prinzip der Aufrechterhaltung der Lebensqualität hin zum Bedarfsdeckungsprinzip. Durch die Politik werden diskriminierende Altersbilder gefördert. Es wird polarisiert zwischen „reichen Alten“ und „armen Kindern“. Berthold Bahner, als früherer Unternehmer, hält im Arbeitsleben altersgemischte Teams für ideal. Neben einer Beschäftigungsoffensive für ältere Arbeitnehmer muss eine Bildungsoffensive für diese Gruppe von Wirtschaft und Gesellschaft getragen werden. Deutschland hat in den OECD-Ländern die höchste Arbeitslosigkeit der Älteren. In der folgenden Diskussion verwies ein Vertreter des Deutschen Zentrums für Altersfragen darauf, dass der 5. Altenbericht der Bundesregierung die fehlende Umsetzung bereits bestehender Regelungen und Gesetze, die Ältere betreffen, anmahnt. Gotlind Braun, Mitglied des BAGSO-Vorstands, äußerte sich skeptisch zur Eingliederung und zum Verbleib Älterer in der Arbeitswelt. Sie glaubt nicht, dass bei Arbeitgebern in Kürze ein Umdenken erfolgen wird. Sie begrüßt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Ein Mitglied des Deutschen Schwerhörigenbundes beanstandete, dass hörgeschädigte Senioren diskriminiert und ausgeschlossen werden. Die hohen Eigenanteile bei den Kosten der Hörgeräte empfindet er als diskriminierend. Ein Vertreter der AG SPD 60plus äußerte sich zu Altersgrenzen für Ärzte, Bürgermeister, Bundeskanzler und weiteren Personen des öffentlichen Lebens. Diese Gruppen sind von den Altersgrenzen, die allgemein gelten, ausgenommen. 90

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In ihrem Schlusswort forderte Helga Walter eine Veränderung in den Köpfen. Ein Umdenkungsprozess zur Wahrnehmung der Leistungsfähigkeit der Älteren muss angestoßen werden. Strukturen müssen verändert werden, aber nicht in dem Sinne, dass Altersgruppen gegeneinander agieren, sondern dass sie gemeinsam für alle Gruppen etwas tun.

B4 Mitgestalten – aber wie?

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Der Altersdurchschnitt in unserem Parlament ist beschämend gering, stellte die Moderatorin Dr. Ulla Foemer fest. Von gewählten 614 Abgeordneten kommen nur zehn aus den Jahrgängen 1932 bis 1939. Die hohe Wahlbeteiligung älterer Menschen zeigt ihr Verantwortungsbewusstsein im Gegensatz zu den „politikmüden“ jungen Menschen. Jüngere Menschen sind als Mitglieder in allen Parteien eindeutig in der Minderheit. Wie können also Jung und Alt gemeinsam aktiviert werden? Dr. Dietmar Köster stellte Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Mitgestalten – aber wie? Partizipation am Beispiel des Projektes „Altengerechte Stadt“ vor, dass vom Ministerium für Generationen, Familien, Frauen und Integration in NRW gefördert wurde. Partizipation älterer Menschen ist die wirksamste Form ihrer Integration. Sie wirkt gegen Altersdiskriminierung. Partizipation ist die direkte und repräsentative Form der Demokratie. Partizipation erfordert den teilhabebereiten Bürger, die teilhabefördernde Kommune, das Wohnungsunternehmen und weitere Gremien, die aktive Teilhabe zuzulassen. Zur Bedeutung von „Altersbildern“: Seniorenvertretungen haben ein positiveres Bild von älteren Menschen als die befragten Wohnungsunternehmen oder Stadtverwaltungen. Dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass das Selbstbild und das Fremdbild hinsichtlich des Alters differenzieren. Seniorenvertretungen gehen weiterhin davon aus, dass ältere Menschen zukünftig flexibler, deutlich mobiler und gut ausgebildet sein werden. BAGSO

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Alter als Chance Dieses realistische Bild erfordert es, dass die kommunalen Akteure sich auf steigende Erwartungen der Seniorinnen und Senioren an ihre Teilhabe am Leben in den Kommunen einstellen müssen. So wird aus der altengerechten Stadt eine altersaktivierende Stadt, die letztendlich allen Generationen zugute kommt. Irmgard Scheinemann, stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats Düsseldorf, stellte fest: „Wir alle schreiben HEUTE die Geschichte von Morgen“. Gerade die älteren Menschen können und müssen helfen, die Grundlagen für ein sozialverträgliches Gemeinwesen mitzugestalten. Aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrungen vertreten sie z. B. als Mitglieder in einem Seniorenbeirat die Belange der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger am besten. Aber auch jüngere Menschen sind gefragt, Verantwortung zu übernehmen. In den jeweiligen Stadtbezirken in Düsseldorf setzen sich Schüler und Bürger zusammen, um gemeinsam ihren Lebensraum zu besprechen und zu entwickeln. Sie stimmen dies dann mit den Fachleuten und Politikern ab. Das alles kommt der nachfolgenden Generation zugute. Anhand eines Beispiels zeigte sie auf, wie protestierende Bürger und Bürgerinnen aus allen Altersgruppen es fertig brachten, ein sechs Hektar großes ehemaliges Kasernenareal mit weitläufigen Grünanlagen aus einer gewerblichen Nutzung herauszunehmen und unter Denkmalschutz zu stellen.

Foto: Elvira Barbara Sawade

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Treffpunkt der Generationen: Felicitas Koch und Anja Möbius vom Politischen Jugendring Dresden knüpfen Kontakt mit Käthe Saljo aus Homburg.

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Felicitas Koch und Anja Möbius, Jugendvertreter Politischer Jugendring Dresden, stellten den 10 Jahre alten Politischen Jugendring als überparteilich, überwiegend in außerschulischer Jugendbildungsarbeit tätig, vor. Schüler und Studenten arbeiten ehrenamtlich, organisieren Workshops oder Ferienaktionen für andere Jugendliche. Es geht dabei um Themen wie Geschichte, Europa und Politik. So werden z. B. Fahrten zur Gedenkstätte Auschwitz angeboten, Gespräche mit Zeitzeugen geführt, Projekte „Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus“ diskutiert. Dies mit dem Ziel, politische Themen wach zu halten und konkrete Vorschläge für politische Maßnahmen im Kampf gegen Rechtextremismus zu unterbreiten.

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Um andere Jugendliche für eine Mitarbeit zu gewinnen, bemüht sich der politische Jugendring in Gesprächen, diesen Hilfestellung anzubieten, um deren Ideen einen eigenen Raum zu geben. Beide Referentinnen sind der Meinung, dass die Methoden der politischen Jugendbildungsarbeit junge Menschen ermutigen, ihre Interessen und Vorstellungen zu Themen, die sie selbst betreffen, zu formulieren und wirksam zu vertreten. Als Dresdner Beispiel nannten sie die Mitarbeit am Projekt „Das neue Dorf“. Hier kamen Schüler und Jugendliche mit den Planungsverantwortlichen zusammen, stellten ihre Ideen und Perspektiven in Zeichnungen und Modellen vor und wurden in die weiteren Dialoge mit einbezogen. Es entstand so ein Generationendorf. Jung und Alt leben zusammen und finden neue Wege einer gegenseitigen Partnerschaft. Von den Jugendlichen lernten Senioren das Internet kennen, Senioren helfen den Schülern bei den Hausaufgaben. Eine Vielfalt und Abwechslung entstand so im Leben der dort wohnenden Bürger. Unterschiedliche Erfahrungsstandpunkte sollten nicht als Barriere, sondern als Chance gesehen werden. Dabei können beide Gruppen erkennen, dass man mit unterschiedlichem Alter zwar unterschiedliche Interessen, Werte und Ziele verfolgen kann, diese aber allen Generationen Nutzen bringen. Das von Älteren angesprochene Problem der „Nachwuchsfindung für ehrenamtliches Engagement“ betrifft auch die Jugendarbeit. Es könBAGSO

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Politische Verantwortungsübernahme ist für alle Generationen wichtig und trägt zur Stabilisierung der Gesellschaft bei. Tausenden Mitgliedern und ebenso vielen älteren Arbeitslosen wurde durch JAHRESRINGE-Projekte ein neues „Gefühl des Gebrauchtwerdens“ in der immer früher beginnenden nachberuflichen Lebensphase gegeben und dies hat zur Steigerung des Selbstwertgefühls beigetragen. Die Älteren als Teil der Gesellschaft brauchen eine soziale, wirtschaftliche und juristische Interessenvertretung, die sich in der Breite, von Selbsthilfe bis hin zu den verschiedenen Dachverbänden, widerspiegelt. Diese Vertretungen von Millionen Senioren benötigen Handlungsinhalte, -rechte- und –strukturen, die in einem Bundesseniorenvertretungsgesetz bekundet werden sollten. Jede Diskriminierung der Älteren ist dabei abzulehnen. Auf dieser Grundlage sind dann auch Landes- und kommunale Seniorenvertretungsgesetze möglich und ratsam. Dr. Ulla Foemer bedankte sich bei den zu Wort gekommenen Teilnehmern und stellte fest, dass keine befriedigenden Antworten gegeben werden konnten. Als positiv bewertete sie, dass in diesem Forum Alt und Jung zusammengebracht wurden und eine Vorstellung ihrer Arbeit gaben.

FORUM B: THESEN 1. Immer mehr Ältere sind dazu bereit, die Möglichkeiten der Partizipation zu ergreifen. 2. Mitgestaltungsmöglichkeiten und Nutzung der Kompetenzen Älterer gibt es vor allem in den Kommunen. Aber auch Länder und Bund müssen die Mitwirkung anbieten.

Politische Politische Verantwortung Verantwortung

nen keine Empfehlungen an die Älteren gegeben werden. Vom JAHRESRINGE Gesamtverband stellte der Vorsitzende Werner Ruppelt das Motto der Selbsthilfeorganisation in der 2. Lebenshälfte heraus: „Wer anderen hilft, hilft sich selbst“.

3. Altersdiskriminierung gilt es zu bekämpfen. Dafür sind u. a. politische Aktivitäten der richtige Weg. 4. Die Nutzung der Potenziale der Älteren ist eine wesentliche Aufgabe zur Gestaltung einer Gesellschaft für alle Lebensalter. FORDERUNG: Damit die Chance der Übernahme politischer Verantwortung besser genutzt werden kann, fordern wir mehr Akzeptanz für die Mitwirkungsmöglichkeiten der Älteren bei politischen Entscheidungen. Die Länder werden aufgefordert, in ihren kommunalen Vertretungsgesetzen die Mitwirkung älterer Menschen in Seniorenvertretungen verbindlich zu regeln.

Protokollführung: B1: Hilde Jaekel , B2: Erich Weindel, B3: Elke Zeller, B4: Eleonore Köth-Feige. Teilnehmerzahl: B1: 200, B2: 230, B3: 150, B4: 80

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2.2.2 Ältere Migrantinnen und Migranten: Aktive Partnerinnen und Partner in der europäischen Bürgergesellschaft Verantwortlich: AWO – Bundesverband, BAGSO-Kontaktstelle Brüssel, Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) Moderation: Annette Scholl, KDA; Volker Amrhein, Projektebüro Dialog der Generationen Mitwirkende: Turan Özkücük, Integrationsrat der Stadt Köln; Dragica Baric-Büdel, AWO; Rita Klages; Harald Veprinsky, ZWAR; Renate Braun-Schmitz Im Mittelpunkt des Workshops stand die Lebenssituation der etwa eine Million älterer Zuwanderer (eingeladen sind Arbeitsmigranten/ innen, Aussiedler/innen, eingebürgerte Migranten/innen) in Deutschland. Die Schärfung des Blicks für die Zugangsmöglichkeiten älterer Zuwanderer zu ambulanten und stationären Gesundheits- und Pflegediensten bildete das Zentrum der Diskussion. Turan Özkücük, Mitglied des Integrationsrates der Stadt Köln verwies auf das bereits Anfang der 80er Jahre verabschiedete Ausländermaßnahmeprogramm des Landes NRW. Dies dient bis heute für die Förderung zahlreicher Informations- und Beratungsangebote, aber auch soziokultureller Projekte, als Grundlage für in Deutschland lebende ältere Migranten. Die Stadt Köln steht hier in einer Vorreiterrolle: Vertreter der Zugewanderten sind in allen Stadtbezirken zu finden und bereits seit 2002 wurden in NRW spezielle Dienste und muttersprachliche Angebote durch ein Landesprogramm gefördert. Ein erheblicher Anstieg bei der Inanspruchnahme ambulanter Dienste ist bereits heute zu verzeichnen. Gleichzeitig werden derzeit Angebote der stationären Altenhilfe auch in einer Großstadt wie Köln nach wie vor nur sehr zögerlich genutzt. Muttersprachliche Informationsangebote sind eine zentrale Forderung der Betroffenen selbst. Als „gutes Beispiel“ stellte Dragica Baric-Büdel (AWO Bundesverband) die Informationsreihe „Älter wer96

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den in Deutschland“ – Teil der erfolgreichen bundesweiten Kampagne zur „kultursensiblen Altenhilfe“ – vor. Dies bildete den Ausgangspunkt für eine angeregte Diskussion unter den Teilnehmern über die dringende Notwendigkeit, gezielte Angebote für ältere Zuwanderer zur Beratung, Behandlung und Prävention im Pflege- und Gesundheitsbereich – insbesondere mit Blick auf psychische Erkrankungen – einzurichten. Konstatiert wurde ein erheblicher Handlungsbedarf zur Verbesserung der Lage älterer Frauen mit moslemischem Hintergrund. Dass diese Gruppe spezieller – auch aufsuchender – Hilfsangebote dringend bedarf, stand für alle Teilnehmenden außer Frage.

Politische Politische Verantwortung Verantwortung

Kongress

Im Zentrum der Diskussion stand die Suche nach alternativen Wegen – bei der die Notwendigkeit der Förderung von Selbsthilfegruppen als zentrales Element betrachtet wurde: Hier können Multiplikatorinnen aus dem eigenen Kulturkreis Mittlerfunktionen übernehmen. Einig waren sich die Anwesenden darüber, dass die vorhandenen Sprachbarrieren für sehr viele der Älteren, die in den 60er Jahren zuwanderten, nicht mehr überwindbar sind. Hier nach neuen Lösungen zu suchen, um den Älteren Zugang vor allem zu Gesundheits- und Pflegediensten zu eröffnen, wird als zentrale Aufgabe bei der Entwicklung neuer Projekte angesehen. Einen interessanten Ansatz bot hier das von Rita Klages vorgestellte EUProjekt SMILE, dass die Ausbildung junger Zuwanderer zu Pflegekräften vorsieht und damit auch einen Beitrag zur Integration der zweiten und dritten Zuwanderergeneration, die dadurch im Pflegebereich einen Arbeitsplatz finden können, leistet. An Selbsthilfepotenzialen und Eigenverantwortung der Älteren selbst orientiert sich das Dortmunder Projekt SPRINT (Sprache und Integration), das von Harold Veprinsky (Initiator der ZWAR-Gruppe von Einheimischen und Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion) vorgestellt wurde. Ziel ist vor allem die Verbesserung der Sprachkenntnisse durch Kontakte zur einheimischen Bevölkerung und Zusammenarbeit in Basisgruppen der Selbsthilfe. BAGSO

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2.3

Alter als Chance in einem verlässlichen Sozialstaat

2.3.1 Forum C C1 Was bedeutet „verlässlicher Sozialstaat“ heute? Die Verlässlichkeit eines politischen Gemeinwesens aus kultur-historischer und soziologischer Sicht. Gibt es dafür verfassungsrechtliche Garantien? Moderation: Dr. Klaus Kübler, AG SPD 60plus Referenten: Prof. Dr. Dr. Reimer Gronemeyer, Universität Gießen Prof. em. Dr. Erhard Denninger, Universität Frankfurt a. M.

• Kampagne „Für eine kultursensible Altenhilfe“: www.kultursensible-altenhilfe.net • SPRINT: www.aktioncourage.de, Newsletter 1/2005 „Patinnen Projekt Karlsruhe“: www1.karlsruhe.de/Stadt/Frauen/patinnen.htm

C2 Was kann der einzelne Bürger leisten, was darf er von der Gemeinschaft erwarten?

Protokollführung: Elke Tippelmann Teilnehmerzahl: 70

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Eine ähnliche Ausrichtung hat auch das von Renate Braun-Schmitz vorgestellte „Patinnen Projekt Karlsruhe“. Das Patinnen-Projekt ist ein Angebot zum gemeinsamen Lernen und zur gegenseitigen Unterstützung in Partnerschaften zwischen einheimischen und zugewanderten Frauen, das seit Beginn des Projektes im Frühjahr 2003 über 100 Frauen zusammenführte.

Eigenverantwortung und Anspruch des Einzelnen in einem verlässlichen Sozialstaat. Soziale Verantwortung der Wirtschaft? Moderation: Stefanie Breme-von Hobe, Senioren Union der CDU Referent: Prof. Dr. Manfred G. Schmidt, Universität Heidelberg

C3 Wie viel Staat ist nötig, wie viel bürgerschaftliches Engagement ist möglich? Solidarität in einem verlässlichen Sozialstaat – Formen und Möglichkeiten der Generationengerechtigkeit. Moderation: Rolf Meyer, Deutscher BundeswehrVerband Referenten: Dr. E. Schmitt, Universität Heidelberg Dr. Hans Geisler, Sächsischer Staatsminister für Soziales, Gesundheit u. Familie, a. D.

C4 Wie verlässlich kann und muss ein Sozialstaat für ältere Menschen mit Behinderungen sein? Nachteilsausgleiche als Voraussetzung und “Barrierefreiheit” als Schlüssel für und zu einer gleichberechtigten Teilhabe Moderation: Dr. Johannes-Jürgen Meister, DVBS Referenten: Adolf Bauer, Präsident des SoVD Prof. Dr. Christian Bühler, Universität Dortmund / Stiftung Volmarstein „Forschungsinstitut Technologie-Behindertenhilfe“ Verantwortlich: Arbeitsgemeinschaft SPD 60plus, Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS), Senioren Union der CDU Mitwirkende: Deutscher BundeswehrVerband e.V., Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV), Sozialverband Deutschland (SoVD)

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In einem ersten Schritt sollte das Verhältnis der Generationen historisch und kultursoziologisch in einem Gemeinwesen rückblickend und ausblickend betrachtet werden. Ergänzend hierzu sollte das Sozialstaatsprinzip der Bundesrepublik Deutschland hinterfragt werden, wie es die Väter des Grundgesetzes 1948 als unveränderbares Prinzip festgelegt hatten. Ausgehend von diesen umfassenden Fragen, Problemen und Voraussetzungen sollten dann das Spannungsverhältnis von Individuum und Gemeinschaft erörtert werden. Welche Ansprüche und Forderungen kann und darf das Individuum an die Gemeinschaft stellen und wie viel muss der Einzelne zum Erhalt und Gelingen der Gemeinschaft selber eigenverantwortlich beitragen? Umgekehrt sollte es auch um Verpflichtung und Verantwortung der Gemeinschaft, repräsentiert durch den Staat, gegenüber dem Individuum gehen. Wie viel Staat ist nötig, wie viel Eigenverantwortung ist möglich? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, damit sich der Einzelne seinen Fähigkeiten entsprechend entfalten kann und wie viel bürgerschaftliches Engagement ist möglich, damit ein Gemeinwesen für alle Generationen verlässlich ist? Schließlich sollte der Fokus darauf gerichtet werden, dass nicht alle Menschen in einem Gemeinwesen in gleicher Weise am Leben der Gesellschaft partizipieren können. Aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen oder Behinderungen sind sie nicht in der Lage, ihre Rechte wahrzunehmen. Sie benötigen Nachteilsausgleiche, um gleichberechtigt am Leben dieser Gesellschaft teilhaben zu können. Dazu müssen vielfach Barrieren abgebaut werden, die eine Teilhabe be- oder gar verhindern. 100

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C1 Was bedeutet ein verlässlicher Sozialstaat? Prof. Reimer Gronemeyer, bekannt als kritischer Autor über das Verhältnis der Generationen, leitete seine Ausführungen der Bemerkung ein, dass wir heute vielfach unseren Nachbarn, unseren Mitmenschen vergessen haben. Jeder sorgt erst einmal für sich selbst. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat uns das Leben kontinuierlich immer mehr Wohlstand gebracht und jetzt erkennen wir, dass aufgrund des demografischen und sozialen Wandels unserer Gesellschaft dieses endlose Wachstum nicht mehr so weiter gehen kann. Mit der Haltung und Mentalität in der Vergangenheit, alle Probleme auf den Staat abzuwälzen und mit monetären Leistungen zu lösen, ist uns etwas verloren gegangen.

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Die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation und Auseinandersetzung in der Bundesrepublik Deutschland über den demografischen Wandel, das Verhältnis der Generationen untereinander und die allseits geforderte Generationengerechtigkeit bildeten den Hintergrund des Forums. Es war die Absicht, außerhalb der tagespolitischen Auseinandersetzungen in einer Zeit grundsätzlichen sozialen und ökonomischen Wandels diese Frage zu diskutieren.

Die Frage ist, ob wir das Verlorene wiedergewinnen können und wollen. Die Gesellschaft hat die Erinnerung an die Vergangenheit verloren, die einst fruchtbringende Arbeitsteilung zwischen der zukunftsorientierten Jugend und den kenntnisreichen Alten ist implodiert. An ihre Stelle ist der Kampf um die Frage getreten, wer die Gegenwart und die Zukunft besser beherrschen und besetzen kann. In der konsumistischen Sprachlosigkeit gelten nur noch die Gesetze des Marktes. In den 70er und 80er Jahren wurden alle sozialen Fragen und Probleme dem Staat überantwortet und mit Geld gelöst. Wir haben vergessen und verloren, was wir eigentlich selber können. Daher ist zu fragen, ob wir uns vorstellen können, wieder Aufgaben zu übernehmen, die wir an den Sozialstaat abgetreten haben. Wir haben die Generation der Älteren entmündigt und ihnen ihre soziale Rolle genommen. Sie sind gut versorgt in den Ruhestand geschoben, abgeschoben worden. Es geht nicht darum, den Sozialstaat aus seiner sozialen Verpflichtung gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern zu entlassen, sondern um die Frage, ob wir wieder unsere Rolle in diesem Staat fühlbar machen können. Es geht auch nicht darum, in die Zeit vor dem Sozialstaat zurückzukehren, sondern freizukommen von der bloßen Versorgung durch den Staat und den Sinn für das Soziale wieder zu entdecken. BAGSO

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Diesen philosophisch soziologischen Überlegungen gegenüber richtete Prof. Erhard Denninger seinen Blick auf die Sozialstaatsklausel des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland. Nach seiner Auffassung ist die BRD gem. Art. 20 ein sozialer Rechtsstaat und diese Bestimmung kann gem. Art. 79, Abs. 3 nicht verändert werden. Dennoch dürfe diese Bestimmung nicht überbewertet werden. Nach dem napoleonischen Grundsatz, dass eine Verfassung im Dunkeln bleiben müsse, wies er darauf hin, dass das Wort „sozial“ nur zweimal im Text des GG vorkomme und nirgends nähere Ausführungen zu finden sind, was darunter verstanden werden sollte. Der Grundgedanke des Sozialstaates gehe auf die historisch soziale Situation Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Es sei gefährlich, diese Epoche und ihre Antworten auf die gegenwärtigen Herausforderungen anzuwenden. Auch bleibe die Entwicklung einer modernen Wissensgesellschaft nicht ohne Auswirkungen auf die Finanzierung des Sozialstaates. Heute müsse der Präventionsstaat Vorrang vor dem Sozialstaat haben. Es gelte heute, das soziale Staatsziel neu zu definieren. Angesichts konkreter Belastungen einerseits und des Vertrauensschutzes der Bürger andererseits müsse das Verhältnis Rechtsstaat vs. Sozialstaat neu durchdacht werden.

C2 Was kann der einzelne Bürger leisten, was darf er von der Gemeinschaft erwarten? Der Theologe und Diakoniewissenschaftler Prof. Manfred Schmidt von der Universität Heidelberg stellte in den Mittelpunkt seiner Ausführungen das Individuum im Verhältnis zur Gemeinschaft bzw. zum 102

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Staat. Allenthalben ist eine zunehmende Monetarisierung und Internationalisierung in allen Lebensbereichen zu beobachten. Zentrales Medium in diesem Prozess ist das Geld. Selbst in der Wissenschaft geht es nicht mehr allein um Kosten, sondern um das Erbringen von finanziellen Erträgen. Der Wettbewerb ist international geworden, der Einzelne erfährt immer mehr seine Ohnmacht gegenüber diesen Kräften. Er ist nicht mehr nur Nutzer sozialer Systeme, sondern ein Kunde, der bestimmte Leistungen kauft und in Anspruch nimmt. Die Kosten werden auf den Einzelnen verlagert, er muss sich an den Kosten beteiligen. Das aber bedarf der Kontrolle und Qualitätsgarantien. Alle Bereiche des Lebens werden nur noch als Produktionsgüter verstanden und nach ihrem ökonomischen Nutzwert bestimmt. Der Einzelne muss sich in diesem System verkaufen, und wenn er den Leistungsanforderungen nicht gerecht wird, wird er aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Dies trifft in erster Linie die Leistungsschwächeren und Behinderten. Die Leistungskürzungen, mit denen sie sich dann konfrontiert sehen, werden als Ausgrenzung aus der Gesellschaft empfunden. Subsidiarität in einem solchen System kann nur bedeuten, alle Mitglieder der Gesellschaft so zu unterstützen, dass sie befähigt werden, sich selbst zu helfen.

Verlässlicher Verlässlicher Sozialstaat Sozialstaat

Beides ist notwendig, die Verpflichtung des Sozialstaates und die Rückkehr und Rückbesinnung darauf, was wir sind und was unsere Aufgabe in der Gesellschaft ist und sein kann. Es geht um „Netzwerke der Freundschaft“, um neue Wege der Koproduktion der Generationen außerhalb des Geldes. Erforderlich sind neue Formen des Zusammenlebens. Wir müssen uns fragen, ob wir mehr einem Sozialstaat vertrauen, der an seine Grenzen gekommen ist oder unseren Mitmenschen? Kann man sich auf einen solchen Sozialstaat noch verlassen oder auf wen sonst?

Die traditionellen Altenhilfesysteme in Europa sind den Anforderungen aufgrund des demografischen und sozialen Wandels nicht mehr gewachsen. Bei der Überprüfung staatlicher Ausgaben – auch im sozialen Bereich – werden diese Bereiche auch gewerblichen Anbietern geöffnet und führen zu sehr unterschiedlichen Angeboten. Das führt einerseits zwar zu Hochpreisangeboten für Begüterte, ermöglicht andererseits aber auch eine Dezentralisierung ambulanter Angebote auf lokaler Ebene. Letzteres ist durchaus begrüßenswert. Um die sozialen Dienstleistungen wirtschaftlicher zu gestalten, werden inzwischen verschiedene Modelle diskutiert und erprobt. Die Modelle reichen vom sog. Tender-Modell bis hin zu einer totalen Freiheit der Klienten. Ihnen steht ein bestimmtes Budget zur Verfügung, von dem sie sich ihrem Bedarf entsprechend Leistungen kaufen können. Bei Behinderten hat sich dieses Modell bereits bewährt. Der Diskurs aber muss noch über die ersatzfähigen Leistungen geführt werden. BAGSO

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Alter als Chance

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Wenn heute in unserer Gesellschaft über die ältere Generation gesprochen wird, stehen die Belastungen des Alters im Vordergrund, nicht aber die Gewinne und Potenziale des Alters. Verknüpft mit der Frage, ob der Generationenvertrag in Zukunft noch Bestand haben wird, vertrat Dr. E. Schmitt, von der Uni Heidelberg, die Auffassung, dass die Eigenvorsorge in Zukunft an Bedeutung gewinnen werde, da der Staat seine Vorsorge im bisherigen Umfang nicht mehr aufrechterhalten kann. Verbunden damit sei die Frage, ob es zu einer Entfremdung zwischen den Generationen kommt oder ob eine Solidarität der Generationen eine Chance hat. In der Vergangenheit sind die Aktivitäten und die Solidarität der Älteren in der Gesellschaft unterschätzt worden. Erst der nähere Umgang mit dem Alter hat gezeigt, dass die Älteren viel zu wenig als aktive Ältere angesprochen und an sie appelliert wird, ihr ideelles und materielles Kapital, ihr Wissen und ihren Besitz mitverantwortlich in der Gesellschaft einzusetzen. Kritisch merkte er in diesem Zusammenhang an, dass in unserer Kultur die Kräfte des Alters nicht ausreichend erkannt worden sind. Wie andere Referenten in diesem Forum, ging Dr. Schmitt in der Begründung seiner Analyse und Einschätzung von der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft aus. Einerseits wächst der Anteil der Menschen über 60 Jahren ständig an, andererseits schrumpft die Bevölkerungszahl trotz jährlicher Zuwanderung von etwa 200.000 bis zum Jahr 2031 auf ca. 80 Mio. und bis 2050 auf ca. 71 Mio. Einwohner. Der Altersquotient, d.h. das Verhältnis der älteren Menschen im Ruhestand zu den Erwerbstätigen verändert sich in den nächsten 40 Jahren von heute 42 % über 53 % im Jahr 2020 auf 72 % im Jahr 2040. Das bedeutet, dass die finanzielle Belastung der heute mittleren Generation für die ältere Generation bis 2040 um 70 % zunimmt. Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass insbesondere die Gruppe der über 80-Jährigen von heute 3,5 % über 6,2 % bis 2050 auf 11 % anwachsen wird. Das Anwachsen der Gruppe der Hoch104

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altrigen ist aber keineswegs gleichbedeutend mit einer Zunahme an Krankheiten und Pflegebedürftigkeit. Die heute 70-Jährigen sind so gesund wie die 65-Jährigen vor etwa 30 Jahren. Mit einer Charakterisierung von Altersbildern in unserer Gesellschaft versuchte der Referent herauszufinden, ob sich hier Hinweise auf Generationenkonflikte finden ließen. Was unter Alter zu verstehen ist, beruht mehr auf gesellschaftlichen Konventionen als auf exakt bestimmbaren Altersgrenzen. Die gesellschaftliche Wahrnehmung ist eng verbunden mit der Aufgabe zentraler Rollen, z. B. des Berufes und der Übergang in die Verrentung, was wiederum mit einer gewissen seelisch-geistigen und körperlichen Veränderung verbunden ist. Während das Alter primär eine gesellschaftliche Kategorie darstellt, sprechen Biologen und Psychologen eher von Altern, um damit einen allmählichen Prozess der Veränderung auszudrücken. Den Verlusten, wie sie Veränderungen im Organischen oder in der Verarbeitung von Informationen mit sich bringen, stehen ebenso Gewinne gegenüber, wie ein hochorganisiertes und leicht abrufbares Wissen, der Zuwachs an Kompetenz, Erfahrung, Wissen und der Aufbau an effizienten Handlungs- und Wissenssystemen.

Verlässlicher Verlässlicher Sozialstaat Sozialstaat

C3 Wie viel Staat ist nötig, wie viel bürgerschaftliches Engagement ist möglich?

Die verschiedenen Bilder des Alters und Alterns lassen sich in vier Kategorien zusammenfassen: 1. Gewinne und Chancen im Alter, 2. Verluste und Risiken im Alter, 3. Gesellschaftliche Anforderungen durch das Alter, 4. Gesellschaftliche Abwertung des Alters. Allmählich macht sich nicht nur in der Gerontologie eine Veränderung der Sichtweite des Alters bemerkbar, die primär nicht mehr die Defizite des Alters betrachtet, sondern differenzierter die vorhandenen Stärken und Möglichkeiten im Alter berücksichtigt. Von der Bevölkerung wird der Altersstrukturwandel der Gesellschaft primär als Herausforderung an die Politik gesehen, sie soll verantwortlich gegenüber allen Generationen handeln, keine bevorzugen, aber auch keine benachBAGSO

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Alter als Chance

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Soziologische und psychologische Untersuchungen über familiale Beziehungen lassen erkennen, dass es innerhalb der Familien sehr wohl Formen der Solidarität gibt. Vor allem innerhalb der Familien lassen sich verschiedenartige Formen des Austausches und der Hilfe feststellen. Allein von den etwa 1,8 Mio. Pflegeversicherungsempfängern, die regelmäßiger Hilfe und Pflege bedürfen, leben 4/5 zuhause und werden von Angehörigen betreut und gepflegt. 2/3 dieser Pflegebedürftigen sind älter als 80 Jahre. Von den pflegenden Angehörigen gehören etwa 1/3 der Gruppe der über 60-Jährigen an und 5 % sind sogar über 80 Jahre alt. 2/3 der Pflegeleistungen werden von der mittleren Generation erbracht. Umgekehrt erfolgt ein jährlicher finanzieller Transfer von durchschnittlich 2.000 € von der älteren Generation auf die mittlere und jüngere Generation. Bezieht man in diesen Austausch noch die emotionalen Leistungen der mittleren und jüngeren Generationen an die ältere und andererseits die beträchtliche Kapitalmenge in Form von Erbschaften ein, so kann man innerhalb der Familien von einem kleinen Generationenvertrag sprechen. Bei einem Vergleich der familialen Beziehungen und des Hilfeaustausches zwischen den Generationen in Deutschland mit denen in anderen europäischen Ländern, so lässt sich bei uns eine hohe Zufriedenheit feststellen. Was aber kann die Gesellschaft tun, damit die Solidarität der Generationen erhalten bleibt? Eine tief greifende Reserviertheit gegenüber dem Alter ist zu beobachten, wenn es um die Übernahme sozialer, kultureller oder politischer Verantwortung geht. Besonders deutlich wird dies in der Arbeitswelt, wenn ältere Arbeitnehmer vorzeitig freigesetzt und so wertvolles Potenzial verspielt wird. Dies ist auch eine denkbar schlechte Vorbereitung auf den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in wenigen Jahren. Altersdiskriminierung findet nicht nur 106

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im Politischen statt, auch in den sozialen Einrichtungen sind im- und explizite Altersgrenzen eingeführt, ungeachtet der hohen Kompetenzen, die ein älterer Mitarbeiter besitzt. Angesichts des demografischen Wandels der Gesellschaft wird immer deutlicher, dass das traditionelle phasendifferenzierte Bild des Lebenslaufes – Bildung, Erwerbsleben, Ruhestand – nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Ein neues Verständnis dieser Lebensphasen ist erforderlich, das ein nebeneinander und einen flexiblen Wechsel zwischen diesen Phasen möglich macht. Neben der lebenserfüllenden Rolle im Beruf muss auch das bürgerschaftliche Engagement als eine ebenso erfüllende Rolle Anerkennung finden. Im Kontakt mit der mittleren und jüngeren Generation muss es für die ältere Generation möglich sein, ihre Kompetenzen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen einzubringen und weiterzugeben.

Verlässlicher Verlässlicher Sozialstaat Sozialstaat

teiligen. Mehr noch als eine direkte gesellschaftliche Abwertung des Alters ist eine Entfremdung zwischen den Generationen zu beobachten. Die Gefahr von Konflikten zwischen den Generationen wächst, wenn es der Politik nicht gelingt, generationengerechte Lösungen für die sozialen Probleme aufgrund der Altersstruktur zu finden.

Die Politik, aber auch die Gesellschaft muss bereit sein, ihr Bild vom Alter zu verändern und die ältere Generation entsprechend anzusprechen. Sie müssen die Stärken und Fähigkeiten der älteren Menschen in der Öffentlichkeit entsprechend thematisieren, sie als aktive Menschen ansprechen und von Ihren Kompetenzen Gebrauch machen sowie die Mitverantwortung der älteren Menschen für die Gesellschaft deutlicher hervorheben und betonen, und zwar ihr Wissen, aber auch ihre finanziellen Ressourcen. Die Partizipation der Älteren an sozialen, kulturellen und politischen Fragen könnte ein weiteres Element der Solidarität zwischen den Generationen sein. Die Leitbilder eines mitverantwortlichen Lebens, wie sie im 5. Altenbericht der Bundesregierung „Potenziale des Alters“ dargelegt werden, bauen auf der Entwicklung neuer, die Aufrechterhaltung vorhandener und die Nutzung von Potenzialen im Alter auf: • „Alter als Motor für Innovationen in der Wirtschaft“. D. h. einerseits gilt es, das Beschäftigungspotenzial älterer Arbeitnehmer besser auszuschöpfen, um so die Wirtschaft funktionsfähig zu erhalten, andererseits hängen die Wachstumschancen der Wirtschaft davon ab, gezielt die Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen anzusprechen und zu berücksichtigen. BAGSO

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• „Prävention in allen Phasen des Lebenslaufs“ bezieht sich nicht nur auf medizinische Prävention, sondern auch auf Prävention im soziologischen und psychologischen Sinne. Gemeint ist nicht nur die Vermeidung von Krankheiten und funktioneller Einschränkungen, sondern auch die Verringerung sozialer Ungleichheiten in Hinblick auf materielle Ressourcen, Bildungschancen und die Wohnsituation. • „Die Förderung der Lebensbedingungen Älterer darf die Entwicklungschancen nachfolgender Generationen nicht beeinträchtigen“. Ziel ist die Nachhaltigkeit und Generationensolidarität innerhalb der Gesellschaft. Fragen des Alters müssen deshalb grundsätzlich in generationsübergreifenden Kontexten erörtert werden. Daraus folgt letztlich • „Die Mitverantwortung der älteren Menschen“. Schließlich verfügen sie über Kompetenzen, um innerhalb der Gesellschaft ein mitverantwortliches Leben zu führen. Um die Möglichkeiten der Umsetzung der Potenziale des Alters zu verdeutlichen, griff der Referent zurück auf ein Werk der Philosophin und Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt „Vita activa oder vom tätigen Leben“. Für die Mobilisierung und Aktivierung der Potenziale des Alters sind ihre Erkenntnisse von grundlegender Bedeutung, weisen sie doch darauf hin, die Abwertung und Diskriminierung des Alters aufzugeben und Älteren wie Jüngeren die Möglichkeit zu gemeinsamer kultureller und politischer Partizipation zu eröffnen.

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C4 Wie verlässlich kann und muss ein Sozialstaat für ältere Menschen mit Behinderungen sein? Nicht alle Glieder einer Gesellschaft können in gleicher Weise am Leben der Gesellschaft partizipieren, ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen. Mehr als 8 %, das sind über 6,5 Mio. Bürgerinnen und Bürger, zählen zu den chronisch Kranken und behinderten Menschen in unserer Gesellschaft. Die überwiegende Mehrheit von ihnen ist älter als 60 Jahre. Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SOVD), hatte es übernommen, sich Gedanken zum Thema „Nachteilsausgleiche als Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft“ zu machen. In seinen Ausführungen ging er davon aus, dass in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten 5 Jahren ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel in der Sichtweise und Behandlung von Menschen mit Behinderungen stattgefunden hat. Im Mittelpunkt der politischen Bemühungen stehen seitdem nicht mehr Fürsorge und Versorgung von Menschen mit Behinderungen, sondern selbstbestimmte und selbstständige Teilhabe am Leben der Gesellschaft sowie die Beseitigung von Barrieren, die dieser Teilhabe im Wege stehen. Eingeleitet wurde dieser Paradigmenwechsel mit der Verabschiedung des Sozialgesetzbuches IX „Rehabilitation und Teilhabe“ im Jahr 2001 und des Bundesgleichstellungsgesetzes im Jahr 2002, dem in den folgenden Jahren weitere Gleichstellungsgesetze auf Länderebene folgten.

Verlässlicher Verlässlicher Sozialstaat Sozialstaat

• „Das Recht auf und die Verpflichtung zum lebenslangen Lernen“ erfordert einerseits ein Bildungsinteresse und eine -aktivität auf Seiten der Älteren, andererseits ein entsprechendes Angebot in der Fort- und Weiterbildung. Durch das Recht und die Verpflichtung zum Lernen sollen die Älteren in gleicher Weise am sozialen, kulturellen und technischen Fortschritt partizipieren können wie die Jüngeren.

Nachteilsausgleiche sind nicht alles, aber doch unerlässlich für eine Selbstbestimmung und Chancengleichheit in der Gesellschaft. Sie dürfen nicht nur als rechtliche Ansprüche, sondern müssen ebenso sehr als sozialstaatliche Verpflichtung und verfassungsrechtliches Gebot begriffen werden. Aufgrund der gegenwärtigen finanziellen Lage im Bund und in den Kommunen werden sie von Politikern immer wieder für verzichtbar erklärt, weil die Frage der Nachteilsausgleiche nur auf die Kosten beschränkt wird. Die – inzwischen teilweise wieder rückgängig gemachte – Abschaffung des Landesblindengeldes in einigen Bundesländern ist ein beredtes Beispiel hierfür. Was Behinderung ist, BAGSO

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Alter als Chance die zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen in bestimmten Lebenslagen und -situationen berechtigt, ist in § 2 des Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) festgelegt. Nachteilsausgleiche sind aber viel weiter zu verstehen, wenn man den Bericht der Bundesregierung vom 16. Dezember 2004 zur Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe am Leben der Gesellschaft heranzieht. Danach sollen Nachteilsausgleiche Nachteile und Mehraufwendungen ausgleichen, die behinderte Menschen im täglichen Leben haben und mit deren Hilfe möglichst gleichwertige Voraussetzungen für die Teilnahme am Leben der Gesellschaft geschaffen werden sollen. Das Spektrum der Nachteilsausgleiche ist breit und vielfältig, nicht nur die direkten und indirekten finanziellen, sachlichen und personellen Ausgleiche, sie reichen durch alle Rechtsbereiche. Nachteilsausgleiche sind aber auch präventive und rehabilitative Maßnahmen, die Behinderung, Hilfs- und Pflegebedürftigkeit auszugleichen helfen. Das schließt Maßnahmen ein, die älteren Menschen generell so lange wie möglich ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu gestalten eröffnen. Der Grundsatz „Rehabilitation und Prävention vor und bei Pflege“ wird noch viel zu wenig berücksichtigt. Hin- und hergeschoben zwischen den Leistungsträgern erhalten ältere, pflegebedürftige und behinderte Menschen nicht immer die Leistungen, die zum Erhalt und zur Verbesserung ihrer persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten notwendig wären. Im Dschungel der rechtlichen Regelungen, Vorschriften, Verordnungen und Zuständigkeiten können behinderte Menschen oftmals die ihnen zustehenden Rechte nicht wahrnehmen. Hier ist dringend mehr Transparenz und Konzentration erforderlich, um eine effizientere Durchsetzung zu ermöglichen. Der Rechtsanspruch auf Nachteilsausgleiche wird schon im Ersten Sozialgesetzbuch (SGB I) in § 10 begründet und dann in § 1 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) wiederholt. Diese Grundsätze sind nicht nur Vorgaben für die Anwendung des Sozialrechts, sie sind auch entsprechend dem Behindertenbericht der Bundesregierung von 2004 die maßgebenden Leitlinien der Rehabilitations- und Behindertenpolitik. In diesen Paragraphen wird ein Recht auf Hilfe begründet, 110

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„die notwendig ist, um ihre Entwicklung zu fördern und ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern sowie Benachteiligungen aufgrund der Behinderung entgegenzuwirken“. Damit sollen Nachteilsausgleiche den Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik umzusetzen helfen. Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung, Teilhabe statt Ausgrenzung sind das Ziel. Nachteilsausgleiche tragen der individuellen Lebenssituation älterer und behinderter Menschen Rechnung und verbessern deren Lebensqualität und Entscheidungsfreiheit. Benachteiligungen auszugleichen und dadurch Chancengleichheit und Teilhabe zu ermöglichen, ist die eine Sache. Ebenso notwendig sind Maßnahmen zur Rehabilitation und Prävention. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Weiterentwicklung der geriatrischen Rehabilitation. Individuelle Rehabilitationsziele unter Einbeziehung vorhandener körperlicher und geistiger Fähigkeiten sind erforderlich, um den Erhalt, die Aktivierung und Mobilisierung körperlicher und geistiger Kompetenzen zu fördern und so Behinderung und Pflege zu vermeiden.

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Kongress

Nachteilsausgleiche sind nicht nur Rechte Behinderter im Sozial-, Steuer-, Arbeitsrecht u. dgl.. Sie sind auch ein verfassungsrechtliches Gebot. Mit der Ergänzung in Art. 3, Abs. 2, Satz 2 des Grundgesetzes im Jahre 1994 wurde nicht nur formal festgelegt, dass „niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf“, es wurde damit vielmehr eine Verpflichtung für Politik und Gesellschaft geschaffen, sich aktiv um die Integration behinderter Menschen in Familie, Beruf und täglichem Leben zu bemühen. Der Bedarf und die Notwendigkeit einer „Gesetzgebung, die den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Unterstützung und Solidarität als Teil selbstverständlicher und universeller Bürgerrechte erfüllt“, wurden ausdrücklich in der Entschließung zu dieser Grundgesetzänderung festgestellt. Nachteilsausgleiche schaffen daher für Menschen mit Behinderung eine mit Nicht-Behinderten vergleichbare Ausgangssituation bei der gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe. Menschen mit Behinderungen sind gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger, die Anspruch auf gleiche Rechte und gleiche BAGSO

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Alter als Chance Chancen haben. Es geht um die Achtung der Menschenwürde Behinderter, nicht um Fürsorge oder Versorgung und Privilegien. Gleichheit bedeutet Anerkennung der Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit jedes Menschen. Daraus entspringt erst die Möglichkeit, dass Behinderte und Nicht-Behinderte zusammenleben, von und miteinander lernen und dass Unterschiede für die Gesellschaft fruchtbar werden. Es gibt viele ältere Menschen, die aufgrund ihres Alters, einer Erkrankung oder Behinderung behindert sind. Integration statt Ausgrenzung gilt für sie in besonderer Weise. Ein weiterer Aspekt von Nachteilsausgleichen ist ihre sozialstaatliche Verpflichtung. Der Sozialstaat ist trotz aller Kritik in jüngster Zeit wegen seiner scheinbaren Unbezahlbarkeit ein unerlässliches und vom Grundgesetz als unveränderbar gekennzeichnetes Merkmal unseres Gemeinwesens. Teilhabe und Chancengleichheit lassen sich nur in einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen. Sozialstaat heißt bestmögliche soziale Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich, in dem alle Glieder je nach ihren persönlichen Kräften und Fähigkeiten für und miteinander einstehen. Nur ein Sozialstaat kann die Gleichstellung und umfassende Integration chronisch kranker und behinderter Menschen im notwendigen Umfang fordern und fördern. Nachteilsausgleiche müssen als Rechtsansprüche erhalten bleiben und dürfen nicht in Ermessensleistungen umgewandelt oder von der Finanzkraft der Öffentlichen Hand abhängig gemacht werden. Es darf nicht dem Zufall überlassen bleiben, ob in der Wirtschaft, die allein von den Regeln des Wettbewerbs geprägt wird, noch etwas abfällt, was den Namen „soziale Sicherung“ verdient. Deutschland muss ein Sozialstaat bleiben, der alte, behinderte und kranke Menschen nicht zu Almosenempfängern degradiert. Adolf Bauer schloss seine Ausführungen mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weiszäcker: „Nicht behindert zu sein, ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, dass jedermann von uns jederzeit genommen werden kann. Lassen Sie uns behinderte Menschen und ihre Angehörigen auf ganz natürliche Weise in unser Leben einbeziehen. Wir wollen ihnen die Gewissheit geben, dass wir zusammengehören“. 112

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Ergänzt wurden diese Ausführungen von Prof. Christian Bühler, Universität Dortmund, mit seiner Darstellung und Demonstration von „Barrierefreiheit – Design für alle?“. Barrieren werden zunächst individuell wahrgenommen und werden dadurch charakterisiert, dass sie zwei Bereiche voneinander trennen. Im übertragenen Sinn ist eine Barriere ein Widerstand, der, wenn überhaupt, nur mit Mühe und mit zusätzlichem Kostenaufwand überwunden werden kann. Unproblematisch sind Barrieren, die zu unserem Schutz irgendwo ein- oder aufgebaut werden. Viele Barrieren sind jedoch unbeabsichtigt errichtet, oder ergeben sich aus dem Zusammentreffen verschiedener Umstände, wie z. B. ein schlecht beleuchtetes Türschild im Dunkeln, ein Display eines Geldautomaten im hellen Sonnenlicht u. dgl. Das Überwinden solcher Barrieren hängt weitgehend von den individuellen persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. Das Nicht-Vorhandensein solcher Barrieren wird demgegenüber als Barrierefreiheit bezeichnet.

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Im Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2002 definiert der Gesetzgeber Barrierefreiheit wie folgt: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“ Damit rückt der Endverbraucher bzw. Endnutzer in den Mittelpunkt von Entwicklungen und Problemlösungen. Hersteller, Entwickler, Designer, Architekten etc. sind verpflichtet, das technisch Mögliche in die Praxis umzusetzen. Das technisch Mögliche wird i. d. R. nach dem Stand der Technik in einer Richtlinie, einem Standard oder einer Norm festgelegt. Anhand zahlreicher Bilder aus den verschiedensten Lebensbereichen – Bauen/Wohnen, Öffentlicher Verkehr, Telekommunikation, Informationstechnologie – demonstrierte Prof. Bühler, wie Barrierefreiheit in der Praxis für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen ausschaut. Während die Probleme für viele unterschiedliche Nutzer mit BAGSO

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Alter als Chance

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Behinderungen zumindest technisch gelöst sind, bleiben für andere Behindertengruppen noch viele Fragen offen. FORUM C: THESEN

Mit der Verwirklichung der Barrierefreiheit wird eine moderne, auf Zukunft ausgerichtete Infrastruktur geschaffen. Neben wirtschaftlichen Gründen bleibt der wichtigste Grund: mit Barrierefreiheit wird die Voraussetzung für Teilhabe und Integration geschaffen. Das nützt dem Einzelnen und der Gesellschaft insgesamt. Aus den Referaten und Diskussionsbeiträgen wurde übereinstimmend deutlich, dass auch ein modernes Staatswesen sozialstaatlicher Prinzipien bedarf, um die Solidarität seiner Mitglieder für und miteinander zu fördern und zu fordern sowie allen Gliedern dieser Gemeinschaft entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Kompetenzen und Möglichkeiten eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben der Gesellschaft zu ermöglichen. Protokollführung: Dr. Johannes-Jürgen Meister Teilnehmerzahl: C1: 90, C2: 60, C3: 70, C4: 30

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1. Das Alter wurde zu allen Zeiten anerkannt und geehrt, aber zugleich auch als Last und Belastung empfunden. Die Sozialstaatsklausel des Grundgesetzes garantiert heute allen Bürgern ein Leben in Würde. 2. Staat und Gesellschaft müssen nicht nur allen ihren Mitgliedern ein möglichst selbstbestimmtes Leben garantieren, sondern auch die Solidarität der Glieder untereinander fördern und nutzen.

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Ein anderes Problem ist die weit verbreitete Unwissenheit und Abwehrhaltung gegenüber der Barrierefreiheit. „Brauchen wir das? Lohnt der Aufwand? Wer soll das bezahlen?“ lauten die typischen Gegenfragen. Hierbei wird vielfach nicht berücksichtigt, welchen Nutzen die Barrierefreiheit mit sich bringt. Die Erfahrung zeigt, dass Barrierefreiheit vielfach nicht nur für Menschen mit Behinderungen Verbesserungen und Erleichterungen schafft, sondern dass andere Nutzergruppen wie z. B. ältere Menschen allgemein, Mütter mit Kinderwagen, kleinere Kinder etc. gleichermaßen Vorteile davon haben. Diese guten Beispiele werden heute häufig als „Design for all, universal design“ oder „inclusive design“ bezeichnet.

3. Jedes Mitglied einer demokratisch verfassten Gemeinschaft kann nicht nur Forderungen an die Gesellschaft stellen, es muss auch bereit sein, Mitverantwortung für das Ganze zu übernehmen. 4. Menschen, die aufgrund einer schweren chronischen Erkrankung oder Behinderung in ihrer Selbstständigkeit und Selbstbestimmung eingeschränkt sind, bedürfen der Hilfe und Unterstützung der Gemeinschaft, damit sie, soweit das möglich ist, am Leben der Gemeinschaft teilnehmen können. FORDERUNG Wir fordern alle politischen Entscheidungsträger im Bund und in den Ländern auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich ältere Menschen auf die Solidarität der Gemeinschaft und die Sicherstellung ihrer Existenz verlassen, in Würde und Achtung ihrer Person alt werden und entsprechend ihren Fähigkeiten am Leben in der Gesellschaft teilhaben können.

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Verantwortlich: Hartmannbund Moderation: Michael Rauscher, Pressesprecher Hartmannbund Mitwirkende: Carsten Frege, Leiter Berufs- und Verbandspolitik, Hartmannbund; Dr. Christiane Friedländer, Vors. der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein; Dr. Klaus Reinhardt, Vizepräs. Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vors. LV Westfalen-Lippe des Hartmannbundes; Dr. Dr. Hans-Jürgen Bickmann, Frauenarzt und Inhaber einer Praxisklinik, Siegen, Vorstandsmitglied LV Westfalen-Lippe. Zunächst stellte Dipl.-Pol. Carsten Frege, Mitglied der Hauptgeschäftführung des Hartmannbundes, die Initiativen der Ärzteschaft zur Patientensicherheit vor. Anschließend ging er auf aktuelle Trends ein, nämlich den medizinischen Fortschritt, den demografischen Wandel in der Gesellschaft und die sich kontinuierlich verschlechternden Rahmenbedingungen, weiterhin gute Medizin zu gewährleisten. Daraus leitete er die Thesen ab, dass in immer kürzerer Zeit und mit immer weniger Personal immer mehr Patienten mit immer komplexer werdenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreut werden. Außerdem ist eine Zunahme von Fehlern, insbesondere Diagnose-, Behandlungsfehler aber auch Kommunikations- und Organisationsfehler zu konstatieren. Dies führt dazu, dass der Bedarf zur Entwicklung von Fehler-Vermeidungsstrategien in Klinik und Praxis steigt. Weiterhin wurden Konzepte für den Umgang mit Risiken im Gesundheitswesen anhand des „sicheren Krankenhauses“ und der „sicheren Arztpraxis“ vorgestellt. Patientensicherheit wird hier definiert, als Abwesenheit von unerwünschten Ereignissen sowie individuellen Ursachen, Kommunikations- und Teamversagen definiert. Aber auch organisatorische Mängel und Defizite im Selbstverständnis der Organisation werden zugrunde gelegt. Beim sicheren Krankenhaus kommt es insbesondere auf die Implementierung eines Risikomanagementsystems an, um systematisch 116

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Fehler zu erkennen, sie zu analysieren und zu verhindern sowie deren Folgen zu minimieren. Aufgetretene Schäden sind zu analysieren, um die Beseitigung von deren Ursachen sicher zu stellen. Wichtig ist aber auch, eine klare Strategie zur externen und internen Kommunikation von aufgetretenen Schäden zu entwickeln. Insgesamt muss eine Sicherheitskultur in die Organisationskultur des Krankenhauses überführt werden. Im weiterem stellte Carsten Frege das Vorgehen und die Umsetzung bei der Implementierung eines Risikomanagementsystems vor, ging auf die Methodik ein, insbesondere auf die non punitive Herangehensweise und auf die Einrichtung eines „Critical Incident Reporting Systems“.

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2.3.2 Patienten-Arzt-Kommunikation: Informationen zum Medizinbetrieb

Bei der sicheren Arztpraxis ging es schließlich um die Möglichkeiten der Fehlervermeidung, wobei deutlich wurde, dass eine klare Fehlerstatistik hier bislang nicht existiert. Beispielhaft wurden die Lösungsansätze bei Medikamentierungsfehlern beschrieben und insbesondere die Erarbeitung eines Praxishandbuches vorgestellt. Dabei kommt es darauf an, die Kommunikations- und Ablaufprozesse innerhalb einer Arztpraxis für alle verbindlich zu fixieren, ein Risiko- und Beschwerdemanagement einzurichten und dies durchgängig für die Arztpraxis zu realisieren. In der folgenden Podiumsrunde präsentierte zunächst Dr. Christiane Friedländer die Initiativen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zur Information der Bürger und Versicherten. Hier existierten sowohl ein Bürger- und Patiententelefon als auch zahlreiche Informationsflyer, die in den Arztpraxen ausgelegt werden können. Zugleich ist die Kassenärztliche Vereinigung selbst Anlaufstelle für Patienten und Versicherte auf der Suche nach dem für sie passenden Spezialisten. Dr. Klaus Reinhardt erläuterte im Weiteren die Initiativen der Ärztekammer und unterstrich die Rolle der Ärztekammern, bei der niedergelassene und Klinikärzte vertreten sind. Dr. Reinhardt ging auf das Beschwerdemanagement für die Patienten bei der Ärztekammer ein und demonstrierte die Vorgehensweise. BAGSO

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Dr. Dr. Hans-Jürgen Bickmann erklärte vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen die Notwendigkeit von schlüssigen Kommunikationskonzepten, insbesondere im sensiblen Bereich von Tumorerkrankungen. Dabei wurde deutlich, dass auf der Grundlage unseres Gesundheitssystems, im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, nur ein bestimmter fixierter Betrag zur Behandlung der Patienten vorhanden ist, so dass zwar alle notwendigen Leistungen erbracht werden können. Darüber hinaus gehende, wünschenswerte und mögliche Leistungsangebote können jedoch nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden.

und Informationsübermittlung, zu neuen wissenschaftlich erarbeiteten Diagnose- und Behandlungsmethoden und zu Fragen medizinischer Leistungen und Rechtsicherheit mit.

In der weiteren Fragerunde, die auch das Publikum einschloss, wurden vor allen Dingen Fragen thematisiert, die sich nach Informationsabläufen zwischen Arzt und Patient richteten: So wurde deutlich, dass bspw. beim Wechsel des Hausarztes sämtliche Patientenunterlagen an den neuen Hausarzt übermittelt werden müssen. Eine freie Wahl des Krankenhauses bei entsprechender bestehender Indikation ist möglich. Die modernen Kommunikationsmedien im Internet ermöglichen umfangreiche Arztrecherchen und Arztsuche. Im Weiteren gingen die Podiumsteilnehmer auf die zahlreichen Informationsflyer zu unterschiedlichen Erkrankungen ein, die den jeweiligen neuesten Erkenntnisstand der wissenschaftlichen Medizin für die Patienten sachgerecht aufarbeiten.

Verantwortlich: BAG Selbsthilfe, Pfizer Deutschland GmbH Moderation: Hannelore Loskill (BAG Selbsthilfe), Michael Klein (Pfizer)

In der Diskussionsrunde wurden die gesundheitspolitischen Entwicklungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Kommunikation beleuchtet. Dabei zeigte sich, dass bei verschlechterten Ressourcen und sinkendem Finanzvolumen für die Behandlung der Patienten, die Ärzte schnell in eine so genannte „Ethikfalle“ kommen. Sie können nicht alle Leistungen durchführen, die wünschenswert sind, da nicht alle Leistungen, die möglich sind, von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Insgesamt verlief die Diskussion offen, und es konnten zahlreiche Anfragen aus dem Publikum zur Zufriedenheit beantwortet werden. Die ca. 70 anwesenden Workshopteilnehmer nahmen neue Informationen zum Arzt-Patienten-Verhältnis, zu Fragen der Dokumentation 118

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2.3.3 Patienteninformationen im Internet

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Protokollführung: Dipl.-Pol. Carsten Frege, Leiter Berufs- und Verbandspolitik Teilnehmerzahl: 70

Im Internet zu surfen bedeutet, aktuell informiert zu sein. Hier findet der Nutzer Informationen, die manche Zeitungen nur spärlich und viele Bücher erst Jahre später veröffentlichen. Deshalb ist das Internet gerade für Patienten so wichtig. Denn wer sich als Patient im Internet bewegen kann, kommt an ein breites, aktuelles Angebot an Patienteninformationen. Viele Anbieter von Patienteninformationen gibt es im Internet: Ärzte, Apotheker, Selbsthilfeorganisationen, Arzneimittelhersteller, Krankenhäuser, Therapeuten und Krankenkassen. Im Mittelpunkt des Workshops standen die Informationsangebote von Selbsthilfeorganisationen, Apotheken und dem Arzneimittelhersteller Pfizer. Senioren finden im Internet gute Gesundheits-/Patienteninformationen auf vielen Seiten: • Die Internetseiten der Selbsthilfe-/Patientenorganisationen geben Informationen dazu, wie Patienten ihren Alltag meistern können und welche Hilfsmöglichkeiten ihnen zustehen. Am Beispiel der Deutschen Schmerzliga (www.schmerzliga.de) und der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (www.bechterew.de) wurde gezeigt, welchen Nutzen Selbsthilfeorganisationen für Patienten und ihre Angehörigen bieten. Wer erstmals Kontakt zu Gleichbetroffenen BAGSO

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• Zahlreiche Tipps zur Gesundheitsvorsorge bieten auch die Internetseiten der Apotheker (www.aponet.de). Auf diesem Portal der deutschen Apotheker/innen finden Senioren die Adressen von Apotheken mit spezialisierten Gesundheitsangeboten. • Auch die Arzneimittelhersteller selbst, wie z. B. Pfizer Deutschland, bieten wertvolle Patienteninformationen im Internet an. Pfizer hat seine Internetseiten auf www.pfizer.de barrierefrei umgestaltet, damit alle Menschen – jung und alt, gesund und seh- oder körperbehindert – diese Seiten lesen können. Hier finden Patienten und Angehörige Informationen zum Beipackzettel: Warum der Beipackzettel so wichtig ist und wie man ihn liest. Die patientenverständlichen Erklärungen wurden auch in Gebärdensprache angeboten. Protokollführung: Melanie Kunz Teilnehmerzahl: 40

Elke Zeller informierte über die potenziellen Unterstützungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und die sie betreuenden Angehörigen. Insbesondere pflegende Angehörige müssen sich frühzeitig Freiräume schaffen, um ihre persönlichen Ressourcen zu erhalten. Folgenden Themen wurden diskutiert: • Pflegebedürftigkeit kann schwere Lebenskrisen auslösen und wird nach Ansicht eines Teilnehmers auch als Vorwand genommen, sich vom Partner zu trennen. • Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer heben die Schwierigkeiten hervor, Informationen und umfassende Beratungen zu erhalten. Es folgte der Hinweis auf die trägerunabhängigen Beratungsstellen bei Kommunen und Kreisen in NRW. • Wie kann Berufstätigkeit und Pflege gestaltet werden?

2.3.4 Pflege zu Hause – Schicksal oder Herausforderung ?

• Gibt es Empfehlungen für den Dialog mit dem Arbeitgeber, wenn ein Arbeitnehmer die häusliche Pflege übernehmen will? Welche Konsequenzen entstehen für den Arbeitnehmer? In der folgenden Diskussion wird die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes in einer Pflegesituation deutlich.

Verantwortlich: Landesstelle Pflegende Angehörige Moderation: Elke Zeller Elke Zeller gab einen Überblick zum Thema „Pflege zu Hause“. Die Zahlen aus der Pflegestatistik 2003 belegen, dass Angehörige der größte Pflegedienst der Nation sind. Die Wahrscheinlichkeit, sich irgendwann im Lebensverlauf mit Pflege auseinandersetzen zu müssen, ist sehr hoch: Entweder als pflegender Angehöriger oder als selbst pflegebedürftiger Mensch. Dennoch wird die rechtzeitige Information und Auseinandersetzung mit diesem Thema von vielen potenziell Betroffen nicht gesucht. 120

Aus Sicht der Landesstelle Pflegende Angehörige ist eine frühzeitige Information über Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige notwendig. Denn nur dann ist eine größtmögliche Selbstbestimmung des pflegebedürftigen Menschen gewährleistet, wobei die Interessen und Ressourcen der pflegenden Angehörigen immer mit zu berücksichtigen sind.

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zum Thema Diabetes, Alzheimer, Krebs und vielen anderen Erkrankungen sucht, findet über die BAG SELBSTHILFE unter www.bagselbsthilfe.de eine gute Verbindung zu über 90 bundesweit tätigen Selbsthilfeorganisationen.

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• Hinweise auf Nachbarschaftshilfe, ehrenamtliche Haushaltshilfen der Caritas, private kostenpflichtige Angebote werden gegeben. Darüber hinaus müssen mehr niedrigschwellige Angebote eingerichtet werden. Der Informations- und Beratungsbedarf zu diesem Thema ist sehr groß. • Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Pflegestufe zu erhalten? Daraufhin entstand eine Diskussion über die BeBAGSO

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• Die Zeitkorridore für die pflegerischen Verrichtungen werden in den Begutachtungsrichtlinien als unrealistisch empfunden. Daraus leitet sich die Forderung ab, dass das Begutachtungsverfahren des MDK erheblich transparenter und nachvollziehbarer werden muss. • Eine Teilnehmerin bemängelte, dass Demenzerkrankte und psychisch kranke Personen bei der Zuerkennung einer Pflegestufe unberücksichtigt bleiben. • Es wurde ein Hinweis auf Pflegekurse gegeben, in denen der Pflegende Informationen erhält und den Umgang mit dem MDK üben kann. • Eine Teilnehmerin erkundigte sich nach Angeboten für Urlaubsmöglichkeiten inkl. Pflege.

2.3.5 „Pflegebegleiter“ – Projekt Verantwortlich: Forschungsinstitut Geragogik e.V. Moderation: PD Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz Gegenwärtig sind in Deutschland 2 Mio. Menschen pflegebedürftig, davon 85 % sechzig Jahre alt oder älter. Von den Pflegebedürftigen werden 69 % im häuslichen Umfeld versorgt, davon die meisten sogar ausschließlich von Angehörigen ohne professionelle Unterstützung (Statisches Bundesamt, 2005). Häusliche Pflege – eine existentielle Herausforderung für die Familien

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gutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Von Seiten der Teilnehmenden wurde vermutet, dass die Entscheidungen des MDK nur unter dem Gesichtspunkt der Kostenreduzierung gefällt werden, menschliche Aspekte werden nach Ansicht der Teilnehmer in der Begutachtungspraxis kaum berücksichtigt. Anhand von Beispielen wurde die Begutachtungspraxis des MDK als für den Laien nicht nachvollziehbar dargestellt (MDK fragt telefonisch Angaben ab; MDK erscheint, wenn berufstätige Pflegeperson außer Haus ist).

Die Familie ist also „der Welt größter Pflegedienst“. Häusliche Pflege kann aber in ihrer Alltagspraxis leicht zur Überforderung werden. Pflege – richtig organisiert – sollte jedoch auch als Bereicherung erlebt werden können – als Anlass zu persönlichen Reifungsprozessen. Damit sie Sinnerfüllung und persönliche Zufriedenheit bringt, braucht es nicht nur die oftmals vorhandene persönliche Offenheit der Pflegenden, sondern auch Stärkung von außen. Hier setzt das Bundesmodellprojekt „Pflegebegleiter“ an, indem es Begleitung anbietet. Das Modellprojekt

Folgende Angebote könnten Angehörige zur Pflege ermutigen und motivieren: • Erstellung einer Broschüre „Pflege ist positiv“, • durch präventive Beratung, • ausführliche Informationen von staatlicher Seite. Insgesamt muss das Informations- und Beratungsangebot für Pflegebedürftige und Angehörige verbessert werden. Den Menschen muss eine rechtzeitige, aktive Auseinandersetzung mit Pflegebedürftigkeit ermöglicht werden, um diese Lebensphase gestalten zu können. Protokollführung: Antje Brandt Teilnehmerzahl: 16 Personen 122

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Das von den Spitzenverbänden der Pflegekassen finanzierte Bundesmodellprojekt „Pflegebegleiter“ erprobt in den Jahren 2004 - 2008 neue Formen und Strukturen im Rahmen der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (§ 8 Abs. 3 SGB XI). Dabei steht die Begleitung pflegender Angehöriger im Mittelpunkt: Sie soll möglichst vielen pflegenden Angehörigen bundesweit zugänglich werden. Ausgehend von den Projektbüros in Hamburg, Potsdam, Dortmund und Stuttgart haben in verschiedenen Bundesländern auf der Halbzeit des Projektes bereits 350 freiwillig engagierte Pflegebegleiter ihre Tätigkeit aufgenommen, weitere ca. 250 nehmen derzeit an Vorbereitungskursen teil, die von eigens qualifizierten Projekt-Initiatorinnen aus unterschiedlichen Organisationen und Verbänden durchgeführt werden. Pflegebegleiter stärken und begleiten – sie helfen nicht bei der Pflege. BAGSO

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Thesen des Workshops • Pflegende Angehörige brauchen mehr als Entlastung: sie wollen am normalen Leben teilnehmen und auch gern neues hinzulernen, um Pflege besser zu meistern. • Der Einsatz pflegender Angehöriger kann öffentlich nicht hoch genug wertgeschätzt werden. • „Pflege ins Leben holen“: nach dieser Devise engagieren sich freiwillige Pflegebegleiter – im Verein mit vielen anderen Initiativen zum Wohl pflegender Familien. Projektbüro Pflegebegleiter: Forschungsinstitut Geragogik www.pflegebegleiter.de Protokollführung: PD Dr. Elisabeth Bubolz-Lutz Teilnehmerzahl: 70

2.3.6 Spezifische Probleme älterer Menschen mit Behinderung, insbesondere mit Sehbeeinträchtigungen in ambulanter und stationärer Pflege Verantwortlich: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), Deutscher Verein der Blinden- und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) Moderation: Dr. Alfred Preuße (DBSV) Mitwirkende: Claudia Fuchs (Ernst-Christoffel-Haus), Henry Kieschnick (KDA) Einleitend wurde darauf verwiesen, dass im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten 124

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davon auszugehen ist, dass mit der älter werdenden Bevölkerung auch die Zahl behinderter Menschen steigen wird und zugleich behinderte Menschen ihrerseits immer älter werden. Der Zusammenhang zwischen Alter und Behinderung gewinnt einen neuen Stellenwert. Besonders trifft das für jene Menschen zu, die in stationären und ambulanten Einrichtungen der Altenpflege wohnen, genau so wie für die zuständigen Träger und die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Entsprechend der Themenstellung wurde auf die spezifischen Probleme blinder und sehbehinderter Menschen besonders aufmerksam gemacht. So ist davon auszugehen, dass insbesondere mit der verstärkt auftretenden Makulardegeneration die Zahl sehbehinderter älterer Menschen erheblich zunehmen wird.

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Freiwillige Pflegebegleiter sind – nach einem Vorbereitungskurs mit Zertifikat – im Sinn einer zugehenden und niederschwelligen Nachbarschaftshilfe aktiv und werden zunehmend nachgefragt.

In den einführenden Vorträgen von Henry Kieschnick, Kuratorium Deutsche Altershilfe, und Claudia Fuchs, Ernst-Christoffel-Haus, Nümbrecht sowie in der anschließenden Diskussion standen vor allem folgende inhaltliche und praktische Probleme im Mittelpunkt: Trotz erheblicher Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des SGB XI existieren nach wie vor erhebliche Mängel im Hinblick auf die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen; sie erschweren zum Teil eine menschenwürdige Pflege. Das trifft insbesondere für SOLCHE Sachverhalte zu, wie: Die finanziellen Zuwendungen für Pflegebedürftige sind seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung trotz steigender Lebenshaltungskosten nicht erhöht worden. Die Kriterien für die Pflegebedürftigkeit sind durch den Gesetzgeber sehr eng gefasst worden und werden durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen recht restriktiv – fast ausschließlich im Sinne eines verrichtungsbezogenen Pflegebegriffes – definiert. Kommunikation, Betreuung, Anleitung und soziale Hinwendung kommen viel zu kurz. Im Hinblick auf sehbehinderte und blinde Bewohner ist immerhin in der Begutachtungsrichtlinie vorgeschrieben, dass ein sog. Erschwernisfaktor (eingeschränkte Sinneswahrnehmung – Hören, Sehen) bei der Feststellung von Pflegebedürftigkeit einbezogen werden soll. Leider gibt es keine gesicherten Aussagen darüber, wie diese Forderung in der Praxis berücksichtigt wird. BAGSO

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Kongress

Es wurde insbesondere auf die Bedeutung der geltenden Qualitätsanforderungen verwiesen, zugleich aber auf die zunehmende Diskrepanz zwischen wachsenden Qualitätsanforderungen und dem Fehlen entsprechender personeller und finanzieller Ressourcen aufmerksam gemacht. Gleichzeitig wurde hervorgehoben, dass nicht selten einfache konzeptionelle, organisatorische und bauliche Verbesserungen nicht gesehen und nicht umgesetzt werden. Der Einsatz von Licht, Farbe, akustischen und taktilen Hilfsmitteln u. a. ist nicht nur für die Bewohner mit Seheinschränkungen, sondern für ältere Menschen generell hilfreich. Dazu gehört ebenfalls die Einrichtung alternativer Versorgungsformen wie ambulant betreute Wohngruppen oder stationäre Hausgemeinschaften. Bewohnerorientierte Pflege hängt maßgeblich von der menschlichen Stärke und der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Der Grundstein muss bereits in der Ausbildung gelegt werden und sich durch das gesamte System der Fort- und Weiterbildung ziehen. Diejenigen, die sehbehinderte und blinde Menschen pflegen – stationär wie ambulant – sollten in den folgenden Bereichen zumindest über wichtige Zusammenhänge Bescheid wissen:

Besonders in der Diskussion wurde darauf verwiesen, wie bedeutsam sowohl die Unterstützung der Angehörigen als auch ehrenamtlicher Kräfte ist. Das gilt gleichermaßen für die Einrichtungen der stationären und der ambulanten Pflege. Es wurde eingestanden, dass der Kenntnisstand über die Probleme behinderter Menschen, speziell solcher mit Seheinschränkungen äußerst unvollkommen ist und dringend der genaueren Analyse bedarf. Die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe hat in diesem gesamten Prozess eine besondere Verantwortung. Es ist notwendig: • Soziale Erfordernisse bei der Definition der Pflegebedürftigkeit stärker zu beachten,

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Eingehend wurde über die eigenständige Verantwortung der Träger sowie der Leitungen und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen.

• das Prinzip Rehabilitation vor Pflege in der praktischen Tätigkeit wirklich umzusetzen; • den Zusammenhang von Prävention und Pflege mit Leben zu erfüllen, • die Situation behinderter Menschen im Bereich der ambulanten Pflege genauer zu erforschen, • den Erfahrungsaustausch der Einrichtungen, in denen blinde und sehbehinderte Menschen wohnen, zu gewährleisten. Protokollführung: Dr. Alfred Preuße Teilnehmerzahl: 15

• Wesentliche Ursachen einer akuten Sehverschlechterung oder einer Erblindung, • wichtige sozialrechtliche Regelungen, • psychologische Probleme im Zusammenhang mit einer deutlichen Sehverschlechterung,

Das Podium des Workshops: Dr. Alfred Preuße, Claudia Fuchs und Dr. Johannes-Jürgen Meister (v.L.)

• Inhalt und Umfang des blindheitsbedingten, pflegerischen Mehraufwandes, • verfügbare Kommunikations- und Mobilitätshilfen, • Grundkenntnisse für das Training lebenspraktischer Fähigkeiten. 126

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Alter als Chance

Kongress

Verantwortlich: Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V. Moderation: Sonja Schlegel, Michaela Zalucki Sonja Schlegel und Michaela Zalucki stellten dar, dass heute in Deutschland NS-Verfolgte mit unterschiedlichen Verfolgungshintergründen leben und sich in sehr verschiedenen Lebenslagen befinden. Sie sind heute zwischen 63 und über 90 Jahre alt und kommen aus unterschiedlichen Herkunftsländern. Zu dieser Gruppe gehören auch viele deutsche NS-Verfolgte: Sinti und Roma, jüdische Verfolgte, die im Alter aus Israel zurück nach Deutschland gekehrt sind, Homosexuelle, Zwangssterilisierte, Kommunisten u. v. a. m.. Sie alle eint das Problem, mit den deutschen Menschen ihrer Generation in Kontakt zu kommen. Viele der Überlebenden sind traumatisiert. Ein Workshopteilnehmer berichtete von mehrfacher Verfolgung, d. h. von Verfolgung nach 1945 durch die Behörden der DDR oder der Sowjetunion. Die Workshopleiterinnen bestätigten, dass ihnen viele NS-Verfolgte bekannt seien, die nach Kriegsende noch weitere Repressionen erleiden mussten. Teilnehmer, die in der Altenpflege beschäftigt sind, berichteten über ihre Erfahrungen in stationären Einrichtungen. Sie äußerten große Zweifel, ob in der heutigen Situation in den Heimen auf traumatisierte NS-Verfolgte individuell eingegangen werden kann. Sie stellten die Forderung auf, dass in der Pflege und Versorgung alter Menschen mehr Raum und Zeit für Gespräche gegeben werden müsse, um dem Anspruch einer individuellen Pflege gerecht zu werden. Nur so könne Biografiearbeit Sinn machen. Beschäftigte in der Altenhilfe und -pflege sollten zeitgeschichtliches Wissen erwerben, um Biografien in die entsprechenden Kontexte setzen zu können. Weiterhin wurde gefordert, die Beschäftigten mit den ermittelten – teilweise traumatischen Biografien – nicht ohne Unterstützung zu lassen.

Erfordernisse älterer NS-Verfolgter“ darauf hindeuten, dass stationäre Einrichtungen nicht für die Überlebenden zu empfehlen sind. Diese in der Regel großen Institutionen förderten die Retraumatisierung. Sie sähen eine Alternative in kleinen, ambulanten Pflegewohngruppen, die ortsnah und regional für NS-Verfolgte vorgehalten werden können. Im Rahmen dieses Projektes reisen die beiden Referentinnen durch Nordrhein-Westfalen und verbreitern das Wissen über NS-Verfolgte in der Altenhilfe in sieben Informationsveranstaltungen. Das Projekt ist von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert. Als ein wichtiges Projekt der offenen Altenhilfe wird die Arbeit des ersten Erzähl- und Begegnungscafés für NS-Verfolgte in Köln vorgestellt. Hier treffen sich alle 14 Tage NS-Verfolgte mit den o. g. Verfolgungshintergründen zum Austausch und zu kleinen kulturellen Anlässen. Fünfmal im Jahr öffnet sich dieses Begegnungscafé zu einem Erzählcafé, zu dem dann auch Schulklassen und weitere Gäste eingeladen werden. Ein Erzähler/eine Erzählerin berichtet in diesem Forum über das erlittene Verfolgungsschicksal. Die Gäste und Jugendlichen haben die Gelegenheit, sich direkt mit den Überlebenden auszutauschen.

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2.3.7 NS-Verfolgte in der Altenhilfe

Protokollführung: Michaela Zalucki Teilnehmerzahl: 17

Sonja Schlegel erläuterte, dass erste Erfahrungen im Rahmen des Projektes „Anpassung der Versorgungssysteme der Altenhilfe an die 128

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Alter als Chance

Alter als Chance für innovatives Engagement

2.4.1 Forum D D1 Chancen der Selbstorganisation auf kommunaler Ebene Moderation: Giselher Achenbach, Vorsitzender BaS • Selbstorganisationspotenzial von Senioren Dr. Gertrud Zimmermann, BMFSFJ, Referatsleiterin Gesellschaftliche Beteiligung älterer Menschen • Selbstorganisation älterer Freiwilliger auf lokaler Ebene – seniorKompetenzteams Heinz D. Jung, seniorTrainer Krefeld • Gemeinsam älter werden in sozialen Netzen - das ZWAR Gruppennetz in NRW Paul Stanjek, ZWAR Zentralstelle NRW, Wolfgang Kiesewetter, ZWAR-Gruppe Hennef, Hubert Nicklich, ZWAR-Gruppe Köln

D2 Weiterbildung und Qualifizierung für innovatives Engagement Moderation: Manfred Schmitz, ehem. SWR Rundfunkjournalist, VILE • Gemeinsam Lernen+Kompetenzen weitergeben = neue nachberufliche Aufgabenfelder Carmen Stadelhofer, ViLE • MoQua- Motivation und Qualifikation von älteren Erwachsenen für das bürge schaftliche Engagement; Barbara Menke, Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben • Reaktivierung von Erfahrungen aus den Berufsbiografien als Brücke zum bürgerschaftlichen Engagement; Werner Ruppelt, JAHRESRINGE

D3 Neue generationsübergreifende Engagementformen und -felder Moderation: Manfred Schmitz, ehem. SWR Rundfunkjournalist, VILE • Generationsübergreifende Freiwilligendienste für Jung und Alt: „Zwei Generationen – ein Team“ Gabriele Wahlen, BaS, Agnes Boeßner, Seniorenbüro CENO Köln, Corinna Goos, Evangelische Frauenhilfe im Rheinland • Aktivitäten in Bürgerinitiativen im Umweltbereich am Beispiel der NaturFreunde Adalbert Kyberg, NaturFreunde Deutschland • Junge und Alte ins Rampenlicht - Theaterprojekttage zwischen Alt und Jung Dieter Scholz, Dachverband Altenkultur und Freies Werkstatt Theater

Verantwortlich: Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e. V. (BaS), Verein virtuelles und reales Lern- und Kompetenz-Netzwerk für ältere Erwachsene (ViLE) e. V. Mitwirkende: BegegnungsCentrum „Haus im Park“ der Körber-Stiftung, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE), BAK Arbeit und Leben, BMFSFJ, Dachverband Altenkultur e. V., ISAB Köln, JAHRESRINGE e. V., NaturFreunde Deutschlands, Sozialwerk Berlin, ZWAR e.V.

D1 Chancen der Selbstorganisation auf kommunaler Ebene Dr. Gertrud Zimmermann, BMFSFJ, beschrieb zunächst den Wandel im Aufgabenspektrum der Kommunen, der sich durch Privatisierung von Krankenhäusern, Schwimmbädern und der Abfallversorgung zeigt. Vielerorts ist parallel dazu eine Entwicklung zu mehr Bürgergesellschaft zu beobachten. Schwimmbäder, Stadtteilbibliotheken, Museen, Jugendzentren, die von Bürgerinnen und Bürgern in Eigenregie geführt werden, sorgen für die Aufrechterhaltung und qualitative Weiterentwicklung von Angeboten auf kommunaler Ebene. Der Finanzdruck, dem die Kommunen ausgesetzt sind, bewirkt meist eine Reduzierung der freiwilligen kommunalen Leistungen, der durch mehr Bürgerengagement wirkungsvoll begegnet werden kann.

D4 Welche Rahmen- und Realisierungsbedingungen sind erforderlich?

Die Kommunen müssen zu einem Neuverständnis gelangen und sich als „Gewährleister“ dafür sehen, dass kommunale Angebote weiterhin aufrecht erhalten werden, u. A. auch durch das freiwillige Engagement der älteren Bürgerinnen und Bürger. Diese lokale Selbstorganisation ist für die Bürgerinnen und Bürger eine Chance, mitzugestalten und mitzubestimmen und dadurch Angebote weiterzuentwickeln und qualitativ zu verbessern; sie bedarf allerdings der aktiven, auch finanziellen Unterstützung der Kommunen durch die Bereitstellung entsprechender Infrastruktur.

Moderation: Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer des BBE • Podiumsdiskussion mit: Joachim Braun, ISAB Köln; Michael Hofnagel, Bürgermeister Stadt Taunusstein; Hartmut Kalthoff, stv. Amtsleiter des Amtes für Sozial- und Wohnungswesen; Hilmar Ransch, Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin; Käte Tresenreuter, Sozialwerk Berlin ; Dieter Wagner, BegegnungsCentrum Haus im Park der Körber-Stiftung

Dr. Gertrud Zimmermann stellte das Projekt „Selbstorganisation älterer Menschen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vor, das vom ISS (Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik) in Frankfurt durchgeführt wird.

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Engagement

2.4

Kongress

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Alter als Chance

Kongress

Heinz D. Jung berichtete am Beispiel der seniorKompetenzteams (Programm Erfahrungswissen für Initiativen (EFI) des BMFSFJ) über die Selbstorganisation älterer Freiwilliger auf lokaler Ebene. In Düsseldorf wurde das Servicebüro „Mach-Mit“ gegründet, dessen Träger die Diakonie ist. Hier wird Erfahrungswissen unentgeltlich zur Verfügung gestellt, und es werden Initiativen ins Leben gerufen, wie z. B. der Stammtisch für demenzkranke Männer oder das Projekt Maus-Mobil, das ältere Menschen am Computer schult. Ziel aller Aktivitäten ist es, die Gemeinschaft menschlicher zu gestalten. Es gibt keine Konkurrenz zu professionellen Anbietern und diese werde auch bewusst vermieden. Der Vorteil des Zusammenschlusses von seniorTrainern im Kompetenzteam ist, sich über Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Paul Stanjek berichtete über „Gemeinsam älter werden in sozialen Netzen“ über ZWAR Gruppen und ZWAR Netzwerke, deren Ziel in erster Linie ist, Gemeinschaften im Alter von 50plus zu bilden und soziale Beziehungen zwischen Menschen zu ermöglichen. ZWAR Gruppen sind unabhängige, freiwillige Zusammenschlüsse ohne Mitgliedsbeiträge oder Vereinsstruktur. Die Gruppen erhalten in ihrer Startphase für einen Zeitraum von zwei Jahren einen Begleiter, der die ersten Treffen initiiert und die Startphase unterstützt. Die Motivation, sich einer ZWAR Gruppe anzuschließen ist zunächst, die eigenen Interessen in die Gruppe zu tragen und etwas für sich selbst zu tun. 132

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Daraus erwachse dann häufig ein Netzwerk für gegenseitige Unterstützung und bürgerschaftliches Engagement im Stadtteil. Soziales Lernen als lebenslanges Lernen steht vor einem rein wissensorientierten Lernen. Der Begleiter wird von Land, Kommune und Träger gemeinsam finanziert. Hubert Nicklich und Wolfgang Kiesewetter berichteten über ihre positiven, praktischen Erfahrungen mit ZWAR Gruppen in Köln und Hennef.

D2 Weiterbildung und Qualifizierung für innovatives Engagement Gemeinsam Lernen + Kompetenzen weitergeben = neue nachberufliche Aufgabenfelder Engagement Engagement

Dabei geht es zum einen um eine Bestandsaufnahme dessen, was an „Good Practice Beispielen“ im Bereich Selbstorganisation durch Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen vorhanden ist. Zum anderen werden zwölf Kommunen, die in einem Auswahlverfahren ermittelt wurden, darin beraten, wie Bürgerinnen und Bürgern Verantwortung für bestimmte Bereiche sinnvoll übertragen werden kann. Zukünftig muss Altenpolitik stärker als Querschnittsaufgabe betrachtet und das Engagement älterer Menschen anerkannt und gefördert werden. Hier ist in den Kommunen noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Aus dem Publikum kam die Anregung, die Kommunen über die Seniorenvertretungen anzusprechen und für freiwilliges Engagement der Bürgerinnen und Bürger aufzuschließen.

Zu Beginn gaben drei ViLE-Mitglieder aus verschiedenen Städten Deutschlands kurze Statements ab, in denen sie ihre Gründe für eine Mitarbeit bei dem Lernnetzwerk skizzierten. Im Anschluß verdeutlichte Carmen Stadelhofer, warum Lernen im Alter eine Notwendigkeit und zugleich eine Chance ist, wenn Lernen mit Kompetenzweitergabe und neuen Aufgabenfeldern verbunden ist. Schon Solon (594 v. Chr.) bezeichnete Lernen als einen lebenslang andauernden Prozess (“Ich werde älter und lerne täglich”). Heute, bei den rasanten Entwicklungen auf allen Gebieten, gilt es um so mehr, sich immer wieder neu zu orientieren und hinzu zu lernen. Die demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die Individualisierung, die längere Lebenszeit erfordern ein aktives Altern, bei dem das Lernen zum Teil des Lebens selbst wird. Carmen Stadelhofer zeigte sieben zentrale Lernfelder auf, die für die persönliche Entfaltung wie auch für die gesellschaftliche Teilhabe Älterer von großer Bedeutung sind, in denen sie auch ihre Kompetenzen anderen (v. a. jüngeren) Menschen zur Verfügung stellen können. Als besonders wichtiges Lernfeld wird auch die Vorbereitung auf das Alter mit eingeschränkter Gesundheit und Mobilität benannt. Es ist die Philosophie von ViLE, dass die Mitglieder vorhandenes Wissen vertiefen, es erweitern und neues Wissen erwerben. Die neuen BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Bei ViLE ist das Internet zunächst und immer wieder selbst ein Lernfeld, in das man eingeführt wird. Es ermöglicht darüber hinaus den Wissensaustausch von Alt und Jung: Geben und Nehmen ebnen die Gräben zwischen den Generationen, ganz Europa wird zum Lernfeld. Die Kontakte und Begegnungen zu Älteren aus anderen Ländern (dabei sind nicht nur die westeuropäischen Länder gemeint, sondern vor allem auch Länder im Osten wie Polen und Russland!) eröffnen immer wieder neue Fragestellungen und Perspektiven. Beim „Forschenden Reisen“ in Deutschland und in anderen Ländern stellen die “Einheimischen” ihren Wohnort/ihre Heimat anders vor, als man es beim touristischen Reisen zu sehen bekommt. In immer stärkerem Maße bilden sich regionale Gruppen im Netzwerk, die übers Netz zusammen arbeiten, sich aber auch gegenseitig besuchen. ViLE kooperiert mit anderen Institutionen, vor allem mit dem ZAWiW der Universität Ulm und der BAGSO, mit Landesinstituten für politische Bildung oder Kirchengemeinden sowie mit lokalen Einrichtungen, z. B. der AWO in Lübeck. Der Vortrag machte deutlich, dass “gemeinsam Lernen” und “Kompetenzen weitergeben” Spaß machen und ganz neue Aufgabenfelder zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe Älterer erschließen können.

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MoQua – Motivation und Qualifikation von älteren Erwachsenen für das bürgerschaftliche Engagement Barbara Menke stellte das Modellprojekt MoQua vor, ein Projekt des Bundesarbeitskreises „Arbeit und Leben“ in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft. Die Gewerkschaften haben erkannt, dass sie von ihren Mitgliedern nicht nur die Motivation für das bürgerliche Engagement fordern können, sondern die Menschen dafür qualifiziert werden müssen. In einem ersten Schritt wurden die Mitglieder befragt, was nötig ist, um sie in ihrem bürgerschaftlichen Engagement zu unterstützen. Welches Erfahrungswissen, inhaltliches Wissen, Kenntnisse über die Gewerkschaftsarbeit und welches gesellschaftlich-politische Bewusstsein sind nötig, um Menschen in den öffentlichen Raum zu holen? Die Antworten der Befragten zeigten vor allem auf, dass Kenntnisse über den demografischen Wandel, das Basiswissen, die Strukturen, die Kulturperspektive, die Globalisierung Europas gewünscht werden.

Engagement Engagement

Technologien ermöglichen es, altersgerecht und zugleich zeitgemäß zu lernen. Die Arbeit mit den neuen Medien, vor allem die Einbindung des Internets, führen zu neuen Fragen, die man sonst nicht stellen würde. ViLE arbeitet mit neuen interaktiven Lernmethoden, die ein weitgehend selbstgesteuertes Herangehen und Erschließen der Lerninhalte ermöglichen. Dem kooperativen Lernen von Einzelpersonen und Gruppen übers Netz kommt eine zentrale Bedeutung zu. Doch immer wieder gibt es reale Seminare und Aktivitäten, wo sich die Mitglieder real treffen.

Aus den gesammelten Antworten wurden fünf Module entwickelt, die folgende Themen abdecken: • Qualifikationen für Schule und Betrieb, • Kenntnisse der Internetmoderation, • Politische Theaterarbeit, • Zeitungsarbeit, • Organisation von Veranstaltungen. In acht Bundesländern werden die Module im Rahmen der Gewerkschaftsarbeit erprobt. Derzeit wird ein Curriculum entwickelt, das nach Abschluss des Projektes interessierten Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden soll.

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Kongress

Werner Ruppelt stellte die Arbeit des Verbandes JAHRESRINGE, der seit 1990 besteht, vor. Der Themenschwerpunkt liegt auf Weiterbildung, Qualifizierung für innovatives Engagement und Reaktivierung von Erfahrungen aus den Berufsbiografien. Werner Ruppel wies darauf hin, dass beim bürgerschaftlichen Engagement oft nicht der ausgeübte Beruf maßgeblich ist, sondern das Interesse, das der Ehrenamtliche hat. Das Fundament für das Engagement wird schon in der Jugend gelegt. Um Interessierten den Einstieg zu erleichtern, ist eine gute Organisation und Struktur wichtig. Für ihre Tätigkeit gebührt den Ehrenamtlichen Lob und Dank als Anerkennung. Häufig treten Diskrepanzen in der Arbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen auf. Das bürgerschaftliche Engagement kostet nicht nur Kraft, Zeit und verursacht Kosten, sondern gibt den Engagierten auch Befriedigung und Bestätigung. Es trägt zur Entwicklung der Persönlichkeit und des Selbstwertgefühls bei, ist also ein Gewinn für beide Seiten.

D3 Neue generationsübergreifende Engagementformen und -felder Generationsübergreifende Freiwilligendienste für Jung und Alt: “Zwei Generationen – ein Team” – Vorstellung eines Kooperationsprojektes

• Freiwillige sind ca. 20 Stunden/ Woche in einer gemeinnützigen Einrichtung tätig. • Aufwandsentschädigung (154,- €/Monat). • 7 Seminartage innerhalb von drei Monaten für die Beteiligten zur Aus- und Fortbildung. Zielgruppe • Ältere Menschen ab 50 Jahren. • Jüngere Menschen ab 16 Jahren. • Arbeitslose und Schulabgänger/innen (Schnuppermöglichkeit). Einsatzstellen • Kindertagesstätten, Schulen, Jugendzentren, ambulante Dienste, Senioreneinrichtungen.

Engagement Engagement

Reaktivierung von Erfahrungen aus Berufsbiografien als Brücke zum bürgerschaftlichen Engagement

• Art des Einsatzes: z. B. Hausaufgabenbetreuung, Einkaufshilfe für Ältere und Behinderte. Eigene Projektvorschläge der Freiwilligen werden gefördert. Weitere Aspekte • Es handelt sich um einen Freiwilligendienst mit einer Verpflichtung, im Unterschied zum klassischen Begriff des Ehrenamtes. • Zu lösende Probleme: z. B. Rechtliche/Haftungsfragen, Status, Versicherungen. Chancen • Persönliche Bereicherung der Aktiven. • Förderung des Generationendialogs mit Nutzen für Alt und Jung.

Das Modellprojekt „Zwei Generationen – ein Team“ - wird durchgeführt vom Seniorenbüro CENO in Kooperation mit “Die Paten e.V.”, Köln und dem “Diakonischen Jahr der Evangelischen Kirche im Rheinland.” Die Projektlaufzeit dauert bis 2007.

Perspektiven • Etablierung als festes Angebot – einheitliche Regelungen sind dafür Voraussetzung.

Konzeption

Diskussion

• Jung und Alt engagieren sich gemeinsam in einem Team.

Diskutiert wurden Fragen des Ausländeranteils, pädagogische Voraussetzungen der Freiwilligen bzw. ihre Qualifizierung, Übernahme

• Der Zeitraum des Einsatzes liegt zwischen 3 und 24 Monaten. 136

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Alter als Chance

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des Kostenersatzes (durch Projekt oder Institution), Übertragbarkeit auf andere Bundesländer, z. B. Thüringen.

Aktivitäten in Bürgerinitiativen im Umweltbereich am Beispiel der NaturFreunde Adalbert Kyberg fokussierte seine Ausführungen auf “Seniorenengagement in Bürgerinitiativen des Umweltbereichs am Beispiel der NaturFreunde Düsseldorf.” Im Gegensatz zur Vorgehensweise früherer Zeiten, wo Einzelaktionen im Vordergrund standen, geht die Organisation verstärkt auf gemeinsames Vorgehen über. Projektbeispiele aus dem Raum Düsseldorf.

Dieter Scholz benannte wichtige Gesichtspunkte: Warum? - Theater macht Spaß und weckt „Lust aufs Älterwerden“. Was? - Kein Dokumentationstheater. Wie? - Darstellung typischer Seniorensituationen aus dem Alltag, z. B. hektische Aktivitäten, körperliche Probleme, usw. Aber auch typische Situationen der jungen Generation. Arbeitsweise Theaterproben in zwei getrennten Gruppen, zunächst mit pantomimenartigem Spielen der Beteiligten. Anschließend das Spielen realistischer Szenen aus dem Leben von Alten und Jungen. Engagement Engagement

Effekt 1. Verhinderung von Bahntrasse durch Naturschutzgebiet. 2. Rettung eines Baggersees nach Auslauf der Ausbeutungsgenehmigung.

Gegenseitiges besseres Verständnis, natürlicher Umgang miteinander, Entdeckung neuer eigener Fähigkeiten.

3. Verhinderung von Golfplätzen. Die beteiligten Naturfreunde – Senioren und jüngere Generation – verbinden damit: • Einsatz für Lebensqualität, auch künftiger Generationen. • Kooperation mit gleich gesinnten Partnern. • Förderung der eigenen Lernbereitschaft. • Demonstration, dass Alter nicht nur Eigenbezug, sondern auch Einsatz für die Umwelt bedeuten kann.

In seinen einleitenden Worten hob der Moderator, Dr. Ansgar Klein hervor, dass die Senioren nach den Ergebnissen des 2. Freiwilligensurveys die stärkste Wachstumsgruppe beim bürgerschaftlichen Engagement sind. Seniorinnen und Senioren sollten in ihrem freiwilligen Engagement gefördert und gefordert werden. Käte Tresenreuter stellte zunächst das von ihr vor 22 Jahren gegründete Zentrum für Altenselbsthilfe in Berlin-Wilmersdorf vor. Die in diesem Zeitraum insgesamt 930.000 Besucher umfassende ehrenamtlich geführte Einrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass alle Bereiche des Hauses von älteren Menschen selbst übernommen werden.

„Junge und Alte ins Rampenlicht“ – Theaterprojekttage zwischen Alt und Jung Theaterprojekte unter Beteiligung von Alt und Jung zeigen ein Tätigkeitsfeld für ältere Menschen und Jugendliche, durch gemeinsame künstlerisch-kulturelle Aktivitäten gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung herbeizuführen. 138

D4 Welche Rahmen- und Realisierungsbedingungen sind erforderlich? Podiumsdiskussion

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Sie kritisierte, dass ältere Menschen vielfach nicht gehört werden. Ältere Freiwillige müssen stärker in Planungen einbezogen werden. Als notwendige Rahmenbedingung sei die Erstattung von AuslagenBAGSO

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Hartmut Hofnagel skizzierte in seinem Eingangsstatement die Seniorenarbeit der Stadt Taunusstein im Rheingau-Taunus-Kreis, in deren Mittelpunkt die „Leitstelle Älterwerden“ mit Seniorenbüro steht. Aus Sicht der Kommune bedarf es vielfältiger Rahmenbedingungen zur Förderung des freiwilligen Engagements Älterer: ein ehrenamtsfreundliches Klima in der Kommune, in der bürgerschaftliches Engagement nicht als Störfaktor betrachtet wird, eine Kultur der Ermöglichung, zu der insbesondere Anlaufstellen für freiwilliges Engagement zählen, aber auch eine Kultur der Anerkennung, Bildung und Aufklärung, Versicherungsschutz für die Ehrenamtlichen. Darüber hinaus können vernetzte Strukturen in den Kommunen und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit einen wichtigen Beitrag zur Information, Beratung und Vermittlung von Freiwilligen leisten. Nach Aussage von Hartmut Kalthoff orientiert sich die Stadt Erfurt in ihrer Senioren- und Altenpolitik an den demografischen Veränderungen und hat diese zur kommunalen Querschnittsaufgabe bestimmt. In der sozialen Altenarbeit vollzieht sich ein Paradigmenwechsel und ein Pluralisierungsprozess. Eine Aktivierung der kommenden Generationen älterer Menschen für Aufgaben im Gemeinwesen werde voraussichtlich nur gelingen, wenn die Rahmenbedingungen vor Ort verbessert und den Anforderungen der Engagementbereiten angepasst werden. Im Zentrum stehen hierbei die Unterstützung einer selbstbestimmten Lebensgestaltung, einer gemeinschaftlich organisierten Selbsthilfe und der Versuch, neue Potenziale für das bürgerschaftliche Engagement zu erschließen. Dies ist insbesondere durch die Gründung des Kompetenzzentrums für aktive Senioren und bürgerschaftliches Engagement gelungen, die in Trägerschaft des Vereins für Senioren und Vorruheständler e.V. per Leistungsvereinbarung durch die Kommune gefördert wird. Als Infrastruktureinrichtung für bürgerschaftliches Engagement fördert das Kompetenzzentrum auch die Kooperation und Vernetzung außerhalb traditioneller Verbände und Vereine. 140

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Dieter Wagner berichtete von seinen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit älteren Freiwilligen. Der geänderte Motivwandel von älteren Freiwilligen im Hinblick auf mehr Selbstbestimmung müsse von den Einrichtungen ernst genommen werden. Hierzu sei ein professionelles Freiwilligenmanagement in den Institutionen erforderlich. Ältere Freiwillige sollten stärker in Organisationen eingebunden werden und mehr Gleichberechtigung zu hauptamtlich Tätigen erhalten. Die Organisationen werden vor neue Herausforderungen gestellt, da eine Veränderungsbereitschaft und Bereitschaft, sich zu öffnen vorausgesetzt wird. Erforderlich sind darüber hinaus ein partizipativer Umgang mit Ehrenamtlichen, Anerkennungsformen, Weiterbildungsangebote sowie die Entwicklung von Anforderungsprofilen für Engagementfelder und Regelungen für einen Ausstieg.

Engagement Engagement

ersatz zwingend erforderlich. Darüber hinaus müsse die Selbsthilfe einen stärkeren Stellenwert erhalten.

Ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement findet unter allen denkbaren und auch schlechtesten Rahmenbedingungen statt, betonte Hilmar Ransch in seinem Eingangsstatement. Je schlechter die Rahmenbedingungen, desto größer der Ruf nach ehrenamtlichem Engagement. Es gäbe keine übergreifenden Lösungen für optimale Rahmenbedingungen zur Förderung des freiwilligen Engagements älterer Menschen, da diese von der Engagementform und dem sozialräumlichen Kontext abhängig gemacht werden müssen. Hinderlich sei eine starke hierarchisch geprägte Verbandsstruktur. Das vom DPWV entwickelte Leitbild werde in den Mitgliedsorganisationen unterschiedlich umgesetzt. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen sei ein interner Austausch notwendig sowie eine stärkere Vernetzung zwischen den Verbänden, auch müssen alte Konkurrenzen überwunden werden. Nach Einschätzung von Joachim Braun begreifen insbesondere junge Senioren Alter als Chance. Dabei stoßen sie jedoch oft an institutionelle Barrieren und Vorbehalte einer Gesellschaft, die noch zu wenig auf die hohen Potenziale der Älteren in einer Gesellschaft des langen Lebens vorbereitet ist. Die Älteren sind als Aktivposten in der Wahrnehmung von Politik, Verwaltung und Wirtschaft in vielen Institutionen noch nicht vorgesehen. BAGSO

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Er plädierte daher für den Auf- und Ausbau engagementfördernder Infrastruktureinrichtungen in jeder Kommune in Deutschland, wie Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen und Selbsthilfekontaktstellen. Diese müssten als zentrales Element einer Zivilgesellschaft anerkannt und finanziert werden. Darüber hinaus haben die Erfahrungen des Bundesmodellprojekts „Erfahrungswissen für Initiativen“ eine Trendwende innerhalb des Freiwilligensektors gezeigt. Das Engagement der seniorTrainer erfordert keine feste Anbindung an eine Institution. Charakteristisch für seniorTrainer ist vielmehr, dass sie „begleitend“ unterstützt werden wollen. In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, dass sich Ältere Freiwillige nicht als Lückenbüßer für den Abbau kommunaler Leistungen instrumentalisieren lassen. Vielmehr geht es darum, dass sich ältere Menschen aktiv im Gemeinwesen einbringen, mitgestalten und mitbestimmen möchten. Sie dringen in Handlungsfelder von Kommunen und Verbänden ein. Die Kommunen brauchen daher mehr Mut für eine visionäre Bürgergesellschaft, die Spielräume hierfür müssten stärker ausgeschöpft werden. Hierzu bedarf es nach Sicht vieler Plenumsteilnehmer einer gezielten Förderstrategie.

FORUM D: THESEN • Altenpolitik muss Querschnittsaufgabe in der Kommune sein. • Selbstorganisation älterer Menschen bedeutet nicht Selbstorganisation für die eigenen Belange, sondern für die gesamte Gesellschaft. • Lebenslanges Lernen und Bildung bedeuten für die älteren Menschen Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben. Neue Felder des bürgerschaftlichen Engagements werden erschlossen. Erfahrungen, Kompetenzen und der Einsatz neuer Medien bieten hierfür die Grundlage Engagement Engagement

Der Freiwilligensurvey habe unmissverständlich gezeigt, dass der Wunsch nach besserer Information und Beratung über Gelegenheiten zum freiwilligen Engagement ganz oben auf der Liste der von den Bürgern erwarteten Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements steht.

• Zusammenführung der Generationen ist wichtig zur Überwindung der noch vorhandenen Vorurteile und zur Gestaltung der Zukunft. Zu diesem Ziel benötigt man auch ungewöhnliche Wege: z. B. gemeinsames Theaterspiel oder neue Formen wie generationsübergreifende Freiwilligendienste. • Wichtige Rahmenbedingungen zur Förderung des freiwilligen Engagements Älterer sind: - Auf- und Ausbau engagementfördernder Infrastrukturen in Kommunen wie Seniorenbüros, Freiwilligenagenturenund Zentren, Selbsthilfekontaktstellen etc. - Gleiche Augenhöhe zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen - Öffnung der Verbände für Freiwillige - Verbesserung der Qualifizierung für Hauptamtliche - Weiterbildung und Anerkennungskultur

Protokollführung: D1: Christine Massion, BaS; D2: Dr. Erna Subklew, ViLE; D3: Dietrich Boesenberg, VILE; D4: Gabriella Hinn, BaS Teilnehmerzahl: Ca. 300

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Alter als Chance

Kongress kann auch im Alter künstlerisch-theatralisch aktiv sein. Es müssen mehr Möglichkeiten für kontinuierliche kreative Arbeit im Alter geschaffen werden.

Verantwortlich: Dachverband Altenkultur (Köln) Moderation: Dieter Scholz Neben den Aufführungen der Altentheaterstücke, die zusammen mit den beteiligten Ensemblemitgliedern entwickelt werden, bietet das Freie Werkstatt Theater (FWT) als Mitglied des Dachverbandes Altenkultur seit seiner Gründung 1979 eine Palette verschiedener Veranstaltungen an, die einen erlebnisreichen Einblick in die Arbeitsweise des Altentheaters des FWT bieten. Dieter Scholz führte mit einem kurzen historischen Abriss über das Freie Werkstatt Theater als Profitheater und über das Altentheater des FWT, das ein Beispiel professioneller Theaterarbeit mit Nichtprofis ist, in das Thema ein. Der direkte theatralische Einstieg mit den Workshopteilnehmern zum Thema „Wie entsteht ein Theaterstück“ begann mit verschiedenen Sitzhaltungen in der Schule früher und heute, die jeweils unterschiedliche Situationen und die damit verbundenen Gefühle bezogen auf die pädagogischen Stile und Moralvorstellungen verschiedener Zeitepochen (z. B. „Wie sitzt ein Mädchen“) deutlich machten. Übungen zu verschiedenen mimischen Ausdrucksformen, die Arbeit mit erinnerten realistischen Handhabungen wie „Teig kneten“, „Kühe melken“ und Phantasiehandhabungen wie mit den Händen „die Sonne aufgehen lassen“ oder „Schmetterlinge fliegen lassen“ führten zu ersten thematischen Improvisationen mit sich und mit einem Partner. Eine Gesamtgruppenphantasiereise in verschiedene winterliche Situationen war der Einstieg in die Kleingruppenarbeit, bei der eigene, besondere Wintererlebnisse erarbeitet und dann den anderen vorgespielt wurden. Ein wichtiger Bestandteil des Workshops waren die Erläuterungen des Workshopleiters Dieter Scholz, die kontinuierlich den jeweiligen Bezug der Übungen zur Altentheaterarbeit des FWT herausstellten. Der Workshop zeigte: Wer Lust hat und sich die Zeit dazu nimmt, 144

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Protokollführung: Dieter Scholz Teilnehmerzahl: 20

2.4.3 Modellvorhaben „Kompetenznetz für das Alter“ Verantwortlich: Sozialwerk Berlin e.V. Moderation: Käte Tresenreuter, Klaus Ehrenheim Käte Tresenreuter, Vorsitzende des Sozialwerk Berlin e.V. (SWB) und Sprecherin des KOMPETENZNETZ für das ALTER, berichtete über die vor 35 Jahren vorgenommene Gründung und die anschließende Entwicklung des SWB. Standbeine des SWB sind der von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchgeführte Besuchsdienst in Alten- und Pflegeheimen und das vor 22 Jahren gegründete, täglich, auch an Sonn- und Feiertagen, von 10 – 18 Uhr geöffnete Altenselbsthilfe- und Beratungszentrum in Berlin-Grunewald, das ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern in eigener Verantwortung betrieben wird und in den vergangenen 22 Jahren über 930.000 Besucher gehabt hat.

Engagement Engagement

2.4.2 Wie entsteht ein Theaterstück?

1999 initiierte das Sozialwerk Berlin den Arbeitskreis „Konzertierte Aktion für Gerontologie in Berlin und Brandenburg“, an dem Vertreter der Humboldt-Universität, der Fachhochschulen, der Senatsdienststellen, des Deutschen Zentrums für Altersfragen und Menschen aus der Praxis gemeinsam mit betroffenen älteren Menschen aus der Selbsthilfe teilnehmen, und aus dem Ende 2003 das Modellprojekt „Kompetenznetz für das Alter“ hervor ging. Ziel des Modellprojekts: Mit dem Modellvorhaben „Kompetenznetz für das Alter“ wurde angestrebt, unter Beteiligung älterer Menschen gerontologische und geriatrische Forschung, Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie den Wissenschafts-Praxis-Transfer zu verbessern.

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Alter als Chance

Kongress

Einrichtung einer Geschäftsstelle: Auf Antrag des Arbeitskreises “Konzertierte Aktion für Gerontologie in Berlin und Brandenburg“ hat das BMFSJ für zwei Jahre eine Geschäftstelle finanziert, die insbesondere mit der Feststellung des Ist-Zustandes (Recherche) auf diesen Gebieten, aber auch mit Organisations-, Koordinierungs- und Redaktionsaufgaben betraut wurde. Einsetzung von neun Arbeitsausschüssen: Sie erfolgte aufgrund von Käte Tresenreuters Idee, ältere Menschen wirklich mitzubeteiligen. Im Kompetenznetz (Arbeitskreis, Sprecherrat, Beirat und Arbeitsausschüsse) kamen Vertreter der Humboldt-Universität Berlin, der drei Fachhochschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, des Deutschen Zentrums für Altersfragen, der Senatsverwaltung des Landes Berlin, der Bezirksverwaltung, des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der freien Träger der Altenhilfe mit Vertretern der älteren Generation zusammen.

Zwei Workshops, drei Fachtagungen zu den Themen: „Aktives Altern, Selbsthilfe und Selbstbestimmung“, „Potenziale und Grenzen der Hilfe und des Engagements von Alten für Alte“ und „Kompetenzen für das Alter vernetzen“ sowie ein Seminar des Sozialwerk Berlin mit dem Thema: „Welche Bedeutung hat das Modell KOMPETENZNETZ für das ALTER für die Selbsthilfe älterer Menschen“ wurden durchgeführt. Das Thema: „Lehre und Erfahrungswissen älterer Menschen - Förderung des intergenerationellen Dialogs“ wurde an Fachhochschulen in Berlin und Brandenburg behandelt. Der Abschlussbericht des Modellprojekts wurde am 16. Februar 2006 dem Vertreter des BMFSFJ übergeben und die Arbeit, die von der Geschäftsstelle in den zwei Jahren an einer Homepage gemacht wurde, wird inzwischen fortgesetzt. Engagement Engagement

Begründung: Ältere Menschen müssen daran interessiert sein, dass sie an Diskussionen über ihre Belange und Probleme beteiligt werden, dass sie nach Möglichkeit sogar bei den Entscheidungen über ihre Angelegenheiten mitwirken, dass sie aber mindestens bei der Vorbereitung solcher Entscheidungen mitreden dürfen.

Evaluation: Die Arbeit sowohl der Geschäftsstelle als auch der Arbeitsausschüsse hat dem Modellprojekt „Kompetenznetz für das Alter“ wesentliche Ergebnisse beschert, die im Internet auf der Homepage unter nachzulesen sind. Nach einer halbstündigen Diskussionsrunde konnte als Ergebnis des Workshops festgestellt werden, dass es der Wunsch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist, noch in vielen Städten und in jeder Region ein Kompetenznetz für das Alter einzurichten.

Es gab und gibt (zum Teil weiterhin) die Ausschüsse: Informationen unter: www.kompetenznetz-alter.de

• Selbsthilfe und Ehrenamt,

Protokollführung: Klaus Ehrenheim Teilnehmerzahl: 67

• Heime und deren Bewohner, • Ambulante und stationäre medizinische Versorgung, • Gesetzliche Grundlagen für das Leben im Alter,

2.4.4 Lernen, sich zu engagieren – ZWAR Gruppennetze in NRW

• Forschung, Lehre und Weiterbildung, • Politische Vertretung der älteren Menschen in Parteien und Seniorenvertretungen, • Wohnen im Alter, • Ethik und Spiritualität in der Arbeit mit alten Menschen, • Lernen im Alter: Möglichkeiten der Geragogik in Theorie und Praxis. 146

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Moderation: Paul Stanjek, Fachberater der ZWAR Zentralstelle NRW Mitwirkende: Huber Nicklich, ZWAR Gruppe Köln Pesch; Wolf Kiesewetter, ZWAR Gruppe Hennef ZWAR Gruppennetze sind selbst bestimmte und selbst organisierte soziale Netzwerke älterer Menschen mit dem Ziel der gemeinsamen BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Lebenslanges Lernen in ZWAR Gruppennetzen • Im Mittelpunkt des Lernens in ZWAR Gruppennetzen steht das gemeinsame Lernen, das miteinander und voneinander Lernen in der Gruppe und das persönliche Wachstum des Einzelnen. • Lernen in ZWAR Gruppen ist in erster Linie soziales Lernen. • Das Lernen in ZWAR Gruppen ist kompetenz- und ressourcenorientiert. Die Teilnehmer sind Experten für ihr Leben und bringen sich mit ihrer Lebenserfahrung ein. • Ziel ist die Herausbildung von individueller und kollektiver Selbsthilfekompetenz für die Bewältigung des Übergangs in den Ruhestand und die Gestaltung eines erfolgreichen Alterns. Lernen des Älterwerdens In ZWAR Gruppennetzen treffen sich Menschen an der Schwelle des Übergangs von der Erwerbsarbeit bzw. Familienarbeit in den Ruhestand. Es finden dort ergebnisoffene Such- und Lernprozesse statt, um die Lebensphase Alter gemeinsam mit Menschen in ähnlicher Lebenssituation zu gestalten. Dabei werden verschüttete Wünsche, persönliche Kompetenzen, Ressourcen und Fähigkeiten neu erschlossen und erweitert.

• Ich mit anderen für andere (Politisches Engagement, gesellschaftliche Verantwortung – bürgerschaftliches Engagement). • Andere mit anderen für mich (Soziale Vorsorge). Bürgerschaftliches Engagement entwickelt sich in der Regel nach einiger Zeit des Bestehens einer ZWAR Gruppe. Eine Erhebung im Zeitraum von 2000 bis heute hat ca. 350 Projekte bürgerschaftlichen Engagements im ZWAR Gruppennetz NRW ergeben. Aktuelle Trends des Engagements von ZWAR Gruppen sind generationsübergreifende Projekte und Wohnprojekte. Gründung und Begleitung eines ZWAR Gruppennetzes Ein ZWAR Gruppennetz ist gemeinwesenorientiert und bezieht sich auf einen Stadtteil oder ein gewachsenes Wohngebiet. Ein ZWAR Gruppennetz wird von der ZWAR Zentralstelle NRW in Kooperation mit Trägern vor Ort gegründet. Alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 50 und 65 Jahren werden zu einer Informations- und Gründungsveranstaltung eingeladen. In Kleingruppen bekommen sie einen ersten Eindruck vom Charakter einer ZWAR Gruppe. Es geht um ein erstes Kennen lernen, um einen Austausch über die aktuelle Lebenssituation, um verschüttete Wünsche und Interessen und um das, was die Teilnehmer aktuell gerne in der Gruppe tun möchten.

ZWAR Gruppennetze beruhen auf dem Engagement der Teilnehmenden. Engagement findet in vier Stufen statt:

Die ZWAR Gruppentreffen finden in der Regel 14-tägig statt und werden von einem pädagogischen Mitarbeiter des Kooperationspartners moderiert. Bei diesen Gruppentreffen wird das Kennen lernen der Teilnehmenden gefördert, es werden Aktivitäten und Projekte geplant. Mit der Zeit bilden sich in der Regel festere Interessens- und Projektgruppen heraus.

• Ich für mich (Individuelles Engagement, Eigenverantwortung).

Am Ende des Workshops standen folgende Ergebnisse:

• Ich mit anderen für mich (Gemeinschaftliches Engagement, Mitverantwortung).

• Es gibt einen hohen Bedarf für langlebige nachhaltige soziale Netzwerke älterer Menschen.

Engagement in ZWAR Gruppennetzen

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Engagement Engagement

Gestaltung der Lebensphase Alter. Die ältesten ZWAR Gruppennetze sind 25 Jahre alt. Aktuell gibt es in NRW über 100 ZWAR Gruppennetze mit ca. 1.000 Gruppen.

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Alter als Chance

Kongress

• Vor dem Hintergrund des Funktionsverlustes der Familie und der Individualisierung der Lebensstile im Alter können ZWAR Gruppennetze für ihre Beteiligten ein neuer Ort der Sinnfindung sein. Sie finden dort neue soziale Kontakte zu Menschen in der gleichen Lebenssituation, neue sinnstiftende Tätigkeiten und Aufgaben, eine neue selbst geschaffene und selbst gestaltete „Soziale Heimstatt“. • Langlebige soziale Netzwerke älterer Menschen benötigen Begleitung und Qualifizierung durch hauptamtliche Kräfte. Protokollführung: Paul Stanjek Teilnehmerzahl: 60

Begleitung und Betreuung Die EKH-Gruppe ist der Zusammenschluss mehrerer Ehrenamtlicher, die in einem Krankenhaus oder einer Alteneinrichtung freiwillig Dienst zum Wohle des Patienten oder des Heimbewohners verrichten. Das Verhältnis unter den Gruppenmitgliedern sollte von gegenseitigem Respekt, Höflichkeit und Freundlichkeit gekennzeichnet sein. Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, dass Interessenten auch in die Gruppe “passen”. Dazu dient das Einführungsgespräch. Bereits hier fängt die Begleitung und Betreuung an. Das Einführungsgespräch ist sinnvoll und notwendig, um • den Einstieg zu erleichtern und eventuell vorhandene Ängste abzubauen, • den Betroffenen persönliche Probleme und Misserfolge zu ersparen,

Verantwortlich: Arbeitsgemeinschaft Evangelische KrankenhausHilfe (EKH) e.V.

• durch Fehlverhalten Einzelner Ablehnung von Seiten des Krankenhauses oder Altenheimes zu vermeiden.

Referentin: Teresa Dönninghaus, Stellvertretende Bundesvorsitzende der EKH, Landesbeauftragte für Westfalen

Für die Gruppenleitung ist es von wesentlicher Bedeutung herauszufinden, aus welchen Gründen/Motiven die Interessentin den Dienst antreten möchte.

Grüne Damen und Herren sind Laien, die ehrenamtlich, unabhängig und in eigener Verantwortung persönliche Wünsche von Patienten und älteren Menschen erfüllen. Ihr Anliegen ist es, sich Zeit zu nehmen für Gespräche, zum Zuhören und zur Erledigung kleiner Besorgungen und Hilfeleistungen. Sie tun also Dinge, zu denen die Hauptamtlichen in den Einrichtungen nicht immer die nötige Ruhe haben. Dabei sind die Grünen Damen und Herren stets darum bemüht, in gutem Verhältnis zu den Fachleuten in den Häusern tätig zu sein und die Kooperation zu suchen. Die Arbeitsgemeinschaft unterstützt die Mitarbeitenden durch Fort- und Weiterbildung. Zu Beginn des Jahres 2006 waren für die EKH in 445 Krankenhäusern und in 280 Alteneinrichtungen (725 Häusern) bundesweit 10.856 Grüne Damen und Herren (10.223 Damen und 633 Herren) tätig. 150

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Engagement Engagement

2.4.5 Begleitung, Betreuung und Qualifizierung von Ehrenamtlichen

Als ein wesentlicher Fragenkomplex wird die persönliche Situation des/der Interessenten/in angesehen. Es geht also um Fragen zur Person, zum Beruf, zum persönlichen Umfeld. Die Gruppenleitung ist gehalten, folgende Inhalte zu vermitteln: Informationen über das Krankenhaus oder die Alteneinrichtung bezogen auf die Trägerschaft, die Größe, die Organisationsstruktur, die Berufsgruppen und deren Hierarchie sowie Aufgaben und Grenzen des Pflegedienstes. Aufgaben der Ehrenamtlichen im Haus wie Besuchsdienst, Gespräche, Besorgungen, Lotsen- und Begleitdienste, Buchausleihe usw. Absprache über das genaue Einsatz- und Aufgabenfeld, Tag und Station. BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

• Mit Vollendung des 80. Lebensjahres scheiden die Mitarbeitenden im Krankenhaus und Altenheim aus dem aktiven Dienst aus,

Bei den Inhalten der Qualifizierungsmaßnahmen wird unterschieden, für wen sie gedacht sind:

• die Leitung der Gruppe wird mit 75 Jahren abgegeben.

• Der Vorstand und der Erweiterte Vorstand (im letzteren sind die Landesbeauftragten etabliert) werden sich mit Öffentlichkeitsarbeit und PR-Maßnahmen, mit Rhetorik, Rechtsfragen, Konfliktlösungen, Organisationsstrukturen, Fundraising etc. befassen.

Konkrete Gestaltung der Einführung

Für die Leitungen von EKH-Gruppen werden Themen angeboten wie:

• mit 75 Jahren aus dem Dienst in einer Kinderklinik,

Nach erfolgreichem und zufriedenstellendem Einführungsgespräch findet die Führung durch das Haus statt, es folgt die Vorstellung auf der Station und beim Gruppentreffen. Nach einer festzulegenden Probezeit findet erneut ein Gespräch bzw. Erfahrungsaustausch der neuen Ehrenamtlichen mit der Gruppe statt.

• Gruppenprozesse, Motivieren und Wertschätzen, Gesprächsführung, Konfliktbewältigung, Kommunikation, Wissen über die Institutionen / EKH, Gewinnung und Führung von Mitarbeitenden, Menschenkenntnis schärfen, Kontakt zu Hauptamtlichen, Entwicklungen und Veränderungen im Gesundheitswesen. Engagement Engagement

Der Vorstand hat folgende Altersbegrenzungen festgelegt:

Für die/den einzelnen Mitarbeitende/n sind von Bedeutung: Qualifizierung in der EKH Es gibt keinen rechtsverbindlichen Anspruch auf Qualifizierungsmaßnahmen, auf Fort- und Weiterbildung. Jedoch ist das Bestreben des Vorstands, Fortbildungen allen Mitarbeitenden anzubieten, d. h. den Mitgliedern des Vorstands, den Landesbeauftragten, dem Geschäftsführer, den Einsatzleitungen, den aktiven Mitarbeitenden und den neuen Ehrenamtlichen. Soziale Kompetenz heißt, in der Lage zu sein, Vertrauen zu schaffen, die eigene Sensibilität zu schärfen, unterscheiden zu können zwischen eigenen und fremden Problemen. Sie beinhaltet zudem Menschenkenntnis, die Fähigkeit zur Kommunikation und eine gute Beobachtungsgabe zu haben. Fachliche Kompetenz beinhaltet, Kenntnis der Einrichtung/des Hauses zu erwerben, bedeutet Begleitung wahrnehmen zu können, erfordert Kenntnis in der Gesprächsführung, verlangt Selbstreflexion durchführen und Konfliktlösungen herbeiführen zu können. Die EKH bietet Gruppentreffen, Vorträge, Seminare, Tagungen und Einführungs- und Auffrischungskurse an, in denen die soziale wie auch die fachliche Kompetenz weiter ausgebaut werden sollen. 152

BAGSO

• Die Erklärung des Einsatzfeldes, Kenntnis über den Umgang mit bestimmten Patienten und Bewohnern, Krankheitsbilder (z. B. verwirrte Menschen), Gesprächsführung und Zuhören können, Gesprächskreise, Tod und Sterben, Eigene Schwächen und Stärken, Grenzen, Psychologisches Grundwissen etc. Derartige Schulungen werden von Mitarbeitern des Hauses (u. a. Ärzten, Therapeuten, Sozialem Dienst etc.), Seelsorgern, Pädagogen, dem Diakonischen Dienst, Krankenpflegeschulen, dem Vorstand und erfahrenen Leitungen angeboten und durchgeführt. Die EKH bemüht sich, durch die Qualifizierungsmaßnahmen den Mitarbeitenden Hilfen an die Hand zu geben, die Ihnen vermehrt Sicherheit geben und die tägliche Arbeit erleichtern sollen. Die EKH unterstützt alle Qualifizierungs-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die den Ehrenamtlichen über die persönliche Menschenkenntnis hinaus die Arbeit erleichtern sollen. Der Dienst in bestimmten Bereichen erfordert, z. B. wie im Umgang mit verwirrten Menschen oder mit Patienten auf Palliativstationen zusätzliche Ausbildung. Protokollführung: Hubertus Dittmar Teilnehmerzahl: 38 BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Verantwortlich: Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) Moderation: Karin Siebertz Ergebnisse einer BAGSO-Befragung im Jahr 2000 zur Situation der Mitgliedsverbände in einer Zeit der Umbrüche in Gesellschaft und Politik spiegelten deutlich einen Handlungsbedarf für die Fach- und Führungskräfte wider: Erhöhte Qualitätsanforderungen durch die Mitglieder, verstärkte Konkurrenz durch andere Verbände und Freizeitangebote, Wandel in den Verbänden selbst und steigender Kostendruck verlangen nach Veränderungen in der Führung, Planung und Steuerung der Organisationen, um sie überlebensfähig zu halten. Wirkungsvolle Verbandsarbeit vollzieht sich zielorientiert und wirtschaftlich. Dazu ist es notwendig, bewährtes Wissen über Mitgliedermanagement, Mitarbeiterführung, Kommunikation, Konfliktlösung, Öffentlichkeitsarbeit, Leitbildentwicklung, finanzielle Sicherheit, Fundraising und neue Technologien auf die jeweilige Verbandssituation zu übertragen. Das „Praxishandbuch für ehren- und hauptamtliche Führungskräfte in gemeinnützigen Organisationen“ der BAGSO bündelt Informationen zu diesen Themenbereichen und gibt in Grafiken, Übungen und Beispielen Anregungen, die Inhalte im eigenen Verbandsalltag anzuwenden. Zu Beginn eines „Modernisierungsprozesses“ steht eine kritische Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Organisation und ihrer Angebote: Was ist gut gelaufen – was weniger gut? Was hat sich verändert, wann, was war der Anlass? Wie sieht der „Markt“ aus? Kann das Angebot verbessert, einfacher, günstiger oder konkurrenzfähiger werden? Welche Ideen haben Mitarbeiter, Mitglieder oder Konsumenten dazu?

stand. Er forscht nach Veränderungen im Umfeld des Verbandes und ermöglicht ein zeitnahes, geplantes Agieren mit selbst definierter Zielsetzung statt eines fremd bestimmten Reagierens. Erfolgreiche Anpassungen an die Gegebenheiten und Bedingungen des Umfeldes können nur in kontinuierlicher Entwicklung gelingen, wenn sich der Verband zu einer „lernenden Organisation“ entwickelt. Der Verband ist lebendig, die Mitarbeiter sehen Neuerungen als Anregung und Herausforderung, selbst kreativ und flexibel zu handeln. Die ehren- und hauptamtlichen Führungskräfte übernehmen dabei eine überaus wichtige Vorbildfunktion und schaffen die Bedingungen, die den Veränderungsprozess zulassen und unterstützen. Um dies zu gewährleisten, brauchen Führungskräfte als Schlüsselqualifikation Handlungskompetenzen. Sie setzt sich aus Persönlichkeits-, Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz zusammen. Theoretische Grundlagen lassen sich im Eigenstudium mit dem Praxishandbuch erarbeiten, aber besonders die sog. „Soft Skills“, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz, können in praxisorientierten BAGSO-Seminaren wirkungsvoll eingeübt werden.

Engagement Engagement

2.4.6 Seniorenverbände im Modernisierungsprozess

Die Diskussionsbeiträge der Teilnehmenden des Workshops bestätigten den Bildungsbedarf für Verantwortungsträger der Verbände. Neben der Vermittlung von Sachwissen werden ein verbandsübergreifender Austausch und Diskussionen zu Lösungsansätzen als effizient eingeschätzt. (Das „Praxishandbuch für ehren- und hauptamtliche Führungskräfte in gemeinnützigen Organisationen“ kann über die BAGSO bezogen werden.) Protokollführung: Karin Siebertz Teilnehmerzahl: 30

Nach der Bestandsaufnahme und Organisationsanalyse werden Veränderungsprozesse geplant. Ziele oder Teilziele werden formuliert und nach der Umsetzung auf ihre Wirksamkeit hin überprüft, eventuell auch korrigiert. Dieser fortlaufende Prozess kommt nie zum Still154

BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Verantwortlich: Bildung für Europa, Nationale Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung Moderation: Marion Birkemeier Mitwirkende: Iris Mareel, Projektebüro „Dialog der Generationen“; Prof. Roland Schöne, TU Chemnitz; Frau Rüttau-Jankowski; Konstantin Wowra Der Workshop informierte über die in der Aktion GRUNDTVIG mit europäischen Fördermitteln bezuschussten europäischen Lernpartnerschaften zum Thema Seniorenbildung. Mit dem von Prof. Roland Schöne, TU Chemnitz, vorgestellten Projekt „European Senior Citizen‘s Story Board“ soll auch die allgemeine Idee der europäischen Kommission umgesetzt werden, mit der ein Zusammenwachsen der Menschen in Europa angestrebt wird. Dies kann nur mit Beteiligung der älteren Menschen geschehen. So hat sich die Lernpartnerschaft, an der sich sechs Länder mit neun Studiengruppen beteiligen, folgende Projektziele gesetzt: Erfahrungsaustausch zu bestimmten, gemeinsam festgelegten Themen: Gegenseitiges Kennen lernen, Vermittlung kulturellen Erbes und Sensibilisierung der Teilnehmenden für bestehende interkulturelle Unterschiede. Prof. Schöne betonte, dass in Lernpartnerschaften die Balance zwischen themenbezogenem Arbeiten und persönlichem Erleben hergestellt wird. Im Projektverlauf wurden Ideen entwickelt, die für die Arbeit der beteiligten Einrichtungen wichtig sind. Konstantin Wowra, der als Senior an der Lernpartnerschaft teilnimmt, berichtete über die aktive Arbeit der beteiligten Senioren und Seniorinnen in Chemnitz, die aus der Übersetzung der im Projekt entstandenen Erzählungen in die englische Sprache bestand. Die zweite Lernpartnerschaft mit dem Titel „Network of Intergenerational Learning in Europe (NIGEL)“ wurde von der Koordinatorin, Iris Marreel, Berlin, vorgestellt. Ziel des Projekts war die Vernetzung von Einrichtungen in Europa, die intergenerationell arbeiten. Die Vision 156

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der beteiligten Lernpartner/innen ist, dass intergenerationelles Lernen dazu beitragen kann, die sozialen Strukturen und die Beziehungen zwischen den Generationen im Gemeinwesen zu verbessern. Somit kann die Vernetzung auch zur gegenseitigen Akzeptanz in Europa beitragen. Innerhalb der vernetzten Organisationen liegt der Schwerpunkt auf folgenden Lernfeldern: Erinnerungsarbeit, Friedenserziehung und Konfliktarbeit, soziale Einbeziehung (Beispiel Öffnung der Schule für das Gemeinwesen), Umwelterziehung und nachhaltige Entwicklung. Ergänzend dazu berichtete Frau Rüttau-Jankowski, über ihre Erfahrungen als aktiv Teilnehmende. Im Rahmen des Projekts arbeitet sie in einer Initiative zur Erinnerungsarbeit mit. Ältere Menschen berichteten dort den Jüngeren über ihre Erlebnisse aus Krieg und Nachkriegszeiten. Sie hob besonders hervor, dass auf diesem Weg der direkten Begegnung und Auseinandersetzung europäisches Lernen konkret erfahrbar wurde.

Engagement Engagement

2.4.7 Seniorenbildung europäisch gefördert

In der sich anschließenden Diskussion wurde die Rolle der europäischen Partner angesprochen, denen etliche neue Sichtweisen zu verdanken seien. Zur Frage der unterschiedlichen Finanzausstattung der EU-Programme für Jugend, Schule, Hochschule, Berufsbildung und Allgemeine Erwachsenenbildung wurde festgestellt, dass das Konzept des lebenslangen Lernens ressortübergreifendes Denken erfordere. Dies sollte sich auch in der nationalen und europäischen Förderung widerspiegeln. Die Projektform Lernpartnerschaften wurde anschließend von Marion Birkemeier, Nationale Agentur beim BIBB in Bonn, allgemein vorgestellt. Anhand der steigenden Anzahl geförderter Projekte wird deutlich, dass sie ein erfolgreich nachgefragtes Angebot sind. Sie werden als Projektform in der ab dem 01.01.2007 beginnenden neuen Generation der EU-Bildungsprogramme erhalten bleiben, wo sich die Erwachsenenbildung als vierte eigenständige Säule etabliert hat. Im Unterschied zu zweijährigen Kooperationsprojekten, die ein Produkt (Lehr-/Lernmaterialien, einen Kurs, ein Curriculum) erstellen müssen, steht in Lernpartnerschaften der gemeinsame Lernprozess, der Erfahrungsaustausch zu Beispielen guter Praxis im Vordergrund. BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Als Ergebnisse des Workshops kann festgehalten werden:

wendungen als auch die wichtigsten Regeln des Zuwendungsrechts. Ein Ziel seitens der Referenten war es, den überwiegend ehrenamtlich Tätigen in den Seniorenverbänden die Scheu vor der Antragstellung zu nehmen und zu verdeutlichen, dass Abweichungen hinsichtlich des Projektes und seiner Finanzierung frühzeitig angezeigt werden sollten, um gemeinsam mit dem Zuwendungsgeber zu überlegen, wie das Projekt trotzdem erfolgreich durchgeführt werden kann.

• Lernpartnerschaften sind eine leicht zugängliche Projektform für Einrichtungen der allgemeinen Erwachsenenbildung, die Erfahrungen in europäischer Projektarbeit sammeln wollen.

Zusammenfassend werden die wichtigsten Thesen nochmals aufgeführt:

• Lernpartnerschaften ermöglichen über die Bildungseinrichtung die aktive Teilnahme von Seniorinnen und Senioren.

Von der Idee bis zur Antragstellung

• Lernpartnerschaften tragen mit dazu bei, dass Europa von den Menschen lebt, die es aktiv mitgestalten. Somit führen sie zu einem Zusammenwachsen der Menschen in Europa. • Förderprogramme für Jugend und für Senioren sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.

1. Passt das Projektziel unter das Förderziel und die Finanzierungskompetenz? 2. Hat der Haushaltsausschuss gezielte Kürzungen oder globale Vorgaben für die Regierung gemacht, und in welcher Höhe sind Haushaltsmittel verfügbar?

Protokollführung: Marion Birkemeier Teilnehmerzahl: 40

3. Welche fachpolitischen Entscheidungen hat das fördernde Ressort im Förderfeld getroffen? (siehe Webseite des BMFSFJ zu Förderschwerpunkten!)

2.4.8 Das Bundesverwaltungsamt als Dienstleister

4. Wie sind die rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Laufzeit meines Projekts? (Anfrage an das BVA bzw. an das BMFSFJ)

Verantwortlich: Bundesverwaltungsamt Köln Moderation: Reinhard Lipski, Meinolf Sprink

5. Sind die Projektziele sowie der personelle und organisatorische Projektablauf geordnet dargestellt?

Das Bundesverwaltungsamt unterstützt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend maßgeblich und begleitet viele Projekte im Seniorenbereich administrativ. Deswegen richtete sich dieser Workshop an all die Finanzverantwortlichen der Seniorenverbände, die Zuwendungen für Projekte beantragen wollen, die nach dem Bundesaltenplan gefördert werden können. Nach einer kurzen namentlichen Vorstellungsrunde erläuterten die Referenten sowohl das normale Antragsverfahren bei der Vergabe von Zu158

Engagement Engagement

Aufgrund des demografischen Wandels wird die Zielgruppe Senioren in den Vorschlägen der EU-Kommission zum neuen Bildungsprogramm weiterhin ausdrücklich berücksichtigt. Wer eine Lernpartnerschaft vorbereiten will, kann dafür EU-Mittel bei der Nationalen Agentur beim BIBB beantragen.

BAGSO

6. Sind die vergaberechtlichen Bestimmungen beachtet und die Kosten in einem geordneten Finanzierungsplan dargestellt worden? 7. Sind die Honorarsätze des Fördergebers sowie die Personalkostensätze des Besserstellungsverbots beherzigt? 8. Wird die richtige Finanzierungsart und -form beantragt? 9. Gibt es Deckungsmittel und gegebenenfalls Drittmittel, damit die Gesamtfinanzierung gesichert ist?

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Alter als Chance

Kongress

Wichtige Regeln im Zuwendungsrecht

2.4.9 Brennpunkt Gemeinnützigkeit

2. Die Mittel erst dann anfordern, soweit diese innerhalb der nächsten zwei Monate verwendet werden. 3. Abweichungen vom Finanzierungsplan anzeigen! 4. Projektverzögerungen mitteilen und Lösungen vorschlagen. 5. Vorgaben im Bescheid beachten und nachfragen (z. B.: Hinweis auf Förderung durch BMFSFJ). 6. Bei Aufträgen Vergaberecht beachten (Unterstützung wird gegeben). 7. Projektbegleitung ermöglichen. 8. Verwendungsnachweis nachvollziehbar erstellen. (Hilfen sind möglich)! 9. Belegprüfung sollte jederzeit möglich sein 10.Gestaltung des Sachberichts, z. B. bei Seminaren/Tagungen: Evaluation durchführen. 11. Nicht verbrauchte Mittel unverzüglich zurückzahlen. Protokollführung: Reinhard Lipski, Meinolf Sprink Teilnehmerzahl: 14

Verantwortlich: Nexia Deutschland GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moderator: Steuerberater Dr. Wolfgang Amonat, Gesellschafter der DHPG Dr. Harzem & Partner KG, Köln Referent: Steuerberater Jochen Johannes Muth, Mitarbeiter der DHPG Dr. Harzem & Partner KG, Euskirchen Ziel des Workshops war es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen ersten Überblick über ausgewählte Themen des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts zu vermitteln. Steuerberater Jochen Muth ging einleitend auf das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ein; darauf aufbauend wurde der Themenkomplex der Rücklagenbildung erläutert. Hierbei wird zwischen zweckgebundenen und freien Rücklagen unterschieden. Dabei wurde auf die sich in der Praxis immer wieder ergebenen Schwierigkeiten hinsichtlich der Berechnung der sog. Betriebsmittelrücklage und der freien Rücklage eingegangen. Deutlich wurden die Rechtsfolgen bei einer fehlerhaften oder unterlassenen Rücklagenbildung dargestellt.

Engagement Engagement

1. Nicht mit der Maßnahme vor Bewilligung beginnen (Ausnahme ist möglich; extra beantragen!)!

Zentraler Punkt im Bereich des Spendenrechts ist die Behandlung von Sach- und Geldspenden gewesen. Den Fragestellungen bei der Bewertung von Sachspenden ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Besonders ist zu beachten, dass diese Vorgänge auch in der Spendenbuchhaltung abzubilden sind. Als weitere „Spendenart“ wurde die Aufwandsspende (der Verzicht auf einen Aufwandsersatzanspruch) als weitere „Spendenart“ erläutert. Auch in diesem Zusammenhang ist nochmals auf die Bedeutsamkeit des Gebotes der zeitnahen Mittelverwendung sowie die Möglichkeiten der Ansammlung von Spenden hinzuweisen. Wichtig sind in diesem Kontext auch Haftungsfragen, insbesondere die sog. Spendenhaftung, die in einem kurzen Hinweis besprochen wurden. Spenden, als eine der wichtigsten Finanzierungsquellen gemeinnütziger Organisationen sind abzugrenzen von steuerpflichtigen Einnahmen, insbesondere vom sog. Sponsoring. Spenden (Zuwendungen)

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Alter als Chance

Kongress

sind freiwillige Zahlungen (bzw. Sachzuwendungen), die ohne Gegenleistung geleistet werden. Die Differenzierung zwischen Spenden und Sponsoring stellt sich nicht selten als schwierig heraus. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die Körperschaft bei eingehenden Spenden keinerlei Gegenleistung erbringt, während beim Sponsoring die Gegenleistung in einer „Werbeleistung“ für den Sponsor besteht. Dabei kann wie folgt unterschieden werden:

In einem Ausblick wurden verschiedene Szenarien für die Zukunft des Gemeinnützigkeitsrechts aufgezeigt, insbesondere im Hinblick auf die, bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung erwähnte, Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts. Eine Projektgruppe hat bereits Reformvorschläge erarbeitet; der bereits vor der Sommerpause 2006 erwartete Referentenentwurf konnte noch nicht vorgelegt werden.

• Es wird eine geringfügige Gegenleistung erbracht mit der Folge, dass keine Körperschaftsteuer anfällt; ggf. entsteht aber Umsatzsteuer.

Der Workshop wurde mit einer Abschlussdiskussion über den „Brennpunkt Gemeinnützigkeit“ beendet. Hierbei stand auch das Thema „Zeitspende“ im Mittelpunkt, das von den Teilnehmern mit in eine lebhafte und lange Diskussion aufgenommen wurde.

Abschließend wurde über die „mustergültige“ Formulierung des Satzungszwecks referiert. Die Satzung (eines Vereins; Gesellschaftsvertrag der gemeinnützigen GmbH) ist Organisationsinstrument für Mitglieder (Gesellschafter) und Vorstand (Geschäftsführung). Sie soll die Ideen und Visionen der Initiatoren wiedergeben. Gleichzeitig ist sie der „Gradmesser“, an dem die Einhaltung der Voraussetzungen zur Gemeinnützigkeit festgestellt wird. Die Finanzbehörde prüft die Satzung; nicht zuletzt durch einen Abgleich mit „ der amtlichen“ Mustersatzung. Hierdurch ergibt sich ein Spannungsfeld, mit dem der Referent bereits im Rahmen seiner praktischen Tätigkeit als Betriebsprüfer der Finanzverwaltung konfrontiert wurde. Im Rahmen des Workshops wurden die Möglichkeiten und Grenzen für die Satzungsgestaltung, anhand aktueller Urteile, aufgezeigt. Dabei sollte die Satzung grundsätzlich vorab mit dem zuständigen Finanzbeamten besprochen werden. Es ergeben sich Gestaltungsspielräume, und es ist nicht immer erforderlich, an der Mustersatzung (abgedruckt zum Anwendungserlass der Abgabenordung) „zu kleben“. 162

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Engagement

Es stellt sich heraus, dass die Übergänge von der Spende über steuerfreies Sponsoring bis hin zum steuerpflichtigen Sponsoring fließend sind. Anhand von mehreren aktuellen Fällen wurde der Themenbereich des Spendenrechts abgerundet.

Das Skript zum Workshop kann über die Geschäftsstelle der BASGO bezogen werden. Protokollführung: Jochen Johannes Muth Teilnehmerzahl: 13

Foto: Aleksander Perkovic

• Es wird eine aktive und dann steuerpflichtige Gegenleistung erbracht.

Viele Besucherinnen und Besucher des Seniorentages sind in Vereinen tätig und interessierten sich auch für alles rund um das Thema „Gemeinnützigkeit“.

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Alter als Chance

Alter als Chance für die wirtschaftliche Entwicklung

Verantwortliche: BAGSO Service Gesellschaft, Fachausschuss Haushaltstechnik der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft e.V. (dgh) Mitwirkende: BAGSO e.V., BMFSFJ, Bureau Demin voor Demografie en lnnovatie (NL), Deutscher Evangelischer Frauenbund in Kooperation mit Verbraucherzentrale NRW, Deutscher Senioren Ring e.V. (DSR), Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT), Landesinitiative Seniorenwirtschaft NRW, Senior Experten Service (SES), Stiftung Warentest

2.5.1 Forum E E1 Verbraucherwünsche und –verhalten Moderation: Prof. Dr. Alrun Niehage, Fachhochschule Osnabrück • Helfer im Haushalt: Zum Gebrauch geeignet? Dr. Erika Neubauer, BAGSO • Ist der Kunde König? Erfahrungen älterer Verbraucher Heike Nordmann, Verbraucherzentrale NRW • Technische Produkte mit guter Qualität Dr. Elvira D. Baier, Fachausschuss Haushaltstechnik (dgh)

E1 Verbraucherwünsche und -verhalten

E2 Spannungsfeld: Angebot und Nachfrage Moderation: Dr. Andreas von Block-Schlesier, SES • Senior Scouts – decken Konsumfallen auf Andreas Reidl, Deutscher Senioren Ring • Warum kaufen ältere Menschen kein „Seniorentelefon“? Lutz Groh, BenQ Mobile GmbH & Co. OHG • Neue Technologien für Senioren in den Niederlanden – Chancen und Schwellen Arno Heltzel, Unie KBO; Ger Thielen, Bureau Demin voor Demografle en Innovatie • Best-Practice-Beispiele Annika Roes, Landesinitiative Seniorenwirtschaft NRW

E3 Auf dem Prüfstand Moderation: Dr. Andreas von Block-Schlesier, SES • Nutzergerecht Produkte – Verbesserung der Verbrauchstauglichkeit Jürgen Nadler, Stiftung Warentest • Auf Dauer geprüft! Martina Koepp, Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT) • Der BAGSO-Verbraucherschutz Dr. Barbara Keck, BAGSO Service; Alfred Graf von Schlieffen, Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA); Ludger Jostmeier, Kreissparkasse Steinfurt

E4 Senioren und Wirtschaft im Dialog Moderation: Dr. Karl-Heinz Schaffartzik, Verbraucherzentrale NRW Podiumsdiskussion mit: Dr. Elvira Baier, Fachausschuss Haushaltstechnik; Dr. H. Werner Kammann, BMFSFJ; Andreas Reidl, DSR; Monika Block, Galeria Kaufhof; Ekkehard Renz, Generali Versicherung AG

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BAGSO

Heike Nordmann berichtete in ihrem Beitrag „Ist der Kunde König? Erfahrungen älterer Verbraucher“ über die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Zielgruppenorientierte Verbraucherarbeit für und mit Senioren“ (gefördert vom BMVEL, durchgeführt von den Verbraucherzentralen NRW, Brandenburg und Rheinland-Pfalz sowie der BAGSO). Ausgangsbasis für die Studie ist die demografische Entwicklung in Deutschland: Die Bevölkerung wird immer älter und der Anteil der Seniorinnen und Senioren an der Gesamtbevölkerung nimmt ständig zu.

Verbraucherinteressen

2.5

Kongress

Viele von ihnen verfügen über ein gutes bis sehr gutes Einkommen und Vermögen und sie sind bereit, dies auszugeben – aber nur, wenn Qualität und Leistung stimmen. Handel, Dienstleister und Marketingexperten begreifen dies erst allmählich, aber auch Verbraucherorganisationen wenden sich dieser Zielgruppe noch zurückhaltend zu. In dem Projekt wurden in 20 sog. Verbraucherkonferenzen insgesamt ca. 250 Teilnehmer zu ihren Erfahrungen als ältere Verbraucherinnen und Verbraucher befragt. Ziel der Studie war zum einen die systematische Erfassung von Erfahrungen und Problemen älterer Verbraucher, zum anderen die Identifizierung von Informationswegen, die die Zielgruppe wirklich erreichen. Die Erkenntnisse sollten in Handlungsempfehlungen für Verbraucherorganisationen führen. Die Auswertung enthält umfassende Meinungsbilder älterer Menschen zu den verschiedensten Konsumbereichen wie z. B. Einkaufen, ÖfBAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Eine zentrale Erkenntnis der Projektarbeit war, dass ältere Menschen eine „Lupenfunktion“ wahrnehmen können. Viele Probleme, die Ältere formulieren, haben auch jüngere Menschen. Ältere Menschen sind jedoch häufig schneller, intensiver und nachhaltiger betroffen. Eine Ausrichtung an ihren Bedürfnissen kommt vielen Verbrauchergruppen zugute. Eine Broschüre mit allen Ergebnissen des Projekts ist bei den beteiligten Verbraucherzentralen und der BAGSO erhältlich. Dr. Erika Neubauer ging in ihrem Referat „Helfer im Haushalt: Zum Gebrauch geeignet?“ auf die BAGSO-Verbraucherbefragung zum Thema Haushaltshelfer ein. Um häufig anfallende Tätigkeiten zu erleichtern, verfügt jeder Haushalt über zahlreiche Gebrauchsgegenstände und elektrische Geräte, die zum Teil täglich verwendet werden. Einige stellen sich tatsächlich als nützliche Helfer heraus, andere genügen jedoch den Anforderungen nicht und bergen z. T. sogar Verletzungsgefahren. Zwei Drittel der Befragten äußerten Probleme mit ,,Haushaltshelfern“ und klagten über hohen Kraftaufwand, Unhandlichkeit und schlechtes Funktionieren. Dosenöffner bereiten die meisten Schwierigkeiten, mit Abstand folgen Korkenzieher und Schnellkochtopf. Bei den Unterhaltungsgeräten machen Video-/DVD-Geräte sowie Stereoanlagen die meisten Probleme, bei den Hausgeräten der Staubsauger. Deutlich kritisiert wurden auch die Gebrauchsanweisungen: Der Text ist oft unverständlich, die Schrift zu klein und schwer zu lesen. Ebenfalls zu den Problemfällen im Haushalt zählen Haushaltsleitern. Als Mängel wurden angeführt, dass die obere Plattform und die Trittflächen der Stufen zu klein seien. Zusammen mit dem zu niedrigen oberen Sicherheitsbügel bewirke dies einen unsicheren Stand. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass zur Beseitigung der aufge166

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zeigten Probleme Umorientierungsprozesse von verschiedenen Seiten erforderlich sind: 1. Die Bedürfnisse der Senioren müssen deutlich aufgezeigt werden. Hierzu sind Befragungen älterer Konsumenten zu ihren Wünschen und Beschwerden äußerst wichtig, um eine fundierte Diskussionsgrundlage mit Produzenten, Dienstleistern und Politik zu haben. 2. Die Hersteller müssen sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Die Beispiele zeigen deutlich, dass viele Schwierigkeiten leicht und ohne hohen Kostenaufwand beseitigt werden könnten, wenn die Produzenten den Willen dazu hätten. 3. Sachdienliche Informationen und Beratungsangebote müssen bereitgestellt werden, um vorhandene Angebote transparent zu machen. 4. Die BAGSO setzt sich daher als Lobby der Älteren für diese Ziele ein, damit mehr bedienungsfreundliche Produkte auf den Markt kommen. Dr. Elvira Baier stellte in ihrem Beitrag „Technische Produkte mit guter Qualität“ Ergebnisse des vom BMVEL geförderten Projektes „Bedürfnisse älterer Menschen als Konsumenten Verbesserung der Information über seniorengerechte technische Produkte im Haushalt“ (VISP) vor. Die Studie befasst sich mit sieben Produkten, deren Handhabung vielen Senioren Probleme bereiten (Handy, Telefon, Video-/DVD-Gerät, Stereoanlage, Staubsauger, Dosenöffner und Korkenzieher).

VerbraucherWirtschaftliche Wirtschaftliche interessen Entwicklung Entwicklung

fentlicher Personennahverkehr, Finanzdienstleistungen, Gesundheit oder Ernährung. Es zeigte sich, dass die Bedürfnisse und Wünsche der Befragten hinsichtlich der persönlichen Ansprache und verständlicher Informationen nur wenig berücksichtigt werden. Die allgemeine Automatisierung wird als negativ empfunden.

In einer schriftlichen Befragung wurden Probleme und Wünsche von Senioren zu ausgewählten Produkten erfasst, mit einem zweiten Fragebogen ihre Meinungen zu vorhandenem Informationsmaterial eingeholt. Aufbauend auf den Ergebnissen wurde schließlich eine Broschüre erarbeitet, die Älteren helfen soll, technische Produkte guter Qualität aus der Fülle des Angebotes herauszufiltern, aber auch jüngeren Verbraucher Informationen zur Auswahl komfortabler und sicherer Produkte gibt. Die Studie zeigt allerdings, dass sich viele Konsumenten vor dem Kauf von Produkten der unteren Preiskategorien nicht informieren. Es BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Um die richtige Wahl treffen zu können, sind aber Informationen notwendig. Die Frage nach den Informationsquellen zeigt, dass neutrale Quellen (Tests, Broschüren) nur wenig genutzt werden. Eine größere Bedeutung kommt den nicht-neutralen Informationsmitteln zu, also Herstellerprospekten, sowie Informationen durch Bekannte und Verwandte. Der Handel ist mit Abstand die wichtigste Informationsquelle. Nicht nur aus Sicht der Senioren, sondern aus der Sicht aller Generationen ist daher vom Handel zu fordern, seine Beratungs- und Servicefunktion ernst zu nehmen und Handhabungsstudios einzurichten, in denen der Kunde jedes angebotene technische Produkt, vor allem aber elektronische Produkte, selbst ausprobieren kann.

E2 Spannungsfeld: Angebot und Nachfrage Andreas Reidl berichtete in seinem Referat „Senior Scouts – decken Konsumfallen auf“ von der Arbeit der Senior Scouts, deren Zahl mittlerweile auf ca. 1.000 Senioren angewachsen ist. Bereits heute liegt die Konsumquote der 65- bis 74-Jährigen mit 84 % deutlich über dem Durchschnitt von 75 %. Rund 308 Mrd. Euro – ein Drittel aller Konsumausgaben – flossen 2003 von den 60plus Verbrauchern in den Konsum. Fazit: Das Konsumverhalten der 50plusGeneration entscheidet über die Zukunft vieler Unternehmen! Alle Branchen werden deshalb ihr Angebot bezüglich Produktart, der Eigenschaften, des Designs und auch des Vertriebs überprüfen müssen. Das Problem ist heute weniger der Schutz der älteren Verbraucher vor unseriösen Angeboten, sondern vielmehr das Fehlen 168

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zielgruppengerechter Produkte und Dienstleistungen oder die mangelhafte Präsentation. In der Diskussion wurden interessante Aspekte angesprochen. So wurde danach gefragt, warum es überwiegend Angebote für Junge gibt? Als Antwort wurde darauf hingewiesen, dass in den Firmen nur junge Kräfte eingestellt werden und man sich auf deren Bedürfnisse einstellt. Eine weitere Frage war, ob Ältere bereit sind, für mehr Service/Komfort mehr zu bezahlen? Nach einer Studie der GfK sind Konsumenten ab 50 – 55 Jahren stärker markenorientiert und die Bereitschaft Komfort zu bezahlen ist vorhanden. Ältere sind keine „Schnäppchen-Generation“. Lutz Groh beschäftigte sich in seinem Beitrag mit der Frage „Warum kaufen ältere Menschen kein „Seniorentelefon“?“ Aufgrund der demografischen Entwicklung könnte man eigentlich von einem Bedarf an Seniorenprodukten auch im Kommunikationsbereich ausgehen. Die Schwierigkeit liegt allerdings darin, dass Senioren eine sehr heterogene Gruppe darstellen. Wenngleich u. a. durch Erfahrung, Bildung oder soziales Umfeld die „Leistungsfähigkeit“ im Alter stark variiert, kann von gewissen Einschränkungen der Sinne und der Motorik ausgegangen werden. So ergeben sich, bei der anhaltenden Tendenz zu komplexeren, kleineren Produkten, zwangsläufig Probleme beim Umgang mit Handys, z. B. in der Menüführung, der Lesbarkeit des Displays und der Betätigung der Tasten. Zusätzliche Anforderungen, wie z. B. Notruffunktion oder Kompatibilität mit Hörgeräten müssen ebenfalls Berücksichtigung finden. Allerdings zeigt sich, dass sich Senioren durch ein spezielles „Seniorentelefon“ stigmatisiert fühlen („Ich gehöre noch nicht zum alten Eisen“).

VerbraucherWirtschaftliche Wirtschaftliche interessen Entwicklung Entwicklung

handelt sich oftmals um Mitnahmeartikel, die spontan gekauft werden und bei denen sich dann zu Hause herausstellt, dass sie nicht befriedigend sind (z. B. Dosenöffner). Viele in der Befragung geäußerte Wünsche an Dosenöffner, z. B. keine scharfen Schnittkanten oder die Schneide nicht mit dem Doseninhalt in Berührung kommt, können von bestehenden Produkten bereits erfüllt werden.

Die Lösung der Problematik liegt im Konzept des Design for all: Entwurf von Produkten und Umgebungen, die von allen Menschen nutzbar sind, soweit irgend möglich ohne die Notwendigkeit von Anpassungen oder von Sonder-Design. Um dies zu erreichen werden im Usability-Labor schon in der Entwicklungsphase Focusgruppen befragt, um ein hohes Maß an Übereinstimmung mit den Nutzeranforderungen zu erzielen. Beispiele hierfür sind zwei Entwicklungen BAGSO

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Ger Thielen und Arno Heltzel berichteten über „Neue Technologie für Senioren in den Niederlanden – Chancen und Schwellen“. In mehreren Studien wurde das Marktpotenzial der älteren Generation und die Bedingungen für die optimale Abstimmung der Technologie auf den älteren Verbraucher untersucht. Die Seniorenzielgruppe erweist sich als potenziell lukrativer Markt für die Informations- und Kommunikationstechnologie und die Medienfirmen. Wichtig ist, die „Bedienungsfurcht“ zu überwinden, ein großes Hindernis bei der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel. Senioren wollen nicht als „Sondergruppe“ angesprochen werden, sondern man will Botschaften für alle Altersgruppen, wobei die positiven Eigenschaften des Alters glaubhaft dargestellt werden sollen (Vitalität, Lebenserfahrung). Hier sind in Werbung und Marketing noch erhebliche Defizite festzustellen. Dass Senioren – vor allem organisiert - einen sehr erfolgreichen Wirtschaftsfaktor darstellen können, zeigt das Beispiel der Unie KBO, der größten Seniorenorganisation in den Niederlanden mit 300.000 Mitgliedern. Die KBO stellt zum einen eine politische Interessenvertretung dar (Einkünfte, Wohnen, Mobilität), bietet aber auch Serviceangebote (Steuerberatung, Rechtsberatung) und lokale Aktivitäten. Ein interessantes Angebot ist zudem die „Einkaufsgenossenschaft“ 15plus. Da die Wirtschaft die Senioren nicht als interessante Verbrauchergruppe wahrnimmt, deren Bedürfnisse nicht erkennt, sich vor Stigmatisierung fürchtet und mit Vorurteilen behaftet ist, haben sich Senioren selbst 170

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organisiert. Die 15-Plus (GmbH) bietet folgende Vorteile: Mitglieder erhalten gegen Vorlage ihres Mitgliedsausweises Rabatt (meistens 15 %) auf Produkte und Dienstleistungen. 15-Plus wählt praktische Produkte aus (sog. Hausmarken) und übernimmt deren Einkauf und Verkauf. Je mehr Mitglieder sich anschließen, umso günstiger werden die Bedingungen. Die KBO konzentriert sich derzeit auf die Bereiche Krankenversicherungen und Kommunikation. Die Industrie zeigt sich interessiert an diesem Kooperationsmodell. Annika Roes stellte in ihrem Beitrag „Best-Practice-Beispiele“ der Landesinitiative Seniorenwirtschaft NRW vor. Unter Federführung des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration NRW und wissenschaftlich geleitet durch das Institut Arbeit und Technik (IAT), Gelsenkirchen und die Forschungsgesellschaft für Gerontologie (FfG), Dortmund will diese Initiative die demografische Situation in Deutschland nicht als Horrorszenarium, sondern als Chance begreifen. Ziel ist, die Lebensqualität älterer Menschen zu steigern und ihre Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe zu verbessern, gleichzeitig aber die Wirtschaft in NRW zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Die zentralen Gestaltungsfelder der Landesinitiative finden sich in den Bereichen Wohnen, Handwerk und Dienstleistungen, Freizeit, Tourismus, Sport und Kultur sowie Neue Medien und Telekommunikation. Die Basisarbeit liegt in der grundsätzlichen Sensibilisierung für die Thematik und der Identifizierung von Problembereichen.

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aus dem Festnetz- bzw. Mobilfunkbereich, das Gigaset E 150 sowie das BenQ-Siemens S 68. Letzteres wurde ursprünglich für die „Silver Ager“ (55+) konzipiert (z. B. weniger Funktionen, leichte Bedienbarkeit, hochwertiges Aussehen), zeigte aber dann eine Übereinstimmung mit dem Geräteprofil eines „Business-Handys“. Diese Beispiele zeigen, dass es durchaus möglich ist, die Umsetzung der Nutzeranforderungen mit dem Geschäftserfolg zu verbinden. Die Industrie wird weitere Anstrengungen unternehmen, effiziente und auch preiswerte seniorengerechte Produkte auf den Markt zu bringen und die internationale Harmonisierung in diesem Bereich voranzutreiben. Die Mitarbeit der Senioren und ihrer Vertreter wird in allen Bereichen als hilfreich erachtet.

Im Bereich Wohnen stellt bspw. das Qualitätssiegel „Betreutes Wohnen NRW“ Mindeststandards hinsichtlich baulicher Gestaltung, Wohnungsumfeld sowie Service sicher. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative „Vital 50plus“ der Stadt Herten. Hier werden in den Bereichen Gesundheit (Spaßbad, Internetplattform mit Gesundheitsinformationen), Handel (Lieferservice) und Wohnen (seniorengerechte Musterwohnung) Angebote zur Verbesserung der Lebensqualität gemacht. Andere Positiv-Beispiele finden sich in der Dienstleistungsoffensive der Wohlfahrtsverbände NRW für Seniorinnen und Senioren oder in den Qualifizierungsangeboten des Handwerkszentrums - Wohnen im Alter- der HWK Düsseldorf. Auch im Bereich Tourismus und Verkehr lassen sich positive Ansätze BAGSO

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E3 Auf dem Prüfstand Nutzergerechte Produkte – Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit Jürgen Nadler von der STIFTUNG WARENTEST stellte die „Vielseitige Testarbeit für eine aktive Zielgruppe mit vielen Interessen“ vor. Nicht nur, dass die Zielgruppe groß ist und wächst, sondern sie hat auch besonders starkes Interesse an Testergebnissen. Ältere Menschen haben im Laufe des Lebens Erfahrungen gesammelt und wissen, dass eine spontane, weniger gut vorbereitete Entscheidung für eine Ware oder Dienstleistung ärgerliche Folgen haben kann. Sie planen ihre Entscheidungen daher in der Regel sorgfältig und sind dabei für unabhängigen, neutralen und sachkundigen Rat dankbar. Vielgestaltig sind die Anfragen zu Tests und Untersuchungen. Es gibt sie zu speziellen Versicherungen und Geldanlageprodukten für Senioren, zu klassischen Dienstleistungen wie z. B. „Essen auf Rädern“ oder „Betreutes Wohnen“, aber auch zu Standardtests von Geräten der Unterhaltungselektronik oder Telekommunikation. Dazu kommen schließlich Beratungswünsche der Senioren zu moderner EDV-Technik, die z. B. durch entsprechend gestaltete Ratgeber für die Nutzung von PC, Internet und Software erfüllt werden. Am Beispiel einiger aktueller Veröffentlichungen mit speziellem Bezug auf die Interessen älterer Verbraucher zeigte Jürgen Nadler die Arbeitsweise der STIFTUNG WARENTEST, sowohl bei der Testarbeit als auch bei der Darstellung der Untersuchungen. Beispielhaft wurden wesentliche Ergebnisse von Tests erläutert und die Schlussfolgerungen, die sich zur Optimierung des Angebots von Dienstleistern und Herstellern ergeben, aufgezeigt. Daneben wurde über die Reaktion der älteren Verbraucher auf die 172

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Testergebnisse und Ratgeber berichtet. Senioren haben ähnliche Anforderungen an die Handhabung, wie jüngere Verbraucher, konzentrieren sich aber mehr auf die wesentlichen Funktionen. Wer in den Tests von Waren die Forderungen der Senioren berücksichtigt, wird deshalb auch zentrale Forderungen der jüngeren Verbraucher einbeziehen. Ziel aller Untersuchungen bleibt, dass ein Gerät für jeden nutzbar bleiben muss. Dem trägt dadurch die STIFTUNG WARENTEST Rechnung, da bei allen Tests „Handhaber“-Meinungen und Expertenbeurteilungen einfließen. Dazu müssen aber spezielle Tests von Waren und Dienstleistungen kommen, wie z.B. Notrufsysteme, Essen auf Rädern und spezielle Versicherungsprodukte, die sich besonders an ältere Menschen richten. Auf Dauer geprüft! Martina Koepp erklärte in ihrem Vortrag „Auf Dauer geprüft!“ die Vorgehensweise der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT) in Fragen der Bewertung und Empfehlung. Ziel der GGT ist technischen Einrichtungen, Produkte und Dienstleistungen auszuzeichnen, die dafür sorgen, dass der Mensch so lange wie möglich in seiner vertrauten Umgebung – seiner Wohnung – verbleiben kann. Dabei kann die GGT bereits auf eine ganze „Siegelfamilie“ verweisen. Martina Koepp hob die Schnittstellenfunktion der GGT zur Wissenschaft, zum Handwerk, zur Industrie und zu den älteren Verbrauchern hervor. Dazu leistet die GGT „Arbeit am Produkt“, um es bei der Entwicklung und in der Erprobung zu optimieren. Die Öffentlichkeit kann sich in der Dauerausstellung in Iserlohn informieren. Gleichzeitig bietet die GGT Industrie, Handel und Handwerk Fachplanern und Architekten Qualifizierungen an. Dabei setzt die GGT auf Einzelprüfungen statt Vergleichtests.

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finden, z. B. das TeutoWellness 50plus des Teutoburger Wald Tourismus oder die „fit & mobil“ Initiative des Verkehrsverbundes RheinRuhr. Im Bereich Medien sind beispielsweise die Förderung der Medienkompetenz durch Senioren-online oder Internet Cafes zu nennen.

In dem „Geronto-Arbeitskreis“ stehen der GGT ältere Menschen bundesweit zur Verfügung. Nicht nur mit Befragungen, sondern mit Tests in realer Praxis und unter Einbaubedingungen werden alle Bereiche eines Produktes (von der Akzeptanz bis zur Reinigungs-/Wartungsfreundlichkeit) geprüft. Fallen die Ergebnisse weniger gut aus, wird BAGSO

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Es geht bei den Prüfungen nicht um spezifische Produkte und Dienstleistungen für ältere Menschen, vielmehr sind die älteren Menschen die „Lupe“ für die Belange aller Nutzer. Das wurde am Beispiel einer wegklappbaren und geteilten Duschwand veranschaulicht. Aus Sicht der GGT entwickelt sich aus der Kompetenz der Verbraucher der beste Verbraucherschutz. Der BAGSO-Verbraucherschutz Nach welchen Kriterien die BAGSO ihre Verbraucherempfehlungen verleiht, stellten in einem Gemeinschaftsreferat Dr. Barbara Keck von der BAGSO Service Gesellschaft, Alfred Graf von Schliefen, stellvertretend für den, Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA) und Ludger Jostmeier von der Kreissparkasse Steinfurt vor.

den und Experten entwickelt wird. Drei Schwerpunkte sind dabei immer Ausgangsbasis für die Kriterienentwicklung: 1. Zielgruppenorientierung: Werden Bedürfnisse und Wünsche älterer Menschen berücksichtigt? 2. Verbrauchergerechte Gestaltung: Wie gut sind Verbraucherinformation und Kundenservice gestaltet? 3. Innovation: Inwieweit ist das Produkt oder die Dienstleistung neu? Bei erfolgreichem Test vergibt die BAGSO die Auszeichnung für ein Jahr. Jährliche Wiederholungsprüfungen schließen sich an. Bei Fragen oder Beschwerden können sich ältere Menschen an die von der BAGSO eingerichtete Ombudsstelle bei BAGSO Service wenden. Zwei Verbraucherempfehlungen wurden exemplarisch aus der Palette vorgestellt: 1. Meine Sparkasse/Bank – BAGSO empfohlen“

Bereits bei der Gründung der BAGSO war die Stärkung der Verbraucherinteressen von Seniorinnen und Senioren ein wesentliches Ziel. In vielfältiger Weise hat die BAGSO bisher darauf hingewirkt. Die Verbraucherempfehlung ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Drei Ziele stehen dabei im Visier: 1. Information der Älteren über verbrauchergerechte Produkte und Dienstleistungen, die sich (auch oder ganz speziell) an deren Wünschen und Bedürfnissen orientieren. 2. Motivierung der Wirtschaft, sich stärker auf ihre älteren Kunden einzustellen. 3. Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. Der Verbraucherempfehlung geht eine eingehende Prüfung voraus. Ausgangspunkt ist eine Kriterienliste, die i. d. R. auf Basis einer Befragung und in Zusammenarbeit mit fachkundigen BAGSO-Verbän174

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als aktuelles Pilotprojekt. Grundlage für die Erstellung der Kriterien war eine Befragung von 1.600 älteren Bankkundinnen und Bankkunden und ein Arbeitskreis, der sich vor allem aus BAGSO-Verbänden und Vertretern der Sparkassen zusammensetzte. Die Kreissparkasse Steinfurt wird sich an dem Pilotprojekt beteiligen, da die 50plus Generationen für sie ein ganz wichtiger Kundenkreis ist.

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verbessert, solange, bis die Kriterien eines Siegels aus der Siegelfamilie erfüllt sind. GGT stehen neben dem „Geronto-Arbeitskreis“ auch eine Vergleichsgruppe von Testerinnen und Testern unter 50 Jahren zur Verfügung.

2. „Seniorengerechte Apotheke – BAGSO empfohlen“ Bisher prüfte BAGSO Service rund 650 Apotheken mit Erfolg. Angemeldet hatten sich bis Mai 2006 rund 900 Apotheken. Oft wird zunächst die Kriterienliste als Leitfaden für die Qualitätsverbesserung genutzt, bevor die Apotheke ihre Unterlagen einreicht. Basis für die Erstellung der Kriterienliste war eine umfassende Befragung, bei der ältere Menschen die „Ideale Apotheke“ aus ihrer Sicht beschrieben. Die fachkompetente Beratung stand dabei an erster Stelle. Alfred Graf von Schlieffen schilderte Beispiele aus der Praxis, die BAGSO

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Alter als Chance verdeutlichten, was es konkret bedeutet, sich auf die Bedürfnisse älterer Kunden einzustellen. Jede Verbraucherempfehlung begleitet ein intensiver Dialog zwischen älteren Menschen und der Wirtschaft. Oft übernehmen dabei die Älteren eine Vorreiterrolle für die jüngeren Generationen, in dem sie vor allem Nutzerfreundlichkeit und gute Beratung in den Mittelpunkt stellen.

E4 Senioren und Wirtschaft im Dialog Auf dem Podium diskutierten Vertreter der Verbände und der Wirtschaft mit einander. Dr. Karl-Heinz Schaffartzik von der Verbraucherzentrale NRW stellte als Moderator eingangs die Frage nach den Erwartungen der Senioren an die Wirtschaft. Nach Dr. Elivira Baier, Fachausschuss Haushaltstechnik, sind ältere Menschen mit einer erdrückenden Vielfalt von Waren konfrontiert. Sie forderte mehr Hilfe bei der Warensuche durch ein flächendeckendes Netz von Geräteberatern. Auch müssen die Produkte noch stärker an den Bedürfnissen Älterer ausgerichtet werden. Es geht weniger um seniorenspezifische Produkte, sondern um nutzerfreundliche Produkte, die letztlich einen Gewinn für alle Generationen darstellen. Die wenigen, die es gibt, sind oft noch zu wenig bekannt oder schwer zu besorgen. Die Verbraucher sind aufgefordert, stärker ihre Verbraucherwünsche zu äußern. Auch Andreas Reidl, Deutscher Senioren Ring, unterstrich, dass es zu wenige gute Produkte für ältere Menschen gibt. Und was nicht vorhanden ist, kann auch nicht gefunden werden. Zu vermeiden sind stigmatisierende Angebote. Verstärkt sollten bei der Produktentwicklung die Bedürfnisse aller Generationen berücksichtigt werden, auch die der über 50-Jährigen. Es gilt, besonders bei deren Kompetenz anzusetzen. Oft fühlen sich ältere Kunden nicht ernst genommen. Dies ist aber eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Kunden sich wohl fühlen. Schließlich müsste noch stärker ins Bewusstsein gerückt werden, dass die 50plus Generationen viele Arbeitsplätze sichern. 176

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Aus Sicht von Monika Block, Galeria Kaufhof, hat der Einzelhandel bisher nur wenig umgedacht und sich kaum auf die Zielgruppe 50plus eingestellt. Im Vordergrund sollte das Wohlfühlen aller Kunden stehen. Dazu gehören Elemente wie breite Gänge, Türsteher, die die Türen öffnen, übersichtliches und sach- sowie markenorientiertes Warenangebot, Preisschilder mit 12 Punkt-Schriftgröße. Die Filiale in Dortmund wurde als Testhaus den Kriterien angepasst. Nach einer Rückfrage von Dr. Barbara Keck, warum dies so wenig bekannt sei, äußerte Monika Block, dass Kaufhof dies nicht „unter dem Seniorenlabel“ nach außen kommunizieren möchte. Man befürchtet, die jüngere Kundschaft sonst zu verlieren. Monika Block ging auch auf verschiedene Forderungen aus dem Publikum ein: Die Klage, dass man nicht die richtige Größe bzw. Kleidung findet, zieht sich durch alle Generationen. Mehr Schulung der Mitarbeiter sei sicher sinnvoll, entfaltet aber erst mittelfristig Wirkung. Nicht erreicht mit Schulungsprogrammen werden die vielen Aushilfskräfte. Der Forderung nach mehr Beratung und damit verstärktem Personaleinsatz stehen die damit verbunden erhöhten Kosten gegenüber. Dies sei im Einzelhandel derzeit nicht machbar, da Preissteigerungen nicht akzeptiert würden. Ekkehard Renz, Generali Versicherungen, sprach sich gegen altersbedingte Kündigungen bei Versicherungen aus. Hier ist ein Umdenken der Versicherer notwendig. Eine Anpassung des Schutzes an die Bedürfnisse der Älteren beinhaltet, dass Veränderungen bei laufenden Versicherungen durchaus sinnvoll sind. So ist der Arbeitsrechtsschutz für Ältere in der Regel nicht mehr von Bedeutung, dafür gewinnen andere Themen an Bedeutung. Bisher ist der ältere Versicherte noch zu wenig als „Versicherungskunde“ berücksichtigt. Dabei haben die Kunden durchaus Interesse an weiterem Versicherungsschutz, nur die Themen ändern sich. So rückt z. B. das Thema Pflegevorsorge stärker in den Blick.

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Kongress

Nach Dr. H. Werner Kammann, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), sind besonders gute Beispiele und deren Bekanntmachung wichtig. Viele kleine Initiativen sind notwendig, um die Wirtschaft verstärkt für das Thema zu sensibilisieren. Der Dialog zwischen Senioren und Wirtschaft muss gefördert werden. BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Dr. Karl-Heinz Schaffartzik stellte in seinem Schlusswort nochmals heraus, dass ältere Menschen weniger spezielle Angebote fordern, sondern sich die Wirtschaft generell verstärkt auf die 50plus Wünsche einstellen müsse. Protokollführung: Dr. Monika Blechinger-Zahnweh, Dr. Barbara Keck, Bettina Kloppig Teilnehmerzahl: E1: 70; E2: 100; E3: 40; E4: 30

FORUM E: THESEN 1. Als erfahrene und damit kritische Verbraucher sollten ältere Menschen verstärkt nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gefragt werden. Ihre Forderungen nach mehr Nutzerfreundlichkeit und Service sind letztlich für alle Generationen ein Gewinn. 2. Der ältere Kundenkreis wächst zunehmend. Spezielle Angebote für ältere Menschen zu entwickeln, ist dabei nur ein Weg. Noch wichtiger ist: Die Wirtschaft muss sich grundsätzlich bei der Gestaltung der Angebote, bei dem Marketing und vor allem beim Vertrieb stärker auf den älteren Kundenkreis einstellen. 3. Prüfungen sind ein wichtiges Instrument zur Qualitätsentwicklung. Im Interesse der Verbraucher müssen Qualitätssiegeln transparente Kriterien zugrunde liegen und die Zahl der Qualitätssiegel überschaubar bleiben. 4. Ältere Menschen fordern verlässliche und übersichtliche Information. Sie erwarten eine ausführliche Beratung und mehr Service vor Ort. Die Kommunikation der Wirtschaft muss sich stärker auf diesen wichtigen Kundenkreis einstellen.

VerbraucherWirtschaftliche Wirtschaftliche interessen Entwicklung Entwicklung

Aus dem Land Niedersachsen wurde aus dem Publikum berichtet, dass es – ähnlich wie bereits NRW – zukünftig ebenfalls den Dialog fördert, um besonders mittelständigen Unternehmen Hilfestellungen zu geben.

FORDERUNG Die Wirtschaft wird aufgefordert, stärker in den Dialog mit älteren Menschen zu treten.

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Alter als Chance

2.6

Kongress

Alter als Chance in körperlicher und geistiger Mobilität

2.6.1 Forum F

Verantwortlich: Deutscher Turner-Bund (DTB), Gesellschaft für Gehirntraining (GfG) Mitwirkende: Dachverband Altenkultur, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Deutscher Verband für Blinde und Sehbehinderte (DVBS), KneippBund, Lange aktiv bleiben (LAB), NaturFreunde Deutschland

F1 Fit bis ins höchste Alter – Herausforderung Hochaltrigkeit Moderation: Dr. Karin Fehres, Vizepräsidentin des Deutschen Turner-Bundes • Senioren-Theater „Alter als Chance“ - Dieter Scholz, Dachverband Altenkultur • Hochaltrigkeit in Deutschland – die Erhaltung von Selbstständigkeit als gesellschaftliche Herausforderung Dr. Christoph Rott, Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg • Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige – ein Projekt des Deutschen Turner-Bundes - Petra Regelin, DTB

F1 Fit bis ins höchste Alter – Herausforderung Hochaltrigkeit Hochaltrigkeit in Deutschland – die Erhaltung von Selbstständigkeit als gesellschaftliche Herausforderung Foto: Tanja Evers

F2 Ausgewählte Projekte: Alter als Chance in körperlicher und geistiger Mobilität

Gesundheit

Moderation: Pia Pauly, DTB • Projekt des Deutschen Sportbundes „Richtig fit ab 50“ Ute Blessing-Kapelke, DOSB/Reinfried Kugel, LSB Berlin • Gesund altern – ein Gebot gesundheits- und sozialpolitischer Vernunft Günter Puhe, Präsidium des Kneipp-Bundes • Projekt „Sprachreisen für Ältere“ – Helmut Kirsebauer, Vorsitzender LAB • Projekt „Fit und beweglich durch Wandern“ Karin und Peter Kuhn, NaturFreunde Deutschland • Projekt „Ganzkörpertraining zu Hause“ Dr. Hans-Eugen Schulze, Seniorenbeauftragter des DVBS

F3 Geistig fit im Alter Moderation: Pia Pauly, DTB • Dem Gehirn auf der Spur – Wissenschaftliche Grundlagen des Gehirntrainings Prof. Dr. Josef Kessler, Universität Köln • Praktische Übungen: Denk dich fit – geistige Leistungsoptimierung im Alter Hans-Eberhard Bürger, Landesvorsitzender GfG Bayern

F4 Alter als Chance – Körper und Geist in Schwung Moderation: Pia Pauly, DTB Impulsreferat: Das Neueste aus der Wissenschaft – Bewegung trägt zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen bei Dr. Christoph Rott, Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg Podiumsdiskussion mit: Ute Blessing-Kapelke, Dr. Christoph Rott, Prof. Dr. Josef Kessler, Hans-Eberhard Bürger

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Tanz und Bewegung machen Freude: Mitglieder des Altentheater-Ensembles zeigten einen Ausschnitt aus ihrem Repertoire.

Nachdem das Seniorentheater vom Dachverband Altenkultur unter der Leitung von Dieter Scholz mit großer Begeisterung der Zuschauer in das Thema „Älterwerden als Chance“ eingeführt hatte, referierte Dr. Christoph Rott vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg über die Thematik „Hochaltrigkeit in Deutschland – die Erhaltung von Selbstständigkeit als gesellschaftliche Herausforderung“. In Deutschland ist im 20. Jahrhundert die Lebenserwartung für Frauen und Männer um über 30 Jahre gestiegen. Sie wird weiterhin BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Was kann dagegen getan werden? Wissenschaftliche Untersuchungen machen deutlich, dass Bewegung eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung von Gesundheit und Funktionsfähigkeit im hohen Alter darstellt. Inaktivität im höchsten Alter kann sogar tödlich sein. Die Sterblichkeit von körperlich inaktiven Menschen ist um ein Drittel höher als bei aktiven. Bewegungsarmut ist so schädlich wie Rauchen. Inaktive haben ein um 90 % erhöhtes Risiko, an koronaren Herzleiden zu erkranken. Dr. Christoph Rott schloss seinen Vortrag mit folgender Forderung ab: Muskelkater statt Hüftbruch! Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige – ein Projekt des Deutschen Turner-Bundes Petra Regelin berichtete über das DTB-Projekt „Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige“. Dieses Projekt ist als eins der 15 besten Präventionsprojekte bundesweit für den Deutschen Präventionspreis 2005 nominiert worden. Der Deutsche Präventionspreis wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und von der Bertelsmann Stiftung an herausragende Projekte in Gesundheitsförderung und Prävention vergeben. Das DTB-Projekt wurde 2004 durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell unterstützt. Im Mittelpunkt stand die Entwicklung einer 182

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Ausbildungskonzeption für die Weiterbildung von Übungsleitern und Übungsleiterinnen. Diese Konzeption wurde modellhaft in Kooperation mit Landesturnverbänden erprobt und schließlich im Rahmen einer Multiplikatoren-Ausbildung an alle interessierten Landesturnverbände weitervermittelt. Mit sehr großem Erfolg: Insgesamt sind bisher bundesweit etwa 800 Übungsleiter in der Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige ausgebildet worden. Das Interesse und der Bedarf der Übungsleiter an dieser Thematik wachsen stetig. Die inhaltliche Konzeption der Weiterbildung ist gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Praxis entwickelt worden. Sportwissenschaftler, Gerontologen, Gesundheitswissenschaftler und Fitness-Trainer haben gemeinsam daran gearbeitet. Das Problem: Unselbstständigkeit und Pflegebedürftigkeit Experten sprechen ab einem Alter von 80 Jahren von Hochaltrigkeit. Es ist eine relativ neue Entwicklung, dass ein Großteil der Menschen, nämlich 64 % der Frauen und 42 % der Männer, diese Hochaltrigkeitsgrenze erreichen. Das Problem: Während viele Menschen im Alter zwischen 70 und 80 Jahren ihr Leben aktiv und selbstständig bewältigen, steigt bei den Hochaltrigen der Hilfebedarf stark an. An der Schwelle zur Hochaltrigkeit scheint sich das Leben grundlegend zu verändern. Viele Aktivitäten, die man im Alter von 70 Jahren noch problemlos bewältigen konnte, schafft man plötzlich nicht mehr. Viele Menschen über 80 werden pflegebedürftig. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Obwohl Frauen durchschnittlich länger leben als Männer, sind sie es, die wesentlich unselbstständiger und auch kränker sind.

Körper und Gesundheit Geist

deutlich ansteigen. In der Folge werden die meisten heute lebenden Menschen aller Voraussicht nach ein überaus langes Leben (90 bis 100 Jahre) haben. Gleichzeitig ist jedoch ab dem 75. Lebensjahr ein extrem starker Einbruch in Bezug auf die funktionale Selbstständigkeit nachweisbar. Das hängt u. a. damit zusammen, dass Muskeln an Masse und Spannkraft verlieren, Knochenmasse abgebaut wird und Gelenke sich abnutzen. Die Folge: Die Pflegebedürftigkeit der Menschen steigt ab dem 75. Lebensjahr signifikant deutlich an. Und – je älter die Menschen werden, umso größer werden die Defizite in Bezug auf die Funktionsfähigkeit und die Selbstständigkeit. Nur 6 % der 100-Jährigen sterben in guter Gesundheit.

Das biologische Grundprinzip: Erhalten bleibt, was gebraucht wird Viele sehr alte Menschen sind in hohem Ausmaß gebrechlich und multimorbid. Sie haben erhebliche Funktionseinschränkungen und leiden unter chronischen Erkrankungen, wie Fettstoffwechselstörungen, Venenleiden, Zerebralateriosklerose, Herzinsuffizienz oder Osteoporose. In der Heidelberger 100-Jährigen-Studie wurde festgestellt, dass nur 9 % der heutigen 100-Jährigen in der Lage sind, ihr Leben selbstständig zu führen. BAGSO

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Alter als Chance

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Das Problem: Unser Körper funktioniert nach dem biologischen Gesetz, dass nur die Funktionen aufrechterhalten werden, die auch gebraucht und benutzt werden. Das bedeutet, der Körper muss all seine Funktionen ständig und regelmäßig üben, trainieren und einsetzen. Nur dann bleiben sie auch erhalten. Passiert das nicht, lässt die Funktionsfähigkeit mit der Zeit automatisch nach, bis der Körper uns irgendwann völlig im Stich lässt. Gelenke, die nicht bewegt werden, rosten ein. Muskeln, die nicht gestärkt werden, werden immer schlapper und ein Herz, das nicht gefordert wird, wird zunehmend schwächer.

DTB-Akademie bildet aus Die DTB-Akademie bietet Lehrgänge „Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige“ an. Wer Interesse hat, kann sich an die DTB-Akademie, 069/67801-189 oder [email protected] wenden.

F2 Ausgewählte Projekte: Alter als Chance in körperlicher und geistiger Mobilität

Unser Ziel: Selbstständigkeit bis ins höchste Alter erhalten Richtig fit ab 50

Das Motto heißt: Sich Herausforderungen stellen, um den Teufelskreis von Inaktivität – Funktionsverlust – Überforderung – Schmerzen – stärkere Inaktivität zu durchbrechen. Die Bewältigung des Alltags erfordert oft Höchstleistungen. Es ist das Ziel des Bewegungstrainings, die Menschen darauf vorzubereiten und das Leistungsvermögen auf ein möglichst hohes Niveau zu bringen und es dort zu halten. Nur dann können Menschen in unerwarteten Situationen im Alltag angemessen reagieren, ohne sich zu überfordern oder zu verletzen. Broschüre informiert Der DTB hat mit Unterstützung des BMFSFJ eine Broschüre „Bewegungs- und Gesundheitsförderung für Hochaltrige“ erstellt. Die Broschüre kann zu einer Versandkosten- und Organisationspauschale von 6,-- Euro bei Petra Regelin (E-mail: [email protected]) bestellt werden. 184

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Ute Blessing-Kapelke und Reinfried Kugel, vom DOSB stellten das Projekt „Richtig fit ab 50“ vor. Bewegung und Sport spielen eine große Rolle, wenn man gesund und zufrieden älter werden möchte. Zahlreiche Untersuchungen sagen aus, dass durch regelmäßige körperliche Aktivität die Gesundheit verbessert, Krankheiten verhindert und die körperliche wie geistige Leistungsfähigkeit gesteigert werden können. Man fühlt sich wohler und ist zufriedener. In den Sportvereinen hat der „Sport der Älteren“ bereits eine lange Tradition. Um die besondere Zielgruppe der Neu- und Wiedereinsteiger für den Sport zu gewinnen, führte der Deutsche Olympische Sportbund seit 2003 das vom Bundesseniorenministerium geförderte Modellprojekt „Richtig fit ab 50“ durch.

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Deshalb verfolgt die DTB-Weiterbildung das Kernziel der „Erhaltung der Selbstständigkeit durch gezielte Bewegungs- und Gesundheitsförderung“. Dazu gehört eine aktive Sturzprophylaxe, das gezielte Training von Alltagssituationen und ein selbstständigkeitserhaltendes Muskeltraining. Während noch vor einigen Jahren alte Menschen beim Bewegungstraining eher geschont worden sind und das Training z. B. ausschließlich im Sitzen erfolgt ist, weiß man heute, dass dies nicht der richtige Weg ist.

Inhalte des Modellprojektes waren zum einen der Aufbau und die ständige Erweiterung der Internetseite www.richtigfit-ab50.de. Darüber hinaus wurden in vier Einzelprojekten unter Federführung der jeweiligen Landessportbünde neue Ideen, Konzepte und Angebote erprobt, um mehr Frauen und Männer der 50plus-Generation zum aktiven und regelmäßigen Sporttreiben zu motivieren. Insbesondere das Berliner Projekt ermöglichte die Gründung zahlreicher Sportgruppen im direkten Wohnumfeld durch die Kooperation mit Partnern im Senioren- und Gesundheitsbereich. BAGSO

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Das Werkheft kann beim Deutschen Olympischen Sportbund unter Tel. 069/67 00-364 oder [email protected] kostenfrei angefordert werden. Günter Puhe vom Kneipp-Bund berichtete über die vielfältigen Erfahrungen und Maßnahmen des Kneipp-Bundes im Bereich der Gesundheitsförderung. Helmut Kirsebauer vom Verein LAB - Lange Aktiv bleiben stellte die Erfahrungen des Verbandes mit Sprachreisen vor. Karin und Peter Kuhn von den Naturfreunden Deutschlands sprachen über die körperlichen, geistigen und psychischen Auswirkungen von Wanderungen. Und Dr. Hans-Eugen Schulze vom DVBS präsentierte ein Trainingsprogramm für Blinde und Sehbehinderte, das den ganzen Körper trainiert. Informationen zum Trainingsprogramm: E-Mail: [email protected]

F3 Geistig fit im Alter Dem Gehirn auf der Spur – Wissenschaftliche Grundlagen des Gehirntrainings Prof. Dr. Josef Kessler, Klinik für Neurologie, Universität Köln erläuterte in seinem Vortrag die Stufen der Informationsverarbeitung, der Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis sowie die Bedeutung von Emotionen und Befindlichkeit führte er in seinem Vortrag lebendig an.

Synapsen war die sog. „Nonnenstudie“ für viele Zuhörer vermutlich ein Novum. Die sog. „Nonnen-Studie“, die vor zehn Jahren begann und auf 15 Jahre angelegt ist, stützt sich auf regelmäßige Untersuchungen der Schwestern der „School Sisters of Notre Dame“. Besonders erkenntnisreich sind für die Wissenschaftler Autobiographien, die die heute zwischen 75 und 106 Jahre alten Nonnen auf Bitten ihrer Vorgesetzten vor etlichen Jahren geschrieben hatten. Dabei konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer positiv geprägten Lebensbiografie und einem langen Leben (ohne demenzieller Erkrankung) hergestellt werden (Danner, Snowdon & Friesen, 2004). Diese Frage spannte den Bogen zur Anzahl der Synapsen als Orte der Informationsübertragung, die bedeutsam für Lernen und Gedächtnis sind. Das Problem des Fernsehkonsums als aktuelles Thema fehlte nicht in den Ausführungen Prof. Kesslers, wonach jeder über den Durchschnitt hinausgehender Fernsehkonsum das Risiko um das 1,3-fache erhöht, an Alzheimer zu erkranken. Fitness und Lernfähigkeit im Alter gehörten ebenso zu seiner aufschlussreichen Präsentation, wie Stress, Traumatisierung und Varianten der Ahnungslosigkeit. Gesundes und krankes Altern und das „soziale Altern“ waren aktuelle Aspekte seines Vortrags. Dass Stress, Traumatisierung, anhaltende seelische Verletzung zu ausgeprägten Gedächtnisstörungen führen können, mag so manchen Zuhörern nachdenklich gestimmt haben.

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Als Projektergebnisse wurden 12 Aspekte für ein attraktives Angebot „Richtig fit ab 50“ im Verein benannt (von der richtigen Ansprache der Zielgruppe, den Motiven zum Sporttreiben, dem Ambiente bis hin zu attraktiven Organisationsformen und der Bildung von Netzwerken) und in einem praxisorientierten Werkheft „Richtig fit ab 50“ für die Zielgruppe der Vereine aufgearbeitet.

Die anschließenden Fragen aus dem Zuhörerkreis zeigten, dass die Angst vor Demenz stark verbreitet scheint. Die Fragen kamen auch zum Thema Stress im Zusammenhang mit Störungen der Gedächtnisleistung.

Neben der Theorie, wie z. B. der typischen Struktur eines Neurons, der Aufteilung des Gehirns in vier Lappen und Informationen über die 186

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Hans E. Bürger übte mit Teilnehmern in einer kurzweiligen Stunde unter dem Motto: „Denk dich fit“ mit: Zeitung lesen. Er demonstrierte, wie ohne großen Aufwand das Gehirn aktiviert werden kann, nach der Methode des Mentalen-Aktivierungs-Trainings (MAT). Gute Kopfrechen-Aufgaben trainierten die Merkspanne. Tipps aus einem breiten Spektrum von Übungen für die schnelle Informationsverarbeitung, den Arbeitsspeicher, das Trinken und die Ernährung rundeten sein Programm ab. Wie schnell jeder an die Grenze seiner geistigen Leistungsfähigkeit kommen kann, zeigte Bürger anhand anspruchsvoller Denkaufgaben. Die geistige Fitness kann jeder trainieren, der nur zehn Minuten täglich investiert. Auf welchem Weg das möglich ist, konnte jeder Teilnehmer dank zahlreicher Tipps, Anregungen und Übungen erfahren. Dass dazu nur eine ganz normale Tageszeitung reicht, um auf vielfältige Weise die Potenziale des Gehirns zu trainieren, demonstrierte Bürger ausführlich.

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Podiumsdiskussion: Alter als Chance – Körper und Geist in Schwung

Das Neueste aus der Wissenschaft – Bewegung trägt zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen bei Dr. Christoph Rott, Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg, referierte über den Zusammenhang von körperlicher Aktivität und geistiger Leistungsfähigkeit im Alter. Dabei widmete er sich vor allem den vier Fragestellungen: • Lässt sich ein Rückgang der geistigen Leistungsfähigkeit im hohen Alter durch Bewegung abmildern oder sogar vermeiden? • Lassen sich Demenzerkrankungen durch Bewegung hinausschie188

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ben oder verhindern? • Welches Ausmaß an Bewegung ist notwendig, um nachweisbare Effekte zu erzielen? • Wie groß sind die Effekte? Zu den Schutzfaktoren der Demenz im hohen Alter zählen neben einer gesunden Ernährung und der Aufrechterhaltung geistig fordernder Aktivitäten vor allem auch regelmäßiger Bewegung. Ab dem 30. Lebensjahr verliert das Gehirn an Gewebe und damit auch an kognitiver Leistungsfähigkeit. In verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen konnte belegt werden, dass Bewegung diesen Gehirnabbau kompensieren kann. In einer Meta-Analyse von Colcombe und Kramer aus dem Jahr 2003 konnte nachgewiesen werden, dass Ausdauertraining einen deutlichen Effekt auf die kognitiven Funktionen im Alter hat. In einer Studie von Abbot et. al. aus dem Jahr 2004 wurden 2.257 Männer im Alter zwischen 71 und 93 Jahren untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Männer, die weniger als 400 Meter pro Tag spazieren gingen, fast doppelt so häufig an Demenz erkrankten als Männer mit mehr als 3.200 Meter pro Tag. Eine Studie von Larson et. al. aus dem Jahre 2006 zeigt, dass das Risiko, dement zu werden, für Personen, die dreimal oder häufiger pro Woche trainieren, um 38 % geringer ist, als das Risiko der Menschen, die weniger als dreimal pro Woche aktiv sind.

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Praktische Übungen: Denk dich fit – geistige Leistungsoptimierung im Alter

Aus Sicht der aktuellen Untersuchungen zieht Dr. Christoph Rott die folgenden Schlüsse: • Eine bessere Ausdauerleistungsfähigkeit geht mit einer besseren Gehirnstruktur einher. • Es existiert ein Zusammenhang zwischen körperlichen Aktivitäten, die die Ausdauer fördern, und kognitiven Leistungen sowie einem Demenzrisiko. • Kontinuierliche Aktivitäten (fast täglich) scheinen für einen positiven Effekt notwendig. BAGSO

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Anschließend stellten sich •

Ute Blessing-Kapelke, DOSB

FORUM F: THESEN



Dr. Christoph Rott, Institut für Gerontologie der Universiät Heidelberg



Prof. Kessler, Universität Köln



Hans-Eberhard Bürger, Gesellschaft für Gehirntraining

1. Hochaltrige Menschen, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen leben, brauchen spezielle Bewegungsangebote, die die Funktionsfähigkeit des Körpers erhalten. Solche Angebote, die den Körper und den Geist trainieren, die Selbstständigkeit erhalten und Stürze verhindern, gibt es bisher kaum. Es gilt, diese zu entwickeln und flächendeckend umzusetzen, im Turn- und Sportverein, in Altenhilfe- und Altenpflegeeinrichtungen. Verbände, die sich in diesem Bereich engagieren, schaffen das nicht allein. Sie brauchen Unterstützung, um inhaltliche Programme und organisatorische Umsetzungsstrategien entwickeln und umsetzen zu können.

den Fragen des Plenums. Besonders großes Interesse hatten die Zuhörer an den Themen „Woran erkenne ich eine Demenz?“, „Was kann ich tun, um sie zu verhindern?“ und „Was hält mich im höchsten Alter körperlich fit?“. Protokollführung: Roswitha Masuch, Petra Regelin Teilnehmerzahl: F1: 100; F2: 100, F3: 350; F4: 120

3. Wissenschaftlich erprobte Methoden müssen in Leistungskataloge für präventive Maßnahmen wieder aufgenommen werden. Zum weiteren Aus- und Aufbau müssen öffentliche Mittel zur Verfügung stehen. Dies darf nicht alleinige Aufgabe einzelner Verbände bleiben, sondern muss auch im politischen Denken eine Selbstverständlichkeit sein. 4. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Bewegung und mentale Aktivierung dazu beitragen können, demenziellen Erkrankungen vorzubeugen. Je aktiver die Menschen im mittleren Erwachsenenalter sind, umso geringer ist das Risiko, an Demenz zu erkranken. Aus diesem Grund müssen verstärkt Maßnahmen zur Bewegungsförderung bzw. zur geistigen Aktivierung auch im mittleren Alter unterstützt und gefördert werden.

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2. Körperliche und geistige Aktivität ist die Grundvoraussetzung für ein langes, selbstbestimmtes Leben. Projekte und Initiativen, die ältere Menschen zur Aktivität anregen, müssen entwickelt, erprobt und wissenschaftlich begleitet werden.

5. Verbände, die dazu beitragen, die körperliche und geistige Mobilität im Alter zu erhalten bzw. auszubauen, brauchen mehr Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung dieser Initiativen.

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Kongress • Als physische Aspekte sind zu nennen: Anregung der Herz-Kreislauf sowie der Atemtätigkeit, Training der Muskeln sowie der Gelenkbeweglichkeit.

Verantwortlich: Bundesverband Seniorentanz (BVST) e.V. Moderation: Anita Brunberg, Waltraud Biermann Mit diesem Workshop sollten Interessierte angesprochen werden, Seniorentanz und die Ausbildung zur Seniorentanzleiterin/zum Seniorentanzleiter des BVST e.V. kennen zu lernen. Ziel des Workshops war es, den Teilnehmerinnen die Besonderheiten und Schwerpunkte von Seniorentanz im Rahmen der Altenarbeit in Praxis und Theorie vorzustellen. Rhythmus und Tanz gehören zum menschlichen Leben. Unser Herzschlag, unsere Atmung, Wachen und Schlafen, alles unterliegt einem Rhythmus. Dazu kommt die Musik, die uns emotional anrühren, beruhigen, aber auch aufpeitschen oder glücklich machen kann. Dem natürlichen Gefühl, uns zu rhythmischer Musik zu bewegen, können wir im Tanz Ausdruck geben, allein oder gemeinsam mit Anderen. In vielen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass Tanzen, vor allem bei Älteren, die gesündeste Form ist, sich sportlich zu betätigen. Tanzen hat nicht nur Einfluss auf das körperliche und geistige Wohlbefinden des Menschen. Wichtig ist auch die soziale Komponente. Seniorentanz vereinigt diese Aspekte und geht so gezielt auf die Bedürfnisse älterer Menschen ein. Während des Workshops konnten die ca. 200 Teilnehmer und Teilnehmerinnen (davon nur ca. 25 ohne Vorkenntnisse) Seniorentanz in seiner ganzen Vielfalt kennen lernen. Es wurden unterschiedliche Tänze, vom einfachen Mitmach-Tanz bis zum Kontra-Tanz, erarbeitet und gemeinsam getanzt. Entsprechend vielfältig und abwechslungsreich war auch die angebotene Musik. Tanzformen, Figuren und Schrittfolgen wurden in der bewährten methodischen Vorgehensweise des Bundesverbandes Seniorentanz eingeübt, so dass selbst unerfahrene Teilnehmer ein schnelles Erfolgserlebnis hatten und hoch motiviert mitmachten. Die Teilnehmerinnen konnten durch eigene Erfahrung den Wert von Seniorentanz erleben. Folgende Aspekte wurden herausgearbeitet und erläutert: 192

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• Wichtige psychische Aspekte können sein: Förderung von Konzentration, Reaktion, Koordination, Gleichgewichtssinn, Merk- und Denk- sowie Orientierungsfähigkeit. • Folgende soziale Aspekte wurden genannt: In einer Gruppe ohne festen Partner wird der Gemeinschaftsgedanke gefördert. Durch die geselligen Tanzformen entstehen neue Kontakte. Jeder muss seinen Teil zum Gelingen beitragen, auf Schwächere Rücksicht nehmen, sich zurücknehmen. Gemeinsame Freude und Erfolgserlebnisse stärken und motivieren. Der Spaß am eigenen Tun, nicht die Leistung, steht im Vordergrund. Seniorentanz wurde vor über dreißig Jahren für Seniorinnen und Senioren entwickelt. Aber gerade weil er unabhängig von der Notwendigkeit eines tanzbegeisterten Partners macht, wird er auch bei Jüngeren immer beliebter, ist also zunehmend auch ein generationsübergreifendes Angebot. Hinzu kommt für alle Altersgruppen der positive Aspekt des „lebenslangen Lernens“, bei Tänzerinnen und Tänzern ebenso wie bei Tanzleiterinnen und Tanzleitern. In der letzten Zeit haben immer mehr Krankenkassen Seniorentanz als ganzheitliche Gesundheitsvorsorge in ihr Prämien-/Präventionsprogramm aufgenommen. Anhand der exemplarisch vorgestellten und erlernten Tänze wurde die fundierte Ausbildung zur Seniorentanzleiterin/zum Seniorentanzleiter des BVST vorgestellt. Neben Didaktik und Methodik der Tanzvermittlung beinhaltet sie z. B. Anleitung zur Gruppenleitung, Hilfen zur Erstellung von Stundenbildern, Kenntnisse über physiologische und psychosoziale Veränderungen im Alter, musikalische Grundlagen usw.. Diese Ausbildung wird bundesweit angeboten. Als Abschluss erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat des BVST.

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2.6.2 Tanzen – sich bewegen – aktiv bleiben

Mit dieser Ausbildung finden viele Absolventen eine Aufgabe, die sie erfüllt und ihrem Leben einen neuen Sinn gibt. Denn: Für und mit Menschen zu arbeiten, Freude zu bereiten und zu empfangen macht BAGSO

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Protokollführung: Anita Brunberg Teilnehmerzahl: 200

2.6.3 Tanzen im Sitzen – Eine spezielle Tanzform Verantwortlich: Bundesverband Seniorentanz (BVST) e.V. Moderation: Edith Borgmann, Annelie Kuß In diesem Workshop hatte der BVST die Möglichkeit, neben dem Seniorentanz seinen zweiten Ausbildungszweig, das Tanzen im Sitzen, vorzustellen. Angesprochen wurden in diesem Workshop Multiplikatoren in der Altenarbeit wie Altenpfleger und -pflegerinnen, Ergotherapeuten, Mitarbeiter in der offenen Altenarbeit, Sport- und Gymnastiklehrer/innen, also Teilnehmer, die Tanzen im Sitzen berufsbegleitend anbieten möchten oder die sich informieren wollten. Annelie Kuß und Edith Borgmann, beide Lehrgangsleiterinnen des Bundesverbandes Seniorentanz e.V., hatten zwei große Stuhlkreise aufgestellt, so dass alle Vorgaben der Leiterinnen des Workshops von den Teilnehmern gut gesehen werden konnten. Als Dekoration für die Kreismitte dienten Handgeräte wie Tücher, Klanghölzer und kleine Rhythmusinstrumente, wie sie beim Tanzen im Sitzen Verwendung finden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten einen Einblick in die vielfältigen Arten des Tanzens im Sitzen wie gymnastische Tänze, kommunikative Tänze, Thementänze und Tänze mit Handgeräten. Die Art des Tanzes und die Auswahl der Musik sind zielgruppenorientiert. So werden demenziell Erkrankten gern Thementänze angeboten, die bei diesen Erinnerungen an frühere Beschäftigungen und somit Interessiertheit wecken können, z. B. das frühere Fahren mit der Straßenbahn zu dem Lied „Liebe kleine Schaffnerin“. Vertraute Melodien, alte Schlager und bekannte Lieder sind dabei hilfreich. Als weiterer beispielhafter Thementanz wurde „Die Ruderpartie“ vorgestellt. 194

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Als Beispiele für gymnastische Tänze brachten Annelie Kuß und Edith Borgmann die „Samba im Sitzen“ und den „ChaChaCha“, und es war ersichtlich, dass auch den Workshopteilnehmern diese Tänze Spaß gemacht haben. Je nach Zielgruppe gibt es bei den gymnastischen Tänzen sehr unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Die teilweise recht anspruchsvollen Tänze im Sitzen erfordern die volle Konzentration der Teilnehmer, sind also gleichzeitig Gedächtnistraining und fördern Reaktion und Koordination. Gedacht sind sie u. a. für Gruppen, deren Teilnehmer wegen z. B. Hüft- oder Fußproblemen nicht mehr auf der Fläche tanzen können. Anhand von praktischen Beispielen wurde gezeigt, wie fast alle Tänze zielgruppengerecht vereinfacht werden können. Beispiele für Tänze mit Handgeräten waren „Die Seilrunde“, wobei die Zauberschnur Verwendung fand, und der „Tanz mit zwei Stäben“, bei dem Klanghölzer eingesetzt wurden. Betont wurde von den beiden Referentinnen immer wieder, dass in den Gruppenstunden jeglicher Leistungsgedanke fern ist. Als Motto gilt: Jeder so, wie er kann! (und auch, wie er/sie an diesem Tage disponiert ist). Vorrangig sind die Freude an der Musik, an der Bewegung und die Geselligkeit, die beim Tanzen im Sitzen entsteht. Die Teilnehmer des Workshops konnten also die Wirkung des Tanzens im Sitzen in körperlicher, psychischer und sozialer Hinsicht durch ihr eigenes Mittanzen selbst erleben, und ihnen wurde vermittelt, dass auch in ihrer Bewegung eingeschränkten Menschen ein hohes Maß an Lebensqualität durch Tanzen im Sitzen ermöglicht wird.

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Spaß, ist gut für das eigene Wohlbefinden und hilft, Älteren Lebensmut, Bestätigung, körperliche, geistige und soziale Unterstützung um ihrer selbst willen zu geben.

Zwischen den einzelnen Tänzen verwiesen die Referentinnen wiederholt auf die gesundheitlichen Aspekte des Tanzens im Sitzen. Durch die gezielten Bewegungen werden die Atmung verbessert, die Durchblutung stimuliert, die Gelenke und die Koordination trainiert sowie die Beweglichkeit allgemein gefördert. Alle Tänze sind vom Bundesverband Seniorentanz genau dahingehend überprüft worden, dass sie ausschließlich fördernde Bewegungen enthalten. BAGSO

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Im letzten Teil des Workshops gaben Annelie Kuß und Edith Borgmann Informationen zur Ausbildung zum Seniorentanzleiter und wiesen auf die Möglichkeit einer zusätzlichen berufsbegleitenden Ausbildung hin.

Endogene Ursachen

Protokollführung: Edith Borgmann Teilnehmerzahl: 114

• Unkenntnis von Sturzgefahren,

• Störungen der Körperhaltung durch Bandscheibenverschleiß, Arthrose der Knie, • Verzögerung des Balancereflexes, also die Fähigkeit, ein Stolpern abzufangen.

2.6.4 Balance Training Exogene Ursachen Verantwortlich: Deutscher Turner-Bund (DTB) Referentin: Karin Wahrer, Bundesfachwartin Ältere DTB

• Stolperfallen (umherliegende Kabel, schlecht erkennbare Stufen, etc.),

Stürze stellen vor allem für ältere Menschen ein hohes Gesundheitsrisiko dar.

• schlechte Lichtverhältnisse,

Unter Balance Training und Sturzprophylaxe versteht man Maßnahmen zum Vorbeugen und Vermeiden von Stürzen. Stürze sind eine der häufigsten Ursachen für die Pflegebedürftigkeit älterer Menschen.

Der beste Schutz vor Stürzen: Bewegen, bewegen, bewegen!

• Oberschenkelhalsfrakturen, ca. 100.000 Fälle pro Jahr,

Körperliches Training im Alter, so haben Wissenschaftler nachgewiesen, ist die effektivste Maßnahme, um Stürze zu verhindern. Denn tatsächlich liegt es an Schwindelanfällen und schlechten Augen, aber vor allem an der fehlenden Muskelkraft und am schlechten Zusammenspiel von Muskeln und Nervensystem, dass ältere Menschen häufig hinfallen. Vor allem Krafttraining und Balance-Übungen helfen dabei, sich im Alltag sicherer zu bewegen.

• Frakturen der Schulter.

Ein Balancetraining oder ein Sturzprophylaxe-Training sollte folgende Bausteine umfassen:

Aber nicht nur ältere, sondern auch jüngere Menschen sind betroffen. Ursache ist oft Unachtsamkeit, nicht nur bei den Betroffenen.

• Koordination, Gleichgewichtsschulung, sensomotorisches Training,

• Frakturen des Oberarms,

Körper und Gesundheit Geist

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Hälfte der über 70-jährigen bereits einmal oder mehrmals gestürzt ist. Die Folgen sind schmerzhafte Hämatome und Prellungen. Von allen Stürzen haben 15 % ernsthaftere Verletzungen zur Folge. Die wichtigsten Verletzungen sind

• blanke Bodenbeläge fördern Unsicherheit und provozieren Sturzangst.

• Körperwahrnehmung, Der Sturz ist ein multifaktorielles Ereignis. Das heißt, dass viele Einzelfaktoren zu einem Sturz beitragen. Man unterscheidet endogene (d. h. in der Person begründete) und exogene (d. h. in ihrer Umwelt begründet) Ursachen z. B. 196

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• Kraft, • Beweglichkeit, • Ausdauer. BAGSO

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Ziel eines solchen Trainings ist es, die Beweglichkeit zu erhalten und das Trainieren alltagsnaher Bewegungsabläufe und die Entwicklung von Anti-Sturzstrategien. Sinnvoll sind auch die Polsterung von Hüftknochen mit Hüftprotektoren, Stoppersocken etc. Ein Balance-Training oder eine Sturzprophylaxe ermöglichen es, die Lebensqualität durch den Erhalt von sicherer Mobilität und einer selbstständigen Lebensgestaltung trotz gesundheitlicher Einschränkungen zu sichern. Ein gerade für alte Menschen hohes gesundheitliches Risiko durch Stürze wird mit dem Sturzprophylaxe-Training minimiert. Protokollführung: Karin Wahrer Teilnehmerzahl: 30

Wellness für den Rücken ist im Sinne eines solchen Rückentrainings aufgebaut. Es beinhaltet Entspannungs-, Aktivierungs- und Vitalisierungsübungen neben funktioneller Gymnastik, kleinen Spielen, Erfahrungsaustausch, Gesprächen, Aufklärung und Informationen. Rückentraining leitet sich nicht aus der krankengymnastischen Behandlung von Rückenkranken ab, sondern ist als präventives, positiv auf die ganzheitliche Gesundheit ausgerichtetes Übungsprogramm zu verstehen. Im Vordergrund stehen Spaß und Lebensfreude. Wellness für den Rücken bezieht Körper, Geist und Seele in die regelmäßige Übungspraxis mit ein. Im Sinne eines ganzheitlichen Trainings, existiert keine strikte Trennung von reinen Dehn- oder Kräftigungsübungen bestimmter Muskelgruppen. Wenn bei einer Rückenübung eine bestimmte Muskelgruppe gedehnt oder gekräftigt wird, kommt es gleichzeitig immer auch zur Dehnung und Kräftigung anderer Muskeln. Dies soll bewusst erlebt werden.

2.6.5 Wellness für den Rücken

Im Zeitalter der Raumfahrt- und Computertechnik haben sich mit zunehmender Technisierung und Automatisierung des menschlichen Lebensraumes auch die auf den Menschen einwirkenden Belastungen verändert.

Durch Steigerung der Selbstwahrnehmung und der Sensibilität für die im eigenen Körper ablaufenden Vorgänge und innerpsychischen Prozesse sollen rückfeindliches Verhalten und Wirbelsäulenbelastungen schneller wahrnehmbar werden. Damit können diese Belastungen effektiver korrigiert oder sogar vermieden werden. Motorisch physiologische Ziele:

Wann werden wir noch körperlich gefordert? Alles um uns herum ist bequemer geworden: Auto, Bahn, Fahrstuhl. Viele Haushaltsgeräte bringen sicherlich eine Erleichterung, aber wo wird die fehlende Bewegung und muskuläre Beanspruchung durch andere Aktivitäten ausgeglichen?

1. Verbesserung der Entspannungs- und Dehnfähigkeit sowie der allgemeinen aeroben Kraftausdauer der Muskulatur,

Leiden sie unter Rückenschmerzen? 80 % der deutschen Bevölkerung werden zumindest einmal in ihrem Leben davon geplagt. Rückenschmerzen sind mittlerweile die Zivilisationskrankheit Nummer eins.

Auch hier gilt: „Bewegung ist Leben – Leben ist Bewegung!“ Der Mensch ist zur Bewegung geboren, sein gesamter Organismus ist auf Bewegung ausgerichtet.

Daher ist ein Rückentraining im Sinne der Rückenschule angestrebt oder ein Rückenfitnessprogramm mit einem gezielten Verhaltstraining und einem verbessertem Körperbewusstsein empfehlenswert.

Zum Abschluss gab es folgende Tipps: Vielleicht abends einige Minuten für einen kurzen Spaziergang einplanen, oder während der Werbepause beim Fernsehen aufstehen und einige kleine Bewegungs-

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Verantwortlich: Deutscher Turner-Bund (DTB) Referentin: Karin Wahrer, Bundesfachwartin Ältere DTB

2. Ausgleich muskulärer Dysbalancen, 3. Verbesserung der Gelenksituation im gesamten Körper.

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Literatur: Die Rückenschule, Hans-Dieter Kempf; Praxis der Rückenschule, Dr. Med. Adalbert Olschewski Protokollführung: Karin Wahrer Teilnehmerzahl: 38

2.6.6 Wellness pur - Entspannungstechniken nach Pilates Verantwortlich: LandesSportBund Nordrhein-Westfalen Moderation: Elena Spereiter Die „Methode-Pilates“ – ganzheitlich, gesundheitsorientiertes Training Die „Methode-Pilates“ ist eine sehr sanfte, individuelle, jedoch äußerst effektive Trainingsmethode, bei welcher die Kondition und die Anatomie jedes Einzelnen berücksichtigt werden.

Jede Übung wird konzentriert mit unterstützender Atmung ausgeführt. Der Schwerpunkt dieser Trainingsmethode liegt auf der Körperkontrolle, die unabhängig von Alter und Leistungsfähigkeit, Garant für mehr Körperbalance und Beweglichkeit ist. Die „Methode-Pilates“ wirkt so präzise, dass die Ergebnisse regelmäßigen Übens dauerhaften Bestand haben. Der Urvater Joseph Hubertus Pilates, war gebürtiger Deutscher und wurde 1880 in der Nähe von Düsseldorf geboren. Zeitlebens verbesserte und verfeinerte er seine Trainingsmethode, auf welche neben verschiedenen fernöstlichen Bewegungsformen auch Elemente des klassischen Tanzes und grazile Tierbewegungen Einfluss nahmen. Heute ist nach sportwissenschaftlicher und sportmedizinischer Überarbeitung ein breit gefächertes, ganzheitlich orientiertes Training entstanden, welches sich auf die Prinzipien der „Methode-Pilates“ (Konzentration, Kontrolle, Präzision, Zentrierung, Atmung und Bewegungsfluss) stützt. Ein Training unter fachlicher Anleitung z. B. im Verein ist zu empfehlen, um schwerwiegende Fehler zu vermeiden und die „Methode-Pilates“, deren Grundprinzipien sowie das komplexe eigene körperliche Verhalten, zu verstehen.

Die Übungen, welche im Stand oder auf einer Matte/einem Stuhl ausgeführt werden, beinhalten gleichsam Mobilisation, Kräftigung und Dehnung nicht nur der oberflächlichen Muskulatur, sondern insbesondere der tief liegenden Stützmuskulatur.

Informationen über Vereinsangebote erhält man über den zuständigen Stadt- oder Kreissportbund, sowie dem LandesSportBund NRW e.V.

Elementar ist die Kraftentwicklung aus der Körpermitte („Powerhouse“), die Kräftigung des Schultergürtelbereiches und die Rumpfstabilisation, insbesondere zur Entlastung des Haltungs- und Bewegungssystems sowie zur Ökonomisierung alltäglicher Tätigkeiten.

Protokollführung: Elena Spereiter Teilnehmerzahl: 70

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übungen durchführen. Allgemein gilt es immer, darauf zu achten, einen dynamischen Wechsel von Anspannung und Entspannung, von Bewegung und Erholung zu haben.

www.wir-im-sport.de, E-Mail: [email protected]

Im Vordergrund dieser renommierten Trainingsmethode steht der ganzheitliche Ansatz, Körper und Geist über konzentrierte, kontrollierte Körperarbeit gleichsam zu fordern. 200

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Verantwortlich: LandesSportBund Nordrhein-Westfalen Moderation: Elena Spereiter Nordic Walking: Gelenkschonendes Ausdauertraining Nordic Walking ist in Skandinavien seit Jahren ein beliebter Volksport. Immer häufiger begegnet man hierzulande einzelnen oder in der Gruppe trainierenden, begeisterten „Nordic Walkern“. Der eigentlichen Technik liegen drei Sportarten zu Grunde – Skilanglauf, Bergwandern und Walking. Es zählt zu den Ausdauersportarten (Ökonomisierung Herz-Kreislaufsystem, Fettverbrennung) und ist gleichsam für Anfänger, Ältere, Übergewichtige, Menschen mit Knie-, Hüft- und Rückenproblemen, sowie ambitionierte Sportler geeignet. Durch den Einsatz der Stöcke (Poles) wird der Haltungs- und Be-

handel erhältlich (z. B. Carbon Stöcke – geringes Eigengewicht, hohe Belastbarkeit, lange Lebensdauer). Die Formel zur Berechnung der Stocklänge lautet: Körpergröße x 0,7. Die Stöcke werden in Abstufungen von 5 cm angeboten. Wander-, Langlauf- oder Skistöcke sind nicht geeignet! Ein entsprechender Walkingschuh mit rutschfester Sohle, einem stützenden Schaft und einer guten Dämpfung, sowie atmungsaktive, leichte und reflektierende Sportbekleidung gehören zur notwendigen Ausrüstung. Ausreichend Flüssigkeitszufuhr in Form von stillen Mineralwässern/ Fruchtsaftschorlen, schützt vor vorzeitiger Ermüdung, Austrocknung und vor Herz- Kreislaufproblemen. Unter fachlicher Anleitung z. B. im Verein, ist Nordic Walking einfach zu erlernen. Neben der Vermittlung der richtigen Technik werden dort auch wichtige Informationen im Hinblick auf die individuelle Belastungsintensität/Herzfrequenz gegeben.

Foto: Aleksander Perkovic

Informationen über wohnortnahe Vereine mit Walking-Gruppen oder Walkingtreffs, erhält man über den zuständigen Stadt- oder Kreissportbund, sowie den LandesSportBund NRW e.V., www.wir-im-sport.de Protokollführung: Elena Spereiter Teilnehmerzahl: 19 Einfach Ausprobieren! Nordic Walking auf dem Dach der Kölnmesse.

wegungsapparat entscheidend entlastet (in der Stunde um ca. 13 Tonnen). Nordic Walking ist besonders gelenkschonend und stellt ein sehr effizientes Ganzkörpertraining dar. Zudem wird durch Training im Freien das Immunsystem nachhaltig gekräftigt und die Bildung von Vitamin D (notwendig zur Calcium Einlagerung im Knochen) gefördert. Es ist somit eine wertvolle Osteoporoseprophylaxe. Die Walking-Stöcke sind in unterschiedlicher Qualität im Sportfach202

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2.6.7 Nordic Walking – Dauerbrenner für Frischluftfans

2.6.8 Richtig fit – ich denk mit! … auch ab 50. Verantwortlich: Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) Referentin: Bettina M. Jasper Gezieltes Training für die grauen Zellen in Verbindung mit Bewegung stand im Mittelpunkt dieses Workshops. Wird der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wahrscheinlich von vielen zunächst ausschließlich mit sportlicher Bewegung in Verbindung gebracht, so ist auch geistiges Training dem Verband seit langer Zeit ein Anliegen. BAGSO

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Gerade im Rahmen von „Richtig fit ab 50“ stellt der DSB seine ganzheitliche Betrachtungsweise des Menschen unter Beweis und gibt vielseitige Tipps zur gesunden Lebensgestaltung. Der Internet-Auftritt www.richtigfit-ab50.de beinhaltet von Beginn an unter dem Stichwort „Gehirnsport“ einen Fitnessparcours fürs Gehirn. Mit zunehmendem Lebensalter wird es immer wichtiger, die Bedeutung von körperlicher und geistiger Fitness zu erkennen, um Kompetenzen zu erhalten oder zu verbessern und damit die Bewältigung des Alltags zu sichern. Die geistige Leistungsfähigkeit des Menschen wird bestimmt von den Faktoren

len bunten Griffen und allerlei Materialien flogen beim Spielen durch den Raum oder wurden nach bestimmten Vorgaben weitergereicht. Schnelles Umdenken war gefragt, wenn es plötzlich nicht mehr hieß „Rot nach rechts, alle anderen Farben nach links“, sondern zum Beispiel „Rundes reihum, alles Andere kreuz und quer“ usw. Da stand so manche plötzlich mit beiden Armen voller Materialien – Chaos im Kopf, Informationsüberflutung – eben wie im Alltag. Wurfgeräte mit Armen in verschiedenen Farben auf Zuruf „Rot“ tatsächlich am roten Griff zu fassen zu bekommen, ist durchaus nicht einfach. Oder das Teil an einem beliebigen Griff entgegen nehmen und ganz schnell einen Begriff nennen, der zu der Farbe passt – am grünen Arm erwischt und schnell „Gras“ oder „Hoffnung“ sagen – das brachte die grauen Zellen in Schwung.

• Lebensalter, aber vor allem (und das ist das Entscheidende) von • Aktivationsniveau und Tagesform sowie dem • Trainingszustand. Die letzten beiden Punkte zeigen, welch großen Einfluss der Mensch auf seine Lebenssituation im Alter hat. Körperliche und geistige Aktivität beeinflussen sich gegenseitig und sind enorm wichtig. Die Teilnehmenden erfuhren und erlebten in der Praxis, welch große Bedeutung feinmotorische und koordinative Übungen für die Durchblutung des Gehirns haben. Idealerweise sollten Denken und Bewegen miteinander gekoppelt werden. Die Beteiligten konnten sich bei unterschiedlichen Spielformen davon überzeugen, wie viel Spaß es macht, sich nicht nur Finger und Arme zu „verbiegen“, sondern gleichzeitig das Hirn, wenn es zu überlegen galt, welche Position eingenommen werden sollte. Da mussten Informationen schnell verarbeitet und in die richtigen Bewegungen umgesetzt werden. Klar, dass oftmals rechts und links, oben und unten verwechselt wurde. Doch nicht das Können, sondern das Üben ist es, was den Geist fordert, und dabei durfte viel gelacht werden. Bälle, Würfel, Scheiben, Ringe, Tücher, unförmige Geräte mit vie204

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Bei den Spielen war nicht nur Reaktionsschnelligkeit gefragt, sondern es war immer das so genannte „Arbeitsgedächtnis“ gleichzeitig in Aktion. Niemand konnte sich auf Wissen oder Können berufen, sondern alle mussten aktuell Neues verarbeiten und umsetzen. Die Teilnehmenden erfuhren, was bei den Aktivitäten in ihren Gehirnen passiert und wie sie die Bildung neuer Synapsen (Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen) fördern, um im Alltag besser und schneller „schalten“ zu können. Unendlich viele Variationen bot das von der Referentin entwickelte Vielspiel. Das Spiel mit Karten und Würfeln – ursprünglich für geistiges Training am Tisch gedacht – wurde hier in Bewegung gebracht. Klatschen, Trommeln, Stampfen, Aufstehen, Hand- und Armbewegungen, Orientierung im Raum etc. brachten ein wenig den Körper und vor allem den Geist ins Schwitzen.

Körper und Gesundheit Geist

• genetische Programmierung,

Der Workshop machte Mut, selbst Einfluss auf das eigene Altern zu nehmen, aktiv zu werden – körperlich und geistig. Ein Klick auf den o.g. Parcours für geistige Fitness unter www.richtigfit-ab50.de kann der erste Schritt sein. Der Weg in den nächstgelegenen Sportverein vielleicht der nächste.

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Alter als Chance

Kongress

Informationen: www.denk-werkstatt.com, E-Mail: [email protected]

2.6.10 Im Fokus Demenz – Vorbeugung, Vorsorge – was kann ich tun?

Protokollführung: Bettina M. Jasper Teilnehmerzahl: 50

Verantwortlich: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Moderation: Bärbel Schönhof, Vorstand Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Helga Schneider-Schelte

2.6.9 Sie können besser denken, als Sie denken

Die Zahl der Menschen, die entweder in der Familie oder im Freundesund Bekanntenkreis mit Demenzerkrankungen zu tun haben, steigt. In Deutschland leiden ca. 1 Mio. Menschen an einer Demenz, und es werden immer mehr. Die Pflege innerhalb der Familie (mehr als 80 % werden zu Hause gepflegt) verändert das alltägliche Leben komplett.

Eine kurzweilige Mischung aus informativer Theorie und praktischen Übungen zeigte den feinen Unterschied zwischen dem bekannten Mentalen Aktivierungs-Training nach der GfG-Methode, die über die Leistungszentrale, den Arbeitsspeicher, läuft und einem reinen Gedächtnistraining. Ein bunter Reigen von abwechslungsreichen Übungen für die • • • • •

Konzentration, schnellere und bessere Wortfindung, einen aktiveren Wortschatz, eine bessere Wahrnehmung, und logisches Denken

forderte die geistige Fitness der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf unterhaltsame Weise. Tipps, um die geistigen Potenziale möglichst ausschöpfen zu können, um in unserer Informationsgesellschaft mitzuhalten, rundeten das Programm ab. Ein flotter musikalischer Abschluss mit aktiver Bewegung motivierte noch einmal die zufriedenen Teilnehmer. Protokollführung: Ursula Bissinger Teilnehmerzahl: 100

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Der Workshop hatte zum Ziel, Informationen weiter zu geben und für das Krankheitsbild zu sensibilisieren, - ohne Ängste zu schüren. Zu Beginn wurden die Begriffe „Demenz“ und „Alzheimer“ näher erläutert. Demenz als Sammelbegriff für Krankheiten des Gehirns, die mit einer Schädigung oder Zerstörung von Nervenzellen einhergehen und länger als sechs Monate andauern, und Alzheimer, als die häufigste Form einer Demenz. Nachfragen kamen besonders zu den Themen: Demenzursachen, Vererbbarkeit und Diagnosemöglichkeiten. Viele ältere Menschen sind verunsichert, inwiefern Gedächtnisstörungen „altersbedingt“ sind und damit „normal“, und inwiefern Gedächtnislücken erste Anzeichen für einen krankhaften Prozess sein können. Eine besorgte Frage kam von einer Frau, deren Mutter an Alzheimer erkrankt ist: „Bedeutet das, dass ich auch Alzheimer bekomme?“

Körper und Gesundheit Geist

Verantwortlich: Gesellschaft für Gehirntraining e.V. Moderation: Ursula Bissinger, Mitglied im GfG-Rat

Ein weiterer Informationsblock beschäftigte sich mit der Frage: „Was ist im Umgang mit den Erkrankten zu beachten?“. Erläutert wurde, dass es wichtig ist, z. B. die Selbstständigkeit der Kranken möglichst lange zu erhalten, die Umgebung zu gestalten, den Tag zu strukturieren, die Kommunikation zu vereinfachen und den Kranken in verschiedene Beschäftigungen mit einzubinden. Was dies im Einzelfall bedeutet, konnte anhand eines Beispieles aus dem Publikum verdeutlicht werden. BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Eine weitere wichtige Botschaft des Workshops war: juristisch Vorsorge zu treffen, d. h. in gesunden Tagen Familienangehörige bzw. Personen des Vertrauens zu benennen und sie zu bevollmächtigen (Vorsorge-Vollmacht). Diese Personen können dann für einen die Interessen wahrnehmen, wenn man, z. B. aufgrund einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage ist, eigenverantwortlich zu handeln oder sinnvolle Entscheidungen zu treffen (= Geschäftsunfähigkeit). Die Vollmacht kann sich z. B. auf die Bereiche Gesundheitsfürsorge, finanzielle Angelegenheiten und das Aufenthaltsbestimmungsrecht erstrecken und sollte schriftlich verfasst sein. Liegt eine Geschäftsunfähigkeit vor und existiert keine VorsorgeVollmacht, muss durch das Vormundschaftsgericht eine rechtliche Betreuung eingerichtet werden. Nur dann können Entscheidungen, wie z. B. Aufnahme in ein Pflegeheim oder ärztliche Behandlungen rechtlich wirksam getroffen werden. Wenn es keine Angehörigen gibt oder diese nicht bereit sind, kann auch eine neutrale, fremde Person zum Betreuer bestellt werden. Der Betreuer hat bei seinen Entscheidungen die Wünsche und das Wohl des Demenzkranken zu berücksichtigen. Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem konkrete Anweisungen festgehalten werden, die dem Arzt genaue Handlungswünsche vorgeben, z. B. im Falle des Eintritts eines lebensbedrohlichen Zustandes. Zu beachten ist, dass dieses Dokument regelmäßig aktualisiert wird mit Datum und Unterschrift. Dadurch wird gewährleistet, dass die festgelegten Inhalte immer noch im Sinne des Verfassers sind. Die große Anzahl der Workshopteilnehmer machte deutlich, dass einerseits die Alzheimer-Krankheit zunehmend bekannter wird, andererseits, dass diese Krankheit noch mit viel Unklarheit und Ängsten 208

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verbunden ist. Der Workshop zeigte auch, dass immer mehr ältere Menschen bereit sind, sich aktiv mit Krankheit und Pflege auseinanderzusetzen - sie sammeln Informationen und wollen Vorsorge treffen. Dafür brauchen sie Beratung und Unterstützung. Weitere Informationen: www.deutsche-alzheimer.de. Protokollführung: Helga Schneider-Schelte und Bärbel Schönhof Teilnehmerzahl: ca. 100

2.6.11 Hören schwerhörige Senioren schwer? – Nein, anders! Verantwortlich: Deutscher Schwerhörigenbund e.V. Moderation: Adolf Becker, Leiter Referat „Hörgeschädigte Senioren und Patienten“, Berlin Referentin: Cornelia Kühne, Schwerhörigenpastorin, Hannover Allgemein herrscht Unwissenheit darüber, was Schwerhörigkeit wirklich ist. Mit einer Power-Point-Präsentation, mit Ton- und Bildbeispielen zeigte Pastorin Cornelia Kühne, Schwerhörigen-Seelsorgerin aus Hannover, das Grundproblem: Schwerhörigkeit bedeutet nicht in erster Linie, dass man alles nur leiser hört. Eine solche Schallleitungsschwerhörigkeit ist nur wenig verbreitet. Viel verbreiteter ist die Schallempfindungsschwerhörigkeit, d. h.: die Tonhöhen (Frequenzen) werden unterschiedlich wahrgenommen. So hören viele Senioren z. B. die Basstöne noch relativ gut (Straßenlärm), die hohen Frequenzen (Vogelstimmen, Klingeln, Frauen- und Kinderstimmen, Blechblasinstrumente) dagegen schlecht oder gar nicht. Auch Sprache wird nur lückenhaft verstanden, da Buchstaben mit hohen Frequenzen nicht erkannt werden (s, z, tz, f, v, p, sch, tsch). Schwerhörige müssen sich einen Lückentext durch Kombinieren erschließen, etwa vergleichbar einem Puzzle ohne Vorlage, bei dem man die fehlenden Teile einsetzt. Für dieses Kombinieren müssen Schwerhörige geistige Denkarbeit leisten, und sie benötigen dafür Zeit. Sie laufen dem gesprochenen Text ständig hinterher (wie ein BAGSO

Körper und Gesundheit Geist

Die Frage: „Was kann ich tun, um das Risiko an einer Demenz zu erkranken, zu verringern?“ beschäftigt gerade ältere Menschen sehr. Nach wie vor stellt hohes Alter das größte Risiko dar. Eine Prävention mit Sicherheitsgarantie gibt es nicht. Doch durch Bewegung, ausgewogene Ernährung, durch Aufrechterhaltung und Pflege von Kontakten und durch die Bereitschaft, Neues zu lernen, wird das Gehirn trainiert, und der Körper bleibt fit.

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Alter als Chance

Kongress

Obwohl insgesamt rund 13 Mio. der Bundesbürger schwerhörig sind (das ist jede(r) 6.!), tragen nur ca. 2,5 Mio. von ihnen Hörhilfen. Ein Grund mag darin liegen, dass die Anpassung von Hörgeräten viel mühsamer ist, als die einer Brille und leider die Hörhilfen besonders für viele Senioren finanziell viel zu kostspielig sind! Nach einer Studie von SOHN (Universität Witten / Herdecke) sind etwa 30 % der 60- bis 70-Jährigen und etwa 70 % der über 70-Jährigen schwerhörig. D. h.: die meisten Senioren hören schlecht. Sie müssen mit einem Handicap leben, das oft ignoriert oder bagatellisiert wird. Auch Altenpfleger, Krankenschwestern, Ärzte, Behörden und Pfarrerinnen und Pfarrer stellen sich kaum auf diese Behinderung ein, obwohl sie die am meisten verbreitete ist. Unter den Hörbehinderten bilden die Schwerhörigen die größte Gruppe (13, 3 Mio., d. h.: 98 %), gefolgt von den Ertaubten (ca. 150.000, d. h.: ca. 1 %), den Gehörlosen (ca. 80.000, d. h.: 0,75 %) und schließlich den CI-Trägern (ca. 0,2 %). Schwerhörige bilden damit die mit Abstand größte Hörbehindertengruppe! Ein Problem für Schwerhörige sind zudem die Nebengeräusche, der sog. Störlärm. Damit sind nicht nur lästiger Baulärm, Straßenlärm etc., sondern auch allgemein als angenehm empfundene Geräusche, z. B. Hintergrundmusik, Radiogeräusche, Winde und Partys mit vielen Gästen gemeint. Auch größere Gesprächsrunden sind für Schwerhörige eine unüberwindliche Hürde, wenn mehrere Personen gleichzeitig bzw. durcheinander reden. Das gesunde, natürliche Ohr vermag wichtige Höreindrücke von unwichtigen zu unterscheiden, also zu „filtern“, das schwerhörige Ohr dagegen nicht. Es hört alle Höreindrücke gleichermaßen stark bzw. schwach. Die tragische Konsequenz ist: Schwerhörige ziehen sich zurück in ihre vertraute ruhige Umgebung und isolieren sich, wenn nicht auf ihre Handicaps und Bedürfnisse Rücksicht genommen wird. Neben der tendenziell zunehmenden Vereinsamung im Alter mit ihren negativen Folgen kommt bei Schwerhörigen eine zusätzliche Gefahr der Isolierung hinzu, nicht selten auch Suizidgedanken. 210

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Was kann getan werden, um dieses Problem zu lösen? Hörgeräte allein helfen nicht. Die Aussage von Angehörigen: „Du musst jetzt gut verstehen, du hast doch ein Hörgerät!“ macht viele Schwerhörige mutlos. Kein Hörgerät ersetzt das natürliche Ohr! Es ist eher eine Art „Prothese“. Wichtig ist daher ein richtiger Umgang miteinander. Dazu gehört langsameres und deutlich artikuliertes Sprechen mit guter, aber nicht übertriebener Lautstärke. Schreien ist zwecklos, da es die Stimme zusätzlich verzerrt und das Verstehen unmöglich macht. Schwerhörige sind vor allem darauf angewiesen, das Gesicht des Gesprächspartners zu sehen, um von den Lippen absehen zu können. Es nützt also nichts, ins Ohr zu sprechen. Und: Schwerhörige sollten sich nicht scheuen, zu ihrer Hörbehinderung zu stehen und die Umgebung darauf aufmerksam machen, was für sie hilfreich ist. Im Anschluss an den Vortrag wurden aus dem Publikum Fragen gestellt und beantwortet sowie weitere Tipps gegeben. Im Rahmen des Deutschen Seniorentages 2006 veröffentlichte der Deutsche Schwerhörigenbund eine Resolution mit der „Forderung nach weitaus mehr Beachtung für die Probleme hörgeschädigter Senioren“. Die ausführliche Fassung ist zu finden unter: www.bagso.de/dst06.html. Weitere Informationen bei Cornelia Kühne: [email protected] Protokollführung: Rolf Erdmann Teilnehmerzahl: ca. 25

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Simultanübersetzer). Sie hören also nicht „einfach so“ nebenbei und automatisch, sondern Hören erfordert für sie viel Konzentration und Kraft. Deshalb ermüden sie schneller und brauchen Pausen und Erholung.

2.6.12 Gedächtnistraining für und mit Blinden und Sehbehinderten Verantwortlich: Bundesverband Gedächtnistraining e.V. Referentinnen: Martina Kleinpeter, Melanie Schäfer Es ist nach heutigen Erkenntnissen unstrittig, dass ein regelmäßiges Gedächtnis- und Konzentrationstraining zu einer Steigerung der GeBAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Seit November 2003 bietet der Bundesverband Gedächtnistraining speziell für Blinde und Sehbehinderte Ausbildungskurse an. Die begeisterten Teilnehmer des Pilotprojektes haben im Oktober 2004 ihren Abschluss gemacht. Inzwischen haben weitere Teilnehmer die Kurse durchlaufen und ihr Zertifikat erhalten und sind nun in einzelnen Städten als Trainer aktiv. Dass Gedächtnistraining nicht nur mit sehenden Teilnehmern durchgeführt werden kann, wurde in diesem Workshop für alle Beteiligten erlebbar. Martina Kleinpeter (sehende Ausbildungsreferentin des BVGT) und Melanie Schäfer (blinde Trainerin des BVGT) stellten gemeinsam sowohl die Ausbildung zum Gedächtnistrainer für Sehende und Blinde, als auch die Umsetzung der Übungen für blinde/sehbehinderte Teilnehmer vor. Weitere Informationen von Martina Kleinpeter: [email protected] Protokollführung: Martina Kleinpeter Teilnehmerzahl: 12

Verantwortlich: Bundesverband Gedächtnistraining e.V. Moderation: Anne Halbach In den Gruppenstunden ist es ein wichtiges Ziel, den Bewohnern Sicherheit zu geben. Die Schaffung von Ritualen dient dazu, ein sicheres Gerüst für den Alltag zu schaffen. Mit einer Vorstellung von möglichen Ritualen begann der Workshop, die nachfolgenden Aspekte wurden nach theoretischem Einstieg durch praktische Vorstellungen angesprochen: 1. Gedächtnis- und Aktivierungsprogramm 2. Erstellen eigener Spiele 3. Biografisches Arbeiten 4. Musik- und Rhythmuselemente 5. Kreatives Gestalten 6. Einsatz von Therapiepuppen 7. Bewegungselemente. Beim Gedächtnisparcours konnten die Seniorentagsbesucherinnen und -besucher ihre Merkfähigkeit trainieren.

Gedächtnistraining kann für sehr alte Menschen und bei dem kleineren Teil der reversiblen sekundären Demenzerkrankungen bei gleichzeitiger Behandlung der körperlichen Ursachen die Wiederherstellung der kognitiven Leistung fördern und beschleunigen, es wirkt rehabilitierend. Auch bei irreversiblen und degenerativen Demenzerkrankungen ist das ganzheitliche Gedächtnistraining mit den oben genannten Facetten ein wichtiger Bestandteil des therapeutischen Gesamtkonzeptes. Es hat hier die Aufgabe der Reaktivierung und Steigerung des Selbstwertgefühls („das kann ich doch noch“) und fördert somit das Wohlbefinden und die Kompetenz der älteren Menschen.

Körper und Gesundheit Geist

Die Ausbildung umfasst drei Kursteile – Grundkurs, Aufbaukurs 1, Aufbaukurs 2 – mit insgesamt 120 Unterrichtseinheiten und kann mit dem Zertifikat des Bundesverbandes Gedächtnistraining abgeschlossen werden. Sie befähigt zur Leitung von Gruppentraining. In den vergangenen Jahren haben einzelne Blinde und Sehbehinderte diese Ausbildung gemeinsam mit sehenden Teilnehmern erfolgreich absolviert und führen Gedächtnistrainingskurse sowohl für Sehende als auch für Nichtsehende durch.

2.6.13 Gedächtnistraining für Hochbetagte

Foto: Anna Schenke

hirnleistung beiträgt – und zwar unabhängig vom Alter und der jeweiligen Lebenssituation der Trainierenden. Der Bundesverband Gedächtnistraining bildet seit 1987 Gedächtnistrainerinnen und Gedächtnistrainer aus, die in verschiedenen Einrichtungen mit Menschen unterschiedlichen Alters Gedächtnistraining durchführen.

Protokollführung: Anne Halbach 212

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Alter als Chance

2.7

Kongress

Alter als Chance für sinnerfülltes Leben

G1 Unterwegssein als christliche Lebenserfahrung oder: Migration als Grundthema des Christentums

2.7.1 Forum G Vorbemerkung G1 Unterwegssein als christliche Lebenserfahrung oder: Migration als Grundthema des Christentums Moderation: Monika Bauer, EAfA Referenten: Fritz Schramma, Oberbürgermeister der Stadt Köln Pfarrerin Christine Schöps, Hasloch

1. Immer mehr Migranten und Migrantinnen werden in unserem Land alt – Verständnis für ihre Situation kann auch aus unserer grundlegenden Botschaft, der Bibel, erwachsen.

Verantwortlich: Bundesforum Kath. Seniorenarbeit (BfKS), Kath. Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) Referentinnen: Rita Schmidt-Wahl, Birgit Altmeyer

G3 „Ich bin etwas wert – auch – wenn ich nicht nützlich bin.“ Verantwortlich: Gabriele Trull, EKH; Kurt Burghardt, CJD Moderation: Gabriele Trull, EKH Podiumsdiskussion: Kirsten Prey, Pfarrerin, Supervisorin; Luxia Sritharan, Teilnehmerin „Freiwilliges Soziales Jahr“, Benjamin Belhadj, Projekt „Freiwilliges Soziales Jahr“; Dietrich Mehnert, Pfarrer Viedeogestaltung: Michael Brausch - Leiter der Bildungsstätte für Zivildienst im Diakonischen Werk Rheinland

G4 Nachhaltiges Leben in einer Welt – Leben für alle in Fülle Moderatorin: Elisabeth Heinecke (ESW) Podiumsdiskussion: Petra Dierkes, KBE; Erich Kerkhoff, misereor; Ansgar Schwierholz, KAB; Martin Herrbruck, Brotzeit Berlin; und Rolf Beek, Brotzeit Meerbusch Verantwortlich: Bundesforum Katholische Seniorenarbeit (BfKS), Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD (EAfA) In guter ökumenischer Zusammenarbeit haben zehn weitere BAGSO-Verbände mitgewirkt: Miwirkende: AG Evang. Krankenhaus-Hilfe (EKH), Deutscher Evang. Frauenbund (DEF), Evang. Seniorenwerk (ESW), Familienbund der Katholiken (FdK), Kath. Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE), Kath. Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Kath. Arbeitnehmerverbände (KAB), Kolpingwerk Deutschland, Misereor – einfach anders altern, Seniorenvereinigung des christlichen Jugenddorfwerkes (CJD)

BAGSO

2. Und das andere ist ebenso wichtig: Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die mutig gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt auftreten. Der Bundestagsvizepräsident sieht das so: „Die Jungen setzen nachts in die Tat um, was sie am Abendbrottisch von Eltern (und Großeltern) gehört haben.“ Unverzichtbar ist deshalb die Stimme von uns alten Menschen, die überzeugt sind von der Menschenwürde aller Menschen. Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma, berichtete ganz konkret über die Situation vor Ort: 1. Wie ist die Situation in Köln? Köln ist eine weltoffene Großstadt, geprägt durch kulturelle Vielfalt von Anfang an. Deshalb wurde vor einigen Jahren mit einer Plakataktion „Unsere ersten Kölner waren Ausländer“ an die Gründung Kölns durch die Römer erinnert und an die Ressourcen, die Köln der zugewanderten Bevölkerung zu verdanken hat.

Sinnerfülltes Leben

G2 Spurensuche – zwischen gestern und morgen

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Warum haben wir uns für dieses Thema auf dem Deutschen Seniorentag entschieden? Zwei Gründe seien genannt:

In Köln leben heute Menschen aus über 180 Nationen (17,5 % Ausländeranteil, unter den über 60-jährigen: 11 % Ausländeranteil). Nur 40 % der Einwohner sind in Köln geboren. Der demografische Wandel wird den Anteil der Deutschen weiter verringern. Insgesamt aber rechnet Köln bis 2040 mit einem Bevölkerungszuwachs. Wichtig ist für OB Schramma eine offene Stadtgesellschaft, die trotzBAGSO

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Alter als Chance

Kongress

Welche Maßnahmen haben bisher bewirkt, dass die Menschen sich in Köln heimisch fühlen? Das Gefühl der Zugehörigkeit wird über Identitätsobjekte geschaffen, die für Einheimische und Zugewanderte attraktiv sind: Karneval, Dom, Stadt am Rhein, Denkmalpflege, Städtebau. Besondere Akzente setzt Köln als Medienstadt, Wissenschaftsstadt, Sportstadt, Kulturstadt. Auch Großereignisse wirken integrierend: der Weltjugendtag 2005, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, der 8. Deutsche Seniorentag 2006, der 31. Evangelische Kirchentag 2007. 2. Herausforderungen für die Zukunft und Planungen Besondere Maßnahmen werden durchgeführt, damit sich Senioren heimisch fühlen, denn Senioren sind für die Stadt Köln ein unverzichtbares Potenzial Der „Plan für ein seniorenfreundliches Köln“ hat folgende Ziele: • Förderung der Integration bzw. des Lebens in der Gemeinschaft zur Vermeidung von Isolation und Ausgrenzung, • Stärkung von Beteiligung, Selbstverantwortung und Solidarität, • Anregung und Unterstützung von Selbsthilfe, ehrenamtlicher Arbeit, bürgerschaftlichem Engagement und Nachbarschaftshilfe, • Eröffnung von Chancen zur Aktivierung und Beschäftigung, • Vermittlung altersspezifischer Angebote, wie Bildung, Kultur, Freizeit und Sport. In 12 Stadtteilen mit erhöhtem Altenhilfebedarf wurden Seniorennetzwerke eingerichtet. In Köln gibt es rund 110 Altenclubs. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen, -vereine und -organisationen. 216

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Das Kölner Seniorenjahr 2006: Alter gemeinsam gestalten Familienpolitik steht mit Seniorenpolitik in enger Verbindung, denn die Familie ist ein wichtiger Bezugspunkt, um sich heimisch zu fühlen. Deshalb fördert Köln generationenübergreifendes Wohnen, bezahlbaren Wohnraum für Familien, generationenübergreifende soziale Projekte, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sprachförderung und Qualifikation sollen möglichst früh beginnen. 20 Religionsgemeinschaften sind in Köln vertreten. Da viele Menschen ihren Glauben als Heimat erleben, arbeiten die Kölner Politiker mit den Glaubensinstitutionen zusammen und stärken diese. Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Kirchen wird praktiziert z. B. im Bereich Kinderbetreuung, offene Jugendarbeit, Ehe- und Familienberatung, Friedhofs- und Bestattungswesen. Auch der Moscheebau in Ehrenfeld wird unterstützt, selbstverständlich in Einklang mit allen Vorschriften. Der Dialog der Religionen wird in Köln schon seit langem in verschiedenen bilateralen Foren geführt, nun soll er auf eine breitere Basis gestellt werden. Der Rat der Religionen trifft am 24.05.2006 erstmals zusammen. Heimatverbundenheit wird auch durch Beteiligung geschaffen. Im ehrenamtlichen Engagement wird erfahrbar: Was ich mitgestalte, dem fühle ich mich verbunden. Bewährt haben sich in Köln auch Patenschaften: Brunnenpatenschaften, Baumpaten und insbes. Spielplatzpaten. An der Erarbeitung des Leitbildes 2020 sind mehr als 500 Bürger beteiligt.

Sinnerfülltes Sinnerfülltes Leben

dem ihre Eigenheiten bewahrt und einbringt. Integration heißt in Köln weder totale Assimilation, noch Parallelgesellschaften bilden.

Neue Beteiligungsformen zu schaffen, wird zunehmend wichtig, denn aufgrund des ökonomischen Strukturwandels in Köln verliert die Arbeit als Integrationsfaktor zunehmend an Bedeutung. Die Zuwanderer sind in sehr viel höherem Maße von struktureller Arbeitslosigkeit betroffen, als Deutsche. Mit dem Branchenforum Industrie/Kölner Wissenschaftsrunde sind deshalb z. B. Netzwerke entstanden, die BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

die Wettbewerbsfähigkeit Kölns verbessern wollen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Kampf für mehr Ausbildungsplätze in Köln zeigen Wirkung.

Nach der Sicht des christlichen Glaubens ist auch die Spanne zwischen Geburt und Tod als „Unterwegssein“ zu beschreiben. Damit stellt sich zugleich die Frage nach dem Ende, dem Ziel des Unterwegsseins.

Schlusswort

Man kann sie im Glauben finden, in seiner Berufung, in seiner Familie. Daher ist die vornehmste Aufgabe, die jede staatliche Ebene meistern muss, die Garantie der Freiheit. Wenn diese Freiheit von den Bürgern gemeinschaftlich genutzt und ausgefüllt wird, dann entsteht Zusammengehörigkeit, Verbundenheit und letztlich Heimat. Unterwegssein – als christliche Grundhaltung Pfarrerin Christine Hasloch 1. „Unterwegs sein“ – Stationen in der eigenen Lebensgeschichte. Orte spielen eine Rolle in der Lebensgeschichte eines jeden von uns. Geburtsort – jetziger Lebensort, und Stationen, die dazwischen liegen. Nicht jeder Wechsel ist freiwillig, aus eigenem Antrieb. Zuweilen sind Ortswechsel nötig, müssen sich Menschen auf den Weg machen, weil die Zeit, die Verhältnisse, der Erhalt des Arbeitsplatzes es erfordert. 2. „Unterwegs sein“ – die biblische Tradition In der biblischen Tradition hat sich dieser Grundzug niedergeschlagen: z. B. Abraham und Sarah, Jakob, die Geschichte vom Auszug des Volkes Israel aus Ägypten u. v. a. m. Diese Geschichten erzählen von Erfahrungen, die Menschen bis in unsere Tage machen. Der äußeren Veränderung entsprechen häufig Veränderungen im Innern. 218

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3. Symbol des Labyrinthes Das Symbol des Labyrinths verdichtet diese Fragen und Überlegungen und bringt sie anschaulich zum Ausdruck. Das Labyrinth im Kölner Dom (cf. Blatt) wurde erst 1977 eingefügt. Im Unterschied zu den alten Labyrinthen in gotischen Kathedralen ist es zu klein, um es zu begehen. Es befindet sich am Eingang zur Krypta, dem Ort, an dem die Bischöfe beigesetzt werden. Dieser Ort verdeutlicht einmal mehr: Leben ist „unterwegs sein“, zwischen Geburt und Tod, und über den Tod hinaus. In der Mitte dieses Labyrinths befindet sich das Jerusalemkreuz. Das Labyrinth endet nicht, sondern lässt den Betrachter ahnen, dass nach diesem ersten Weg eine neue „Ebene“, die noch nicht sichtbar ist, kommt. Der Betrachter tritt den Weg zurück wieder an. Mit der Erfahrung, dass ich am Ziel ankommen werde, dass das Unterwegs sein kein Irrgarten ist, der in Sackgassen führt. Leben heißt „Unterwegs sein“. Das Labyrinth hilft uns, dies anzunehmen – und auch die Menschen anzunehmen, die wie wir unterwegs sind.

G2 Spurensuche - zwischen gestern und morgen Notwendige Vorbemerkung Erst am Abend zuvor hatten die beiden Moderatorinnen Birgit Altmeyer und Rita Schmidt-Wahl von der Erkrankung des angekündigten Referenten Dr. Hubert Klingenberger erfahren. Sie entschlossen sich mutig zu einem Rollenwechsel und schafften es, in der äußerst knappen Vorbereitungszeit, ein fachlich hervorragendes und an methodischer Abwechslung reiches Forum zu gestalten. Eigene Erfahrungen konnten in dieses Forum eingebracht werden – Beteiligung war ausdrücklich erwünscht! BAGSO

Sinnerfülltes Sinnerfülltes Leben

Eine Kommune kann nur den Rahmen bilden, einen Raum, der von den Menschen mit Leben und einem Gefühl der Verbundenheit erfüllt werden kann. Letztlich ist es jeder selbst, der sich eine Heimat schafft. Diese muss nicht einmal örtlich gebunden sein.

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Die beiden Referentinnen zeichneten zunächst ein Bild unserer gesellschaftlichen Situation: Ulrich Beck hat dafür den Begriff „Risikogesellschaft“ geprägt. Risiken sind zu einem festen Bestandteil des Lebens und Erlebens der (jungen wie alten) Menschen heute geworden, z. B. angesichts terroristischer Bedrohungen, aber auch technologischer und naturbedingter Unfallgefahren. Aber auch gesellschaftliche und sozial(politisch)e Entwicklungen bringen weitere Risiken für die Erwachsenen (und die anderen Altersgruppen) mit sich: Die soziale Grundversorgung wird bspw. immer weiter zurückgefahren. Von Arbeitslosigkeit sind die älteren und die jüngeren Generationen gleichermaßen betroffen. Die Sorge um das eigene Lebensglück, die persönliche Sinnfrage wird den Menschen immer mehr in die eigenen Hände gelegt. Jede(r) wird immer mehr zu seines/ihres eigenen Glückes Schmied. Diese Offenheit der Gesellschaft ist eine Chance, aber sie birgt auch die Gefahr des Scheiterns. Wir „Kinder der Freiheit“ (Ulrich Beck) müssen lernen, ohne Geländer zu leben, und aus unserem Scheitern lernen. Das Risiko wird zu einer wesentlichen Größe der Lebensplanung und -gestaltung, die Verunsicherung zum einem andauernden Lebensgefühl. Chancen und Risiken der eigenen Lebenssituation konnten in einer Phase der Eigenarbeit auf grüne (Chance) und rote (Risiko) Karten geschrieben werden, z. B. Rot Alleinsein Trennung Gesellschaftliche Entwicklungen Unsicherheit Arbeitslosigkeit Gesundheit wird unbezahlbar 220

Grün Lebenslang lernen Miteinander der Generationen Lebensfreude Zeit für Neues Erfahrungen weitergeben Finanzielle Ressourcen BAGSO

Diese wenigen ausgewählten Stichworte verdeutlichen: Wir leben in einer Multioptionsgesellschaft. Das Leben lässt sich beschreiben als ein Wechsel von weiten und beschränkten Möglichkeitsräumen (hohe und geringe Komplexität): In Phasen hoher Komplexität stehen den Menschen sozusagen alle Möglichkeiten offen. Das Leben bietet viele Möglichkeiten. Das Feld möglicher Optionen ist weit. Es bieten sich viele Alternativen und Wege. Die Kehrseite der Medaille kann dann sein, dass man den Überblick verliert, nicht mehr weiß, wie man sich entscheiden soll, nach Orientierung sucht, was richtig und was falsch ist. Da tradierte Orientierungsmodelle wie z. B. der christliche Glaube an Verbindlichkeit verlieren, verschwinden mögliche Entscheidungshilfen und wächst die Eigenverantwortlichkeit. In Phasen geringer Lebenskomplexität ist die Welt für die betroffenen Menschen eng geworden. Sie sehen keine Möglichkeiten mehr, fühlen sich eingeschränkt, ohne Möglichkeiten. (Aus-)Wege sind für sie nicht erkennbar. Die Frage lautet hier, z. B. im Falle von Arbeitslosigkeit, Trennung vom/von der Partner/-in usw., oft: „Wie soll es noch weitergehen?“ Beide Erfahrungen können je nach Lebensbereich sogar gleichzeitig auftreten. Eine solche „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ erfordert eine doppelte Form der Wegbegleitung in der Seelsorge, Beratung und Bildungsarbeit. Bei der Erfahrung hoher Komplexität ist es nötig, Orientierung zu geben, Werte aufzuzeigen, Sinnangebote zu machen, während niedrige Komplexität Ermutigung und Empowerment erfordert, so dass Menschen das eigene Leben wieder in die Hand nehmen können. Bei dieser doppelten Form der Wegbegleitung kommt der individuellen Biografie und der Biografiearbeit eine besondere Bedeutung zu:

Sinnerfülltes Sinnerfülltes Leben

Zwischen Gestern und Morgen liegt Heute. So begann das Forum mit dem Blick auf das „Heute“!

Biografiearbeit kann zu einer Kraftquelle werden, die gespeist wird aus Kompetenz und aus Lebenswissen. Somit stellt der Blick in die Vergangenheit eine wichtige Quelle dar, um die Gegenwart zu gestalten und das künftige Leben zu entwerfen. So lassen sich zwar die Risiken des Lebens nicht mindern, aber zumindest lässt sich die BAGSO

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Alter als Chance

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1. Sie sei nur vergangenheitsorientiert – aber sie ist bedeutsam für Gegenwart und Zukunft. 2. Sie sei nur etwas für alte Menschen- jedoch können Menschen in jedem Lebensalter für sich Orientierung und Klarheit gewinnen. 3. Sie drehe sich nur um Einzelschicksale – gute Biografiearbeit bezieht aber die Geschichte, die gesellschaftliche und politische Umwelt ein. Wozu nun ist Biografiearbeit notwendig? 1. Sie schafft Zusammenhänge in unserer Zeit der Individualisierung. 2. Sie versöhnt mit der eigenen Vergangenheit. 3. Sie bewirkt Sinnstiftung und dadurch auch Gesundheit („Schreiben ist Medizin“). 4. Durch biografisches Erzählen werden Werte vermittelt. 5. Sie kann die Entwicklung von Kindern fördern. Durch Biografiearbeit kann erfahren werden, was Aron Antonovsky als Salutogenese beschreibt. Antonovsky beobachtete Frauen mit Holocaust-Erfahrungen. Trotz der gleichen schlimmen Erlebnisse waren die einen krank, die anderen lebensmutig. Der entscheidende Faktor ist die Beantwortung der Sinnfrage. Der gefundene Sinn schafft Kohärenz, Stimmigkeit. Die Vergangenheit kann eingeordnet werden, die Gegenwart wird handhabbar und die Zukunft erscheint lebenswert. Die Brücke, die durch Biografiearbeit von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft geschlagen werden kann, wurde abschließend mit folgendem Bild anschaulich gemacht: (Quelle: Hubert Klingenberger, Lebensmutig. Don Bosco Verlag München 2003, S. 142) 222

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G3 „Ich bin etwas wert – auch – wenn ich nicht nützlich bin.“ Gabriele Trull begrüßte die Gäste und erläuterte, warum die Verantwortlichen sich mit diesem Thema beschäftigen möchten: “Es gibt neben den „fitten Alten“ auch die, die gänzlich auf Hilfe von anderen angewiesen sind, und die wir bei aller Freude über die aktiven Senioren nicht übersehen dürfen.“ Zum Einstieg – und nach der ersten Gesprächsrunde auf dem Podium – lief ein Video-Zusammenschnitt, der die Situation von mehreren älteren Menschen in Heimen zeigt: Altersverwirrtheit, Leben in der Vergangenheit, auf Hilfe angewiesen sein bei allem Tun. Durch die Bilder läuft von unten aufsteigend immer wieder der Text des Forums „Ich bin etwas wert – auch – wenn ich nicht nützlich bin“. Die Bilder lösen Betroffenheit aus: Leben im Heim – Fragen, aber die Antworten werden nicht wahrgenommen, Menschen in Heimen – bei Behinderungen gelten andere Gesetze, andere Umgangsweisen sind geboten. Die gezeigten Mitarbeiterinnen lassen dieses sehr gut deutlich werden. Gabriele Trull befragt Luxia Sritharan und Benjamin Belhadj nach ihren Gründen, für eine bestimmte Zeit in einem Altenheim zu arbeiten: Beide wollen Erfahrungen sammeln, um herauszufinden wie es ist, für andere da zu sein, und um eine Entscheidungshilfe für den weiteren beruflichen Weg zu bekommen. Die jungen Menschen erleben Freude darüber, dass sie feststellen können, dass die alten Menschen für jede Hilfe, jeden Dienst dankbar sind. Überrascht und nachdenklich stellen sie fest, wie sehr sich Demente freuen, wenn sie als junge Menschen zu ihnen kommen. Beider Entscheidung, für eine bestimmte Zeit diese Arbeit zu tun, bewerten sie als richtig und wichtig, weil die alten Menschen ihnen „viel geben“.

Sinnerfülltes Sinnerfülltes Leben

Wahrscheinlichkeit erhöhen, zu einer situations- und persönlichkeitsangemessenen Lebensbewältigung zu kommen. Drei Missverständnisse begegnen wiederholt der Biografiearbeit, die ausgeräumt werden:

Kirsten Prey ergänzt aus ihrer Arbeit im Pflegeheim, wie notwendig es ist, auf die Betroffenen einzugehen, sich ein Bild von ihnen zu machen. Es sei wie ein Abenteuer, den Zugang zu finden, und er geschieht immer wieder: Plötzlich im Gottesdienst wird das Vater Unser wieder mitgebetet, das Schlusslied mitgesungen. Sie selbst, die so etBAGSO

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Alter als Chance

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Aus dem Plenum kommen zu diesen Aussagen Bestätigungen und die Forderung, ein Gesangbuch nur für Ältere zusammenzustellen. Die Frage, wie findet man Zugang zu erkrankten Eltern und Angehörigen wird aus dem Plenum und vom Podium wie folgt beantwortet: Keine Angst im Umgang mit den veränderten Angehörigen, weil sie uns nach wie vor sehr viel bedeuten. Es sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden und das Personal in den Heimen entsprechend ausgebildet sein. Wir müssen lernen, uns der neuen Welt, in der unsere Angehörigen jetzt leben, anzunähern. Einfache Rezepte gibt es dazu nicht, die Entwicklung der Krankheit ist bei jedem Betroffenen unterschiedlich. „Ist dies alles von Gott gewollt?“ Diese Frage steht plötzlich im Raum und wird so beantwortet: „Vor Gott sind wir alle gleich, weil auch unsere Behinderungen oder Beeinträchtigungen unseren Wert nicht mindern“. Dies begründet sich auch dadurch, dass der Prozess der Veränderung ganz unterschiedlich verläuft. Die dazu vorliegenden Forschungsergebnisse sind noch unzureichend. Ein weiterer Hinweis erfolgte auf das Gebot: “Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf das es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden“. Hier wird deutlich, dass auch die Alten weiter Anteil am Leben haben sollen. Auch dann, wenn ihr Stand erschüttert wird, sollen sie von den Angehörigen getragen werden. Bei dieser Sichtweise kommen auch Kinder neu ins Blickfeld, denn sie sehen wie ihre Eltern mit den Großeltern umgehen und können Erlebtes zu gegebener Zeit dann wiederum an ihre Eltern weitergeben. Gabriele Trull stellt die Frage: „Worin liegt der Wert dieser Hilfe bedürftigen Menschen für unsere Gesellschaft?“. Dazu zwei konkrete Antworten: „Die Oma, die immer für die Familie gekocht hat, kann es nicht mehr – sie ist aber immer noch „das Ohr“ für die Familie“. Die 224

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93-jährige Ordensschwester: “Ich kann für euch noch beten“. Aus dem Kreis der Diskutierenden wird ein Freiwilliges Soziales Jahr auch für Senioren vorgeschlagen, um den Gesamtblick für alle älteren Menschen zu erweitern und zu schärfen. Mit der Aussage einer Teilnehmerin „Wir als Christen sind das Licht auf den Leuchtern“ endet die Diskussion. Gabriele Trull beschließt die Veranstaltung mit dem Dank an alle Beteiligten und formuliert die Forderung des Forums: „Die Gesellschaft, die vor allem auf Leistung und Nutzen ausgerichtet ist, wird aufgefordert, die Würde und den Wert des alternden Menschen zu achten, auch bei großer Hilfsbedürftigkeit.“

G4 Nachhaltiges Leben in einer Welt – Leben für alle in Fülle Elisabeth Heinecke präzisierte das Thema des Nachmittags: „Nachhaltiges Leben in der einen Welt – Leben in seiner Fülle für alle“. Im ersten Schritt („Ich für mich“) überlegten die Teilnehmer, was für sie speziell ein „gutes Leben“ bedeutet. Angeregt wurden sie durch Bilder, die auf dem Boden ausgelegt waren. Warum einer gerade dieses spezielle Bild für sich ausgesucht hatte, besprach er mit seinen Nachbarn in einer kleinen Gruppe. Im zweiten Schritt („Ich mit anderen“) gingen die Referenten der Frage nach, was unter „Nachhaltigem Leben“ zu verstehen sei. Im Mittelpunkt standen die Gedanken des kürzlich verstorbenen Geschäftsführers der Ökumenischen Initiative Eine Welt (OIEW) Hermann Garritzmann, vorgetragen von Petra Dierkes. Ein Schwerpunkt der im Dokument der Erd-Charta formulierten Werte setze bewusst auf die Potenziale des Alters, wenn es um die Alternative zur Gestaltung der Weltordung unter rein ökonomischen Gesichtspunkten geht. Erich Kerkhoff ergänzte aus seiner Erfahrung: Die weltweite Verantwortung setze „globales Lernen“, Kompetenzerwerb und entsprechende Lernarrangements voraus („Spüre die Kraft, die in dir steckt!“). BAGSO

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was im Gottesdienst erlebt, geht gestärkt aus so einer Situation hervor. Dietrich Mehnert berichtet von einem Fall, in dem ein älterer dementer Herr dem ganzen Heim durch seine korrekten Umgangsformen „Alter Schule“ Freude bereitete.

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Elisabeth Heinecke bedankte sich bei allen Mitwirkenden und Teilnehmern des Forums und schloss mit einer indianischen Weisheit, die uns Menschen klarmacht, dass wir das Netz des Lebens nicht gewebt haben, sondern einen Strang in ihm darstellen. Protokollführung: Monika Bauer; Kurt Burghardt; Ilse Vree-Mertelsmann; Siegfried Müller Teilnehmerzahl: G1: 40; G2: 45; G3: 40; G4: 50

FORUM G: THESEN 1. Die Gesellschaft, die vor allem auf Leistung und Nutzen ausgerichtet ist, wird aufgefordert, die Würde und den Wert des alternden und alten Menschen zu achten, auch in Zeiten der Hilfsbedürftigkeit. 2. Es ist dringend erforderlich, dass jeder einzelne Mensch im Alter durch Lebensstil und Konsumverhalten Verantwortung für künftige Generationen übernimmt. Politische Entscheidungen sollen auch das Wohl der nachwachsenden Generationen im Sinne der Generationensolidarität berücksichtigen. 3. Viele alte Menschen in Deutschland haben in ihrer Jugend Flucht und Vertreibung erfahren. Deshalb sind sie in der Lage, sich in Migranten und Migrantinnen hineinzuversetzen, die bei uns leben, und mitmenschliche Hilfe zu leisten. Die Gesellschaft ist aufgefordert, auch die Alterspotenziale der Migranten zu integrieren und kultursensible Pflege zu ermöglichen. 4. Den eigenen Spuren im Leben nachzugehen heißt, sich bewusst zu werden über Ereignisse, Prägungen und Handlungen. Biografiearbeit darf nicht stehen bleiben bei individuellen Reflexionen; sie muß sich auch gesellschaftlichen Fragen stellen und Erfahrungen für die kommenden Generationen fruchtbar machen. FORDERUNG Das Forum fordert von der Gesellschaft, die Potenziale aller alten Menschen zu fördern, auch die Fähigkeiten der Migranten und der Menschen, die durch Krankheit oder Behinderung eingeschränkt sind. Die Potenziale des Alters sollten durch freiwilliges Engagement und auch durch Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten integriert werden. Die gesellschaftliche, politische und kulturelle Partizipation alter Menschen sollte ermöglicht und stärker gefördert werden. Zu Fürsorge und Unterstützung der Alternden für die alten Menschen sollte stärker ermutigt und aufgefordert werden.

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Elisabeth Heinecke leitete damit zum dritten Teil über („Mit Anderen für Andere“), in dem Projekte vorgestellt wurden, die ein „anderes“ Leben umzusetzen versuchen, in denen Bedürfnisse anderer ernst genommen werden mit dem Ziel, den eigenen Lebensstil in Verantwortung gegenüber kommenden Generationen zu finden. In Gruppen, die nach 15 Minuten wechselten, stellte das Ehepaar RömhildKuntze seinen (Auszeit“-)Einsatz im Diakoniezentrum Salzburg vor, Ansgar Schwierholz das KAB-Projekt zum „Generationenvertrag“, Erich Kerkhoff das Projekt FUNBAM in der 22-Millionen-Stadt Mexiko, Martin Herrbruck den Einsatz seiner Berliner Gruppe für die Menschen in Abschiebehaft und Rolf Beek die Arbeit seiner BrotzeitGruppe am Niederrhein.

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2.7.2 „einfach anders leben“ Verantwortlich: Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE) Moderation: Petra Dierkes

Erstes Alter

Zweites Alter

Zeit der Unabhängigkeit, Reife, Verantwortung des Verdienens und Sparens

Drittes Alter

Zeit der persönlichen Erfüllung „Späte Freiheit“ – Zeit zum Einmischen!? Das 3. Lebensalter als „gewonnene Zeit“ Altern als kreativer Prozess Gerade das 3. Lebensalter hat Handlungsräume für sinnvolle Veränderungen

Viertes Alter

Zeit der unabänderlichen Abhängigkeit, der Altersschwäche und des Todes

Das „anders leben“ oder „anders altern“ vollzieht sich im • Freizeitverhalten, • sozialen und bürgerschaftlichen Engagement, • Bildungsverhalten älterer Menschen, • Teilnahme am politischen Leben, • Teilnahme am religiösen Leben. A. Leitfragen

Zeit der Abhängigkeit, Sozialisation, Unreife und Erziehung

a) Werte werden hier verstanden als lebensleitende Überzeugungen. b) „Bindung an das Gute durch ein Ergriffensein“ „...das, wenn es uns ergreift, zu einer spezifischen Erfahrung der Freiheit führt....“ (Hans Joas: „Die kulturellen Werte Europas“). 2. Welche Werte sind (vor allem von älteren Menschen) in die Zukunft zu übertragen? Vor allem Menschen in der nachberuflichen/nachfamiliären Lebenszeit sind zu einem Wertetransfer befähigt, beauftragt, vielleicht sogar verpflichtet. Angesprochen sind Menschen im 3. Lebensalter. Der englische Soziologe Peter Laslett nennt diesen Lebensabschnitt – die Zeit vor der Altersschwäche und drohendem Tod – die „Zeit der persönlichen Erfüllung“. Und diese Lebensspanne kann durchaus 30 Jahre umfassen. 228

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Die Existenz eines sog. 3. Lebensalters in der nachberuflichen Lebenszeit wird noch nicht ausreichend wahrgenommen und genutzt. Schließlich gibt es die „geschenkten Jahre“, die „späte Freiheit“ (L. Rosenmayr) erstmals in der Menschheitsgeschichte für so viele Menschen. Aber zunehmend setzt sich die Einsicht durch, dass die Gesellschaft immer weniger auf das Engagement dieser Altersgruppe, auf ihre Bereitschaft und Erfahrung verzichten kann. Das gilt in besonderer Weise auf der kommunalen Ebene. Die jetzt im 3. Lebensalters befindlichen Menschen, die sog. „neuen“ oder „jungen“ Alten, sind anders als jede frühere Altersgeneration. Diese Generation ist frei von beruflichen Verpflichtungen, die Kinder sind aus dem Haus. Viele Mitglieder dieser Generation haben Zeit, sich anderen Dingen zuzuwenden.

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1. Was sind Werte? Definitionen:

Die Frage an mich als älterem Menschen lautet: „Bin ich noch ergriffen von etwas?“ BAGSO

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B. Methode Im Raum liegen 25 Karten in DIN A4-Größe auf denen Werte geschrieben sind. Die Anwesenden haben die Möglichkeit, individuell weitere Werte auf bereit liegende Karten zu schreiben. In einer 2. Runde kann jeder Teilnehmer drei (Klebe-)Punkte verteilen und damit die ausgewählten Werte bepunkten. Daraus entsteht ein Situationsporträt der Teilnehmergruppe, das Werteprofil, die Wertepyramide der Gruppe. Die ausgewählten Karten wurden für alle sichtbar in die Mitte des Raumes gelegt.

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Spiritualität 4 Gesundheit 7 Nächstenliebe 2 Dankbarkeit 3 Summe:

4 7 2 3 145

„Wertepyramide“ Frieden / eigener, innerer Frieden Toleranz Wahrhaftigkeit Menschlichkeit – Humanität

25 16 15 14

C. Gruppenarbeit

1. 1.1 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 230

Frieden eigener innerer Frieden: Tierschutz = Liebe und Achtung für die Schöpfung Umweltschutz Nachhaltigkeit Sicherheit Ordnung Leistung Tradition, Kultur, Beständigkeit, Aktivität Wohlstand Solidarität Individualismus Pluralismus Toleranz Offenheit Glück Wahrhaftigkeit Freiheit in Wort und Tat und Geist Menschlichkeit – Humanität Verständnis Glaube Liebe

6 19 1 3 6 7 3 3 1 6 1 16 1 3 15 6 14 1 8 9 BAGSO

Die Anwesenden teilten sich in sieben Kleingruppen auf und bearbeiteten die Frage, welche Erwartungen/Forderungen sich an Menschen im 3. Lebensalter richten (können). Diskutiert wurde anhand der gemeinsam ausgesuchten Karte bzw. mit Blick auf den angegebenen Wert. Einige Workshopteilnehmer waren Krankenpflegeschülerinnen. Sie teilten sich auf die Gruppen auf und bearbeiteten das Thema aus der Sicht des 2. Lebensalters und bereicherten so die Gespräche. D. Kurze Statements als Rückmeldungen in das Plenum In den Rückmeldungen bestätigte sich, dass von älteren Erwachsenen primär Beiträge erwartet werden, die einem solidarischen Miteinander in der Gesellschaft förderlich sind. Das gilt innerhalb ihrer Generation ebenso wie generationsübergreifend.

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Ergebnis: (kursiv = Ergänzung der Begriffe durch die Teilnehmer)

Bemerkenswert ist, dass individuell und bezogen auf die Kohorte an erster Stelle die Frage nach einer Spiritualität im Alter („Glaube“) thematisiert wurde. Gelingendes Altern wurde entscheidend mit einer religiösen Grundlegung (= ethischen Werten) in Verbindung gebracht. Protokollführung: Petra Dierkes, Erich Kerkhoff Teilnehmerzahl: 35 BAGSO

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2.7.3 Spurensuche – FrauenLeben in der Kriegs- und Nachkriegszeit

• Widerstand,

Verantwortlich: kfd – Diözesanverband Köln Moderation: Beatrice Tomasetti-Gatzweiler Mitwirkende: Gisela Fischer, Ruthild Hillmann, Katharina Kallen, Maria Schopen, Marie Theres von Schorlemer, Margarete Walke

Zusammenfassend bleibt festzuhalten,

Erzählcafés, in denen Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen, haben sich im Verlauf der letzten Jahre als mögliche Räume für den Umgang mit der eigenen Biografie etabliert. Sich zu erinnern, kann etwas Heilsames haben. Mit eigenen Erinnerungen bewusst umzugehen und diese in das Leben der Gegenwart zu integrieren, das kann helfen, erlebte Traumata zu bewältigen und als Teil des eigenen Lebens anzunehmen. In wenigen Jahren werden wir niemanden mehr haben, der uns direkt aus der Phase der Kriegs- und Nachkriegszeit berichten kann. Deshalb ist es wichtig, diese Geschichten heute zu erzählen.

a) Erinnerungen sind ein hohes Gut und müssen insbesondere in der Altenarbeit gepflegt werden, b) das Alter hat auch Schattenseiten (eine Teilnehmerin war durch die Erinnerungsarbeit so betroffen, dass sie verwirrt reagierte), c) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten großes Interesse an der Form des Erzählcafés, so dass nach Beendigung der „Erzählwerkstatt“ die Gespräche in kleinen Gruppen fortgeführt wurden. Protokollführung: Ursula Sänger-Strüder Teilnehmerzahl: 100

2.7.4 Biografisches Arbeiten Verantwortlich: Kolpingwerk Deutschland Referenten: Waltraud und Werner Stricker

Folgende Aspekte standen im Mittelpunkt der Erzählungen:

Ziel dieses Workshops ist es, die Methode der Biografiearbeit vorzustellen und Möglichkeiten ihres Einsatzes in der Arbeit mit Senioren bzw. in der generationenübergreifenden Arbeit zu diskutieren. Es soll dazu angeregt werden, Schätze der Erinnerung zu heben und sie als Kraftquelle zu nutzen. Das vorgestellte Projekt entstand im Arbeitskreis „Lebensgestaltung über 50“ des Kolpingwerkes Diözesanverband Augsburg.

• Vaterlose Familie (im Krieg gefallener Vater),

1. Biografie und Biografiearbeit

Die Erzählwerkstatt war sehr dicht und spannend gestaltet, was nicht zuletzt an den fünf mitwirkenden „Zeitzeuginnen“ lag. Die Damen waren zwischen 66 und 84 Jahren und haben die Kriegs- und Nachkriegszeit unterschiedlich erlebt.

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„Maikäfer flieg – mein Vater ist im Krieg….“, wer kennt diese Liedzeile nicht? Frauen öffnen sich und erzählen: von ihrem Leben im Krieg und in der Nachkriegszeit. Geschichte wird lebendig, Frauengeschichte. Leise Töne, schicksalhaft, oft gedankenvoll, nicht spektakulär, aber bedenkenswert.

• Wiederaufbau.

• Angst durch Bomben und Zerstörung, Biografie bezeichnet die Lebensgeschichte einer Person. Vom Wortstamm aus dem Griechischen bedeutet „bios“ Leben und „graphein“ schreiben. Eine Biografie ist kein Abbild der Wirklichkeit. Lebensberichte werden aus unterschiedlichen Quellen gespeist:

• Mädchenträume, • Vertreibung und Flucht, • Schulzeit im NS-Regime, 232

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• Erinnerungen an persönlich Erlebtes,

• Persönliche Interessen, Werte, Einstellungen.

• zu bestimmten Themen (z. B. Ereignisse im Lebenslauf, Feste im Jahreskreis), anhand von Fotos aus dem eigenen Leben, mithilfe eines Gegenstandes (Ring, Spielzeug) oder einer Zeitleiste, durch Berichten oder Erzählungen und in Verbindung mit Gedächtnistraining.

Der eigentliche Sinn der Biografiearbeit besteht darin, den älteren Menschen über die Begegnung mit ihrer Geschichte ein neues Verständnis für die Gegenwart zu ermöglichen und Perspektiven für die Zukunft zu eröffnen.

Besonders reizvoll ist die Biografiearbeit in generationsübergreifenden Zusammenhängen, um Jung und Alt oder auch mittlere und ältere Generationen anhand bestimmter Gesprächsanlässe zusammen zu bringen. Das können sein:

• Übernahme von Erzählungen anderer, • Verbindung zu allgemeinen Zeitbildern,

• „Im Alter wacht die Kindheit auf.“ – Das Langzeitgedächtnis wird besser. • „Wurzeln und wachsen“ – Wo komme ich her und wie geht es weiter? • „Erzählen braucht die Resonanz des Zuhörers.“ • Gefühle müssen erahnt und verstanden werden.

• Erzählrunden und Gedankenaustausch zu bestimmten Themen (Schule früher und heute, Feste im Jahreskreis, Spiele früher und heute); lebensgeschichtliches Erzählen zwischen Enkeln und Großeltern; Kinder-/Jugend-/Seniorenparty; Modenschau „Früher – Heute“ und Lebensstationen.

• Dreiklang von „Erinnern – Erleben – Erwarten“ – Erinnern mit Bezug auf die heutigen Herausforderungen und den Zukunftsträumen Raum geben.

Auch in einem Pflegeheim kann mit dieser Methode gearbeitet werden:

• Bedeutung der Sehnsucht für unser Leben.

• Gegenstände er-fassen und be-greifen lassen,

In der Umsetzung der Biografiearbeit tauchen häufig folgende Schwierigkeiten auf:

• Übergangsobjekte (Stofftier, Puppe, Schmusedecke),

• Bilder aus der Kindheit und Jugend betrachten,

• Aktivierung des Geruchsinns (Weihnachtsplätzchen), • Gedichte aus der Kindheit vorlesen,

• Geringe Selbst-Wertschätzung

• Spiele aus der Jugendzeit spielen,

• Mangelnde Erzählkultur • Angst, etwas von seinem Innenleben preis zu geben

• Einbeziehen in Alltagssituationen (Kuchen backen).

2. Methoden der Biografiearbeit

3. Praktische Anregungen für den Einstieg

Der Einsatz der Biografiearbeit in der Seniorenarbeit setzt geistig aktive Menschen voraus, die ein Interesse an der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft haben. Es bieten sich Erzählrunden oder Erzählcafes an:

Es wurden Arbeitsblätter zu den folgenden Themen vorgestellt: Wohnen, Küche, Hausarbeit, Einkaufen, Essen, Versorgung, Schule, Weihnachten, Ostern, Spiele, Freizeit, Wasser und Hygiene Folgende Impulsfragen sind möglich:

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• Lieder aus der Jugendzeit singen,

• Laufendes Wiederholen der Erzählungen

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• Wie hat Sie diese Erfahrung in Ihrem Leben geprägt? • Was möchten Sie den Jugendlichen mitgeben/wünschen?

Der goldene Schlüssel

Auf einer DVD sind Fotos zu den einzelnen Themenbereichen aus verschiedenen Zeitabschnitten gesammelt, die als Gesprächsanlässe in der Arbeit genutzt werden. In der anschließenden Diskussion wurden verschiedene Fragen beantwortet und ergänzende Hinweise gegeben. Seitens der Teilnehmenden wurde die Methode als sehr geeignet bewertet, sowohl mit Senioren als auch generationsübergreifend zu bestimmten Themen zu arbeiten. Protokollführung: Gisela Wolf Teilnehmerzahl: 60

2.7.5 Märchen als Wegbegleiter für ältere Menschen

Zur Winterszeit, als einmal ein tiefer Schnee lag, musste ein armer Junge hinausgehen und Holz auf einem Schlitten holen. Wie er es nun zusammengesucht und aufgeladen hatte, wollte er, weil er so erfroren war, noch nicht nach Haus gehen, sondern erst Feuer anmachen und sich ein bisschen wärmen. Da scharrte er den Schnee weg, und wie er so den Erdboden aufräumte, fand er einen kleinen, goldenen Schlüssel. Nun glaubte er, wo der Schlüssel wäre, müsste auch das Schloss dazu sein, grub in der Erde und fand ein eisernes Kästchen. Wenn der Schlüssel nur passt!, dachte er, es sind gewiss kostbare Sachen in dem Kästchen. Er suchte; aber es war kein Schlüsselloch da. Endlich entdeckte er eins; aber so klein, dass man es kaum sehen konnte. Er probierte, und der Schlüssel passte glücklich. Da drehte er einmal herum, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen und den Deckel aufgemacht hat; dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen. Grimms Märchen An-Deutungen

Verantwortlich: Kolpingwerk Deutschland Referentin: Franzis Schulze

Allein – arm – kalt – Winter – fast erfroren,

Franzis Schulze hat in ihrer langjährigen Arbeit mit Senioren vielfältige Erfahrungen mit dem Einsatz von Märchen gesammelt. Sie bieten ideale Gesprächsanlässe in kleineren Gruppen, wenn die Teilnehmenden zuhören und sich auf die Themen einlassen können. Je nach Alter und Lebenssituation sind geeignete Märchen auszuwählen. Im Workshop werden als Beispiele die Märchen „Der goldene Schlüssel“ und „Der süße Brei“ vorgestellt. 236

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das sind Bildworte für Leben, für neu beginnendes Leben. Leben ist immer: zunächst etwas tun. Hier: Schnee wegscharren – aufräumen – glauben – graben – suchen, entdecken, probieren

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Märchen sind in – nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen. Sie eignen sich in idealer Weise als Geschichten, die ein Leben lang den Menschen begleiten und ihm in unterschiedlichen Lebensphasen immer wieder neue Botschaften vermitteln. Sie sind im besten Sinne Unterhaltung – sofern in diesem Wort auch die Botschaft steckt, dass Märchen Halt geben können.

das sind Bildworte für Einsamkeit, für schwierige Lebenssituationen, z. B. für Alte, für Kranke, für allein gelassene Kinder, Jugendliche oder Erwachsene. Feuer machen – sich wärmen,

Es bleibt uns ein Geheimnis, was in dem Kästchen ist. Jede/r, ob jung oder alt, kann nur seinen/ihren Schlüssel finden und die Kostbarkeiten seines/ihres Lebens aufschließen, auch und vielleicht gerade dann, wenn schon alles erfroren zu sein scheint. Davon sollten Ältere den Jungen erzählen. BAGSO

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Der süße Brei

Zum Einsatz der Märchen gab Franzis Schulze folgende Hinweise:

Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Mädchen hinaus in den Wald. Da begegnete ihm eine alte Frau, die wusste seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollte es sagen: „Töpfchen, koche“, so kochte es süßen Hirsebrei. Und wenn es sagte: „Töpfchen, steh“, so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, so oft sie wollten. Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen; da sprach die Mutter: „Töpfchen, koche“. Da kocht es und sie isst sich satt. Nun will sie, dass das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt’s die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht: „Töpfchen, steh“, da steht es und hört auf zu kochen. Und wer wieder in die Stadt wollte, der musste sich durchessen. Grimms Märchen

1. Es ist wichtig, geeignete Rahmenbedingungen (Raum, Atmosphäre) zu schaffen, damit die Geschichten wirken können.

An-Deutungen

Protokoll: Monika Brinkmann Teilnehmerzahl: 100

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3. Es wird nicht über die Geschichte diskutiert, sondern die Hörenden sollen sich zu folgenden Fragen äußern: • Wer bin ich in dem Märchen? • Finde ich mich vielleicht in verschiedenen Rollen wieder? • Wo ist der Sitz in meinem jetzigen Leben? • Was löst das Hören jetzt bei mir aus? In dem Gespräch ist darauf zu achten, dass die jeweiligen Aussagen für die jeweiligen Hörer im Moment richtig sind und es keine Bewertung durch andere Teilnehmende gibt. Durch behutsames Nachfragen können evtl. vermutete Zusammenhänge verdeutlicht werden. Franzis Schulze: Oma, Du bist klasse. Eine Liebeserklärung an das Altern. Münster 2006

2.7.6 Kreativprojekt „Kunstspuren“ – Begegnung mit moderner Kunst im Rahmen der sozialen Netzwerkarbeit

Sinnerfülltes Sinnerfülltes Leben

Drei Generationen, drei Frauen: - Die Alte, die Mutter, das Kind. Armut, Hunger, Not. - Ausweglos? Das Kind macht sich auf den Weg. Es tut etwas. Die Alte weiß Rat und Hilfe. Das Kind nimmt die Gabe der Alten an. Die Mutter ist hilflos, resigniert, am Ende. Dann der Reichtum: - Brei, sogar süßer, Fülle, so viel man braucht. Aber die Fülle wird zum Überfluss und der Überfluss zum Unglück. Die Mutter weiß das Wort nicht. Das Kind baut Brücken: Es lässt sich beschenken und achtet die Weisung der Alten. Leben wird gerettet: Das rechte Wort in der Not des Mangels - das rechte Wort in der Not des Überflusses.

2. Die Märchen sollten ruhig vorgelesen oder idealerweise frei erzählt werden, damit sie ihre Wirkung entfalten können.

Verantwortlich: Kultur-Netzwerk Gerresheim der Diakonie in Düsseldorf Referentinnen: Inge Gößling, Renate Jastrzembski Die soziale Netzwerkarbeit richtet sich an Menschen, die sich im/nach Übergang von der Berufs- und Familienarbeit zum „Ruhestand“ neu orientieren, neue Kontakte suchen und sich für andere einsetzen möchten. BAGSO

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Das Kultur-Netzwerk Gerresheim arbeitet stadtteilorientiert und will vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen und im Sinne einer nachhaltig wirksamen Seniorenarbeit Rahmenbedingungen für die soziale und kulturelle Integration älterer Menschen schaffen. Die Lebensqualität im Alter steht und fällt mit der Einbindung in soziale Netze und der Teilhabe am sozialen, kulturellen und politischen Leben. Die Netzwerkarbeit ermutigt Menschen in der nachberuflichen Lebensphase ihre Potenziale und Ressourcen einzubringen, um gemeinsam mit anderen ein aktives Leben zu gestalten und ein solidarisches Miteinander in der Gesellschaft zu stärken. Mit dem Kreativprojekt „Kunstspuren“ lassen sich die Ziele der sozialen Netzwerkarbeit gut verwirklichen. Das Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Monaten. In 12 Projekteinheiten lernen die Teilnehmenden sechs Künstler der Moderne, ihre Arbeitstechniken und ihre Arbeitsmaterialien kennen. In einem theoretischen Teil setzen sie sich mit dem Leben und dem Werk des Künstlers auseinander und daran angelehnt, werden sie im praktischen Teil selbst kreativ tätig.

erhielten sie einen Einblick in die Biografie und Werke des Künstlers Alexej von Jawlensky – und wurden schließlich selbst kreativ tätig. Jeder zeichnete in einem ersten Arbeitsschritt ein Gesicht auf einen Malgrund, der im Anschluss geviertelt, gemischt und auf die Teilnehmenden neu verteilt wurde. In weiteren sechs Arbeitsschritten (die nacheinander erklärt und gezeigt wurden) erfolgte die Fertigstellung der Portraits in Anlehnung an den Künstler Jawlensky. Dabei entstanden in fröhlicher und offener Atmosphäre nicht nur sehr unterschiedliche, vielfältige und interessante Bildkompositionen, sondern die Teilnehmenden kamen über das gemeinsame produktive Tätigsein schnell ins Gespräch auch über den Bereich Kunst hinaus (u. a. Maltechniken, Ausstellungen, Berufstätigkeit). Sie lobten sich gegenseitig für ihre künstlerische Umsetzung, schätzten die Unterschiedlichkeit der entstandenen Porträts und erkannten kreatives Potenzial. Einige Teilnehmer möchten diesen Workshop als Anregung für weitere künstlerische Arbeiten oder beruflich in der Altenarbeit nutzen. Fazit Dieser Workshop zeigt, dass soziale Netzwerkarbeit sowie Kunst und Kultur auf großes Interesse stoßen. Durch die Verbindung beider Bereiche entstehen Synergieeffekte. Das gemeinsame kreative Arbeiten fördert, fordert und hilft, vielfältige Fähigkeiten zu mobilisieren oder wieder zu entdecken. Kreative Aktivitäten wecken Potenziale und Ressourcen, fördern Eigeninitiative, aktives Handeln sowie soziale Einbindung.

Dabei experimentierten die Teilnehmer mit vielfältigen Materialien, sie entdecken ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten (wieder), erweitern ihr Wissen und knüpfen über das gemeinsame produktive Tun leicht neue Kontakte. Zudem kann die Beschäftigung mit Kunst und Kultur Antworten auf viele Lebens- und Sinnfragen bieten, mit denen sich ältere Menschen zunehmend beschäftigen.

Viele Menschen schöpfen Kraft in gemeinsamer Produktivität und setzen die gewonnene Energie häufig in einem bürgerschaftlichen Engagement für andere ein.

Exemplarisch für dieses Projekt erlebten die Teilnehmer des Workshops eine Kurzform der „praktischen Projekteinheit“. Zur Einführung

Protokollführung: Inge Gößling Teilnehmerzahl: 26

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Es werden Selbsthilfe, ein verbessertes Miteinander der Generationen sowie bürgerschaftliches Engagement zum Wohle des Gemeinwesens und zur Entlastung nachfolgender Generationen gefördert. Netzwerkarbeit dient der Schaffung attraktiver Lebens- und Entwicklungsräume in einer alternden Gesellschaft.

Weitere Informationen unter: www.netzwerke-duesseldorf.de/kultur-gerresheim/

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Angst vor Vereinsamung, Angst dass die Altersbezüge nicht ausreichen und Angst dass eventuell notwendige Unterstützungsleistungen nicht quartiersnah vorhanden und/oder unbezahlbar sein werden. Sie suchen freie Wohnungen in bestehenden Projekten.

Wohnen und Vorsorge

2.8.1 Selbstständig wohnen – aber nicht allein Leitung: Gerda Helbig, Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V., Bundesvereinigung Mitwirkende: Erika Rodekirchen, Neues Wohnen im Alter e.V., Köln und Bewohnerinnen Haus Mobilé, Köln-Weidenpesch Gerda Helbig stellte den Verein „ Forum Gemeinschaftliches Wohnen“ vor, der seit 1992 gemeinschaftliche Wohnprojekte propagiert, die gute Nachbarschaft zwischen den Generationen fördern, herausführen aus Anonymität und Vereinsamung, in denen Menschen aller Altersgruppen selbstbestimmt und selbstverantwortlich wohnen und leben können. Darüber hinaus sollen die Bewohner lange selbstständig in der eigenen Wohnung bleiben können, auch bei zunehmendem Hilfebedarf oder bei Behinderung. Das Interesse an gemeinschaftlichen Wohnformen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, seit die Medien dieses Thema verstärkt in die Öffentlichkeit bringen. Interessenten sind vorwiegend Senioren jeden Alters, aber auch junge Familien und allein lebende Männer und Frauen. Gemeinschaftliche Wohnformen unterscheiden sich von anderen Angeboten für ältere Menschen dadurch, dass sie nicht für, sondern von und mit den zukünftigen Bewohnern geplant werden. Besondere Merkmale dieser Wohnform sind die Bildung von verbindlichen Nachbarschaften, ein hohes Maß an Selbstbestimmung, aber auch erforderliche Eigeninitiative. Die Wohnprojekte bieten i. d. R. bezahlbare Wohnungen und entwickeln zukunftsfähige Konzepte, die den Herausforderungen des demographischen Wandels Rechnung tragen. Gerda Helbig berichtete von der von Jahr zu Jahr zunehmenden Anzahl von Interessenten, die mit der Geschäftsstelle des Vereins Kontakt aufnehmen, um sich über neue Wohnformen zu informieren. Die Beweggründe der über 70-jährigen Interessenten sind vor allem 242

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Die Altersgruppe 50+ ist motiviert, neue Projekte zu gründen. Als Beweggründe werden genannt: Raus aus der Isolierung der Kleinfamilie, neue Lebensformen mit neuen Aufgaben finden, vernünftige Gesundheits- und Altersvorsorge planen, einen Beitrag zu gesellschaftlichen Problemen leisten, die z. B. die jüngere Generation entlastet. Junge Menschen nennen als Beweggründe vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die sich im Nachbarschaftsverbund leichter realisieren lassen als im Einzelhaushalt. Sie suchen innerstädtische Projekte, die auch zum Wohnen mit Kindern geeignet sind und fragen nach Konzepten für Wohnprojekte, die nicht unbedingt auf Dauerwohnen eingestellt sind, dabei aber doch die nachbarschaftliche Unterstützung auf Dauer sichern. Großes Interesse finden Konzepte für Wohnprojekte als bezahlbare Altersvorsorge. Erika Rodekirchen, Leiterin des Regionalbüros Rheinland „Neue Wohnformen im Alter“ befragte die Bewohnerinnen von Haus Mobilé in Köln nach ihren Beweggründen in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen. Alle Bewohner und Bewohnerinnen haben dort eigene Wohnungen und führen ihren Haushalt selbstständig. Zusätzlich haben sie einen Gemeinschaftsraum und eine Gästewohnung, die bei Bedarf als Pflegewohnung eingerichtet werden kann. Die Bewohnerinnen waren durchweg sehr zufrieden dass sie den Schritt in ein neues Leben gewagt hatten. Als Vorteil gegenüber dem Allein-Wohnen wurden genannt: In guter Nachbarschaft zusammen wohnen und dabei die Eigenständigkeit erhalten, Vermeidung von Einsamkeit und Isolation und damit Verbesserung der Lebensqualität, Kostenersparnis sowohl bei der Realisierung von Projekten als auch im täglichen Zusammenleben, Entwicklung von Selbsthilfesystemen in verschiedenen Lebensabschnitten, auch im Alter so lange wie möglich die Kontrolle über das eigene Leben erhalten. BAGSO

Wohnen und Vorsorge

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In der Diskussion wurden Fragen gestellt nach bürgernahen Kontaktstellen, die Interessenten helfen Gleichgesinnte zu treffen, geeignete und bezahlbare Wohnungen zu finden und bei dem Gründungsprozess beraten.

lichkeit, bis ins hohe Alter selbstständig und in sozialen Bezügen leben zu können. Je früher man die Wohnbedingungen fürs Alter plant, um so mehr hat man davon. Wichtige Aufgaben sind Alltagserleichterung, Unfallvermeidung und die Unterstützung häuslicher Pflege.

Zusammenfassende Forderungen: • Ein bundesweites Kompetenznetz zur Unterstützung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten und Förderung der Kontaktstellen in diesem Netz, • Integration von gemeinschaftlichen Wohnformen in quartiersnahen Stadteilzentren, • Berücksichtigung von Wohngruppen bei der Vergabe von kommunalen Liegenschaften, • enge Zusammenarbeit mit Wohnungswirtschaft und Kommunen, • geeignete Organisations- und Finanzierungsinstrumente für Wohnprojekte (Stiftungen, Bürgerfonds, Dachgenossenschaften, etc.). Protokollführung: Gerda Helbig Teilnehmerzahl: 125

Von Heim- und Freizeitunfällen sind jährlich über 630.000 Menschen über 65 Jahre betroffen. Mehr als 270.000 davon behalten bleibende Schäden; weit über 160.000 Ältere verlieren jedes Jahr durch einen Unfall ihre Selbstständigkeit. Jährlich kommen in Deutschland über 5.000 ältere Menschen durch einen Unfall zu Hause ums Leben. Das sind knapp 80 % aller Todesopfer bei häuslichen Unfällen! Über 60 % der Unfälle älterer Menschen passieren in oder bei der Wohnung. Fast 70 % der Unfälle sind Stürze; zwei Drittel davon ereignen sich in der Ebene, also beim Aufstehen oder Gehen. Unfallursachen sind hauptsächlich gesundheitliche Probleme, Umgebungseinflüsse und Verhaltensmängel. Diese Unfallursachen lassen sich durch Informations- und Beratungsarbeit beeinflussen!

2.8.2 So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen - Wohnberatung für ältere Menschen Verantwortlich: LAG Wohnberatung NRW Referenten: Petra Bank, Theo Hengesbach Petra Bank und Theo Hengesbach von der Wohnberatung Dortmund sind gleichzeitig auch Sprecher der LAG Wohnberatung NRW. Es gibt in Nordrhein-Westfalen fast flächendeckend Wohnberatung für ältere, behinderte und pflegebedürftige Menschen. Die Beratungsstellen helfen bei der Wohnungsanpassung, aber auch bei der Suche nach Betreutem Wohnen oder der Entwicklung gemeinschaftlicher Wohnprojekte. Die Wohnbedingungen sind entscheidend für die Mög244

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Die Probleme beginnen oft schon beim Weg zum Haus und beim Hauseingang. Schwellenfreie Hauseingänge mit guter Beleuchtung sind optimal, aber nicht immer möglich. Dann muss die größtmögliche Sicherheit, z. B. durch beidseitige Geländer, hergestellt werden. Treppenhäuser müssen mit gut erkennbaren und gut zu umfassenden Geländern und ausreichender Beleuchtung ausgestattet sein. Meistens gibt es keine Aufzüge. Die Nachrüstung mit fest installierten Treppenliftern ist wegen des Platzbedarfs nicht immer einfach. Oft helfen mobile Treppensteigehilfen oder Treppenraupen. Teppiche und Läufer sind typische Stolperfallen. Sehr gefährlich sind auch Beleuchtungsmängel. Lampen fehlen, sind BAGSO

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In einem Diavortrag wurden Beispiele aus der Beratungsarbeit vorgestellt.

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Alter als Chance

Kongress

defekt oder haben zu schwache Birnen. Viele Wohnungen sind zu eng oder nicht zweckmäßig eingerichtet. In Schlafzimmern finden sich häufig Gegenstände, die dort nicht hingehören, aber gelagert werden.

Viele, auch leicht einsehbare, Verbesserungen kommen ohne Beratung nicht zustande. Die Teilnehmer unterstützten den Wunsch nach bundesweit flächendeckender und finanziell abgesicherter Wohnberatung.

Problemlösungen sind oft durch kleine Veränderungen an den vorhandenen Möbeln oder durch den Einsatz von Hilfsmitteln zu erreichen. Schlafzimmer, die freundlich und wohnlich sind, erleichtern die Genesung oder die häusliche Pflege. Das Bett sollte möglichst höhenverstellbar sein, ausreichende, gut erreichbare Ablagen und eine helle Beleuchtung haben.

Weitere Informationen: www.kreuzviertel-verein.de oder www.wohnberatungsstellen.de

In Küchen sind freie Arbeitsflächen und die richtige Arbeitshöhe wichtig. Häufig können bestehende Küchen rollstuhlgerecht umgebaut werden.

2.8.3 Prävention im Gesundheitswesen – Impulse zur aktiven Altersvorsorge

Wenn Hilfsmittel nicht ausreichen, bleibt nur ein Umbau. Ein Bad mit bodengleicher Dusche statt Badewanne bietet viel Bewegungsfreiheit. Ein Duschsitz dient der Bequemlichkeit und der Sicherheit. Haltegriffe, die sich farblich von der Wand abheben, sind im Notfall schnell zu finden. Badewannen sind für medizinische Bäder oder Entspannungsbäder gut. Nicht selten wird der Einstieg durch Toilette und Waschbecken eingeschränkt. Stehen Badewannen frei, kann man mit Hilfsmitteln wie einem Badewannenlifter eine sichere Benutzung gewährleisten. Balkontürschwellen oder schmale Türen sind Gefahrenquellen. Es besteht die Möglichkeit, dort Zwischenstufen und Haltegriffe anzubringen, manchmal müssen jedoch die Schwellen beseitigt werden. Mit einem Hausnotrufsystem kann von überall im Notfall Hilfe herbeigeholt werden. 246

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Verantwortlich: allpha 60/allphadoc, Düsseldorf Moderation: Karl Niemann Mit der Moderation von Karl Niemann stellte allpha 60 neue Wege und Erfahrungsberichte zu folgenden Themen vor: • Altersvorsorge in der Arztpraxis – allein oder miteinander? Dr. Andre Schumacher, Düsseldorf Facharzt für Allgemeinmedizin, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Lehrbeauftragter Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf • Fragen der Präventionsforschung und die Beurteilung von Wirksamkeit der Präventionsangebote für ältere Menschen PD Dr. Cornelia Bormann, Bonn Deutsche Luft- und Raumfahrt PT Gesundheitsforschung, Lehrbeauftragte Universität Bremen • Sozial benachteiligte Ältere haben schlechtere Gesundheitschancen und benötigen spezifische Angebote der Prävention Dr. Susanne Kümpers, Berlin Wissenschaftszentrum Berlin Forschung Public Health, Guest Lecturer Universiteit Maastricht

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Badezimmer sind oft sehr eng und haben eine schmale und nach innen aufgehende Tür. Besser ist es, wenn die Türen nach außen zu öffnen ist und im Notfall von außen ohne Schlüssel geöffnet werden können. Es mangelt im Bad meistens an Bewegungsflächen für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer.

Protokollführung: Petra Bank, Theo Hengesbach Teilnehmerzahl: 120

• Gesundheitliche Prävention in einem Verein für Sport, Kultur und BAGSO

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Alter als Chance

Kongress

• Assistive Umgebungen für Zuhause als Grundlage der Prävention Dr. Viktor Grinewitschus, Duisburg inHaus-Innovationszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft Duisburg • Der aktuelle Stand der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte Jürgen Sembritzki, Krefeld ZTG Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen GmbH Krefeld Weitere Informationen unter: [email protected] Protokollführung: Karl Niemann

2.8.4 Hilfe über den Tag hinaus – Wie vererbe ich richtig? Verantwortlich: Bonifatiuswerk der Deutschen Katholiken Moderation: Ulrich Franke, Bereichsleiter „Liegenschaften, Vermächtnisse, Stiftungen“ beim Bonifatiuswerk Ulrich Franke, Bereichsleiter „Liegenschaften, Vermächtnisse und Stiftungen“ beim Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken stellte zu Beginn das von Laien gegründete Bonifatiuswerk vor. Es ist in Paderborn beheimatet und von der deutschen Bischofskonferenz beauftragt, die Seelsorge an katholische Christen in den Diasporagebieten Deutschlands, Nordeuropas und in Estland und Lettland zu unterstützen. Diese Aufgabe nimmt es seit seiner Gründung 1849 in Regensburg wahr. In seiner Einleitung führte Franke die Angaben des „Deutschen Instituts für Altersvorsorge“ an, nach denen in diesem Jahrzehnt Vermögenswerte von etwa zwei Billionen Euro vererbt werden. Möglich werde dies, so der Referent, da Deutschland in den letzten 60 Jahren von Krieg und Währungsreformen verschont geblieben sei. Dadurch 248

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seien das Wirtschaftswunder der 60er Jahre und der damit nachfolgende Vermögensaufbau möglich geworden. Zudem könnten heute die Erben, weil es durchschnittlich pro Erblasser weniger Nachkommen, als in früheren Zeiten gäbe, auch höhere Nachlässe erwarten. Viele Erblasser hätten aber keine direkten Nachkommen und oftmals käme für sie auch die Weitergabe des Erbes an Verwandte aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Für diesen Personenkreis biete das Bonifatiuswerk schon seit seinen Anfängen Möglichkeiten, die bewahrten und/oder erwirtschafteten Vermögenswerte sinnvoll und über das eigene Leben hinaus einzusetzen. Für das Bonifatiuswerk machen Nachlässe und Schenkungen einen nicht unerheblichen Teil seiner für die Diasporahilfe zur Verfügung stehenden Mittel aus. Mehrere Möglichkeiten, sein Vermögen für die Aufgaben des Bonifatiuswerkes einzusetzen, biete das Bonifatiuswerk dem Interessierten. Zu Lebzeiten, so Franke, könne er dem Bonifatiuswerk eine Schenkung machen und mit bestimmten Auflagen verbinden. Zu diesen „belasteten Schenkungen“ würden nach jeweils persönlicher Beratung durch das Bonifatiuswerk Schenkungsverträge auf Wunsch auch notariell geschlossen. Vielfach würde sich eine Belastung auf die Nachsorge wie die Übernahme der Begräbniskosten, die Grabpflege u. ä. beziehen. Aber auch der Vorbehalt, die Schenkung im Falle der Not zurückzufordern, sei möglich und biete eine gewisse Sicherheit für den Einzelnen. Schenkungen oder Geldgaben ohne Vorbehalte könnten als Spenden oder als Zustiftungen an die Bischof-Konrad-Martin-Stiftung gehen. Diese Stiftung, die den Namen des zweiten Präsidenten des Bonifatiuswerkes trägt, habe den Zweck, die Seelsorge und religiöse Bildung von Kindern und Jugendlichen in den Diasporagebieten zu fördern und damit für die Vermittlung christlicher Werte zu sorgen. Im Unterschied zur Spende für kirchlich-caritative Einrichtungen können bei einer Zuwendung an die Stiftung bis zu 20.450.- € pro Jahr als Sonderausgaben bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Wird ein geerbtes Vermögen unmittelbar der Stiftung zugeführt, dann BAGSO

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gesellschaftliches Engagement in der zweiten Lebenshälfte Gertrud Rost, Köln Verein für Sport, Kultur und gesellschaftliches Engagement in der zweiten Lebenshälfte e.V. Köln

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entfällt die Erbschaftssteuer.

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Eine weitere und oft geübte Möglichkeit, die Aufgaben des Bonifatiuswerkes zu unterstützen, sei, so Franke, das Bonifatiuswerk im Testament zu bedenken. Diese „letztwillige Verfügung“, könne sich auf Geld – oder Wertpapiervermögen, aber auch auf Schmuck, andere Wertgegenstände sowie Grundstücke und Gebäude oder deren Werte beziehen. Darüber hinaus sei das Bonifatiuswerk als Erbe oder Miterbe bestimmbar. Franke erläuterte die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Errichtung von Testamenten, weist auf die einzuhaltenden Formvorschriften hin und schildert eine Reihe von Praxisfällen aus der Nachlassabwicklung. Hierbei kam es zu zahlreichen Nachfragen, auf die im Workshop ausführlich und teilweise sehr speziell eingegangen wird.

2.9.1 „Gemeinsam lernen im ViLE-Netzwerk“

Protokollführung: Ulrich Franke Teilnehmerzahl: 60

Internet

Verantwortlich ViLE e.V. Moderation: Ellen Salverius-Krökel Mitwirkende: Uwe Bartholl (stv. Vorsitzender ViLE e.V.) Nach der Begrüßung wurde das ViLE-Netzwerk kurz vorgestellt. Uwe Bartholl nannte als persönliche Motivation für die Mitarbeit bei ViLE, die Möglichkeit, gesellschaftlichen Alltag mitzugestalten. Verschiedene Aspekte des Vereins, seiner Aktivitäten und Lernmöglichkeiten einschließlich dem Online-Journal „LernCafe“ wurden mit einer Powerpoint-Präsentation gezeigt. Einige anwesende ViLE-Mitglieder äußerten sich, wie sie zum Verein gekommen sind, was sie an ViLE schätzen. Genannt wurde u. a. die gute Atmosphäre, auch in der Kommunikation per Internet. ViLE bedeutet, eine Gemeinschaft zu finden, virtuell und real, der Verein und seine Lernmöglichkeiten werden als Bereicherung empfunden. Gruppen bilden sich z. B. aus Lernprojekten heraus. Menschen finden den Zugang entweder aus Technikinteresse oder über spezielle Inhalte. Gemeinsam ist ihnen, dass sie einen „Rucksack biografischer Erfahrungen“ mitbringen, der eingebracht werden kann und soll. Dadurch entstehen neue Erfahrungen des „Sich-selbst-Einbringens“. Weitere Wortbeiträge unterstützten die Ideen, die hinter ViLE stecken, wie z. B. intergenerationelles Lernen.

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Internet

Die Teilnehmenden fragten nach Vereinsbeitrittsmöglichkeit/Mitgliederbeitrag und Seminarkosten. Auch nach Schwierigkeiten sowie Risiken und ob der Verein nur für Akademiker konzipiert ist, wurde gefragt. Der Verein repräsentiert nicht nur Akademiker und Akademiker, sondern stellt eine offene Gemeinschaft dar. Eine Schwierigkeit ist, Menschen dauerhaft als Mitglieder an den Verein zu binden. Eine andere ist, dass virtuelle Kommunikation anders verläuft als reale: die Konflikte verlaufen anders. Doch gelingt es innerhalb des ViLE-Netzwerks auch darauf einzugehen und sie zu lösen. 251

Alter als Chance

Kongress

Fazit: Die unterstützenden, aber auch kritischen Beiträge zeigten im Workshop, dass der Verein „Virtuelles und reales Lern- und Kompetenznetzwerk älterer Erwachsener (ViLE) e.V.“ Themen aufgreift, die für ältere Menschen von Interesse sind. Er verbindet Lernmöglichkeiten, Pflege kommunikativer Strukturen, die zu Gemeinschaft und gesellschaftlicher Partizipation führen. Im Verein kann man via Internet von zu Hause aus mitwirken, aber auch bei realen Treffen. Dies kommt verschiedenen Bedürfnissen älterer Erwachsener entgegen. ViLE bietet somit das Potenzial, ein gewichtiger Faktor im gesellschaftlichen Diskurs zu werden, um Zukunftsfragen zu beantworten.

Außer Fragen zu technischen Voraussetzungen wurden zahlreiche Fragen zur Plattform „Senioren-Lernen-Online“ vorgebracht: • Welche Vorkenntnisse müssen vorhanden sein? • Welche Kosten kommen auf mich zu, wenn ich einen Kursus oder Unterrichtsstunde im virtuellen Klassenraum belege • Was muss ich eingeben, um zu diesem virtuellen Klassenzimmer zu gelangen und welche Kurse kann ich belegen? • Was kann ich online lernen? Sprachen, Bridge, Sport? • Welche Kurse werden im Klassenraum angeboten?

Protokollführung: Ralph Schneider Teilnehmerzahl: 42

• Welche Lernplattformen gibt es? • Was für Programme haben Sie im Angebot? Sprachen, Sonnenuhren oder mehr?

2.9.2 Online Kommunizieren

• Wie kommt man bei Bedarf an einen Moderator?

Verantwortlich: Senioren-Lernen-Online (SLO) Moderation: Uta Krope, Horst Sievert

• Ich bin selbst Trainer und möchte das Senioren-Training auf eLearning erweitern, was wäre zu tun? • Ich suche Möglichkeiten der Weiterbildung, Kommunikation usw. für mein Senioren Internet Cafe, z.B. HP’s, Foren usw.

Die Veranstaltung gliederte sich in folgende Teile: a) Vorführung eines 5-minütigen Videos über die Nutzung des virtuellen Klassenraumes, aufgenommen vom MDR.

Foto: Tanja Evers

b) Vorstellung von Senioren-Lernen-Online (SLO), www.seniorenlernen-online.de. c) Vorstellung eines Headsets (Kopfhörer mit zugehörigem Mikrofon), außerdem wurde die Verbindung zur Soundkarte des Computers erklärt. d) Es wurde auf verschiedene Programme zur Kommunikation im Internet hingewiesen und die Erklärungen und Videos auf den Seiten von SLO gezeigt. e) Die Teilnehmer wurden gebeten auf vorbereiteten Zetteln Fragen zum Thema Online-Kommunikation zu stellen.

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Keine Berührungsängste vor dem Computer. Auf dem Seniorentag sammelten die Seniorinnen erste Erfahrungen mit dem Internet.

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Alter als Chance

Kongress

• Gibt es Nachfrage nach der Möglichkeit Qualifikationen zu erlangen? Z. B. zum „Europäischen Computerführerschein“ (ECDL)? f) Die Fragen wurden über vorbereitete Materialien, abgespeicherte Webseiten und Videos beantwortet, da ein Internetzugang nicht möglich war. Die Verteilung eines Flyers über Senioren-Lernen-Online rundete das Informationsangebot ab. Informationen unter: www.senioren-lernen-online.de

Einen Einblick in die Arbeit der Senior-Online-Redakteure gaben im letzten Teil des Workshops vier Teilnehmende am Modellprojekt und nunmehr Redakteure des „LernCafes“. Die Zuhörer und Zuhörerinnen erhielten einen plastischen Einblick in den Alltag einer Online-Redaktion und durch Nachfragen aus dem Publikum, erfuhren sie auch die Intention der Senior-Online-Redakteure an der Qualifizierung teilzunehmen, und was das Interesse und die Freude an der Redaktionsarbeit ausmacht.

2.9.3 Senior-Online-Redaktion Verantwortlich: ViLE e.V. Moderation: Ralph Schneider Im ersten Teil des Workshops ging es inhaltlich darum, die „Senior-Online-Redaktion“ zu präsentieren. Vorgestellt wurde zunächst das Produkt dieser Redaktion – das „LernCafe“. Das Online-Journal ist das erste deutsche Online-Journal für weiterbildungsinteressierte Menschen. Da nach einer Abfrage beim Publikum durch den Referenten deutlich wurde, dass das „LernCafe“ noch nicht allgemein bekannt ist, wurde dies hinsichtlich Idee, Konzeption, Umsetzung und Zukunft vorgestellt. Schon im Verlauf dieser Ausführungen wurde deutlich, dass ein reges Interesse an dieser Online-Publikation besteht. Im weiteren Verlauf der Projektvorstellung ging Ralph Schneider auf die Entwicklung der Senior-Online-Redaktion, ausgehend vom dem großen Interesse der Leserinnen und Leser des „LernCafe“, ein. Die Idee, das Online-Journal auch eigenständig durch ältere Menschen zu erstellen und damit ein neues nachberufliches Tätigkeitsfeld zu eröffnen, fand im Zuhörerkreis großes Interesse. Hierzu wurden Hintergründe, Konzeption und Umsetzung bzw. der Verlauf des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Modellprojekts „Qualifizierung zu Senior-Online-Redakteuren“ erläutert. BAGSO

Am Ende der Veranstaltung, entbrannte eine Diskussion über das sehr aktuelle Thema Urheberrecht im Internet und wie ehrenamtliche Redakteure in ihrer Arbeit und insbesondere im „LernCafe“ damit umgehen. Fazit des Workshops: Die Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelten ein großes Interesse an dieser Arbeit bzw. Aufgabe und bestätigten, dass es einen großen Bedarf an sinnvoller Beschäftigung und gleichzeitiger Partizipation in der Gesellschaft in der nachberuflichen Lebensphase gibt. Noch stärker wurde aber der Wunsch nach Weiterbildung geäußert, die in sinnvolle, wirklich anwendbare Aufgaben mündet und dabei neue Inhalte mit eigener Kompetenz verknüpft. Der Ansatz, gleichzeitig auch an den gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen zu partizipieren, in diesem Fall den Umgang mit den „Neuen Kommunikationstechnologien“ zu erlernen und sinnvoll anzuwenden, stieß auf große Resonanz und zeigte das Bedürfnis nach zielgruppenorientierten Angeboten. Protokollführung: Ellen Salverius-Krökel Teilnehmerzahl: 30 BAGSO

Internet

Protokollführung: Johanna Allhawala Teilnehmerzahl: 60

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Schon recht schnell wurden im Verlauf des Workshops Zwischenfragen aus dem Publikum heraus gestellt, wie etwa die Möglichkeit der Mitgliedschaft oder der Teilnahme in der Redaktion, der Möglichkeit Artikel zu veröffentlichen, der Teilnahme an Schulungen. Darüber hinaus ging es aber immer wieder auch um das „LernCafe“ selbst, wie etwa die Redaktion Themen findet und diese dann bearbeitet, welche Voraussetzungen ein Redakteur/eine Redakteurin mitbringen müssen und welche Rückmeldungen die Redaktion aus dem Leserkreis erhält.

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Alter als Chance

TALK in Köln

3.1 TALK in Köln „Alter als Chance“ – Brauchen wir eine neue Kultur des Alters?

3.

ABSCHLUSS DEUTSCHER SENIORENTAG 2006

Teilnehmer des Podiums: Prof. Thomas Klie, Präsident der DGGG (Impulsreferat) Aus Sicht der Gesellschaft: Rudolf Herweck, Abteilungsleiter im BMFSFJ Dr. Marion Gierden-Jülich, Staatssekretärin im MGFFI NRW Marlis Bredehorst, Dezernentin für Soziales und Senioren der Stadt Köln Aus Sicht der Älteren: Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender des Institut Bildung und Kultur (IBK) e.V. Wolfgang Haehn, Vorsitzender des BAGSO-Fördervereins Prof. Dr. Thomas Olk, Vorsitzender Specherrat Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) Roswitha Verhülsdonk, Vorsitzende der BAGSO Anwältin des Publikums: Dr. Ursula Sottong, Malteser Werke gGmbH, Leiterin der Abteilung Gesundheitsförderung & Prävention Moderation: Ulla Lessmann, Freie Journalistin

3.1.1 Begrüßung Roswitha Verhülsdonk: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie alle sehr herzlich, auch die Mitwirkenden auf dem Podium.

Foto: Aleksander Perkovic

Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Alter als Chance - Brauchen wir eine neue Kultur des Alters?“(v.l. Rudolf Herweck, Marlis Bredehorst, Ulla Lessmann, Prof. Thomas Klie, Prof. Max Fuchs, Roswitha Verhülsdonk, Prof. Thomas Olk).

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BAGSO

In den Foren und Workshops der beiden letzten Tage ist von Referenten, Moderatoren und vor allem von den Teilnehmerinnen und BAGSO

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Alter als Chance

TALK in Köln

Teilnehmern vieles, vor allem auch viel Lebenskluges, zusammengetragen worden, was „Alter als Chance“ für die einzelnen beinhaltet. Heute Morgen sind wir hier zusammengekommen, um die vielen Angebote und Gestaltungsmöglichkeiten, die es gibt, unter einem besonderen Gesichtspunkt zu reflektieren. Brauchen wir eine neue Kultur des Alters? Zu diesem Thema wird uns Herr Prof. Klie Impulse geben. Ich begrüße ihn herzlich und danke ihm für seine Bereitschaft, mit uns in diesen – jetzt etwas neuen Denkansatz – der gesellschaftlichen Alterskultur einzusteigen. Kultur des Alters ist schon seit längerem ein Thema, dem sich die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem Institut für Bildung und Kultur (IBK) und den älteren Menschen widmet. Dazu wird uns sicher Frau Staatssekretärin Gierden-Jülich mehr sagen. Ich danke Herrn Ministerialrat Dr. Eppe für seine Anregung, den TALK IN KÖLN unter dieses Thema zu stellen. Ich danke auch im Namen der BAGSO den Podiumsteilnehmern, die sich aus ihren unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen hier äußern werden, was sie unter Kultur des Alters verstehen und was sie bisher in unserer Gesellschaft vermissen, was sich also ändern muss. Frau Ulla Lessmann, Journalistin, hat es übernommen, die Veranstaltung zu moderieren. Ich freue mich, dass sie bereit war, Bekanntes – auch ihr beruflich Bekanntes – unter neuem Gesichtspunkt mit uns zu hinterfragen. Vielen Dank. Ich erhoffe mir von Podium und Teilnehmern am Ende so etwas wie eine Perspektive für eine Gesellschaft des langen Lebens. Welche Rahmenbedingungen brauchen wir, damit die Älteren von heute und morgen ihre Wertvorstellungen leben und weitergeben, ihr Wissen und Können einbringen und ihren Beitrag zum Gemeinwohl leisten können. Wie können wir sicherstellen, dass die älteren Generationen als Träger von Kultur, als Arbeitskraft, als Wirtschaftsfaktor – ich denke an den Verbraucherbereich –, als sozialer Kitt der Gesellschaft anerkannt und respektiert werden. Wie sähe unsere Gesellschaft morgen 258

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aus, wenn die weniger werdenden Jungen und Mittelalten allein für eine erfolgreiche Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens zuständig wären. Frau Lessmann wird Ihnen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Podium vorstellen. Ich begrüße Sie noch mal alle ganz herzlich und bitte Sie, bringen Sie Ihre Sicht, Ihre Erfahrungen und Ihre Meinungen heute hier ein. Denn wir wollen Sie nicht von oben berieseln und belehren, sondern wir wollen Sie einbeziehen in einen munteren Dialog. Danke schön! Ulla Lessmann: Guten Morgen meine Damen und Herren. Das Impulsreferat hält Prof. Thomas Klie, er ist Professor für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften an der Evangelischen Fachhochschule in Freiburg und vor allem ist er – für uns heute wichtig – Präsident der Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie, das ist die DGGG. Prof. Klie, Sie haben das Wort!

3.1.2 Impulsreferat ² Prof. Thomas Klie: Einen schönen guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich darf mich recht herzlich bedanken, auch als Präsident unserer Gesellschaft, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Thema Alter und Älterwerden und demografischer Wandel beschäftigt, hier eingeladen zu sein. Gerne überbringe ich Ihnen die Grüße der DGGG, die sich mit den Phänomenen des Alters und Alterns, aus biologischen, soziologischen, medizinischen und sozialwissenschaftlichen Perspektiven beschäftigt. Wir sind froh über Gelegenheiten des Dialoges mit älteren Menschen. Ich bin eingeladen, unter dem für den Seniorentag gewählten Obertitel „Alter als Chance“ etwas zu einer neuen Kultur des Alters zu sagen, oder wie wir Gerontologen eher sagen würden des „Alterns“, wenn man die individuelle Perspektive vor Augen hat. Wir sind eine alternde Gesellschaft. Der Prozess, dass wir eine andere Gesellschaft werden, als wir bisher waren – durch den demografischen Wandel – hat etwas mit Altern, mit etwas Dynamischem zu tun. ² Bei dem vorliegenden Impulsreferat von Prof. Klie handelt es sich um die Verschriftlichung des Mitschnittes.

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TALK in Köln

Lassen Sie mich zunächst zusammenfassend beginnen mit den Chancen und Herausforderungen, die das Altern individuell und das Altern unserer Gesellschaft mit sich bringen. Die Chancen und Herausforderungen möchte ich auf verschiedenen Ebenen ansiedeln; zunächst einmal auf der Ebene der einzelnen Person. Jeder von uns wird älter und muss die Lebensphase Alter gestalten, auf die er sich selbst wahrscheinlich in dieser Weise in jüngeren Jahren nicht eingestellt hat. Es kommt zwar nicht ganz überraschend, dass man „mit einem mal“ ein Älterer ist, aber dass dies eine Lebensphase ist, die so viele Chancen, aber auch Gestaltungsnotwendigkeiten beinhaltet, darauf sind wir kulturell nicht vorbereitet worden. Wir müssen daran denken, dass viele eine geringere Zeit der Berufstätigkeit in ihrem Leben haben als eine Zeit, den wir „Ruhestand“ nennen. Wir haben die Chance, die Lebensphase Alter zu gestalten. Die jetzt ältere Generation hat die günstigsten materiellen Lebensbedingungen, die wahrscheinlich je eine ältere Generation gehabt hat und haben wird. Die Bedingungen sind interindividuell ungleich verteilt, aber kollektiv betrachtet, stimmt die Aussage. Das Altern und das Alter bergen nicht nur Herausforderungen für den einzelnen, sondern auch für Familie und Freundschaften, die im Alter wichtiger werden, anders wichtig werden im Alter. Gefragt ist die Verbundenheit und Solidarität, gerade dann, wenn es ums Altern geht, mit den verschiedenen Gesichtern, die das Alter kennt. Unter kollektiven Gesichtspunkten ist das Altern zum einen eine Herausforderung für die Kommunen, die sich leider in der Vergangenheit stark aus dem Thema Alter und Altern in seiner Relevanz für Städte und Gemeinden zurückgezogen haben, mit einer einseitigen Fokussierung auf das Thema Pflege und der Verantwortungsübertragung der Fragen für die Pflege auf die Sozialversicherung. Die „Bertelsmann Stiftung“ hat sich dieses Themas noch einmal neu angenommen und zu einer Renaissance kommunaler Verantwortung für die Gestaltung des Alterns geführt. Wir müssen neu lernen, auf der kommunalen Ebene, den sozialen und demografischen Wandel zu gestal260

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ten. Hier in Köln sind wir in einer Stadt, die dieses Thema schon lange zu einem produktiven Thema gemacht hat. Das Altern und das Alter sind aber auch eine Herausforderung für die Gesellschaft insgesamt. Es gilt Potenziale zu fördern und zu nutzen und die Teilhabe älterer Menschen zu sichern, aber auch Teilhabe anderer Menschen durch Ältere zu sichern, die sonst von Exklusion bedroht sein könnten. Es sind noch andere Adressaten der Chancen und Herausforderungen zu nennen, sei es die Wirtschaft oder sei es der Staat, der sich auch neu positionieren muss in dem, was er selber leisten kann und wie er Ältere einbezieht in die Gestaltung öffentlicher Aufgaben. Ich darf jetzt zu der neuen Kultur des Alters – mit einem Fragezeichen versehen – kommen. Kultur, wir verwenden hier entweder einen sehr engen oder einen weiten Begriff. Ich darf ihn einmal verstehen als die gelebten Werte einer Gesellschaft, die sich in Haltungen und in Verhaltenweisen habitualisiert haben oder durchsetzen und verwirklichen. Mir scheint es wichtig, wenn wir die „Kultur“ erst einmal empirisch betrachten, Abschied zu nehmen von Mythen – von Mythen des Alters und der Altersgesellschaft. Ich möchte einige benennen: Mythen z. B., die über den Begriff des Ruhestands transportiert werden. Das Bild des Ruhestandes ist ein völlig unangemessenes Bild für das Alter. Natürlich gibt es eine gewisse Entpflichtung, die auch gesellschaftlich positiv zu bewerten ist. Aber dieser Begriff transportiert falsche Leitbilder, gerontologisch und gesellschaftlich. Wir müssen uns von diesem Bild verabschieden. Bei unseren Befragungen stellen wir fest, dass die älteren Menschen am ehesten die sind, die sagen, sie hätten keine Zeit fürs Engagement. Das betrifft die Altersgruppe 65 plus. Nun sind Sie alle hier und dokumentieren das Gegenteil davon. Aber es gibt sehr viele, die sich eine solche Haltung nicht zu eigen machen. Hier wirkt das Bild des Ruhestandes fort. BAGSO

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TALK in Köln Nun lassen Sie mich zum Schluss ein paar Stichworte nennen als Impulse für unsere Diskussion. Dazu gehören erst einmal einige Stichworte aus der Gerontologie:

Auch das Heim als ein Bild, das uns Heimat sein wird, ist in der Breite nicht tragfähig, auch wenn viele es als letzte Lösung für sich sehen. Es ist gut, dass es sie gibt. Aber sie sind nicht die Perspektive. In den eigenen Vorstellungen vom hohen Alter müssen wir uns, so meine ich, von diesen Mythen verabschieden. Auch von solchen Begriffen wie „Alterslast“. Es gilt Abschied zu nehmen von falschen Leitbildern, z. B. von den Defizitbildern des Alters, dem Disengagement „ich darf mich und soll mich zurückziehen“ und vor allen Dingen von der Haltung, dass Altern Privatsache sei. Dies dokumentiert der Seniorentag in ausgezeichneter Weise: Altern ist ein öffentliches Thema ist. Sie machen das gelingende Altern zu einem öffentlichen Thema.

Zweites Stichwort: Lebenslanges Lernen. Wir müssen Neues mit uns selber, aber auch mit der Technik, mit unseren Mitmenschen und der Umwelt lernen. Diese Grundhaltung ist angemessen: Ich bin nicht fertig mit meinem Leben. Sondern: Ich lerne anderes. Ich lerne vor allem auch, mit Grenzen des Lebens in einer Weise umzugehen, dass es auch für andere hilfreich ist.

Foto: Aleksander Perkovic

Ein weiterer Mythos ist verbunden mit der Familie, auf die ich möglicherweise im Alter zu stark setze. Sie kommt nicht mehr zurück, und sie ist auch nicht mehr in der gleichen Weise leistungsfähig, wie wir es möglicherweise gerne hätten. Obwohl die Familien heute gerade in Pflegekontexten eine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen, die wir geschichtlich so noch niemals erlebt haben. Es wurde noch nie so viel und so lange und so gut in deutschen Familien gepflegt wie heute. Gleichwohl ist ein verklärter Blick auf die Großfamilie ahistorisch: diese Großfamilie gab es nie, und wir müssen uns verabschieden von dem Bild, dass Familien allein die Heimat unseres Alters sind. Nur dann werden sie möglicherweise auch gelingende Familien sein, in der Breite.

Auch bei der Abschlussdiskussion des Deutschen Seniorentages war das Interesse des Publikums groß.

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Die Potenziale des Alterns. Herr Herweck, Sie haben den 5. Altenbericht unter dieses Motto gestellt. Er enthält wichtige Hinweise für die Politik aber auch für die Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit. Wir müssen die Potenziale des Alterns für den Einzelnen, für uns Älterwerdende entdecken und die Potenziale des Alters für unsere Gesellschaft. Da gibt es vielfältige, wenn ich über die Messe SenNova gehe. Was allein dort schon sichtbar wird.

Drittes Stichwort: Kompetenz: Die Kompetenzen des Alters. Haben wir in der Vergangenheit Alter gleichgesetzt mit Defiziten, dem Verlust an Fähigkeiten, körperlicher und geistiger Flexibilität, so ist heute ein differenzierteres, auf die Kompetenzen des Alters hin ausgerichtetes Bild entstanden. Es ist zwar richtig, dass ältere Menschen nicht mehr in der gleichen Schnelligkeit wahrnehmen, lernen, Eindrücke verarbeiten. Die fluide Intelligenz nimmt ab, zu nimmt aber die kristalline. Das Erfahrungswissen macht ältere Menschen sicherer in der Einschätzung von Erlebnissen, von Informationen und Begebenheiten. Eine der zentralen Kompetenzen des Alters liegt in der Fähigkeit, sich und die Welt neu zu sehen, Umdeutung vorzunehmen, nicht mehr am klassischen Schönheitsideal festzuhalten, sondern auch das, was nicht mehr erreichbar ist in mildem Licht zu sehen, andere Werte zu betonen und mit Einschränkungen, auch mit Krankheiten und Verlusten leben zu lernen. Reifung könnte man diesen Prozess auch nennen, wenn ältere Menschen sich mit Grenzen, Abhängigkeiten und neuen Wichtigkeiten in ihrem Leben auseinander setzen. BAGSO

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Und wir wissen darum, dass das Komptenzerleben älterer Menschen ganz stark davon abhängt, wie die Umwelt auf sie reagiert und wie die Umwelt beschaffen ist: Barrieren sie daran hindern, sich frei in der Stadt oder in der Gemeinde zu bewegen oder nicht. In ihrer spezifischen Kompetenz werden ältere Menschen gefragt, in Familien, am Arbeitsplatz, in der Mitte der Gemeinde, des Gemeinwesens. Viertes Stichwort: Gesellschaftliche Mitverantwortung und Gestaltung. Dieses dokumentiert die BAGSO. Wir brauchen das Ehrenamt, die Freiwilligkeit, die Selbsthilfe; das „Bürgerschaftliche Engagement“ kennzeichnet den Gesellschafts- und Wertebezug. Nicht jedes Engagement ist zivilgesellschaftlich orientiert, sondern nur das, das die Gemeinschaft und ihre Werte im Blick hat. Eine Initiative gegen Alte in einer Stadt, die es auch schon gab, gegen die Überalterung ist keine zivilgesellschaftliche Initiative, auch nicht die gegen Ausländer und Migranten. Hier fehlt es an dem Zivilgesellschaftsbezug, der unsere Gesellschaft zusammenhalten kann bei einer Offenheit unserer Werthaltung und religiösen Orientierung. Gerontologisch die gute Nachricht: Das bürgerschaftliche Engagement ist eine Win-Win-Konstellation erster Güte. Sie haben etwas davon, wir haben etwas davon. Nur ist dieses bürgerschaftliche Engagement häufig auch ein bürgerliches, was etwas anderes meint, d.h. nicht jeder findet den Zugang. Hier liegt eine große Gestaltungsaufgabe: Wie gelingt es uns, möglichst viele und unterschiedliche ältere Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhängen zu gewinnen, etwas für sich und die Gesellschaft zu tun, Generationsübergreifende Freiwilligendienste können hier ein Weg sein, andere Formen bürgerschaftlichen Engagements auch. Hier liegt eine typische Win-WinKonstellation: Ältere Menschen, die sich engagieren tun etwas für sich und für die Gesellschaft. Beide Seiten profitieren. Das fünfte Stichwort: Autonomie, die uns wichtig ist, die auch hier immer wieder durchscheint, Empowerment – Begriffe, die hier auf dem Seniorentag auch gefallen sind. Aber bitte die Autonomie in Beziehung setzen zu dem, was wir die bewusst angenommene Abhängigkeit nennen. Wir müssen ein positives Verhältnis in dieser Gesellschaft zu der Notwendigkeit gegenseitiger Sorgsamkeit entwickeln. 264

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Da spreche ich einen Begriff an, der für mich ein Unwort ist, den Begriff des Pflegefalls. Wir sind mit einem Menschen fertig, wenn wir ihn Pflegefall nennen. Dabei ist Pflegebedürftigkeit nichts anderes als eine besondere Ausprägung von Hilfebedürftigkeit infolge von Behinderung. Behinderung kennt immer den Impuls, die soziale Teilhabe zu sichern, wider das Pflegefalldenken. Er reduziert Menschen auf einen Lastaspekt und genau das darf er nicht sein. Wir können von Menschen, die lernen mit Abhängigkeiten, mit Grenzen ihres Lebens und Kompetenzeinbußen umzugehen, sehr viel für unsere eigene Reifung lernen. Das sechste Stichwort: Geteilte Verantwortung. Wir brauchen ein neues Verhältnis von Familie, Freiwilligen, Professionellen und Institutionen. Wenn Menschen im Heim leben, dann brauchen sie gerade die Bürgerinnen und Bürger und ihre Angehörigen. Sie dürfen nicht Fremdkörper sein. Wenn manche Pflegewissenschaftler sagen: „In Heimen können wir Ehrenamtliche nicht gebrauchen“, liegt hier ein tiefes Missverständnis vor, was Heime leisten können und was professionelle Aufgabe ist. Die soziale Teilhabe, die Lebensqualität, die Zugehörigkeit von Menschen in Heimen hängt davon ab, dass wir gesellschaftliche Solidarität gerade dort leben. Wir haben es aus der Hospizbewegung und Palliativ-Care gelernt, und ich würde sagen, es ist vielleicht auch ein Leitsatz für die BAGSO: Ein Heim, das nicht mindestens so viele Freiwillige hat, die das Heim begleiten, wie Hauptamtliche, ist kein gutes Heim. In einem Heim, für das ich mich einsetze, tue ich auch viel für die Lebensqualität dort. So haben wir weniger Anlass zu Skandalmeldungen, weil Menschen sich verantwortlich fühlen als BürgerInnen für die Menschen im Heim und für die dort Tätigen. Das gilt aber auch für den privaten Bereich. Wir können uns nicht vorstellen, und hier sehe ich einen grundlegenden Reformbedarf der Pflegeversicherung, meine Damen und Herren, wir können es uns nicht leisten, all das, was die Familie nicht mehr leisten kann, durch Professionelle zu ersetzen. Das lässt sich nicht nur nicht finanzieren, sondern ist auch eine kulturelle Verlagerung von Aufgaben auf Professionelle und den Markt. Der Markt kann vieles leisten, ProfesBAGSO

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sionelle sind unverzichtbar. Sie dürfen aber nicht die Grundfesten gesellschaftlicher Solidarität in der Leistungsfähigkeit von sozialen Netzwerken in Frage stellen. Sie sind dazu da, die gesellschaftliche Solidarität zu qualifizieren und zu stützen und dort, wo sie nicht verfügbar sind, diese zu kompensieren. Nun ein unbequemes siebtes Stichwort: Generationengerechtigkeit. Meine Studierenden werden kein Pflegegeld mehr bekommen. Das verspreche ich Ihnen. Man kann es sich nicht mehr leisten. Die Renten, so sagt der Kollege Miegel, werden in 15 Jahren für 50 % der Rentner nur noch eine Grundsicherung garantieren. Diese beiden Stichworte zu aktuellen politischen Fragestellungen signalisieren: Wir haben als älter werdende Menschen auch eine Ressourcenverantwortung für nachfolgende Generationen. Das ist unbequem, aber es ist so. Man wird uns danach befragen: „Wie seid ihr eigentlich damals mit der Verantwortung für nachfolgende Generationen umgegangen, als ihr so sicher wusstet, dass der demografische Wandel einsetzt und dass es mit dem Wirtschaftswachstum so nicht weitergeht?“ Wir müssen nachfolgenden Generationen die Entscheidungsoffenheit lassen für die Frage, die Sie hoffentlich demokratisch und nicht „programmiert“ von uns treffen wollen und müssen. Hier liegt für unsere Kultur die Verpflichtung zu einer demütigen Bescheidenheit nachfolgenden Generationen gegenüber. Lassen Sie mich ein letztes Stichwort nennen: Wir müssen Tod und Sterben neu als Teil des Lebens, auch des gemeinschaftlichen Lebens, erkennen und gestalten. Wir haben uns der kulturellen Handlungen entledigt, stehen aber relativ alleine da und sind der Zumutung ausgesetzt, vielfach selber Entscheidungen treffen zu müssen, in einer Frage, die uns so existenziell berührt, dass wir uns dort lieber auch der Verbundenheit anderer anvertrauen möchten oder auch dem Glauben in andere Dimensionen von Vernunft. Wir brauchen eine neue palliative Grundhaltung in der Bevölkerung: Wir sind alle Sterbende, wie es Ellias einmal formulierte. Das Sterben und das Abschied nehmen ist Teil des Lebens. Wir dürfen das Sterben und den Tod nicht an Institutionen delegieren, nicht an Profession. Wir tun gut daran, uns in unserer Gesellschaft, in unserer Kultur in neuer 266

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Weise zu öffnen, die die Aufgabe Sterbenden aber auch Abschiednehmenden beizustehen, sie zu begleiten und Verbundenheit zum Ausdruck bringen. Brauchen wir eine neue Kultur des Alterns? Ja, selbstverständlich. Und vieles von dem leben Sie. Es sind nicht die Gerontologen, die alleine eine neue Kultur des Alterns und der alternden Gesellschaft fordern, sie leben eine neue Kultur, geben Impulse für eine älter werdende Gesellschaft, zeigen Wege auf, wie Leben im Alter gelingen kann, individuell kollektiv. Manches verlangt von uns Neues, auch Unbequemes. Aber nachfolgende Jahrhunderte werden sich für unsere, in diesem Jahrhundert neue Kultur interessieren, es ist wirklich ein hoch interessantes Projekt: Wie gelingt es einer Gesellschaft, den demografischen Wandel kulturell zu verarbeiten? Dafür gibt es, meine Damen und Herren, keine historischen Vorbilder. Das ist die Aufgabe unserer Generationen. Bitte keine zynischen Szenarien und keine selbsternannten Apologeten, die uns mit anekdotischer Evidenz Angst machen vor einer Zukunft, die sicherlich herausfordernd ist, aber vor allem auch gestaltbar. Vielen Dank!

3.1.3 Podiumsdiskussion unter Einbeziehung des Publikums Ulla Lessmann: Herzlichen Dank, Thomas Klie. Ich glaube, das sind eine Menge Impulse, die wir hier auf dem Podium wunderbar diskutieren können. Ich gehe alphabetisch vor. Alphabetisch heißt in diesem Falle mit A wie Anwältin. Ganz links: Dr. Ursula Sottong ist die Anwältin des Publikums³. Rechts von mir Marlis Bredehorst ist Beigeordnete der Stadt Köln für Soziales, Senioren, Wohnen und Beschäftigungsförderung. Prof. Max Fuchs ist Direktor der Akademie Remscheid, Vorsitzender des 3 Beiträge des Publikums werden schriftlich gesammelt und dann – gebündelt nach Themenbereichen – in die

Diskussion eingebracht.

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Deutschen Kulturrates und Vorsitzender des Instituts für Bildung und Kultur (IBK). Dr. Marion Gierden-Jülich ist Staatssekretärin im Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Wolfgang Haehn, ist Vorsitzender des BAGSOFördervereins, er hat auch viele Ehrenämter. Aber eins muss ich nennen, weil das so schön ist. Das ist der Verein „Helfen durch Geben – Der Sack“. Die Kölner kennen das sicher. Rudolf Herweck, ganz rechts, Ministerialdirektor im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, er leitet dort die Abteilung „Ältere Menschen“. Prof. Thomas Klie kennen Sie schon. Thomas Olk ist Professor für Sozialpädagogik und Sozialpolitik im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Halle. Für uns hier wichtig: vor allem ist er Vorsitzender des BBE, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement. Roswitha Verhülsdonk haben Sie schon kennen gelernt, seit 10 Jahren BAGSO-Vorsitzende und davor 22 Jahre Mitglied des Bundestages. Wir wollen in einer ersten Runde fragen, was gibt es, was ist im Moment der Stand der Dinge an Projekten, an Engagement, auch an gelebter Kultur des Alltags? Wo sind die Potenziale, wie werden sie gelebt, wie stellt sich das dar? Alter als Chance – ist eigentlich alles schon prima?

serer Motive, warum der Seniorentag durch Deutschland wandert. Alle drei Jahre an einem anderen Standort. Ich will allerdings nicht verhehlen, dass unsere Verbände uns berichten, dass sie zwar Leute zum Mitmachen gerne gewinnen können, dass es aber hapert und schwierig wird, wenn es um die Frage geht, Führungsaufgaben zu übernehmen. Daher bieten Verbände inzwischen Schulungen, Informationsgespräche und Weiterbildung an. Ich habe den Eindruck, dass gerade die älteren Frauen nicht unbedingt diejenigen sind, die sich sofort alles zutrauen. Männer sind da viel mutiger. Manchmal sind die Frauen sogar viel besser, aber sie trauen es sich erst einmal nicht zu. Wenn sie dann Unterstützung bekommen, geht es auf einmal. Was wir aus den Verbänden immer wieder hören und was die Verbände immer wieder ärgert, ist, dass die Arbeit in den Verbänden in den Medien kaum einen Zugang, kaum eine Spiegelung findet. Ich will nicht einmal den bösen Willen der Journalisten unterstellen, vielleicht ist es auch die Ferne junger Journalisten zum Alter.

Ich wollte mit Ihnen anfangen, Roswitha Verhülsdonk, weil Sie Millionen von engagierten Menschen vertreten. Was würden Sie sagen, wie ist im Moment der Stand aus Sicht der BAGSO? Sie kriegen die „crème de la crème“ der Engagierten mit.

Jedenfalls wird viel Gutes getan und kaum berichtet. Wir selber merken das beim Deutscher Seniorentag. Wenn der Bundespräsident kommt, hier eine großartige Rede hält, noch Bundesminister da sind, dann melden sich 150 Journalisten, lassen sich akkreditieren und sind zumindest beim Auftakt dabei. Ob dann hinterher auch adäquat über das, was hier gestern und heute inhaltlich passiert, berichtet wird, das ist dann wieder ein anderes Thema.

Roswitha Verhülsdonk: Ja, aber nicht nur. Die Deutschen Seniorentage zeigen, dass 50 % der Menschen, die zu uns kommen, nicht organisiert sind, nicht durch ihre Verbände motiviert worden sind. Im Falle Köln hat die Stadt Köln selbst mitgeholfen. Gut, die mögen dann hier vor Ort in Netzwerken arbeiten, dadurch vielleicht interessiert sein. Aber ich habe gestern im Rundgang viele Leute gefragt: „Was hat Sie hierher geführt?“ „Ja, ich habe das irgendwo in der Zeitung gelesen“ oder „Ich habe in der Bank eine Auslage gesehen, und da habe ich gedacht, da gehe ich ‚mal hin“. Das ist übrigens eines un-

Deswegen sage ich, es muss sich das Bild vom Alter deutlich ändern. Es hat begonnen, sich zu ändern seit die Menschen über die Medien informiert worden sind, dass es den demografischen Wandel gibt. Wenig Geburten, viele Menschen mit hohem Lebensalter, ein wachsender Anteil der Alten, seitdem wird darüber diskutiert, dass das Auswirkungen auf alle Felder der Politik hat, und seitdem wird es langsam zu einem Medienthema. Aber da ist noch viel zu machen, und ich denke auch vor Ort, wo die Menschen sich engagieren in den Gemeinden. Ich lobe die Stadt Köln, die viel Gutes macht. Aber ich kenne

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Ulla Lessmann: Danke schön! Ich muss natürlich einen Satz zu den Journalisten sagen: Es gibt auch ältere Journalisten, wie man an mir sieht, und ich berichte natürlich über dieses Thema. Thomas Olk, möchte ich sehr gerne zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement“ fragen. Das sind offensichtlich Menschen, die sich – älter oder auch nicht, das werden wir gleich erfahren – engagieren. Wie sind da Ihre Erfahrungen. Auch z. B. zum Stichwort „späte Kompetenz erwerben“. Prof. Thomas Olk: Im Grunde ist es so, dass das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement nicht nur für eine Gruppe steht, sondern für alle Gruppen in der Gesellschaft, die sich engagieren. Da spielen die Älteren, das freut uns sehr, eine ganz wichtige Rolle. Die Älteren sind die Vorhut der Bürgergesellschaft. Das wissen wir aus dem 2. Freiwilligensurvey, der gezeigt hat, dass die größten Zuwachsraten im Engagement in den letzten fünf Jahren bei den über 55-Jährigen waren. Ulla Lessmann: Entschuldigung, wissen alle, was ein Survey ist? Prof. Thomas Olk: Das ist eine Bevölkerungsbefragung, die bisher zweimal gelaufen ist: 1999 und 2004 und vom Bundesfamilienministerium finanziert wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass die Älteren, d.h. die über 55-Jährigen, zu denen gehören, die sich am meisten engagieren; hier war der größte Zuwachs in den letzten fünf Jahren. Das freut uns, aber das könnten noch viel mehr sein, weil wir auf der anderen Seite auch sehen, dass es Barrieren gibt, Grenzen und Schwierigkeiten. Eine der Schwierigkeiten liegt sicherlich darin, dass älteren Menschen in bestimmten Bereichen der Gesellschaft viel zugetraut wird und die Potenziale erkannt werden, aber in einem wichtigen Bereich ist das noch nicht richtig angekommen. Das ist in der Wirtschaft, wo wir wissen, dass über 55-Jährige bisher immer noch weitgehend als weniger innovativ und weniger produktiv angesehen werden. Das hat auch Auswirkungen auf das Engagement. Viele Menschen, die unfreiwillig 270

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aus dem Berufsleben herausgedrängt wurden, sind natürlich nicht sofort bereit, sich nun fröhlich zu engagieren, nachdem sie erlebt haben, dass sie es nicht wert waren, weiter beschäftigt zu werden. Damit haben wir zu kämpfen. Deswegen ist eine neue Kultur des Alters so wichtig, weil eine neue Kultur des Alters deutlich macht, alte Menschen sind etwas ganz Normales. Das sind Menschen wie du und ich. Wir müssen das Alter normalisieren. Senioren bringen Erfahrungen mit, sie bringen Wissen mit, und man muss auch nicht immer gleich sagen: die müssen wir qualifizieren. Wir müssen erst mal feststellen: sie sind qualifiziert, sie haben Erfahrungswissen, aber sie müssen natürlich auch, wenn sie neue Aufgaben übernehmen, sich wieder daran gewöhnen. Dabei müssen wir sie unterstützen. Also bitte, wenn wir von Qualifizierung sprechen, dann meinen wir eine ganz bestimmte Form der Qualifizierung: Nämlich die Arbeit mit Menschen, die schon qualifiziert sind, die schon sehr viel Erfahrung und Wissen angehäuft haben. Ulla Lessmann: Danke schön! Das war ein ganz wichtiger Aspekt, den sie erwähnten: Wertschätzung, Anerkennung. Ich habe nachgesehen: 40 % aller Betriebe in der Bundesrepublik beschäftigen keinen Menschen über 50. Was heißt das für die Kultur des Arbeitslebens, wenn man solchen Menschen im Arbeitsleben gar nicht mehr begegnet? Was heißt das für die Kollegenschaft, wenn sie gar keine älteren Kollegen mehr kennen? Das IBK und der Deutsche Kulturrat werden sich auch mit dem Thema „Kultur für Alte und Kultur mit Alten“ beschäftigen. Das sind Bereiche, in denen ein Engagement auch stark erforderlich ist. Max Fuchs, bitte schön!

Vertraten die Sicht der Älteren: Prof. Max Fuchs, Roswitha Verhülsdonk, Prof. Thomas Olk.

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auch viele Gemeinden und Kreise, wo die Leute wirklich kaum die mindesten Rahmenbedingungen finden, die ihnen zugute kommen.

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Prof. Max Fuchs: Wenn ich jetzt über Kultur spreche, ist das ein etwas anderer Kulturbegriff als der, den Herr Klie eingangs erwähnt hat. Es gibt etwa 2.000 Kulturen in der Welt und mindestens so viele Kulturbegriffe. Herr Klie hat einen etwas weiteren, der natürlich wichtig ist für die „Kultur des Alters“. Ich spreche jetzt konkret über künstlerische Praxis und das, was man in dieser Hinsicht im Alter tun kann. Das hat natürlich viel mit lebenslangem Lernen und mit Kompetenzen, die man hat und erwerben kann, zu tun. Kultur in diesem engeren Sinne in Form von Theaterspiel, Tanz, Musik, Literatur, ist natürlich eine höchst sinnvolle Beschäftigung. Wir versuchen, so früh wie möglich die Kinder dazu zu bringen damit anzufangen, und es gibt überhaupt keinen Grund, zu irgendeinem Lebensalter damit aufzuhören. Sie haben gestern, vom Freien Werkstatt-Theater unter Dieter Scholz, ein hervorragendes Theaterstück gesehen, also eine Mischung von Eigenaktivität und professioneller Leitung. Man kann hierbei Lebenssinn schöpfen, man kann auch auf die Kultur im weiteren Sinne einwirken, um ein anderes Bild vom Alter in der Gesellschaft herzustellen. Der Deutsche Kulturrat ist der Dachverband aller Kunsteinrichtungen und Kunstorganisationen in Deutschland. Diese setzen sich auch mit dem demografischen Wandel auseinander. Es gibt viele Theater, Museen, Opernhäuser, Kunsteinrichtungen insgesamt, die versuchen, das Publikum, das älter wird, zu treffen. Aber wir haben bemerkt, dass es in den letzten Jahren eine etwas paradoxe Debatte gibt. Vor etwa 10 Jahren haben die Theater und anderen Kultureinrichtungen festgestellt, dass die dominierende Haarfarbe ihres Publikums weiß ist. Im Publikum sind die Jugendlichen nicht repräsentiert. Man hat daher versucht, neue Initiativen zu ergreifen, um Jugend für Kultureinrichtungen zu gewinnen. Im Zuge des Projektes des IBK haben wir jedoch andere Erfahrungen gemacht: In der Tat bilden ältere Menschen bei normalen Kultureinrichtungen den größten Anteil, aber es ist doch nur ein kleiner Ausschnitt unter den Älteren. Das heißt, auch ältere Menschen haben sich darüber beschwert, dass sie nicht hinreichend bedient werden im Hinblick auf inhaltliche Angebote, auf die Organisation der Veranstal272

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tung, dass man sie in Kultureinrichtungen nicht ernst genug nimmt. Das ist eine große Herausforderung für den gesamten Kulturbereich, das Publikum, und zwar das Publikum in der gesamten Breite, ernster zu nehmen als das bisher gelungen ist. Diese Problemanzeige geht schon in den zweiten Teil der Fragerunde über: Was ist zu tun? Die Sensibilität dafür, wofür Kultureinrichtungen eigentlich einen öffentlichen Auftrag haben, ist sehr viel zu vergrößern. Das IBK geht hier mit Unterstützung des Landes NRW gute innovative Wege. Es betreut im Moment ein Projekt, das heißt mehrKultur55plus und versucht, einige gute Prinzipien für eine neue Kulturarbeit zu realisieren. Ich nenne sie ganz kurz: Das erste Prinzip versucht, bestimmte Gruppen zusammenzubringen, die anscheinend zu wenig miteinander sprechen. Das eine sind die älteren Menschen, das zweite sind die Kultureinrichtungen und die dritte Gruppe ist die Kulturwirtschaft. Diese drei Partner sollen in einen, und das ist das zweite Prinzip, Dialog gebracht werden. Das heißt, dass nicht mehr die einen die Angebote produzieren, die die anderen nach dem Motto „friss oder stirb“ konsumieren sollen, sondern es sind Angebote zu entwickeln, die den Interessenslagen der anvisierten Nutzerinnen und Nutzer entsprechen. Das dritte Prinzip lautet Dezentralität. Das bedeutet: Die Strukturen im Kulturbereich sind in einer Großstadt wie Köln natürlich völlig andere, als wenn Sie auf das platte Land gehen. Hierfür irgendwelche Konzepte zu entwickeln, von denen man annimmt, sie funktionieren sowohl in der Metropole als auch auf dem Land, ist völlig irrig. Richtig ist also, lokal oder bestenfalls regional zu schauen, was es an Strukturen von Kirchen über Volkshochschule, über andere Einrichtungen, auch Einrichtungen der Zivilgesellschaft, gibt. Dort zu schauen, welches sind die Konzepte, mit denen zusammen mit den älteren Menschen vernünftige Konzepte entwickelt werden, die auch den Bedürfnissen und den Möglichkeiten dort entsprechen. Das Ganze soll zudem in einer europäischen Dimension gesehen werden. BAGSO

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Ulla Lessmann: Vielen Dank! Herr Haehn, Sie sind als Vorsitzender des Fördervereins für die BAGSO der Prototyp eines engagierten Bürgers. Wie ist Ihre Erfahrung mit Gleichgesinnten? Müssen Potenziale geweckt werden, Kompetenzen dazu erworben werden? Wie ist Ihre Erfahrung, brauchen wir, brauchen Sie eine neue Kultur des Alters oder sagen Sie: „Was ich da vorfinde ist Klasse“? Wolfgang Haehn: Also, ich weiß nicht, ob man eine neue Kultur des Alters braucht. Das würde bedeuten, dass die gesamte Vergangenheit keine Kultur gehabt hat. Ich glaube aber, die Vergangenheit hat eine Kultur gehabt, und meine Aufgabe in der BAGSO ist auch damit verbunden, Sponsoren, die Industrie, Partner zu finden, die sich an dem Thema mit beteiligen. Wenn ich als Unternehmer hier in Köln tätig bin, dann gehöre ich auch schon zu denen, die entlassen wurden – ich bin auch schon über 50 und damit bin ich schon gar nicht mehr so aktiv. So hat ein bestimmter Autohersteller hier in Köln schon in den 70er Jahren versucht, durch „early retirement“, also durch Frühpensionierung, den Bestand seiner Mitarbeiter zu verjüngen. Das hat dann dazu geführt, dass, als die „early-retirement-Menschen“ weg waren, man nach ein, zwei Jahren genau diesen Menschen Verträge gegeben hat, damit sie die übrig Gebliebenen wieder beraten. Wenn man einen solchen Weg geht, dann ist das meiner Meinung nach wirtschaftlicher Nonsense. Auf der anderen Seite bin ich fest davon überzeugt, dass der 8. Deutsche Seniorentag meiner Meinung nach, Frau Verhülsdonk, für die Wirtschaft sehr viele neue Impulse gesetzt hat. Gestern Abend hatte man hier Vorstandsvorsitzende, die gesagt haben: „Wir haben jetzt erlebt, dass sich die Alten für unsere Produkte interessieren“. Es ist erstaunlich, dass ein Vorstandsvorsitzender herkommen muss, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Ich glaube, die Wirtschaft wäre sehr gut beraten, wenn sie sich nach zwei Einschnitten wieder auf die Kunden besinnt. Es gibt junge Kunden, es gibt mittlere Kunden, es gibt alte Kunden. Erlauben Sie mir bitte, das zu sagen: Es gibt auch uralte Kunden. Die sind auch interessant, weil sie Produkte kaufen, brauchen, machen, tun. Sie sind eine ganz kaufkräftige Gruppe. Es ist dann die Frage: Neues Auto oder neue Küche? Diesen Wettbewerb 274

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möchte ich ihnen nicht abnehmen, aber ich weiß, dass sie konsumfreudig sind, und die Industrie wäre blöd, wenn sie das nicht begreift. Ulla Lessmann: Vielen Dank! Ich würde gerne noch die Politik einbeziehen und danach, müssen wir uns den Fragen der Anwältin des Publikums zuwenden. Marlis Bredehorst, ich beginne in der Kommune. Also die Stadt Köln ist jetzt mehrfach lobend erwähnt worden. Sagen Sie mal, ist das hier wirklich toll? Marlis Bredehorst: Ja, selbstverständlich. Das ist gar keine Frage. Aber es ist natürlich noch viel zu verbessern. Ich würde gern noch einmal anknüpfen an das, was Herr Klie gesagt hat – die Mythen des Alters. Wir haben uns sehr gefreut, dass der Seniorentag nach Köln kommt. Das gibt auch unendliche Impulse für die Seniorenpolitik in Köln. Die Stadt hat gemeinsam mit der Universität und der Rundschau Altenhilfe dies gleich zum Anlass genommen, um das ganze Jahr 2006 zum Jahr der Senioren in Köln zu machen, trotz Fußballweltmeisterschaft. Wir versuchen, die Diskussion in der Bevölkerung anzuregen, und zwar genau nicht in der schon etwas älteren Bevölkerung, sondern in der gesamten Bevölkerung, um über das Altern zu reden. Dabei haben wir festgestellt, dass ganz große, diffuse Ängste bestehen, dass sich fast jeder betroffen fühlt, – nicht vor dem jungen Altsein, vor dem aktiven Altsein – das finden alle toll, aber sie haben Angst, dass es irgendwann abbricht, wenn man nämlich körperlich eingeschränkt wird. Ich wünsche mir, dass für eine Kultur, eine neue Kultur des Alterns, mit einbezogen wird, dass es nicht nur aktive, fröhliche, vor Kraft strotzende Menschen gibt, die alt sind und jetzt in ihrem Ruhestand etwas anderes machen, sondern ich wünsche mir eine Gesellschaft, die auch damit umgehen kann, dass körperliche Gebrechen da sind. Das ist jedoch überhaupt kein Grund ist, dass man dann einpackt und nichts mehr macht. Sie fragen mich aber als kommunale Vertreterin, was haben wir mit der Kultur des Alterns zu tun? Ich denke, die Kommune – wie wahrscheinlich insgesamt der Staat – ist verpflichtet, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Da sind wir in Köln, ein bisschen weiter, aber sicherlich nicht weit genug. Zu den Rahmenbedingungen will ich BAGSO

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drei Punkte sagen, die mir ganz besonders wichtig sind: Der erste mir absolut wichtigste Punkt ist, dass wir eine politische Teilhabe der Seniorinnen und Senioren realisieren und dieses nicht nur in Form von belanglosen Beiräten, sondern möglichst verbindlich, möglichst mit Macht ausgestattet. Wir haben in Köln schon seit 30 Jahren, – da bin ich auch ganz stolz drauf , so lange bin ich hier noch nicht Dezernentin –, eine in Urwahl gewählte Seniorenvertretung, nicht nur auf Stadtebene, sondern auch auf Bezirksebene. Was mir aber besonders wichtig ist: Wir haben zwar stadtrechtlich versucht, die Senioren als beratende Mitglieder in alle relevanten Ratsausschüsse hineinzubekommen, aber ich wünsche mir manchmal, dass die Seniorenvertreter mit ihren Anliegen ernster genommen werden. Je stärker sie sagen, wir wollen gehört werden und wollen auch, dass unsere Anliegen ernst genommen werden, desto mehr muss die Politik hören. In Bezug auf Senioren ist die Politik relativ einig, auch parteiübergreifend: Man will für die Senioren da sein, tut aber meistens nichts. Wenn man dieses stark genug einfordert, dann geht das. Ich will aber noch zwei weitere Punkte nennen, die für mich die nötigen Rahmenbedingungen sind. Das ist nun schon die obere Politikklasse der politischen Teilhabe. Diese Klasse hat es geschafft, – wir haben auch eine Stadtarbeitsgemeinschaft Seniorenpolitik, in der die Wohlfahrtsverbände, die Verwaltung, die Politik drin sind – mit dem gemeinsamen Ziel, einen Plan für ein altengerechtes Köln zu schaffen. Darüber hinaus versuchen wir, Seniorennetzwerke in den verschiedensten Stadtteilen zu bilden, das ist eigentlich gar nicht so teuer für die Stadt. Eine halbe Kraft soll es schaffen, das, was schon an Seniorenaktivitäten in den Stadtteilen vorhanden ist, aber auch noch weiter gemacht werden könnte, zu organisieren und Menschen, die schon älter sind, die aktiv werden wollen, zu gewinnen. Das ist der absolute Renner in unserer Stadt, und wir haben jetzt beschlossen, dass sämtliche Altenclubs und sämtliche Altentagesstätten dahingehend umfunktioniert werden, dass sie solche Seniorennetzwerke aufbauen. Damit haben wir einen ganz großen Beitrag zum bürgerschaftlichen Engagement geschaffen. 276

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Ulla Lessmann: Ja, wunderbar! Marion Gierden-Jülich, Sie vertreten diesen ganzen Bereich auf der Landesebene. Was gibt es für Projekte? Ich habe gelesen, dass insgesamt 600 Projekte Jung und Alt vom Land gefördert wurden. Erzählen Sie bitte! Dr. Marion Gierden-Jülich: Ja, das tue ich gerne. Eine neue Kultur des Alterns beinhaltet für uns auch politische Konzepte für eine ältere Generation in ihrer gesamten Differenziertheit. Mir ist als Aspekt wichtig, dass wir auch die hochbetagten Menschen mitnehmen, und nicht nur die dynamischen, aktiven und kompetenten Alten sehen. Und wir müssen die Alten nicht nur als in sich geschlossene Gruppe sehen, sondern auch als Gruppe, die sich den jungen Menschen, die immer weniger werden in unserem Land, öffnet. Wir müssen Dialoge initiieren – die Familien werden kleiner und Familienstrukturen ändern sich, deswegen findet dieser Generationendialog in den Familien oft nicht mehr statt. Wir tun dies mit Inanspruchnahme eines Bundesprojektes „Erfahrungswissen für Initiativen“, indem wir Seniorexperten fortbilden (120 an der Zahl werden es sein) und zwar auch im Rahmen eines generationsübergreifenden Ansatzes. Ein zweiter Punkt ist, dass die Anforderungen an eine altersgerechte Infrastruktur sich geändert haben. Es geht eben nicht nur um Begegnungen bei Kaffee und Kuchen. Es geht um Dienstleistung, es geht um Service. Hier setzen wir an mit Qualifizierungsangeboten für ältere Menschen. Aber, wie Frau Verhülsdonk schon angesprochen hat, wenn es dann um die Führungsposition geht, schrecken insbesondere Frauen zurück. Hier wollen wir unterstützend tätig werden. Schließlich möchten wir alte Menschen und ältere Menschen als Konsumentengruppe stärker in den Vordergrund rücken. Das tun wir mit der Initiative „Seniorenwirtschaft“, die in Nordrhein-Westfalen auch schon sichtbare Ergebnisse tätigt. Herr Laschet hat es in seiner Rede plastisch gesagt: Früher hat sich kein Mensch mit 65 mehr Gedanken über eine neue Küche oder ein neues Auto gemacht. Heute tun das die Menschen und kaufen sich auch mit 70 noch neue Küchen. Also – hier ist ein verändertes Konsumverhalten mit einer veränderten Lebenseinstellung verbunden, nämlich mit einer perspektivischen EinBAGSO

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stellung. Da gebe ich Herrn Haehn Recht: Wenn die Wirtschaft nicht begreift, was ihr hier an möglichen Umsatzsteigerungen verloren geht, dann ist sie tatsächlich selber schuld. Letzte Anmerkung aus Sicht der Gesellschaftspolitik – den Arbeitsmarkt müssten wir gesondert anschauen – ist für uns, dass wir uns einer zunehmend größer werdenden Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund öffnen müssen. Die Zuwanderer sind damals hergekommen, um nach Beendigung ihres Arbeitslebens in ihre Heimatländer zurückzukehren – viele sind aber nicht zurückgegangen. Hier haben wir tatsächlich noch die größten Defizite. Dabei geht es auch darum, ihre Kultur zu respektieren, und entsprechende Angebote und auch Dialoge zu initiieren. Ulla Lessmann: Ja, vielen Dank! Rudolf Herweck, Sie sind – last but not least – auf der Bundesebene zuständig für ältere Menschen. Da gibt es auch eine Vielzahl Projekte. Vielleicht können Sie ein, zwei kurz skizzieren und vorstellen? Rudolf Herweck: Gerne! Vielleicht kann ich eine kurze Vorbemerkung zum demografischen Wandel und den Herausforderungen machen. Es werden immer weniger Junge immer mehr Älteren gegenüberstehen und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben werden von einer geringeren und im Durchschnitt älteren Bevölkerung bewältigt werden müssen. Das führt zu diesem Belastungsdiskurs, der immer nur im Blick hat, welche Schwierigkeiten kommen auf die Sozialversicherung zu. Entscheidend ist, dass wir von diesem Belastungsdiskurs wegkommen, dass wir die Potenziale des Alters sehen und dass wir die Chancen sehen, diesen Wandel zu gestalten. Das hat viel mit dem Altersbild zu tun. Das hat viel damit zu tun, dass es uns gelingt, dieses Altersbild so zu gestalten, dass es ein vernünftiges angemessenes Fremdbild des Alters gibt, aber auch ein vernünftiges Eigenbild. Ich denke, dann wird sich einiges von selber regeln. Wir denken, dass es in diesem Zusammenhang ganz wichtig ist, Ältere und Jüngere zusammenzubringen. Deshalb auch das Projekt Mehrgenerationenhäuser, bei dem wir wollen, dass Jung und Alt sich treffen, und dort gewissermaßen eine Art Austauschbörse, 278

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eine Art Austauschagentur entsteht. Die Aufgaben, die der Staat nicht übernehmen will und kann, sollen dort geleistet werden können. Wir haben, wenn wir die Potenziale des Alters betrachten, die Situation, dass sie nicht genutzt werden, dass sie gewissermaßen verschleudert werden. Es ist schon gesagt worden, 41 % der Älteren zwischen 55 und 64 sind nicht mehr erwerbstätig. Wir haben jetzt angestoßen die „Initiative: Erfahrung ist Zukunft“, bei der wir mit der Wirtschaft, mit den Arbeitgebern zusammen eine Plattform bilden und erreichen wollen, dass wieder mehr ältere Menschen erwerbstätig bleiben. Dazu braucht es natürlich einige Voraussetzungen. Es müssen Arbeitsplätze so gestaltet sein, dass man dort gesund alt werden kann. Es müssen Arbeitsplätze so gestaltet sein, dass sie lernförderlich sind, dass man also immer mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten à jour bleiben kann, und es muss auch eine entsprechende Personalpolitik betrieben werden. Da sind andere Länder Vorbild, da müssen wir hingucken. Die Finnen haben 50 % Erwerbstätigkeit in diesem Kreis, die Schweden fast 70 %. Die Europäische Union hat uns vorgegeben, bis 2010 auch bei 50 % zu landen. Da müssen wir mit der Wirtschaft agieren. Die Situation ist jedoch so: Die Bundesverbände haben es kapiert. Haben auch kapiert, dass es eine Frage des Standorts ist, dass es ein Standortvorteil ist, wenn man das Erfahrungswissen Älterer mit einbezieht. Das muss jetzt noch auf die Ebene der Unternehmer kommen. Ein zweites Projekt ist hier schon genannt worden: „Erfahrungswissen für Initiativen“. Die Leute leben in der Gemeinde, und die Gemeinde muss die Strukturen vorhalten. Aber wir mischen uns natürlich ein, geben Anregungen, entwickeln Modelle. Wir haben mit „Erfahrungswissen für Initiativen“ ein sehr erfolgreiches Modell gestartet. Wir haben ältere Leute, die Interesse haben, als Multiplikatoren fortgebildet. Wir haben ihnen Hilfestellung dazu gegeben, wie man mit anderen Generationen zusammenarbeiten kann. 1.000 Multiplikatoren, die wir Seniortrainer oder -trainerinnen nennen, wurden fortgebildet, die inzwischen an die 3.000 Projekte angeleiert, angeleitet, beraten haben. Das ist ein wahnsinniger Erfolg, und da kann man sehen, welche Potenziale im Alter stecken. Ich denke, wenn man das so betrachtet, kann man ganz optimistisch sein, was die Zukunft anbelangt. BAGSO

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ment. Die Frage ist: Wo bleiben diese Menschen, wie werden sie einbezogen? Wie werden Menschen, auch Einsame in die Arbeit (auch die ehrenamtliche) hineingeholt, die eben nicht stets von allen finanziell selbst getragen werden kann?

Den gesellschaftlichen Blickwinkel brachten Rudolf Herweck und Marlis Bredehorst in die Diskussion ein.

Ulla Lessmann: Ja, genau, danke schön Herr Herweck! Jetzt wollen wir wissen, welche Potenziale in diesem Publikum stecken. Ursula Sottong, Sie haben sehr eifrig gesammelt, und ich nehme an zusammengefasst. Welche Fragen gibt es? Dr. Ursula Sottong: Ich habe einmal versucht die Anmerkungen und Anfragen zu sortieren. Zunächst für alle, die ihre Karten abgegeben haben. Wir werden alle Anmerkungen und konkreten Fragen erfassen und allen Podiumsteilnehmern zukommen lassen, so dass ganz konkrete Wünsche oder Kooperationsangebote bei den Adressaten landen. Nicht dass Sie denken, Sie würden mit einer einzigen Anwältin schlecht vertreten werden. Nun als erstes: Es gibt ein unwiderstehliches Angebot an Prof. Klie. Es hat sich gezeigt, dass eine Gruppe heute Morgen noch gar nicht zum Zuge gekommen ist: Die Gruppe der sog. Vorruheständler, die schon sehr früh mit großer Kompetenz aus dem Berufsleben ausscheidet. Im Grunde genommen besteht ein hoher Bedarf oder auch der Wunsch, dass diese Vorruhestandsinitiativen mehr in die konkrete Arbeit einbezogen werden. Ich denke, dass wir die Adresse an Prof. Klie, den es dann betrifft, weitergeben werden. Ein Aspekt, der ganz stark gekommen ist, betrifft die finanzielle Situation von Menschen im Alter. Es gibt eine Gruppe, die wirtschaftlich gut gesettlet ist, aber es gibt auch eine Gruppe, die sich wirtschaftlich vieles nicht erlauben kann, auch nicht das ehrenamtliche Engage280

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Es geht also um die Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit, damit am Ende als Anerkennung nicht nur das Bundesverdienstkreuz steht, sondern auch die Möglichkeit, dass, wenn man schon aktiv wird, man nicht noch das Geld dafür komplett mitbringen muss. Die zweite Frage zielt in Richtung Generationengerechtigkeit. Wenn wir jetzt schon wissen, dass in einigen Jahren für die nächste Generation nichts übrig bleibt – wie wollen wir da noch Solidarkonzepte vermitteln? Also: für die Renten einzahlen und hinterher keine zu bekommen: Pflegeversicherung einzahlen und hinterher doch nicht das Geld für die eigene Pflege zu haben. Dann dreht sich ein großer Fragenkreis um den Begriff „Was verstehen wir unter Alter?“. Es gibt hier einen wunderbaren Vorschlag: Wir sollten nicht über Alter oder Altern, sondern über Erfahrung reden. Es geht eben auch darum, wie wir überhaupt erreichen können, dass Alter nicht nur defizitorientiert gesehen wird? Was können wir tun – nicht nur in den Medien, – um von der Vorstellung wegzukommen, dass am Ende alle Alten demenzkrank sind? Wie kann man bei Hauptamtlichen, nicht nur bei Ehrenamtlichen, das Bild des alternden Menschen verändern? Es gibt eine Reihe von ganz konkreten Fragen: • Wenn es um neue Partnerschaftsformen im Alter geht, gibt es dazu Untersuchungen, wie viele es davon gibt und welche Akzeptanz sie bei den verschiedenen Altersgruppen finden? • Was muss man wirklich konkret auf kommunaler Ebene tun? Wo müssen die Schwerpunkte liegen, um antizipierend dem demografischen Wandel zu begegnen? • Was heißt „neue Kultur“? Frau Gierden-Jülich hat gerade von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen. In Köln haben wir 16 %. Was bedeutet für diese Menschen „eine neue Kultur des Alters“? BAGSO

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• Wie kann man Senioren an das Tempo anpassen, das heute von allen auch am Arbeitsplatz und von der Wirtschaft erwartet wird? Oder muss nicht umgekehrt auch eine Anpassung der Systeme an die Möglichkeiten von Menschen, die älter werden, stattfinden? • Können die Begriffe „Potenziale“ und „Ressourcen“ präzisiert werden? • Wie kann es gelingen, dass auch auf der Bundesebene Initiativen der Alterskulturförderung mehr unterstützt werden? Ja und dann gibt es noch ein Ärgernis, das allerdings nicht durch das Podium hervorgerufen wurde. Es ärgert sich jemand energisch über das Wort „Residenz“. Es gibt keine Altersheime mehr, sondern nur noch Residenzen. Ulla Lessmann: Die Fragen betreffen den ganzen Komplex des Lebens jenseits der 50. Die erste Frage ging direkt an Thomas Klie: „Menschen im Vorruhestand“. Prof. Thomas Klie: Das Älterwerden ist ein Prozess, auf den man sich gar nicht früh genug einstellen kann. In der Gerontologie sagen wir, wer nicht Mitte 40 anfängt, sich auf das Leben im Alter einzustellen, – sozial, gesundheitlich, mental und auch in gewisser Weise auch spirituell –, der wird im Alter versagen. Insofern ist es ganz, ganz wichtig, nicht nur für die Vorruheständler, sondern überhaupt, sich ab 50 oder Mitte 40 damit vertraut zu machen, dass unser Leben ein anderes sein wird. Wenn wir uns die Retirement-Village-Bewegung in Australien oder in den USA ansehen, dann sprechen die genau auf die an, die jetzt mit 55 möglicherweise eine Veränderung ihrer Lebensplanung vornehmen und mit einer Attraktivitätssteigerung ihr Leben neu in Angriff nehmen wollen. Eines, was Thomas Olk angesprochen hat, scheint mir wichtig zu sein: Wir haben diesen ungünstigen Begriff des „Ruhestandes“ – und im „Vorruhestand“ ist das auch schon drin. Das ist völlig falsch, es ist kein „Vorruhestand“, es ist programmatisch völlig idiotisch, diesen Begriff zu verwenden. Da ist aber auch viel in der Politik falsch gemacht worden. Nicht nur in der Wirtschaft, auch in 282

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der Politik. Wir haben festzustellen, dass mit dem Eintritt in das Pensionsalter, in das Rentenalter, die Engagementquote deutlich absinkt. Dass die Älteren jetzt zu der größten Gruppe der neu gewonnenen und motivierten bürgerschaftlich Engagierten gehören, stimmt auch nur, wenn Sie sich die 55 plus angucken. Es stimmt nicht mehr bei 65. Da haben wir eine Stagnation. Insofern ist es wichtig, gerade diese Engagementdimension auf die Jüngeren zu beziehen, aber bitte auch auf die Älteren, weil offenbar immer noch fortwirkt, dass mit dem so genannten Ruhestand auch die Entpflichtung im Engagementfeld verbunden ist. Ulla Lessmann: Nächstes Stichwort: Engagementmöglichkeiten für die, die kein Geld haben. Für Ärmere, Rentnerinnen und Rentner. Das trifft erst einmal ganz konkret auf der kommunalen Ebene zu. Danach würde ich gerne die Frage an die BAGSO richten: „Ich kann mir das gar nicht leisten. Mit einem Orden, kann ich nix mit anfangen“. Marlis Bredehorst: Ja, ich finde es ganz wichtig, dass die Stadt die Rahmenbedingungen schafft, wenn wir bürgerschaftliches Engagement einfordern. Auch, wenn wir zur Aktivierung der Seniorinnen und Senioren kommen, müssen wir genügend Rahmenbedingungen schaffen. Ehrenamt ist nicht umsonst, sondern zumindest die Koordination, kleine Sachmittel sind nötig. Das ist Verpflichtung der Stadt. Wir machen es z. B. so, dass wir immer mehr dazu übergehen – wir sind unter der Finanzknute, wir haben kein Geld –, dass wir die Zuwendungen, die freie Träger bekommen, immer mehr darauf abstellen, dass wir die Träger daran messen, wie viel ehrenamtliches Engagement sie in ihre Arbeit einbeziehen. Wir versuchen auch neue Projekte zu fördern, bei denen wir eine dreifache Win-Situation sehen, dass wir z. B. Jugendliche, die in den Beruf gehen verbinden mit erfahrenen Alten, die ihnen dabei helfen können, die dann gleichzeitig auch eine Aufgabe bekommen. Dieses tun wir natürlich auch, weil wie wissen, die Koordination und bestimmte Hilfestellungen kosten Geld. Zwar wenig Geld, aber dieses Geld muss auch bezahlt werden. BAGSO

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Ulla Lessmann: Danke schön! Roswitha Verhülsdonk, braucht man Geld, wenn man in einer Organisation der BAGSO sich ehrenamtlich engagieren will? Roswitha Verhülsdonk: Ja gut. Die Verbände brauchen Mittel, wenn sie die Leute weiterbilden wollen, wenn sie ihnen die Möglichkeit geben, dass sie an Schulungen teilnehmen, damit sie hoch erhobenen Hauptes das tun, was sie dann wirklich tun. Ich denke, da ist auch ein Stück weit die kommunale Ebene in der Pflicht. Köln ist da ein Vorbild. Ich habe mich in meiner Stadt mit Kommunalpolitikern über diese Frage auseinandergesetzt, und die haben gesagt: „Das bisschen Geld, was wir haben, das brauchen wir für die Jugend, und für die Alten haben wir kein Geld“. Dann habe ich denen gesagt: „Jetzt rechnet mal nicht haushaltsrechtlich, rechnet mal volkswirtschaftlich. Wenn Ihr Euch nämlich überlegt, was an Humanität in der Gesellschaft, an Vernetzung von Menschlichkeit alles möglich ist, wenn man älteren Menschen hilft sich einzusetzen – das ist zwar nicht sofort in barem Geld aufzurechnen, aber es bringt eine ganze Menge.“ Da fängt langsam das Nachdenken an. Wir haben uns als BAGSO wirklich den Mund fusselig geredet, wie man im Rheinland sagt, gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden. Die haben uns nicht zugehört. Es wurde von Ihnen, Herr Prof. Klie, gesagt, seit die „Bertelsmann Stiftung“ mit ihrer Kompetenz und ihrer Vernetzung das zum Thema gemacht hat, hat sich das deutlich verbessert. Ja, ich denke, man muss auch darüber nachdenken, wie man Ressourcen, die vorhanden sind, besser nutzt. Es kann nicht jeder Verband anfangen, eigene Bildungsarbeit zu machen. Da gibt es Volkshochschulen, da gibt es alle möglichen Bildungsträger. Da brauchen wir auch Vernetzung. Ulla Lessmann: Ich glaube, es geht auch ein bisschen um niedrig schwellige Angebote. Man muss kapieren, ich selber brauche nur meine Persönlichkeit und meine Erfahrung und meine Empathie, aber ich muss nicht noch etwas mitbringen. 284

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Herr Fuchs und Herr Olk wollen sich kurz dazu äußern, weil sie auch die Ehrenamtler vertreten. Prof. Max Fuchs: Ja, ich habe mich an der Stelle zu Wort gemeldet, als Frau Verhülsdonk darauf hingewiesen hat, das ganze Geld geht jetzt in die Jugend, und nicht ins Alter. Davor muss man wirklich ausdrücklich warnen, dass jetzt plötzlich falsche Konkurrenzen in der Gesellschaft entstehen und eine Altersgruppe gegen die andere ausgespielt wird. Wenn Sie sich die Jugendpolitik anschauen, ist die auch nicht sonderlich gut ausgestattet. Es ist jetzt wieder eine neue Pisa-Studie veröffentlicht worden. Das hat natürlich damit zu tun, dass Deutschland Schlusslicht in der Bildungsfinanzierung ist. Es geht eher darum, dass bestimmte Bereiche, zu denen sowohl Alter als auch Jugend gehören, vernachlässigt werden zu Lasten von anderen. An der Stelle müssen Jugend- und Altenpolitik am selben Strang ziehen. Sie müssen auch am selben Strang ziehen, wo es um die Mythen geht. Es wurde soeben von den Mythen des Alters gesprochen, es gibt auch Mythen der Jugend. Wie kommen denn Jugendliche in die Medien? Wenn sie in die Medien kommen, dann nur als randalierende Jugendliche, als defizitäre Jugendliche, als Jugendliche, die mal wieder einen Pisa-Test nicht ordentlich bestanden haben. Das heißt also, wenn man an Bildern arbeitet von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, sind die Mechanismen, die dahinter stecken, um Mythen zu produzieren, absolut dieselben. Es geht nicht bloß darum, jetzt ein neues Bild oder auch eine neue Kultur des Alterns in die Gesellschaft zu implantieren. Dasselbe muss für die anderen Generationen getan werden. Die Bilder von Jugend und von Alter hängen genau so miteinander zusammen wie Jugend und Alter miteinander zusammenhängen. Das heißt, wir müssen das Ganze auch ein bisschen komplexer angehen. Denn wenn Alter neu definiert wird, wird automatisch auch Jugend neu definiert. Es ist natürlich legitim, bei einem solchen Fachkongress das Alter in den Mittelpunkt zu setzen. Aber was gesamtgesellschaftlich notwendig ist, ist nicht bloß finanziell die Konkurrenz zu vermeiden, sondern auch das Ringen um adäquate Bilder gemeinsam zu führen. BAGSO

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Prof. Thomas Olk: Ich möchte erst einmal zu der anderen Diskussion kurz Stellung nehmen. Ich bin selber in dem Ehrenamtsthema schon seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre unterwegs. Damals war es noch nicht legitim oder nicht fein, beim Thema Ehrenamt über Geld zu sprechen. Da sind wir heute schon einen Schritt weiter. Aber das war damals völlig tabu. Auch in der BAGSO, ich erinnere mich an einen großen Kongress in Bonn, war das ein wichtiges Thema: Geld und Ehrenamt. Wir haben gesehen, dass wir das enttabuisieren mussten. Wer sich freiwillig und unentgeltlich engagiert, braucht Kostenersatz, möglicherweise Unkostenersatz. Es ist allerdings auch so, dass manche Gruppen, die das tun, traditionelle Ehrenamtliche, die auch aus besser gestellten Kreisen kamen, auf die Angebote des Unkostensatzes so reagieren, dass sie gesagt haben: „Wir nehmen das Geld nicht. Wir kaufen die Blumen für den Krankenhausbesuch selber“. Aber die anderen sollen die Möglichkeit haben. Denn Sie müssen sehen, dass viele, die sich engagieren, sehr viel Fahrtkosten sehr viele Telefonkosten investieren, aber auch kleine Geschenke bei Besuchsdiensten. Also das ist der erste Punkt. Wir müssen das enttabuisieren, aber wir müssen auch sehen, dass leider in den Bereichen, wo Ältere sich in Kleininitiativen selbst organisieren – das ist in zunehmendem Maße der Fall –, also Organisationen, Vereinigungen, die nie so viel Geld haben, dass sie diesen Unkostenersatz leisten können, während die großen Organisationen sich längst darauf eingestellt haben. Da müssen wir noch einmal überlegen, wie wir da besser herankommen. Was wir im Moment erleben ist doch eine zwiespältige Debatte. Auf der einen Seite feiern wir die vielen engagierten Menschen, und das sind nicht nur die Älteren, und auf der anderen Seite gehen wir hin 286

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und kürzen gnadenlos auf kommunaler Ebene die Finanzen für die Infrastruktur. Warum? Die Kommunen machen das nicht gerne. Das liegt daran, dass die kommunale Ebene letztlich finanziell ausgezehrt wird und schon lange ihren verfassungsgemäßen Auftrag nicht mehr erfüllen kann, die Infrastruktur für die Daseinsvorsorge zu gestalten. Diese Infrastruktur für die Daseinsvorsorge besteht nicht darin, dass man die Leute umsorgt und ihnen nur Angebote macht, sondern dass man Rahmenbedingungen dafür schafft, dass sie sich selber aktivieren. Genau in diese Richtung brauchen wir mehr Ressourcen.

Foto: Aleksander Perkovic

Ulla Lessmann: Vielen Dank! Thomas Olk wollte ich noch mal kurz zum Thema „Schwelle zum Ehrenamt“ befragen. Vielleicht können sie gleich die Frage nach der Präzisierung der Begriffe „Ressourcen und Potenziale“ beantworten.

Auch Jüngere verfolgten den TALK in KÖLN gespannt.

Ulla Lessmann: Können Sie uns bitte ganz kurz verständlich erläutern: Was heißt Ressource, was heißt Potenzial? Prof. Thomas Olk: Wir sprechen gerne von Ressourcen, vor allem wenn wir sie nicht haben. Die älteren Menschen sind insofern eine ganz wichtige gesellschaftliche Ressource, jetzt nehme ich den Begriff einmal, weil sie eine Menge Zeit haben – scheinbar, vermeintlich. Wenn man Sie allerdings fragt, sagen sie: „Wir haben so viel zu tun. Wir haben überhaupt gar keine Zeit“. Aber Zeit wird dort vermutet, Zeit, und dann auch durchaus Geld. BAGSO

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Wir wissen, dass ein Teil der älteren Menschen über erhebliche Rücklagen und Vermögen verfügen, die sie übrigens sehr stark auch zurückgeben an ihre Familienangehörigen. Es gibt einen großen Austausch zwischen den Generationen in der Familie. Das wissen Sie selber am besten. Das heißt, was Sie alles Ihren Enkeln oder Ihrer nachfolgenden Generation zukommen lassen, das wissen Sie viel besser als wir. Aber darüber gibt es auch Studien, die das sehr schön zeigen. Drittens natürlich Erfahrung und Wissen. Das sind diese Ressourcen, über die wir reden. Die älteren Menschen, so wird vermutet, verfügen eventuell über Zeit. Zeit allerdings, die sie persönlich und freiwillig widmen können. Aber wir können sie nicht zwingen zu irgendetwas; und wir sollten sie auch nicht zwingen. Sie verfügen über Geld, und sie verfügen über Wissen und Kompetenzen. Das sind die Ressourcen. Ulla Lessmann: Danke schön! Es kam jetzt ein schönes Stichwort von Ihnen: Solidarität, Solidarkonzepte. Thomas Klie, vielleicht ganz kurz dazu, weil Sie es auch in Ihrem Referat angesprochen haben. Prof. Thomas Klie: Ich begrüße erst einmal sehr, dass wir jetzt eine Diskussion politisch führen, die ein Stück ehrlicher ist als in der Vergangenheit. Ob das nun Renten sind, ob das die Pflegeversicherung ist, ob es die Gesundheitsreform ist, die ansteht. Das ist kein reiner Expertendiskurs, sondern wir müssen uns auch in vielen Feldern der Gesellschaft und in vielen Gruppierungen der Gesellschaft mit diesen, historisch auch völlig unbekannten Dimensionen des demografischen Wandels und den Rückwirkungen auf Solidarsysteme auseinandersetzen. Dahinter stehen auch immer Interessen. Ich glaube, es wäre sehr wichtig, die BAGSO würde ihrerseits diese Diskussion auch unter dem Stichwort der Generationengerechtigkeit mit führen. Das tun Sie auch, auch auf einer europäischen Ebene, weil wir alle darum ringen. Es ist kein deutsches Thema, sondern ein europäisches Thema. Ich glaube, damit würden wir der Politik helfen, dass sie nicht im Wesentlichen partikularen Interessen folgt, sondern dass sie die Diskussion wirklich als eine zivilgesellschaftliche führt. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, weil wir zu schnell in Interessen von Klientelen 288

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denken, und das können wir uns nicht leisten. Das wäre gerade keine nachhaltige Politik und Diskussion. Einfache Antworten gibt es nicht. Es wäre jetzt überhaupt nicht der Ort, die verschiedenen Richtungen zu diskutieren. Ulla Lessmann: Ja, danke schön! Marion Gierden-Jülich hatte sich gemeldet. Es wäre wunderbar, wenn Sie die Frage: „Was bedeutet neue Kultur des Alters für die Menschen mit Migrationshintergrund?“ beantworten könnten, da sie es auch waren, die das Thema angesprochen hatten. Dr. Marion Gierden-Jülich: Ja, ich wollte etwas auf das erwidern, was Herr Olk gesagt hat. Ich finde es problematisch, wenn wir sagen: die Kommunen streichen – wir brauchen aber neue zusätzliche Infrastruktur. Was wir brauchen, ist meiner Meinung nach eine Weiterentwicklung vorhandener Infrastruktur, Herr Olk. Da muss ich wirklich auch mal aus der Erfahrung der letzten Jahre sagen: wir haben immer Neues neben Altes gestellt. Wir haben nie überlegt, wie wir das, was wir haben mitnehmen und so verändern können, dass es auch in einer sich wandelnden Gesellschaft neuen Anforderungen gerecht wird. Ich denke, hier muss man auch einmal die Kommunen in Schutz nehmen. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen: Wir haben die Seniorentreffs, die ursprünglich die berühmten Kaffee- und Kuchentreffs waren, inzwischen weiter entwickelt zu Dienstleistungsangeboten für ältere Menschen. Das ist, finde ich, der richtige Weg. Intelligente Verknüpfung vorhandener Ressourcen - und nicht immer Neues nebenher fordern. Das würde alle Beteiligten überfordern und würde für meine Begriffe auch nicht zu einer qualitativen Verbesserung des Angebots beitragen. Viele Angebote, die wir heute vorhalten, werden von den Menschen, für die wir sie vorhalten, gar nicht genutzt, weil die Angebote ihre Zielgruppe gar nicht erreichen. Das müssen wir stärker in den Blick nehmen. Das soweit dazu. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: Es ist letztlich das Defizit der deutschen Integrationspolitik, dass sie nicht bedacht hat, dass es Menschen geben könnte, die eben nicht am Ende ihres Arbeitslebens wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Nun gibt es eine BAGSO

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wachsende Anzahl von Menschen, die gerne aus unterschiedlichsten Gründen, z. B. weil ihre Kinder und Enkel hier leben, hier bleiben möchten. Wenn diese Menschen älter werden, haben sie spezielle Bedürfnisse. Wenn sie z. B. in ein Altenheim kommen, und es gibt eine kleine Kapelle für Christen, dann müsste es zumindest möglich sein, für Muslime dort einen Raum mit einem Gebetsteppich vorzuhalten. Es muss möglich sein, dass wir darüber nachdenken, dass andere Essgewohnheiten auch ein Stück weit bei den sozialen Dienstleistungen Berücksichtigung finden. Wir müssen uns bei diesen Dingen auf eine veränderte gesellschaftliche Struktur einstellen. Das haben wir bislang überhaupt noch nicht gemacht. Darin sehen wir auch eine Aufgabe – diesen Dialog anzustoßen und zu schauen: wo gibt es gemeinsame Interessen, wo gibt es unterschiedliche Bedürfnisse, und wie können wir das so ausrichten, dass wir diesen Menschen auch im Alter hier noch eine Heimat bieten. Ulla Lessmann: Danke schön! Jetzt kommen wir zur letzten Runde. Ich möchte mit Ihnen, Herr Prof. Klie, anfangen, weil Sie auch das Ganze eröffnet haben: „Brauchen wir eine neue Kultur des Alters?“ Jetzt können wir alle „Ja“ sagen und nach Hause gehen. Aber ich glaube, man kann auch noch etwas mehr dazu sagen. Wie ist die Perspektive? Einiges ist schon sehr, sehr positiv auf dem Podium berichtet worden. Prof. Thomas Klie: Lassen Sie mich vielleicht mit ein paar Äußerungen zu dem, was ich mir unter der neuen Kultur des Alters nicht vorstelle, beginnen. Dazu gehört gerade nicht ein Pflichtjahr für Senioren. Diese Idee ist für mich eine Idee aus einem Staatsverständnis, das den Bürger nicht als eigenverantwortliches Subjekt kennt, sondern als ein Objekt staatlicher Zuordnung von Aufgaben oder Pflichten. Ich setze auf die älteren Menschen, und das ist auch das wirklich sehr Beeindruckende auf diesem Kongress, dass viele ältere Menschen in einer Weise Verantwortung für die Gesellschaft und auch für die Familie wahrnehmen und für andere Zusammenhänge, die sehr viel Stabilität und Zuversicht in eine älter werdende Gesellschaft vermittelt. Ich glaube, da können wir alle sehr dankbar sein und sollten dieses auch entsprechend kommunizieren. Ganz, ganz viele machen das ganz 290

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still, und das ist auch gut so. Aber es gehört sicherlich auch dazu, dieses noch anders zu würdigen. Es wurde angesprochen: Wie ist denn das mit der These letzthin auch mit einer Art von Würdigung von Engagement. Geld ist auch eine Form der Würdigung. Es ist vielleicht beides: Es ist die Ermöglichung für manche, aber es ist auch Ausdruck von Würdigung. Ich glaube, die Dialekte der Würdigung, die müssen wir noch, unserer landsmannschaftlichen Unterschiedlichkeit geschuldet, noch stärker variieren. Die einen freuen sich möglicherweise schon über einen Orden. Warum denn nicht? Für die anderen ist eine wunderschöne Theaterveranstaltung oder auch das Auftreten eine Würdigung, und für andere ist es möglicherweise Geld. Aber lassen Sie mich auch zu einer anderen Seite etwas sagen, die ich eher problematisch finde. Wir dürfen – bei aller Notwendigkeit – das Geld auch wirklich anzusprechen, nicht einer Monetarisierung des Ehrenamtes das Wort reden. Diese Erfahrung dürfen wir gerade in dem generationsübergreifenden Freiwilligendienstprojekt mit dem Familienministerium teilen. Es gibt möglicherweise eine gewisse Bequemlichkeit auch von manchen Anbietern und manchen Wohlfahrtsverbänden, die darin liegt, wir gewinnen unsere Freiwilligen durch pauschalierte Aufwandsentschädigungen. Denn wenn sie das machen, dann sind sie, das sage ich einmal als Jurist, immer in der Grauzone des Rechts gelandet. Die Übungsleiterpauschale hilft da nicht wirklich und über alles hinweg. Sie machen aber noch was anderes aus meiner Sicht falsch. Nämlich sie verbinden den Wert des Engagements mit einem Geldwert, und das ist hoch problematisch. Insofern setze ich, und das wäre meine Perspektive, schon auf eine zivile bürgergesellschaftliche Perspektive, indem wir uns, egal in welchem Alter, mitverantwortlich sehen und unsere Beiträge leisten für die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft, die auch gerade auf Werten beruht, über die wir eigentlich einen großen Konsens in der Gesellschaft haben, die sich aber bewähren müssen in ganz unterschiedlichen Situationen, seien es die Migranten, seien es auch die Demenzkranken. Vorsicht, wir müssen auch aufpassen: Alter kann natürlich auch Demenz heißen, und bei den über 90-Jährigen ist es sehr wahrscheinBAGSO

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lich. Bitte schön, das ist auch Leben, und das hat auch Lebensqualität. Das dürfen wir nicht nur abgrenzen und abspalten von uns und dazu sagen: „Das ist nicht mehr lebenswert“. Wir brauchen einen Diskurs und auch eine Grundhaltung, dass jedes Leben lebenswert ist und auch Menschenwürde verdient. Nur hängt es von uns ab, ob das erlebbar ist. Das ist eine Vision, dass ich keine Angst haben muss vor unwürdigen Lebenssituationen auch und gerade im hohen Alter, und das ist eine Verpflichtung von uns allen, die älter werden. Ulla Lessmann: Danke, Thomas Klie. Das wäre jetzt auch noch mal ein großes Thema. Wunderbar, dass Sie das angesprochen haben. Zu Thomas Olks Stichwort „zivilgesellschaftliches Engagement“ kamen auch „Wünsche an die Politik?“ Prof. Thomas Olk: Helmut Schmidt hat einmal gesagt: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“. Insofern will ich nicht über Visionen reden, sondern tatsächlich konkrete Dinge ansprechen. Ich meine, das Projekt der Zivilgesellschaft heißt, dass alle sich einbringen können. Das knüpft an das an, was Herr Fuchs gesagt hat, das mich sehr positiv angesprochen hat. Wenn wir über das Engagement und die Kultur des Alters sprechen, dann müssen wir auch über das Engagement und die Kultur der Kinder und Jugendlichen und auch der Erwachsenen sprechen, weil das zusammenhängt. Es gibt zwar Unterschiede, aber es ist kein Gegensatz. Deshalb sollten wir eher an dem Projekt einer Bürgergesellschaft arbeiten. Auf lokalem Raum können wir anfangen und uns fragen, wie wir Bedingungen dafür schaffen können, dass möglichst viele Menschen Lust haben, ihre Zeit, die sie grundsätzlich so oder auch anders verwenden können, in diesen Bereich des freiwilligen Engagements, zu investieren und damit unser gemeinsames Gemeinwesen lebenswerter zu machen. Das ist die entscheidende Frage, und ebenso dafür attraktive Bedingungen zu schaffen. Das ist das Projekt, an dem wir alle arbeiten sollten. Da sind die Älteren oder die Senioren, eine wichtige Gruppe, aber nicht die einzige, und sie möchten es auch gar nicht sein. Denn alle Befunde zeigen, dass die Älteren gerne mit anderen zusammen etwas machen wollen. Es gibt tolle Projekte „Alt und Jung“, aber Modelle des Altersübergreifenden sind schwer. Beispiel sind die generationsübergreifenden Freiwilli292

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gendienste, die im einzelnen meistens nicht generationsübergreifend sind, indem junge Menschen und ältere gemeinsam etwas tun. Wie wir das gestalten können, darüber müssen wir noch weiter denken. Da müssen wir noch weiter experimentieren, und ich glaube, das ist eine wichtige Baustelle, an der wir weiter produktiv sein sollten. Ulla Lessmann: Rudolf Herweck, das sind jetzt schon ein paar Wünsche auch an die Politik. Wir brauchen Rahmenbedingungen, attraktive Rahmenbedingungen. Gehen die Themen, die wir hier diskutieren, überhaupt ein in die Politik, schlagen die sich konkret nieder? Rudolf Herweck: Natürlich schlagen sie sich konkret nieder. Nun muss man sehen: Der Bund ist relativ weit weg. Er kann nur Rahmenbedingungen beeinflussen. Versicherung von ehrenamtlich Tätigen. Das ist etwas, was wir machen können. Aber wir können z. B. das Geld nicht zur Verfügung stellen für den Ersatz der Aufwendungen. Was wir durchführen, das sind Modellprojekte, mit denen wir Anregungen in die Gesellschaft geben. Ich kann, was Herr Olk gesagt hat, nur voll unterstreichen. Ich denke, dass wir eine solidarische Gesellschaft brauchen. Diese solidarische Gesellschaft passiert nicht voraussetzungslos. Wir müssen uns alle auf diese neue solidarische Gesellschaft einstellen, d.h. alle Lebensalter sind meines Erachtens gleich wert. Sie haben deshalb auch gleiche Pflichten. Deswegen würde ich auch die älteren Menschen in die Verantwortung nehmen, kein Pflichtjahr, aber doch Verantwortung spüren. Auf der anderen Seite müssen alle dies auch annehmen, d.h. wir brauchen eine Gesellschaft, in der nicht nur Leute bereit sind zu geben, sondern auch Leute bereit sind zu nehmen. Das ist etwas, was in unserer Gesellschaft gar nicht so selbstverständlich ist. Das heißt auch, dass z. B. Hauptamtliche bereit sein müssen, mit Ehrenamtlichen zu arbeiten. Da haben wir große Probleme. Die Projekte, die wir machen, beschäftigen sich auch besonders mit Hindernissen, die da sind, und mit der Frage, wie kann man diese Hindernisse beseitigen. Das ist ein Punkt, an dem wir arbeiten. Ich will jetzt nur noch meine Vision erläutern. Meine Vision ist, dass wir mutig sind und sagen, wir können die Probleme des demografischen BAGSO

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Wandels bewältigen, dass wir da nicht Angst haben vor den Horrorszenarien, die Herr Klie angesprochen hat, sondern dass wir den Mut haben, sie zu lösen. Ich hoffe, dass wir das so erfolgreich bewältigen werden, dass wir Trendsetter gegenüber anderen Ländern sind und die Art und Weise, wie wir das bewältigen, ein Exportartikel wird. Ulla Lessmann: Das Land betreibt keinen Export, Marion Gierden-Jülich, aber es schafft Rahmenbedingungen, möglichst attraktive. Erstens die gleiche Frage: Wo kommt es bei Ihnen an, wird es umgesetzt und haben Sie auch eine Vision wie Rudolf Herweck? Dr. Marion Gierden-Jülich: Also, das kommt selbstverständlich bei uns an, und ich bin schon der Meinung mit Blick auf die zukünftige Entwicklung unserer Gesellschaft kann es nicht darum gehen, nun eine einzelne Zielgruppe zur primären Zielgruppe für bürgerschaftliches Engagement zu erklären. Wir müssen uns in diesem Staat oder in dieser Gesellschaft wirklich intensiv Gedanken darüber machen, wer welche Rolle spielt. Was muss der Staat übernehmen, was muss die Wirtschaft leisten und was müssen Einzelne übernehmen. Mir geht es darum, eine Anerkennungskultur für Engagement möglichst vieler Menschen in dieser Gesellschaft zu schaffen. Die wird nicht gleich aussehen. Anerkennungskultur für einen jungen Menschen kann z. B. bedeuten, ihm einen Qualifikationsnachweis für eine spätere Lehrstelle mit auf den Weg zu geben. Anerkennungskultur für eine Mutter, die Kinder großgezogen hat, kann heißen, ihr den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern und ihr eine neue Perspektive zu geben. Anerkennungskultur für einen älteren Menschen kann reichen vom Blumenstrauß bis zum Verdienstkreuz, bis zum Unfallversicherungsschutz, bis zur Akzeptanz hauptamtlicher Strukturen, dass dieser Mensch eine verantwortungsvolle Rolle im Gesamtgefüge spielt. Darauf müssen wir reagieren. Ich finde, hier gibt es keine holzschnittartigen Antworten. Ich selber sehe durchaus auch die Chancen des demografischen Wandels. Er wird unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. Wir werden weniger junge Menschen haben, sehr viel mehr ältere Menschen, und wir müssen diesen Dialog organisieren. Wenn uns das gelingt, finde ich, hat diese Gesellschaft eine gute Zukunft. 294

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Ulla Lessmann: Sehr schön! Marlis Bredehorst, Rudolf Herweck hat jetzt ein paar Mal gesagt: „Berlin ist weit weg, der Bund ist weit weg“. Sie sind ganz nah dran. Haben Sie trotzdem Visionen? Marlis Bredehorst: Wir haben auch Visionen in der Kommune. Auch wenn ich sagen muss, dass es bei uns gar nicht darum geht, ob wir noch neue Projekte auflegen, sondern immer wieder überlegen müssen, wo können wir noch Geld einsparen? Das ist schon sehr eng in den Kommunen. Viele Kommunen stehen unter Haushaltssicherung, und da sind die Gestaltungsspielräume sehr, sehr eng. Trotzdem haben wir Visionen, die vielleicht etwas praktischer sind. Meine Vision ist, wir müssen und sollten auf den demografischen Wandel reagieren. Das heißt für mich, in allen Bereichen müssen wir es schaffen, eine altengerechte Stadt zu gestalten. Da sehe ich die Chance. „Altengerecht“ heißt für mich eigentlich auch „menschengerecht“. Ich will das an drei Beispielen erläutern. Erstes Beispiel: Barrierefreiheit. Das kommt genau so gut Müttern mit Kinderwägen zugute, das kommt Behinderten zugute, das kommt ausländischen Touristen, die keine deutsche Sprache können, wenn die Wegweiser schön einfach, schön groß geschrieben sind, das kommt geistig Behinderten zugute usw. Zweites Beispiel: Unsere Seniorennetzwerke, die das Bürgerschaftliche Engagement oder die Menschen aktivieren wollen. Für mich ist es das gelungenste Beispiel von sozialer Arbeit überhaupt. Ich möchte das auch in die übrigen Bereiche der sozialen Arbeit hineintragen. Für mich ist das ein Vorbild sondergleichen. Mit den Seniorinnen und Senioren geht das am besten, die können dieses vormachen. Die anderen Generationen oder anderen Zielgruppen, sollten daraus lernen. Das dritte Beispiel, das ist öfter angesprochen. Wir müssen uns sehr stark um das Thema Demenz kümmern. Ob das die Beratung, die Hilfe für Pflegeangehörige, also für Familienangehörige, die Pflege machen, ob das für die überhaupt die geeignete Hilfestruktur ist. Aber in dem Moment, wo wir das Thema viel mehr zum Thema machen und uns darum kümmern und Wegweiser und Beratung und mehr herausgeben, in dem Moment beschäftigen wir uns auch mit dem Umgang mit Menschen. Ich glaube, das hilft auch sich in dieser Gesellschaft, BAGSO

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die sehr ellenbogenlastig ist, mehr damit auseinander zu setzen, was ist eigentlich die Beziehung von Menschen zu Menschen. Insofern ist für mich eine altengerechte Stadt, auch wenn es diese eine Zielgruppe ist, die Vision einer wirklich menschengerechten Stadt. Ulla Lessmann: Bevor Roswitha Verhülsdonk für die BAGSO noch einmal etwas sagt, wollte ich von Max Fuchs gerne einen Wunsch oder eine Perspektive hören. Prof. Max Fuchs: Ich habe einen ganz kleinen, bescheidenen Wunsch, der sich auf mein Arbeitsfeld Kulturarbeit bezieht, und einen vielleicht großen und unbescheidenen. Der kleine bescheidene betrifft in der Tat die Möglichkeit von Kulturarbeit. Kulturarbeit kann überhaupt nicht alles. Schon gar nicht das, was am großen und kommunalen Horizont so entfaltet worden ist, aber sie kann doch relativ viel. Die Beispiele mit Demenzkranken wurden jetzt wieder erwähnt. Ich habe im Kontext des Instituts für Bildung und Kultur ein Erlebnis gehabt mit einem Theaterstück mit Demenzkranken. Darin wurde gezeigt, dass man, selbst wenn man demenzkrank ist, nicht abgeschrieben werden muss, sondern dass es Möglichkeiten gibt zur kulturellen Produktivität. Das hat sehr viel mit dem Bild in der Öffentlichkeit zu tun, also mit dem weiten Begriff einer Kultur des Alterns, weil dort auch eine Werbung stattfindet für das, was Kultur eigentlich sein soll, nämlich Respekt vor der Vielfalt menschlicher Lebensweisen. Der Mensch ist von Natur aus darauf angelegt, nicht standardisiert sein Leben zu führen. Kulturarbeit kann ein Stück weit dabei helfen, dieses produktiv zu gestalten auch im Sinne einer Anerkennung sich selbst gegenüber und auch durch andere. Dafür braucht man qualifizierte Menschen, um das Potenzial der älteren Menschen professionell zu gestalten, d.h. eine kleine Qualifikationsoffensive ist notwendig. Das ist das Bescheidene, das ist realisierbar, da gibt es viele Erfahrungshintergründe. Und jetzt die unbescheidene Vision. Die hat etwas mit einem anderen Kulturbegriff zu tun. Es wurde eben gesagt, dass wir im Durchschnitt so etwa 20 % Menschen mit Zuwanderungshintergrund in der Gesellschaft haben. Das ist ein Durchschnittswert. Wenn Sie das auf die Generationen herunterdeklinieren, haben Sie bei den älteren Generationen erheblich weniger und bei den jüngeren Generationen erheb296

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lich mehr. Wenn Sie in die Schulen gucken, haben Sie Grundschulklassen, mit 80 bis 90 % Menschen mit Migrationshintergrund. Das zu bewältigen wäre die Zukunftsaufgabe für die gesamte Gesellschaft. Die große Vision oder Herausforderung sehe ich darin, wie man mit Respekt vor diesen zum Teil eigenständigen Kulturen, die diese jungen Leute haben, umgeht. Von ihnen erwartet man im Rahmen einer Generationsgerechtigkeit, dass sie das Geld dafür verdienen, dass alle Systeme auch weiterhin funktionieren. Ich erinnere an die ausgesprochen schwierige Debatte über Leitkultur. Wenn die Debatte über Leitkultur diesen Wandel nicht berücksichtigt, der nicht bloß ein demografischer Wandel ist, sondern ein Wandel in unserer Zusammensetzung, und wir keinen Respekt haben vor der Eigenständigkeit von Kulturen, mit denen wir es zu tun haben, wird unser gesamtes gesellschaftliches System keine Zukunft haben. Ulla Lessmann: Ja, danke schön! Roswitha Verhülsdonk. Für die BAGSO, Perspektiven, Wünsche, Forderungen. Roswitha Verhülsdonk: Sie schauen hier auf unser Emblem, und darauf steht „Lobby der Älteren“. Ich will mal sagen, was das nicht heißt: Das heißt nicht „Gruppeninteressen vertreten“. Herr Prof. Klie hat darauf hingewiesen, dass das weiß Gott nicht der richtige Weg wäre. Wir haben schon zu einem Zeitpunkt, als andere noch gar nicht dran gedacht haben, Wettbewerbe durchgeführt „Solidarität der Generationen“, echte Alt-Jung-Projekte. Schon in Dresden, also beim vorvor-vorletzten Deutschen Seniorentag haben wir sie prämiert. Es hat sich erwiesen: Die Projekte, die wir damals ausgezeichnet haben, die existieren noch, obwohl es auf der Seite der Älteren häufigen Personenwechsel gegeben hat aus Altersgründen und auf der Seite der Jugend aus Lebensgestaltungsgründen. Wir werden dieses ganz stark forcieren. Wir haben mit der Ministerin abgesprochen, dass wir uns in der Frage Mehrgenerationenhäuser als Verbände gemeinsam sehr engagieren werden. Trotzdem hat „Lobby der Älteren“ auch noch eine andere Seite: Kultur des Alters heißt für uns auch echte Beteiligung der Älteren da, wo sie heute fehlt. Das ist nicht Gruppeninteresse, das ist gesamtgesellschaftliches Interesse. Es geht also um Fragen der Partizipation und Fragen der Teilhabe. BAGSO

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Dazu nenne ich einige Beispiele: Wenn es in Deutschland hochrangige Patientenvertretungen gibt, die Partner derjenigen Entscheider sind in Bezug auf die Entwicklung des Gesundheitswesens, und die Älteren sind da nicht drin, obwohl in dem Bereich viele Erfahrungen über Gesundheit und Patient vorhanden sind, dann ist das nicht in Ordnung. Wenn in Fernseh- und Rundfunkräten, das sind auch verfasste Gremien, die Älteren nicht vorkommen, dann fehlt eine wichtige Stimme. Wenn wir aus unseren Mitgliedsverbänden hören, dass in den Parteien bei der Verteilung von Ämtern und Mandaten die Alten als zu alt angesehen werden, die ausgeschieden werden sollen, aber als Plakatekleber und an den Ständen auf der Straße bei Wahlkämpfen oder zum Füllen der Säle da sind, dann ist das nicht in Ordnung. Ich könnte viele andere Branchen nennen, wo das nicht in Ordnung ist. Insoweit heißt „Lobby der Älteren“ nicht Gruppeninteresse vertreten, sondern genau hingucken, und das werden wir tun. Wir werden also in den nächsten Jahren gemeinsam das Thema „Partizipation älterer Menschen“ da, wo sie fehlt, in den Vordergrund rücken. Ich fordere Sie alle auf, ich bitte Sie alle, vor allen Dingen die aus unseren Mitgliedsverbänden: Machen Sie da mit. Wir werden dann gemeinsam unter Umständen der Politik ein bisschen auf die Nerven fallen, aber das nehmen wir dann in Kauf. Ulla Lessmann: Danke schön! Da bleibt mir noch, dem Publikum zu danken. Ich finde, Sie waren ungeheuer diszipliniert. Wichtig ist, die Fragen gehen nicht verloren. Sie werden gesammelt, und Sie bekommen alle auf dem Podium eine Liste mit Fragen. Eine habe ich vergessen: Das war die nach den neuen Partnerschaften. Ich sage einfach mal, derjenige, der sie gestellt hat, oder diejenige, ich wünsche ihm oder ihr, dass er oder sie noch einen neuen Partner findet. Möglicherweise hier auf dem Seniorentag.

Im Folgenden werden die Zuschauerfragen, die die Anwältin des Publikums während der Podiumsdiskussion erfasst hat, vorgestellt. Die gesammelten Fragen sind in dieser Form auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Podiumsdiskussion übergeben worden, damit das Gesagte Eingang findet in die Gedanken und Überlegungen der Politiker, Wissenschaftler und Verbandsvertreter und alle der Beteiligung Älterer an den gesellschaftlichen Prozessen ein Stück näher kommen. Thematische Schwerpunkte • • • •

Folgen des demografischen Wandels Nachfragen zum Sozialsystem Ältere Arbeitnehmerinnen und -nehmer Zusammenspiel: Ehrenamt – hauptamtliche TätigkeitBegleitung und Qualifizierung ehrenamtlich Tätiger • Weiterführung des Projektes „Erfahrungswissen für Initiativen (EfI) • „Kultur des Alters/Alterns“, Altersbilder in der Gesellschaft • Sprache, Sprachkultur – Präzisierung der Begrifflichkeiten

• Sonstiges Folgen des demografischen Wandels • Wenn die Vorstandsvorsitzenden die Generation „50+“ entdecken, so handelt es sich m. E. um das Abgrasen eines Käuferpotentials wie vorher die „Sportiven“, um den Umsatz bzw. den Gewinn zu steigern. Die BAGSO sollte kräftig gegen diese Interessen steuern. • Ist es angesichts des demografischen Wandels sinnvoll und angemessen nicht mehr von Alter(n) zu sprechen, sondern von 50 oder 55 +? Ich finde, damit wird ein wichtiges Thema verschleiert. • Standmotto: Alter als Chance – aber auch als Bedrohung. Die Entwicklung in vielen Dörfern wird als negativ erlebt (Wegzug der Jüngeren, Reduzierung der Infrastruktur). Wie kann hier gegengesteuert werden?

Danke ans Podium. Tschüss.

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3.1.4 Fragen der Zuschauer an das Podium

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• Wo müssen auf kommunaler Ebene die Schwerpunkte liegen, um den demografischen Wandel zu bewältigen? Nachfragen zum Sozialsystem • Ich bin seit Jahrzehnten ehrenamtlich in der Stadt Langen/ Hessen (Kreis Offenbach) tätig. In letzter Zeit machen sich viele soziale Organisationen Sorgen um den Zivildienst (so genannte Zivis). Was passiert, wenn es die Zivis nicht mehr gibt? Würde unser Sozialsystem dann zusammenbrechen? • Gerne hätte ich bedacht, dass längst nicht alle (oder jeder zweite) Senioren wirtschaftlich gut gestellt sind. Wenn wir die Haltung der Gesellschaft zu Älteren zum Positiven ändern wollen, dürfen wir diese Gruppe nicht nur als für die Wirtschaft und das Ehrenamt interessant darstellen. Wir sollten auch die Akzeptanz ihrer Bedürfnisse und Rechte einfordern (right to learn z. B.). • Wenn die Sozialsysteme nicht mehr finanzierbar sind und Potenziale des Alters (Bürgerschaftliches Engagement; Freiwilligenarbeit etc.) nutzbar gemacht/geweckt werden müssen, dann sollte der Bereich „Offene Altenarbeit“ gesetzlich geregelt und finanziert werden und nicht nur freiwillige Leistung einzelner Kommunen sein. • Wie viel Zukunft haben die jetzt gelegten Grundregeln der Altersversorgung, sprich Pflege und Finanzen, seitens der Regierung? Statistisch gesehen, wird es in Zukunft mehr Alte als Junge geben. Bei Reduzierung von Rente, Schließung von Pflegeheimen, Entlassung von Ärzten und Krankenschwestern. • Warum ratifiziert Deutschland nicht die revidierte Sozialcharta des Europarats, die einen Artikel zur Altenpolitik enthält? Will man die Kontrolle durch den Europarat vermeiden? Die Länderberichte machen natürlich Arbeit. Ältere Arbeitnehmerinnen und -nehmer • Wer bestimmt, wer bis wann arbeiten darf? Beispiel: Ein Schöffe NRW darf bis 70 Jahre ehrenamtlich arbeiten. Der Rechtsanwalt Herr XX vertrat 1970 seinen Klienten mit 93 Jahren vorm Landge300

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richt Köln und Oberlandesgericht! • Mit 50 aus dem Berufsleben Finanziell noch nicht so abgesichert, dass Frau sich das „Ehrenamt“ leisten kann. Welche Möglichkeiten gibt es? • Einbeziehung von Vorruhestandsinitiativen In unserer Zeit ist eine interessante, sehr widersprüchliche neue soziale Gruppe, die des Vorruhestandes, geschaffen worden. 30 Jahre lässt sich der Weg in der alten BRD zurückverfolgen – in den neuen Ländern brach dieses Thema mit Gewalt 1990 auf knapp eine Million Menschen ein. Hier sind enorme soziale, kulturelle, sozialpsychologische, wirtschaftliche, rechtliche und vor allem widersprüchliche Lebenserfahrungen entstanden. Wenn wir über eine neue Kultur des Alterns diskutieren wollen, bietet sich dieses Thema an. Mit JAHRESRINGE – Verband für Vorruhestand und aktives Alter e.V. – 1990 in Berlin (Ost) gegründet, befassen wir uns mit dieser Thematik. Wir bieten eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern an. Herr Prof. Klie, vielleicht interessiert es Sie? Wir bieten Zusammenarbeit an. Sicher auch andere Vereine – die ZWAR Vorruhestandsinitiative u. a. würden sich an einer gemeinsamen Arbeit beteiligen. Zusammenspiel: Ehrenamt – hauptamtliche Tätigkeit Begleitung und Qualifizierung ehrenamtlich Tätiger • Ist Ehrenamt gut? Habe mir zur Aufgabe gemacht, freiberuflich Senioren zu betreuen, zu begleiten und zu aktivieren (kleine Gruppenarbeit und auch Einzeltherapie, wie Gedächtnistraining sowie Tanz und Sitzgymnastik, auch kleine Ausflüge…) Nun bin ich mit 53 arbeitslos. Durch Konkurrenzpreise der Netzwerke, die teilweise die Angebote für 1 Euro/Stunde bieten, ist meine Firma pleite! • Außerdem ohne Hauptamt gibt es kein Ehrenamt, d.h. Hauptamtliche müssen finanziert werden. • Warum können Ehrenamtliche ihre Unkosten nicht von der Steuer absetzen? Denn Ehrenamtliche setzten bei jeder Tätigkeit Geld ein. • Bürgerschaftliches Engagement braucht „Räume“, sich zu organisieren, bezahlbar und barrierefrei. BAGSO

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Alterskulturförderung gibt es nicht zum Nulltarif. -> Wie sieht eine Förderung durch das BMFSFJ aus? Ehrenamtlich tätige Menschen in Altersheimen und Hospizen brauchen auch eine Begleitung.

Wir Alten sollen immer von den Jungen lernen, die „Jugendkultur“ tolerieren, aber lernt die Jugend („auf der Straße“) die Kultur (Lebensregeln etc.) zu akzeptieren, die die Alten tradieren? Wie kann das oft überholte Alternsbild von „Hauptamtlichen“ verändert werden? (Betreuen -> Selbstbestimmung)

Weiterführung des Projektes „Erfahrungswissen für Initiativen (EfI)

• Forderung an alle Medien, endlich vom „Bild der Alten“ Abschied zu nehmen. So wichtig Berichte über Gesundheit, Demenz und Pflege sind, betrifft dies nicht die Mehrzahl der älteren Menschen. Bitte in Zukunft viel mehr die positiven Leistungen zu berücksichtigen. Vorbilder braucht unsere Jugend, es gibt unter uns genug davon! Bildungsangebote vorstellen, Ehrenämter, Einsätze im In- und Ausland etc.

• Warum wird das Projekt EFI – Erfahrungswissen für Initiativen außer in NRW und in Rheinland-Pfalz nicht weitergefördert? Vor allem in den neuen Bundesländern muss noch viel Aufbauarbeit gefördert werden! • Generationsübergreifender Dialog u.a.: „Alt hilft Jung“ – Bewerbungscoaching mit Hauptschülern (um ihnen eine Berufs- und damit Lebenschance zu geben – gerade auch mit Migrationshintergrund) – zur Herstellung von mehr „Normalität“ in der Gesellschaft, die jeweilige andere Generation besser verstehen lernen! Frage: Wie kann man mehr Senioren/innen mit Berufs- und Lebenserfahrung motivieren, werben und zur Mitarbeit veranlassen? • Das EFI-Programm (Erfahrungswissen) ist wichtig und gut. Es reicht aber nicht nur die Unterstützung in der Modellphase, sondern dieses Programm muss dauerhaft weitergeführt werden. Wie kann die Weiterführung weiter finanziert werden? „Kultur des Alters/Alterns“, Altersbilder in der Gesellschaft • Ist es eine Idee zu betonen, dass alle Menschen, egal ob jung oder alt, gesund oder behindert, alle Menschen spielen im Leben eine ökonomische und gesellschaftliche Rolle. NB: Viele Leute sind sich vielleicht noch zu wenig bewusst über ihre eigene Position/ Beiträge. • Medien machen Meinung – das ist bekannt. Wie können die Medien für die „Kultur des Alters/Alterns“ gewonnen werden, so dass die Gesellschaft das Alter/ Altern nicht als bedauernswerte Randerscheinung sieht, sondern in dem Sinne, wie wir es hier drei Tage lang auf der Messe erleben. 302

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• Kultur: Warum sind in den Museen die Beschriftungen an den Bildern und Skulpturen so winzig und auf grauem Hintergrund? Nicht nur Senioren, sondern auch jüngere Menschen müssen sich bücken!! Bitte um Änderung! • Es gibt nach wie vor nur ein defizitorientiertes Altersbild auch bei Professionellen („Sie sind halt alt.“) Bitte präzisieren Sie die Begriffe „Ressource“ und „Potenziale“. Es gibt leider viel zu viele allgemeine Aussagen! Sprache, Sprachkultur – Präzizisierung der Begrifflichkeiten • Mich ärgert das Wort „Residenz“ (bitte wörtliche Übersetzung). Es gibt keine Altersheime mehr. Es ist eine „Verarschung“ der Älteren, die 50 Jahre für die Anderen in die Kasse eingezahlt haben und heute ein Taschengeld bekommen. • „Senioren ernst nehmen, -> Sprachkultur“ • Ist es nicht besser, nicht über das Alter oder alte Leute zu reden, sondern über den Faktor „Erfahrung“, um einen neutralen Begriff zu benutzen? • Wie können Senioren sich an das rasende Tempo und die „fremde Sprache“ der Arbeitswelt und der Wirtschaftswelt „anpassen“, ohne sich inkompetent bzw. überfordert zu fühlen? Tempo und Sprache (s. o.) bestimmen das gesellschaftliche Denken und das gelebte Leben und beide herrschen vor, so dass man BAGSO

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sich als Älterer eher fremd fühlt. • „Generationengerechtigkeit“ Zu diesem ethischen Begriff muss eine Diskussionsebene zwischen Jung und Alt gefunden und gepflegt werden. Es ist ein Zeichen von Kulturverfall, wenn Professoren und aufstrebende Jungpolitiker sich über unsägliche Vorschläge zur Gesundheitsversorgung, Kostenbeteiligung etc. profilieren.

terbildung. Dies kann genutzt werden für die neuen Felder freiwilligen Engagements und die neue Kultur des Alters. Bitte an Seniorenorganisationen u. a.: Kommen sie auf uns zu. Bitte einen Dank an die BAGSO und alle, die ehrenamtlich für Ältere mitarbeiten. Sie sehen die Älteren auch als eine Gruppe, auf deren Rechte und nicht nur auf deren Wirtschaftskraft und Engagement man sehen muss. Danke • Wie viele Parteilose sind in Seniorenparlamenten in MecklenburgVorpommern und wie viele in NRW?

Sonstiges • Senioren und Seniorinnen können auch missbraucht werden. Beispiel: Ein CDU Politiker der älteren Generation stellt fest: Ältere brauchen mehr Energie, mehr Wärme und Licht. Wir brauchen deshalb Atomstrom, um nicht teuren Strom im Ausland einkaufen zu müssen. So kann es ja wohl nicht laufen, oder? • Wieso sind hier auf der Messe keine „ausländischen“/ Migrantenverbände vertreten? • Wirtschaftlicher Aspekt Vielen verwitweten Senioren wird das Haus zu groß und zu aufwendig. Nach einem Verkauf möchte ich z. B. das Geld wieder anlegen. Ich habe nicht das Vertrauen in eine langfristige Geldanlage, da ich die Zinsen für die Miete brauche. Meine Rente reicht dafür nicht. Also, wo finde ich eine Eigentumswohnung mit einer Option auf betreutes Wohnen (kein nur teures Serviceangebot) in Stadtnähe mit einer Verkehrsanbindung zu den kulturellen Möglichkeiten und zwar in NRW?

• In allen Workshops und Vorträgen, die ich gehört habe, wird die Aufgabe der Wirtschaft hinterfragt und erwähnt. – Außer Appellen an die Wirtschaft höre ich kaum etwas von konkreten Maßnahmen, die die Wirtschaft zwingen das Altenproblem entgegen zu nehmen und zu akzeptieren. Am meisten werden nur wir einfache Bürger durch die Politik reglementiert. Opfer werden nur von einfachen Menschen verlangt. Wirtschaft und herausragende Vertreter werden nur ganz höflich gebeten.

Foto: Aleksander Perkovic

• Ich vermisse die Vertreter/innen unserer Kirchen (ev., kath., etc.) auf dem Podium! Dort gibt es seit langem eine Tradition bzw. Lobby für die Älteren, auch deren Kultur. • Volkshochschulen (VHS) und ihre Kurse sind ein Ort, an dem Ältere und Jüngere Menschen jeden Alters, zusammenkommen zum Lernen = ein Drittes bringt sie also zusammen. VHS sind in Kommunen i. d. R. stark vernetzt – auch mit Seniorenorganisationen, Freiwilligen-Agenturen, Behörden und Ämtern, Initiativen u. a. VHS arbeiten gerne und gut mit anderen zusammen, haben viel Erfahrung und sind „neutrale“ Anbieter von Wei304

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Die Zuschauerfragen wurden über Dr. Ursula Sottong, die Anwältin des Publikums, an das Podium weitergeleitet.

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Kölner Erklärung kulturellen Erbes an die Jüngeren bereichert. Vor allem die Enkelgeneration schätzt ihre menschliche Wärme.

4. „KÖLNER ERKLÄRUNG“ Alter als Chance in einer Gesellschaft des langen Lebens Dank verbesserter Lebensbedingungen und des medizinischen Fortschritts haben Seniorinnen und Senioren beim Eintritt in den Ruhestand eine längere Lebensspanne als ihre Eltern und Großeltern vor sich. Häufig sind sie auch gesünder und sozial besser abgesichert. Die gewonnenen Jahre können ältere Menschen vielfältig nutzen. Sie wollen vor allem das tun, wofür ihnen Beruf und Familie bisher zu wenig Freiraum ließen. Je nach Lebenslage und persönlichen Erwartungen möchten sie dabei unterschiedliche Zielsetzungen verwirklichen wie: • Ihr Alter bewusst und selbst bestimmt gestalten • Neue Facetten des Lebens kennen lernen und die eigene Kreativität entdecken • Auf Jüngere zugehen und gemeinsam etwas unternehmen • Ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter geben.

Der Deutsche Seniorentag 2006 hat sich mit dem Motto „Alter als Chance“ der Aufgabe gestellt, den persönlichen Zugewinn für Seniorinnen und Senioren, aber auch den Zugewinn für das soziale Umfeld herauszuarbeiten, den die gestiegene Lebenserwartung möglich macht. In den Foren wurden, gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden, zukunftsweisende Handlungsfelder aufgezeigt. Jedoch wurde auch deutlich, dass produktive Beiträge der Älteren ihre gesellschaftliche Teilhabe und mehr Solidarität zwischen den Generationen und innerhalb der Generationen voraussetzen. Als Ergebnis steht fest, dass in zentralen Handlungsbereichen wesentliche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ältere Menschen und die Gesellschaft als Ganzes die Chancen ausschöpfen können. Das gilt auch für Seniorinnen und Senioren, die behindert oder chronisch krank sind. 1. Unterstützung eines engagierten Lebens im Alter

Immer mehr Ältere wollen sich aber auch stärker einbringen:

Ältere Männer und Frauen engagieren sich daher in vielen unterschiedlichen Lebensbereichen und erbringen dabei umfassende Leistungen in Familie, Nachbarschaft und Gemeinwesen. Persönlich erfahren sie dadurch Wertschätzung und einen deutlichen Zuwachs an Lebensqualität. Sie erkennen, dass das Alter neue Chancen bietet und sie nach der Familien- und Erwerbsphase noch gebraucht werden.

Körperliche und geistige Aktivität sind Grundvoraussetzungen für ein langes, selbst bestimmtes Leben. Wissenschaftlich ist nachgewiesen, dass Bewegung und mentale Aktivierung dazu beitragen, körperliche und geistige Fitness zu erhalten und Erkrankungen vorzubeugen. Ältere Menschen brauchen geeignete Angebote, damit sie selbst etwas für ihre Gesundheit tun und den Prozess des Alterns positiv gestalten können. Anerkannte Methoden gesundheitlicher Prävention müssen in Leistungskataloge aufgenommen werden. Für ihren weiteren Auf- und Ausbau sind öffentliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch Verbände, die körperliche und geistige Mobilität fördern und erhalten helfen, benötigen mehr Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Programme.

Die vielfältigen Aktivitäten der älteren Bürgerinnen und Bürger bringen aber auch der Gesellschaft Chancen: Sie profitiert von ihrem Engagement und wird durch die Weitergabe ihrer Erfahrungen und ihres

Um der drohenden digitalen Spaltung unserer Gesellschaft vorzubeugen, ist die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien gezielt zu fördern. Eine barrierefreie Gestaltung

• Sich für andere einsetzen und ihnen helfen • Verantwortung übernehmen und Partner der Politik sein • Kontakte zu ausländischen Senioren aufbauen und nachhaltig pflegen.

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ermöglicht auch hörgeschädigten und sehbehinderten Menschen die Kooperation mit anderen und erleichtert ein selbst bestimmtes und selbstständiges Leben. Lernen im Alter sowie innovatives bürgerschaftliches Engagement älterer Erwachsener gelingen, wenn beides auf erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten aufbaut und die Motivation durch attraktive Aufgabenfelder, darauf zugeschnittene Qualifizierungsangebote und unterstützende strukturelle Rahmenbedingungen aufrechterhalten wird. Wie der 2. Freiwilligensurvey zeigt, bilden ältere Menschen die stärkste Wachstumsgruppe beim freiwilligen Engagement. Immer mehr sind heute in spezifischen, zeitlich begrenzten Projekten aktiv. Seniorinnen und Senioren wollen ihr freiwilliges Engagement jedoch zunehmend selbst bestimmen und sich selbst organisieren. Ihre Bereitschaft zum Engagement wird gestärkt, wenn sie mit einer Beteiligung an kommunalen Planungen und Entscheidungen verbunden ist. Aus diesem Grund ist die Schaffung von Mitspracherechten auf politischer Ebene unerlässlich. Flankierend müssen auf kommunaler Ebene Rahmenbedingungen geboten werden, die selbst bestimmtes Engagement fördern. Interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger brauchen vor allem Anlaufstellen, die Rat geben, vermitteln und begleiten können. 2. Stärkung der Solidarität zwischen Alt und Jung Jeder Einzelne ist aufgerufen, im Alter durch seinen Lebensstil und sein Konsumverhalten Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für andere sowie künftige Generationen zu übernehmen. Seniorinnen und Senioren wollen, dass politische Entscheidungen auch das Wohl der nachwachsenden Generationen berücksichtigen. Generationsübergreifendes Lernen und lebendiger Erfahrungsaustausch tragen dazu bei, dass die Solidarität zwischen Alt und Jung 308

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gestärkt wird. Deshalb sind Projekte, die einen solchen Austausch ermöglichen, nicht nur modellhaft, sondern dauerhaft zu fördern. Gemeinsames bürgerschaftliches Engagement von älteren und jüngeren Menschen eröffnet vielfältige Chancen für den Generationendialog. Diese Form des Miteinanders muss durch spezifische Weiterbildungsangebote und neue Lernarrangements gefördert werden. Neue Wohn- und Betreuungskonzepte, die das „Miteinander-Füreinander“ der Generationen ermöglichen, die Vernetzung einschlägiger Dienstleistungen begünstigen und gleichzeitig die Eigenständigkeit des Einzelnen zulassen, sind notwendig und zukunftsweisend. Beispiele dafür sind generationsübergreifende Freiwilligendienste sowie Mehrgenerationenhäuser. 3. Verbesserung der Rahmenbedingungen für die stärkere gesellschaftliche Beteiligung Älterer Jedes Mitglied einer demokratisch verfassten Gemeinschaft darf nicht nur Forderungen an die Gesellschaft stellen, sondern muss auch bereit sein, Mitverantwortung für das Ganze zu übernehmen. Staat und Gesellschaft haben nicht nur allen Mitgliedern ein möglichst selbst bestimmtes Leben zu garantieren, sondern auch die Solidarität untereinander zu fördern. Viele alte Menschen in Deutschland haben in ihrer Jugend Flucht und Vertreibung erfahren. Deshalb sollten sie in der Lage sein, sich in ältere bei uns lebende Ausländer hineinzuversetzen, und ihnen mitmenschliche Hilfe leisten. Auch die Gesellschaft ist aufgefordert, Migrantinnen und Migranten zu integrieren. Pflegebedürftig gewordene ausländische Mitbürger haben einen Anspruch auf die Berücksichtigung ihrer kulturellen Bedürfnisse. Ältere Menschen setzen sich in vielfältiger Weise für das Gemeinwohl ein. Sie wollen jedoch bei wichtigen Entscheidungen auf allen Ebenen mitplanen und mitbestimmen. Insbesondere bei Bund und Ländern werden Mitwirkungsmöglichkeiten Älterer in bestehenden BAGSO

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Gremien oft vermisst. In einer Gesellschaft des langen Lebens sind ihre Mitgestaltung und Teilhabe unabdingbar. Die Länder werden aufgefordert, in ihren kommunalen Vertretungsgesetzen (Gemeindeordnungen) die Mitwirkung älterer Menschen in Seniorenvertretungen verbindlich zu regeln. Altersdiskriminierung gibt es in vielen Bereichen, z. B. in der Arbeitswelt, bei Finanzdienstleistungen und im Gesundheitswesen. Sie kann nicht hingenommen werden und ist mit allen Mitteln zu bekämpfen. Die hierzu schon vor Jahren verabschiedeten europäischen Richtlinien müssen endlich auch in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt werden. Ältere Menschen sind erfahrene und durchaus kritische Verbraucher. Die Vertreter der Wirtschaft sind aufgefordert, ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst zu nehmen und sie konsequent zu berücksichtigen. Wenn die Forderungen Älterer nach mehr Nutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Service realisiert werden, bedeutet dies für alle Generationen einen Gewinn. Oft fehlt es Älteren an verlässlichen Informationen, ausführlicher Beratung und situationsgerechtem Service. Im Interesse der Verbraucher sind Qualitätsprüfungen sowie die Einführung verbindlicher Normen notwendig. Die Erstellung von Qualitätssiegeln muss auf transparenten Kriterien beruhen.

Das Alter wurde zu allen Zeiten anerkannt und geehrt, oft aber auch als Last und Belastung empfunden. Das Grundgesetz garantiert jedoch allen Bürgerinnen und Bürgern ein Leben in Würde. Um Alter als Chance zu nutzen, müssen Altersarmut verhindert und die Leistungen von Versicherungen und Staat so gestaltet sein, dass Senioren ihre Mitwirkung auch materiell durch verlässliche und ausreichende Alterseinkünfte ermöglicht wird. Die Gesellschaft, die vor allem auf Leistung und Nutzen ausgerichtet ist, hat die Würde und den Wert des alternden und alten Menschen auch in Zeiten der Hilfsbedürftigkeit zu achten: Menschen, die aufgrund einer chronischen Erkrankung oder Behinderung in ihrer Selbstständigkeit und Mobilität eingeschränkt sind, bedürfen der Unterstützung der Gemeinschaft, damit sie ihren Möglichkeiten entsprechend gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Sterbende Menschen bedürfen in besonderer Weise nicht nur optimaler medizinischer und palliativer Betreuung, sondern auch einer fürsorglichen und mitmenschlichen Begleitung. In einer Gesellschaft des langen Lebens sind die Potenziale des Alters für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft von Nutzen:

Foto: Aleksander Perkovic

• Lebens- und Berufserfahrung älterer Arbeitnehmer sind eine wichtige Ressource, daher ist alles zu tun, damit sie im Arbeitsprozess bleiben können. • Um die Unterstützung hilfsbedürftiger älterer Menschen sicherzustellen, ist auch die Generation der sog. jungen Alten aufgerufen, Mitverantwortung zu übernehmen. Roswitha Verhülsdonk stellt der Presse die „Kölner Erklärung“ vor. Links neben ihr Marlis Bredehorst, Sozialdezernentin der Stadt Köln, und Wolfgang Haehn, Vorsitzender des BAGSO-Fördervereins.

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Fazit

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• Freiwilliges Engagement bereichert die Gesellschaft. Deshalb sind neue Formen der sozialen, politischen und kulturellen Partizipation älterer Menschen zu schaffen und die vorhandenen Möglichkeiten auszubauen. • Bei politischen Entscheidungen muss die Mitwirkung der Älteren BAGSO

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Weitere Höhepunkte

gefördert werden. Die dafür notwendigen Strukturen sind zu schaffen.

5.

WEITERE HÖHEPUNKTE

• Die BAGSO appelliert an die Wirtschaft, stärker in den Dialog mit älteren Menschen zu treten und ihre Bedürfnisse bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen einzubeziehen.

5.1

Mehr Kultur in der 2. Lebenshälfte – mehrKultur55plus und age-culture.net

Alle Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sind aufgefordert, Sorge dafür zu tragen, dass sich ältere Menschen auf die Solidarität der Gemeinschaft und die Sicherstellung ihrer Existenz verlassen, in Würde und Achtung ihrer Person alt werden und entsprechend ihren Fähigkeiten am Leben in der Gesellschaft teilhaben können.

Unter dem Motto „Entfalten statt liften“ wurden die nordrhein-westfälischen Landesprojekte mehrKultur55plus und age-culture.net – Europäisches Netzwerk für Kultur im Alter im Rahmen des 8. Deutschen Seniorentages präsentiert.

Seniorinnen und Senioren verhalten sich solidarisch und erwarten das auch von anderen Generationen.

„Ich würde so gern wieder tanzen gehen“, äußerte sich eine leicht ergraute Frau mit einem Hilfe suchenden Blick und dennoch Glanz in den Augen bei dem Wort „tanzen“. Eine andere erzählte sehnsüchtig: „Als Kind habe ich viel Gitarre gespielt, aber nun...“ und fand einen Grund nach dem anderen, warum die „traditionellen“ Angebote der Musikschulen heute nicht mehr in Frage kommen, obwohl sie diese Betätigung nur allzu gern wieder aufnehmen würde. Das Institut für Bildung und Kultur (IBK), Träger der beiden Projekte, ist über diese Probleme informiert und kennt die Bedürfnisse älterer Kulturinteressierter. Ältere Kulturnutzer wünschen sich bessere und frühzeitige Informationsmöglichkeiten, auch in gedruckter Form und nicht nur über das Internet, persönliche Ansprechpartner und freundlichen Service. Beliebt sind bei einem Teil der Seniorinnen und Senioren attraktive Kombiangebote und Kulturreisen. Viele ältere Menschen legen aber auch großen Wert darauf, ihre Kulturaktivitäten in Eigenregie zu organisieren. So ist das IBK stets bemüht, zu jedem Deckel „Kulturinteressierter“ den passenden Topf „Kulturschaffender“ zu finden. Das Projekt mehrKultur55plus präsentierte Kulturschaffende und Kulturdienstleister aus Nordrhein-Westfalen an 14 Ständen mit innovativen Ideen zum Thema Kultur und Alter. So kam es zu vielen interessanten, anregenden Gesprächen. Zahlreiche Kontakte wurden hergestellt und mögliche Kooperationen angedacht. In den Gesprächen wurde deutlich, dass die Lust auf Kultur im Alter groß ist und die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten ständig wächst.

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Dabei sind insbesondere solche gefragt, mit denen Ältere selbst aktiv werden und bei denen es um Sinn und Inhalt geht. Weg von Konsum und Berieselung – hin zu Engagement und Entfaltung. Nicht selten äußerten sich Vertreter von Senioren-Organisationen mit einem leicht neidischen Ton in der Stimme „Gibt es das nur in Nordrhein-Westfalen?“ Mit Bedauern musste das IBK diese Frage zwar bejahen, war aber dennoch bemüht, auch Kontakte über die Landesgrenze hinaus zu vermitteln. Viele der Kulturanbieter, die sich präsentierten, sind Existenzgründer. Das mag daran liegen, dass etablierte Kulturinstitutionen für das Thema „Kultur und Alter“ schwerer zu erreichen sind. Der vorgestellte Wettbewerb und ein Konzept zur Förderung von Existenzgründungen zum Thema Kultur und Alter wurde besonders interessiert aufgenommen und nachgefragt. „Biografik“, als Beispiel einer solchen Existenzgründung, nennt sich das Angebot der Kölner Künstlerin Renate Paulsen, die biografische Filmportraits auf hohem künstlerischem Niveau erstellt. Reisen und musikalische Bildungsangebote sowie Tanzworkshops kombiniert QISUM aus Wuppertal.

Der CulturSalon in Solingen belebt die Tradition des Bildungssalons des 19. Jahrhunderts neu und gestaltet sinnlich ansprechende Abende zu Themen u. a. aus Kunst, Philosophie und Geschichte. Mit einem innovativen Kinokonzept möchte die Agentur Filmkonzept das Kino für ältere Besucherinnen und Besucher wieder attraktiv machen. Das Publikum diskutierte mit den Initiatoren und gab wertvolle Anregungen, wie ein derartiges Angebot gestaltet werden müsse: zu neuen Filmen frühzeitig Informationen bereitstellen, angenehmes Ambiente und längerfristig planbare Kinobesuche ermöglichen, auch für Gruppen und Bewohner ländlicher Gebiete. Viele Kulturanbieter nutzten die Chance zu einem direkten Dialog mit einer Zielgruppe, über die sie i. d. R. wenig wissen. Die Ausstellung bot zudem den beteiligten Ausstellern die Möglichkeit, in einen intensiven Kontakt und Erfahrungsaustausch miteinander zu treten. Auf der Bühne des Raumes wurden während des dreitägigen Programms Beispiele aus dem Projekt mehrKultur55plus ausführlich und anschaulich vorgestellt, wie man im Alter selbst künstlerisch aktiv und kulturell engagiert sein kann. Brigitte Strätner zeigte Filmausschnitte der Sommerakademien der Kreisaltenheime Lippe, die seit 13 Jahren mit großem Erfolg stattfinden. Die Teilnehmer sind größtenteils über 80 Jahre alt.

Foto: Kirsten Witt

Ebenso interessiert wurde die Theaterproduktion mit Demenzkranken in der Reihe „Erinnern-Vergessen“ des Schlosstheater Moers aufgenommen. Erpho Bell führte beeindruckende Filmausschnitte vor. Von einer anderen Theaterarbeit berichteten Zita Dunkel und drei ihrer Mitspielerinnen und Mitspieler. Sie ist eine der Zeitzeuginnen, die in dem Projekt des Theaters Aachen gemeinsam mit dem Aachener Ensemble Erinnerungen an die Kriegszeit auf der Bühne thematisieren. Qisum informierte nicht nur, sondern erfreute das Publikum auch mit einer stimmlichen Improvisation von Dorothea Hackenberg, Dozentin für Gesang

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Claudia Kressin stellte den „Info-Brief Niederrhein“ vor. Dieser InfoBrief wird an rund 550 Empfänger am Niederrhein, an Altenheime, Seniorenbeauftragte, Künstler, Kulturamtsleiter und Zeitungsredaktionen versendet. Er ist ein Forum sowohl für ältere Kulturinteressierte BAGSO

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als auch für Kulturschaffende, die ihr Angebot auf Ältere abstimmen möchten. Damit soll vor allem ein besserer Informationsfluss über kulturelle Themen gewährleistet werden.

Foto: Friedrich Fischer

Fred Bastemeijer vom Albeda College, Rotterdam, präsentierte die EU-geförderte Lernpartnerschaft ALIA (Adult Learners in Arts). Das Ziel von ALIA ist es, den Kontakt zwischen älteren Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern herzustellen, die Kurse zur kulturellen Erwachsenenbildung besuchen. Fred Bastemeijer weiß, dass die Teilnahme an Kursen zur kulturellen Erwachsenenbildung oft ein erster Einstieg zur Wahrnehmung von anderen Weiterbildungsangeboten ist.

„Entfalten statt liften!“ – so wie die Schauspielerinnen des SENiorenTHEaterSIEgen.

Das 13-köpfige SENiorenTHEaterSIEgen lockte die Besucher mit Szenen aus ihrem aktuellen Programm an. Ihre Ironie über ein Alter, das sich auf Rollatoren und Bestattungsvorsorge beschränkt, riss das Publikum mit. Auch Alt-Jung-Projekte fanden beim Publikum großen Anklang. Das intergenerationelle Tanzprojekt der Benrather Netzstrümpfe wurde mit Filmausschnitten vorgestellt. Außerdem wurden auf der Bühne zahlreiche Diskussionen und Interviews geführt, an denen sich das Publikum jederzeit aktiv und interessiert beteiligte. Am Nachmittag des 17.05.06 stand die Arbeit des europäischen Netzwerks age-culture.net im Mittelpunkt. Nach einem kurzen Bericht über die bisherige Arbeit des europäischen Netzwerkes wurden kulturtouristische Unternehmen vorgestellt, die grenzüberschreitend Kultur-Reisen anbieten. 316

Dr. Frank D.T. Janssen, emeritierter Professor für Wirtschaft an der Hogeschool Zuid in Maastricht, stellte das holländische Untenehmen VIEWROPE vor. VIEWROPE aus der Partnerregion Limburg organisiert kulturtouristische Reisen für ältere Niederländer in Deutschland.

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Besonders anregend und interessiert nahmen die Besucher der Messe das Projekt „Erinnerungen Raum geben“ auf. Ziel dieses Projektes ist es, Biografien sichtbar zu machen. Über 120 ältere Menschen in sieben europäischen Ländern gestalteten unter der Anleitung von Künstlern aus ihrer Lebensgeschichte ganz persönliche „Erinnerungskisten“. Ausrangierte Munitionskisten wurden so gefüllt mit Erinnerungen der Heimat, Kindheit, Kriegszeiten, Eltern... Eine Auswahl dieser Kisten wurde vom Stadtteilzentrum Agathof Kassel zu einer Wanderausstellung zusammengestellt und auf eine 13.000 Kilometer lange Reise quer durch Europa geschickt. Über Sprach-, Kultur- und Generationsgrenzen hinweg vermitteln sich so die Geschichten individueller Erfahrung von Glück und Leid, aber auch von historischem Wissen aus ganz Europa. Stolz konnte Ingeborg Bierbrauer aus Kassel auf dem 8. Deutschen Seniorentag nun auch einige der „Erinnerungskisten mit Fernweh“ präsentieren, die viel vom Leben erzählen. Die vorgestellten Modelle beider Projekte stießen insgesamt auf großes Interesse – auch von internationalen Gästen. Noch ist das Thema „Alter und Kultur“ nicht allseits präsent, doch ist eine neue Dynamik zu erwarten. Das IBK ist sich sicher, dass dem Thema zukünftig seine verdiente Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der 8. Deutsche Seniorentag war ein erster Schritt, eine Sensibilisierung für das Thema und ein Nachdenken darüber anzuregen. BAGSO

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Weitere Höhepunkte

Weiterführende Informationen: Institut für Bildung und Kultur e.V www.ibk-kultur.de/senioren, www.age-culture.net, E-Mail: [email protected]

preises und die positive Resonanz der Bürgerinnen und Bürger, sind ein Beleg dafür, dass Köln sich den Herausforderungen des demografischen Wandels angenommen hat. In der anschließenden Podiumsdiskussion, unter der Leitung von Cornelia Harrer, Paritätischer Wohlfahrtsverband, nahmen neben Senioren, Netzwerk Koordinatoren, Carolin Herrmann vom Amt für Soziales und Senioren der Stadt Köln und Miriam Stierle von der Bertelsmann Stiftung teil. In der Diskussion wurde der völlig neue Weg in der Sozialarbeit mit älteren Menschen beschrieben: • Aktivierung und Beteiligung von Seniorinnen und Senioren statt Betreuung, • Profis, die Selbsthilfe ermöglichen, statt „einfach“ zu helfen,

„Making memories matter“ - Erinnerungen Raum geben. Eine Reihe von Kisten, die von Künstlern und älteren Menschen gestaltet wurden, dokumentierte das europäische Erinnerungsprojekt.

5.2

Programm der Stadt Köln

5.2.1 Fachveranstaltung 4 Jahre Kölner SeniorenNetzwerke: Erfahrungen – Effekte – Erfolge Im Rahmen des 8. Deutschen Seniorentages fand am Dienstag den 16.05.2006 im Messeclub der Kölner Messe die Fachveranstaltung „4 Jahre Kölner SeniorenNetzwerke: Erfahrungen – Effekte – Erfolge“ statt, die von den Kölner Wohlfahrtsverbänden als Träger der SeniorenNetzwerke organisiert wurde.

• Verantwortung aller Bürger für Ihren Stadtteil, • Erkennen von Defiziten, aber vor allem auch von Ressourcen, • Kooperation und Vernetzung statt Vereinzelung und Insellösungen. Im Anschluss an die Veranstaltung, die mit rund 100 Teilnehmern angesichts des großen Rahmenprogramms am Eröffnungstag erstaunlich gut besucht war, hatten die Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, sich an den Ständen der SeniorenNetzwerke intensiver über die Arbeit und die vielfältigen Gruppen, die sich in den Netzwerken gebildet haben, zu informieren. Teilnehmerzahl: ca. 100 Foto: Andreas Thermann

Nach der Begrüßung durch Diane Waterkamp vom Amt für Diakonie, betonte Stefan Santelmann, Leiter des Amtes für Soziales und Senioren der Stadt Köln, in seiner Rede den gelungenen Paradigmenwechsel in der offenen Seniorenarbeit und die innovativen Ansätze, die über drei Jahre Netzwerkarbeit erbracht haben. Die Auszeichnung der SeniorenNetzwerke mit dem 2. Platz des Deutschen Präventions318

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Eine Netzwerk-Koordinatorin im Gespräch mit Besuchern.

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5.2.2 Fachtag „Demenz – Herausforderungen für Familien“ Im Rahmen des Fachtags „Demenz – Herausforderungen für Familien“ stellten sich Kölner Akteure aus der Versorgung Demenzerkrankter vor. Im Vordergrund stand dabei, die Problemlagen für Menschen mit Demenz und ihr soziales Umfeld zu berücksichtigen sowie Zugangs- und Entlastungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Begleitend zu den Podiumsbeiträgen und -diskussionen fand ein Themenmarkt statt, auf dem sich die unterschiedlichen Angebotsgruppen von Gerontopsychiatrischen Zentren, Beratungsstellen, Selbsthilfe, niedrigschwellige Angebote, Tagespflegen, Wohnberatung u. a. präsentierten. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit der Darstellung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihrem Umfeld aus der Sicht einer Angehörigen. Dorothea Driever-Fehl schilderte auf eindrückliche Weise, welchen enormen „Drei-“ oder auch „Vierfach-Belastungen“ pflegende Angehörige durch Anforderungen aus Familie, Pflege, Beruf und dem eigenen Verantwortungsgefühl heraus ausgesetzt sind. Dr. Johannsen, Rheinische Kliniken Köln, gab ergänzend einen Überblick zu der Situation pflegender Angehöriger, die einen Großteil der Pflegebedürftigen in privaten Haushalten versorgen. Besondere Belastungen ergeben sich durch den zeitlichen Betreuungsaufwand, der mit der Erwerbstätigkeit in Einklang gebracht werden muss, durch die soziale Isolation, durch die veränderte Persönlichkeit der Erkrankten und durch die hohen emotionalen, aber auch körperlichen Anforderungen, wie reduzierte Schlafphasen o. ä.. Hier müssen unterstützende Maßnahmen sinnvoll greifen. Stefan Kleinstück vom Demenz-Servicezentrum für die Region Köln und das südliche Rheinland stellte im Überblick die drei Bausteine für die gerontopsychiatrische Versorgung in Köln dar. • Der erste Baustein umfasst die ärztliche und therapeutische Versorgung und Beratung wie z. B. Gerontopsychiatrische Kliniken und Fachärzte. • Der zweite Baustein fokussiert Angebote mit regionalen und überre320

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gionalen Kooperationen wie das Demenz-Servicezentrum, die Alzheimergesellschaft oder die Stadt Köln. Sie stellen Informationen bereit und tragen zur Vernetzung der Akteure bei. • Die im letzten Baustein erfassten Angebote zur Betreuung oder Pflege bieten direkte Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Hier gibt es beispielsweise niedrigschwellige Hilfe- und Betreuungsangebote, Angehörigengesprächskreise, Tagespflege und andere ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote. Besonders wichtig ist es, schon früh den Weg in das Versorgungssystem für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zu öffnen. Versorgungshilfen der Gerontopsychiatrischen Zentren in Köln-Mülheim und Köln-Rodenkirchen sind Fachberatungsstellen, Fachambulanz, Tagesklinik und Tagespflege-Angebote, wie Dr. Johannsen, Rheinische Kliniken Köln, und Prof. Dr. Ihl, Alexianer Krankhaus GmbH, ausführten. Ziel der Gerontopsychiatrischen Zentren ist es, eine Bündelung von Hilfsmaßnahmen anzubieten und eine koordinierte Versorgung sicherzustellen. Thomas Franz, Tagespflege der Alexianer Krankhaus GmbH stellte ergänzend die Angebote der Kölner Tagespflege-Einrichtungen vor. Sie haben zum Ziel, Menschen mit Demenz ressourcenorientiert zu betreuen und pflegende Angehörige zu entlasten. Im Alzheimer Forum werden ebenfalls unterschiedliche Kompetenzen bestimmter Berufsgruppen gebündelt. Das Angebot umfasst telefonische Beratung, Sprechstunden und Gesprächskreise. Außerdem werden Schulungen und Vortragsreihen für Angehörige durchgeführt, so Dr. Schirmer, Zentren für Behinderte und Senioren der Stadt Köln. Eine weitere Form der Entlastung bieten die zahlreichen niedrigschwelligen Hilfe- und Betreuungsangebote in Köln, die Katharina Regenbrecht von „Tandem“, Diakonie Köln gGmbH, vorstellte. Dort wird eine stundenweise Betreuung durch geschulte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in der eigenen Wohnung oder auch in einem der vielen Betreuungscafés angeboten. Eine Ergänzung stellt das Angebot des Pflegedienstes Carola-Leyendecker dar, die zusätzliche Wochenend- oder Nachtbetreuung vorhalten. BAGSO

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Alter als Chance

Weitere Höhepunkte

Die dargestellten Angebote sind auf den Internetseiten der Stadt Köln unter www.stadt-koeln.de/Bürger-Service/Soziale Hilfen als „Wegweiser für Menschen mit Demenz und deren Angehörige“ zusammengefasst. Die anschließende Diskussionsrunde, moderiert von Stefan Kleinstück, Demenz-Servicezentrum, und Dr. Antje-Franziska Knauf, nutzten Angehörige und Interessierte, um den Experten Fragen zu stellen. Insgesamt ist die Enttabuisierung des Themas Demenz und die gesamtgesellschaftliche Anerkennung der Leistungen pflegender Angehöriger den Anwesenden auch zukünftig ein großes Anliegen. Weitere Informationen: Demenz-Servicezentrum für die Region Köln und das südliche Rheinland; Tel.: 01803/8800-11170, E-Mail: [email protected] Protokollführung: Verena Leve, Stefan Kleinstück Teilnehmerzahl: 120

5.2.3 Ausstellung: „Kölner Treff“ Die Stadt Köln als Kooperationspartner der BAGSO informierte im „Kölner Treff“, was Köln an Informations-, Beratungs- und Pflegeangeboten, aber auch an Möglichkeiten des „selbst-aktiv-werdens“ zu bieten hat:

Aussteller

322

Projekt / Thema

Agentur für Arbeit, Köln

Initiative „Demografie und Zukunft der Arbeit“ & Programm zur Arbeitsmarktintegration von Älteren

AK Straße und Verkehrstechnik (Polizei, KVB, Seniorenvertretung, Kölner Verkehrswacht)

Seniorenprojekt Sicherheit im Straßenverkehr mit 12 Minuten Filmvorführung

Arbeitsgemeinschaft Kölner Wohlfahrtsverbände

Angebote u. a.: Seniorenberatung und generationsübergreifende Dienste

BAGSO

Aussteller

Projekt / Thema

Beratungszentrum – RUBICON

Beratungszentrum und Netzwerk für ältere Lesben und Schwule

Betriebssportgemeinschaft Köln – Stadt Köln e.V.

Bewegungsangebote für Ältere

Bürgerhaus Stollwerk

Freizeit & Kulturangebote für Zielgruppe 55+

Caritasverband für die Stadt Köln e.V.

Beratungs- und Hilfsangebote der Altenhilfe

Caritasverband für die Stadt Köln e.V. Interkultureller Treffpunkt 50 plus

Das Stadtmagazin - „Kölner Leben“

Gespräche mit dem Redakteur Helmut Reuter

Diakonie Michaelshoven, Köln e.V. – Senioren

Stationäre Einrichtungen, ambulanter Dienst & Fachseminar Altenpflege

DoMS e.V. & Lebensbogen

Wohnprojekt für Seniorinnen und Senioren und junge chronisch Erkrankte

Kölner Seniorenvertretung

Vorstellung und Rückblick auf 28 Jahre Kölner Seniorenvertretung (SV); Pinnwand für Wünsche und Anregungen

Kripo Köln

Kriminalprävention

Marie Juchacz Altenzentrum

Vorstellung Altenzentrum in KölnChorweiler

Quäker-Nachbarschaftsheim

1. „Community Care“ Leben in der Nachbarschaft bis ins hohe Alter 2. Forum Seniorenbildung

Universität zu Köln

Informationen zum Seniorenstudium

Universität zu Köln mit der Seniorenvertretung Köln

„Wohnen für Hilfe“ Wohnpartnerschaften für Jung und Alt

Volkshochschule Köln

Wissensbörse

WohnMobil

Wohnraumanpassungsberatung

Zentrales Beratungstelefon für Senioren und Menschen mit Behin- Beratung zu Angeboten in Köln derung Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln (SBK)

BAGSO

Vorstellung der Angebote

323

Alter als Chance

Weitere Höhepunkte

Der „Kölner Treff“ bot eine breite Palette an Informationen, deren Präsentation auf reges Interesse der Seniorentagsbesucherinnen und -besucher stieß.

wegs wurde darüber nachgedacht und gesprochen, was „Alter als Chance“ für die einzelnen oder die Gruppe bedeutet. Das Ergebnis dieser Gespräche und Auseinandersetzung wurde zum Seniorentag mitgebracht und in Form einer kleinen Ausstellung präsentiert.

Darüber hinaus inspirierten etwa das Zentrale Beratungstelefon für Senioren und Menschen mit Behinderung sowie die Seniorenvertretung der Stadt Köln einige auswärtige Besucher, die in ihren Heimatstädten die Schaffung entsprechender Einrichtungen anregen wollen.

5.3 Pilgerweg der Gemeinden im „Erzbistum Köln“ zum Deutschen Seniorentag

Die Tatsache, dass der 8. Deutsche Seniorentag 2006 in Köln stattfinden würde, nahmen haupt- und ehrenamtlich Engagierte des Erzbistums Köln zum Anlass, darüber nachzudenken, wie die älteren Menschen der Pfarreien, Vereine und Verbände im Erzbistum motiviert werden könnten, sich am Seniorentag zu beteiligen. Gerade, nachdem im Jahr 2005 durch den Weltjugendtag das Hauptaugenmerk auf den Jugendlichen gelegen hatte, sollte nun die Gruppe der älteren Menschen in den Blick der Kirche rücken. Es entstand die Idee, zu einem Pilgerweg einzuladen, denn von alters her ist Köln eine Station auf dem Jakobs-Pilgerweg. Auch war das Motiv des Weges nahe liegend, um das Thema des Seniorentages „Alter als Chance“ aufzugreifen. Schon in der Bibel wird immer wieder von älteren, ja sehr alten Menschen berichtet, die sich im Vertrauen auf Gott innerlich und äußerlich aufmachten, neue Wege gingen und dabei ihr „Alter als Chance“ annahmen und nutzten. So sollten nun die älteren Menschen aus dem Erzbistum motiviert werden, sich in kleinen oder größeren Gruppen von ihrem jeweiligen Wohnort aus auf unterschiedlichste Art und Weise sternförmig auf den Weg nach Köln zu begeben. Dabei organisierte und gestaltete jede Gruppe ganz individuell ihren eigenen Weg: zu Fuß, mit dem Bus, mit dem Zug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Vor dem Aufbruch oder unter324

BAGSO

Foto: Anna Schenke

Verantwortlich: Arbeitskreis Altenpastoral im Erzbistum Köln

Ein Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Thema „Alter als Chance“ – ein Baum mit „vielen Früchten“ des Alters.

Die Pilgerinnen und Pilger – über 100 an der Zahl – trafen sich im „Blauen Salon“, der dafür einen festlichen Rahmen bot. Dort stellte sich jede Gruppe vor. Beeindruckend war, was die einzelnen mit dem Thema „Alter als Chance“ in Verbindung brachten. Ein großer Baum mit vielen „Früchten“ des Alters wurde von einer Gruppe herein getragen, eine andere deutete ihr Alter als „offene Tür“, wieder eine andere Gruppe benutzte das Symbol der Sonne, um die Chancen des Alters darzustellen, eine weitere stellte ein ganz konkretes Projekt vor: Die im Berufsleben gesammelten Kompetenzen für einen Brunnenbau in Afrika zur Verfügung zu stellen, um nur einige Beispiele aufzuzählen. Die Pilgerinnen und Pilger nutzten dann die Gelegenheit, sich an den Workshops des Seniorentages zu beteiligen und sich auf der SenNova zu informieren. BAGSO

325

Alter als Chance

Weitere Höhepunkte

Der „Pilgertag“ endete mit einem Wortgottesdienst im Messeclub, an dem auch andere Besucherinnen und Besucher des Seniorentags interessiert teilnahmen.

nationale sozialpolitische Entwicklungen mit dem Blick auf das Politikfeld „Armut und soziale Ausgrenzung“. Die zentralen Fragen waren: • Welche Auswirkung wird die Ausweitung, Straffung und Vereinfachung der europäischen „offenen Koordinierung“ von Sozialschutz und sozialer Eingliederung auf seniorenspezifische Problemlagen haben?

Foto: Anna Schenke

• Welche Synergien ergeben sich mit Blick auf die Ziele des 2. Weltaltenplans sowie der regionalen Implementierungsstrategie, die 2002 auf der UNECE Ministerkonferenz in Berlin beschlossen wurde?

Eine gemeinsame Agape-Feier bildete den Abschluss des Pilgerweges.

Hier konnten noch einmal die Erfahrungen des Tages zu Wort kommen und ins Gebet gebracht werden. Anstatt einer Predigt teilten sich die Teilnehmenden mit, was ihnen wichtig geworden war. Der Wortgottesdienst wurde mit einer Agape-Feier – einem gemeinsamen einfachen Mal bestehend aus Brot und Wein – beendet. Jede Gruppe hatte dafür ein Brot mitgebracht, das miteinander geteilt wurde. So konnten sich alle gut gestärkt – durch das gemeinsame Erleben und die Erfahrungen des Tages – auf den Heimweg machen. Protokollführung: Birgit Altmeyer

5.4 Eröffnungskonferenz im Rahmen des Projektes „Transnational Exchange Project on Social Inclusion“ 16. – 17. Mai 2006 Seniorenvertreter aus allen 25 EU-Mitgliedsstaaten diskutierten mit Experten aus Politik und Verbänden über aktuelle europäische und inter326

BAGSO

Ende 2006 wird die EU einen gemeinsamen Sozialschutzbericht für die Bereiche soziale Eingliederung, Alterssicherung und Gesundheitsversorgung vorlegen, der sich auf die im Herbst 2006 von den Mitgliedsstaaten einzureichenden vierteiligen „Nationalen Strategieberichte Sozialschutz und sozialer Eingliederung 2006-2008“ stützten wird. Diese orientieren sich an den im März 2006 verabschiedeten neuen Rahmenbedingungen. Sie sehen eine klare Prioritätensetzung vor und setzen einen Fokus auf die nationalstaatliche Implementierung. Die Etablierung eines nationalstaatlichen Mechanismus zur Umsetzung des Weltaltenplans ist Ziel der „Regional Implementation Strategie to the Madrid International Plan on Ageing“ (RIS): Ein Netzwerk nationaler „Focal Points on Ageing“ in den beteiligten 56 UNECEStaaten konzentriert sich – in enger Zusammenarbeit mit den NGOs – derzeit auf die Förderung der Einbeziehung der Dimension des Alterns in alle politischen Bereiche („Mainstreaming Ageing“) – und ein follow-up der Implementierungsstrategie. Vorgestellt wurden in Köln die Kernelemente dieser internationalen Politikstrategie, die der Partizipation Älterer einen hohen Stellenwert beimisst sowie die europäische Politik des „Streamlining“ mit ihren neuen übergreifenden gemeinsamen Zielen: • Sozialen Zusammenhalt und Chancengleichheit für alle fördern, • effektive Wechselwirkung mit den Lissabonzielen erreichen, • Gestaltung und Umsetzung des Plans (Governance) verbessern. BAGSO

327

Alter als Chance

Weitere Höhepunkte

Für die einzelnen Teilbereiche dieser Strategie, die in Zukunft zu einer verbesserten Vergleichbarkeit sozialer Prozesse im nationalen wie europäischen Kontext führen soll, werden jeweils drei spezifische Unterziele beschrieben: 1. „Beseitigung von Armut und sozialer Ausgrenzung voranbringen“: 2. „Eine angemessene und tragfähige Altersversorgung sicherstellen“: 3. „Eine für alle zugängliche, qualitativ hochwertige und nachhaltige Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege gewährleisten“: Ein integrierter Politikansatz, der innerhalb der Diskussion um die „Angemessenheit der Renten“ auch den Kostenaufwand für Krankenund Pflegeleistungen berücksichtigt, ist wegen der engen Verknüpfung dieser Bedarfe im Alter sinnvoll und notwendig – so die einhellige Meinung in der Diskussion mit Renten- und Gesundheitsexperten. Hervorgehoben wurde vor den Teilnehmern vor allem die Bedeutung einer strukturierten Beteiligung von Senioren-Organisationen und den von Armut und sozialer Ausgrenzung selbst Betroffenen in beiden Prozessen. Das EU-Projekt „Transnational Exchange Project on Social Inclusion“, das u. a. die Erarbeitung einer Handreichung zur Durchführung von zielgruppenorientierten Workshops vorsieht, wurde in diesem Zusammenhang als ein Ansatz gewürdigt, neue Ideen zur Verbesserung der Partizipation gerade der Älteren zu entwickeln. Die Formulierung europäischer wie nationaler klarer Ziele zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung der Älteren wurde gefordert und mit Blick auf den aktuellen Streamliningprozess die Erwartung formuliert, dass • neue Ursachenzusammenhänge etwa für Armut und Alter geliefert werden, • die Ziele der Armutsbekämpfung und sozialen Eingliederung bei Reformierung der Sozialschutzsysteme besser berücksichtigt werden, 328

BAGSO

• die Bedeutung des Sozialschutzes (insbesondere von Mindestleistungen) in den Politiken gegen Armut gefördert wird, • Widersprüchlichkeiten zwischen den politischen Strategien im Bereich „Soziale Integration“ und „Sozialschutz“ deutlich werden. Der Prozess sollte den Regierungen Anlass zur Stärkung der Partizipation der Senioren-Organisationen geben und das Thema „Altern“ mit seinen deutlichen Bezügen zu allen Aspekten der politischen Strategien in den Bereichen Sozialschutz und soziale Integration erkannt werden. Ein internationaler Erfahrungsaustausch zwischen den Senioren-Organisationen, so wurde abschließend festgestellt, sollte angestoßen werden, um das Potenzial der UN und EU-Arbeit zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung auch auf nationaler und regionaler Ebene nutzbar machen zu können. Weitere Information zu dem bis 2007 laufenden Projekt bzw. dem Leitfaden für die Durchführung von Workshops: Elke Tippelmann, BAGSO Kontaktstelle Brüssel , Tel: 00 32/22 86 90 21, www.bagso.de/bruessel.html, E-Mail: [email protected]

5.5

Auftakt zum „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet

Der Deutsche Seniorentag bot den stimmungsvollen Rahmen für den Start des Aktionsprogramms „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet“, dessen Schirmherrschaft Ursula von der Leyen übernommen hatte. „Wir wollen diejenigen überzeugen, die dem Internet noch kritisch gegenüberstehen, und möchten im „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet“ mit Informations- und Bildungsangeboten die Internetnutzung der Älteren steigern“, betonte die BAGSO-Vorsitzende Roswitha Verhülsdonk. Um die Vorteile und den Nutzen des Internets im täglichen Leben aufzuzeigen, greift die BAGSO von Mai 2006 bis April 2007 jeden Monat BAGSO

329

Alter als Chance

Weitere Höhepunkte

ein neues Thema auf: Wohnen, Gesundheit, Reisen, Engagement, Alt und Jung sind Beispiele dafür. Parallel dazu startet ein Bildungsangebot im „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet“: Auf dem Deutschen Seniorentag konnte die Generation 50plus dem Thema Internet in vielfältiger Weise begegnen: Auf der Aktionsbühne der SenNova präsentierte Hanno Wolfram dem Publikum Chancen, Risiken und Nebenwirkungen des Internets. Die Anregungen der Talkrunde mit Vertreterinnen und Vertretern aus den BAGSO-„Online“Verbänden wurden vom Publikum dankbar aufgegriffen. Viele nahmen die Möglichkeit wahr, ihre Fragen zum Einstieg ins Internet, zu den damit verbundenen Kosten und zur Sicherheit im Netz zu stellen. Der Internetraum war an allen drei Tagen gut besucht. Das Kompetenzzentrum Technik – Diversity – Chancengleichheit, Mit-Initiatior des „Online-Jahres 50plus“, stellte seine vierstündigen Internet-Kurse zu fünf Alltagsthemen vor, die im Anschluss an den Seniorentag mit 26.000 Lernplätzen für die Generation50plus an rund 220 Standorten bundesweit angeboten werden. Ziel ist es, Grundlagen zur Internetnutzung zu vermitteln, Vorkenntnisse sind dabei nicht erforderlich. Ansprache Maud Pagel Deutsche Telekom – Bereich „Chancengleichheit und Diversity.“ Das Internet wird immer mehr zum selbstverständlichen Informations- und Kommunikationsweg für uns alle, aber auch insbesondere für die Generation 50plus. Als wir mit dem Internet in unserem Land angefangen haben, Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre, war es überhaupt nicht vorstellbar, das 15 Jahre später über 33 % der Menschen über 50 diese neue Plattform aktiv im Lebensalltag nutzen. Der Begriff Informationszeitalter nimmt für die älteren Menschen konkret Gestalt an, denn in absehbarer Zeit werden Fernsehen und Telefon per Internet angeboten.

dem Internet, zu nehmen. Dies geschieht mit Schnupperkursen und Seminaren in Gemeinden und Städten, aber auch persönlich in Seniorenheimen. Ich fand es sehr schön, als ich in unserem Unternehmen hörte, dass wir Ausbildungsstellen haben, auch zwei in NordrheinWestfalen, die in Seniorenheimen ein Internet-Cafe eingerichtet haben. Es war die Idee der Auszubildenden selber, um dort den Bewohnerinnen und Bewohnern den Zugang ins Internet zu erklären. Das hat eine doppelte Bedeutung, d.h. man hilft den älteren Menschen an der modernen Technik teilzunehmen, aber unsere jungen Auszubildenden lernen gleichzeitig den Umgang mit der älteren Generation. Wir haben eine lange Erfahrung und wir wollen diese Erfahrung mit der BAGSO fortsetzen. Frau Ministerin von der Leyen hat in ihrer Grundsatzrede während der Festveranstaltung die Mehrgenerationenhäuser angeführt. Was wollen wir in den Mehrgenerationenhäuser tun? Ich bin nicht alleine da, ich spreche auch für Fujitsu Siemens Computers GmbH, wir haben uns zusammengeschlossen und wir bieten für die geplanten 439 Mehrgenerationenhäuser ein Infrastrukturkonzept zu besonderen Konditionen an. Dazu gehört die Hardware, die Software, dazu gehören ein Administrationskonzept sowie selbstverständlich ein Breitbandanschluss mit besonderer Flatrate. Wir wollen Ihnen dieses zur Verfügung stellen, wir stehen mit der Firma Siemens bereit. Wir können sofort starten. Partnerinnen und Partner vom „Online-Jahr – Internet verbindet“ sind: Deutsche Telekom, Deutsche Postbank, BKK24, Deutsche Bahn AG, Symantec, Intel GmbH, Feierabend.de – Webtreff für die besten Jahre, Arbeiterwohlfahrt (AWO), Deutsche Angestellten-Akademie (DAA), Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwachsenenbildung (KBE), Bildungszentren Handel und Dienstleistungen HessenThüringen, Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Ulm (ZAWiW),Versandhaus Klingel, Pfizer

Warum bringen wir uns als Telekom, aktiv in die Aktion der Senioren ein? Wir haben mit der BAGSO eine sehr lange Erfahrung. Wir haben bereits 1999 angefangen, mit Trainings, mit Schulungen für ältere Menschen, um ihnen die Scheu vor dem sog. Worldwideweb, also 330

BAGSO

BAGSO

331

Alter als Chance

SenNova 2006

5.6 Fotowettbewerb „Alter als Chance“

6.

SenNova 2006

Der gemeinsame Fotowettbewerb der BAGSO und der Feierabend Online Dienste für Senioren AG war ein voller Erfolg. 525 Seniorinnen und Senioren reichten fast 1.450 Bilder ein. Mit den Fotos sollten die positiven Aspekte des Alters herausgestellt werden. Die Abstimmung erfolgte im Internet in sieben möglichen Kategorien: Senioren und Familie • Miteinander – Füreinander: Gemeinsames (er)leben und gestalten • Lieben und Leben • Aktiv mit neuen Medien • Haus und Garten • Mit Tieren leben • Endlich Reisen.

6.1

SenNova – Neue Akzente

Gemäß ihrem Namen – Sen für Senioren und Nova für Neues – bot die SenNova vielfältige Anregungen rund ums Thema Älterwerden. Traditionell begleitet die Ausstellung den Deutschen Seniorentag und lädt ein zu interessanten Informationen, Gesprächen und zu einem unterhaltsamen Programm. Über 170 Aussteller – darunter 59 BAGSO-Verbände – informierten über Themen wie:

Preisträgerin in der Kategorie „Senioren und Familie“: Edeltraut Stecher, Köln

• Unterwegs: Reisen und Bildung • Zukunftsgerechtes Wohnen • Vorausschauend Planen: Solide Vorsorge, stabile Finanzen • Mitmachen: Die BAGSO-Verbände und ihr soziales Engagement • Immer stärker: Verbraucherschutz für Ältere Hauptgewinnerin: Brigitte Barth, Leipzig.

• Kölner Treff: Regionale Informationen Weitere Attraktionen waren der große Gesundheits- und Internetbereich.

Die Eröffnung Aufgrund dieser Vorauswahl kamen 35 Bilder in die Endausscheidung, die während des 8. Deutschen Seniorentages am Stand von feierabend.de präsentiert wurde. Den Hauptgewinn (8-tägige Flusskreuzfahrt mit der „Viking Helvetia II“) gewann Brigitte Barth aus Leipzig, sie wollte schon immer einen Gleitschirmsprung wagen, getreu dem Motto „Alter als Chance“. Multikulturell geht es auf dem Siegerfoto der Kategorie „Senioren und Familie“ von Edeltraud Stecher aus Köln zu. Die Preisträger der weiteren Kategorien sind zu finden unter: www. bagso.de/dst06.html. 332

BAGSO

Bundesministerin Ursula von der Leyen eröffnete die SenNova, dankte allen Ausstellern für ihre Mitwirkung und sprach mit einigen BAGSO-Verbänden auf ihrem Rundgang. Prof. Ursula Lehr und Roswitha Verhülsdonk rahmten die Eröffnung mit Begrüßung und dankenden Schlussworten ein. BARMERVorstandsvorsitzender Dr. Eckard Fiedler stellte bei der Eröffnung die Kampagne „Deutschland bewegt sich“ vor und warb dafür: „Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass die gewonnenen Jahre möglichst gesund verbracht werden! Das Rezept dafür lautet: Bewegung.“ Gemäß diesem Motto ging es auf der Bühne gleich weiter mit Magdalena Brszeska, der mehrmaligen Deutschen Meisterin in Rhythmischer Sportgymnastik. BAGSO

333

Alter als Chance

SenNova 2006 wie Betreuungsvollmacht und Patientenverfügung. Die geistige Fitness konnte im Gedächtnisparcours erprobt werden. Der Deutsche Sportbund, der Deutsche Turner-Bund, der Bundesverband Seniorentanz und Kieser Training luden zu Fitness-Übungen ein. Auf der Bühne stellte Weltmeister Eberhard Gienger, sein persönliches Erfolgs- und Fitness-Rezept vor.

Foto: Aleksander Perkovic

„Kultur öffnet Horizonte“ war das Thema des dritten Tages. Ein buntes Programm aus Phantasie und Unterhaltung erwartete die Besucher auf der Bühne. In der 4. Etage fand eine Ausstellung bildender Künstlerinnen und Künstler statt. Die Modenschauen von Kaufhof waren ein weiterer Höhepunkt auf der Bühne an den ersten beiden Tagen. Die Sponsoren des Deutschen Seniorentages und der SenNova Bundesministerin Ursula von der Leyen eröffnet zusammen mit der BAGSO-Vorsitzenden Roswitha Verhülsdonk, Prof. Ursula Lehr und dem Kölner OB Fritz Schramma die SenNova.

Die Themenschwerpunkte

Unser ganz besonderer Dank gilt den Sponsoren, die den Deutschen Seniorentag und die SenNova tatkräftig unterstützt haben: Augustinum, Barmer, Deutsche Telekom, Galeria Kaufhof, Generali Versicherungen, Nissan, Pfizer.

Jeder Tag bot ein Programm mit Vorträgen, Möglichkeiten zum Ausprobieren und Unterhaltung zu einem besonderen Thema.

Ein besonderer Magnet war der zweite Tag rund um „Wichtig im Alter – Fit und gesund“. Viele Besucherinnen und Besucher waren eigens dafür angereist. Alle Mitwirkenden waren sich einig: Dieses Thema muss beim nächsten Mal weiter ausgebaut werden. Über 20 Patientenorganisationen und weitere Experten waren vor Ort und gaben Tipps zur Vorsorge, Gesunderhaltung und richtigen Ernährung. Sozialverbände und kirchliche Organisationen informierten über Themen 334

BAGSO

Foto: Anna Schenke

Der erste Tag stand unter dem Motto „Internet als Chance“, an diesem fiel auch gleichzeitig der Startschuss für das „Online-Jahr 50plus – Internet verbindet“. Immer gut besucht war der Internetraum. Auch Neuheiten hatte der Internet-Ausstellungsbereich zu bieten: So stellte Fujitsu Siemens einen nutzerfreundlichen PC vor.

Interessante Informationen und intensive Gespräche an den Ständen der Ausstellung SenNova.

BAGSO

335

Alter als Chance

SenNova 2006

6.2 Die Aussteller



(ohne die regionalen Aussteller, sie sind in Kapitel 5 unter „Kölner Treff“ zu finden)

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• • •

4 Die

336

Ahorn-Grieneisen AG Aktionsprogramm Online-Jahr 50plus Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO)4 Arbeitsgemeinschaft Evangelische Ökumenische Krankenhaus-Hilfe e.V. (EKH) Arbeitsgemeinschaft SPD 60plus Augustinum Wohnstifte BAGSO e.V. Barmenia Versicherungen BARMER Ersatzkasse Bayerisches SeniorenNetzForum (BSNF) e.V. BBV Bayerische Beamten Versicherung BKK 24 Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken BRH Seniorenverband – Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen im DBB Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesseniorenvertretungen e.V. (BAG LSV) Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V. Bundesforum Katholische Seniorenarbeit Bundesinteressensvertretung und Selbsthilfeverband der Bewohnerinnen und Bewohner von Altenwohn- und Pflegeeinrichtungen e.V. (BIVA) Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) Bundesverband Gedächtnistraining e.V.

• • • • • • • • • • •

fett markierten Aussteller sind BAGSO-Verbände.

BAGSO

Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V. Bundesverband Seniorentanz e.V. Büro gegen Altersdiskriminierung e.V. C + ITEC AG CAP Customer Advantage Program GmbH DaCapo Musikmarketing GmbH Dachverband Altenkultur e.V. Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Deutsche Bahn AG Deutsche Herzstiftung Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. Deutsche Landsenioren e. V., Landesverband Thüringen e.V. Deutsche Post Rentenservice Deutsche Postbank AG Deutsche Schmerzliga e.V. Deutsche Seniorenpresse Arbeitsgemeinschaft e.V. (dsp) Deutsche Telekom AG Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband. e.V. (DBSV) Deutscher Bridge-Verband e.V. Deutscher BundeswehrVerband e.V. (DBwV) Deutscher Gehörlosen-Bund Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) Deutscher Schwerhörigenbund e.V. (DSB) Deutscher Senioren Ring e.V. (DSR) Deutscher Turner-Bund (DTB) Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) DeutscheSenior ® – Rund um den Ruhestand DEVK Versicherungen DGB-Reisen GmbH

BAGSO

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Alter als Chance • • • • •

SenNova 2006



doktor momo – mobility solutions Dr. Mann Pharma ECO TOUR OGOS GmbH Evang.Gemeindebildungszentrum Bad Orb Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD (EAfA) Evangelisches Seniorenwerk e. V. (ESW) Fachausschuss Haushaltstechnik der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft Feierabend – Online Dienste für Senioren AG Forum Gemeinschaftliches Wohnen Bundesvereinigung e.V Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. FRS - Förde Reederei Seetouristik Fujitsu Siemens Computers GmbH Generali Lebensversicherung AG Gesellschaft für Gehirntraining e.V. (GfG) GEW - Gemeinnütziges Erholungswerk e.V. Gothaplast Verbandpflasterfabrik GmbH Greenpeace e.V. HelpAge Deutschland Hotel Thüringen HPV e.V., Human powered vehicles Initiative Auge e.V. JAHRESRINGE – Gesamtverband e.V. K.L. Schmidt Consulting & Projektbau AG Karl-Arnold-Stiftung Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands e.V. (KAB) Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE) Katholische Frauengemeinschaft Deutschland kfd - Bundesverband e.V. Kaufhof Warenhaus AG

338

BAGSO

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Kieser Training AG Kneipp-Bund e.V. Kölner Frauengeschichtsverein Kolpingwerk Deutschland komba gewerkschaft Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit Kreissparkasse Köln Kuratorium Deutsche Altershilfe Kuratorium Wohnen im Alter gAG Landeskriminalamt Lebensversicherung von 1871 a.G. Liberale Senioren LiS@ Malteser Hilfsdienst e.V. Marketing und Produktmanagement T-Pay Maternus Seniorenwohnanlage Köln-Rodenkirchen GmbH Mediplus Reisen GmbH MigräneLiga e.V. Deutschland Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW MISEREOR – Initiaitve „einfach anders altern“ MobiTell GmbH, mobitell 3-Tasten Service MVDA - Marketing Verein Deutscher Apotheker e.V. Nationales Netzwerk älterer Frauen e.V. (NäF) Natur und Medizin e.V. NaturFreunde Deutschlands – Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur Netzwerk Osteoporose e.V. Nexia Deutschland GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Patientenliga Atemwegserkrankungen e.V. Patientenverfügung & Co, Barbara Stein Vorsorge-Fachberaterin Pfizer Deutschland GmbH

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SenNova 2006

Philips Medizin Systeme Böblingen GmbH PHILIPS/mediatsales Pro Retina Reinecker Reha-Technik GmbH Reiners Reisen Reisebüro Berto GmbH Renault Nissan Deutschland AG Rhenania Seniorenresidenzen GmbH - Parkresidenz Rosenhof Seniorenwohnanlagen SANTUR – Santa Catarina Turismo S/A Senior Experten Service – Stiftung der Deutschen Wirtschaft für Internationale Zusammenarbeit gGmbH (SES) Senioren-Lernen-Online (SLO) Senioren Union der CDU Seniorenarbeitsgemeinschaft der Linkspartei.PDS Senioren-Union der CSU Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) Sozialverband VdK Deutschland e. V. Sozialwerk Berlin e.V. sport creativ St.Vincenz-Haus / Fotogruppe Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Stiftung Warentest Synagogen-Gemeinde Köln T-Com Zentrale, MVM4 Telco Services GmbH TERRAMUNDI TRAVEL + INCENTNE GmbH Touristinformation Mittelmosel-Kondelwald Transocean Tours Touristik GmbH VDK – Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge Vegetarier-Altenselbsthilfe e.V. Verbraucherzentrale NRW Veritas SG Investment Trust GmbH BAGSO

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Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG Versandhaus Robert Klingel GmbH + Co. KG VIA-Spiele Verlag Virtuelles und reales Lern- und Kompetenz-Netzwerk für ältere Erwachsene e.V. (ViLE) Vodafon D2 GmbH Volkssolidarität Bundesverband e.V. Volkswohl Bund Versicherungen W. Feldhoff & Comp. Arzneimittel GmbH Westdeutscher Rundfunk Köln Zwischen Arbeit und Ruhestand – ZWAR e.V.

Die Gäste des Seniorentages konnten sich sowohl bei den BAGSO-Verbänden als auch bei Unternehmen informieren.

BAGSO

341

Alter als Chance

7.

Bilanz

Ergebnisse der Ausstellerbefragung 5

BILANZ: ERFOLG IN ZAHLEN

Befragung der Besucherinnen und Besucher des Seniorentages Während des 8. Deutschen Seniorentages wurde eine Umfrage zur Beurteilung der Veranstaltung bei 471 Besucherinnen und Besucher durchgeführt. Die Mehrzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehörte der Altersgruppe zwischen 60 bis 69 Jahren (43,6 %) an, gefolgt von den unter 60-Jährigen (36,1 %). Immerhin 18 % waren zwischen 70 und 79 Jahre alt. Mit 63,9 % bildeten die Frauen die größere Gruppe der Besucher.

Die Aussteller wurden im Anschluss an die SenNova mittels Fragebogen um eine Bewertung der Veranstaltung gebeten. Insgesamt nahmen 106 Aussteller an der Umfrage teil. Als Zielgruppen wurden Senioren als Besucher mit 98,1 %, Multiplikatoren in Verbänden mit 60,4 % und Fachleute im Seniorenbereich mit 43,3 % erreicht. Waren Sie mit der Besucherzahl Ihres Standes zufrieden?

Der Veranstaltungsort Köln war gut gewählt: 96 % der Befragten stimmten dieser Wahl zu. Die Veranstaltungen selber wurden von den Seniorinnen und Senioren überwiegend positiv beurteilt: 79 % äußerten, dass ihre Erwartungen erfüllt worden seien, und drei Viertel 77,3 % empfanden die Inhalte der Foren und Workshops als eine persönliche Bereicherung.

Die Auswahl der Themen war gut

Die übereinstimmende positive Bewertung, 93 % bewerteten die Themenauswahl gut, bestätigt noch einmal das Konzept und die inhaltliche Gestaltung. 342

BAGSO

Ausgehend von der Befragung der ausstellenden BAGSO-Verbände und der weiteren Aussteller waren knapp 93 % mit der Besucherzahl und ihrem Erfolg auf der SenNova zufrieden bis sehr zufrieden. So verwundert es auch nicht, dass 83 % der Aussteller 2006 bei der nächsten SenNova im Jahre 2009 dabei sein wollen, 17 % erwägen einen erneuten Besuch noch ab. 5 Die

ausführlichen Befragungsergebnisse finden Sie unter www.sennova.de/ausstellung/start.html.

BAGSO

343

Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

Medienresonanz auf den Deutschen Seniorentag Das Medien-Interesse am 8. Deutschen Seniorentag war groß. So wurde im Vorfeld, während des Seniorentages und in der Zeit bis Ende Mai 2006 in 492 Printmedien mit einer Gesamtauflage von mehr als 43 Mio. berichtet sowie in jeweils zehn Fernseh- und Hörfunksendern, deren Zuschauer und Zuhörerzahlen nicht ausgewiesen sind. Stark zugelegt hat die Berichterstattung im Internet mit 3.182.128.502 Page Impressions, also Seitenaufrufen. Über 180 Journalistinnen und Journalisten hatten sich akkreditiert. Danken möchten wir den Mitarbeiterinnen der Presseagentur Kock & Lohmann aus Köln, die uns tatkräftig unterstützt und sich über das vertraglich vereinbarte Maß hinaus engagiert haben!

2006

2003

16.668

10.000

7 3.369

7 1.750

Anzahl der Workshops

42

34

Veranstaltungen SenNova

60

38

170 111 59

101 48 53

1.652

696

180

70

Ganztägige Foren (17.5.2006) Besucherzahl der Foren

Aussteller (Kommerzielle und BAGSOVerbände) Kommerzielle Aussteller BAGSO-Verbände Ausstellungsfläche SenNova in qm² Akkreditierte Journalisten 344

BAGSO: ORGANISATIONEN UND VORSTAND

8.1

Die BAGSO: Verbände auf einen Blick

Unter dem Dach der BAGSO haben sich 93 Mitgliedsorganisationen mit mehr als 12 Millionen älterer Menschen zusammengeschlossen. Hier finden Sie die Adressen der BAGSO-Organisationen, auch derjenigen BAGSO-Verbände, die verantwortlich ein Forum bzw. einen Workshop durchgeführt haben. Dort werden Ihnen auch weiterführende Informationen zu den Veranstaltungen gegeben. ARBEIT und LEBEN, Arbeitskreis für die Bundesrepublik Deutschland e.V. *) Robertstr. 5a, 42107 Wuppertal Tel.: 02 02 / 97 40 40 • Fax: 02 02 / 97 40 420 Mail: [email protected] • www.arbeitundleben.de Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO) • Marie-Juchacz-Haus Oppelner Str. 130, 53119 Bonn Tel.: 0228 / 66 85-0 • Fax: 0228 / 66 85-209 Mail: [email protected] • www.awo.org

Seniorentag in Zahlen

Besucherzahl an 3 Tagen Festveranstaltungen, Kongress, SenNova

8.

BAGSO

Arbeitsgemeinschaft Evangelische Krankenhaus-Hilfe e.V. (EKH) Sträßchensweg 16, 53113 Bonn Tel.: 0228 / 32 83 55 • Fax: 0228 / 32 79 36 Mail: [email protected] • www.ekh-deutschland.de AG SPD 60 plus • Referat Seniorenpolitik / Demographischer Wandel Wilhelmstr. 141, 10963 Berlin Tel.: 030 / 2 59 91 – 331 • Fax: 030 / 2 59 91 - 410 Mail: [email protected] • www.ag60plus.de Arbeitskreis für Gerostomatologie e.V. *) • Bereich Seniorenzahnmedizin Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde Medizinische Fakultät der Universität Leipzig Nürnberger Str. 57, 04103 Leipzig Tel.: 0341 / 97 21-300, Fax: 0341 / 97 21-309 Mail: [email protected] • www.akgerostomatologie.de Bayerisches SeniorenNetzForum (BSNF) e.V. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg *) FIM-NeuesLernen Institut für Psychologie Konrad-Zuse-Str. 3, 91052 Erlangen Tel.: 0 91 31 / 50 72 92 • Fax: 0 91 31 / 85 24 738 Mail: [email protected] • www.bsnf.de

BAGSO

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

BDZ - Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft • Ständiger Ausschuss „BDZ-Senioren“ Friedrichstr. 169/170, 10117 Berlin Tel.: 030 / 40 81 66 00 • Fax 030 / 40 81 66 33 Mail: [email protected] • www.bdz.dbb.de

Bundesinteressenvertretung und Selbsthilfe-verband der Bewohnerinnen und Bewohner von Altenwohn- und Pflegeeinrichtungen (BIVA) e.V. Vorgebirgsstr. 1, 53913 Swisttal Tel.: 0 22 54 / 70 45 • Fax: 0 22 54 / 70 46 Mail: [email protected] • www.biva.de

BegegnungsCentrum • Haus im Park der Körber-Stiftung *) Gräpelweg 8, 21029 Hamburg Tel.: 040 / 72 57 02-0 • Fax: 040 / 72 57 02-24 Mail:[email protected] • www.HausImPark.de

Bundespolizeigewerkschaft • verbund innere sicherheit Fichtelgebirgsstr. 8, 95448 Bayreuth Tel.: 09 21 / 99 424 Mail: [email protected] www.bundespolizeigewerkschaft.de

Betreuungswerk Post Postbank Telekom (BeW) Maybachstr. 54-56, 70469 Stuttgart Tel.: 0711 / 13 56 36 41 • Fax: 0711 / 13 56 36 99 Mail: [email protected] • www.betreuungswerk.de

Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung e.V. (KKV) Bismarckstr. 61, 45128 Essen Tel.: 0 2 01 / 87 923 0 • Fax: 0 2 01 / 87 923 33 Mail: [email protected] • www.kkv-bund.de

Büro gegen Altersdiskriminierung *) • Bobstr. 9, 50676 Köln Tel. / Fax: 0221 / 3 50 07 26 Mail: [email protected] • www.altersdiskriminierung.de

Bundesverband Gedächtnistraining e.V. Friedensweg 3, 57462 Olpe-Dahl Tel.: 0 27 61 / 82 65 55 • Fax: 0 27 61 / 82 65 56 Mail: [email protected] www.bv-gedaechtnistraining.de

Bund Deutscher Amateurtheater e.V. (BDAT) *) Steinheimer Str. 7 / 1, 89518 Heidenheim Tel.: 0 73 21/ 9 46 99 04 • Fax: 0 73 21 / 4 83 41 Mail: [email protected] • www.bdat-online.de Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesseniorenvertretungen e.V. (BAG LSV) Gasselstiege 13, 48159 Münster Tel.: 0251 / 21 20 50 • Fax: 0251 / 2 00 66 13 Mail: [email protected] • www.senioren-online.net Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e.V. (BaS) Graurheindorfer Str. 79, 53111 Bonn Tel.: 02 28 / 61 40 74 • Fax: 02 28 / 61 40 60 Mail: [email protected] • www.seniorenbueros.org Bundesfachverband Schlafapnoe / Atemstillstand und chronische Schlafstörung e.V. *) Keltenweg 19 69221 Dossenheim Tel.: 0 62 21 / 86 27 06 • Fax: 0 62 21 / 87 41 22 Mail: [email protected] • www.schlafapnoe.org Bundesforum Katholische Seniorenarbeit (BfKS) Kaiserstr. 161, 53113 Bonn Tel.: 02 28 / 10 33 24 • Fax: 02 28 / 10 33 34 und 1 03 53 10 Mail: [email protected] • www.katholische-seniorenseelsorge.de

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BAGSO

Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V.*) Holweider Str. 13-15, 51065 Köln Tel.: 02 21 / 61 20 41 • Fax: 02 21 / 9 62 44 57 Mail: [email protected] • www.nsberatung.de Bundesverband Seniorentanz e.V. Insterburger Str. 25, 28207 Bremen Tel.: 04 21 / 44 11 80 • Fax: 04 21 / 4 98 62 17 Mail: [email protected] • www.seniorentanz.de Dachverband Altenkultur e.V. *) Zugweg 10, 50677 Köln Tel.: 0221 / 32 35 02 • Fax: 0221 / 33 16 68 Mail: [email protected] • www.fwtkoeln.de und www.altentheater.de Dachverband der Gerontologischen und Geriatrischen Wissenschaftlichen Gesellschaften Deutschlands e. V. (DVGG) • c/o Institut für Psychogerontologie Prof. Dr. Wolf D. Oswald Nägelbachstr. 26, 91052 Erlangen Tel.: 091 31 / 85 26 526 Mail: [email protected] • www.dvgg.de

BAGSO

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Friedrichstr. 236, 10969 Berlin Tel.: 030 / 2 59 37 95-0 • Fax: 030 / 2 59 37 95-29 Mail: [email protected] www.deutsche-alzheimer.de

Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. Rungestr. 19, 10179 Berlin Tel.: 030 / 28 53 87-0 • Fax: 030 / 28 53 87-20 Mail: [email protected] • www.dbsv.org Deutscher Bridge-Verband e.V. Augustinusstr. 9 b, 50226 Frechen Tel.: 0 22 34 / 60 00 90 • Fax: 0 22 34 / 60 00 920 Mail: [email protected] • www.bridge.de

Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung Emil-von-Behring-Str. 3, 60439 Frankfurt Tel.: 069 / 58 098 – 307 • Fax: 069 / 58 098 – 311 Mail: [email protected] • www.deae.de

Deutscher BundeswehrVerband e.V. (DBwV) Südstr. 123, 53175 Bonn Tel.: 02 28 / 38 23-0 • Fax: 02 28 / 38 23-2 20 www.dbwv.de

Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh) Prof. Dr. Alrun Niehage Postfach 2151, 49132 Wallenhorst Tel.: 0 54 07 / 81 64 76 Mail: [email protected] • www.dghev.de

Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V.(DEF) Bödekerstr. 59, 30161 Hannover Tel.: 05 11 / 9 65 68-0 • Fax: 05 11 / 9 65 68-13 Mail: [email protected] • www.evangelische-frauen.de

Deutsche Gesellschaft für Präventivmedizin e.V. Hansaallee 321, Gebäude 37 40549 Düsseldorf Tel.: 0211 / 90 42-9 10 • Fax: 0211 / 90 42-9 99 Mail: [email protected]

Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) e. V. Rummelsberg 2, 90592 Schwarzenbruck Tel.: 0 91 28 / 50 23 00 • Fax: 0 91 28 / 50 22 17 Mail: [email protected] • www.devap.de

Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten e.V. (DGVP) Lehrstr. 6, 64646 Heppenheim Tel.: 0 62 52 / 94 29 8-0 • Fax: 0 62 52 / 94 29 829 Mail: [email protected] • www.dgvp.de

Deutscher Familienverband e.V. (DFV) *) Luisenstr. 48, 10117 Berlin Tel.: 030 / 30 88 29 60 • Fax: 030 / 30 88 29 61 Mail: [email protected] • www.deutscher-familienverband.de

Deutsche Landsenioren e. V. *) beim Deutschen Bauernverband im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft Claire-Waldoff-Str. 7 10117 Berlin Tel.: 030 / 3 19 04-2 16 • Fax: 030 / 3 19 04-2 04 Mail : [email protected]

Deutscher Frauenrat (DF) *) Axel-Springer-Str. 54 A, 10117 Berlin Tel.: 030 / 20 45 69-0 • Fax: 030 / 20 45 69-44 Mail: [email protected] • www.frauenrat.de

Deutsche Seniorenpresse Arbeitsgemeinschaft e.V. (dsp) *) Königstr. 70, 90429 Nürnberg Tel.: 09 11 / 27 29 95 27 • Fax: 09 11 / 27 29 95 11 Mail: [email protected] www.deutsche-seniorenpresse.de

Deutscher Guttempler-Orden (I.O.G.T.) e.V.*) Adenauerallee 45, 20097 Hamburg Tel: 040 / 24 58 80 • Fax:040 / 24 14 30 Mail: [email protected] • www.guttempler.de Deutscher Schwerhörigenbund e.V. (DSB) Breite Str. 23, 13187 Berlin Tel.: 030 / 47 54 11 14 • Fax: 030 / 47 54 11 16 Mail: [email protected] www.schwerhoerigkeit.de

Deutsche Steuergewerkschaft – Landesverband Nordrhein-Westfalen *) Graf-Adolf-Str. 100, 40210 Düsseldorf Tel.: 02 11 / 90 69 50 Mail: [email protected] • www.dstg-nrw.de

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BAGSO

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

Deutscher Senioren Ring e.V. (DSR) Hauptstr. 86, 53229 Bonn Tel.: 02 28 / 60 88-3 88 • Fax: 02 28 / 60 88-3 89 Mail :[email protected] • www.DeutscherSeniorenRing.de

Forschungsinstitut Geragogik e.V. (FoGera) *) Alfred-Herrhausen-Str.44, 58455 Witten Tel.: 0 23 02 / 91 52 72 • Fax: 07 21 / 1 51 50 76 66 Mail: [email protected] • www.fogera.de • www.forschungsinstitut-geragogik.de

Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) • Referat Seniorensport Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt Tel.: 069 / 67 00-0 • Fax: 069 / 67 49 06 www.dsb.de • www.richtigfitab50.de

Forum Gemeinschaftliches Wohnen, Bundesvereinigung e.V.*) Brehmstr. 1 A, 30173 Hannover Tel.: 05 11 / 92 40 01-8 27 • Fax: 05 11 / 92 40 01-8 89 Mail: [email protected] • www.fgwa.de

Deutscher Turner-Bund (DTB) Otto-Fleck-Schneise 8, 60528 Frankfurt Tel.: 069 / 6 78 01-1 72 • Fax: 069 / 6 78 01-1 79 Mail: [email protected] • www.dtb-online.de Link:: Fitness & Gesundheit Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) Fachgruppe „Ruhestand“ Frauenbergstr. 8, 35039 Marburg Tel.: 0 64 21 / 9 48 88-0 • Fax: 0 64 21 / 9 48 88-10 Mail: [email protected] • www.dvbs-online.de Deutsches Sozialwerk (DSW) e.V. An der Esche 2, 53111 Bonn Tel.: 02 28 / 65 44 99 • Fax: 02 28 / 65 55 99 Mail: [email protected]

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Reifenberger Str. 21 60489 Frankfurt Tel.: 069 / 78 97 33 06 Mail: [email protected] • www.gew.de/SeniorinnenundSenioren.html Greenpeace e.V. TEAM 50plus *) Große Elbstr. 39, 22767 Hamburg Tel: 040 / 30 61 82 75 / 80 • Fax: 040 / 30 63 10 80 Mail: [email protected] • Mail: [email protected] www.greenpeace.de

EURAG *) • Geschäftsstelle im Paritätischen Wohlfahrtsverband Brandenburgische Str.80, 10713 Berlin Tel.: 030 / 8 60 01-1 75 oder -1 49 • Fax: 030 / 8 60 01-2 20 Mail: [email protected] • www.eurag-deutschland.de Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD (EAfA) Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover Tel.: 05 11 / 27 96-4 41 oder -4 40 • Fax: 05 11 / 27 96-7 07 (-7 09 Frauenreferat) Mail: [email protected] • www.ekd.de/altenarbeit

Hartmannbund – Verband der Ärzte Deutschlands e.V. Ausschuss für Altersfragen der Medizin des Hartmannbundes Schützenstr. 6a, 10117 Berlin Tel.: 030 / 20 62 08-40 • Fax: 030 / 20 62 08-7 40 Mail: [email protected] • www.hartmannbund.de Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Olof-Palme-Str. 19, 60439 Frankfurt Tel.: 0 69 / 9 57 37-0 • Fax: 0 69 / 9 57 37-5 09 Mail: [email protected] • www.igbau.de

Evangelisches Seniorenwerk (ESW) Stafflenbergstr. 76, 70184 Stuttgart Tel.: 07 11 / 21 59-1 36 / -5 22 • Fax: 07 11 / 21 59-5 50 Mail: [email protected] • www.evangelisches-seniorenwerk.de

Internationaler Bauorden (IBO) *) • Deutscher Zweig e.V. Verein „Senioren im Bauorden“ Liebigstr. 23, 67551 Worms Tel.: 0 62 41 / 3 79 00 • Fax: 0 62 41 / 3 79 02 Mail: [email protected] • www.bauorden.de

Familienbund der Katholiken Bundesverband e.V. Neue Kantstr. 2, 14057 Berlin Tel.: 030 / 32 67 56-0 • Fax: 030 / 32 67 56-20 Mail: [email protected] • www.familienbund.org

350

Gesellschaft für Gehirntraining e.V. (GfG) Postfach 14 20, 85555 Ebersberg Tel.: 0 80 92 / 86 49 30 • Fax: 0 80 92 / 86 49 50 www.gfg-online.de

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

JAHRESRINGE – Gesamtverband e.V. Boxhagener Str. 18, 10245 Berlin Tel.: 030 / 29 34 18 13 • Fax: 030 / 29 34 18 10 Mail: [email protected] • www.jahresringe-ev.de

LAG „Aktiv im (Vor-)Ruhestand“ S-A e.V. *) Lönsstr. 2, 29410 Salzwedel 0 39 01 / 30 45 62 115 • 0 39 01 / 30 45 62 145 Mail: [email protected]

Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands e.V. Bernhard-Letterhaus-Str.26, 50670 Köln Tel.: 02 21/ 77 22-133 • Fax: 02 21/ 77 22-135 Mail: [email protected] • www.KAB.de

Lange Aktiv Bleiben (LAB) - Lebensabend-Bewegung Hamburger Allee 55, 30161 Hannover Tel. / Fax: 05 11 / 39 13 62 www.lab-lv-nds.de

Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE) Joachimstr. 1, 53113 Bonn Tel.: 02 28 / 9 02 47-0 • Fax 02 28 / 9 02 47-29 Mail: [email protected] • www.kbe-bonn.de

Liberale Senioren LiS@ - Bundesverband Weißdornweg 14/264 72076 Tübingen Tel.: 0 70 71 / 6 62 73 • Fax: 0 70 71 / 96 48 57 www.liberale-senioren.de

Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) - Bundesverband e.V. Prinz-Georg-Str. 44, 40477 Düsseldorf Tel.: 02 11 / 4 49 92-0 • Fax: 02 11 / 4 49 92-88 Mail: [email protected] • www.kfd.de Kneipp-Bund e.V. Adolf-Scholz-Allee 6, 86825 Bad Wörishofen Tel: 0 82 47 / 30 02-0 • Fax: 082 47 / 30 02-1 99 Mail: [email protected] • www.kneippbund.de

MISEREOR-Initiative „einfach anders altern“ *) Mozartstr. 9, 52064 Aachen Tel.: 02 41 / 44 21 33 • Fax: 02 41 / 44 21 88 Mail: [email protected] • www.dritteslebensalter.de

Kolpingwerk Deutschland Kolpingplatz 5-11, 50667 Köln Tel.: 02 21 / 2 07 01-0 • Fax: 02 21 / 2 07 01-38 Mail: [email protected] • www.kolping.de

Nationales Netzwerk älterer Frauen e.V. (NäF) *) Herrmann-Meyer-Str.38, 04207 Leipzig Tel.: 03 41 / 4 25 14 20 oder 4 20 36 93 / 94 • Fax: 03 41 / 4 25 14 20 Mail: [email protected]

komba gewerkschaft Norbertstr.3, 50670 Köln Tel.: 02 21 / 91 39 20-0 • Fax: 02 21 / 91 39 20-29 Mail: [email protected] • www.komba.de

NaturFreunde - Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus; Sport und Kultur Warschauer Str. 58, 10243 Berlin Tel.: 030 / 29 77 32 60 • Fax: 030 / 29 77 32 80 Mail: [email protected] • www.naturfreunde.de

Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) Schaumburg-Lippe-Str. 5, 53113 Bonn Tel.: 02 28 / 9 11 40 90 • Fax: 02 28 / 9 11 40 98 Mail: [email protected] • Mail: [email protected] www.dpvkom-senioren.de

NAV-Virchow-Bund e.V. *) Belfortstr. 9, 50668 Köln Tel.: 02 21 / 97 30 05-0 • Fax: 02 21 / 7 39 12 39 Mail: [email protected] • www.nav-virchowbund.de

Kuratorium Wohnen im Alter e.V. (KWA) Biberger Str. 50, 82008 Unterhaching Tel.: 089 / 6 65 58-5 00 • Fax: 089 / 6 65 58-5 38 Mail: [email protected] • www.kwa.de

352

Memory Liga e.V. *) • Liga für Prägeriatrie Birkenweg 19, 77736 Zell a. H. Tel.: 0 78 35 / 54 80 71 • Fax: 0 78 35 / 54 80 72 Mail: [email protected] • www.wissiomed.de

Netzwerk Osteoporose e.V. Kamp 21, 33098 Paderborn

Tel. / Fax: 0 52 51 / 28 05 86 Mail: [email protected] • www.netzwerk-osteoporose.de

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

Senior Experten Service (SES) Postfach 22 62, 53012 Bonn Tel.: 02 28 / 2 60 90-0 • Fax: 02 28 / 2 60 90-77 Mail: [email protected] • www.ses-bonn.de

Sozialwerk Berlin e.V. - Altenselbsthilfe- und Beratungszentrum Humboldtstr. 12, 14193 Berlin Tel.: 030 / 8 91 10 51/52 • Fax: 030 / 8 92 60 08 Mail: [email protected] • www.kompetenznetz-alter.de

Die Linkspartei.PDS - Seniorenarbeitsgemeinschaft Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin Tel.: 030 / 24 00 90 • Fax: 030 / 2 41 10 46 Mail: [email protected] • www.pds-online.de

TRANSNET Gewerkschaft GdED Weilburger Str. 24, 60326 Frankfurt Tel.: 0 69 / 75 36-3 95 • Fax: 0 69 / 75 36-4 48 Mail: [email protected] • www.gded.de

Senioren-Lernen-Online *) Tauernweg 14, 24147 Kiel Tel.: 04 31 / 7 80 92 30 • Fax: 04 31 / 7 80 92 32 Mail: [email protected] • www.senioren-lernen-online.de

UNIONHILFSWERK, Landesverband Berlin *) (UHWBerlin) Ernst-Lemmer-Haus Richard-Sorge-Str. 21 A, 10249 Berlin Tel.: 030 / 4 22 65-710 • Fax: 030 / 4 22 65-712 Mail: [email protected] • www.uhw-berlin.de

Senioren Union der CDU - Bundesgeschäftsstelle Klingelhöfer Str. 8, 10785 Berlin Tel.: 030 / 2 20 70-0 • Fax: 030 / 2 20 70-4 49 Mail: [email protected] • www.seniorenunion.cdu.de

Vegetarier-Altenselbsthilfe e.V. (VAH) c/o Dipl.-Ing. Ram Mohan Saxena Weststr. 24, 47647 Kerken Tel.: 0 28 33 / 57 09 09 • Fax: 0 28 33 / 57 16 43 Mail: [email protected] • www.VAHonline.de.VU

Senioren-Union der CSU Nymphenburger Str. 64, 80335 München Tel.: 089 / 12 43-2 34 • Fax: 089 / 12 43-2 89 Mail: [email protected] • www.sen.csu.de

Verband der Beamten der Bundeswehr e.V. (VBB) Baumschulallee 18a, 53115 Bonn Tel.: 02 28 / 38 92 7-0 • Fax: 02 28 / 63 99 60 Mail: [email protected]

Seniorenverband BRH - Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen im DBB Alicenplatz 4 / 55116 Mainz Tel.: 0 61 31 / 22 33 71 • Fax: 0 61 31 / 22 56 25 Mail: [email protected] • www.brh.dbb.de Seniorenvereinigung des Christlichen Jugenddorfwerkes Deutschlands e.V. (CJD) Am Ring 24, 67752 Wolfstein Tel.: 0 63 04 / 91 11 46 • Fax: 0 63 04 / 91 11 02 Mail: [email protected] • www.cjd.de Sozialverband Deutschland (SoVD) Stralauer Str. 63, 10179 Berlin Tel.: 030 / 72 62 22-0 • Fax: 030 / 72 62 22-3 11 Mail: [email protected] • www.sozialverband.de

Virtuelles und reales Lern- und Kompetenz Netzwerk für ältere Erwachsene e.V.(ViLE) *) c/o ZAWiW Universität Ulm 89069 Ulm Tel.: 07 31 / 5 02-58 35 • Fax: 07 31 / 5 02-31 97 Mail: [email protected] • www.vile-netzwerk.de Volkssolidarität Bundesverband e.V. (VS) - Bundesgeschäftsstelle Alte Schönhauser Str. 16, 10119 Berlin Tel.: 030 / 2 78 97-0 • Fax: 030 / 27 59 39 59 Mail: [email protected] • www.volkssolidaritaet.de

Sozialverband VdK Deutschland e.V. Wurzerstr. 4a, 53175 Bonn Tel.: 02 28 / 8 20 93-0 • Fax: 02 28 / 8 20 93-43 Mail: [email protected] • www.vdk.de

354

Verbraucherzentrale NRW *) Mintropstr. 27, 40215 Düsseldorf Tel.: 02 11 / 38 09 118 Mail: [email protected] • www.vz-nrw.de

BAGSO

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Alter als Chance

BAGSO: Organisationen und Vorstand

Zwischen Arbeit und Ruhestand - ZWAR e.V. Steinhammer Str. 3, 44379 Dortmund Tel.: 02 31 / 9 61 31 70 • Fax: 02 31 / 6 18 51 72 Mail: [email protected] • www.zwar.org.

Im November 2006 wurde ein neuer Vorstand gewählt. Vorsitzender: 1. Stellvertreter, Schatzmeister: 2. Stellvertreter: Beisitzer/innen:

Stand: November 2006

8.2

Ehrenvorsitzende:

BAGSO-Vorstand

Walter Link Frieder Theysohn Karl Michael Griffig Ruth Brand, Dr. Rudolf Fitzner, Dieter Seipp, Helga Walter Marieluise Kluge-Strudel Roswitha Verhülsdonk

Der BAGSO-Vorstand zur Zeit des Deutschen Seniorentages 2006. Vorsitzende: 1. Stellvertreter, Schatzmeister: 2. Stellvertreter: Beisitzer/innen:

Roswitha Verhülsdonk Clemens Pick Frieder Theysohn Gotlind Braun, Dr. Rudolf Fitzner, Dr. Franz-Josef Oldiges, Helga Walter

Unser besonderer Dank geht an die vielen ehrenamtlich Mitwirkenden für ihre Unterstützung bei der Planung und Durchführung des Deutschen Seniorentages. Dazu zählen die von den Foren- und Workshop-Verantwortlichen bei der Vorbereitung aufgebrachte Zeit, die geleisteten Stunden der Seniorinnen und Senioren bei der Besetzung der Info-Stände auf der SenNova, die Bereitschaft der Referentinnen und Referenten ohne Honorar aufzutreten sowie die unentgeltlichen Auftritte der Künstler.

Der neue BAGSO-Vorstand, 2. Reihe von links nach rechts: Dr. Rudolf Fitzner, Helga Walter, Karl Michael Griffig, Walter Link, Frieder Theysohn; 1. Reihe: Dr. Erika Neubauer (Geschäftsführerin), Ruth Brand, Dieter Seipp.

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BAGSO

Rechnet man die Stunden ehrenamtlicher Arbeit auf der Grundlage von 12 Euro zusammen, ergibt sich die erstaunlich hohe Summe von 92.000 Euro. Dies entspricht etwa einem Viertel der Gesamtkosten der Veranstaltung Deutscher Seniorentag.

BAGSO

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Alter als Chance

8.3

BAGSO: Organisationen und Vorstand

BAGSO-Förderverein

8.4

Der Verein zur Förderung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) e.V. ist gemeinnützig und unterstützt die BAGSO materiell und ideell bei der Verwirklichung ihrer Ziele.

BAGSO Service GmbH

Als Tochtergesellschaft unterstützt BAGSO Service die BAGSO bei der Verwirklichung ihrer Ziele. Sie fördert besonders den Dialog zwischen Senioren und Wirtschaft. Beim Deutschen Seniorentag organisierte sie die begleitende Ausstellung SenNova.

Foto: Aleksander Perkovic

Foto: Aleksander Perkovic

Die guten Kölner Kontakte des BAGSO-Fördervereinsvorsitzenden Wolfgang Haehn (hier im Bild mit dem OB Fritz Schramma) führten dazu, dass die Gala im Gürzenich ein voller Erfolg wurde.

Dr. Barbara Keck mit Bundesministerin Ursula von Leyen, Roswitha Verhülsdonk, Prof. Ursula Lehr und OB Fritz Schramma beim Rundgang über die SenNova.

Vorstand während des Seniorentages

Geschäftsführerin: Dr. Barbara Keck Stellvertr. Geschäftsführer: Klaus Uwe Meier

Vorsitzender: 2. Vorsitzender: Schatzmeister: Beisitzer/innen: Ehrenvorsitzende: 358

Wolfgang Haehn Prof. Dr. Manfred Steinbach Jochen Johannes Muth Dr. Barbara Keck, Dr. Franz-Josef Oldiges, Dr. Rudolf Schuster, Eduard Tack. Prof. Dr. Ursula Lehr BAGSO

BAGSO Service GmbH Wahlfelder Mühle 5 53639 Königswinter Tel.: 0 22 44 / 92 56 92 • Fax: 0 22 44 / 92 56 99 E-Mail: [email protected] • www.bagso-service.de BAGSO

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