Predigt zu Matthäus 22,15-22 Sonntag, den 21. Sept Frei vom Ich frei für Dich! Braunschweiger Friedenskirche, Pastor Karsten Matussek

August 10, 2016 | Author: Richard Kranz | Category: N/A
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Predigt zu Matthäus 22,15-22

Sonntag, den 21. Sept. 2008

Frei vom Ich – frei für Dich! Braunschweiger Friedenskirche, Pastor Karsten Matussek

Wie sieht es aus, wenn einer richtig Christ ist. Sieht er vielleicht so aus? 'Na ja', könnte jemand einwenden, 'viele meinen, sie seinen Christen; wichtig ist es aber, ein gläubiger Christ zu sein!' 'Aber der Glaube muss auch echt sein!' 'Ohne wirkliche Bekehrung allerdings bleibt alles beim Alten.' 'Aber ist nicht gerade Wohltätigkeit der beste Beweis für den Glauben.' 'Und die Treue zur Bibel – entscheidet nicht sie über wirkliches Christsein?' 'Was einer glaubt, muss doch auch praktiziert werden!'

Als Resultat haben wir dann einen gläubigen, echten, bekehrten, wohltätigen, bibeltreuen und praktizierenden Christen. Sieht so lückenloser Glaube aus? Ist das 100% Hingabe? Und was sagt Gott dazu? 'Du Armer!' Zurzeit Jesu gab es eine Gruppe, die sich auf diese Fragen besonders verstanden. Die Pharisäer waren die frommen Erfolgstrainer ihrer Zeit. Sie hatten eine religiöse Bürokratie die alles regelte, was Gott betraf. Bedauerlicherweise hatte sich Jesus ihrer Bürokratie nicht unterworfen. Seine Antwort darauf lautete: 'Neuer Wein gehört in neue Schläuche!' Mit ihren Regeln wusste Jesus nichts anzufangen. Wiederum wussten die Pharisäer nichts mit seiner Freiheit anzufangen. Und das Schlimmste war, dass die Leute auf diese Freiheit ansprachen und Jesus Vertrauen schenkten. Sie mussten ihn also als Schwindler überführen. Und dafür hatten sie auch schon die richtige Frage und Jesus hat darauf die richtige Antwort; sie lautet: Frei vom Ich – frei für Dich! Ich lese aus Matthäus 22,15-22 Daraufhin kamen die Pharisäer zusammen und berieten, wie sie Jesus zu einer Äußerung verleiten könnten, die sich gegen ihn verwenden ließe. Sie schickten ihre Schüler in Begleitung der Anhänger des Herodes zu ihm und ließen ihm folgende Frage vorlegen: »Meister, wir wissen, dass es dir nur um die Wahrheit geht. Wenn du lehrst, wie man nach Gottes Willen leben soll, lässt du dich allein von der Wahrheit leiten und fragst nicht, was die Leute dazu sagen; denn du lässt dich von keinem Menschen beeinflussen, wie angesehen er auch sei. So sag uns nun: Ist es nach deiner Meinung richtig (und erlaubt), dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht?« Aber Jesus durchschaute ihre böse Absicht. »Ihr Heuchler«, sagte er, »warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr die Steuer bezahlt!« Sie reichten ihm einen 1

Denar. Wessen Bild und Name ist darauf? «, fragte er. Sie antworteten: »(Das Bild und der Name) des Kaisers.« Da sagte Jesus zu ihnen: »Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und gebt Gott, was Gott gehört!« Über diese Antwort waren sie so verblüfft, dass sie Jesus in Ruhe ließen und weggingen. Kleine Münze – großer Ärger? Wie beantwortet Jesus diesen Angriff? Indem er den Angreifern das Zentrum eines Lebens mit Gott sagt. Bevor wir darüber sprechen, wollen wir aber noch den Hintergrund der Frage anschauen, mit der die Schüler der Pharisäer auf Jesus zugehen. Was war denn so problematisch an dieser Steuer? Steuern zahlt doch schließlich jeder. Diese römische Steuermünze jedoch, der Silberdenar, war schon problematisch. Im Jahr 6 nach Christus wurde der so genannte Zensus auch in Judäa eingeführt; es war die römische Kopfsteuer. Auf der Vorderseite ist der Kopf des Kaisers Tiberius aufgeprägt. Er regierte von 14 – 37 nach Christus. Um seinen Kopf herum konnte man Folgendes lesen (manches war aus Platzgründen abgekürzt; hier in Klammern): TI(berius) CAESAR DIVI AUG(usti) F(ilius) AUGUSTUS Das heißt übersetzt: Tiberius Caesar Augustus, Sohn des göttlichen Augustus. Auf der Rückseite stand auch nichts Erfreuliches für einen Juden: Pontif(ex) Maxim(us). Zu deutsch: Hoherpriester. Auch ein Begriff, der den Juden heilig ist. Jetzt ahnen wir wahrscheinlich, warum es für einen Juden schwierig war, diese Steuer zu zahlen. Soll man ein System mitfinanzieren, dessen Kaiser behauptet, ein Gott zu sein? Ist diese Steuer nicht ganz offensichtlich ein Verrat an Gott? 'Sollen wir diese Steuer zahlen, Jesus?' Das war eine listige Fang-Frage, die die Pharisäer Jesus da stellen. Damit würden sie ihn auf jeden Fall in die Zwickmühle bringen. Entweder er sagt: 'Ja, die Kopfsteuer geht in Ordnung.'; dann wäre er unter einer Decke mit den Römern und hätte den jüdischen Glauben verraten. Oder er sagt: 'Nein, die Kopfsteuer zahlt ein Jude nicht.'; dann kommt er mit den Römern in Konflikt und gilt als Rebell. Was immer Jesus hierauf antwortet – er kommt da nicht raus. So sieht jedenfalls die Rechnung der Pharisäer aus. Also: Worauf legt Gott wert und worauf nicht?! Worauf Gott seinen Wert legt: auf Dich! Wie beantwortete Jesus diesen Angriff? Steigt er in die Diskussion ein, was richtig und falsch ist? Die Pharisäer fordern, er solle Position beziehen: 'Jesus, ist es nun gut und schlecht? Antworte!' Er antwortet. Aber mit der Antwort, die jetzt kommt, hatte keiner gerechnet. Sie geht weit, weit über die Richtig-oder-falsch-Fragen der Pharisäer hinaus. Jesus lässt sich eine dieser Steuermünzen geben und fragt: 'Wessen Bild ist auf ihr zu sehen?' 'Des Kaisers Bild natürlich.' 'Dann gebt ihm seine Münze zurück. Und gebt Gott das zurück, was sein Bild trägt!' Das ist eine unglaubliche Antwort, denn Jesus spielt hier auf eine Bibelstelle an, die jeder kannte: Gott schuf den Menschen als sein Bild; als Bild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. 1. Mose 1,27

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Darauf spielt Jesus an: 'Gebt Gott das, was sein Bild trägt!' Das sind wir selbst! Plötzlich geht es nicht mehr um das, was richtig oder falsch ist, um das ganze fromme Regelwerk. Plötzlich geht es um das Zentrum des Glaubens: die Hingabe an Gott. Es ist, als würde Jesus sagen: 'Ihr, die ihr Gottes Bild tragt, gebt euch ihm hin. Dann tut ihr immer das Richtige.' Der Kaiser konnte sein Gesicht nur einem Stück Metall aufprägen. Aber eine Münze ist und bleibt ein lebloser Gegenstand. Als Gott uns schuf, da hat er etwas von seinem Wesen in uns hineingedrückt. Wir sind sozusagen ein ganz individueller Abdruck seiner Liebe, das macht uns lebendig und wertvoll. Als ich noch klein war, fragte mich einmal jemand, ob ich wüsste, wo mein Buchnabel herkäme. 'Keine Ahnung', war meine Antwort. Und darauf hin erklärte mir dieser Mann: 'Als Gott uns schuf, hat er mit seinem Finger jeden von uns berührt und gesagt: „Dich habe ich lieb!“ Und die Stelle, wo sein Finger uns berührte, nennen wir Bauchnabel.' Das ist so wichtig zu wissen: Wir sind nicht das, was wir aus uns gemacht haben. Wir sind auch nicht das, was wir verloren haben, unser Ansehen und gutes Selbstbild. Immer tragen wir sein Bild an uns. Immer sieht Gott in uns den Menschen, den er schuf, um ihn zu lieben. Ein Dichter schreibt über sich und Gott: 'Mein Ansehen ist, dass du mich ansiehst.' Deswegen erkennt er in uns immer sein Kind, selbst dann, wenn wir uns wie verlorene Töchter und Söhne erleben. Gott sieht dich mit Liebe an und schaut nicht weg. Kannst du das glauben? Das Bild, das er von dir hat, strahlt Würde und Wert aus. Dass du seine ganze Liebe besitzt, dass macht dein Leben wertvoll; mit dieser Liebe will Gott dich prägen, deine Gedanken, deine Gefühle. So viele schlechte Eindrücke haben uns geprägt. Worte, die andere über uns gesagt haben. Stimmen, die wir in uns hören und die uns dazu bringen, gering schätzend mit uns selbst umzugehen. Aber nicht so Gott. Er will, dass seine Liebe die prägendste Erfahrung deines Lebens ist. Hingabe: der Weg zu unserem wahren Ich Jesus führt uns mit dem Bild der Münze noch einen Schritt weiter. 'Gebt Gott, was sein Bild trägt.' Hier geht es um uns, hier geht es darum, uns selbst nicht zu behalten. Wo es gerade noch um richtig und falsch ging, spricht Jesus plötzlich über den Kern: Hingabe. Wahrscheinlich hat dieses Wort für viele einen fordernden Unterton. Wie oft haben Prediger die 100% bemüht: '100% Hingabe will Gott.' Ich bin offen gestanden zu oft an den 100% gescheitert, als das ich noch an sie glauben könnte. Stattdessen gehe ich mit kleinen Schritten weiter. Stattdessen habe ich anfangen, an einen Gott zu glauben, der mich in die Freiheit führt. Vielleicht hat das Wesen der Hingabe mehr mit Freude und Freiheit zu tun, als viele es für möglich halten. Wie befreiend kann es sein, den engen Raum unseres Ichs. Wie oft sind wir wie versessen auf unser Glück. Hingabe dagegen kann bedeuten, etwas zu haben, das wichtiger ist, als das eigene Glück. Vor einiger Zeit hatte ich die Chance, Hingabe neu zu verstehen. Es war zu Beginn unseres Urlaubs, den wir in Bayern verbrachten. Auf diese freie Zeit freute ich mich; der Urlaub war sozusagen dran. So richtig wollte es aber anfangs mit dem Urlaub nicht klappen. Viele meiner Erwartungen wurden enttäuscht. Ich hatte Bronchitis und musste auch nachts husten. Ich hatte durch einen Stoß ans Knie Schmerzen, so dass ich mein mitgebrachtes Rennrad nicht nutzen konnte.

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Ich hatte mir viel zu lesen und sogar was zum Basteln mitgenommen. Dinge, für die sich sonst nur schwer Zeit und Ruhe findet. Aber das klappt mit einem zweijährigen Sohn auch nicht wirklich gut. Und schließlich wollte meine Frau Mirjam halb Bayern besichtigen, aber ich wollte Ruhe. Das alles wurden dicke, dunkle Wolken, die über meiner Stimmung zusammen zogen. Richtig schlecht gelaunt und unzufrieden war ich. So sah der Anfang unseres Urlaubs aus und Mirjam stand dem ziemlich hilflos gegenüber. Eines morgen waren Mirjam und Aaron gerade zum Einkauf unterwegs. Ich war gerade im Badezimmer und hatte mir das Gesicht mit Rasierschaum eingekleistert. So schaute ich in den Spiegel. Da geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Plötzlich musste ich weinen und zwar so stark weinen, dass ich davon selbst überrascht war. Da brach etwas auf in mir. Und ich denke, es war mein Ich, das da aufbrach. Ich war so angefüllt von meinen Interessen, so angefüllt von meinem Ärger, so angefüllt von meiner Enttäuschung. Es ging die ganze Zeit nur um mich. Das konnte ich vor diesem Spiegel plötzlich einsehen. Plötzlich stand die Frage vor mir: 'Warum bist du nicht fähig, etwas Selbstloses zu tun? Warum kannst du nicht einfach zur Freude deiner Familie da sein? Warum sollte das nicht genug sein? Warum kannst du deine Rechte und deinen Ärger nicht loslassen? Das alles, was dich so ärgerlich macht. Da verstand ich: Hingabe heißt, etwas zu haben, das wichtiger ist als die eigenen Interessen, das eigene Glück. Und diese Einsicht hat etwas verändert: Ich konnte mich wieder öffnen und interessieren, mich meiner Familie wirklich zuwenden, ihr etwas geben. Von da an begann der Urlaub erst richtig. Anselm Grün schreibt: 'Dort, wo ich gebrochen bin, kann Gott in mich einbrechen, können Menschen bei mir eintreten. Da komme ich in Berührung mit dem wahren Selbst, dem Bild, das Gott sich von mir gemacht hat.' Anselm Grün Und Jesus spricht in Johannes 12,24: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wem sein eigenes Leben über alles geht, der verliert es. Wer aber in dieser Welt sein Leben loslässt, der wird es für das ewige Leben in Sicherheit bringen. Wenn jemand mir dienen will, muss er mir nachfolgen. Und da, wo ich bin, wird auch mein Diener sein. Wer mir dient, den wird der Vater ehren.« Hingabe an Gott ist auch immer Hingabe an Menschen. Jesus zeigt uns das. Und wer sich selbst hingibt, blüht auf. Wer es nicht tut, bleibt womöglich allein mit sich. Ich z.B. wollte nicht länger allein bleiben mit meinen Stimmungen. Ich wollte den engen Raum meines Ichs verlassen. Und ich tat es mit Freiheit und Freude! Hingabe hat mit Freiheit und Freude zu tun. Die Postbank wirbt überall mit dem Slogan: 'Unterm Strich zähl ich!' Das halte ich für einen dicken Irrtum. Wer sich nicht selbst hingeben kann, der wird immer mit sich allein bleiben. So ein Mensch kann anderen nichts geben und er kann anderen nicht wirklich begegnen. Gerade Grenzsituationen können uns helfen, das tiefer zu verstehen: wenn wir loslassen – unseren Ärger, unsere Rechte oder was auch immer – dann verlieren wir nicht. Wahrscheinlich finden wir unser wahres Ich. Hingabe, wie Jesus sie meint, heißt nicht, gegen sich selbst zu sein. Aber sie hilft uns, uns in einer neuen Weise zu finden, indem wir uns weggeben. Um noch einmal im Bild der Münze zu sprechen: Wenn wir uns nicht an andere auszahlen, dann bleiben andere um uns herum arm. Diese Hingabe, sagt Jesus, ist die Voraussetzung dafür, dass unser Leben Frucht bringt. 4

Die folgenden Fragen können dir helfen, dem Glück der Hingabe weiter auf der Spur zu bleiben:  Du bist im Bild Gottes geschaffen. Hast du die Tatsache angenommen, dass das Bild, das Gott von dir hat, Wert und Würde ausstrahlt?  Ohne Hingabe bleiben wir bei uns selbst und damit allein. Wem gegenüber könntest du dich interessieren und öffnen, wem das Geschenk deiner Hingabe machen? (Partner, Familie, Freunde, Kollegen, Nachbarn, 'Feinde')  Jesus ist seinen Weg der Hingabe mit Freiheit und Freude gegangen. Er sagt, wer seinem Weg folgt und ihm dient, den wird der Vater ehren. Weißt du, dass Gott von deiner Hingabe begeistert ist?

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