Schleswig-Holstein. im Rahmen einer Zwei- Staaten- Lösung und für die völkerrechtliche Anerkennung

February 5, 2018 | Author: Erich Salzmann | Category: N/A
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INFO Kiel, 16. August 2011

Schleswig-Holstein

INFOBRIEF DER PARTEI DIE LINKE.SCHLESWIG-HOLSTEIN

Brief an die Mitglieder der Partei: Zum Leitantrag des Parteiprogramms - von den Vorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst Liebe Genossinnen und Genossen, der Leitantrag des Parteivorstandes für unser neues Parteiprogramm liegt Euch nun zur Diskussion und Vorbereitung des Parteitages im Oktober vor. Er wurde vom Parteivorstand mit überwältigender Mehrheit bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung beschlossen.

ber 500 Wortmeldungen und Zuschriften aus Basisorganisationen, Orts-, Stadt-, Kreis- und Landesverbänden haben die Redaktionskommission erreicht. Darunter waren konkrete Änderungsvorschläge, inhaltliche Überlegungen und Argumentationen zu einzelnen Punkten bis hin zu alternativen Programmentwürfen. Darin kommt das große Interesse an einer intensiven Programmdiskussion zum Ausdruck. Dafür danken wir Euch an dieser Stelle ausdrücklich.

Absatz, in dem DIE LINKE angesichts der beispiellosen Verbrechen, die die deutschen Faschisten an den Juden begangen haben, klar und eindeutig jeder Art von Antisemitismus, Rassismus, Unterdrükkung und Krieg entgegentritt. Ausdrükklich tritt DIE LINKE für das Existenzrecht Israels ein. Zugleich steht sie für eine friedliche Beilegung des Nahost-Kon-

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Die Programmdebatte ist Teil des Lernprozesses unserer Partei. Indem wir neue Erkenntnisse gewinnen, Bekanntes kritisch hinterfragen und Bewährtes verteidigen, unsere Positionen und Aussagen neu durchdenken und präzisieren, machen wir die Pluralität unserer Partei produktiv. In diesem Sinne hat die bisherige Programmdebatte zu wichtigen Ergebnissen geführt, die in der überarbeiteten Fassung des Programmentwurfs ihren Niederschlag gefunden haben. Die Präambel wurde nach Diskussion der einzelnen Abschnitte des Programmtextes im Parteivorstand vollständig überarbeitet. Präzisiert wurden einige Aussagen im Geschichts-Kapitel. Antifaschistische Grundpositionen wurden gestärkt. Der Schwur von Buchenwald "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus" ist nach wie vor aktuell. Eingefügt wurde ein

Programme, Probleme und Erfolge iel ist passiert seit die letzte „Info DIE LINKE.SH“ erschien. Vor allem in ideologischer Hinsicht. Davon handelt unsere neue Online- und Print-Ausgabe. Sie ist wieder bewußt pluralistisch aufgebaut. Verschiedene, oft sehr gegensätzliche Meinungen kommen zu Wort. Interessant ist das schon und es trägt hoffentlich dazu bei, die eigenen linken Ansichten zu festigen oder auch zu revidieren. Daneben haben wir wie immer auch von vielen erfolgreichen Aktivitäten in den Kreisen, Fraktionen und Arbeitsgemeinschaften zu berichten. Viel Spaß! - Edda Lechner für die Redaktion „Info DIE LINKE.SH“

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In dieser Ausgabe: fliktes im Rahmen einer Zwei- StaatenLösung und für die völkerrechtliche Anerkennung eines eigenständigen und lebensfähigen palästinensischen Staates auf der Basis der Resolution der Vereinten Nationen. Als eine grundlegende Schlussfolgerung aus dem gescheiterten Staatssozialismus wurde bekräftigt: "Ohne Demokratie kein Sozialismus". Wir beziehen uns auf den unwiderruflichen Bruch mit dem "Stalinismus als System". Dieser Bruch mit dem Stalinismus gilt für DIE LINKE ebenso. Das bedeutet jedoch nicht, die Geschichte der DDR und der SED auf den Stalinismus zu reduzieren. Im Gegenteil - die Erfahrungen, Leistungen und Errungenschaften der Ostdeutschen wurden nachdrücklich hervorgehoben und gewürdigt. Das zweite Kapitel zur Gesellschaftsanalyse wurde um die Abschnitte "Patriarchale Unterdrückung und Arbeitsteilung" und "Geschlechterverhältnisse im Umbruch" ergänzt. Ebenfalls hinzugefügt wurde ein Abschnitt "Deutschland - eine

Seite 1 Seite 3 Seite 5

Der Vorstand zum Parteiprogramm Programmänderung, Raju Sharma Israel, Palästina und der Antisemitismus, Daniel Dockerill Seite 7 Meinungen: Nochmal zu „anti“, Uli Althüser Seite 8 Kreisparteitag Lübeck:: Probleme der LINKEN lösen Seite 10 Stormarn: Geht die EU pleite?

Seite 11 Seite 13 Seite 14 Seite 15

Tarifeinheit, Iden u. Dockerill Interview mit K.-D. Brügmann Neue Büros der LINKEN. in SH Helgoland kein „Dubai Nordsee“ Armenische Familie bleibt Aktion des Landesverbandes Seite 16 Schulbusstreit - Land gegen Kreise Dithmarschen und Stormarn Seite 17 Offene Grenzen, Fraktion Flensburg Seite 18 Kiel: Berufsschulen - Millionenprojekte für Investoren Seite 19 Norderstedt - 40 Millionen in die Landesgartenschau

Seite 2 Klassengesellschaft", in dem die Auswirkungen der Veränderungen in den Arbeitsverhältnissen auf die Struktur der Arbeiterklasse und die Klassenlage der Lohnabhängigen und Erwerbslosen dargelegt sind. Unstrittig ist, dass wir für eine Neugestaltung der Eigentumsverhältnisse kämpfen, wie wir es im Kapitel "Demokratischer Sozialismus im 21. Jahrhundert" beschreiben. Wir wollen mehr Wirtschaftsdemokratie durchsetzen und sehen darin eine tragende Säule des demokratischen Sozialismus. Die Wirtschaft soll den Maßstäben des Gemeinwohls unterworfen werden, damit sie sozial und ökologisch verträglich wirkt. In einer solidarischen Wirtschaftsordnung, wie sie DIE LINKE anstrebt, haben verschiedene Eigentumsformen ihren Platz: staatliche und kommunale, gesellschaftliche und private, genossenschaftliche und andere Formen des Eigentums. Vor allem streben wir mehr öffentliches Eigentum in verschiedenen Formen insbesondere in den Bereichen zur Sicherung der Daseinsvorsorge, bei der Versorgung mit Wasser und Energie, im Bildungs-, Gesundheit-, Sozial- und Kulturbereich an. Strukturbestimmende Großbetriebe der Wirtschaft wollen wir in einem demokratischen Prozess in gesellschaftliche Eigentumsformen überführen. Jedoch ist allumfassendes Staatseigentum "aufgrund bitterer historischer Erfahrungen nicht unser Ziel", heißt es im Programmentwurf. Besonders intensiv diskutiert wurde das Verständnis von Arbeit unter heutigen und zukünftigen gesellschaftlichen Bedingungen. Im Kapitel "Linke Reformprojekte" heißt es ausdrücklich: "Menschliches Leben umfasst die physische, kulturelle und geistige Reproduktion und reicht damit weit über den Bereich der Erwerbs- und Lohnarbeit hinaus. Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit, denn ohne die täglich zu leistende Arbeit in der Haushaltung, in der Erziehung, Sorge und Pflege, im Ehrenamt und im Kulturbereich könnte auch die in Lohnarbeit investierte Arbeitskraft sich im gesellschaftlichen Maßstab nicht reproduzieren." Jede Arbeit, bezahlte oder unbezahlte, soll die entsprechende Wertschätzung erfahren. Über den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und über das bedingungslose Grundeinkommen soll weiter diskutiert werden. Auf diese Art und Weise wurde klargestellt, dass das bedin-

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011 gungslose Grundeinkommen nicht zur Forderung erhoben wird, aber in der Partei weiter diskutiert werden soll. Neu aufgenommen wurden Abschnitte zur Landwirtschaft, Kommunalpolitik, Demokratie in der digitalen Gesellschaft, Gleichberechtigung autochthoner Minderheiten, zum Altern in Würde und zur Kulturpolitik. Gründlich überarbeitet wurden die Abschnitte zur Bildungsund Gesundheitspolitik sowie zum sozial-ökologischen Umbau. Aufgenommen wurden Aussagen zur Drogenpolitik und zur Wohnungsfrage. Präzisiert und erweitert wurden unsere Positionen zur Europäischen Union. In der internationalen Politik lässt sich die DIE LINKE weiterhin von folgenden Prinzipien leiten: Frieden durch kollektive und gegenseitige Sicherheit, Abrüstung und strukturelle Nichtangriffsfähigkeit, solidarische Politik der Überwindung von Armut, Unterentwicklung und Umweltzerstörung. Zur Rolle und Stärkung der Vereinten Nationen gibt es einen eigenen Abschnitt. Aufrechterhalten wird die Forderung nach Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands. Hinzugefügt wurde die Aussage: "Unabhängig von einer Entscheidung über den Verbleib Deutschlands in der NATO wird DIE LINKE in jeder politischen Konstellation dafür eintreten, dass Deutschland aus den militärischen Strukturen des Militärbündnisses austritt und die Bundeswehr dem Oberkommando der NATO entzogen wird." DIE LINKE hält an der Forderung eines sofortigen Endes aller Auslandseinsätze der Bundeswehr fest und lehnt eine deutsche Beteiligung an UNmandatierten Militäreinsätzen nach Kapitel VII der UN-Charta ab. Lebhafte Auseinandersetzungen gab es zu den im Programmentwurf verankerten "Haltelinien" im Kapitel "Gemeinsam für einen Politikwechsel und eine bessere Gesellschaft". Die einen meinten, sie gehörten nicht in ein Grundsatzprogramm oder sie beeinträchtigten "eine realitätsbezogene Politik". Andere stritten für ihren weiteren Ausbau. Letztlich wurde ein wichtiger Kompromiss erzielt. Die "Haltelinien" wurden in einen politischen Gesamtzusammenhang gestellt, in ein Feld von Bedingungen und Voraussetzungen für realitätsbezogenes linkes Regieren. Liebe Genossinnen und Genossen, in unserem Programm werden drei Grundideen miteinander verknüpft:

- Individuelle Freiheit und Entfaltung der Persönlichkeit für jede und jeden durch sozial gleiche Teilhabe an den Bedingungen eines selbstbestimmten Lebens und Solidarität - das gilt uns als erste Leitidee einer solidarischen Gesellschaft. Darin ist die Dominanz des Profits überwunden, und verlässliche und gute Lebensbedingungen für alle sind das Ziel des Wirtschaftens. - Unterordnung der Wirtschaft unter die solidarische Entwicklung und den Erhalt der Natur - das betrachten wir als zweite Leitidee. Sie erfordert einen sozial-ökologischen Umbau zu nachhaltiger Entwicklung anstelle profitorientierten Wachstums. - Die Verwirklichung dieser beiden Dimensionen ist ein längerer emanzipatorischer Prozess, in dem die Vorherrschaft des Kapitals durch demokratische, soziale und ökologische Kräfte überwunden wird und die Gesellschaft des demokratischen Sozialismus entsteht. Wir drücken mit unserem Programm die Überzeugung aus, dass die Welt veränderbar ist. Wir wollen Menschen Hoffnung machen und Mut geben. Lasst uns in diesem Sinne weiter diskutieren. Wir bitten die Landesverbände, die Programmdebatte mit dem Leitantrag fortzusetzen, in enger Zusammenarbeit mit den Kreisverbänden übergreifende, regionale Basiskonferenzen zu organisieren und die Mitglieder der Redaktionskommission und des Parteivorstandes als Referentinnen und Referenten zu nutzen. Vor allem sollten wir die Zeit nutzen, unsere programmatischen Vorstellungen mit einer breiteren Öffentlichkeit, also über die Parteigremien hinaus zu diskutieren und weitere Anregungen aufzunehmen. Formaler Antragsschluss für Änderungsanträge zum Leitantrag ist der 6. Oktober 2011. Im Interesse einer sorgfältigen Vorbereitung des Parteitages und seiner Debatten bitten wir Euch aber, Änderungsanträge bereits spätestens vier Wochen vor Beginn des Parteitages einzureichen, also einen freiwilligen Antragsschluss am 22. September 2011 zu beachten. Wir wünschen uns allen einen erholsamen Sommer, erfolgreiche Wahlkämpfe in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Berlin und eine gute Debatte in Vorbereitung des Pateitages im Oktober. Mit herzlichen Grüßen Gesine Lötzsch und Klaus Ernst http://bit.ly/pucrae

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Revolutionäre Rezepte - zur Programmdebatte in der LINKEN von Raju Sharma, Bundestagsabgeordneter und Religionspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag ur Begeisterung kann große Werke vollbringen. Überzeugung und Vertrauen ist nötig; Klarheit über Weg und Ziel." Wenn die Führung der LINKEN in der Bundesgeschäftsstelle zu einer Vorstandssitzung zusammenkommt, wird sie im Eingangsbereich mit einem Karl-Liebknecht-Zitat empfangen, das auf ein paar wesentliche Zutaten jeder erfolgreichen Revolution hinweist.

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Mit diesen Zutaten allein ist es jedoch nicht getan; die inhaltlichen Bestandteile und konzeptionellen Beilagen der revolutionären Rezeptur werden üblicherweise im Grundsatzprogramm einer Partei beschrieben. Für DIE LINKE waren dies zunächst die "programmatischen Eckpunkte" ; der erste Entwurf für ein "richtiges" Parteiprogramm wurde im März 2010 von den damaligen Vorsitzenden Lothar Bisky und Oskar Lafontaine vorgestellt. Es folgte eine lebhafte Programmdebatte mit mehreren Hundert regionalen und überregionalen Diskussionsveranstaltungen, Konferenzen, Foren und Konventen, ungefähr ebenso vielen schriftlichen Wortmeldungen an die Redaktionskommission unter der Leitung der neuen Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Den vorläufigen Schlusspunkt unter die bisherige Diskussion setzte der Parteivorstand im Juli 2011 mit der Verabschiedung eines Leitantrags für den Erfurter Parteitag im Oktober 2011 - "mit überwältigender Mehrheit bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung", wie es im Mitgliederbrief der Parteivorsitzenden vom 11. Juli 2011 heißt. Eine der Gegenstimmen war meine: Mich hatte die Mehrheit nicht überwältigt, ich war und bin vom Programmentwurf nicht überzeugt. Die Gründe dafür hatte ich bereits bei der ersten Lesung des Entwurfs im Parteivorstand im Mai 2011 ausgeführt; sie gelten im wesentlichen bis heute und waren im Kern bereits im ersten Programmentwurf angelegt. Zu diesem ersten Entwurf hatte ich mich - mit Einzelbeiträgen und gemeinsam mit anderen Genossinnen und Genossen mehrfach zu Wort gemeldet. In der Mitgliederzeitschrift DISPUT hatte ich im August 2010 für eine klare Positionierung bei Grundsatz- und Glaubensfragen geworben; gemeinsam mit Jan Korte, Stefan Liebich und Halina Wawzyniak hatte ich im September 2010 in einem in der taz veröffentlichen Beitrag die Auffassung vertreten, dass der Programmentwurf nicht hinreichend der Zukunft zugewandt sei; im Oktober 2010 sprach ich mich im Neuen Deutschland erneut für ein Bekenntnis zum Laizismus aus; und Anfang 2011 erschien wiederum im DISPUT ein Beitrag von Heiko Kosel und mir zur Berücksichtigung der Minderheitenfrage im Parteiprogramm. Am 11. Januar 2011 schickten die stellvertretende Parteivorsitzende Halina Wawzyniak und ich einen Alternativen Programmentwurf als Wortmeldung an die Redaktionskommission. Nachdem hochrangige Parteifunktionäre ungeachtet der vielfach geäußerten Kritik am offiziellen Programmentwurf zuvor wiederholt öffentlich erklärt hatten, ihnen seien keine "konkreten Reformvorschläge" bekannt, unternahmen Halina Wawzyniak und ich den Versuch, "die (vielen) gelungenen Passagen des Programmentwurfs zu nutzen und auf die wesentlichen Aussagen zu verdichten, die bisher geäußerte Kritik an bestimmten Inhalten des Programmentwurfs aufzugreifen, und

Beim Bundestagslauf 2011 belegte die Linksfraktion in der Teamwertung den zweiten Platz und musste sich nur dem Team des Polizeisportvereins geschlagen geben. Der schnellste Abgeordnete war Raju Sharma mit einer Zeit von 0:15:27 für die 3,6 Kilometer-Strecke. den Entwurf auch in seiner Struktur zu dem zu machen, was Grundsatzprogramme von Parteien insgesamt sein sollten: Nämlich der Versuch, die für die Gestaltung der Zukunft entscheidenden Fragestellungen zu beschreiben und Antworten darauf zu geben, die von den Menschen nachvollzogen und als attraktive Angebote für die Gesellschaft von morgen angenommen werden können." Innerhalb der Partei stieß der Alternative Programmentwurf auf großes Interesse. Dabei war sowohl bei den Diskussionsveranstaltungen zur Programmdebatte (u.a. in Berlin, Brandenburg und Bayern) als auch bei den vielen Zuschriften, die uns erreicht haben, das Echo ganz überwiegend positiv. Viele Mitglieder waren nach eigenem Bekunden dankbar, dass mit unserem - ausdrücklich als "Alternative" titulierten - Programmentwurf die bisweilen als "Anrühren von Zement" empfundene Debattenkultur der Parteiführung durchbrochen wurde; gefreut haben wir uns aber auch über viele konkrete Hinweise und Änderungsvorschläge zu unserem Programmentwurf. Demgegenüber lehnte die Mehrheit der Redaktionskommission es ab, sich inhaltlich näher mit dem Alternativen Programmentwurf zu befassen. Demzufolge spielte er auch in den Beratungen des Parteivorstands keine Rolle. Mit insgesamt 67 Änderungsanträgen zu dem von der Redaktionskommission vorgelegten Entwurf versuchten wir, zumindest einzelne Aspekte des Alternativen Programmentwurfs im Parteivorstand zur Abstimmung zu bringen. In einem Fall ist dies mit der Einfügung des Wortes "weltweit" (Zeile 2198 des Leitantrags) erfolgreich gewesen. In ihrem Mitgliederbrief fordern die Parteivorsitzenden die Landesverbände dazu auf, "die Programmdebatte mit dem Leitantrag fortzusetzen, in enger Zusammenarbeit mit den Kreisverbänden übergreifende, regionale Basiskonferenzen zu organisieren und die Mitglieder der Redaktionskommission und des Parteivorstandes als Referentinnen und Referenten zu nutzen." Die Zeit solle vor allem genutzt werden, "unsere programmatischen Vorstellungen mit einer breiteren Öffentlichkeit, also über die Parteigremien hinaus zu diskutieren und weitere Anregungen aufzunehmen."

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

Seite 4 Formaler Antragsschluss für Änderungsanträge zum Leitantrag ist der 6. Oktober 2011. Im Interesse einer sorgfältigen Vorbereitung des Parteitages und seiner Debatten wird jedoch gebeten, Änderungsanträge bereits spätestens vier Wochen vor Beginn des Parteitages einzureichen, also einen "freiwilligen Antragsschluss" am 22. September 2011 zu beachten. Auch der schleswig-holsteinische Landesverband sollte die Zeit bis zum Bundesparteitag nutzen. Eine lebhafte und kulturvolle Debatte um das Grundsatzprogramm der Partei könnte eine gu-

te Grundlage werden für die anschließende Diskussion eines Landtagswahlprogramms der Linken in Schleswig-Holstein. Damit am Ende für beides zutrifft, was Oskar Lafontaine (damals noch in anderer Funktion) bei einem Bundesparteitag im Jahr 1995 gesagt hat: "Ihr seht also, liebe Genossinnen und Genossen … Es gibt noch Politikentwürfe, für die wir uns begeistern können. Wenn wir selbst begeistert sind, können wir auch andere begeistern." Denn nur Begeisterung kann große Werke vollbringen. Überzeugung und Vertrauen ist nötig; Klarheit über Weg und Ziel.

Eindeutig Stellung beziehen Vorschläge zu Grundsatz- und Glaubensfragen von Raju Sharma,21.8.2010 Dem Thema Kirchen und Religionsgemeinschaften ist im Programmentwurf nur ein kleiner Absatz gewidmet - aber zwei wichtige Grundsätze sind darin zu finden:

1. DIE LINKE achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften und setzt sich für Religionsfreiheit ein. Diese Aussage ist insofern wichtig, als auch in unserem Parteiprogramm deutlich werden sollte, dass wir uns als Rechtsnachfolgerin der SED unserer Verantwortung stellen, die Lehren aus dem in der DDR begangenen Unrecht gegenüber Gläubigen und Kirchen gezogen haben und als LINKE heute längst nicht mehr für Kirchenfeindlichkeit stehen. 2. DIE LINKE steht für die Trennung von Staat und Kirche. Auch dieser Punkt gehört ins Programm. Was aber genau bedeutet diese Trennung? Der Entwurf beschränkt sich auf den Religionsunterricht: An den Schulen sollen der Ethikund Religionsunterricht der Wissensvermittlung über Religionen dienen und die wechselseitige Toleranz der Glaubensgemeinschaften fördern. Das klingt schön und ist sicher richtig, sagt aber nichts dazu, ob wir schulischen Religionsunterricht als Pflichtfach zulassen wollen oder nicht. Hier sollten wir uns klar positionieren: Wir wollen einen für alle Schüler verpflichtenden Ethikunterricht und Religionsunterricht als freiwilliges, zusätzliches Wahlfach. Nur das wird der Trennung von Staat und Kirche wirklich gerecht. Ansonsten fehlen im Entwurf konkrete Aussagen zur Trennung von Staat und Kirche. Dabei wird dieses Prinzip in der bundesdeutschen Wirklichkeit in vielfacher Weise durchbrochen: Vom staatlichen Einzug der religiösen Mitgliedsbei-

träge als Kirchensteuer über die staatlichen Entschädigungszahlungen an die Kirchen - die sogenannten Staatsleistungen - bis zur religiösen Vereidigungsformel für Richter und Beamte. Die konsequenteste Form der Trennung von Staat und Kirche ist der Laizismus. In einem laizistischen Staat aber dürfte Gott nicht in der Präambel des Grundgesetzes zu finden sein. Der Staat dürfte Geistliche nicht mit beamtenrechtlichen Sonderprivilegien ausstatten und er müsste endlich seinem Verfassungsauftrag nachkommen und die Staatsleistungen an die Kirchen ablösen. Er müsste dafür Sorge tragen, dass in öffentlichen Gebäuden keine Kruzifixe an den Wänden hängen und er dürfte Religionsgemeinschaften im Strafgesetzbuch nicht gesondert vor Beschimpfung schützen, sondern müsste § 166 StGB ersatzlos streichen. Während die meisten anderen Parteien diese Durchbrechungen tolerieren oder sogar fördern, sollten wir auch hier klar und eindeutig Stellung beziehen: Die LINKE ist die Partei, die für einen laizistischen Staat eintritt. Dabei schließen sich eine konsequente Trennung von Staat und Kirche und die Achtung aller Religionen keineswegs aus, im Gegenteil. Denn erst, wenn sich der Staat aus dem sehr privaten Glaubensbereich heraus hält und jede Glaubensrichtung sowie den Nichtglauben gleichermaßen anerkennt, kann Religionsfreiheit Wirklichkeit werden. Der indische Poet und Nobelpreisträger Rabindranath Tagore hat es treffend ausgedrückt: Es ist mir möglich, Gott zu lieben, weil er mir die Freiheit lässt, ihn zu verleugnen. Ich glaube, dass die Kirchen selbst davon profitieren würden: Hat doch das Bekenntnis zu Gott viel mehr Tiefe, wenn es freiwillig ist.

Entschädigung, die keine ist er Runde Tisch in Berlin hat zur Frage der Entschädigung von Kindern, die in kirchlichen Einrichtungen über Jahre hinweg Mißbrauch erdulden mußten, seine Empfehlungen herausgegeben. Es sollen von staatlicher Seite 666 Euro als Entschädigung angeboten und 5.000 Euro durch die Deutsche Bischofskonferenz (DBK), hinzugefügt werden, wenn jemand durch Priester und Nonnen sexuell missbraucht wurde. Von diesem Geld werden aber 100 Millionen Euro für Therapien und nur 20 Millionen für Barentschädigungen gezahlt. Das ist ein Skandal und eine erneute Demütigung für die betroffenen Heimkinder! Ich brauche nach 45 Jahren keinen Therapeuten mehr. Und ausgerechnet die Täterorganisationen wie Charitas, Diakonie und andere kirchliche Institutionen sollen die Therapeuten stellen! Obwohl sie die Opfer produziert haben, sollen sie nun auch noch daran verdienen. Bis heute sind schon Millionen Beträge für Gutachten ausgegeben worden, die wiederum von den Täterorganisationen durchgeführt und eingenommen wurden. An die Opfer ist bis heute kein Cent geflossen, sie müssen sich durch Beiträge und Sponsoren finanzieren. Und dabei spielt man auf Zeit, weil viele Opfer schon über 60 Jahre alt sind und Tote (oder deren Nachkommen) keine Entschädigung bekommen können. Daher möchte ich anlässlich des Papstbesuches am 22. September in Berlin vor dem Olympiastadion und vor der Gedächtniskirche eine Aktion starten und mehr Bewusstsein dafür schaffen, welch ein großes Unrecht an Kindern und Jugendlichen vollzogen wurde. Trefft euch mit mir am „Heimkinderkreuz“ in Berlin und schlagt mit mir einen „Metallnagel der Scham“ in die Gedächtniskirche am Kuhdamm.

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- Textauszug und Bild: Eckard Kowalski, 15.7.11 e-Mail: [email protected]

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Israel und Palästina Beiträge und Beschlüsse Programm-Entwurf

Vorschlag zur Programmänderung

Leitantrag des Parteivorstandes, erster Abschnitt: "Woher

von Daniel Dockerill

wir kommen, wer wir sind", Zeile 240 bis 247: "Deutschland hat wegen der beispiellosen Verbrechen der Deutschen an den Jüdinnen und Juden während des deutschen Faschismus eine besondere Verantwortung und muss jeder Art von Antisemitismus, Rassismus, Unterdrückung und Krieg entgegentreten. Insbesondere diese Verantwortung verpflichtet auch uns, für das Existenzrecht Israels einzutreten. Zugleich stehen wir für eine friedliche Beilegung des Nahostkonfliktes im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung und damit die völkerrechtliche Anerkennung eines eigenständigen und lebensfähigen palästinensischen Staates auf der Basis der Resolutionen der Vereinten Nationen."

Die Linke und Israel Vorschlag einer Änderung im Programmentwurf von Daniel Dockerill Um das Verhältnis der Linken zum Antisemitismus im allgemeinen und im besonderen zu Israel hat es in der jüngsten Zeit wieder einmal allerhand Aufregung gegeben, sowohl außerhalb wie innerhalb unserer Partei. Im Zusammenhang damit ist sicher auch die Einfügung einer neuen Passage in den Programmentwurf zu sehen, den der Parteivorstand als Leitantrag für den kommenden Programmparteitag verabschiedet hat (siehe Kasten oben links). Ich schlage vor, diese Formulierung (deren näheren Zusammenhang ich hier aus Platzgründen weglasse und im vielfach öffentlich zugänglichen Programmentwurf nachzulesen bitte) durch die folgende zu ersetzen (siehe Kasten oben rechts).

Begründung Eine "besondere Verantwortung" Deutschlands geltend zu machen, ist der denkbar schlechteste Weg, das Verhältnis der Linken in Deutschland zu Israel zu begründen. Und dieses wäre mit der Bejahung des Existenzrechts Israels nur ganz unzulänglich bestimmt. Das Recht zu existieren hatten die Sechsmillionen Gemordeten der Shoa genau solange, wie die Gewalten, die dort herrschten, wo sie lebten, ihre Existenz beschützten. Mit dem Wechsel des Charakters dieser Gewalten endete ihr Existenzrecht und sie wurden Opfer eines von Staats wegen durchgeführten Mordprogramms. Von den knapp Viermillionen, die überlebten, verdankten allein Zweimillionen ihre Rettung dem Umstand, dass zwischen ihnen und der deutschen Mörderbande immer die Rote Armee gestanden hatte. Ohne eine Gewalt, die es garantiert, ist jedes Recht eine Fata Morgana. Denn Recht gibt es nur dort, wo das darin geschützte Interesse durch andere Interessen bedroht ist. Gäbe es nicht Mord, Totschlag und dergleichen, käme niemand auf die Idee ein Recht auf Leben geltend zu machen. Gegenüber einer tödlichen Krankheit jedenfalls verlöre es jeden Sinn.

„Für die Juden Europas kam die Zerschlagung des deutschen Faschismus jedoch zu spät. Von den knapp Zehnmillionen, die zuvor in Europa gelebt hatten, waren Sechsmillionen dem bespiellosen Verbrechen der Deutschen zum Opfer gefallen. Israel, der Staat der Juden, ist die seither unbezweifelbare Konsequenz aus der trostlosen Erfahrung, dass die Menschheit aller Aufklärung, allen bürgerlichen und sozialistischen Emanzipationsversprechen zum Trotz dies hat geschehen lassen. Für die Linke in Deutschland folgt daraus, dass sie allen Bestrebungen entgegentritt, Israels Souveränität infrage zu stellen oder gar mit irgendeiner jener zahlreichen Kräfte in der Welt zu paktieren, die seine Existenz auslöschen wollen.“

Bis zur Gründung des Staates Israel lag das Schicksal der Juden nirgendwo auf der Welt in ihren eigenen Händen. Ihre Rechte hingen überall ganz und gar davon ab, dass die am Ort ihrer Existenz ausschlaggebende Gewalt sie mit allen anderen Menschen dort gleichstellte. Nicht die Juden selbst stellten sich gleich mit allen anderen, sondern sie wurden von anderen gleichgestellt - oder auch immer wieder einmal, wenn es opportun schien, einer Sonderbehandlung unterzogen. Zur Kenntnis zu nehmen, dass genau das, seit es Israel gibt, sich geändert hat, fällt in Deutschland offenbar besonders schwer. Dass der Staat der Juden über seine Sicherheit und die seiner Bürger aus eigener Souveränität disponiert, darf einfach nicht sein. Eine deutsche Kanzlerin vor der Knesset machte es darum im Jahre 2008 nicht darunter, die "Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels" zur deutschen Staatsräson auszurufen. Und das deutsche Parlament war im vergangenen Jahr so frei, einstimmig, also mit den Stimmen der LINKEN, der israelischen Regierung darzulegen, was "den politischen und Sicherheitsinteressen Israels letztlich" diene, und die Aufhebung der Seeblockade des von den Antisemiten der Hamas regierten Gazastreifens zu verlangen. Vielleicht erinnert sich ja noch jemand. Es ist gut zwölf Jahre her, dass wir live mitansehen durften, welche Ungeheuerlichkeiten sich motivieren lassen mit einer "besonderen Verantwortung", die ausgerechnet Deutschland ausgerechnet aus seinem Menschheitsverbrechen zugewachsen sein soll. Im Frühjahr 1999 erklärte eine rot-grüne deutsche Regierung explizit wegen Auschwitz Jugoslawien den Krieg und ließ deutsche Tornados den Natobomben auf Belgrad ihren Weg ins Ziel weisen. Die aus dem deutschen Verbrechen entspringende "besondere Verantwortung" ist bei jenem Deutschland, dessen durch schwer bewaffnete Mächte bewachte Spaltung Europa gut 40 halbwegs friedliche Jahre beschert hatte und dessen Wiederherstellung nach 45 Jahren kaum zufällig mit der Rückkehr des Krieges nach Europa einherging, zweifellos am allerschlechtesten aufgehoben.

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Seite 6 Bild rechts: Jerusalem in Israel, die Stadt der drei Weltreligionen. Ein Blick vom Ölberg aus der christlichen Kirche Dominus flevit (Der HERR = Jesus weinte) auf den Tempelberg mit dem islamischen Felsendom. Im Vordergrund ein Streifen der alten Davidsmauer und dahinter der jüdische Friedhof. Foto: Edda Lechner, 2008

Eine Linke, die sich auf ihre ganz eigene Verantwortung besänne, die ihr aus den "beispiellosen Verbrechen der Deutschen an den Jüdinnen und Juden" allerdings erwächst, hätte sich nicht ausgerechnet auf dieses mit sich selbst in so furchtbarem Einvernehmen sich befindende Deutschland zu berufen. Sie hätte sich zu erinnern, dass die Besitzlosen und Ausgebeuteten nirgendwo auf der Welt und am wenigsten hierzulande ein Vaterland haben; sie hätte sich zu erinnern, dass die beste Zeit jener Sozialdemokratie, deren Tradition sie für sich reklamiert, diejenige war, da ihre Anhänger als "vaterlandslose Gesellen" geächtet waren, und dass die finsterste Nacht über Europa und insbesondere über den europäischen Juden hereinbrach, als man in Deutschland mit allen Parteien und Organisationen, in denen auch nur irgendein Rest dieser Vaterlandslosigkeit noch vermutet werden konnte, vollends Schluss gemacht hatte. Was die mögliche Existenz, Lebensfähigkeit sowie Anerkennung eines "palästinensischen Staates" angeht, so scheinen mir dergleichen Fragen kein größeres programmatisches Gewicht zu besitzen als etwa die nach der Unabhängigkeit des Südsudan oder Kurdistans, zu denen aus gutem Grund im Programmentwurf nichts steht. Mit den Fragen eines palästinensischen Staates sollten wir es in unserem Programm daher ganz ebenso halten. Wer mehr und Ausführlicheres zu der hier behandelten Thematik lesen möchte, der sei empfohlen, sich auf diesen Internetseiten umzusehen: - www.proletarische-plattform.org. - Daniel Dockerill, Kreisverband Kiel

DIE LINKE im Bundestag - zwei Beschlüsse Entschieden gegen Antisemitismus - Positionspapier: ie Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE werden auch in Zukunft gegen jede Form von Antisemitismus in der Gesellschaft vorgehen. Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Partei heute und niemals einen Platz. Die Fraktion DIE LINKE tritt daher entschieden gegen antisemitisches Gedankengut und rechtsextremistische Handlungen auf. Die Mitglieder der Bundestagsfraktion erklären, bei all unserer Meinungsvielfalt und unter Hervorhebung des Beschlusses des Parteivorstandes gegen Antisemitismus vom 21. Mai 2011: Wir werden uns weder an Initiativen zum Nahost-Konflikt, die eine Ein-StaatenLösung für Palästina und Israel fordern, noch an Boykottaufrufen gegen israelische Produkte noch an der diesjährigen Fahrt einer 'Gaza-Flottille' beteiligen. Wir erwarten von unseren persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, sich für diese Positionen einzusetzen.

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- Beschluss vom 7. Juni 2011, Fraktion DIE LINKE

Kritik an israelischer Regierungspolitik ist kein Antisemitismus - Positionspapier ir werden als Linke weiterhin die Politik der israelischen Regierungen gegenüber den Palästinenserinnen und Palästinensern öffentlich kritisieren, wann immer dies wegen deren Völker- und Menschenrechtswidrigkeit notwendig ist. Das betrifft die israelische Besatzungspolitik, die Blockade gegenüber dem Gazastreifen und die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten ebenso wie die Weigerung der israelischen Regierung, konstruktiv an einer Zweistaatenlösung mitzuwirken, stattdessen diese zu erschweren. Es ist nicht hinnehmbar, wenn einer derartigen Kritik an der Politik der israelischen Regierung mit dem Vorwurf des Antisemitismus begegnet wird. Wir werden nicht zulassen, dass Mitglieder unserer Fraktion und Partei öffentlich als Antisemiten denunziert werden, wenn sie eine solche Politik der israelischen Regierung kritisieren. Die inflationäre Verwendung des Begriffs des Antisemitismus schadet dem Kampf gegen ihn. Wir erwarten von unseren persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, sich für diese Positionen einzusetzen.

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- Beschluss vom 28. Juni 2011, Fraktion DIE LINKE

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Meinungen - Erklärungen - Resolutionen Israel, Palästina und anderswer der Umgang mit dem „Anti- ...“

Kreis SchleswigFlensburg

von Ulrich Althüser ür uns Linke steht absolut fest: jegliche Form von Rassismus, egal ob in Gestalt des Antisemitismus, des Antiziganismus (gemeint ist: gegen Roma und Sinti, was in Deutschland nach wie vor besonders virulent ist) oder wie auch immer ist mit unseren Grundüberzeugungen vollkommen unvereinbar! Weil uns aber jegliche Form des Rassismus, völkischer Ressentiments oder gar des Völkerhasses völlig fremd ist, erlauben wir es uns, auch die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren, wo es notwendig ist. Dabei ist die Abwehrreaktion, Kritik an der Politik der israelischen Regierung sei israelfeindlich, inakzeptabel und unsinnig. Genauso, wie es unsinnig ist, Kritik an der Politik der amerikanischen Regierung unter Bush jr. als antiamerikanisch zu diffamieren. Nach dieser Logik wäre der Expräsident der USA, Jimmy Carter, ein Antiamerikaner. Oder wir, als Kritiker von Frau Merkels Politik, antideutsch. Man kann sich nur wundern, dass solch billiger Unsinn immer wieder produziert wird. Gegen die wohlverstandenen Interessen Israels und des israelischen Volkes ist es, Israel in einem permanenten Kriegszustand mit seinen palästinensischen Nachbarn zu halten, indem den Palästinensern immer mehr Teile ihres Territoriums geraubt und von israelischen Siedlern besetzt werden, indem die Bevölkerung des Gaza-Streifens im Blockadezustand gehalten wird, indem auf palästinensischem Gebiet Trennmauern errichtet werden, indem die Bevölkerung des Westjordanlandes durch zahlreiche Straßenkontrollen schikaniert wird, indem den Bauern die Ölbäume vernichtet werden, indem Brunnen zerstört werden, indem willkürliche Razzien veranstaltet und Menschen erschossen werden, indem etwa 10000 Palästinenser in israelischen Gefängnissen gehalten werden usw. usw. Die israelische Regierung irrt, wenn sie glaubt, Politik im Interesse Israels und des israelischen Volkes zu machen, wenn sie alle Normen des Völkerrechts meint, missachten zu können, wie z.B. die Resolutionen Nr. 242 und 338 von 1967 und

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1973 des Sicherheitsrates der UNO, die die Rückgabe des besetzten Westjordanlandes einschließlich Ostjerusalems und des Gaza-Streifens an die Palästinenser fordern, sowie die der Golan-Höhen an Syrien. Die israelische Politik scheint noch nicht verstanden zu haben, dass nur eine Politik des fairen Interessenausgleichs mit den Palästinensern auch im Interesse Israels liegt, dass Frieden zwischen Israelis und Arabern nicht nur den unmittelbar betroffenen Völkern nützt, sondern auch eine wichtige Voraussetzung darstellt für ein friedliches Nebeneinander von Moslems und Christen in allen Teilen der Welt. Und der Westen muss verstehen lernen, dass die Radikalisierung vieler junger Moslems nicht nur in der arabischen Welt eng mit dem ungelösten Nahostkonflikt und der einseitigen Parteinahme vor allem Amerikas für die israelische Regierungspolitik zusammenhängt... Zurück zu unserer Bundestagsfraktion. Klar ist, dass unsere Kritik an Aspekten der israelischen Regierungspolitik präzise und differenziert vorzutragen ist. Klar ist auch, dass wir die Nichtanerkennung des Staates Israel durch die Hamas, sowie die Raketenangriffe aus deren Herrschaftsbereich auf Israel gleichermaßen verurteilen. Fakt ist aber auch, dass die Schuld am ungelösten Israel-PalästinaProblem vor allem bei der israelischen Politik zu suchen ist. Israel ist der Platzhirsch im Nahen Osten. Israel hat das Gesetz des Handelns in der Hand. Israel muss sich endlich entscheiden, was es will - den Frieden mit den Palästinensern in einer 2-Staaten-Lösung oder die Okkupation und die Einverleibung des Westjordanlandes. Und unsere Bundestagsfraktion sollte etwas mehr Selbstbewusstsein zeigen und nicht über jedes Stöckchen springen, das ihr von den vereinigten Zynikern und Bellizisten (von bellum, lateinisch: Krieg) im Bundestag hingehalten wird. - website, Kreis Schleswig-Flensburg, Auszug

Kreis Lübeck Lübecker Kreis-Parteitag beschließt:

Gegen den Natokrieg in Libyen ir verurteilen den NATO-Beschluß vom 2. Juni 2011, die Bombardierung Libyens bis zum 27. September dieses Jahres zu verlängern.

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Wir fordern die sofortige Einstellung aller NATO-Kampfhandlungen. Die Verträge der NATO wurden ratifiziert, um ihre Mitgliedsstaaten zu verteidigen. Der Geist dieser Verträge erlaubt es nicht, in souveränen Staaten Regierungen zu stürzen oder in Bürgerkriegen einseitig militärisch Partei zu ergreifen. Mit Kampfhubschraubern, Bomben und High-Tech-Lenkwaffen werden Menschenrechte nicht gesichert, sondern Menschenleben wurden und werden bis auf den heutigen Tag vernichtet. Mit Beginn der kriegerischen NATO-Handlungen im März dieses Jahres ist in Libyen eine verheerende Spirale der Gewalt verstärkt worden zum Nachteil des libyschen Volkes. Die Kampfhandlungen der NATO lassen sich durch die UN-Resolution 1773 nicht legitimieren. Alle Erklärungen, es komme jetzt darauf an, Menschenrechte durch einseitige Parteinahme durchzusetzen, dienen einzig und allein dazu, Krieg als Mittel der Politik wieder hoffähig zu machen. NATO-Kriegsmaßnahmen wie aktuell in Libyen benutzen in ihrer völkerrechtlichen Wirkung die Menschenrechte als billigen Vorwand, um eigene langfristige geopolitische Ziele durchzusetzen. Wir fordern aus diesen Gründen alle demokratischen Kräfte in Schleswig-Holstein dazu auf, sich dem NATO-Krieg in Libyen zu widersetzen, um den Weltfrieden dauerhaft im System kollektiver Sicherheit zu sichern. Dies bedeutet keine Unterstützung des Regimes Gaddafis. - www.die-linke-luebeck.de

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

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Probleme: politisch, personell und praktisch wie lösen in Schleswig-Holstein? Beschluss des Kreisparteitages der LINKEN in Lübeck vom 8. Mai 2011 Das Scheitern der LINKEN an der FünfProzent-Hürde bei den Landtagswahlen am 27. März 2011 in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz hat auf allen Ebenen der Partei eine Krisendiskussion ausgelöst: Da wird auf der einen Seite vordergründig die Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima benannt mit ihren politischen Auswirkungen auf die Atomkraft und Ausstiegsdebatte in Deutschland, in der DIE LINKE trotz ihrer richtigen Positionen und Forderungen nur in einer politischen Nebenrolle wahrgenommen wird. Da ist auf der anderen Seite die durchaus problematische Außendarstellung und -wahrnehmung der Bundesführung der Partei (Klaus Ernst und die "Porschementalität", Gesine Lötzsch und die heftig verunglückte Kommunismusdebatte).

Erklärungsversuche für die Bundesebene akt ist allerdings, dass diese beiden Hauptlinien in den Erklärungsversuchen für die Wahlniederlage zwar wichtige Teile des Problems benennen, aber auch zusammen genommen als Antwort nicht ausreichen. Die Wahlresultate in Baden- Württemberg und RheinlandPfalz sind weder unmittelbares Ergebnis noch umgekehrt Auslöser der Krise. Aber der 27. März hat der Partei deutlich gemacht, dass die Eigendynamik aus der Gründung/Vereinigung der LINKEN als linkes politisches Projekt auch in den West-Bundesländern nicht mehr selbsttragend ist. Vielleicht wichtiger ist in diesem Zusammenhang das Steckenbleiben des Parteibildungsprozesses. Weder die Programmdebatte noch das Kompromisstableau der Führung haben neue Bewegung in die Partei gebracht. Im Gegenteil hat sich gezeigt: Wer sich (aus noch so guten Gründen) eine schwache Führung wählt, soll sich nicht darüber wundern, wenn er dann auch eine schwache Führung bekommt. Die Probleme der Parteibildung sind auch weiterhin die Probleme des nicht gelingenden Zusammenwachsens unterschiedlicher politischer Strömungen, Kulturen und Mentalitäten zu einer gemeinsamen Identität als linke politische Partei. Diese Differenzen konnten eine Zeit lang hinter den Wahlerfolgen der LINKEN verschwinden.

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Mit dem Verschwinden der Erfolge treten sie aber umso deutlicher ins Licht - und unvermeidlich liegen die Nerven blank.

ring. Dafür würde sich die Chance zu einer Neuaufstellung des Landesverbandes öffnen.

Landesliste und Landespolitik

Kreisverband Lübeck: Querelen aber keinen politischen Streit

Was für die Bundesebene gilt, das gilt ähnlich auch für den Landesverband Schleswig- Holstein. Die Auseinandersetzungen um den Landesvorstand und die Rolle der satzungsmäßigen Gremien im Verhältnis zu den Kreisverbänden - und unmittelbar in diesem Kontext auch der Rücktritt des Landessprechers Björn Radke - lassen ahnen, wie weit die Landespartei von einem gemeinsamen Selbstverständnis noch entfernt ist. Der Druck, dieses Problem zu lösen, verschärft sich noch durch die vorgezogene Landtagswahl im Mai 2012 und den überhaupt nicht selbstverständlichen Wiedereinzug in den Kieler Landtag. Wer sich in dieser Situation darauf beschränkt, Ausgangspositionen für die Aufstellung einer Landesliste zu besetzen und darauf verzichtet, den Landesverband in ein gemeinsames politisches Projekt auf die Landtagswahl hin und über diese hinaus zusammenzuführen, der wird erleben, dass der Bär am 6. Mai 2012 frei nimmt und das vorher zäh verteilte Fell nicht liefert. Es ist die Aufgabe des Landesvorstandes, der Partei eine handlungsfähige politische und organisatorische Führung zu geben. Der aktuelle Landesvorstand hat diese Aufgabe bisher nicht erfüllt - und nicht erfüllen können, weil er im steckengebliebenen Parteibildungsprozess sowohl keine tragenden Impulse setzen konnte als auch durch die Kreisverbände blockiert wurde. Damit konnte er keine andere Rolle übernehmen als die eines getreuen Ausdrucks der Situation des Landesverbandes. Auch wenn sich im Vorfeld des Landesparteitages am 5. Juni abzeichnet, dass es dafür keine Mehrheit geben wird: Nach dem Rücktritt des Landessprechers wäre es jetzt sinnvoll, im Anschluss an eine Debatte über die Lage des Landesverbandes den Landesvorstand entlang einem Projekt insgesamt neu zu wählen. Ein solcher Schritt würde keine erfolgreiche strategische Kontinuität zerstören. Auch ein neuer Vorstand bedeutet nicht automatisch, dass der Landesverband aus der Verwaltung seines Elends herauskäme. Aber der mögliche Schaden bliebe ge-

Der Kreisverband Lübeck ist organisatorisch und versteht sich als Teil des Landesverbandes Schleswig- Holstein. Über den Anteil an der Verantwortung für die Krise des Landesverbandes mögen im Kreisverband unterschiedliche Sichtweisen bestehen. Klar ist jedoch: Wir können uns dieser Krise nicht entziehen - wir sind ein Teil des Problems, aber wir werden auch Teil der Lösung sein. Trotz seiner Erfolge ist auch der Kreisverband Lübeck keine kraftstrotzende Insel der Seligen. Denn auch der Kreisverband Lübeck befindet sich bestenfalls in einer Phase des politischen Stillstands. Wenn Sascha Luetkens als unser Kreisvorsitzender am 19. April in seinem Schreiben an die Mitglieder "Jetzt anpacken und Großes bewegen!" feststellen kann, "wir haben Mitgliederzuwächse und keinen Streit", dann ist das nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte heißt: Auch wir haben vielfältige persönliche Querelen. Keinen Streit haben wir in der Tat. Aber das liegt zuerst daran, dass wir gar nicht mehr diskutieren. Der Kreisverband Lübeck hat sich allmählich in einen Zustand der politischen Agonie entwickelt, die unbedingt überwunden werden muss.

Erfolgreiche Fraktionen unattraktive Partei Der Erfolg unserer Bürgerschaftsfraktion hat diese Entwicklung lange überdeckt, aber er hat insofern auch zu ihr beigetragen, als die Fraktion die Kräfte des Kreisverbandes ausgezehrt hat (und vielleicht auch auszehren musste - dies ist keine Kritik der Fraktion). Faktisch beobachten wir einen anhaltenden Prozess, in dem der Kreisverband die Menschen abhandenkommen. Wir sind aufgrund unserer "Diskussionskultur" deutlich unattraktiv insbesondere für Frauen, Neumitglieder und potentielle BündnispartnerInnen. Der Kreisverband muss seine Querelen mit dem Landesverband und dem Landesvorstand schnellstmöglich bereinigen und eine eigene politische Stärke entwickeln. Wir sind in der Gefahr, das Erreichte auszuhöhlen und sogar die Ar-

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011 beitsfähigkeit der Bürgerschaftsfraktion zu gefährden. Der Kreisverband Lübeck muss wieder zur Politikfähigkeit entwikkelt werden. Das bedeutet insbesondere, er muss überhaupt neben der Fraktion aus der politischen Unsichtbarkeit geholt werden. Die rot-rot-grüne Kooperation macht für den Kreisverband nur dann Sinn, wenn er über seine eigene Politik (außerhalb des Rathauses) die Kraft entwickeln kann, auf deren Grundlage sich die Fraktion innerhalb des Rathauses "frei bewegen " kann. Der Kreisverband muss sich sowohl thematisch verbreitern als auch seinen "politischen Markenkern " (Hartz IV, Soziales, Antimilitarismus) wiederbeleben. Der Kreisverband muss jetzt umsteuern, wenn er den Aufgaben der kommenden Wahlkämpfe im Land und in der Kommune gewachsen sein will. Auf der Grundlage dieser Einschätzung schlägt der Vorstand dem Kreisparteitag die Annahme und die Umsetzung einer Reihe von Schlussfolgerungen vor:

1. Bildung von politischen Arbeitsgemeinschaften In der Frage der organisatorischen Struktur des Kreisverbandes wird der Vorstand die bisherige Schwerpunktsetzung auf den Aufbau und die Stärkung von Ortsverbänden aufgeben und ersetzen durch eine politische und organisatorische Orientierung auf die Bildung von thematischen Arbeitsgemeinschaften auf der Ebene des gesamten Kreisverbandes. Der Bestand und die Arbeit funktionierender Ortsverbände bleibt von dieser Schwerpunktverschiebung ebenso unberührt wie die Freiheit der aktiven Mitglieder, arbeitsfähige Ortsverbände zu bilden und sich in ihnen zu organisieren. Der Vorstand wird in möglichst enger Verbindung und unter Einbezug der benachbarten Kreise die Wiederaufnahme einer lebendigen inhaltlichen und politischen Diskussion im Kreisverband Lübeck durch die Organisation und/oder Wiederbelebung von Arbeitskreisen analog zu den Strukturen der LAGs und BAGs betreiben und unterstützen. -

2. Mitgliederwerbeprogramm "500 Plus" Der Vorstand wird das Mitgliederwerbeprogramm "500 Plus" fortsetzen. Er wird dabei jedoch seine Arbeit auf die politische Organisierung und Einbindung von Mitgliedern in den Kreisverband konzentrieren. Die politische Handlungsfähigkeit des Kreisverbandes drückt sich nicht unmittelbar in der Mitgliederzahl

aus und die entstandene politische Schwäche und die sich fortsetzenden zentrifugalen Tendenzen in der Mitgliedschaft lassen sich nicht durch Anstrengungen in der Mitgliederwerbung ohne ein politisches und organisatorisches Fundament kompensieren geschweige denn überwinden.

3. Bündnisarbeit Der Vorstand wird verstärkte Anstrengungen unternehmen, um die politische Sichtbarkeit des Kreisverbandes der Partei in der Hansestadt als Partei (auch unabhängig von der Arbeit der Bürgerschaftsfraktion) wieder herzustellen. Dazu wird der Vorstand sich insbesondere bemühen um eine Stärkung und gegebenenfalls auch um Initiativen in der Bündnisarbeit des Kreisverbandes. Die inhaltliche Debatte und auch die (kommunal)politische Arbeit der Partei in ihren Arbeitskreisen soll als offenes und politisch attraktives Angebot Interessierte ansprechen und in die Diskussion und Politik des Kreisverbandes einbinden.

4. Veranstaltungen mit Bandbreite Der Vorstand wird sich die Organisation regelmäßiger Veranstaltungen zur Aufgabe machen, in denen die Politik der LINKEN und deren inhaltliche Schwerpunkte sichtbar werden. In Vorbereitung auf den bevorstehenden Landtagswahlkampf im Frühjahr 2012 sollen dabei landespolitische Thematiken und die Arbeit der Landtagsfraktion wichtigen Raum erhalten, ohne unsere bundes- und kommunalpolitischen Themen ganz zu verdrängen. Ziel ist es, mit diesen Veranstaltungen die Politik der LINKEN in ihrer ganzen Bandbreite als eine wirkungsvolle politische Alternative und Organisierungsplattform darzustellen.

5. Deutlich mehr Frauen Der Vorstand wird dafür arbeiten, deutlich mehr Frauen in die Arbeit des Kreisverbandes einzubinden und ihnen die Chance zu geben, sich innerhalb des Kreisverbandes politisch zu formieren und zu entwickeln. Der Vorstand wird nicht entscheiden aber jedenfalls unterstützen, wenn Frauen im Kreisverband zeitweilig oder dauerhaft besondere und geschlossene Strukturen bilden, um den Kampf um die gleichberechtigte Rolle der Frauen im Kreisverband zu stärken. 6. In der Frage der Mitgliedschaft in der Partei DIE LINKE und einer satzungsgemäßen und regelmäßigen Bereinigung der Mitgliedskartei verfolgt der Vorstand des Kreisverbandes eine Politik der

Seite 9 Schwerpunktsetzung auf die aktive Mitgliedschaft und Mitarbeit in der Partei. Der Kreisverband achtet und garantiert die autonome Entscheidung jedes Parteimitglieds über Art und Umfang seiner politischen Aktivität in der Partei, ihren Gliederungen, Gremien und Arbeitsstrukturen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Freiheit jedes Parteimitglieds, nicht regelmäßig oder sogar überhaupt nicht persönlich aktiv zu sein und von seinen Mitgliedsrechten Gebrauch zu machen. Der Vorstand erwartet jedoch - unbenommen der im Einzelfall begründeten Entscheidung über die zeitweise Befreiung von der Beitragszahlung - insbesondere von seinen nicht aktiven Mitgliedern die unaufgeforderte und dokumentierte Zahlung satzungsgemäßer Beiträge. - www.die-linke-luebeck.de

Norwegen schrecklich aktuell ei seinem schrecklichen Massenmord war Anders Breivik vermutlich ein Einzeltäter. Aber in seinem fanatischen Hass auf alles Fremde und Andere, auf Linke und Muslime ist er weder in Norwegen noch in der Bundesrepublik alleine. Rassistische Demagogie und offene, pauschalisierende Ablehnung und Diffamierung besonders von Muslimen etablieren sich auch hierzulande immer öfter - und nicht nur in der rechtsextremen Ecke, sondern mitten in der Gesellschaft. Deshalb genügt es auch nicht, das Verbot von Naziparteien wie der NPD zu fordern. Notwendig ist statt dessen ein entschlossenes Eintreten für Demokratie und die Akzeptanz unterschiedlicher Religionen, eine unzweideutige, breite gesellschaftliche Ächtung jeglicher rassistischen Hetze. Ich finde es beispielgebend, wie die norwegische Gesellschaft auf die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage reagiert: sie plädiert für ‚mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit'. Und sie ruft gerade nicht nach mehr Überwachung oder gar - wie der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Herr Uhl - nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Offensichtlich ist man sich in Norwegen der Gefahren für die Demokratie bewusst, die terroristische Anschläge auf freiheitliche Gesellschaften haben können.

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- Cornelia Möhring,, Linke Fraktion im Bundestag, 28.7.2011

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

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Geht Europa Pleite? Unter diesem Titel fand am 29.06.2011 im Marstall in Ahrensburg auf Einladung der Kreise Stormarn und Lauenburg eine Veranstaltung zur aktuellen Krise in Europa mit dem MdB und Chefvolkswirt der LINKEN Michael Schlecht statt. - Bericht Martina Bornstein

ie ca. 35 anwesenden Interessierten wurden erst einmal konfrontiert mit

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...drei gängigen Phrasen - „Mir geht es auch nicht so gut. Ich höre immer, es ist kein Geld da und plötzlich bekommen die Griechen 100 Mrd. - „Sollen die erst mal bei sich sparen" - „Die haben über ihre Verhältnisse gelebt."

...da stellt sich zuerst die Frage: - Wie kommen die Griechen zu so vielen Schulden? - Wegen Korruption? Wohl auch, die gibt es aber auch in anderen Ländern. Wegen nicht gezahlter Steuern? Wohl auch, das gibt es aber auch in anderen Ländern. - Wegen Kassierens von Rente für Verstorbene? Wohl auch, das macht aber keine 100 Mrd aus.

Als Antwort sei genannt... dass Griechenland (GR) für seine Schulden ca. 6% Zinsen zahlt, Deutschland (D) aber nur 1%. Im Gegensatz zu GR hat D einen Exportüberschuss von 1,2 Billionen Euro erwirtschaftet, davon einen nicht geringen Teil als Rüstungsexporte an GR. GR importiert mehr als es exportiert, d.h. die Einnahmen sind geringer als die Ausgaben. D exportiert am meisten im gewinnträchtigeren Bereich Maschinenbau, GR eher im weniger einträglichen Lebensmittelbereich. Rüstungsgüter braucht der Staat und Maschinerie hauptsächlich die Unternehmen. Die griechische Bevölkerung hat in ihrer Mehrheit in der Regel keinen Einfluss darauf. Wenn sich das über die Jahre nicht ausgleicht, werden die Schulden immer höher und damit die Zinsen für Kredite. Das hat mit "Sparen" und "über die Verhältnisse leben" der Bevölkerung also nichts zu tun. Nun kann man daraus schließen, dass sich GR eben bei den Exporten mehr anstrengen muss. So sehr sie sich anstrengen, es wird ihnen nichts nützen, weil es

ein Ungleichgewicht bei den Lohnstückkosten in Europa gibt. In D sind die Reallöhne massiv gesunken und die Produktivität ist enorm gestiegen. Das zusammengenommen ergibt den Indikator der Lohnstückkosten, bei denen D mit Abstand ganz unten liegt, nämlich bei 6%. Im Schnitt haben die Euroländer die Lohnstückkosten um 20% erhöht. Mit höheren Lohnstückkosten wird es GR kaum gelingen, die Exporte zu erhöhen. Dazu sagt Christine Lagarde, IWF-Chefin: "Deutschland hat in den letzten 10 Jahren die ‚Wettbewerbsfähigkeit' erhöht, einen sehr hohen Druck auf seine Arbeitskosten ausgeübt. Ich glaube nicht, dass dies ein nachhaltiges Modell für die Eurozone ist." In der ganzen Diskussion um die Krise in Europa wird allerdings von niemandem, außer der LINKEN, erwähnt, wo denn die Gewinne D's eigentlich bleiben. Bei den abhängig Beschäftigten nicht, weil die Reallöhne ja sinken. Die Gewinne stecken sich die Unternehmer ein, denn die Reichen werden ja auch immer reicher, nicht nur die armen immer ärmer. Das ist in D genauso wie in GR, deshalb ist es auch unseriös, einfach nur auf die Griechen zu schimpfen, weil es den meisten ebenso geht wie ihren deutschen Kollegen. Dazu trägt natürlich auch die Agenda 2010 bei, die immense Einschnitte im sozialen Bereich vorsieht.

Was hilft denn nun? Einfach die D-Mark wieder einführen? Das wäre für D fatal. Die D-Mark ist eine harte Währung, die Waren würden teurer, die Exporte brächen ein, die Arbeitslosigkeit stiege. - Als erste Maßnahme hilft nur eine ordentliche Lohnerhöhung der deutschen Arbeitnehmer. Die von Deutschland ausgehenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte sind die zentrale Ursache

der Krise. Ohne die Überwindung der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte können die Probleme der europäischen Wirtschaft nicht gelöst werden. Der Schlüssel hierfür liegt in Deutschland. - Der beste Beitrag zur Verbesserung der sozialen Lage großer Teile der Bevölkerung, für die Stärkung der Binnenwirtschaft und für die Überwindung der europäischen Schuldenkrise ist der Kampf gegen die Agenda 2010. - Private Banken müssen aus der Finanzierung der Staatsschulden in der Eurozone rausgehalten werden. Sie leihen sich für ca. 1% Zinsen bei der EZB Geld und kaufen Anleihen. Für griechische gibt es bis zu 20%, für irische bis zu 10%. Die LINKE fordert eine Bank für öffentliche Anleihen, um Geld von der EZB ohne Aufschlag weiterleiten zu können. - GR muss die Hälfte der Schulden erlassen werden. Umschuldung durch Verstaatlichung der Banken. - Gemeinsame Euro-Anleihen müssen ausgegeben werden, um Spekulationen gegen einzelne Mitgliedsstaaten einzudämmen. Euro-Anleihen würden den Krisenstaaten günstigere Zinsen verschaffen, weil auch die Staaten mit guter Bonität für diese Anleihen bürgen.

In der anschließenden Diskussion beantwortete Michael Schlecht unter anderem folgende Fragen: Steigen die Löhne wieder? In einzelnen Branchen vielleicht, im Durchschnitt eher nicht. Geht Europa pleite? Wenn alles so bleibt, ja. Kämpfen wir für mehr Löhne und gegen die Agenda 2010, dann nicht. Wie ist die Klassenlage, bzw. gibt es Klassen? Es gibt 2 Klassen, Besitzer von Produktionsmitteln und Nichtbesitzer von Produktionsmitteln. Die Ersteren sind meistens Unternehmer oder deren Familien, die Letzteren sind Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner, Schüler.

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

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Gründlich untersucht Tarifeinheit - die Gewerkschaften, die SPD und die LINKE von Ralf Iden und Daniel Dockerill Nach AGENDA 2010 und HARTZ IV arbeitet die SPD weiter an der Schwächung der Arbeiterklasse - Die LINKE verhilft dem Interesse der Lohnabhängigen zum Durchbruch

m 6. Juni dieses Jahres schrieb Berthold Huber, der derzeitige Vorsitzende der IG Metall, dem "lieben Michael", seines Zeichens Vorsitzender des DGB, einen Brief, in dem es hieß: "Die IG Metall hält die Initiative für Tarifeinheit weiterhin für richtig und wichtig. (…) Neue Argumente, die zu bedenken wären, sind in den Debatten und Beiträgen der letzten 18 Monaten nicht vorgebracht worden."

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Gesetzliche Regelung der Tarifeinheit: ein Angriff auf das Streikrecht Worum geht es? So ziemlich genau ein Jahr zuvor, am 4. Juni 2010 haben der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, und der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, auf einer Pressekonferenz eine gemeinsame Initiative vorgestellt, die so genannte Tarifeinheit gesetzlich zu regeln. Sie forderten, durch eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes künftig gesetzlich vorzuschreiben, dass für gleichartige Arbeitsverhältnisse in einem Unternehmen nur ein einziger Tarifvertrag zur Anwendung kommen darf. Im Falle von mehreren Tarifverträgen soll dann derjenige Tarifvertrag, den die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Unternehmen abgeschlossen hat, alle anderen verdrängen. Darüber hinaus soll die aus dem vorrangigen Tarifvertrag sich ergebende Friedenspflicht, während der nicht gestreikt werden darf, für alle Arbeitnehmer im Betrieb gelten. Auch dann, wenn sie der Gewerkschaft, die den Vertrag abgeschlossen hat, gar nicht angehören. Dies läuft auf ein gesetzliches, also nicht aus einem freiwilligen Vertrag sich ergebendes Streikverbot für diese Arbeitnehmer hinaus und damit auf eine erhebliche Einschränkung des Streikrechts. Von namhaften und insbesondere auch ge-

werkschaftsnahen Juristen wird sie daher als klare Verletzung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit und folglich als verfassungswidrig eingeschätzt. Aus den Bundestagsfraktionen der Regierungsparteien und der SPD ist die Initiative sofort begrüßt worden. Die Fraktionsspitze der CDU ebenso wie der SPDVorsitzende Sigmar Gabriel signalisierten sogar ihre Bereitschaft, nötigenfalls das Grundgesetz entsprechend zu ändern.

Der Widerstand formiert sich In den DGB-Gewerkschaften war die DGB-BDA-Initiative bis dahin nicht zur Diskussion gestellt worden. Ja, es darf sogar bezweifelt werden, dass sie überhaupt bekannt war. Umso heftiger setzte ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe die Diskussion ein. Die zweifellos wichtige größtmögliche Einheit unter den Arbeitnehmern darf keine Sache staatlichen Zwanges werden, bei dem dann nicht mehr nach dem Sinn und Zweck dieser Einheit für die Arbeitnehmer gefragt wird, sondern Unternehmenswohl und Staatsräson im Vordergrund stehen. Die Einheit muss die Sache politisch-praktischer Überzeugung und freiwilliger Einsicht bleiben. Gewerkschaftliche Initiativen zur gesetzlichen Einschränkung des Streikrechts - noch dazu im Schulterschluss mit den Arbeitgebern - kommen prinzipiell nicht in Frage. So der Tenor der Kritik. Und überhaupt, so ein Beschluss des Fachbereichs 8 von ver.di Brandenburg, sei es "ein elementarer Verstoß gegen die gesamte Geschichte, Politik und Kultur der Gewerkschaftsbewegung, sich mit Arbeitgeber-

Organisationen über die Ausgestaltung des Streikrechts zu verständigen und hierzu gemeinsam Gesetzesinitiativen von der Politik zu fordern." Helmut Platow, damals noch Leiter des Bereichs Recht bei ver.di, der ver.di Mitbegründer Detlef Hensche und der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler, um nur einige namentlich zu nennen, sowie viele andere haben seitdem ausführliche politische und juristische Argumente ins Feld geführt, die die nachgeschobenen Rechtfertigungen der Gesetzesinitiative restlos widerlegen. Auch die LINKE Schleswig-Holstein sprach sich entschieden dagegen aus. Auf dem Landesparteitag vor knapp einem Jahr verabschiedete der Landesverband nahezu einstimmig einen Antrag mit dem Titel: "Das Streikrecht schützen. Ablehnung einer gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit." Mit dem so gefassten Beschluss waren alle gewerkschaftlich organisierten Parteimitglieder aufgefordert, in ihren Gewerkschaften für entsprechende Beschlüsse gegen jede gesetzliche Einschränkung des Streikrechts einzutreten. In der Folge fanden sich in etlichen einschlägigen Beschlüssen gewerkschaftlicher Gremien ganze Passagen aus der seinerzeitigen Begründung unseres Parteitagsbeschlusses wieder, so z.B. im Beschluss der Bundeskonferenz der Fachbereiche 6, 7 und 8 von ver.di. Die Delegiertenversammlung der Kieler IG Metall beschloss auf Initiative von Mitgliedern der LINKEN nahezu einstimmig einen entsprechenden Antrag an den kommenden Gewerkschaftstag.

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

Seite 12 Der Wind in den Gewerkschaften hatte sich bald komplett gedreht, so dass Arbeitgeberpräsident Hundt sich schließlich genötigt sah, zur Eile zu mahnen. In der Stuttgarter Zeitung vom 8. April ließ er sich mit den Worten zitieren, es "machten sich ‚linke Kräfte' im Gewerkschaftsbund zunehmend gegen die Tarifeinheit stark und ‚stellen die bisherige Position des DGB in Frage'. DGB-Chef Michael Sommer habe ihm jüngst gesagt, dass er seine Position bald nicht mehr halten könne, so Hundt zur StZ. Sommer schlägt ein immer größerer Widerstand entgegen, weil etliche Gewerkschafter in der gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit einen Eingriff in das Streikrecht sehen." Der Arbeitgeberalarm kam jedoch zu spät.

Gewerkschaftsführung lenkt ein Basis setzt sich durch Am 25. Mai entschied der ver.di-Gewerkschaftsrat auf Antrag des Bundesvorstandes, aus der Gesetzesinitiative auszusteigen. Die gleiche Empfehlung gab er dem DGB, der dieser wenig später folgte. Entsprechend groß war das Geschrei. BDA-Präsident Dieter Hundt gab am folgenden Tag dem Darmstädter Echo zu Protokoll, "er bedauere die Entscheidung Verdis." Die Diskussion innerhalb der Gewerkschaften werde, so Hundt wörtlich: "vornehmlich von linksideologischen Stimmen verschärft". Dass auch die SPD sich mit diesem Ergebnis nicht zufrieden geben würde, machte am selben Tag der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Garrelt Duin klar. "Eine Radikalisierung von Tarifauseinandersetzungen könne sich zur Gefahr für den Standort Deutschland auswachsen. Falls die Regierung jetzt kneife, behalte sich die SPD einen eigenen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit vor", wird er in derselben Zeitung zitiert. Erinnern wir uns. Wie schrieb Huber doch gleich? "Die IG Metall hält die Initiative für Tarifeinheit weiterhin für richtig und wichtig. (…) Neue Argumente, die zu bedenken wären, sind in den Debatten und Beiträgen der letzten 18 Monaten nicht vorgebracht worden." Was will uns das sagen? Die ganze, höchst lebhafte Debatte bei ver.di bloß heiße Luft, in der Argumente für die Entscheidungsfindung keine Rolle gespielt hätten? Diese Ignoranz gegenüber der argumentativ hochklassig geführten Debatte ist eine Arroganz der Macht, deren Interessiertheit ihr aus allen Knopflöchern schaut. Wie Dieter Hundt mehrfach darauf verwiesen hat, dass die sozialdemokratischen Spitzenfunktionäre im

DGB wohl ihren Laden nicht im Griff hätten, so wirft Berthold Huber in seinem Brief umgekehrt dem BDA vor: "Faktisch ruht die Initiative schon seit Monaten, da der BDA in den Regierungsparteien keine Zustimmung organisieren konnte." Darauf reduziert sich also die Differenz zwischen Arbeitgeberverband und sozialdemokratischen Gewerkschaftern. In der Sache sind sie sich ganz einig: gesetzliche Einschränkung des Streikrechtes und damit Aufhebung der Koalitionsfreiheit; Illegalisierung der Kampfmittel der lohnabhängigen Klasse. Die Frage ist nur, wer ihr effektiver zu dienen versteht. Der Sozialdemokrat an der Spitze der IG Metall hält sich jedenfalls für die Zukunft alle Optionen offen, wenn er weiter schreibt: "Der DGB sollte dem Eindruck entgegenwirken, dass die Initiative aus inhaltlichen Gründen falsch war. Die Verantwortung liegt einzig und allein bei den Arbeitgebern. Dies muss, soweit erforderlich, in den Verlautbarungen des DGB deutlich werden." Man beachte das Kleingedruckte: "soweit erforderlich"! In der momentanen politischen Konstellation einer geschwächten rein bürgerlichen Regierung ist das Vorhaben offensichtlich nicht durchsetzbar, das sieht auch ein Huber ein. Aber das muss man nicht unbedingt an die große Glocke hängen und schon gar nicht, dass das gewohnte sozialdemokratische Kommandoregime in den Gewerkschaften in dieser Sache eine herbe Niederlage eingefahren hat. Es winken schließlich wieder bessere Tage: Rot-Grün ist im Aufwind, und man wird vielleicht bald Gelegenheit haben, dem Sozialpartner auf der Arbeitgeberseite einmal mehr zu zeigen, wie gut die bürgerliche Arbeiterpolitik ihren Laden im Griff hat, wenn man sie nur wieder machen lässt.

Gäbe es HARTZ IV, wenn es die LINKE schon gegeben hätte? Das erinnert an die Geschichte, wie uns seinerzeit Hartz IV beschert wurde. Auch dieses extrem arbeitnehmerfeindliche Gesetz ist, wie schon sein Namensgeber Peter Hartz bezeugt, mit aktiver Beteiligung einflussreicher Gewerkschafter unter Federführung der SPD auf den Weg gebracht worden. Dem auch in den Gewerkschaften durchaus vorhandenen Unmut gegen das Vorhaben wurde durch Protestaktionen zunächst etwas Luft verschafft, die aber ziemlich lustlos organisiert waren und gleich im Anschluss von Michael Sommer offiziell ganz abgeblasen wurden. Und zwar genau für die Zeit, die Rot-Grün brauchte, um das Gesetz durchs Parlament zu bringen. Erst danach

durfte sich gewerkschaftlicher Protest gegen Schröders Agenda wieder öffentlich regen. In einem Land mit solch gesetzestreuen Bürgern wie in Deutschland war das fatal. Wir haben es alle erlebt und erleben es immer noch, wie felsenfest und schier unverrückbar Hartz IV, einmal Gesetz geworden, sich der sozialen Wirklichkeit in diesem Land aufgeprägt hat. Als Hartz IV gemacht wurde, gab es unsere Partei noch nicht. In den Gewerkschaften konnte die SPD noch ziemlich unangefochten schalten und walten. Dass es unsere Partei jetzt gibt, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass nicht wenige aktive Gewerkschafter nach einer Alternative zur SPD gesucht haben. Die LINKE insgesamt und darin auch die LINKE. SH. haben deshalb keinen geringen Anteil daran, dass diese gefährliche Kooperation zwischen sozialdemokratischen Spitzenfunktionären und Kapital zulasten der Kampffähigkeit der Lohnabhängigen dieses Mal zurückgewiesen wurde. Das zeigt: Die LINKE wirkt. Und es eröffnen sich Spielräume. Auch in den Gewerkschaften. Schon zu Beginn der Debatte um die Tarifeinheit schrieb Klaus Ernst am Schluss eines Artikels im Tagesspiegel: "Einen Punkt können wir uns nicht vorstellen: Die Einschränkung des Streikrechtes. Wir brauchen im Gegenteil die Ausweitung dieses Widerstandsrechtes, wir brauchen die definitive Klarstellung, dass auch ein politischer Streik in Deutschland legal ist." Welche Klarstellung eines Rechts wäre definitiver als dessen praktische Ausübung, und wofür läge ein politischer Streik näher als für die Abwehr des Versuchs einer Einschränkung des Streikrechts! Daran sollten wir denken, wenn vielleicht demnächst eine neue rot-grüne oder sonst wie sozialdemokratisch gedeckte Regierung sich einfallen lassen sollte, ein weiteres großes Geschenkpaket für die Arbeitgeber zu schnüren und eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit hineinzutun.

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

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Aus Kreisen und Arbeitsgemeinschaften Die SPD redet - wir handeln Hart bedrängt - Sommerinterview mit Klaus-Dieter Brügmann, DIE LINKE Kreis Pinneberg, durch die Uetersener Nachrichten am 22. Juli 2011 Pinneberg. Von der Uetersener Zeitung, vertreten durch Oliver Carstens, wurde am 22. Juli ein Sommerinterview mit dem Kreisvorsitzenden der Linken Pinneberg, Klaus-Dieter Brügmann, geführt. Er ist bürgerliches Mitglied der Fraktion der Linken im Kreistag und Mitglied im Landesvorstand. Uetersener Nachrichten, Oliver Carstens: Herr Brügmann, die Linke hat in der vergangenen Woche den Entwurf für ein Parteiprogramm vorgelegt. Die Reaktionen waren eindeutig: die Linke scheint nicht koalitionsfähig, geschweige denn demokratisch. Klaus-Dieter Brügmann: Dieses Programm ist zunächst ein Entwurf und wird als Leitantrag auf unserem Bundesparteitag diskutiert werden. Entschieden wird dann in einer allgemeinen Mitgliederbefragung. Von undemokratisch kann man also wirklich nicht sprechen. Die politischen Mitbewerber zeigen sich von diesem Entwurf nicht so beeindruckt. Sie sprechen der Linken ab, überhaupt Verantwortung übernehmen zu wollen. Wir sind bereit für Verantwortung. Das zeigen wir übrigens in vielen Bundesländern, in denen wir sogar an der Landesregierung beteiligt sind. Die anderen Parteien, insbesondere die SPD muss sich hinterfragen, in wie weit sie eine soziale und gerechte Politik gestalten möchte oder weiterhin nur Beschlüsse fassen möchte, die sie ohne uns nicht umsetzen kann. Ihre Bundesführungsspitze gibt ein desolates Bild in der Öffentlichkeit ab. Ich führe keine Personaldebatten über die Medien. Wenn ich etwas zu kritisieren habe, dann mache ich das von Angesicht zu Angesicht. Was würden Sie denn an Stelle von Klaus Ernst und Gesine Lötzsch anders machen? Ich habe in Kreis und Land genügend Arbeit, da gebe ich keine Ratschläge an andere Gliederungen der Partei. Die SPD will zur Finanzierung der Eurokrise eine Finanztransaktionssteuer einführen. Würden sie das mittragen? Wenn die SPD das durchsetzen möchte, soll das nicht an der Linken scheitern. Wir begrüßen diese Steuer ausdrücklich, denn sie würde einige unserer finanziellen Probleme in Bund, Ländern und Gemeinden lösen und die Spekulanten zurückdrängen. Die SPD jedoch redet nur, anstatt zu handeln, stattdessen hat sie unter Rot-Grün den Spitzensteuersatz reduziert und damit dafür gesorgt, dass die Schere zwischen arm und reich immer größer wird. Die FDP argumentiert, dass diejenigen, die wenig verdienen, ohnehin keine Steuern zahlen. Das ist die Sicht der FDP. Wir haben ein Einnahmenproblem und das müssen wir in den Griff bekommen. Kennen Sie die Ausgabenuhr an der Hamburger Uni? Die Staatsverschuldung

Kreis Pinneberg

nimmt immer weiter zu. Direkt darunter zeigt eine weitere Uhr die Entwicklung des Vermögens des oberen Zehntels. Und auch die Zahl steigt rasant an. Ihre Partei fordert einen bundesweiten, tariflichen Mindestlohn ... Den im übrigen jetzt auch fast alle fordern, da waren wir als Linke die Vorreiter. Trotzdem gibt es ihn bislang nicht in allen Branchen. Und genau deswegen kämpfen wir weiter dafür. Es kann nicht sein, dass Menschen von ihrem Geld, was sie mit ehrlicher Arbeit verdienen, nicht leben können. Außerdem sollten Aufträge der öffentlichen Hand nur noch an Unternehmen vergeben werden, die sich einem gesetzlichen Mindestlohn nicht verschließen. Sie haben im Kreistag gegen den Umzug nach Elmshorn gestimmt, warum? Wir waren von Anfang an dafür, das alte Kreishaus zu sanieren, anstatt neu zu bauen. Doch die Mehrheit im Kreistag hat das anders gesehen. Sie wollten also weiterhin in einem baufälligen Gebäude tagen? Als 2006 akuter Handlungsbedarf festgestellt wurde, musste selbst Landrat Grimme, der vehement einen Neubau wollte, einräumen, dass von allen durchgespielten Varianten eine Sanierung die kostengünstigste gewesen wäre. Statt unverzüglich zu handeln, wurde ein Neubau in ÖPP beschlossen. Ein Abenteuer, das im Desaster endete. Die Kreishaus-Immobilie ist Eigentum der Menschen im Kreis. Und jetzt ist fraglich ob bei einem Verkauf auch nur der Grundstückswert erzielt werden kann. Wie haben Sie das Gutachten des Landesrechnungshofes zu den Regio-Kliniken bewertet? Dieses Gutachten hat all unsere Befürchtungen bestätigt. Wir waren und sind strikte Gegner dieses Verkaufes und lehnen auch weitere Privatisierungen im Kreis Pinneberg strikt ab. Ein letztes Wort zum möglichen NPD-Verbot. Sie haben an einem Buch mitgearbeitet, das Widerstand und Verfolgung während des Dritten Reiches in Harburg und Wilhelmsburg beschreibt. Wollen Sie einen neuen Verbotsantrag? Der Kampf gegen die NPD und jedwede rechte Ideologien ist mein Lebensthema. Ich bin für einen neuen Verbotsantrag, weil er vorhandene Strukturen der Partei zerstören würde. Die Grünen in Schleswig-Holstein haben ein erneutes Angehen des Verbotes abgelehnt. Sie sagen, Ideologien kann man nicht verbieten. Das ist richtig. Aber man kann etwas dagegen tun, dass rechte Parteien und Faschisten sich auch noch mit Steuergeldern finanzieren und damit am Leben gehalten werden.

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LINKES Zentrum Bauernweg in Elmshorn: Drei in eins m Bauerweg 41 in Elmshorn hat das neue LINKE Zentrum seine Arbeit aufgenommen und damit eine sehr gute Standortwahll getroffen. In den Räumlichkeiten sind das Wahlkreisbüro für die Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring, das Regionalbüro des Landtagsabgeordneten Björn Thoroe sowie das Büro des Kreisverbandes Pinneberg untergebracht. Die große Eröffnungsfeier (Bild rechts) am Anfang des Jahres war ein absolut gelungener Auftakt: Trotz einsetzenden Schneefalls und spiegelglatter Straßen strömten über fünfzig Menschen in die neuen Räumlichkeiten In den vielen anregenden Gesprächen wurde klar, dass sich in Elmshorn, dieser zunächst so beschaulich wirkende Kommune, mit sehr sozialpolitisch engagierte Menschen und unterschiedlichen Organisationen zusammenarbeiten läßt. „Jetzt bin ich freudig gespannt auf unser zukünftiges, politisches Arbeiten vor Ort,“ so äußerte sich Cornelia Möhring „und bedanke mich nochmals bei allen BürgerInnen, neuen NachbarInnen, KollegInnen und GenossInnen für den herzlichen Empfang!“ Ihre beiden MitarbeiterInnen Silke Mahrt und Lorenz Gösta Beutin sollen Veranstaltungen zu frauenpolitischen und anderen Themen durchführen und Beratungsangebote entwickeln. Das Büro soll auch generell Initiativen und Gruppen offen stehen, die sich für soziale, antifaschistische, frauen- , jugend- oder friedenspolitische Belange einsetzen.

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Elmshorn

Itzehoe

- www.cornelia-moehring.de

Wahlkreisbüro Cornelia Möhring

Kreis Steinburg

Bauerweg 41, 25335 Elmshorn Telefon: 04121 - 5797721 EMail: [email protected]

Öffnungszeiten: Di und Do 10-16 Uhr Mi 14-19 Uhr

LINKES Büro in Rendsburg: zwei in eins DIE LINKE im Kreis Rendsburgckernförde eröffnete am Freitag, den 29. April 2011 ihre neue Kreisgeschäftsstelle. Die Räume Am Holstentor 2 in der Rendsburger Innenstadt, werden ebenso dem Landtagsabgeordneten Björn Thoroe als Regionalbüro dienen. Bei der Eröffnungsfeier ab 15:00 Uhr erschienen als Gäste unter anderem der Rendsburger Bürgermeister Andreas Breitner und Lothar Bisky, derzeitiger Abgeordneter der LINKEN im Europäischen Parlament. Bisky ist in Brekendorf aufgewachsen und hat Teile seiner Schullaufbahn in Rendsburg absolviert. Nach der Eröffnung hat sich Lothar Bisky in das Goldene Buch der Stadt Rendsburg eingetragen (Bild rechte Seite, links oben). „Dieses Büro eröffnet der LINKEN im Kreis Rendsburg-Eckernförde neue Perspektiven für die politische Arbeit,“ so Horst Strutz, Kreissprecher der LINKEN. Die neuen Räumlichkeiten sollen auch

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Kreis RendsburgEckernförde

als Anlaufpunkt für Menschen dienen, welche es in unserer Gesellschaft schwer haben. Für die Probleme der Betroffenen haben wir jederzeit zwei offene Ohren... Es wird in der Zukunft in unserem Parteibüro Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen und mit befreundeten Organisationen geben.“ Der Landtagsabgeordnete der LINKEN, Björn Thoroe, ergänzt: „Politik darf nicht „von oben herab“, sondern kann nur gemeinsam mit den von Politik betroffenen Menschen gestaltet werden... Im neuen Regionalbüro können sich Interessierte über die Arbeit der LINKEN im Landtag informieren, dazu werde ich regelmäßig selbst anwesend sein.“ - www.die-linke-rendsburgeckernfoerde.de

Partei- und Regionalbüro Am Holstentor 2

Rendsburg-Eckernförde Öffnungszeiten: Di und Fr 12 - 18 Uhr

Berliner Frühstück in Steinburg ehr als 20 Personen kamen am Donnerstagvormittag in die Kreisgeschäftsstelle des Kreisverbandes Steinburg, (Bild oben) um dort in lokkerer Runde den Bundestagsabgeordneten für die LINKE SH und Schatzmeister im Parteivorstand, Raju Sharma, zu treffen. Nachdem Raju einen kurzen Überblick über die Arbeit in den beiden Gremien gegeben hatte, galt das besonderes Interesse der aktuellen Frage zur Antisemitismus-Debatte, die gerade sehr intensiv in der Fraktion geführt worden war. Raju stellte den Ablauf der Diskussion aus seiner Sicht der Dinge dar. Eine ausgiebige Diskussion wurde ebenfalls über das "bedingungslose Grundeinkommen" geführt, welches aber von den Parteigremien noch nicht als "kampangenfähiges" Konzept präsentiert werden kann. Speziell wurde von den Gästen auf die Medien hingewiesen, die solche Diskussionen innerhalb der Partei oftmals als Streit forcieren wollen. Zahlreiche Besucher waren erschienen und zeigten ein großes Interesse an der Arbeit der LINKEN im Parteivorstand und der Bundestagsfraktion. Mit vielen neuen Informationen konnten sie am Ende zufrieden den Heimweg antreten.

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- Daniel Hofmann, 23.07.2011 www.steinburg.linke-sh.de

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Rendsburg Bürgersprechstunde in Stockelsdorf Am Mittwoch, den 20. Juli 2011 fand auf Einladung der Genossinnen und Genossen vor Ort die erste Bürgersprechstunde von Raju Sharma in Stockelsdorf statt.

er Auftakt ist gelungen: Zehn Menschen trafen sich im Stockelsdorfer Treff der LINKEN. Im Mittelpunkt der Sprechstunde stand dabei das Schicksal eines Mannes, der die Gelegenheit nutzte, sich an "seinen" Abgeordneten zu wenden: Ivan, ein ehemals politischer

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Kreis Ostholstein

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Flüchtling aus Tschechien, Bergmann und Sprengmeister, kämpft bisher vergebens um seine Rehabilitation und um seine Rente, die ihm der tschechische Staat bisher verweigert. Gemeinsam wurden mögliche Schritte und ganz konkrete Unterstützungsangebote diskutiert, mit denen Raju Sharma in diesem Fall als Bundestagsabgeordneter vermittelnd tätig werden und Ivan bei seinem Anliegen helfen kann. In den weiteren Gesprächen ging es um politische Verfolgung während des Kalten Krieges, um geleistete Arbeit, um medizinische Versorgung, die Europäische Union und nicht zuletzt um menschliches Miteinander und Solidarität. In Zukunft wird auch Heinz Koch, Gemeindevertreter der LINKEN in Stockelsdorf, - zumindest auf lokaler Ebene - quartalsweise Bürgersprechstunde n anbieten.

as gigantische 100-Millionen-EuroProjekt wollte mit künstlicher Sandaufschüttung die Landbrücke, welche im Jahre 1720 durch eine Sturmflut weggespült wurde, wieder aufschütten. Das hätte die Insel um 300.000 Quadratkilometer vergrößert - eine Fläche von 40 Fußballfeldern -, was dem Projekt auch den Namen "Dubai der Nordsee" einbrachte. Mit über 80% Abstimmungsbeteiligung legten die HelgoländerInnen massiven Einspruch gegen diese "Hochzeit" ein. Mit einer Mehrheit von 54,74% wurde das Projekt gestoppt, das den Charakter der Insel komplett verändert hätte. Vor allem mit ökonomischen Argumenten wurde das Projekt umworben, so auch vom parteilosen Bürgermeister Jörg Singer:

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In gemeinsamer Aktion:

Tigran S. und Familie bleiben!

mehr Platz für Wohnraum, weitere Bettenkapazitäten für den Tourismus und einen Standort für die Offshore-Windindustrie wolle man ermöglichen. NABU und BUND warnten dagegen vor dem schweren Eingriff in die Meeresumwelt, welche die Aufschüttung bewirkt hätte. Zudem ist die Düne die "Kinderstube" der Kegelrobben, welche durch den Eingriff gefährdet wäre. Trotz aller Hoffnungen auf einen ökonomischen Aufschwung durch die künstliche Landgewinnung gehe das Projekt "am Problem der Insel vorbei", so die erfahrene Kommunalpolitikerin Felicitas Weck, die im vergangenen Jahr als Bürgermeisterkandidatin der LINKEN auf Helgoland antrat. "Die Natur ist das Kapital der Insel", das ganz sicher unter dem Sandberg begraben worden wäre. Ob der neue Charakter der Insel ("Sylt 2") den Tourismus beflügelt und ob der Sand wirklich wirtschaftliche Vorteile eingebracht hätte, bleibt jedoch fraglich. "Jetzt ist der Weg frei für eine ökologisch und sozial verträgliche Weiterentwicklung der Gemeinde Helgoland", so Weck.

ine armenische Familie mit zwei Kindern (8 und 14 Jahre) sollte nach elf Jahren Aufenthalt in Deutschland abgeschoben werden. Die Tochter ist in Stokkelsdorf geboren und aufgewachsen, der Sohn absolviert zur Zeit eine erfolgreiche Schulausbildung... Zu Recht empörten sich die Menschen – quer durch alle Gruppen und politischen Lager. DIE LINKE war die erste Fraktion, die offiziell dazu Stellung genommen und sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt hat. Der Flüchtlingsrat und andere Experten in kontroversen Zuwanderungsfragen wurden kontaktiert, die Presse informiert und geklärt, welche Stellen und Personen angesprochen werden müssten. Es fanden Gespräche mit einem Kirchenvertreter statt, der die Familie persönlich kennt und sich ebenfalls für ihren Verbleib in Deutschland einsetzte. Der Kreisvorsitzende der LINKEN in Lübeck, Sascha Luetkens, sowie mehrere GenossInnen aus Ostholstein und Lübeck nahmen an der Solidaritätsveranstaltung des Sportvereins teil und traten in persönlichen Kontakt mit der Familie. Antje Jansen, Heinz-Werner Jezewski und Cornelia Möhring, Abgeordnete der LINKEN Landtags- bzw. Bundestagsfraktion, wurden bei der Ausländerbehörde in Eutin vorstellig und versuchten dort, die drohende Abschiebung zu verhindern. Auch sie wurden durch GenossInnen aus mehreren Kreisverbänden der LINKEN begleitet... Mit neuen Informationen und einem festen Willen im Gepäck ging es zum Treffen mit dem Staatssekretär im Justizministerium. Dort diskutierten Jezewski und Jannine Menger-Hamilton (Landessprecherin) den Fall mit ihm und dem Vorsitzenden der Härtefallkommission. Thema war auch der neue § 25a des Aufenthaltsgesetzes, den der Justizminister schließlich in die Begründung für den Härtefall einbezog und womit die Abschiebung verhinderte. Der solidarische Protest mit Plakaten, Solidaritätsveranstaltungen, einer Facebook-Seite und vielen, vielen engagierte Menschen, die Anteil genommen haben am Schicksal der Familie, war erfolgreich und zeigt: Wo viele gemeinsam für eine gute Sache zusammenstehen, kann etwas erreicht werden!

- DIE LINKE. SH, 29.6.2011

- www.linke-sh.de, 3.8.2011

- www.raju-sharma.de

Kreis Helgoland

Helgoland - kein „Dubai der Nordsee“ Am 25. Juni waren die HelgoländerInnen aufgefordert, per Bürgerentscheid über ein Projekt abzustimmen, das einen der wohl gravierendsten Eingriffe auf ihrer Insel bewirkt hätte: Eine rund tausend Meter lange Sandverbindung zwischen der Haupt- und der vorgelagerten Badeinsel "Düne".

Landesverband DIE LINKE

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Der Schlie mit der Peitsche! von Daniel Hofmann

Kreise Dithmarschen und Stormarn

ithmarschen. Das Land Schleswig-Holstein will seinen Haushalt sanieren, in dem es die Kosten dafür auf die Bürgerinnen und Bürger abwälzt. Die Eltern sollen ab dem kommendem Schuljahr 2011/12 für die Schülerbeförderung zahlen, und dabei wird die Kommunalpolitik auch noch übergangen. Die Kreistage im Land dürfen zwar über die Kosten abstimmen und den Betrag festlegen, bei einer gegenteiligen Entscheidung wird den einzelnen Kreisen aber mit Sanktionen gedroht und die Kosten werden über eine Verfügung des Innnenministers doch eingetrieben, gegen den Willen des Kreistages und ihrer Kommunalpolitiker. In zahlreichen Kreisen wurde die Einführung der Schülerbeförderungskosten einfach durchgewunken, in nur ganz wenigen Kreisen baute sich derweilen eine Parteiübergreifende Front gegen eine Elternbeteiligung auf. So geschehen ist es auch in Dithmarschen! In allen angesetzten Abstimmungen votierte der Kreistag geschlossen gegen eine Einführung. Dabei war es den Kommunalpolitikern egal, ob das vom Kreis Schülerbeförderung in Dithmarschen 1951 Dithmarschen vorgelegte Modell moderat ist. originell und umsonst von Rederstall nach Albersdorf

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Nun verklagt der Kreis Dithmarschen das Land, da es hier die kommunalrechtliche Arbeitsweise verletzt sieht. Die Selbstbestimmung der Kreise wurde in diesem Verfahren durch erheblichen Druck von Seiten des Innenministers Schlie beeinflusst. Nun bleibt abzuwarten, was bei dem gerichtlichem Verfahren raus kommt. Zumindest ist eine erste erfreuliche Erkenntnis, dass eine Grundforderung der Partei DIE LINKE in Dithmarschen geschlossen vertreten wurde: Bildung muss kostenlos bleiben, denn Bildung ist ein grundlegendes Element der gesellschaftlichen Integration und muss daher für jeden frei zugänglich sein! - www.die-linke-dithmarschen.de

Worum geht's wirklich beim Schulbusstreit? von Heiko Winckel-Rienhoff, Fraktionssprecher DIE LINKE Stormarn tormarn. Manch einem Beobachter mag der beharrliche Widerstand der Mehrheit des Stormarner (und des Dithmarscher) Kreistags gegen die von der CDU/FDP-Koalition in Kiel den Kreisen aufgezwungene Beteiligung der Eltern an den Kosten des Schülertransports nicht nachvollziehbar erschienen sein - er hat aber gute Gründe: 1. Das bildungspolitische Argument: Nicht erst seit PISA wissen wir, dass Deutschland mehr in die Bildung in-vestieren muss. Mit mehr Kosten für die Eltern werden sicher nicht mehr Kinder zu mehr Bildung geführt! DIE LINKE fordert: Bildung muss grundsätzlich kostenfrei sein. 2. Das familienpolitische Argument: Es kann nicht sein, dass einerseits alle Parteien von der Förderung der Familien reden, die Kosten für Kindererziehung aber ständig steigen. 3. Das sozialpolitische Argument: Jüngst wurde nachgewiesen, dass be-

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sonders die Geringverdiener/innen in den letzten Jahren massive reale Einkommensverluste haben hinnehmen müssen - gerade sie würde ein erneutes Drehen an der Kostenschraube noch mehr treffen. 4. Das Glaubwürdigkeits-Argument: Als die vielen kleinen Dorfschulen zugunsten der Dörfergemeinschaftsschulen zusammengelegt wurden, hat man den Eltern und den Kommunalpolitikern/innen hoch und heilig versichert, dass der Bustransport für die Schülerinnen und Schüler kostenlos durchgeführt würde an dieses Versprechen, gerade von der CDU, erinnern sich heute noch viele, die auf dem Lande leben! 5. Das kommunalpolitische Argument: Die CDU/FDP-Landes-regierung versucht "durchzuregieren". Sie will unbedingt ein Gesetz, das sie selbst finanziell entlasten soll, mit aller Gewalt auch gegen den Widerstand der Kommunalpolitiker/innen, auch aus den eigenen Reihen, durchpauken - nicht nur DIE LIN-

KE sieht darin einen massiven Eingriff in die Gestaltungshoheit der kommunalen Selbstverwaltung. 6. Das Gerechtigkeitsargument: Das Handeln der Landesregierung und der sie tragenden Parteien ist in höchstem Maße sozial ungerecht: Kiel hat ein selbstverschuldetes Finanzierungsloch im Haushalt - was macht sie? Sie streicht kurzerhand ihren Kostenanteil an der Schülerbeförderung und auferlegt es den Kreisen, die fehlende Summe bei den Eltern einzukassieren! Also: Wir Kommunalpolitiker/innen sollen für die Landesregierung vor Ort die Drecksarbeit machen! 7. Das Gleichheitsargument: Es ist schon nicht nachzuvollziehen, dass für den Besuch von Kindertagesstätten höchst unterschiedliche Elternbeiträge im Land gezahlt werden müssen - soll sich das fortsetzen bei den Schulbuskosten? Im Kreis Nordfriesland sollen die Kinder jetzt 3,33 Euro im Monat zahlen und im nächsten Kreis 8 Euro oder 10 Euro? Das Land hat für gleiche Lebensverhältnisse im Land zu sorgen - überall kostenfreier Schülertransport ist da die richtige Lösung! Zu Recht haben sich also Stormarn und Dithmarschen gegen die Kieler Pläne gewehrt, so lange es ging. Es muss klar sein: Minister Schlie ersetzt fehlende Überzeugungskraft durch die dirigistische Maßnahme einer Ersatzvornahme. Die Verantwortung für die Kosten, die die Eltern künftig zahlen müssen, liegt bei CDU und FDP in Kiel! - e-Mail: Heiko Winckel-Rienhoff, 1.8.2011

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Wie geht das zusammen?

Kinderarmut und Kürzungen für Mädchentreff Kinderarmut in Rendsburg m 12. Mai 2011 wurde im Kulturzentrum Hohes Arsenal eine Armutskonferenz zum Thema 'Kinderarmut in Rendsburg' durchgeführt. An dieser Veranstaltung haben auch Vertreter der LINKEN teilgenommen. Rendsburg ist von der wachsenden Kinderarmut besonders betroffen. Mehr als ein Drittel der Kinder leben hier von Leistungen nach SGB II und XII. Viele dieser Kinder gehen wegen der finanziellen Probleme morgens hungrig zur Schule und sind nachmittags sich selbst überlassen... Dazu Samuel Rothberger, Sprecher der LINKEN in Rendsburg. "Auch diese Konferenz war leider nur eine Bestandsaufnahme und bot keine Lösungen...“ "DIE LINKE setzt sich für die Einführung eines Sozialpasses ein,“ so Volker Lindenau, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Rendsburger Ratsversammlung. “Anstatt dass die Leistungen aus dem Bildungspaket. bürokratisch jedes halbe Jahr neu durch den Betroffenen beantragt werden müssen, sollten vielmehr die Schulen und Vereine direkt unterstützt werden. Die Zuständigkeit hierfür sollte bei den Kommunen und nicht beim Jobcenter liegen". - www.die-linke-rendsburgeckernfoerde.de, 13. Mai 2011

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Riesenhängematte für Eckernförder Mädchen as Projekt "Wunschgarten für Mädchen in Eckernförde" geht einen Schritt voran: Mit ihrer gemeinsamen 500-Euro-Spende kamen gestern der Eckernförder Ratsherr Rainer Beuthel, der Bundestagsabgeordnete Raju Sharma und Carlos Mejia Cortes vom Kreisvorstand der Partei "Die Linke" in den Garten des Mädchentreffs "Wilde! Via". Zum Hintergrund: Die Teilnehmerinnen des Mädchentreffs haben in einer Zukunftswerkstatt gemeinsam ihren Wunschgarten geplant. Der erste Kostenvoranschlag für die Umsetzung habe allerdings 45 000 Euro ergeben, berichtete Christiane Krack, Leiterin des Mädchentreffs. Deshalb haben Mädchen und Betreuerinnen die Ziele etwas niedriger gesteckt: Sie werden im noch brach liegenden Gartens viel selbst umgestalten und außerdem Hilfe suchen. Mit Erfolg: Das gespendete Geld wird in eine Riesenhängematte und zwei Schaukelsessel investiert. Motivation für die Spender war laut Beuthel vor allem die Tatsache, dass die Stadt die Geldmittel um fünf Prozent gekürzt hat und im kommenden Jahr weiter kürzen will. - www.die-linke-rends-

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burg-eckernfoerde.de, 19. April 2011

Kulturhauptstädte Europas brauchen freien Grenzverkehr Rede des Ratsherrn Gerd Christophersen, Flensburg „Jahrzehntelang haben die europäischen Länder ihrer wirtschaftlichen Vorteile bei den Geschäften mit den Diktaturen der arabischen Welt gesucht und nun, nachdem einige arabische Völker sich von den korrupten Regierungen befreit haben, ist Europa nicht bereit einen Teil der daraus entstehenden Lasten zu tragen. Die Zustände an den Grenzen Europas sind ein Skandal und besonders schlimm sind die Verhältnisse an den Grenzen zu Afrika. Jetzt glaubt auch die dänische Regierung, neue Hürden an den Grenzen aufbauen zu müssen. Hürden, die sich hauptsächlich gegen die schwächsten der Gesellschaft wenden. Gegen Menschen, die alle Anstrengungen unternehmen, den bedrückenden Verhältnissen ihrer Heimatländer zu entfliehen. Das ehemals für seine Toleranz und liberale Einstellung bekannte Dänemark wird von der konservativen Regierung auf Rechtskurs gebracht... Unter den Grenzkontrollen haben besonders die Migranten zu leiden, da vor allem sie von den Kontrollen betroffen sind... Diese Massnahmen konterkarieren alle Bemühungen für ein besseres Zusammenleben zwischen den Migranten und der einheimischen Bevölkerung. Solange Europa Diktaturen unterstützt

Kreis und Fraktion Rendsburger Rat Fraktion im Rat Flensburg Auszug aus dem Antrag der Linken Ratsfraktion in Flensburg: „Die Stadt Flensburg unterstützt die Kandidatur Sonderburgs (in Dänemark) zur Kulturhauptstadt Europas im Jahre 2017... Die Ratsversammlung ist dabei der Ansicht, dass der Beschluss der dänischen Regierung zur Einschränkung der Reisefreiheit diese Kandidatur ganz entscheidend beeinträchtigt. Um das von allen Kreistagen beschlossene „Ziel ..., die Schaffung einer gemeinsamen Kulturregion zusammen mit den dänischen Partnerkommunen Sonderburg, Apenrade, Tondern und Hadersleben" zu realisieren, bedarf es deshalb eines deutlichen Bekenntnisses aller Beteiligten, in dem diese ihre Ablehnung neuer Grenzhindernisse formulieren...“ Der Antrag wurde am 24. Mai auf der Hauptausschuss-Sitzung aufgrund der Stimmen von CDU und WiF nicht auf die Tagesordnung genommen und am 24. Juni in der Ratsversammlung mit breiter Mehrheit abgelehnt, selbst als wir eine entschärfte Version vorgeschlagen haben, die im Landtag fast wortgleich einstimmig angenommen wurde.

und die Entwicklungsländer wirtschaftlich unter Druck setzt, solange werden immer wieder Menschen aus diesen Ländern flüchten. Die Exverfassungsrichterin Renate Jaeger fordert "mehr Empathie" für Flüchtlinge" und eine liberale Bleiberechtsregelung: "Auch wer vor drohendem Hunger oder aus bitterer Armut flieht, hat anerkennenswerte Gründe, sein Land zu verlassen." Auf der Demo in Krusau (an der Grenze Deutschland/Dänemark) und den Netzwerken im Internet erfahren wir, dass nicht alle Dänen mit diesen neu eingeführten Grenzkontrollen einverstanden sind. Sie durchschauen das Spiel der Volkspartei, die sich für die kommende Wahl positionieren und mit Stimmungsmache gegen Migranten Wahlen gewinnen will. Die jungen Menschen aus Dänemark und Deutschland haben ein sehr waches Gespür für eine falsche politische Entwicklung bewiesen und ich denke sie registrieren sehr aufmerksam die Entwicklung von Ausgrenzung und Ausländerfeindlichkeit, die sich meistens in wirtschaftllch schwierigen Zeiten verschärfen... Unser dringender Appell richtet sich an die dänische Regierung, die Grenzen durchlässiger zu machen, statt sie zu verstärken“ - www.die-linke-schleswig-flensburg.de, 23./24. 6.11, Auszug

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Investoren müssen draußen bleiben Kieler Steuergelder für Profite der ÖPP - Nur die LINKE wehrt sich !

Ratsfraktion in Kiel

nsere Schulgebäude sind marode, Schülerinnen müssen zwischen Stadtteilen wandern, um ihre Kurse besuchen zu können, Toilettenanlagen und Fachräume wie vor hundert Jahren. Jetzt sollen neue Schulgebäude kommen, Schulen zusammengelegt und alte Räume saniert werden...

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Public Private Partnership (PPP), verdeutscht Öffentlichprivate Partnerschaft (ÖPP) - Wie funktioniert das ? Die Stadt Kiel möchte neue Berufsschulen bauen oder alte renovieren. Das macht sie aber nicht selbst, sondern beauftragt eine private Firma damit. Diese Firma ist dann erst Bauherrin und später Eigentümerin der neuen Gebäude - unserer Schulen. Die Stadt bezahlt für die Nutzung der Gebäude eine Miete in einem Mietvertrag über 25 Jahre. Nach 25 Jahren gehören die Gebäude dann wieder der Stadt. Klingt alles sehr innovativ, modern und sauber. Aber die Sache hat einen gewaltigen Haken, über den Politik und Unternehmen lieber schweigen: Das Regionale Berufsbildungszentrum (RBZ) Gaarden - ein Beispiel! .. Dort werden die Baukosten auf 22,5 Millionen Euro beziffert. Das "Partner"Unternehmen die "Goldbeck Public Partner GmbH" wird aber über die Miete (jährlich 1,4 Millionen) über 25 Jahre, 35 Millionen Euro bekommen. Die Stadt, und im Endeffekt die Steuerzahler, bezahlen also 12,5 Millionen Euro mehr als nötig und Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) ist sich nicht zu dumm, öffentlich zu behaupten: "Unsere Untersuchungen belegen, dass ÖPP für die RBZ-Projekte wirtschaftlicher ist als konventionelle Realisierung in eigener Regie". Wie er die 12,5 Millionen Euro, die die Stadt einem Unternehmen schenken will, weggerechnet hat, bleibt unklar...

Profite oder Demokratie? Der nächste Skandal ist, dass die Verträge geheim sind. Der ganze Vorgang ist so der öffentlichen Kontrolle entzogen... Der Stadt scheint es ganz offensichtlich darum zu gehen, die Details nicht bekannt werden zu lassen. Offensichtlich aus Angst, dass noch mehr Leute erkennen könnten, wie Herr Albig und seine Regierung Steuergelder an Unternehmen verschenken. Das könnte sich bei der nächsten Wahl negativ auswirken. Außerdem werden so die Betroffenen, also vor allem Schülerinnen der RBZ und die Lehrkräfte grundsätzlich ausgeschlossen. Völlig undemokratisch also!

Aber warum ist die Stadt so dumm? Der Kapitalismus (oder die "freie/soziale Marktwirtschaft", das ist im Endeffekt das Gleiche) steckt in seiner tiefsten ökonomischen Krise seit Jahr zehnten. Und so sehr auch von allen Seiten der Aufschwung herbeigewünscht und geredet wird, die öffentlichen Kassen sind leer. Vor allem, weil man in letzter Zeit die Unternehmenssteuern gesenkt, die Reichensteuer abgeschafft und Banken und Konzerne mit Milliarden an Steuergeldern gerettet hatte. Jetzt ist das Geld alle und irgendwie soll es wieder reingeholt und es soll gespart werden. Deshalb wurde eine Schuldenbremse beschlossen, das heißt es dürfen keine Schulden mehr gemacht werden. Das bedeutet dann auch, dass die Stadt gezwungen wird, so etwas wie PPP bei den RBZ zu machen, weil hierfür kein Kredit aufgenommen, sondern nur eine jährliche Miete gezahlt werden muss. Dass das im Endeffekt viel teurer ist, ist egal... - Aus LINX, 6/11, SDAJ Kiel, Auszüge

Turbulenzen am Rathaus? - Foto von der Demo „Gerecht geht anders“ in Kiel am 18. November 2010, Edda Lechner m 30. März war die Freude groß im Kieler Rathaus. Oberbürgermeister Thorsten Albig unterzeichnete im Magistratssaal die Verträge mit der Goldbeck Public Partner GmbH für Bau, Betreuung, Finanzierung und Gebäudemanagement des Regionalen Berufsbildungszentrums Technik (RBZ) in KielGaarden. Damit brachte die Stadt relativ geräuschlos den ersten Teil des bisher größten ÖPP Projekts in Deutschland (103 Millionen Euro geplantes Gesamtvolumen) auf den Weg und sorgt weiter dafür, dass die öffentliche Daseinsvorsorge zum lukrativen Geschäft für private Investoren wird... Auf den ersten Blick löst die Öffentliche-Private-Partnerschaft (ÖPP) die Geldprobleme der unterfinanzierten Kommunen. Die Stadt Kiel muss das Geld zur Berufsschulsanierung nicht sofort aus eigener Tasche aufbringen, sondern übergibt diese Aufgabe an einen Investor. Dieser übernimmt Vorfinanzierung, Planung, Bau und Instandhaltung. Die Stadt muss formell keine Schulden aufnehmen... Für die Ratsfraktion DIE LINKE. Kiel ist klar: ÖPP ist nur ein Taschenspielertrick, der die öffentliche Hand zusätzlich in die Schuldenfalle führt, um die Profite von Großinvestoren zu vermehren!.. Unterstützt wurde das Ganze zudem vom Land. Bildungsminister Dr. Ekkhard Klug (FDP) übergab einen 7,5 Millionen Euro schweren Zuwendungsbescheid der Landesregierung (die Förderung soll insgesamt 18 Millionen erreichen). Dies tat er freilich gerne, befriedigt er doch mit dieser Förderung die Interessen seiner Wählerklientel, die sich dank ÖPP langfristig Profite sichern und den Nachtwächterstaat, dessen einzige Aufgabe darin besteht, auf Zuruf Eigentumsrechte zu schützen, ein Stück weiter zur Realität machen... Die Ratsfraktion DIE LINKE wird dieses Spiel in Kiel nicht mitspielen. Investitionen sind bitter nötig, aber der Fraktionsvorsitzende Florian Jansen erklärte dazu: "Wir begrüßen es, dass der Sanierungsstau bei unseren maroden Berufsschulen jetzt endlich angegangen wird, aber in der öffentlichen Daseinsvorsorge darf es nicht um Profite gehen!"

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- Marco Höne, Mitarbeiter und Florian Jansen, Fraktionsvorsitzender Ratsfraktion DIE LINKE in Kiel, Auszüge

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Erst die Kür und dann die Pflicht Norderstedt leistet sich eine Landesgartenschau, ohne an die Zukunft zu denken Bericht von Hans-Georg Becker und Miro Berbig, DIE LINKE in der Norderstedter Stadvertretung Am 21. April öffneten in Anwesenheit von Peter Harry Carstensen und 600 zielgruppen-untypischen Grundchülern die Tore der Landesgartenschau 2011 in Norderstedt. Mitten in der Stadt, am Standort einer ehemaligen Industrieruine (Baggersee mit Kalksandsteinfabrik), wird hier versucht, auf mehr als 72 Hektar Park-, Wald- und Seegelände ein Stück Stadtentwicklung zu betreiben. Damit wurden wichtige Recourcen der Stadt über Jahre für ein Prestigeprojekt gebunden, dessen Nachhaltigkeit doch zumindest fragwürdig ist. Wäre Norderstedt heute schon bei seinen Kindergärten und Schulen auf dem Stand, den es im Bereich Tulpen und Tretboote hat, hätte man sich im Süden von Schleswig-Holstein einen echten Standortvorteil erarbeiten können, anstatt auf zweifelhafte Touristik zu setzen. itte des letzten Jahrzehnts hatte Hans-Joachim Grote, mittlerweise zum dritten Mal wiedergewählter Oberbürgermeister Norderstedts, die Idee, die LGS nach Norderstedt zu holen. Dabei stand sicher seine Erfahrung aus Paderborn Pate, wo er bereits 1994 als Geschäftsführer der dortigen Landesgartenschau erfolgreich war...

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Zur Geschichte Norderstedts ...muss man wissen, dass die Stadt 1970 aus vier Quell-Gemeinden entstand. Um die Lücken zwischen den alten Kernen zu schließen, wurde bis Anfang der 90er Jahre Norderstedt-Mitte aus dem Boden gestampft. Weitere Lücken in der Bebauung werden in Zukunft in großen Projekten (Fredrickspark, Garstedter-Dreieck) geschlossen. In diesen Kontext gehört auch das Gelände des ehemaligen Kalksandsteinwerks Potenberg, das verwahrlost viele Jahre in dem zentralen Gewerbegebiet Stonesdorf lag... Ein durch Auskiesung entstandener See wurde von den Bürgern zum Wildbaden und zum Joggen genutzt, seltene Fledermäuse jagten am See Insekten und einige Aktivisten betrieben dort seit Jahren ihr „Schall&Rauch“Festival... Die Fa. Potenberg nutzte das Gelände zum Herstellen von Steinen für den Hausbau, Auskiesung, Brennöfen und Vertrieb

Erfahren im Umgang mit Millionen: Oberbürgermeister Grote, Norderstedt (links) und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (Mitte) von einem Ort aus, bis Ende der 80er wurde hier gearbeitet. Eigentlich hätte die Fa. Potenberg das Gelände aufwendig renaturieren müssen, statt dessen wurde das Gelände abgeschlossen und vergessen. Dann wurde die Idee, aus diesem Gelände die LGS zu machen, zu einem "Goldenem Handschlag". Statt für die Rückführung der Umweltschäden aufkommen zu müssen, überließ man es der Stadt großzügig für nur 3,5 Millionen Euro. Das war der Beginn einer atemberaubenden Kostenentwicklung.

Zwölf oder vierzig Millionen? Die von OB Grote bis heute als offizielle Zahl genannten 12,5 Millionen Euro für den Bau der LGS haben sich, wenn man genau hinsieht, mittlerweile auf über 40 Mio. Euro gesteigert. Dass OB Grote und seine CDU trotzdem nicht mit rotem Kopf durch die Stadt laufen, liegt daran, dass man die verschiedensten Posten nicht zu den Kosten dazu zählt oder durch Dritte finanzieren lässt. So ist der Kaufpreis des Geländes natürlich nicht in den Kosten enthalten, da das Grundstück der Stadt ja schon vor der LGS gehörte. Ein anderes exemplarisches Beispiel für die Verschleierungstaktik bei den Finanzen bietet die Errichtung eines Strandbades auf dem Gelände der LGS. Für alles in allem rund 2 Mio. Euro wurde die Strandaufspülung und der Bau einer kleinen Restauration durch das Norderstedter ARRIBA Erlebnisbad finanziert. Nun macht das Arriba aber keine Gewinne, von denen man so etwas hätte finanzieren können, sondern seinerseits etwa 2 Mio. Euro im Jahr Verlust! Da trifft es sich gut, wenn man eine 100%-Tochter der Norderstedter Stadtwerke ist, die dann die Verluste auffangen können. Diese Millio-

nen zählen offiziell also nicht zu den Kosten der LGS. Schön auch die Beleuchtung des sogenannten Loops, eines 2 km langen Betonweges rund um den See, sicher eine einladene Strecke zum Skaten, die extra für diesen Anlass in Zusammenarbeit mit der FH Lübeck erstellt wurde. Für rund eine Mio. Euro kann der Park über Computer gesteuert mit modernsten LED-Leuchten in 16,7 Mio. Farben erstrahlen. Die Kosten dafür wurden vom Kreis Segeberg getragen, der wie alle anderen Kreise im Land noch kräftig durch die Weltwirtschaftskrise angeschlagen ist. Auch so etwas gehört natürlich nicht in die offizielle Kostenrechnung. Dass das supermoderne Farberlebnis mangels Dunkelheit im Sommer etwas geschmälert sein dürfte, fällt da nur wenig ins Gewicht: Die LGS schließt täglich um 19 Uhr! Ein letztes Beispiel für das kreative Verstecken von LGS-Kosten bietet der sogenannte B-Plan 218, dem zufolge diverse Straßenzüge im Umfeld der LGS zufälligerweise im zurückliegenden Jahr saniert und umgeleitet wurden, so dass eine störungsfreie Anfahrt zum Gelände möglich ist. "Das hätten wir ja sowieso gemacht", eine Aussage, die man in diesem Zusammenhang gerne von der Norderstedter Verwaltungsspitze hört. 6,5 Mio. Euro kostete dieser Streich, dazu noch ein Parkplatz für eine Mio. vor das alte Werk, das für 7,5 Mio. Euro aus dem Kulturetat zu einem "Kulturwerk" mit Musikschule umgebaut wurde. Dass dieses Kulturwerk während der LGS als Blumen- und Eingangshalle dient, veranlasst die Betreiber der LGS natürlich nicht, diese Kosten für sich zu buchen. Insgesamt sind so mittlerweile aus den genehmigten 12,5 Mio. Euro geschickt versteckte 40 Mio. Euro geworden.

INFO DIE LINKE Schleswig-Holstein August 2011

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Was sagen die Norderstedter dazu? Die Stimmung geht wie immer bei solchen Veranstaltungen von anwohnerbetroffener Ablehnung über gleichgültiger Gelassenheit bis zu wahrer Begeisterung. Nach dem Motto "endlich mal was los" und "die Naturschützer sollen sich nicht so anstellen" wurden alle Bedenken unter anderem mit einem eigens durch die LGS gegründeten "Förderverein" aus dem öffentlichen Gedächtnis gedrängt. Erster Vorsitzender war übrigens zunächst der Geschäftsführer der LGS, Kai Jörg Evers, der hauptberuflich Pressesprecher der Stadt Norderstedt ist. Dass damit die Legende von der "spontane Bürgerinitiative" gegen die ewigen Nörgler kaum zu halten war, merkte man erst später. Gut 800 Einwendungen hatte es im Planungsverfahren gegeben, eine Zahl, die man sonst nur bei Großprojekten wie Kraftwerken findet. Für einen Park ist dies schon erstaunlich. Dass das Planungsverfahren störungsfrei durchgeführt werden konnte, wurde durch einen zweiten Geschäftsführer der LGS sichergestellt, Thomas Bosse, im Hauptberuf Baudezernent in Norderstedt und 2. Bürgermeister. Zum Norderstedter-Modell gehört dann noch ein dritter Geschäftsführer, Jens Seedorf, eigentlich Geschäftsführer der Stadtwerke. Damit waren die entscheidenden Stellen, Presse, Planung und Finanzierung, sicher besetzt.

Ausschreibung und Nachnutzung Weniger umsichtig war man bei der Auswahl eines Teils der ausführenden Firmen. Zur Ausschreibung gezwungen, gelang es nicht, die Gelder für eine lokale Wirtschaftsförderung zu nutzen. So wurde für den Umbau des Werkes die Berliner Firma BSS gewonnen, die auf anderen Baustellen dadurch aufgefallen ist, das sie ihre rumänischen Subunternehmer nicht nur mit Dumpinglöhnen abspeist, sondern gerne auch gar nicht bezahlt. In diesen Rahmen fallen auch die l-Euro-Gärtner, die zur Parkpflege eingestellt wurden. Leider konnte die ARGE nur 6-Hartz-IV-Sklaven liefern, mehr standen nicht zur Verfügung.

Ein von Anfang an umstrittenes Thema ist die Nachnutzung des Parks. Erste Konzepte sahen Kosten von 450.000 Euro im Jahr vor. Dazu muss man wissen, dass die bisherige Parkpflege aller öffentlichen Parks mit 30.000 Euro noch recht niedrig war. Mittlerweile ist man bei 200.000 Euro angekommen, immer noch ein stattlicher Preis. Die stark umstrittene Wasserskianlage, die nach der LGS durch einen privaten Investor installiert werden soll, wird das nicht erwirtschaften können, soviel ist klar. Andere Ideen, wie Kletterhalle, Luxushotel oder Großraumgastronomie, fielen der Krise und dem Mangel an Investoren zum Opfer.

15 Euro pro Tag Nun sind also alle Tulpen, Rosen etc. gepflanzt und die Besucher können kommen. Für einen Eintrittspreis von 15 Euro pro Tag werden eine gläserne Kirche, acht verschiedene Friedhöfe sowie verschiedene andere Themengärten geboten, die Norderstedter Werkstätten sind mit einem Streichelzoo vertreten, der Verein CHAVERIM-Freundschaft mit Israel e.V. zeigt einen Bustan, Straßenmusikanten unterhalten die Gäste unter der Woche und an den Wochenenden gibt es Jazzoder Drehorgelfestivals, aber auch Heinz Rudolf Kunze und Torfrock haben sich angekündigt. Das Zielpublikum, das es sich leisten kann, wird sich unterhalten fühlen und begeistert sein. Ob es wirklich 600.000 Besucher werden, wird sich zeigen. Ab dieser Zahl wird die Durchführung kostendeckend sein, denn die kostet noch einmal 7,5 Mio. Euro.

Auf der Strecke geblieben: Dass Norderstedt Dank der neoliberalen Weltwirtschaftskrise nun in ein strukturelles Defizit läuft, kann man nicht der LGS anlassten. Dass es aber immer noch an KITA-Plätzen fehlt, dass die Schulen, bis auf die Gymnasien, seit Jahren nicht modernisiert wurden und für ihre neuen Aufgaben umgebaut wurden, das ist eindeutig der Vorbereitung und Durchführung der LGS zuzuschreiben. Wenn die 40 Mio. in die Infrastruktur des Bildungssystems investiert worden wären, hätten die Norderstedter wirklich einen nachhalti-

LAG Gesundheit und Soziales „wiederbelebt“ eit Dezember 2010 arbeitet sie wieder: Die LAG Gesundheit und Soziales. Zunächst wurden die Formalien abgehakt. Als Sprecher wurde Jens Ahrens vom KV Neumünster gewählt (er ist leider wieder zurückgetreten) und Beisitzerinnen wurden Monika Camarso und Alena Kühnold, beide aus Kiel. Danach wurde ein Arbeitsplan für 2011 erstellt: Wir werden uns regelmäßig an jedem 2. Freitag im Monat jeweils 17.15 Uhr in der Landesgeschäftsstelle treffen. Das erste inhaltliche Thema war dann der Umgang der Verwaltungen mit Mehrbedarfsanträgen bei Grundsicherung im Alter und bei Behinderungen. Gerüchteweise sollen diese grundsätzlich abgelehnt werden, da das Sozialgesetzbuch hierzu sehr unpräzise ist. Dem wollen wir nachgehen und politische Strategien entwickeln, damit Bedürftige zu ihrem Recht kommen. Ein weiteres Thema wird die Bedarfsplanung im Gesundheitswesen sein. Ausserdem werden wir uns mit dem Wahlprogramm für die Landtagswahl beschaeftigen.

S

- Monika Camargo und Holger Weihe - e-Mail: [email protected]

gen Standortvorteil gehabt. Aber auch das ist eine neue Erfahrung des demographischen Wandels: Die Senioren denken nicht mehr an ihre Enkel sondern an sich zuerst. In Norderstedt gibt's erst die Kür und wenn dann noch was über ist, kümmert man sich um die Pflicht! - Hans-Georg Becker Mitglied der Partei DIE LINKE und stellvertretender Fraktionsvorsitzender seiner Partei in der Norderstedter Stadtvertretung - Miro Berbig, Fraktionsvorsitzender der LINKEN in der Norderstedter Stadtvertretung und Vorsitzender des Forums LINKE Kommunalpolitik in SchleswigHolstein e. V.

Herausgeber: DIE LINKE. SH, Landesrat, 241 03 Kiel, Sophienblatt 19, Tel: 04 31 - 73 77 01; eMail: [email protected]

INFO Schleswig-Holstein

Kiel, 16. August 2011 Online-Zeitung und Printausgabe

Die Redaktion: Daniel Dockerill, Ralf Iden, Karl-Helmut Lechner Verantwortlich im Sinne des Presserechts (ViSdP): Edda Lechner Kontakte: Edda Lechner, Tel: 040 - 522 35 67; eMail: [email protected]

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