11 Projekte. Praxisbeispiele zur Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht. Berufliche Schulen

August 27, 2016 | Author: Lucas Meissner | Category: N/A
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11 Projekte Praxisbeispiele zur Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

– Berufliche Schulen –

Inhaltsverzeichnis Vorwort

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11 Projekte zur Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

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Gebhard-Müller-Schule Biberach/ Riss Schüler lehren Senioren

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Kaufmännische Schule Crailsheim Das Crailsheimer Modell

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Kreisberufsschulzentrum Ellwangen Der Experimentiertag – Grundschüler experimentieren gemeinsam mit Berufsschülern

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Eduard-Spranger-Schule Freudenstadt Das Konzept Klassenteam Eine Ergänzung des Crailsheimer Modells

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Luise-Büchner-Schule Freudenstadt Schüler in der Verantwortung Das BEJ/BVJ-Klassenmanagement

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Luzenbergschule Mannheim Schülerinnen und Schüler führen Tutorenstunden durch

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Gewerbliche Schule Öhringen Projekt zur Steigerung der Unterrichtsqualität in der Berufsfachschule

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Theodor-Heuss-Schule Reutlingen Wir schaffen eine Leistungs- und Beziehungskultur „Reutlinger Konzeption“ für die BFS Wirtschaft, Büro und Handel

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Robert-Gerwig-Schule Singen Bewerbertage im 1. Jahr der Wirtschaftsschule

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Berufliches Schulzentrum Waldkirch Das Kinderkolleg…

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Berufliches Schulzentrum Wertheim Unterstützen und Lernen Zwei Ergänzungen zum Crailsheimer Modell

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Impressum

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Vorwort 11 Projekte beruflicher Schulen, 11 Praxisbeispiele zur Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht – das ist die kleine Zwischenbilanz, die wir hier inmitten einer Tagungsreihe, die 2007 begonnen hat, zu deren weiterer Unterstützung vorlegen. Die Beispiele sind zum Teil innerhalb der Konzepte STEBS und OES entstanden, zum Teil auch unabhängig davon. Entscheidend ist die Vorgehensweise, nicht die Frage, ob „OES“ oder „STEBS“ draufsteht. Die Beispiele können eine Ermutigung dazu sein, dass Lehrerinnen und Lehrer im gemeinsamen Vorgehen genau das Maß an Systematik finden, durch das die gemeinsame Arbeit letztlich besser und leichter von der Hand geht. Das ist unseres Erachtens die „Kunst“ in der Unterrichtsentwicklung, beide Pole zueinander zu führen und in ihrer Spannung fruchtbar zu machen: Ideenreichtum und gegenseitige Zielklärung, spontanes Tun und kollegiale Verbindlichkeit, die individuellen Stärken der einzelnen Lehrpersonen und ihre Koordination im Team. Die Redaktion und das Layout besorgten Konrad Heydenreich, Vincent Richers, Gabriele Tepaß und Patrick Häffner, den Druck die Louis-Lepoix-Schule BadenBaden. Allen Beteiligten, insbesondere den Autorinnen und Autoren der Berichte, die diese Broschüre ermöglichten, herzlichen Dank! Patrick Häffner / Gabriele Tepaß

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

11 Projekte zur Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht In dieser Broschüre sind 11 Beschreibungen von Projekten zur Qualitätsentwicklung Unterricht an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg zusammengetragen, die auf einer Tagung in Esslingen im Dezember 2007 vorgestellt und diskutiert wurden. Lehrerinnen und Lehrer arbeiten kreativ und beharrlich für ihre Schülerinnen und Schüler und mit ihren Schülern, sie tun gezielt das, wovon sie sich für ihre Schülerinnen und Schüler einen erhöhten Nutzen versprechen. Diese Einleitung beleuchtet das komplexe Arbeitsfeld „Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht“ mit der allgemeinen Frage: Wie und wodurch hat sich der Unterricht entwickelt; verbessert? Die unterschiedlichen Projekte sind exemplarisch für eine systematische Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht, z.B. für •

die Entwicklung der Unterrichtsinhalte und die Gestaltung der Lernprozesse,



die Kompetenzerweiterung der Lehrenden,



die Entwicklung der Organisation Schule als Ganzes,



die Frage nach der systematischen Vorgehensweise zur Qualitätsentwicklung.

Die Autorinnen und Autoren beantworten die Frage: „Was genau lernen die Schülerinnen und Schüler im jeweiligen Projekt und wie geschieht dies?“ Von mehreren Schulen (z.B. Crailsheim, Freudenstadt 2, Reutlingen) wird berichtet, dass die Schülerinnen und Schüler in vielfältiger Weise ihre grundsätzliche Einstellung zum Lernen verbessern; das betrifft die Motivation für die Schule und für das Lernen, die Fähigkeit sich an Regeln und Vereinbarungen zu halten, die Fähigkeit systematisch zu arbeiten und zu üben, die Fähigkeit selbst Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen. Fachlich geht es hier meist um Basiswissen und Basisfertigkeiten in den allgemein bildenden Fächern (Deutsch, Mathematik, Sprachen). Diesen allgemein angelegten Projekten stehen Beispiele gegenüber, in denen es um spezielle fachliche Inhalte geht, z.B. um ein besseres Verständnis von naturwissenschaftlichen Lernstoffen (Ellwangen, Waldkirch). An einer anderen Schule wird das Problem bearbeitet, dass Schülerinnen und Schüler den Übergang von der Schule in den Beruf besser bewältigen müssen (z.B. Singen). In der Mehrzahl der Projekte sind fachliche Lernziele eng verbunden mit Kompetenzzielen (z.B. Sachverhalte präsentieren, vermitteln, anderen zugänglich machen):

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Schülerinnen und Schüler lernen, indem sie lehren und Lernprozesse reflektieren (z.B. Wertheim, Mannheim, Biberach). Präzise Zielformulierungen in den Berichten sind ein Hinweis darauf, dass eine ausgeprägte Klarheit in der inhaltlichen Ausrichtung der Projekte erreicht wurde (z.B. Mannheim, Öhringen, Reutlingen). Alle diese Qualitätsentwicklungsprojekte im Bereich Unterricht haben in den Augen der Projektgruppen einen unmittelbaren Nutzen für die Schülerinnen und Schüler. Was bei den meisten Projekten implizit mitgedacht ist, wird in einigen Beschreibungen zum Projektziel erhoben: die Kompetenzerweiterung der Lehrenden (z.B. Freudenstadt 1, Reutlingen). Eine herausragende Bedeutung hat hier die Fähigkeit der Lehrenden, miteinander zu kooperieren. Häufig wird auch die Fähigkeit genannt, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern das Lernen und die Lernprozesse zu beobachten und zu reflektieren. Die Berichterstatter signalisieren ein sich wandelndes professionelles Selbstverständnis: Ich engagiere mich als einzelne Lehrkraft und ich bündele meine Kräfte mit anderen im Team. Wir sind Experten für das Unterrichtsfach und wir sind Experten für Lernprozesse. Projekte in der Qualitätsentwicklung Unterricht, die diesen Wandel gezielt zum Thema machen, erheben über die schülerbezogenen Projektziele hinaus den Anspruch, eine qualitätsverbessernde Wirksamkeit im Ganzen der Schule zu entfalten. Daraus folgt die Bereitschaft und die Fähigkeit, gewonnene Erkenntnisse und bewährte Verfahren innerhalb der Schule und an andere Schulen weiter zu geben und umgekehrt von anderen Gruppen zu lernen (besonders ausgeprägt z.B. Crailsheim). In sehr unterschiedlicher Weise lassen die Berichte erkennen, wie die Projekte auf die Weiterentwicklung der Institution Schule ausgerichtet sind, in wie weit die Akteure über den Fortschritt in der Qualität des Unterrichts hinaus auch die kontinuierliche Entwicklung der Schule als ganzer in den Blick nehmen können. Hinweise auf diese schulweite Perspektive lassen sich mehrfach finden, insbesondere dort, wo das Leitbild der Schule zur Grundlage der Zielformulierungen gemacht wurde. Bei allen Projekten, die durch eine größere Reichweite (Zahl der beteiligten Klassen und Abteilungen) auffallen, ist die Schule als Ganzes bereits im Konzept berücksichtigt. Hier werden Schulleitungen als Unterstützer beschrieben, die das Gelingen der Projekte ermöglichen, indem sie z.B. Ressourcen zur Verfügung stellen oder die Agierenden entsprechend entlasten. Es fällt auf, dass in den Berichten über die komplexeren Projekte genauere Auskunft zur Systematik in der Vorgehensweise gegeben wird. Offensichtlich erleben die Beteiligten den Nutzen einer systematischen Arbeitsweise. Elemente eines systematischen Vorgehens sind dabei: •

eine vorausschauende Zeitplanung,



die Erarbeitung von standardisierten Arbeitsmitteln und Materialien,

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die Vereinbarung von Zuständigkeiten und Regeln.

Sofern außerschulische Partner von einem Projekt betroffen oder direkt daran beteiligt sind, treibt dies den Einsatz eines entwickelten Projektmanagements voran. Dazu gehören •

Analyse der Ausgangsbedingungen für das Projekt,



Rechenschaftslegung zu den Arbeitsergebnissen und



Reflexion des Projektverlaufs (Anfangs-, Ergebnis- und Prozessevaluationen, z.B. Crailsheim, Mannheim, Reutlingen, Singen).

Dokumentationen dienen der Kommunikation innerhalb der Schule und über die Grenzen der Schule hinaus z.B. im Rahmen von Tagungen mit Kolleginnen und Kollegen, die an ähnlichen Projekten arbeiten. Zu den Details der systematischen Projektdurchführung erfahren wir in diesen Berichten weniger, weil sonst die Grenzen dieser Broschüre gesprengt würden. Die Berichte formulieren aber mehr oder weniger deutlich die Erfahrung: Wenn Projekte auf Dauer für die Qualitätsentwicklung der Schule wirksam sein sollen – und nur dann lohnen sich die Anstrengungen –, bietet sich eine systematische Vorgehensweise an. Betrachtet man die geschilderten Entstehungsgeschichten der Projekte, zeigt sich ebenfalls ein vielfältiges Bild. In manchen Fällen haben Lehrkräfte auf einen massiven Problemdruck reagiert. Es gelang ihnen mit dem Projekt eine Not zu wenden. Solch ein „Druck“ hat offenbar die Motivation und Tatkraft der Beteiligten gestützt und die nachhaltige Wirksamkeit des Projekts wurde ein dringendes Anliegen. Die Evaluation der Qualitätsentwicklungsprojekte im Bereich Unterricht, die im Rahmen des Modellvorhabens OES durchgeführt wurde, ergab ein ähnliches Bild. Auch hier wurden viele derjenigen Projekte als besonders erfolgreich dargestellt, die aus der Perspektive der Schule als besonders „notwendig“ eingestuft waren. Andere Projekte folgten einem „Zug“ von außen, z.B. einem externen Kooperationsangebot oder einer regionalen Bildungsinitiative unter den Augen der Öffentlichkeit (z.B. Biberach, Ellwangen, Mannheim). Wir sehen hierin eine positive Voraussetzung für nachhaltige Wirkung. Auch die Teilnahme an Wettbewerben wurde als „Energiezufuhr“ erlebt (z.B. Crailsheim). Es wird die Aufgabe der schulischen Steuerungsgremien sein, auch im Blick auf die Minderung der Arbeitsbelastung von Kolleginnen und Kollegen förderliche Kräfte und Synergiechancen im Umfeld eines Projektes zu erkennen und zu nutzen und bei der Auswahl von Projekten umsichtig und sorgsam vorzugehen. Im Konzept OES erarbeiten die beteiligten Schulen gezielt die Strukturen und Kompetenzen, mit denen eine wirksame Qualitätssicherung und -entwicklung im Bereich Unterricht leichter möglich ist. Die Kollegien der verschiedenen Schularten gestalten und tragen die Entwicklung und können dabei mit der

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Unterstützung durch die Leitungen rechnen. Die hier beschriebenen Aktivitäten erscheinen somit als Beispiele und als Anregungen für die Qualitätsentwicklung der Schulen im Konzept OES. Der Tenor der Berichte liest sich als Ermutigung, darauf zu vertrauen, dass auch künftig die Schulen ihre Startpositionen und Arbeitsschwerpunkte eigenständig setzen, zum Nutzen der Schülerinnen und Schüler systematisch vorgehen und dabei vom OES-Unterstützungssystem profitieren können. Im Juli 2008

Vincent Richers / Konrad Heydenreich

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Gebhard-Müller-Schule Biberach/ Riss

Schüler lehren Senioren Das Projektteam „Schüler lehren Senioren“, bestehend aus Schülerinnen und Schülern des Wirtschaftsgymnasiums an der Gebhard-Müller-Schule in Biberach, ist eingebunden in das Netzwerk des Vereins zur Förderung des Generationendialogs. Die Begegnung zwischen jungen Menschen im Alter von 18 bis 20 Jahren und älteren Mitbürgern fordert und fördert beide Gruppen, indem sie gegenseitige Akzeptanz, Toleranz und Gesprächsbereitschaft voraussetzt und entwickelt. Mit diesem Schülerlehrer-Projekt ist eine finanzielle Förderung verbunden: Die Schülerinnen und Schüler sind ehrenamtlich tätig. Die Kursgebühren fließen in das „Kinderhäusle“, eine Einrichtung zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren, die vom Verein zur Förderung des Generationendialogs betrieben wird.

Kurze Projektbeschreibung Es werden folgende Kurse angeboten: Informatik, Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Geschichte Die Kurse beginnen halbjährlich. Sie werden durch die lokale Presse bekannt gemacht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer melden sich bei einer Einführungsveranstaltung an. Die Kursgebühren betragen 15,00 € je Person und Kurs. Die Teilnehmerzahl pro Kurs beträgt ca. 10 Senioren. Die Veranstaltungen finden an einem unterrichtsfreien Nachmittag statt. Die Unterrichtseinheiten sind so geplant, dass Teilnehmer auch mehrere Kurse besuchen können. Die Schülerlehrer rekrutieren sich aus den Jahrgangsstufen GE und G1. Sie erhalten am Ende eines Halbjahreskurses ein Zertifikat über ihr erfolgreiches Engagement. Das Projekt wurde im Schuljahr 2004/2005 von der Gebhard-Müller-Schule initiiert.

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Projektziele Das Projekt erweitert die Sozialkompetenz der Teilnehmer und dient der Wissensvermittlung. Die Schülerinnen und Schüler geben ihr Wissen und Können in methodisch durchdachter Form weiter und lernen Erfolge und Tücken eines Unterrichtsgespräches kennen, indem sie den Rollenwechsel von Lernenden zu Lehrenden vornehmen. Die Senioren, die freiwillig und mit Begeisterung die Schulbank drücken, frischen ihre Kenntnisse auf und lernen moderne Entwicklungen z.B. im Bereich der Datenverarbeitung kennen. Dadurch werden sie im Alltag und in ihrer Teilnahme an gesellschaftlichen Entwicklungen unterstützt.

Erfolg Die Teilnehmerzahlen sind aufgrund der wachsenden Bekanntheit der Seniorenkurse in der Stadt und im Umland Biberachs stark gestiegen. Größtes Interesse zeigen die Senioren an den neuen Medien, an zweiter Stelle stehen Sprachen, dann folgen sozialwissenschaftliche Fächer.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Kaufmännische Schule Crailsheim

Das Crailsheimer Modell Projektskizze Das Crailsheimer Modell ist ein Schulentwicklungsmodell, das an der Kaufmännischen Schule Crailsheim im Jahre 2002 konzipiert wurde und seither durchgeführt und weiterentwickelt wird. Ausgangspunkt war die zweijährige Berufsfachschule. Zwischenzeitlich ist es auch für das berufliche Gymnasium modifiziert worden. Die vorgestellte Struktur ist plastisch. Zum Ende eines jeden Schuljahres bewerten die Unterrichtenden die eingesetzten Module, verändern diese gegebenenfalls, diskutieren Neuentwicklungen und führen sie eventuell ein.

LERNEN UNTERSTÜTZEN

Gedichte auswendig lernen Fächerübergreifendes Diktat Daily English Rechnen ohne Taschenrechner Fremd‐ u. Fachwörterglossar

Kontaktlehrer/‐innen Schüler helfen Schülern Schüler‐Mentoring Methodentraining Eingangstests

ZUKUNFTSWERKSTATT CONTRACTING  MEDIATOREN  KOMMUNIZIEREN Klassenlehrerteam Jour fixe Elterngespräch Elterninformation Klassenversammlung

Crailsheimer Modell 2007

MOTIVIEREN ERZIEHEN Anwesenheit Lesbar schreiben Hausaufgaben

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Effiziente Unterrichtsformen Projektarbeit An Wettbewerben teilnehmen

Bei Stiftungen anmelden

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Projektziele Ziel unserer Bemühungen ist es, die Lernprozesse kooperativ neu zu strukturieren, um die Ergebnisse zu verbessern. Dabei geht es zunächst um Schülerleistungen, bei denen die Grundkompetenzen eine zentrale Rolle spielen, aber auch um Lernhaltung und Verhalten in der Gemeinschaft. Die Ziele dokumentieren wesentliche Inhalte des Qualitätsmanagements unserer Schule und setzen die dabei entwickelten Leitideen der Dimensionen Unterricht und kollegiale Zusammenarbeit um.

Projektentstehung Im Schuljahr 2001/02 bestand ein Drittel der Schülerinnen und Schüler der zweijährigen Berufsfachschule die Abschlussprüfung nicht. Das wurde als Tiefpunkt einer Entwicklung empfunden, die wir nicht mehr länger gewillt waren hinzunehmen. Die Erscheinungsformen sind bekannt: undisziplinierte Klassen an der Grenze der Unterrichtbarkeit, hohe Abwesenheitsquoten, individueller Unterrichtsabbruch, fehlende Arbeitsunterlagen („Hat mir mal jemand ein Blatt Papier und einen Stift?“), respektloses Benehmen etc. Walter Neumann, unser Schulleiter, initiierte 2001/02 das Projekt Innere Schulreform, das extern begleitet wurde von Renate Hessel, Hohenlohe-Gymnasium, Öhringen, und Jürgen Niemeyer, Gewerblichen Schule Öhringen, beide Prozessbegleiter. In diesem Zusammenhang fanden am 18./19.3.2002 Pädagogische Tage statt. Vier von acht Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit der Entwicklung eines neuen Unterrichtskonzepts für die Berufsfachschule. Nach Zusage der Schulleitung, alle mit der Neukonzeption Befassten mit Deputat in einer gemeinsamen Projektklasse zu beauftragen, wurde in fünf Klassenkonferenzen das Konzept für das Schuljahr 2002/03 fertig gestellt. Im Schuljahr 2003/04 folgte eine Eingangsklasse des Wirtschaftsgymnasiums nach modifiziertem Verfahren als Projektklasse.

Organisatorische Einbindung in den Schulalltag Vorbedingung für die Einführung dieses Schulentwicklungsmodells ist die bedingungslose und nachhaltige Unterstützung durch Abteilungsleitung und Schulleitung. Es muss Planungssicherheit gewährleistet sein. Die Projektlehrer benötigen schon in der Vorbereitungsphase die verbindliche Zusage für das Deputat in der entsprechenden Klasse. Den Kollegen sollte in den ersten drei Tagen eines neuen Schuljahres größtmögliche Entscheidungsfreiheit bezüglich der Durchführung ihres Unterrichts gewährt werden, damit sie als Team die Projektklasse betreuen können. Die in einer Klasse unterrichtenden Kollegen entscheiden im Vorfeld gemeinsam, als Team, welche der bereits ausgearbeiteten Module in welcher Form eingesetzt werden.

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Die zentral positionierten Elemente (= Kernmodule) werden für das Gelingen als unabdingbar angesehen.

Projektbeschreibung Kernmodule Die Kernmodule werden in der ersten Schulwoche installiert. Möglichst viele der in der Klasse unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer sind anwesend. In einer Vorbereitungskonferenz wird ein „Sonderstundenplan“ für die erste Schulwoche verabredet, damit klar ist, wer was wann tut oder wer wen wann unterstützen kann.

Zukunftswerkstatt Am ersten Schultag befassen sich die Schülerinnen und Schüler unmittelbar nach der Aufnahme, möglichst noch in der ersten Schulstunde, mit ihrem persönlichen Verhältnis zur Schule und mit ihrer Lernhaltung. Zur Organisation dieses Prozesses wird die Methode der Zukunftswerkstatt angewendet.1 Auf einer Stellwand wird in der Kritikphase die Leitfrage „Welche bisher gemachten Schulerfahrungen waren negativ?“ präsentiert. Die Schülerinnen und Schüler sitzen im Stuhlkreis und formulieren auf Moderatorenkarten die Mängel des in der Mittelstufe Erlebten. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Regeln der Moderation eingehalten werden: Es wird groß und deutlich geschrieben, auf jeder Karte ist lediglich ein Sachverhalt einzutragen. Reihum wird von den Schülern jeweils eine Karte vorgetragen, erläutert und in der Mitte abgelegt. Dies wird solange wiederholt, bis alle Karten auf dem Boden liegen. Die Beiträge werden abgeglichen und geclustert. Die Schüler ordnen sich jeweils einem der fünf bis sieben Cluster zu und haben in der nun folgenden Phantasiephase die Möglichkeit, die in der Kritikphase aufgedeckten Probleme, Schwierigkeiten, Ängste und Befürchtungen ins Positive zu wenden. Sie erarbeiten in Gruppen Lösungsvorschläge, formulieren sie, diskutieren sie in der Klasse und arbeiten anschließend die Verbesserungsvorschläge der Mitschülerinnen ein. Das Ergebnis ist die Basis für den mit den Lehrenden auszuhandelnden Vertrag.

Contracting Zwischen Lernenden und Lehrenden wird ein Vertrag ausgearbeitet. Sie orientieren sich am Gesetzgebungsverfahren, das Gemeinschaftskunde-Thema ist. Die am ersten Schultag formulierten Lösungsvorschläge stellen die klassen-

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Fegert, Hergenröder, Mechelke und Rosum, Projektarbeit. Theorie und Praxis. EU H – 02/03

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öffentliche Meinung auf die Frage dar, nach welchen Regeln die Schüler lernen und arbeiten wollen. Am zweiten Tag präsentieren möglichst viele der in der Klasse Unterrichtenden die von ihnen selbst gewünschten Regeln, auf die sie sich im Vorfeld geeinigt haben. Am dritten Tag werden die beiden Regelwerke abgeglichen. Zu diesem Zweck werden sie optisch deutlich getrennt auf Metaplantafeln präsentiert. Über die Streitpunkte gibt es eine klassenöffentliche Diskussion mit mehreren Kolleginnen und Kollegen. Dabei ist es wichtig, dass alle Aspekte ausführlich begründet und besprochen werden. Im Idealfall handelt es sich um die einzige Diskussion dieser Art. Punkte, über die kein Konsens erzielt werden kann, werden das Mediatorenteam beschäftigen. Die ausgearbeitete Fassung wird von allen am Unterrichtsgeschehen Beteiligten unterschrieben und hängt im Klassenzimmer. Verstöße gegen die Klassenverfassung sollten sanktioniert werden. Darüber befinden Mediatoren.

Mediatoren-Team Ein mit drei Lernenden und drei Lehrenden besetztes Mediatoren-Team löst auftretende Probleme. Die Schülerinnen und Schüler wählen ihre Vertreterinnen am dritten Schultag. Wiederholer stehen nicht zur Wahl, weil die Klasse durch leistungsstarke und selbstbewusste Schüler vertreten werden soll. Ein von den Schülermediatoren eingerichteter und verwalteter Kummerkasten steht im Klassenzimmer. Eventuelle Beschwerden werden ihm unterschrieben anvertraut. Das Mediatoren-Team trifft sich bei Bedarf. Alle Fragen werden lösungsorientiert bearbeitet und im Konsens verabschiedet. Die Entscheidungen des Teams haben ein hohes Ansehen in der Klasse und werden ausnahmslos befolgt. Jede Partei benennt eine Ersatzperson für den Fall, dass eines ihrer Mitglieder Gegenstand der Beratungen ist.

Modul: Motivieren Effiziente Unterrichtsformen Die Kolleginnen und Kollegen bemühen sich, die neueren methodischen und didaktischen Erkenntnisse umzusetzen. Im Mittelpunkt steht die Handlungsorientierung.2

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Einen Überblick bietet das teilweise an der Landesakademie Esslingen erarbeitete Material: Bettina Hugenschmidt/ Anne Technau, Methoden schnell zur Hand, Klett-Verlag:

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Projektarbeit Die Schüler bearbeiten Projekte wie zum Beispiel: ,,Unsere Herkunft – unsere Wurzeln“ oder „Schule fertig – was dann?“. An Wettbewerben teilnehmen Projektthemen können Wettbewerbsausschreibungen entnommen sein. Die Ergebnisse werden eingereicht. Bei Stiftungen anmelden Begabte Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, die sehr gute Leistungen nachweisen können, werden bspw. bei der Robert-Bosch-Stiftung zur Förderung vorgeschlagen.

Modul: Erziehen Anwesenheit Entschuldigte und unentschuldigte Fehlzeiten werden bei allen Schüler/n als Fehltage im Zeugnis vermerkt, es sei denn, es handelt sich um ein Abgangszeugnis. In begründeten Fällen ist eine Kommentierung der Fehlzeiten durch die Klassenkonferenz denkbar. Diese Fehlzeitenregelung bedarf der Zustimmung der Schularten-, Gesamtlehrer- und Schulkonferenz. Die Vorgehensweise ist vom Regierungsprädium für rechtens erklärt worden. Möchte ein Schüler den Unterricht vorzeitig verlassen, füllt er einen Unterrichtsbefreiungsschein aus, der vom Klassenlehrer, Schulleiter und wiederum dem Klassenlehrer gegengezeichnet wird. Bei dreimaligem Fehlen wird der Unterricht am Freitagnachmittag nachgeholt. Lesbar schreiben Lernende und Lehrende bemühen sich, die Schrift als Errungenschaft der Kultur zu schützen und zu pflegen. Die Standards werden im ersten halben Jahr der neuen Klassen durchgesetzt. Im Zweifel wiederholen die Schüler eine Arbeit. Abgesehen davon handelt es sich auch um eine Schutzmaßnahme vor flüchtig abgeschriebenen Hausaufgaben. Hausaufgaben Besonders in den Projektklassen sind die Schüler ohne Ausnahme verpflichtet, ihre Hausaufgaben anzufertigen. Es wird ihnen am ersten Schultag bekannt gegeben, dass sie während der gesamten Unterrichtszeit, bei uns von 07:45 – Stuttgart 2005. Einen größeren Zusammenhang bietet das Unterrichtskonzept des Selbstorganisierten Lernens, vgl. Martin Herold/ Birgit Landherr, SOL Selbstorganisiertes Lernen. Ein systemischer Ansatz für Unterricht, Schneider Verlag: Hohengehren 2001.

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16:15 Uhr, verfügbar sein müssen. Von dieser Pflicht werden sie dann, wenn sie keinen Unterricht haben, befreit, es sei denn, sie hätten ihre Hausaufgaben flüchtig, unvollständig oder gar nicht gemacht. Jedem in der Klasse Unterrichtenden steht es frei, sie in diesen Fällen nachmittags einzubestellen. Man wird sich zu diesem Zweck auch untereinander verabreden. Im Stundenplan ist einmal wöchentlich eine Doppelstunde ausgewiesen, in der die Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben anfertigen, Gedichte oder Vokabeln lernen und gegenseitig abfragen, sich auf Klassenarbeiten vorbereiten oder Trainings- und Übungsaufgaben lösen. In diesen Stunden findet auch „Schüler helfen Schülern“ statt. Diese Stunden werden auf den Nachmittag gelegt. Es ist notwendig, sie von einem in der Klasse unterrichtenden Kollegen erteilen zu lassen. Ihm wird eine Deputatsstunde angerechnet. Wie in Privatschulen muss absolutes Stillschweigen durchgesetzt werden. Bei der Deputatsvergabe wäre darauf zu achten, dass die eingesetzten Pädagogen über die entsprechende Durchsetzungskraft verfügen. Gruppenarbeiten finden in benachbarten Räumen statt. Die Übungsaufgaben werden von den Fachlehrern zur Verfügung gestellt. Die Kollegen, die allgemein bildende Kernfächer oder ein Profil- oder Neigungsfach unterrichten, legen Ordner mit Material an, die auch Trainingsblätter zur Stärkung der Basiskompetenzen enthalten. Dadurch wird den Schülern die Möglichkeit geboten, sich entsprechend ihrer Fähigkeiten und ihres Leistungsstandes weiterzuentwickeln und etwaige Lücken zu schließen.

Öffentlichkeitsarbeit, Erfolge und neue Ziele Im Schuljahr 2002/03 beteiligte sich die Kaufmännische Schule Crailsheim am 2. Wettbewerb Berufliche Schulen der Landesstiftung Baden-Württemberg mit einem Entwicklungsmodell für die Berufsfachschulen. Die Schule gewann einen dritten Preis. Bei der Preisverleihung in Stuttgart-Fellbach wies die damalige Ministerin für Kultus und Sport Annette Schavan ausdrücklich und lobend darauf hin, dass die Schule als einzige für ein innovatives Schulkonzept ausgezeichnet worden sei. Damit wurde eine neue Phase unserer Arbeit eingeleitet. Einerseits begannen sich Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen für unsere Ideen zu interessieren. Man bat die Projektlehrerinnen und -lehrer verschiedentlich darum, das Modell in anderen Schulen zu präsentieren. Andererseits wurde der Wunsch an uns herangetragen, das Konzept auf das Wirtschaftsgymnasium zu übertragen. Einige Kolleginnen und Kollegen wurden als Multiplikatoren für das Crailsheimer Modell eingesetzt. Um die Auswirkungen bezüglich der Leistungen etwas exakter messen zu können, als das durch bloße Prüfungsergebnisse – die besser geworden sind: Im nächsten Durchgang bestanden alle am Modell Beteiligten die Abschlussprüfung – begannen wir, Lernfortschritte zu messen. So gibt es in den allgemein bildenden

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Kernfächern Eingangstests nach einem wissenschaftlich abgesicherten Blindverfahren: Die unterrichtende Lehrkraft wählt den Test nicht aus, führt ihn nicht durch und korrigiert auch nicht. Sinnvollerweise übernehmen diese Aufgaben Kollegen, die eine Klassenstufe über oder unter der betreffenden Klasse unterrichten. Im nächsten Jahr tauscht man dann zurück.3 Danach wird ein Klassenranking erstellt, das die Basis für Binnendifferenzierungen liefert. Man kann so die Klasse in zwei, drei oder mehr Leistungsgruppen unterteilen und entweder homogene oder auch heterogene Lerngruppen bilden. Die Einzelergebnisse werden anonymisiert in Blockdiagrammen dargestellt, so genannten Fehlersäulen. Nach einem sinnvollen Zeitabstand – beispielsweise einem drei Viertel Jahr bei zweijähriger Schulzeit – werden die identischen Tests wiederholt und die Fehlersäulen ergänzt. Lernforschritte können so exakt bestimmt werden. Die Schülerinnen und Schüler sehen sie und fühlen sich bestätigt. Es zeigt sich, dass die teilweise erheblichen Lücken im Wissen und in den Fertigkeiten der Lernenden gezielt geschlossen werden können. Dazu trägt ein Basiskompetenzentraining im Rechnen, Lesen, Schreiben und auch in Englisch bei, das die mitunter bis in die dritte Grundschulklasse zurückzuführenden Mängel systematisch ausgleicht.

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Vorbild für die Tests können die Diagnose- und Vergleichsarbeiten sein, die auf den Landesbildungsservern aller Bundesländer abgelegt sind. Quelle: http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=4452. Man erhält sie auch direkt bei den Realschulen. Allerdings haben wir daraus nur Teile gewählt, um den zeitlichen Umfang der Arbeiten auf ca. 20 Minuten zu beschränken.

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Kreisberufsschulzentrum Ellwangen

Der Experimentiertag – Grundschüler experimentieren gemeinsam mit Berufsschülern Projektentstehung Die Vorlage für den Experimentiertag lieferte das Projekt „Naturwissenschaftliche Schulpatenschaften“ (NawiPat), angesiedelt an der Universität Hohenheim. Dabei geht es um die Unterstützung von Grundschulen bei der Einführung von naturwissenschaftlichen Experimenten durch Patenschaften mit weiterführenden Schulen. Diese Idee wollten wir für die Grundschulen im Raum Ellwangen umsetzen. Mit zwei vierten Klassen der benachbarten Klosterfeldgrundschule und dem 1. Lehrjahr des Berufskollegs für Chemisch-technische Assistenten führten wir den ersten Experimentiertag durch. Auf Grund der durchweg positiven Resonanz wurde das Projekt fest in den Terminplan der Schule integriert, neue Versuchsthemenkreise wurden entwickelt.

Projektziele Beim Experimentiertag werden Schülerinnen und Schüler an naturwissenschaftliches Arbeiten herangeführt. Die Freude an der Naturwissenschaft Chemie wird durch kontextbezogene, spannende Versuche geweckt. Die an der Kooperation beteiligten Schulen schaffen Synergieeffekte durch Kooperation: Die Grundschulen profitieren von der guten, teilweise sehr kostenträchtigen Laborausstattung des Kreisberufsschulzentrums und dieses wiederum bekommt die Möglichkeit, ihren Auszubildenden eine herausfordernde Lernsituation zu bieten.

Zum Stellenwert des Projekts In den Grundschulen haben die Naturwissenschaften ihren Platz im Fächerverbund „Mensch, Natur und Kultur“. Im Berufskolleg für Chemisch-technische Assistenten, aber auch in der zweijährigen Berufsfachschule für Labortechnologie treten die Naturwissenschaften in den jeweiligen fachtheoretischen und fachpraktischen Fächern in Erscheinung. Im Rahmen der Qualitätsentwicklung nach OES, die an unserem Schulzentrum im Schuljahr 2008/2009 beginnt, soll das Projekt Experimentiertag als Bestandteil der Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht evaluiert werden.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Projektbeschreibung Die Idee Grundschüler lernen beim Experimentiertag am Kreisberufsschulzentrum Ellwangen grundlegende naturwissenschaftliche Sachverhalte in spannenden und unterhaltsamen Experimenten kennen. Schülerinnen und Schüler des Kreisberufsschulzentrums schlüpfen in die Rolle von Mentoren und unterstützen die Grundschüler bei den einzelnen Experimenten. In der Umsetzung des Konzepts Lernen durch Lehren profitieren beide Seiten: Die Grundschüler gewinnen durch eine Vielzahl motivierender Experimente ein positives Bild von „Chemie“; die Berufsschüler, die in der Rolle des Lehrers bei der Betreuung der Experimente Überblick und Verantwortung zeigen, vertiefen ihr Verständnis für fachlichen Zusammenhänge und für die Konzepte, die mit den Versuchen verbunden sind.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Das Konzept des Experimentiertags Der Experimentiertag steht jeweils unter einem bestimmten Motto. So werden beim „Experimentieren mit Farben“ Farbreaktionen in den Mittelpunkt gestellt oder bei „Experimenten rund um die Zitrone“ die Verwendung der Zitronensäure. Die Experimente sind altersgerecht aufbereitet, wobei besonders auf Sicherheit und Ungefährlichkeit der Versuche geachtet wird. Die einzelnen Experimente sind in Stationen eingeteilt, welche die Schüler in beliebiger Reihenfolge besuchen können. Auf diese Weise wird der individuellen Lernleistung der Grundschülerinnen und -schüler Rechnung getragen. Um den Überblick zu behalten, bekommt jeder Schüler ein Experimentierbuch mit Anleitungen und einen Laufzettel. Schüler des Berufsschulzentrums erklären die Experimente und helfen immer dann, wenn die Grundschüler nicht mehr weiterkommen. Es soll nicht so sein, dass die Mentoren die Versuche selbst durchführen, vielmehr gilt der Grundsatz „Lernen durch Versuch und Irrtum“. Die durchgeführten Versuche sind keineswegs nur lose aneinander gereiht, sondern sie stehen in einem Kontext. Zur Verwirklichung des Vorhabens wurde eine erste Versuchsanleitung mit 12 unterschiedlichen Versuchen ausgearbeitet, die sich alle um das Thema Zitrone drehen.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Die Durchführung Zu Beginn des Experimentiertages werden die Schüler durch eine Geschichte oder ein Märchen, das mit eindrucksvollen Schauversuchen unterstützt wird, auf die Thematik eingestimmt. Hiernach erfolgt die Erläuterung der Sicherheitsregeln. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten zu zweit oder zu dritt an einer Station. Die Grundschüler lesen die Versuchsvorschrift und identifizieren die Gerätschaften und Chemikalien und machen sich so mit dem Versuch vertraut. In der eigentlichen Versuchsdurchführung üben sie neben den motorischen Fähigkeiten auch das Beobachten von naturwissenschaftlichen Vorgängen. Auf diese Weise wird eine erste Grundlage für naturwissenschaftliches Arbeiten gelegt. Da die Berufsschüler in ihrer Mentorenrolle den reibungslosen Ablauf jeweils eines Versuchs sicherzustellen und zu beaufsichtigen haben, stärken sie ihre eigenen arbeitsorganisatorischen Fähigkeiten. Besonderer Wert wird auf die fachgerechte Entsorgung der Abfälle gelegt. Jede Station muss nach dem Experimentieren sauber verlassen werden. Am Ende des Tages erhalten die Grundschülerinnen und -schüler eine Urkunde über die erfolgreiche Teilnahme. Die bei einigen Stationen hergestellten Produkte, wie z.B. Schminke oder Glibberschleim, dürfen sie mit nach Hause nehmen.

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Außenwirkung Auf Grund des Erfolges des Experimentiertages in Kooperation mit der benachbarten Klosterfeldgrundschule haben wir uns dazu entschlossen, den Experimentiertag auch anderen Grundschulen im Raum Ellwangen anzubieten. Hierfür stehen über das Schuljahr verteilt mehrere Termine zur Verfügung, welche in kürzester Zeit ausgebucht wurden. Auch in der lokalen Presse hat das Projekt eine positive Resonanz erfahren. Christian Plautz / Karl-Heinrich Biehler

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Eduard-Spranger-Schule Freudenstadt

Das Konzept Klassenteam Eine Ergänzung des Crailsheimer Modells

Ziele des Entwicklungsprojektes: •

Individualfeedback praktizieren: freundschaftliche Beurteilung von Kollegen durch Kollegen, auch durch Kollegen anderer Schulen, die Schule, das Schulklima und das Crailsheimer Modell (CM) betreffend



sich zum Austausch von Informationen und Material vernetzen



Standards für pädagogisches Handeln und für schulische Rahmenbedingungen einführen



durch Arbeitserleichterung größere Arbeitszufriedenheit anstreben



weitere Kolleginnen und Kollegen für die Mitarbeit im CM gewinnen



schulübergreifende Projekte entwickeln (z.B. gegenseitige Besuche)



ein "Wir"-Gefühl (Corporate Identity) schaffen



den Unterricht individualisieren, den einzelnen Schülern durch individuelle Förderung und Forderung gerecht werden



an Erfolgen anderer Kolleginnen und Kollegen anknüpfen



die räumliche, personelle und sächliche Ausstattung verbessern, um die o.g. Ziele leichter zu erreichen



Fernziele:



Erarbeitung eines Leitbildes für die Wirtschaftsschule



standardisierte Evaluation für die am Crailsheimer Modell beteiligten Schulen

Zur Entstehungsgeschichte Pädagogischer Tag im Schuljahr 2002/03 zur Lage der 2 BFW. Resultat: Einführungstage in der 1. Schulwoche, Ideensuche auf Fortbildungen zum „Lernen lernen in der Berufsfachschule“ sowie zum Thema „Einführungswoche“, erklärter Wille zur Neugestaltung. Eine ehemalige Chemiekollegin hört auf einer Fortbildung zufällig vom Crailsheimer Modell durch Herrn Ronecker.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Ende des Schuljahres 2003/04: Einladung der Crailsheimer zur Vorstellung ihres Modells bei einer Fachabteilungskonferenz der 2 BFW an der Eduard-SprangerSchule in Freudenstadt, anschließend Diskussion und Abstimmung. Resultat: Einführung einzelner Module des CM ab folgendem Schuljahr in den neuen Klassen. Intensive Vorbesprechung am 10.9.04 mit allen in den neuen Klassen Unterrichtenden: Wünsche und Vorstellungen der Lehrer zum gemeinsamen Lernen und Lehren werden erarbeitet und diese in der Einführungswoche den Schülern vorgestellt. Ab Schuljahr 04/05: Klassenlehrer und Stellvertreter als Tandem; alle Lehrer sprechen sich ab und agieren als Team; erstmalig eine 20-stündige Einführungswoche mit den Themen: soziales Miteinander, Kooperation, Klassenvertrag, das Lernen lernen. Vom CM werden, wenn auch leicht verändert, übernommen: tägliche EnglischVokabeln, wöchentliches Gedicht lernen in Deutsch, die 2 Nacharbeitsstunden, Mediatorengruppe, fächerübergreifendes Projekt im 1. Jahr (schon 1 Jahr vor dem neuen Lehrplan in BFK). Hinzu kommen: einwöchiger Schullandheim-Aufenthalt im 1. Jahr (ab 06/07 mit beiden Klassen gemeinsam und projektorientiert), Intensivierung der „Berufserkundung, Berufsfindung und Ausbildungsplatzsuche“ durch Verstärkung der außerschulischen Kontakte und der schulinternen Absprachen, Förderung des Wir-Gefühls der Wirtschaftsschüler, z.B. durch Catering bei Projektpräsentationen und Abschlussfeiern. Mai 2006: Teilnahme am Berufsschulwettbewerb der Stiftung Wirtschaft und Erziehung zur Förderung der Ausbildungsreife durch kaufmännische Schulen: Frau H. Karrer erhält den Sonderpreis der Stadt Karlsruhe. Teilnahme am Multiplikatorenseminar der Preisträger in Königswinter. Ab dem Schuljahr 07/08 sind eingeführt: Jour fixe der in der 2 BFW Unterrichtenden; Gruppenarbeitsraum für Projektarbeit und differenzierten Unterricht in Kleingruppen sowie für SOL- und „Schüler helfen Schüler“-Aktivitäten. Teilnahme an Fortbildungen: "Neue Entwicklung Crailsheimer Modell", 08.-10.10.2007. Daraus entwickelte sich ein Netzwerk von Schulen, die mit dem Crailsheimer Modell arbeiten (CMnet). "Schulentwicklungsprojekte im Rahmen des OES-Qualitätsbereichs Unterricht", 12.-14.12.2007 in Esslingen.

Projektbeschreibung Der im Schuljahr 2002/2003 einsetzende Umstrukturierungsprozess in der Zweijährigen Berufsfachschule Wirtschaft (Wirtschaftsschule) führte dazu, dass

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wir seit dem Schuljahr 2004/05 einzelne Module des Crailsheimer Modells an unserer Schule aufgreifen und weiterentwickeln.

Klassenteam-Gedanke und Einführungswoche Der erste Eindruck ist entscheidend – das gilt allgemein und für die Wirtschaftsschule im Besonderen, soll doch hier in einem Zeitraum von zwei Jahren miteinander gearbeitet, vieles erlebt und erfahren werden. Anfangssituationen bergen einen hohen Grad an Motivation und Leistungsbereitschaft, darum kann und muss die erste Schulwoche prägend gestaltet werden. Welche Gangrichtung eingeschlagen, was jetzt miteinander vereinbart wird, wie die Schule, die Lehrerinnen und Lehrer zu Beginn erlebt werden, bleibt über die gesamte weitere Zeit ein Bezugspunkt für das gemeinsame Lernen und den Umgang miteinander. Idealerweise ist der Klassenlehrer während der gesamten Einführungswoche in der Klasse anwesend. Die Fachlehrer stoßen in ihren Fachstunden oder auch in Freistunden dazu, so dass sich permanent zwei bis drei Lehrer in der Klasse aufhalten. Auch die Beteiligung von Lehramtspraktikanten empfiehlt sich; die Einführungswoche erwies sich als gute Erfahrung für sie. Dieser Aufwand ist zwar erheblich, aber er lohnt sich, da die Lehrer als Team erlebt werden, was deren spätere Arbeit erleichtert. Jede Lehrkraft, die zum ersten Mal zur Klasse stößt, stellt sich selbst vor sowie ihr Fach und klinkt sich in die aktuelle Thematik ein. Da die vielfältigen Themen oft nicht mit dem Ende einer Stunde abgeschlossen sind, hat sich die Übergabe an den nächsten Kollegen als sinnvoll erwiesen. Personen, die nur wenige Stunden in der Klasse unterrichten, haben bereits in der Einführungswoche die Möglichkeit, die Schülerinnen und Schüler kennen zu lernen, und umgekehrt. Somit präsentiert sich die Schule bereits zu Beginn als eine harmonische Gesamtheit. Die Einführungswoche dient vor allem dem sozialen Miteinander, dem Aushandeln von Regeln und dem Lernen des Lernens:

a) Das soziale Miteinander Das gegenseitige Kennenlernen und einander Vertrauen kann durch Einsatz von Spielen und Steckbriefen gestaltet und gefördert werden. Teamgeist und Kooperation werden entwickelt und geübt. Feinabstimmung ist der tragende Grundgedanke des Ganzen. Die Schüler erleben ihre Lehrer als einheitlich agierendes Team, das sich an die gemeinsam getroffenen Regelungen hält. Die Schülerinnen und Schüler begreifen, dass sie keine Einzelkämpfer sind – weder untereinander noch im Verhältnis zu den Lehrern. Hierfür bieten sich viele

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interaktive Spiele an Hochseilgartens.

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und gemeinsame Erlebnisse, bspw. der Besuch eines

Wichtig ist im Anschluss an Aufgaben und Übungen stets die gemeinsame Reflexion: -

Ist die Aufgabe gelöst worden?

-

Wie wurde miteinander umgegangen?

-

Worauf kommt es bei Teamarbeit an?

-

Welchen Vorteil bringt Zusammenarbeit?

b) Das Aushandeln von Regeln Schüler und Lehrer formulieren jeweils ihre Wünsche bzw. Forderungen im Hinblick auf eine gelingende Zusammenarbeit und stellen sie einander vor. Sodann werden Regeln ausgehandelt und im „Contracting“ als Vertragsbestandteile formuliert. Ziel ist stets das Einverständnis beider Seiten. Am Ende dieses Prozesses steht ein Klassenvertrag, der von allen Schülern und allen Fachlehrern unterschrieben wird. Ein Mediatorenteam sorgt in strittigen Fällen bzw. bei „Vertragsbruch“ für Ausgleich bzw. angemessene Maßnahmen. Das Mediatorenteam besteht aus drei gewählten Schülern und drei Fachlehrern und tagt bei Bedarf. Ist ein Mitglied des Teams (Schüler oder Lehrer) betroffen, so nimmt dessen Stellvertreter teil.

c) Das Lernen des Lernens Mit Hilfe eines spielerischen Tests, der feststellt, über welche Eingangskanäle Informationen, bspw. Begriffe besonders gut aufgenommen werden, lassen sich bestimmte Lerntypen identifizieren. Durch spezifische Lernmethoden entdecken 5 die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken beim Lernen und bauen diese aus. Lernfördernde Maßnahmen werden vorgestellt und über das gesamte Schuljahr hinweg in verschiedenen Fächern praktiziert. Auf diese Weise werden Lerntechniken und gezieltes Training sinnvoll miteinander verknüpft. Die Vorteile eines Klassenteams sind unseres Erachtens: Schüler wie auch Lehrer erleben sich nicht mehr als Einzelkämpfer (was sich in der Vergangenheit als große Belastung erwiesen hat), sondern als Mitglieder eines funktionierenden Teams.

4

Vgl. Landesinstitut für Schulentwicklung, Handreichungen H-05/68a, Wirtschaftsschule: VBRW, Stuttgart 2005, S. 13-52. 5 Weiterführende Literatur zu diesem Thema ist leicht zu finden bzw. kann auf Nachfrage gern empfohlen werden.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Dies erfordert: -

klare, jährlich neu auszuhandelnde Regeln (siehe Contracting), die bei Gelegenheit immer wieder thematisiert werden

-

konsequentes, transparentes Handeln: Schülerinnen und Schüler. entwickeln dadurch ein feines Gespür für Gerechtigkeit und Eigenverantwortung

-

Nacharbeiten von Versäumnissen in zwei zusätzlichen Stunden pro Woche . Dies ist ein Mittel, Zuverlässigkeit einzufordern; es wird im Allgemeinen von den Schülern akzeptiert. Alle in der Klasse Unterrichtenden agieren erzieherisch in einheitlicher Art und Weise

-

Bereitschaft beider Seiten für Mediatorengespräche, Elterngespräche, regelmäßige Teamsitzungen (Jour fixe), Vorbesprechungen fächerübergreifender Projekte, Nachbesprechungen derselben und gemeinsame Notenfindung (Projektkompetenz-Note), Absprachen in der Unterrichtseinheit Bewerbung/Ausbildungsplatzsuche zwischen BFK-, Deutsch- und BPK-Kollegen sowie mit außerschulischen Partnern

Von Jahr zu Jahr erkennen mehr Kolleginnen und Kollegen, dass all diese teilweise zeitaufwändigen Gespräche sich letztendlich als pädagogisch sehr nützlich erweisen. Das Gesamtkonzept findet aktive Unterstützung. Ein Ausdruck dafür ist, dass das geschilderte Wirtschaftsschulkonzept im StebsProzess unserer Schule für alle Schularten verbindlich weiterentwickelt wird.

Organisatorische Einbindung in den Schulalltag Die organisatorische Einbindung des Entwicklungsprojekts „Klassenteam“ in den Schulalltag erfolgt über zahlreiche Maßnahmen und über bereits bestehende Regelungen. Dazu gehören: -

Einführungswoche

-

Elterngespräche

-

sozialpädagogische Betreuung (seit 2007/2008)

-

im Stundenplan verankerte Nacharbeitszeit

-

Daily English

-

wöchentliches Gedichte lernen in Deutsch

-

fächerübergreifende Projekte im ersten Jahr sowie fächerübergreifende Klassenarbeit in Methodenkompetenz, zugleich als Grundlagen für Notenfindung in Projektkompetenz

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

-

Berufsorientierung mit Hilfe von Partnern aus der Wirtschaft, Eltern und der Agentur für Arbeit

-

TOP JOB

-

einwöchiges Betriebspraktikum

-

Schullandheimaufenthalt im ersten Jahr mit projektorientierter Ausrichtung

-

Infotage für neue Schüler, von Wirtschaftsschülern mitgestaltet

-

Unterstützung bei der Abschlussfeier BFW durch die Klassen des ersten Jahrgangs; auch die jeweiligen Parallelklassen helfen sich bei ihren Projektpräsentationen gegenseitig durch Catering.

Öffentlichkeitsarbeit Projektpräsentationen vor Eltern und geladenen Gästen und Einladungen von Experten aus der Wirtschaft zum Thema Berufsorientierung sind Bestandteile unserer Öffentlichkeitsarbeit ebenso die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit, Presseberichte zu Infotagen und Internetauftritte im Rahmen des CMnet.

Anhang:

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Entschuldigungs-/ und Fehlzeitenblatt für den Schüler/ die Schülerin ______________________ Zeitraum vom ____________ bis ________________ Datum Von bis

ganztägig/ Anz. Tage

Anz. Std.

Verspä- Begründung tungen

Kenntnis Tutor/ FL

ke ue se

Klasse: _______

Unterschrift Volljährige Schüler/ Erziehungsberechtigte

Gespräch Klassenlehrer: erfolgt am _______________ Zeichen: ____________ Vereinbarung: ___________________________________________________________________ Unterschrift des Schülers bzw. Erziehungsberechtigten ___________________________________

Gespräch Fachabteilungsleiter nicht notwendig, Grund: ___________________________________ Gespräch Fachabteilungsleiter: erfolgt am _______________ Zeichen: ______________ Vereinbarung: ___________________________________________________________________ Unterschrift des Schülers bzw. Erziehungsberechtigten ___________________________________ Zusammenfassung: Fehltage: ____ davon e ____ ue _____ Stunden: _____ davon e ___ ue __

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Luise-Büchner-Schule Freudenstadt

Schüler in der Verantwortung Das BEJ/BVJ-Klassenmanagement Warnhinweis Das „Klassenmanagement“ ist Teil eines Ganzen und funktioniert in jeder denkbaren Schulart, niht aber ohne das dazugehörige pädagogische Umfeld. Und das ist der Grund, warum wir ein bisschen weiter ausholen. Gleichzeitig möchten wir Sie schon zu Anfang davor warnen, in das hier vorgestellte Klassenmanagement einzusteigen, ohne mit Ihren Kolleginnen und Kollegen zuvor das nötige Umfeld geschaffen zu haben.

Prolog: Der Eckige Tisch Alles begann im Sommer 1997. Wir saßen wieder einmal zusammen und hatten die Nase voll vom BVJ: all die Nerven, die es uns kostet, der Frust und das stiefschwesterliche Dasein dieser Schulart. Nachdem wir – wie schon oft zuvor – ausgiebig gejammert hatten, ging es uns besser. Da haben wir beschlossen, ab sofort auf höherem Niveau und nicht mehr allein, sondern mit allen anderen Lehrerinnen und Lehrern dieser Schulart zu jammern, regelmäßig, mindestens einmal im Monat. Das war die Geburtsstunde des Eckigen Tisches. Diesen Namen hatten wir von Anfang an. Die Aufgaben, die Kompetenzen und die Institutionalisierung des Klassenmanagements aber kamen mit den Jahren.

Unser Lehreralltag heute Weiterentwicklung und Verbesserung unseres pädagogischen Konzepts sind inzwischen die Hauptaufgaben des Eckigen Tisches. Das Wesentliche dabei ist, alles im Team zu machen. Immer zwei Kollegen aus Praxis und Theorie führen eine Klasse gemeinsam. Die Klassenlehrertandems sind gleichzeitig die Mitglieder des Eckigen Tisches und dieser leistet – in enger Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeiterin und der Abteilungsleitung – die gesamte pädagogische, didaktische und organisatorische Arbeit für die beiden Schularten BEJ und BVJ. Die Schulleitung bezieht uns in alle wichtigen Entscheidungen mit ein. Auch die Fachlehrerinnen und Fachlehrer sind in die Projekte eingebunden. Alle ziehen an einem Strang! Noch immer halten wir es für ein kleines Wunder, dass inzwischen in jeder Klasse gleich verfahren wird, egal, ob es um Zuspätkommen, Fehlzeiten, Regelverstöße oder um Stoffverteilungspläne und Unterrichtsinhalte geht. Dadurch haben wir ein sehr soziales, aber auch konsequentes und wirksames Miteinander.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Dies alles hat nicht von heute auf morgen funktioniert, es brauchte seine Zeit: 10 Jahre. Man sollte nie zuviel auf einmal anpacken! Und noch immer haben wir neue Ideen …

Die Konzeption des Klassenmanagements BVJ wie BEJ sollen auf das Berufsleben vorbereiten. Dennoch findet man im Schulalltag bisher relativ wenig, was an die Berufswelt erinnert. Schülerinnen und Schüler führen sich an Schulen häufig auf wie Touristen. Begünstigt wird dieses Verhalten dadurch, dass Lehrer ihren Schülern viele Entscheidungen, Aufgaben und einen Großteil der Verantwortung abnehmen. Deshalb haben wir im BEJ und BVJ kleine Änderungen mit zum Teil großer Wirkung vorgenommen. Wir haben der Arbeit in und mit den Klassen einen betrieblichen Anstrich gegeben: •

Die Schüler sind Mitarbeiter, die ihren Betriebsrat wählen.



Auf monatlichen Betriebsversammlungen wird die geleistete Arbeit aller Beteiligten evaluiert und über Probleme gesprochen.



Bei Versäumnissen und Fehlzeiten gelten die Regeln der Arbeitswelt.



Es gibt schriftliche Abmahnungen, aber auch Gratifikationen für besondere Leistungen.



Es werden Betriebsausflüge gemacht.



Es gibt Arbeitszeugnisse.



Corporate Identity wird angestrebt, erkennbar z. B. an T-Shirts, Logo, Auftritten bei Schulveranstaltungen. Alle Mitarbeiter sind verantwortlich für PR-Maßnahmen und für ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit.



Die Mitarbeiter organisieren den Alltag im Betrieb selbst. Das ist Kern unseres Klassenmanagements.

Ein Teil der erforderlichen Vorarbeit wird im Fach Wirtschaftskunde geleistet, indem die Lehrer dort die betrieblichen Strukturen der realen Arbeitswelt vermitteln. Bei uns muss jede Schülerin und jeder Schüler im Rahmen eines Manager-Amts über das ganze Schuljahr hinweg Verantwortung übernehmen. Dabei werden Schlüsselqualifikationen trainiert: Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Durchhaltevermögen, Zuverlässigkeit, Toleranz, Durchsetzungsvermögen. Die Schülerinnen und Schüler werden nicht „nur bedient“, sondern sie selbst arbeiten aktiv am Schulgeschehen. Dies erfordert allerdings von allen Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Klassen unterrichten, die Bereitschaft, sich umzustellen: sich selbst zurücknehmen und die Schüler die ihnen übertragenen Aufgaben durchführen lassen!

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Mögliche Manager-Ämter Die Manager-Ämter in den Klassen des BEJ und BVJ unterteilen wir in drei Kategorien: 1. Aufgaben, die Schülern schon immer zugeteilt wurden, wie Tafelmanager und Klassenbuchmanager, 2. Aufgaben, die es bisher noch nicht gab, wie Arbeitsblattmanager und PR-Manager (s.u.), 3. Aufgaben, die bisher bei den Klassenlehrern lagen, z.B. Finanzmanager und Entschuldigungsmanager (s.u.).

Konkret definiert haben wir folgende Ämter: Arbeitsblätter-Manager: Arbeitsblätter sammeln, den fehlenden oder erkrankten Schülern übergeben und die Aufgaben erklären. Finanz-Manager: sich um Kochgeld, Fotogeld, Versicherungen, Büchergeld, Finanzierung der Betriebsausflüge, Einnahmen bei Schulveranstaltungen usw. kümmern. Event-Manager: Betriebsausflüge, Freizeitaktivitäten und Schulveranstaltungen planen und durchführen. Telefon-Manager: unentschuldigt fehlende Mitarbeiter anrufen, länger erkrankten Mitarbeitern wichtige Informationen zukommen lassen. Öffentlichkeitsarbeits-Manager (PR-Manager): Zeitungsberichte verfassen, an der Homepage mitarbeiten, Schulveranstaltungen mitgestalten. Entschuldigungs-Manager: Entschuldigungen einsammeln, mit Datum und Unterschrift versehen und diese am Ende des Schultages einem der Chefs (Klassenlehrer) übergeben.

Der Weg zum Klassenmanager Der Weg eines Schülers als Klassenmanager umfasst folgende Stationen: Stellenausschreibung, schriftliche Bewerbung, Bewerbergespräch, Einstellung, Evaluation in Betriebsversammlungen, Bewertung durch Chefs und Kollegen (Lehrer und Schüler) zum Halbjahr und zum Schuljahresende sowie das Arbeitszeugnis für das Bewerbungsportfolio. Auf einem solchen Weg ist wie bei realen Karrieren mit Stolpersteinen zu rechnen. Für den Umgang damit können Regelungen getroffen werden, zum Beispiel:

Ein Manager wird seiner Aufgabe nicht gerecht Entlassen kann man ihn nicht. Alles andere läuft aber wie im wirklichen Leben: Gespräch mit den Chefs, Abmahnung, im Extremfall Verlust des Amtes. Jedoch anders als in

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

manchem Arbeitsalltag bieten die Chefs (Klassenlehrer) ihre Hilfe an, indem sie z.B. fragen: „Wie kann ich dir helfen, dein Amt besser auszuüben?“

Lehrer mischen sich ein Sätze wie: „Stühle hoch, Tafel putzen!!!“ sind uns Lehrern noch in Fleisch und Blut. Aber das Einfordern des verabredeten Verhaltens sehen wir nicht mehr als unseren Job. Da üben wir nun Selbstdisziplin. Die Klassenmanager werden es richten – die Chefs unterstützen das lediglich.

Missbrauch der Ämter Wie in jeder Firma sind auch hier Veruntreuung, Vorteilsnahme, Bestechung, Unterschlagung und dergleichen vorstellbar. Für den Umgang damit können wir jedoch keine Tipps anbieten, da es in unseren „Firmen“ bisher solche Vorfälle nicht gegeben hat. Vorbeugen sollte man aber, indem man gemeinsam überlegt, wie es zu welchen Problemen kommen kann. Überlassen Sie z.B. dem Finanzmanager nicht tagelang viel Geld zur Aufbewahrung, rechnen Sie täglich mit ihm ab.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Ein Jahr im BEJ/BVJ – unser Programm Die neuen Mitarbeiter (Schüler) machen sich mit uns, unserem Betrieb und ihrer neuen Rolle vertraut. Dinge, die für einen Schnuppertage 1. Woche reibungslosen Ablauf in unserer Firma existentiell sind, werden besprochen. Die Mitarbeiter und ihre beiden Chefs/ Chefinnen (Klassenlehrer) gehen außer Haus, regeln weitere betriebliche Angelegenheiten und arbeiten an den Strukturen. Zum Beispiel werden die Betriebsräte (Klassensprecher) gewählt, die Teamtage 2. Woche Bewerbungen für die Managerämter laufen an und Bewerbungsgespräche finden statt. Die Sozialarbeiterin begleitet die Teamtage. KlassenDie Mitarbeiter organisieren ihr Arbeitsumfeld und management übernehmen Verantwortung. 1 Tag zum Thema Bewerbungsgespräch, in den Fächern TV/CA und Deutsch: Produktion einer BewerberBewerbungsmappe September training Während des ganzen Jahres individuelle Betreuung durch Klassenlehrer und Agentur für Arbeit Schritte gegen Projekt zum Thema Gewalt, Umgang mit Aggressionen, Oktober Tritte Verhalten in Mobbing-Situationen Jour Fixe 1x im Monat Versammlung der in der Klasse unterrichtenden Lehrer BetriebsverVersammlung aller Mitarbeiter unter der paritätischen Leitung 1x im Monat sammlung von Betriebsräten und Chefs Projekt zum Thema Liebe, Partnerschaft, Sexualität und Sex, drugs Vertrauen; and alcohol Umgang mit Drogen und Alkohol Langzeit1 Woche am Anfang, 1 Woche im Februar, ab Oktober praktikum dazwischen 1 Tag pro Woche Sind die Ziele in der Produktion für die erste Etappe erreicht, macht die Belegschaft mit beiden Chefs einen eintägigen Betriebsausflug Dezember Betriebsausflug; sind die Ziele nicht erreicht, gibt es keinen Ausflug. ArbeitsFür die Bewerbung gibt es die ersten Arbeitszeugnisse über Februar zeugnisse die Leistung im Manageramt. Aus möglichst vielen Berufsfeldern werden Personalchefs Podiumseingeladen (diesmal echte), um mit der Belegschaft über den März diskussion Einstieg in die Berufswelt und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu diskutieren. Ist das Gesamtziel erreicht worden, organisiert die BelegAbschlussfahrt Juli schaft einen letzten Betriebsausflug, dessen Dauer vom Verhalten der Belegschaft abhängt. Die Belegschaft gestaltet eine Betriebsfeier für alle am Erfolg Verabschiedung Juli des Unternehmens Beteiligten. Und im Übrigen: Das ganze Jahr über finden all die Dinge statt, die man auch sonst aus Betrieben kennt.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Epilog Unser Leben und Wirken als Lehrer in einer Problemschulart ist mit Einführung des geschilderten Klassenmanagements besser geworden. Wir genießen es, dass wir in allen Bereichen ein Mitspracherecht haben, dass wir keine Einzelkämpfer mehr sind, dass Schüler uns Arbeit abnehmen (und das auch noch gut machen) und dass wir in unserem Umfeld so richtig etwas bewegen können. Nur Mut, trauen auch Sie sich, aber nehmen Sie sich auch die erforderliche Zeit! Wenn Sie mehr Informationen oder Hilfe möchten, wir unterstützen Sie gern. Ilona Gasser, OStR’in, Abteilungsleitung/ Petra Kubela, StR’in, Eckiger Tisch Anfragen an: [email protected]

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Luzenbergschule Mannheim

Schülerinnen und Schüler führen Tutorenstunden durch

1. Worum geht es? Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Gesundheit und Pflege (1 BK1P und 1 BK2 P) führen Tutorenstunden durch. Schüler in der Rolle von Schülertutoren haben die Aufgabe von Lernhelfern. Die im Stundenplan verankerten Tutorenstunden werden zur Vertiefung ausgewählter Themen sowie zur Übung und Vorbereitung auf Klassenarbeiten genutzt. Schüler mit erkennbarer Bereitschaft und Eignung können sich im 2. Schulhalbjahr als Tutoren qualifizieren und erhalten ein Tutorenzertifikat. Der Gewinn für die Schülerinnen und Schüler, die das Tutorenkonzept durchlaufen, besteht darin, dass sie wichtige Erfahrungen sammeln, ihre Kompetenzen erweitern und durch das Tutorenzertifikat bessere Einstellungschancen haben.

2. Projektentstehung Das Tutorenkonzept wurde zunächst als Modellversuch im Schuljahr 2003/2004 vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg initiiert und unter der Projektleitung des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe in Kooperation mit der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an die Luzenbergschule herangetragen. In weiterentwickelter Form ist das Tutorenkonzept seit dem Schuljahr 2007/2008 fest in den Qualitätsentwicklungsprozess der Luzenbergschule integriert.

3. Einbindung des Tutorenprojekts in den OES-Prozess an der Luzenbergschule Ein Merkmal operativ eigenständiger Schulen sind die so genannten Qualitätsentwicklungsprojekte. Sie erfüllen folgende Ansprüche:

Zuordnung des Projekts zu Qualitätsbereichen Das Projekt „Tutorenkonzept“ ist dem obligatorischen Qualitätsbereich Unterrichtsqualität zugeordnet.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Bezug des Projekts zum Leitbild Die Projektziele orientieren sich am Leitbild der Luzenbergschule, konkret an folgenden Aussagen: Wir beraten und begleiten unsere Schüler: An der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf stärken wir die Selbständigkeit und Selbstverantwortung der Schüler und bereiten sie auf ihre berufliche Tätigkeit gut vor. Lehren und Lernen bilden ein dynamisches Geflecht: Schüler- und Lehrerrolle durchdringen sich gegenseitig. Die Entwicklung der sozialen, fachlichen und personalen Kompetenzen steht im Mittelpunkt.

Durchführung des Projekts nach Methoden des Projektmanagements Das Projekt wurde vom Projektteam genau geplant. Es liegt eine Projektbeschreibung mit Zieldefinition und Meilensteinen vor. Um die fortlaufende Überwachung und Steuerung des Projektes zu gewährleisten, wurden die Ziele durch Qualitätskriterien konkretisiert. Formulierte Indikatoren und Standards erlauben eine systematische Projektevaluation. Ausgehend von den Ergebnissen der Evaluation konnten z.B. Organisation und Durchführung für die beteiligten Fachlehrer vereinfacht werden, auch wurde die Tutorenstunde nicht mehr als „Randstunde“ im Stundenplan verankert und das Tutorenzertifikat selbst wurde zu mehr Aussagekraft entwickelt.

Überführung des Qualitätsentwicklungsprojektes in einen Regelprozess Nach sorgfältiger Überprüfung und Abstimmung wurde das Projekt in einen Prozess überführt. Es liegt eine Prozessbeschreibung im Qualitätshandbuch der Schule vor, verbunden mit einer detaillierten Checkliste: sie ermöglichen jedem Fachlehrer die Durchführung des Tutorenkonzepts.

4. Das Tutorenkonzept im Einzelnen Das Tutorenkonzept der Luzenbergschule umfasst definierte Ziele und einen festgelegten Ablauf.

Projektziele 1. Alle Schüler führen Tutorenstunden durch. 2. Geeignete Schüler qualifizieren sich für das Tutorenzertifikat und führen eigenständig die Tutorenstunde durch.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

3. In den Klassen entwickelt sich eine Feedback-Kultur. 4. Die als Tutoren tätigen Schülerinnen und Schüler haben einen Kompetenzzuwachs.

Ablauf 1. Die Schülerinnen und Schüler werden zu Beginn des Schuljahres in der ersten Tutorenstunde über das Tutorenkonzept informiert. 2. In einer zweiten Tutorenstunde erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Selbsteinschätzungsbogen, mit dessen Hilfe sie ihre Fachwahl für ein Tutorium treffen. Im 1. Halbjahr erfolgt die Einteilung in die Fächer ausschließlich nach Schülerwünschen. Im 2. Halbjahr erfolgt die Einteilung nach vorgegebenen Kriterien, und zwar: -

Bereitschaft des Schülers und Zuordnungswunsch zu 2 Fächern (erster und zweiter Wunsch),

-

Halbjahresnote im jeweiligen Fach: Gefordert ist eine mindestens befriedigende Beurteilung der Fachlehrer, auch hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Schülers.

3. Die Fachlehrer werden über die Tutoreneinteilung informiert und nehmen eine zeitliche Zuordnung auf einem Formblatt „Belegungsplan der Tutorenstunden im 1./ 2. Halbjahr“ vor (Aushang bzw. Infowand im Lehrerzimmer). 4. Die Tutoren erhalten 14 – 7 Tage vor der eigentlichen Tutorenstunde ihre Aufgaben zur selbständigen Bearbeitung, danach Vorbesprechung mit dem Fachlehrer. 5. Am Ende der Tutorenstunde füllen die Schüler und Tutoren einen Befragungsbogen aus (Schüler bewertet Tutoren; Tutor bewertet Mittutor). Die Tutorenstunde wird mit dem Fachlehrer nachbesprochen. 6. Der Fachlehrer wertet die Fragebögen aus, bewertet die Tutoren und leitet die Bewertungsergebnisse an den Klassenlehrer weiter. Der Klassenlehrer überprüft in Absprache mit allen Fachlehrern, ob die Tutoren die Kriterien für eine Weiterführung ihrer Tätigkeit im 2. Halbjahr erfüllen.

Tutorenworkshop Am Ende des 1. Schulhalbjahres bzw. zu Beginn des 2. Halbjahres werden die geeigneten Tutoren an zwei Nachmittagen in einem Workshop weitergebildet. Der Workshop findet an der Schule statt und wird von den Fachlehrern, die im 1 BK1P bzw. im 1 BK2P unterrichten, und von den SOL-Lehrern gestaltet.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Inhalte des Workshops sind: •

Das Tutorenzertifikat und seine Bedeutung



Teambildung



Teamfähigkeit und Eigeninitiative



Umgang mit Konfliktsituationen



Analyse von störendem Verhalten in Tutorenstunden



Erfahrungsaustausch über gehaltene Tutorenstunden

Für die Schüler, die sich als Tutoren qualifiziert haben, ist die Teilnahme am TutorenWorkshop zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres verpflichtend.

Tutorenzertifikat Die qualifizierten Tutoren erhalten das Tutorenzertifikat zusammen mit dem Abschlusszeugnis. Das Zertifikat bescheinigt die Tutorentätigkeit. Darüber hinaus erhält der Schüler eine Beurteilung seiner Tutorenleistung nach den Kriterien •

Methodische Kompetenz,



Arbeitsverhalten,



Sozialverhalten.

5. Organisatorische Einbindung in den Schulalltag Die Tutorenstunden finden im 1. Schulhalbjahr sowohl im 1 BK1P als auch im 1BK2P im Rahmen einer fest im Stundenplan ausgewiesenen Unterrichtsstunde („Tutorenstunde“) statt. Im 2. Halbjahr wird die Tutorenstunde im 1 BK1P in einer der im Stundenplan ausgewiesenen SOL-Stunden durchgeführt. Ein SOL-Methodenbaum gibt im Klassenzimmer Auskunft, welche Methoden bekannt sind und angewendet werden. Für die erfolgreiche Umsetzung des Tutorenkonzepts ist die Mitarbeit aller Fachkollegen notwendig. Zur Information und zur Einteilung der Tutoren wird zu Beginn des Schuljahrs jeweils eine Klassenkonferenz durchgeführt. Um den Fachlehrern die Arbeit zu erleichtern, wurde eine Handreichung zu den Arbeitsschritten zusammengestellt. Sie enthält alle Fragebögen, Listen usw. als Kopiervorlagen.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

6. Außenwirkung und Öffentlichkeitsarbeit Die Evaluation des Tutorenkonzepts zeugt von einer hohen Akzeptanz bei den Fachlehrern und Schülern des Berufskollegs für Gesundheit und Pflege 1 und 2. Eng verbunden mit der Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für dieses Konzept ist sicherlich auch die Tatsache, dass die aussagekräftigen Tutorenzertifikate den Schülern häufig einen entscheidenden Vorteil bei Bewerbungen bringen, d.h. auch die ausbildenden Betriebe erkennen das Tutorenkonzept an. Grundvoraussetzung für diese Anerkennung ist eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit. An der Luzenbergschule werden zu Schuljahresbeginn sowohl die Schüler als auch die Eltern über das Tutorenkonzept ausführlich informiert. Während der Praktikumsphase weisen die betreuenden Klassenlehrer die Betriebe regelmäßig auf die Tutorenzusatzqualifikation hin. Das Tutorenkonzept ist zudem auf der Homepage des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe veröffentlicht. Ferner trug die lokale Presse mit der Veröffentlichung des Tutorenkonzepts wesentlich dazu bei, dass eine breite Öffentlichkeit über diesen wichtigen Schulentwicklungsprozess an der Luzenbergschule informiert wurde.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Gewerbliche Schule Öhringen

Projekt zur Steigerung der Unterrichtsqualität in der Berufsfachschule Ausgangssituation Ausgangspunkt für die Initialisierung des Projekts zur Steigerung der Unterrichtsqualität war die sowohl für Schüler als auch für Lehrer unbefriedigende Situation in einer Klasse der zweijährigen Berufsfachschule. Das Verhalten der Schüler untereinander wie auch das Arbeits- und Lernverhalten gaben Anlass zur Sorge. Innerhalb kurzer Zeit verschlechterte sich das Leistungsniveau rapide. Zum Teil waren heftige Anfeindungen der Lernenden untereinander und eine starke Zunahme der Unruhe in der Klasse zu beobachten. Das Schüler-Lehrer-Verhältnis blieb davon nicht unberührt. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stand zu befürchten, dass erstmalig ein größerer Anteil der Lernenden die Abschlussprüfung der Berufsfachschule im Sommer 2006 nicht erfolgreich bestehen würde.

Projektziele Im Februar 2006 wurden im Rahmen einer Klassenkonferenz Ziele und Maßnahmen für die Entwicklung der Unterrichtsqualität in der Klasse festgelegt. Dabei wurden als übergreifende Ziele formuliert: •

eine deutliche Verbesserung des Klassenklimas,



eine enge Zusammenarbeit aller in der Klasse unterrichtenden Lehrer/innen,



die Verwendung einheitlicher Regelungen durch die Lehrenden,



eine engere Einbeziehung des Elternhauses in die schulische Ausbildung und



das Erreichen einer hohen Erfolgsquote bei der Abschlussprüfung .

Das Projekt sollte ferner in die Qualitätsentwicklung der Schule eingebunden werden. Auch die im Rahmen von OES entwickelten Feedback-Instrumente zur Verbesserung der Unterrichtsqualität sollten zur Anwendung kommen.

Maßnahmen zur Erreichung der Ziele Um detaillierte Informationen über Problembereiche in jedem Unterrichtsfach zu erhalten, wurden die „Schüler Æ Lehrer Rückmeldebögen“, die im Rahmen von OES entwickelt worden waren, von allen in der Klasse unterrichtenden Lehrpersonen eingesetzt. Da die Informationen dieses Feedback-Instruments sehr stark personenbezogen sind, fiel es in

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

den Aufgabenbereich der einzelnen Lehrenden, sich mit den erhaltenen Informationen persönlich auseinander zu setzen und mit der Klasse in Austausch zu treten. Darüber hinaus bestand das Angebot, dass seitens der Lehrer für jeden Schüler, der es wünschte, ein eigener, ebenfalls im Rahmen von OES entwickelter „Lehrer Æ Schüler Rückmeldebogen“ ausgefüllt und individuell besprochen wurde. Ergänzend stand ein von Lehrern betreutes Klassensituationsfeedback (Schüler Æ Schüler) zur Verfügung. Ende Februar 2006 wurde ein Tag für die Neufindung der Klasse veranstaltet. Ausgangspunkt war eine Zukunftswerkstatt, in der die Schülerinnen und Schüler ihre persönlichen Ziele für die Zukunft formulierten und sich klar machten, was notwendig wäre, um diese zu erreichen. Es erfolgte eine Abfragerunde zu bisherigen Schulerfahrungen. Dabei verwoben sich die Erfahrungen aus den zuvor besuchten Schulen mit denen an der GSOE. Nach der individuellen Zielfindung und einem Zwischenschritt mit vertrauensbildenden Aktionen stand die Erarbeitung gemeinsamer Grundsätze für das Erreichen des mittelfristigen Ziels „Bestehen der Abschlussprüfung“ im Mittelpunkt. Das geschah in moderierten Kleingruppen. Die Ergebnisse der Kleingruppen wurden abschließend zu einem überschaubaren Regelwerk zusammengestellt. Auch von den Lehrerinnen und Lehrern wurden Regeln beigefügt. Das fertige Regelwerk wurde von den Lehrenden und Lernenden als verbindlicher „Klassenvertrag – Contract – Verhaltenskodex“ unterzeichnet. Zur Förderung des Miteinander in der Klassengemeinschaft planten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Klassenlehrer eine Neugestaltung ihres Klassenraums und waren auch bereit, die dafür anvisierten Malerarbeiten selbst auszuführen. Aufgrund landkreisinterner Vorgaben wurden die Malerarbeiten jedoch vom Schulträger extern vergeben. Der Unterrichtsraum wurde ähnlich der Planungen neu gestrichen. Als Maßnahme gegen Regelverstöße wurde ein „Laufzettel“ eingeführt, der von jedem Lernenden im Unterricht stets mitzuführen war. Dies geschah mit der Zielsetzung, Regelverstöße zu dokumentieren und bei Häufung (drei Einträge in der Woche) die festgesetzten Maßnahmen (Nacharbeitszeit) zu initiieren. Die Termine der Nacharbeitszeit wurden dabei ebenfalls im Voraus festgelegt. Die beabsichtigte engere Einbeziehung des Elternhauses erfolgte über Vierteljahresinformationen. Sie setzen die Eltern in kurzer Form darüber in Kenntnis, wie sich die Lernleistungen und das Verhalten innerhalb der Klasse entwickeln. Die Vierteljahresinformationen wurden vom Klassenlehrer erstellt, der dazu die Mitteilungen jedes in der Klasse unterrichtenden Kollegen zu den jeweiligen Schülern heranziehen konnte. Mit der Auswertung der Feedbackbögen und in vielen Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern, nicht nur an dem oben geschilderten Tag zur Findung gemeinsamer Verhaltensregeln, hatte sich die Klassengröße als großes Problem herauskristallisiert. Beobachtungen zeigten, dass die eingangs geschilderten Schwierigkeiten deutlich weniger auftraten, wenn die Klasse geteilt unterrichtet wurde. Vor diesem Hintergrund wurde der Antrag auf Teilung der Klasse in den Kernfächern Englisch und Mathematik gestellt, dem jedoch nicht entsprochen werden konnte. Aufgrund der Gesamtsituation entschlossen sich die

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Englisch- und Mathematiklehrer, zusätzlichen Unterricht jeweils mit einer Halbklasse, allerdings ohne Ausgleich, durchzuführen. Der Zusatzunterricht in Englisch und Mathematik, mit je einer Halbklasse, wurde im Anschluss an den regulären Stundenplan jeweils an einem Nachmittag in der Woche gehalten.

Organisation und Einbettung der Maßnahmen in den Schulalltag Der Einsatz der Feedback-Fragebögen erfolgte individuell durch jede Lehrperson innerhalb der Klasse wenige Wochen nach Beschlussfassung. Der Zeitaufwand für das Ausfüllen der Fragebögen schwankte dabei je nach Vorbereitung und Durchführung zwischen 30 und 60 Minuten. Unterschiedlich viel Zeit wurde auch auf die Ergebnisdiskussion mit der Klasse verwendet: von wenigen Minuten bis zu einer Schulstunde. Das Ausfüllen der Fragebögen und die Diskussion der Ergebnisse fanden während des Unterrichts statt. Die aus dem Schüler-Lehrer-Feedback ableitbaren Konsequenzen lagen in der individuellen Entscheidung des jeweiligen Lehrers und wurden von diesen in den einzelnen Fachunterrichtsstunden umgesetzt. Für Zukunftswerkstatt, vertrauensbildenden Aktionen und die Erarbeitung eines von der Klasse gemeinsam mit den Lehrern entwickelten Regelwerkes wurde ein ganzer Schultag angesetzt. Der Fachunterricht entfiel an diesem Tag. Die Pausenzeiten der Klasse waren von den Pausenzeiten der übrigen Schule entkoppelt und richteten sich nach den Bedürfnissen während der Arbeit, berücksichtigten aber auch die Möglichkeiten für die Schüler, sich mit Essen und Trinken zu versorgen. Nicht alle in der Klasse tätigen Lehrerinnen und Lehrer waren während des gesamten Tages anwesend. Die überwiegende Anzahl der Lehrenden war jedoch zumindest stundenweise beteiligt. Auf eine gemeinsame Unterschriftszeremonie des entwickelten Kodex wurde verzichtet. Die Zustimmung der Lehrpersonen erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Konferenz. Die Vierteljahresinformationen wurden vom Klassenlehrer erstellt unter Einbeziehung von Informationen aller in der Klasse Unterrichtender. Die Informationen unterteilten sich in fachbezogen und nicht fachbezogen. Letztere, z. B. die Ausprägung der Mitarbeit im Unterricht oder der Umgang mit Mitschülern, wurde durch Fragebogen erhoben. Die Informationsweitergabe an den Klassenlehrer erfolgte ca. zwei Wochen vor Erstellung der Halbjahresinformationen. Der als Maßnahme gegen Regelverstöße eingeführte „Laufzettel“ wurde von den Schülerinnen und Schülern stets im Unterricht mitgeführt. Diese hatten auf Anweisung die Eintragungen darin selbst vorzunehmen. Das Erreichen der geschilderten Maßnahmenschwelle wurde von den Lehrern, die einen Eintrag anordneten, und vom Klassenlehrer überwacht. Die festgesetzte Nacharbeitszeit war fest im Stundenplan verankert. Die Lehrkräfte, die die Nacharbeitszeit betreuten, wurden direkt von ihren Kolleginnen und Kollegen über den Inhalt der zu erledigenden Arbeiten informiert.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Projektevaluation Durch die geschilderten Maßnahmen wurde zeitweilig eine deutliche Verbesserung des Klassenklimas und des Schülerengagements erreicht. Der Effekt hielt jedoch nicht über die gesamte Dauer der Schulzeit der Berufsfachschüler an. Alte Konflikte lebten teilweise wieder auf. Die Ablehnung der eigenständigen Durchführung des Renovierungsvorhabens durch den Schulträger löste bei den Schülern eine tiefe Enttäuschung aus und führte zu deutlichen Vertrauensverlusten gegenüber Schule und Lehrern. Auch die zeitliche Verzögerung der Unterzeichnung des Klassenvertrags erwies sich als ungünstig. Wie weit das anfängliche Engagement dabei abflachte, war individuell sehr unterschiedlich. Die Methode, Regelverstöße erst nach einer Mindestzahl von Verstößen zu ahnden, erwies sich als schwierig, zumal ein Teil der Schüler die Verzögerung bis zum Eintritt der Folgen als Schlupfloch im System missbrauchte. Die Wirkung der mit großem Zeitaufwand erstellten Vierteljahresinformationen an die Eltern lässt sich aufgrund der geringen Rückmeldung nur schwer einschätzen, hatte aber wahrscheinlich bei einem Teil der Schüler einen förderlichen Einfluss. Dies kann aus Äußerungen von Schülerinnen und Schülern geschlossen werden. Zu Äußerungen kam es besonders in den Zeiten, in denen die Vierteljahresinformationen ausgegeben wurden. Ein großer Fortschritt in den Lernleistungen in den Hauptfächern Englisch und Mathematik wurde durch den zusätzlichen Unterricht mit Halbklassen erreicht. Trotz aller Schwierigkeiten überstieg der Erfolg des Projekts unsere Erwartungen deutlich. 95% der Lernenden bestanden die Abschlussprüfung, mehr als Dreiviertel hatten zum Schulabschluss einen Ausbildungsplatz oder die Zusage zum Besuch einer weiterführenden Schule.

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Theodor-Heuss-Schule Reutlingen

Wir schaffen eine Leistungs- und Beziehungskultur „Reutlinger Konzeption“ für die Berufsfachschulen Wirtschaft, Büro und Handel

Projektentstehung Ausgehend von der Erkenntnis der Interdependenz schulischen Leistungs- und Sozialverhaltens kristallisierten sich seit 2003 in unserer Schulentwicklungsarbeit an der Berufsfachschule zwei inhaltliche Aspekte heraus, die ab 2005 im STEBS-Prozess vertieft wurden: zum einen die Förderung der Sprachkompetenz von Schülern durch gezieltes Rechtschreibtraining, zum anderen die Frage des erzieherischen Umgangs mit schwierigen und verhaltensauffälligen Schülern. Der Ausgangszustand der Wirtschaftsschule und der Berufsfachschule Büro und Handel zeigte folgende Defizite: hohe Durchfallquoten und hohe Wiederholungsraten auf Seiten der Schüler, mangelnde Zufriedenheit, hoher Leidensdruck und psychische Belastung bei Kolleginnen und Kollegen aufgrund schwieriger Klassen und verhaltensauffälliger Schüler. Die Lehrer-Schüler-Interaktionen und das Sozialklima waren durch die ständige Disziplinierung von Schülern im Übermaß geprägt, die eigentliche Unterrichtszeit unvertretbar minimiert. Rückzug und „innere Kündigung“ einzelner Lehrkräfte waren die unmittelbare Folge.

Projektziele Resultierend aus dieser Situation waren von Beginn an Qualitätsverbesserung und Verbesserung der Arbeitszufriedenheit die übergeordneten Ziele. Nach eingehender Reflexion der Faktoren, die zu einer Unterrichtsverbesserung beitragen könnten, ging es konkret um die Entwicklung von Leistungs-, Beziehungs- und Konfliktkultur in der Wirtschaftsschule. Im Einzelnen ergaben sich daraus folgende Projektziele:

Leistungskultur Im Mittelpunkt steht zum einen die Entwicklung und Erprobung eines Unterstützungsprogramms zur Behebung grundsätzlicher Lerndefizite der Schüler in den Kernfächern Deutsch, Englisch und Mathematik, zum anderen der Aufbau von Lernroutinen, vor allem fokussiert auf die Automatisierung des Lernens sowie die Förderung von Eigenständigkeit und Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler. Ferner wird den Kolleginnen und

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Kollegen, die in der Wirtschaftsschule unterrichten, Unterstützung angeboten im Hinblick auf die Vermittlung von Projektkompetenzen.

Beziehungskultur Wir entwickeln ein Konzept der Gesprächskultur zwischen den verschiedenen am Schulleben beteiligten Gruppen (Lehrer/Schüler – Lehrer/Lehrer – Lehrer/Eltern). Ein Teilziel besteht darin, Regeln für den alltäglichen schulischen Umgang miteinander aufzustellen sowie ein einheitliches System für die Umsetzung dieser Regeln in allen 10 Klassen der Wirtschaftsschule zu etablieren.

Konfliktkultur Wir entwickeln und erproben ein einheitliches Regelmodell für den Umgang mit Konfliktsituationen unterhalb der Maßnahmen nach § 90 des Schulgesetzes. Die Entwicklung in den genannten drei Bereichen geht mit der Verankerung von Teamarbeit einher.

Projektablauf Eine aus acht Mitgliedern bestehende Projektgruppe befasste sich arbeitsteilig mit den einzelnen Bereichen. Im ersten Jahr lag der Schwerpunkt auf der Entwicklung und Erprobung eines Unterstützungsprogramms zur Förderung der Leistungskultur. Den Schwerpunkt des zweiten Jahres bildete die Erarbeitung eines einheitlichen Verfahrens für den Umgang mit Unterrichtsstörungen. Um betroffene Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Arbeit zu unterstützen und Veränderungsprozesse nachhaltig im System der Wirtschaftsschule zu verankern, wurden in jedem Schuljahr eine Methodentagung und ein Workshop zum Thema „Unterrichtsstörungen“ durchgeführt. Am Ende des zweijährigen Projekts fand eine schulinterne Evaluation mittels Ratingkonferenz statt.

Ergebnisse: Leistungskultur Stellvertretend für den thematischen Schwerpunkt „Förderung der Leistungskultur“ wird hier die Entwicklung des Rechtschreibtrainingsprogramms vorgestellt. Das Trainingsprogramm schult drei Rechtschreibschwerpunkte: Groß- und Kleinschreibung, Schreibung der s-Laute sowie Schreibung gedehnter Vokale und Konsonanten. Es ist während des ersten Schuljahres in der Wirtschaftsschule integraler Bestandteil des Deutschunterrichts. Zu Beginn wird ein Diagnosediktat geschrieben; um den Lernfortschritt zu ermitteln und zu dokumentieren, wird es am Ende des Trainings wiederholt. Das Trainingsprogramm setzt sich aus drei Bausteinen zusammen:

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Baustein 1: Abschreibtraining Grundlage des Abschreibtrainings ist ein von uns erstellter Rechtschreib-Reader, bestehend aus 15 Diktaten. Wörter der entsprechenden Rechtschreibschwerpunkte werden in den Diktattexten farblich hervorgehoben. Für jeden Rechtschreibschwerpunkt wird eine andere Farbe verwendet. Ergänzend enthält der Reader zu jedem Diktat eine Wörterliste. Die Wörter entstammen den Diktattexten. Die Schüler müssen jede Woche nach einem ganz bestimmten Verfahren ein Diktat abschreiben und die Wörter lernen. Einmal pro Woche wird ein Diktattest geschrieben, der nicht länger als 10 Minuten dauert. Jedes Diktat wird benotet. Da es sich um geübte Diktate handelt, gilt bei der Bewertung: pro Fehler eine Note Abzug.

Baustein 2: Regelschulung Dieser Baustein umfasst 8 bis 10 Unterrichtsstunden und zielt darauf ab, zu zwei HauptProblembereichen der Rechtschreibung (Groß- und Kleinschreibung sowie Schreibung der s-Laute) die wichtigsten Regeln zu vermitteln und einzuüben. Das Besondere daran ist die handlungsorientierte Ausrichtung der Lernphase: nicht die Lehrperson vermittelt die Regeln, sondern die Schülerinnen und Schüler eignen sich diese eigenständig an und vermitteln sie den anderen im Anschluss. Zu diesem Zweck haben wir ein Gruppenpuzzle entwickelt. Jeder Schüler hat den Auftrag, sich für ein bestimmtes Rechtschreibproblem zum Experten zu machen (Expertengruppe), indem er sich mit den Regeln und deren Anwendung vertraut macht. In einem weiteren Lernschritt kehrt jeder Experte in seine Stammgruppe zurück, gibt das Gelernte weiter, übt es mit den Mitgliedern der Gruppe (Satzdiktat) und korrigiert die Fehler. Im Anschluss fertigt jeder eine schriftliche Verbesserung an. Ein Übungs-Lernzirkel vertieft das Gelernte.

Baustein 3: Diktat-Aufbautraining Basierend auf den eingeübten Regeln und Verfahren schreiben die Schüler sodann unbekannte Diktate. Sie werden angehalten, die Diktate nach einem ganz bestimmten Verfahren selbstständig zu korrigieren, die Fehlerprozentzahl auszurechnen und sie in einem Protokollbogen festzuhalten. Danach erstellen sie eine Fehleranalyse, um die Fehlerschwerpunkte zu ermitteln, und legen eine individuelle Lernkartei an. Zusätzlich können die Lernerfolge dokumentiert werden.

Bau- Inhalt / Schwerpunkte stein 1

Zeitraum

Abschreibtraining: - Training von 3 Rechtschreibschwerpunkten auf Grundlage eines Readers mit Abschreibtexten - pro Woche 1 Diktattest (= geübte Diktate)

bis zu den Weihnachtsferien 10 – 15 Min. pro Test

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

2

Regelschulung: - Vermittlung und Einübung zentraler Regeln zu 2 Haupt-Problembereichen der Rechtschreibung

bis Mitte März pro Woche 1 U-Std.

3

Diktat-Aufbautraining: - Schreiben unbekannter Diktate - Korrektur durch Schüler - Ermittlung v. Fehlerschwerpunkten durch Schüler - Erstellung eines Fehleranalysebogens - Arbeit mit einer Lernkartei

bis Ende Juli pro Woche 1 U-Std.

Ergebnisse: Beziehungskultur Im Mittelpunkt dieser zweiten Säule unserer Reutlinger Konzeption stehen die Aspekte Minimierung von Unterrichtsstörungen sowie Verbesserung der Beziehung zwischen Eltern, Schülern und Lehrern durch professionelle Beratung, insbesondere nach nicht bestandener Probezeit.

Minimierung von Unterrichtsstörungen Im Rahmen einer vierteiligen Fortbildungsreihe zum Thema "Umgang mit schwierigen Schülern" waren jene Störungen ermittelt worden, unter denen die Kolleginnen und Kollegen am meisten litten. Auf dieser Grundlage wurde ein Regelkatalog erarbeitet, bestehend aus fünf für alle Schüler verbindlichen Regeln, die auf einen störungsfreieren Unterricht durch effiziente Klassenführung abzielen. Sie betreffen Pünktlichkeit, Hausaufgaben und Verhalten im Unterricht. Unabdingbar für die Durchsetzung dieser Regeln ist das einheitliche Verhalten von Kolleginnen und Kollegen im Falle von Verstößen, insbesondere da bei etlichen Schülern die Fähigkeit zur Selbststeuerung zunächst wenig entwickelt ist. In einem Workshop, an dem mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen teilnahmen, wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Dieser orientiert sich an dem von Dr. Stefan Balke begründeten Trainingsraum-Programm, das – basierend auf der Grundannahme „des gegenseitigen Respekts und der pädagogischen Idee der Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten“ (S. Balke) – drei Grundsätze ins Zentrum pädagogischen Wirkens rückt: (1) Jede Schülerin und jeder Schüler hat das Recht, ungestört zu lernen. (2) Jede Lehrerin und jeder Lehrer hat das Recht, ungestört zu unterrichten. (3) Jede/r muss stets die Rechte der anderen respektieren. Zu Beginn des Schuljahres 2007/08 wurde der Maßnahmenkatalog von der Fachabteilungskonferenz verabschiedet, die Regeln wurden in allen 10 Klassen der Wirtschaftsschule erläutert und ausgehängt, der Maßnahmenkatalog bekannt gegeben.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Maßnahme Vorstufe Mahnung bei Störungsbeginn oder bei leichten Störungen, lehrerspezifisch

Zielsetzung

Folgen

Regelbewusstsein erhöhen; Störung im Keim ersticken; Konzentration auf Unterricht herstellen

Stufe 1

Warnung: stummer Klarheit vermitteln: Die Impuls, z.B. Name an Tafel Grenze wird überschritten. schreiben

Stufe 2

Klarheit schaffen: „Jetzt ist Signal gelbe Karte: Sie kann für einen Schüler für alle Schluss.“ oder für die Klasse gegeben werden. Sie kann mit einer Sanktion, z.B. Strafarbeit verbunden werden.

Stufe 3

Signal rote Karte: Der Schüler muss den Unterrichtsraum verlassen und einen schriftlichen Rückkehrplan erarbeiten.

Stufe 4

Zweite rote Karte

Zwei Stunden Sozialdienst; Information der Eltern durch Klassenlehrer

Stufe 5

Dritte rote Karte

Gespräch Eltern, Klassenlehrer, Abteilungsleiter und Schüler; Einstieg in das Verfahren nach § 90

Auszeit: Der Unterricht verläuft ungestört weiter. Störer setzen sich mit ihrem Verhalten und den Folgen auseinander.

Bei der nächsten Störung durch einen „gelb“ vorgewarnten Schüler wird diesem die rote Karte gezeigt. War die Klasse vorgewarnt, erhält der nächste störende Schüler ebenfalls die rote Karte. Schüler gibt Rückkehrplan der Lehrkraft ab, die diesen akzeptieren kann. Vereinbarung über zukünftiges Verhalten.

Ende November eines jeden Jahres werden alle Schüler und Eltern informiert, inwieweit die Regeln eingehalten wurden. Dies ermöglicht es, denjenigen Schülerinnen und Schülern, die den Unterricht nicht stören, eine positive Rückmeldung zu geben; für die anderen dient es als Impuls, störendes Verhalten abzustellen.

Beratungsgespräche nach nicht bestandener Probezeit Teilnehmer am Beratungsgespräch nach nicht bestandener Probezeit sind der betroffene Schüler bzw. die Schülerin, die Eltern und zwei Lehrkräfte. Ziel dieser Gespräche ist es, die Schwierigkeiten der Schüler zu diagnostizieren und sinnvolle Lösungsstrategien zu entwickeln. Dabei kann es sowohl um die Behebung von Lern- oder Verhaltensproblemen gehen als auch um die Orientierung auf Alternativen zur Schule. Um die Professionalität dieser Gespräche zu sichern, werden Fragebögen zur Ermittlung von Leistungsschwierigkeiten eingesetzt. Sie werden von den Jugendlichen und von deren Eltern ausgefüllt. Ein Gesprächsleitfaden ermöglicht eine vertiefende Sicht- und Vorgehensweise. Die Ge-

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

spräche werden protokolliert; abschließend erfolgt eine schriftliche Vereinbarung zwischen Eltern, Schüler und Lehrern. Für die Verfertigung des Protokolls und der Vereinbarung liegen Formblätter vor.

Erstes Fazit Auch wenn nicht alle Probleme gelöst sind, z.B. die Betreuung der Schüler während der Auszeit, so zeigt doch die Zwischenbilanz, dass die Arbeit Früchte trägt: Die psychische, allerdings nicht zugleich die zeitliche Belastung der Kolleginnen und Kollegen hat sich verringert – in der Mehrzahl der Klassen herrscht zunehmend eine positive Lernatmosphäre. Das Kerngeschäft Unterricht nimmt mehr Raum ein. In allen fünf ersten Klassen der Wirtschaftsschule und auch in der BFBH wird das Rechtschreibtraining durchgeführt. Die Kooperation der Lehrkräfte nimmt zu, sowohl auf Klassen- als auch auf Fächerebene. Der Teamgedanke prägt die Projektarbeit in den Klassen. Die Abteilung hat sich auf Pflichtprojektkompetenzen geeinigt, an deren Vermittlung sich alle Kolleginnen und Kollegen beteiligen. Während der Projektphase im zweiten Schuljahr werden die Schülerprojektgruppen von je zwei Betreuungslehrern begleitet; es liegen einheitliche Bewertungskriterien vor. All dies bedeutet für viele Kolleginnen und Kollegen zusätzlichen Zeitaufwand und Einarbeitung in neue Methoden. Auf der Gegenseite stehen jedoch mehr Zufriedenheit und bessere Beziehungen zu den Schülerinnen und Schülern. Unsere Leitidee, die schwächeren Schüler zu unterstützen und die stärkeren zu fördern, wurde durch die Einrichtung von Stützkursen in den Kernfächern und durch zusätzliche Angebote in Physik und Wirtschaftsgeographie umgesetzt. Das Klassenteam entscheidet über die Zuordnung der Schüler. Die Schulleitung berücksichtigt bei der Deputatsverteilung bestehende Teamstrukturen. Zunehmend entwickelt sich eine offene Atmosphäre für Innovationen wie Portfolio und Leseförderung. Erfahrungsgemäß stehen bei der Entwicklung nachhaltiger Qualitätsverbesserungen große Abteilungen oder Schularten vor besonderen Schwierigkeiten – in Reutlingen sind 10 Klassen der Wirtschaftsschule und zwei Klassen der ebenfalls zweijährigen BFBH in diesen Prozess einbezogen. Wesentlich ist, dass die Verbesserungen in den Problembereichen ansetzen, die vielen Lehrkräften wichtig sind. Neben der Unterstützung durch die Schulleitung und neben den ausgearbeiteten und direkt einsetzbaren Materialien (z.B. Rechtschreibreader, Lerneinheit "Rechtschreibregeln", Materialien für Beratungsgespräche) sind unsere schulinternen Fortbildungsangebote und Workshops für die Verankerung des Prozesses von großer Bedeutung. Durch sie werden schon in der Planungs- und Entwicklungsphase viele Kolleginnen und Kollegen in den Prozess einbezogen und angeregt, ihre Vorstellungen einzubringen. Sie erfahren Qualitätsentwicklung nicht als von außen aufgesetzt. Durch Beschlüsse der Abteilungskonferenz werden die Projekte in Regelprozesse der Abteilung überführt.

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Robert-Gerwig-Schule Singen

Bewerbertage im 1. Jahr der Wirtschaftsschule Ausgangssituation Vier Punkte veranlassten uns, über "Bewerbertage in der Wirtschaftsschule" nachzudenken. Erstens gaben bei unseren Befragungen der Abschlussklassen rund 2025% der Abgänger an, noch nicht zu wissen, was sie nach der Schule machen. Wir lasen das als ein Zeichen dafür, dass für einen Teil unserer Schüler der Schritt vom Klassenzimmer in die Berufswelt nicht reibungslos verläuft. Zweitens ergaben Gespräche mit Personalverantwortlichen, dass die Zahl der fehlerhaften Bewerbungen und schlecht vorbereiteten Vorstellungsgespräche trotz der Bemühungen in Hauptschule und weiterführenden Schulen immer noch sehr hoch sind. Drittens fragte der zuständige Berufsberater von der Agentur für Arbeit an, ob wir in unserer Schule einheitliche Richtlinien für Bewerbungen etc. hätten. Was wir hatten, war eine allen zugängliche Materialsammlung, allerdings recht unüberschaubar und zum Teil widersprüchlich und es blieb den einzelnen Fachkollegen in Deutsch, Betriebswirtschaftslehre, Textverarbeitung etc. überlassen, was sie wann und wie einsetzten. Viertens schuf die Neukonzeption der Wirtschaftsschule Zeit und Raum für fächerübergreifende, handlungsorientierte Formen des Unterrichts. An der Robert-Gerwig-Schule Singen wurde das Projekt 2005 in Form eines dreitägigen Bewerbertrainings gestartet. Inzwischen wird es als Regel-Prozess geführt und ständig weiterentwickelt. Für 2008 wurde es auf vier Tage ausgedehnt.

Die Bewerbertage Die Bewerbertage für die Wirtschaftsschule 1. Jahr umfassen folgende Programmpunkte: •

Bewerbung und Vorstellungsgespräche aus Sicht von Personalverantwortlichen



Berufsberatung durch die Agentur für Arbeit



Outfit und Make-up, Bewerbungsfotos



Moderne Umgangsformen



Eignungstests



Telefontraining



Stellenanzeigen richtig lesen und Bewerbungsschreiben verfassen



Bewerbung und Ausbildung aus der Sicht von Auszubildenden

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Erstellen eines Persönlichkeitsprofils, Zuordnung zu passenden Berufsbildern und Beratung mit Hilfe des computergestützten "Berufsnavigators"6 (erstmals April 2008)

Bereits im Vorfeld schreibt jeder Schüler in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Deutschund Textverarbeitungslehrer eine eigene Bewerbung mit Muster-Anschreiben und Lebenslauf; diese muss zum Ende der Bewerbertage fertig gestellt und mit dem Bewerbungsfoto ergänzt sein. Die Bewerbertage gliedern sich in einzelne Workshops. In diese werden die Schülerinnen und Schüler entweder klassenweise oder nach Wahl eingeteilt. Als Teilnahmenachweis gilt eine „Laufkarte“, befestigt an einem Schlüsselband, die jeweils nach Besuch einer Veranstaltung abgestempelt wird. Die Fachlehrer übernehmen die Aufsicht in den Workshops. Für die komplette und korrekte Bewerbermappe plus volle Laufkarte erhalten die Schüler ein Zertifikat über die Teilnahme am "Bewerbertraining". Bei den Referenten handelt es sich um Kollegen und Auszubildende unserer Schule – Auszubildende der Drogisten übernehmen das Make-up, weitere Auszubildende aus unseren kaufmännischen Berufsschulklassen berichten über ihre eigene Bewerbung und Ausbildung – sowie um Personalverantwortliche örtlicher Unternehmen und Institutionen. Der Einsatz dieser Experten ist aus vielerlei Gründen vorzuziehen: zum einen bringen sie ein breites, fundiertes Wissen mit, zum anderen ergeben sich für unsere Schülerinnen und Schüler Kontakte zu Unternehmen. Für die Referenten ist während der Bewerbertage ein Treffpunkt eingerichtet, der dem Austausch und der Kontaktpflege dient. Die Ausgaben für Bewerberfotos, Bewerbungsmappe mit Versandtasche, Schlüsselband, Kosmetik und einen kleinen Dank an die Referenten werden mit Hilfe von Sponsoren, Förderverein und einem Eigenbeitrag jedes Schülers (5 €) finanziert.

Organisatorische Einbettung in den Jahresplan der Schule Zur Organisation von Bewerbertagen ist ein gewisser Vorlauf unabdingbar. Bereits im November beginnt die Planung für die Durchführung im März. Im Einzelnen sieht die Jahresplanung an der Robert-Gerwig-Schule wie folgt aus:

Meilensteine Nov./Dez.

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Grobplanung: Termin, Referenten ansprechen, organisatorischer Ablauf, Anschaffungen, Sponsoren u.a Information bei der Gesamtlehrerkonferenz

Mehr unter www.berufsnavigator.de

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Jan.

Febr./März

Veranstaltung für alle beteiligten Lehrer zur zeitlichen und inhaltlichen Koordinierung Einladung der Referenten mit konkreter Terminabsprache, inhaltliche und methodische Abstimmung anhand Checkliste Ausbildungsleitung Erstellen des Ablaufplans, Info an alle Beteiligten, einschließlich Stundenplanteam und Hausmeister Schüler- und Elterninformation Presseinformation Räume, technische Geräte reservieren, Bewirtung organisieren

Febr./März

Bewerbertage Teil 1: Schminken und Bewerbungsfotos

Jan./Febr. Febr.

Febr./März Namensschilder etc. erstellen 1 Woche vorher nochmalige Absprache mit Referenten 1-2 Tage vorher Organisation von Technik, Räumen und Bewirtung März

Bewerbertage Teil 2: Durchführung des Projekts

März/April

Abgabe der kompletten und korrekten Bewerbungsmappe, evt. Lernzielkontrolle Infos im Internet über die abgehaltenen Bewerbertage Zertifikate Evaluation, zb. mit Fragebogen Evaluation, z.B. hinsichtlich der Vermittlungsquote Abschlussfragebogen in der BFW 2. Jahr, z.B. im Hinblick auf die Quote bei "weiß nicht, was ich nach der Schule mache"

ab März April Herbst Juli Folgejahr

Evaluationsergebnisse und aktuelle Weiterentwicklung Für die Evaluation hat das Projektteam einen Fragebogen entwickelt, der kurz nach den Bewerbertagen ausgeteilt, eingesammelt und ausgewertet wird. Bei der letzten Befragung gaben 98,7 % der Schüler an, die Bewerbertage hätten ihnen insgesamt gefallen. Die Quote der Schüler, die nach der Schule noch nicht wissen, was sie machen wollen, ist stark zurückgegangen. Trotz dieser Erfolge sind wir ständig bemüht, die Bewerbertage weiterzuentwickeln. So werden die Bewerbertage 2008 auf vier Tage ausgedehnt. Wir setzen den "Berufsnavigator" – finanziert von der Volksbank Singen-Engen e.V. – zum ersten Mal ein, um damit die Schülerinnen und Schüler bereits bei der Berufsfindung stärker und breit gefächert unterstützen zu können. Ebenfalls neu ist das Projekt "Bewerbertraining". Es bietet Betreuung im Hinblick auf Berufsfindung und Bewerbung für alle Schülerinnen und Schüler der Wirtschaftsschule, der Berufsfachschule Büro und Handel sowie der Kooperationsklasse. Es wird geleitet durch eine Lehrerin und unterstützt von den Klassenlehrern und unserem Beratungslehrer.

Anlagen:

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Zertifikat für die Schüler

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Evaluation (Auszug)

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Berufliches Schulzentrum Waldkirch

Das Kinderkolleg 1. Projektidee und Projektentstehung Alles begann mit der Vorbereitung und Durchführung der NaTech-Rallye (Naturwissenschaft und Technik) durch Schüler unseres Technischen Berufskollegs bei den ScienceDays 2004 im Europark Rust. Ziel der NaTech-Rallye war, Kinder und Jugendliche auf Phänomene in der Natur aufmerksam zu machen, deren Entstehung zu erläutern und einige technische Anwendungen zu zeigen. Konzipiert wurde die Rallye als Lernzirkel mit verschiedenen Stationen, z.B. Versuche, Anschauungsmaterial, Bilder, Aufgaben, Präsentationen, technischen Anwendungen usw. Auch im Jahr 2005 gab es wieder einen Schulstand des Beruflichen Schulzentrums Waldkirch bei den ScienceDays im Europapark Rust. Drei Tage beantworteten die Schüler der Klasse BK1aT (Berufskolleg für Technik und Medien) geduldig alle Fragen zum Thema Energie, halfen bei der Durchführung von Versuchen und erklärten den jungen Besuchern komplizierte technische Vorgänge der Energietechnik. Die Neugier und das große Interesse vieler Grundschüler imponierten den Jugendlichen. Je jünger die Kinder waren, desto unvoreingenommener und motivierter gingen sie mit den Versuchen um, frei von Scheu vor Messgeräten, elektronischen Schaltungen und komplizierten Versuchsaufbauten. Insgesamt verliefen diese beiden Veranstaltungen sehr erfolgreich. Für die Schüler des Berufskollegs war es in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. Sie übernahmen Verantwortung für den Schulstand und für die Schulpräsentation und sie trainierten ihre Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten. Sie mussten auf die unterschiedlichsten Fragen eingehen. Da sie nicht nur von den Kindern, sondern auch häufig von Lehrern und Eltern angesprochen wurden, lernten sie zielgruppengerecht zu antworten. An diesen Tagen nahmen sie außer der Rolle von Lernenden auch die von Lehrenden ein. Als solche sollten sie den Kindern nicht Vorsuche vorführen, sondern ihnen ermöglichen, es selber zu tun. Als dann auch in Waldkirch am Tag der offenen Tür 2005 im Beruflichen Schulzentrum sowohl die Energie- als auch die NaTech-Rallye vorgestellt wurde, befand sich unter den Besuchern der Schulleiter der Kastellbergschule Thomas Kanstinger. Diese Grund- und Hauptschule liegt in unmittelbarer Nähe des Berufsschulzentrums. Herr Kanstinger zeigte großes Interesse an unseren Rallyes und stellte bedauernd fest, dass keine der Grundschulklassen die Möglichkeit gehabt hatte und wohl auch nicht so leicht haben würde, an den ScienceDays in Rust teilzunehmen. Auch die Einrichtung der Kinder-Uni, zu der Eltern ihre Kinder selbst anmelden, sei kein Angebot für ganze Klassen. Und außer ScienceDays und Kinder-Uni gäbe es keine weiteren regionalen Ansprechpartner im Bereich Naturwissenschaft und Technik für die Grundschulen. Diese Lücke – so war unsere Idee – könnte für Waldkirch ein von uns zu schaffendes Kinderkolleg schließen: Die Grund-

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

schüler der 3. oder 4. Klasse führen die NaTech- bzw. die Energie-Rallye im Berufsschulzentrum durch, betreut von Schülern des Berufskollegs Technik und Medien.

2. Die Projektziele Das Technische Berufskolleg am Berufsschulzentrum Waldkirch bietet sich der örtlichen Grundschule als Ansprechpartner im Bereich Naturwissenschaft und Technik an. Die Grundschulkinder der 3. oder 4. Klasse führen am Berufsschulzentrum im so genannten „Kinderkolleg“ Grundlagenversuche und Experimente zu den Themen Naturphänomene und ihre technischen Anwendungen sowie Energietechnik durch. Betreut werden sie von den Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs Technik und Medien. Nicht einzelne Kinder, sondern ganze Grundschulklassen vor Ort erhalten somit die Möglichkeit, die technische Ausstattung des Berufskollegs zu erleben, zu nutzen und vom technischen Fachwissen der Berufskollegiaten zu profitieren. Bei den Grundschülern wird nachhaltig das Interesse an physikalischen Phänomenen geweckt und gestärkt und generell das Interesse an Technik.

3. Die Energie-Rallye Planung Partnerschule wurde, wie beschrieben, die benachbarte Kastellbergschule. Mit Frau Schorer als Ansprechpartnerin wurden sämtliche Termine abgesprochen. Wir kamen überein, mit den beiden 4. Klassen zu beginnen. Da sie im Unterricht bereits einen Stromkreis (Batterie, Kabel, Glühlampe) aufgebaut und in Betrieb genommen hatten, sollten Versuche und Aufgaben rund um das Thema Energie zusammengestellt werden. Auf Basis der Vorbereitungsgespräche wurde ein Verlaufsplan erstellt.

Durchführung Die Kinder wurden im Physiksaal begrüßt und gestalteten zunächst ein Namensschild, auf das sie bekannte Gegenstände oder Geräte zum Thema Energie aufmalten. Anschließend stellten sie sich selbst und ihr Namensschild vor. Im Lehrer-Schülergespräch wurden daraufhin wichtige Begriffe wie Energiegewinnung, Energieumwandlung, Energiespeicher und elektrische Energie eingeführt und diskutiert. Ein Demonstrationsversuch mit der Teslaspule beendete den ersten Teil des Besuchstages. Danach ging es im Elektrotechniklabor mit der Energie-Rallye weiter. Da alle Versuche bereits aufgebaut waren, konnten die Kinder nach kurzer Einführung und Verteilung der Unterlagen direkt mit den Versuchen beginnen. Jeder Versuch wurde von einem Schüler des Berufskollegs betreut. Auf Laufzetteln wurde die erfolgreiche Bearbeitung eines Versuchs mit Stempel quittiert. Am Laufzettel konnten die Kinder erkennen, welche

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11 Projekte – Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht

Versuche oder Aufgaben im Weiteren zu bearbeiten waren. Während der Energierallye durften sie individuelle Pausen zum Lesen, Vespern oder Ausruhen einlegen. Nach der Energie-Rallye war Zeit für eine Hofpause. Im Anschluss daran gestalteten die Kinder frisch und ausgetobt im Energie-Workshop Plakate zum Thema Energieverbrauch. In Gruppen zu viert sichteten sie das bereitgestellte Informationsmaterial, schnitten Bilder oder Begriffe aus, zeichneten eigene Bilder und einigten sich auf die Anordnung ihres Materials. Präsentiert wurden die Plakate ebenfalls im Team.

4. Die NaTech-Rallye Da Naturphänomene im 3. Schuljahr behandelt werden, wurde die NaTech-Rallye für die beiden 3. Klassen der Kastellbergschule auf den 21. und 23.06.06 gelegt. Der Tagesablauf, der sich beim Besuch der 4. Klassen bewährt hatte, wurde beibehalten (siehe Verlaufsplanung NaTech-Rallye). Wieder fand die Begrüßung im Physiksaal statt. Auch diese Kinder gestalteten ein Namensschild, auf dem sie nun allerdings ihnen bekannte Naturphänomene darstellen sollten. Anschließend kam die Teslaspule als Blitzerzeuger zum Einsatz. Nach der Einführung ging es ins Elektrotechnik-Labor. Dort konnten die Kinder unter anderem Versuche zum Thema Auftrieb („Vögel heben ab!“), zu Elektrostatik und zu Photosynthese-Photovoltaik durchführen. Gewissenhaft betreut von den Schülern des Berufskollegs gestalteten und präsentierten die jungen Forscher Plakate für die weitere Verwendung im Unterricht der Grundschule.

5. Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit Die Schüler des Berufskollegs übernahmen neben der Betreuung der Grundschüler auch die Organisation und Durchführung der Bild- und Videodokumentation des gesamten Geschehens in Physiksaal und Elektrotechnik-Labor. Zu allen Projekten erschienen in der örtlichen Presse Berichte, die das Schulzentrum auf seiner Homepage wiedergibt.

6. Ausblick Um die Nachhaltigkeit der Arbeit zu sichern, sollen dieselben Grundschüler, die an den Rallyes teilgenommen haben, in regelmäßigen Abständen erneut ins Berufsschulzentrum eingeladen werden.

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Verlaufsplanung NaTech-Rallye Uhrzeit

Programmpunkte

Raum

Medien

Betreuer

08:45 Uhr

Begrüßung

Physiksaal Namensschilder

Was sind Naturphänomene?

A113

Jakobsmeier

Medienkoffer Versuchsaufbau

09:45 Uhr

NaTech-Rallye

E-Labor

Zitronenbatterie

Schüler

Versuche zum Thema

A213

Photosynthese-

BK1aT

Naturphänomene und deren

Photovoltaik

BK1bT

technische Anwendungen

Auftrieb

Vogel-

Flugzeug Hören ohne Ohren Echoortung

und

Echolot Elektrostatik

11:15 Uhr

Pause

11:30 Uhr

Phänomene-Workshop

BK1aT

Plakate (Flip) Kleber

Gestaltung von Plakaten

Stifte Schere

Welche Naturphänomene kenne ich? Welche technischen Geräte habe ich schon benutzt? 12:30 Uhr

Verabschiedung

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Zeitschriften

Jakobsmeier

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Berufliches Schulzentrum Wertheim

Unterstützen und Lernen Zwei Ergänzungen zum Crailsheimer Modell Modul: Unterstützen Kontaktlehrerinnen und Kontaktlehrer Wir gehen davon aus, dass es dem Erwerb von sozialer Kompetenz dienlich ist, wenn Konflikte gemeinsam gelöst werden und wenn Anstrengungen unternommen werden, Schwächeren zu helfen. Selektion darf es nur als ultima ratio und nach Fehlschlagen aller Bemühungen geben. Deshalb wird Schülerinnen und Schülern, bevor sie in eine kritische Lage geraten, der Vorschlag unterbreitet, sich nach freier Wahl eine Kollegin oder einen Kollegen zur persönlichen Unterstützung auszusuchen. In gemeinsamen Gesprächen werden die Bedingungen dieser Beziehung in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt. Bei auftretenden Problemen wenden sich die Fachlehrer an die Kontaktlehrer und bitten um Klärung.

Schüler helfen Schülern Eingangstests und erste Klassenarbeiten einer Schulart ermöglichen Erkenntnisse über Leistungsstärken und Leistungsschwächen von Schülerinnen und Schüler. Darauf aufbauend wird ein Fördersystem installiert, bei dem „Stärkere“ „Schwächere“ unterstützen. Im Kern handelt es sich um eine zusätzliche Stunde, die innerhalb eines Vormittags im Stundenplan fest verankert ist. Sie ist verbindlich für alle Schülerinnen und Schüler der Klasse. Die Jungen und Mädchen finden sich in kleinen Lerngruppen zusammen und arbeiten unter Anleitung eines Schülertutors. Sie dokumentieren ihre Arbeit in eigens angelegten Kurstagebüchern. Das Engagement der Schülertutoren findet seine Anerkennung in einem Zeugniseintrag „…hat eine Fördergruppe im Fach … geleitet“ oder in einem Zertifikat.

Schüler-Mentoring Schüler und Schülerinnen des Wirtschaftsgymnasiums leiten Förderstunden für ein bis vier Schüler/innen. Die inhaltliche Ausrichtung erfolgt in Absprache mit den jeweiligen Fachlehrern. Die Geförderten bezahlen je nach Teilnehmerzahl einen Beitrag zwischen 1,50 und 2,00 € für die Mentoren, der Freundeskreis verdoppelt die Summe. Auch kann ein Zertifikat eine Alternative zur Bezahlung sein. Ein Kollege organisiert die Abläufe.

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Methodentraining Im ersten Halbjahr werden fächerübergreifend verschiedene Lerntechniken beispielsweise nach Klippert eingeführt. Jeweils eine Lehrkraft lehrt nach Absprache eine der Techniken, die in den nächsten beiden Wochen in möglichst allen Fächern trainiert wird. Am schwarzen Brett im Klassenzimmer und im Tagebuch befindet sich ein entsprechender Methodenbaum mit Terminen. Es wird eine gemeinsame Klassenarbeit geschrieben und von den Kollegen der jeweiligen Fächer korrigiert. Das Ergebnis fließt entweder in die Note der Projektkompetenz oder der einzelnen Fächer ein.

Eingangstests Siehe Beitrag der Gewerblichen Schule Crailsheim.

Modul: Lernen Nach unseren Erfahrungen ist es für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler von hohem Wert, den Unterrichtsalltag fächerunabhängig durchzustrukturieren. Ziel ist, sie beim Erwerb grundlegender Kompetenzen wie Ordnen, Gestalten und Behalten anzuleiten und zu stärken.

Gedichte auswendig lernen Die Schülerinnen und Schüler lernen wöchentlich, bei längeren Texten vierzehntäglich ein Gedicht auswendig. Im ersten Schuljahr orientiert sich die Auswahl am Jahreskreis. Die Gedichte werden handschriftlich sorgfältig abgeschrieben und schön gestaltet. Die Abfrage erfolgt schriftlich. Fehler ergeben Notenabzug. Die Ergebnisse zählen zu einem Drittel zur schriftlichen Note. Damit erhalten insbesondere diejenigen, für die Deutsch nicht Muttersprache ist, die Möglichkeit, sich mit deutscher poetischer Sprache und Hochliteratur punktuell eingehend zu befassen und sich hinsichtlich ihrer Deutschnote gezielt zu verbessern.

Fächerübergreifendes Diktat Mindestens vierzehntäglich findet eine Diktatstunde statt. Wichtig ist die Ritualisierung. Wochentag und Rhythmus sind festzulegen und einzuhalten. Die Texte können dem Stoff eines anderen Faches entnommen sein. In diesem Fall achten wir darauf, ob die Fachkollegen für die Diktatarbeit Interesse zeigen und sie zu begleiten bzw. die Textauswahl zu beeinflussen wünschen. Prinzipiell sind Lehrbuchinhalte oder systematische Darstellungen jedes unterrichteten Faches möglich. Verwendet haben wir unter anderem für Geschichte mit Gemeinschaftskunde „Deutsche Geschichte“ von Manfred

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Mai, für Chemie „Auf der Spur der Elemente“ von Uta Bilow, für Naturwissenschaften allgemein „Der Tisch von Otto Hahn“ von Manon Baukhage. Methodisch gehen wir so vor: Es wird ein Satz diktiert. Die Schülerinnen und Schüler schreiben mit Bleistift (Kontrolle!), während zugleich von einem Schüler am Overheadprojektor (ausgeschaltet) auf Folie mitgeschrieben wird. Dann wird der Projektor angeschaltet und der Satz auf seine Richtigkeit von der Klasse überprüft. Entdeckte Fehler werden diskutiert und erklärt. Das korrekte und saubere Abschreiben des gesamten Textes ist Hausaufgabe bis zur nächsten Fachstunde.

Daily English In der Klasse wird ein Vokabelordner benannt. Dieser notiert auf eine Flipchart, die ständig im Klassenzimmer steht, täglich sechs oder mehr Vokabeln, Phrases, Idioms oder Opposites, die einem vom jeweiligen Englischlehrer erstellten Hefter zu entnehmen sind. Dabei wird nach Wortarten unterschieden. Es können beispielsweise zwei in Rot geschriebene Nomen, zwei Verben in Grün, ein Adjektiv in Blau und ein anderes Wort in Schwarz sein. Die deutsche Übersetzung führt bei den Verben die Stammformen aus, weil Schülerinnen und Schüler, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, starke Konjugationen oft nicht zu bilden in der Lage sind. Die Vokabeln sind täglich zu lernen. Täglich wird ein Schüler in der Unterrichtsstunde, die als erste im Klassenzimmer stattfindet, an der Tafel schriftlich deutsch-englisch abgefragt. Zu den sechs aktuellen Vokabeln kommen stets zwei bereits gelernte hinzu. Die in einem Hefter notierten Ergebnisse gehen an die Englisch-Lehrkraft. Sobald die Vokabeln abgefragt sind, werden neue aufgeschrieben und ausgestellt. Das Gelernte ist gleichzeitig Stoff von ca. monatlich durchzuführenden Tests, bei denen ab dem zweiten Durchgang 50% der erfragten Vokabeln dem bisherigen Gesamtbestand entstammen. In der Eingangsklasse des Gymnasiums werden wegen der höheren Anforderungen täglich 15 Vokabeln bzw. Redewendungen gelernt.

Rechnen ohne Taschenrechner In allen Fächern, in denen gerechnet wird, also z.B. in Mathematik und Physik oder auch Chemie und Rechnungswesen wird solange wie möglich ohne die Verwendung von Taschenrechnern gearbeitet. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu angehalten, einfache Rechenleistungen im Kopf zu erbringen. Sie sollen Sicherheit und Gespür im Umgang mit Zahlen erwerben. Dazu gehört, dass Ergebnisse mit Überschlagsrechnungen abgeschätzt und dann mit der Schätzung verglichen werden.

Fremd- und Fachwörterglossar Die Schülerinnen und Schüler erfassen die in den einzelnen Fächern verwendeten Fremdund Fachwörter samt ihrer Erklärungen im Textverarbeitungsunterricht am PC und stellen sie zu einem Glossar zusammen.

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Schreibwerkstatt Die Arbeitsform Schreibwerkstatt basiert auf dem pädagogischen Grundsatz, dass Schülerinnen und Schüler die Verantwortung für ihren Lernprozess auch selbst übernehmen. Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist, im Austausch miteinander ihre sprachlichen Fähigkeiten zu trainieren, zu entfalten und weiterzuentwickeln. Sie arbeiten in kleinen Teams mit dem Ziel, sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen sprachlichen Ausdruck sicherer zu werden. Die Schreibwerkstatt ist eine zusätzliche, innerhalb des Vormittags fest verankerte Stunde und für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich. Idealer Weise liegt sie im Anschluss an den Deutschunterricht. Sie erwächst aus diesem und ergänzt ihn. In den Schülerteams der Schreibwerkstatt findet ein Austausch über Sprache statt, indem unterschiedliche Formulierungsmöglichkeiten kommuniziert werden. Mündliche und schriftliche Kommunikation wird zum Übungsfeld. In gegenseitiger Unterstützung erweitern die Teammitglieder ihren Wortschatz. In der Schreibwerkstatt wird einerseits analytische Textarbeit geleistet, andererseits sind die Teams kreativ-produktiv tätig, sie erarbeiten eigene Texte. Die so entstandenen Werke werden im Deutschunterricht dem Plenum präsentiert und von diesem „bewertet“. Eine mögliche Arbeitsweise ist die Formulierungskette: Ein „Urheber-Team“ formuliert einen ersten Entwurf. Dieser wandert weiter – ein Deckblatt schafft Übersicht für das Vorgehen. Ein zweites Team kennzeichnet alle sprachlich problematischen Stellen. Ein drittes Team gibt zu den gekennzeichneten Stellen Verbesserungsvorschläge. Am Ende der Formulierungskette überarbeitet das Urheber-Team als quasi vierte Station den eigenen Entwurf anhand der Verbesserungsvorschläge. Jedes Team ist zugleich auch Urheber-Team in einer Formulierungskette. Es befasst sich insgesamt mit drei Formulierungsvarianten.

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Impressum Redaktion: Dr. Patrick Häffner Konrad Heydenreich Vincent Richers Gabriele Tepaß

Layout: Konrad Heydenreich

Druck: Louis-Lepoix-Schule Baden-Baden Balger Str. 15 76532 Baden-Baden

Herausgeber: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Referat Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung Referat Grundsatzfragen und Qualitätsmanagement beruflicher Schulen Königstr. 44 70173 Stuttgart

Juli 2008

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