Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun

October 18, 2016 | Author: Klaus Diefenbach | Category: N/A
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1 Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun2 Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun Erzdiözese Salzburg Bezirk Zel...

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Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun

Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun Erzdiözese Salzburg · Bezirk Zell am See, Salzburg

Grüß Gott! Im Namen der Katholischen Pfarrgemeinde begrüßen wir Sie herzlich in unserer frisch renovierten Pfarrkirche zur hl. Margaretha. Wir laden Sie ein, die Freundlichkeit der Farben und Formen auf sich wirken zu lassen. Unsere Pfarrkirche ist in ihrer jetzigen Erscheinung über 100 Jahre alt. Sie bietet bis heute den Menschen die Möglichkeit, Freud und Leid, Sorgen und Dank vor Gott zu bringen. Auch Sie sind dazu herzlich eingeladen. Möge dieser Kirchenführer Ihnen helfen, der Botschaft unserer Pfarrkirche, die Jesus in den Mittelpunkt stellt (vgl. die Ausführungen zum Hochaltar), zu entdecken. Wir wünschen Ihnen offene Sinne dafür und eine spannende Entdeckungsreise. Toni Fersterer Pfarramtsleiter

Michael Blassnigg Pfarrer

Historischer Hintergrund Kaprun führte lange Zeit eine unbedeutende Rolle im Schatten der Tauern und abseits wichtiger Durchzugs- und Handelswege. Es war ein kleines bäuerliches Gemeinwesen, in dem einzig die Burg einen gewissen Akzent setzte. Lange war Kaprun auch im „Schatten“ der Geschichte, wenngleich Kelten und Römer hier siedelten, wie archäologische Funde am Bürgkogel und am Schaufelberg andeuten. Eine erste urkundliche Nennung liegt

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Geschichte

uns aus dem Jahr 931 vor. Damals übergab der Salzburger Erzbischof Odalbert seine Güter in Chataprunin (= Sumpf-Brunnen) an den Priester Engelbert und seinen Sohn Luitfried (es ist die Zeit vor Einführung des Pflicht-Zölibats für Priester). Das kleine Bauerndorf trat erst ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert allmählich aus dem Schatten der Geschichte. Alpinisten und Naturlieb­ haber begannen damals den Ort als Ausgangspunkt für Bergwanderungen zu schätzen; immerhin kann man durch das kurze Kapruner Tal ­– das kürzeste aller Tauerntäler – innerhalb weniger Stunden zu höchsten Gipfeln aufsteigen. Bezirksingenieur Nikolaus Gassner erschloss 1894/95 die Sigmund-ThunKlamm und den Kesselfall mit Stegen und letzteren auch mit elektrischer Beleuchtung, 1899 wurde das Hotel Moserboden eröffnet. Damit war die touristische Erschließung der Region in Gang gesetzt, sodass Kaprun in der Zwischenkriegszeit bereits zu den führenden Fremdenverkehrsgemeinden im Land Salzburg gehörte. Rund 650 Einwohner lebten damals hier. Die touristische Bedeutung sollte durch ein technisches Großvorhaben übertroffen werden: Ab etwa 1926 trieb Landeshauptmann Franz Rehrl das Projekt eines riesigen Wasserkraftwerks voran, das aber in Zeiten großer wirtschaftlicher Probleme nicht umgesetzt werden konnte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich griff die nationalsozialistische Verwaltung den Gedanken unverzüglich auf. Der Spatenstich zum Kraftwerk erfolgte im Mai 1938, viele Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, vor allem aus Polen und der UdSSR, wurden unter menschenverachtenden Umständen beim Bau eingesetzt. Ein kleines Denkmal im Kirchenfriedhof erinnert an die hier bestatteten Zwangs­ arbeiter. Nach Kriegsende setzte man die Arbeiten 1947 fort. 1951 wurde mit der Limbergsperre der wichtigste Bauabschnitt abgeschlossen, 1955 war das Gesamtprojekt fertig. Große Bedeutung für Kaprun hat das Gletscherschigebiet Kitzsteinhorn, das 1966 durch die Gondelbahn und 1974 durch eine Stollenbahn erschlossen wurde. Letztere trug Kaprun traurige Berühmtheit ein, als bei einem Brand der Bahn im Tunnel am 11. November 2000 155 Personen ums Leben kamen.

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Pfarrkirche zur hl. Margaretha

Die Pfarrkirche zur hl. Margaretha (Patrozinium: 20. Juli)

Die Ursprünge der Kirche und die Entwicklung der Pfarre Die Ursprünge der Kapruner Kirche sind unklar. Wie die Fundamente, die außen, vor allem an der Südseite, um das Presbyterium verlaufen und 1961 bei Ausgrabungen gefunden wurden, zu deuten sind, ist ebenfalls ungewiss. Hilfreicher ist möglicherweise das Patrozinium: Die hl. Margaretha, eine frühchristliche Märtyrin, lebte in der kleinasiatischen Land­ schaft Pisidien (in der heutigen Türkei). Wir wissen nicht viel über sie, hauptsächlich sind Legenden überliefert. So soll sie sich geweigert haben, den heidnischen, römischen Stadtpräfekten Olibrius zu heiraten, worauf dieser sie ins Gefängnis werfen ließ. Dort soll ihr der Teufel in Gestalt eines Drachens erschienen sein, den Margaretha mit dem Kreuzzeichen zähmte. Nach verschiedenen Martern verstarb sie um das Jahr 305. Die Darstellung Margarethas mit dem Kreuz und dem Drachen ist denn auch die gängigste. Und da feuchte Augebiete als Wohnstätte des Bösen (der Drache gilt als dessen Verkörperung) angesehen wurden, erhielten viele Kirchen in sumpfigen Gegenden Margaretha zur Patronin. Hl. Margaretha, Farbglasfenster im Chor

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Geschichte

„Heilung der blutflüssigen Frau“, barockes Bild, 1630, heute im Pfarrhof

Agnes von Poitou (ca. 1025–1077), die Gemahlin Kaiser Heinrichs III., förderte die Verehrung der in ihrer französischen Heimat sehr beliebten Heiligen im Deutschen Reich. Auch die Kreuzritter (ab 1098) könnten den Margarethen-Kult aus dem Osten ins Abendland getragen haben. So ist die Entstehung der Kapruner Kirche im ausgehenden Hochmittelalter, also etwa im 12. Jahrhundert, sehr wahrscheinlich. Die erste urkundliche Erwähnung der Kapruner Kirche erfolgte in einem Ablassbrief aus dem Jahr 1409, wo sie als Filiale der alten Mutterpfarre Piesendorf aufscheint. Sie wird damals St. Margaretha auf dem Stein genannt. Ab 1556 betreute jeweils einer der Kooperatoren von Piesendorf die Filiale Kaprun, mancher hatte hier im Mesnerhaus sogar seinen Wohnsitz. Erst mit der Erhebung zum Vikariat 1624 war die Anwesenheit eines Seelsorgers vor Ort auf Dauer gesichert. Allerdings war der Posten nicht besonders attraktiv, sodass eher zweitklassige Seelsorger hier zum Einsatz kamen, was wiederum zur Folge hatte, dass das Kapruner Pfarr­ volk oftmals bei den kirchlichen Stellen in Salzburg über die Zustände klagte. 1862 wurde Kaprun zur vollrechtlichen Pfarre erhoben. Durch den Tourismus und das Kraftwerk wuchs die Pfarrbevölkerung stark an und umfasst derzeit etwa 2.500 Katholiken (bei etwa 3.000 Einwohner/ inne/n). Mit Piesendorf und Niedernsill bildet Kaprun seit 2002 einen Pfarrverband innerhalb des Dekanates Stuhlfelden, seit 2009 gehört auch noch Uttendorf dazu.

Pfarrkirche zur hl. Margaretha

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Zur Baugeschichte der Kirche Über die Baugeschichte des Gotteshauses weiß man nicht viel. Es muss sich seit jeher um ein schlichtes Bauwerk gehandelt haben. Es ist zu vermuten, dass es seit dem Spätmittelalter aus einem Langhaus und einem östlich anschließenden Chor (= Altarraum) bestand. 1722 nahm Oswald Stuelebner, Baumeister zu St. Johann im Pongau, Veränderungen an der Kirche vor: Statt des bisherigen Dachreiters (Holzturm auf dem Dachfirst) fügte er im Westen einen gemauerten Turm an, der mit einem Zwiebelhelm abschloss. 1736 erhielt die Kirche neue Altäre, die nach der Umgestaltung um 1900 an andere Gotteshäuser verkauft wurden. 1898 schritt Pfarrer Josef Mangst an einen völligen Umbau der Kirche im historistischen Geschmack der Zeit, konkret: in einem neuromanischneugotischen Mischstil. Der Turm erhielt damals die gekuppelten Rundbogenfenster im Glocken­ geschoß, die dreieckigen Uhrgiebel und den spitzen Helm. Die Kirchen-

Auf alten Ansichten ist der barocke Zwiebelturm zu sehen. Die Fenster des Langhauses reichen bis knapp unter den Dachansatz. Dies lässt im Inneren auf eine einfache Flachdecke oder noch eher auf ein in den Dachstuhl integriertes gedrücktes Holztonnengewölbe schließen.

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Baugeschichte

mauern wurden weitgehend abgetragen und neu aufgerichtet, die Sakristei aufgestockt, im Inneren ein Kreuzrippengewölbe eingezogen und eine neue Einrichtung inklusive Glasfenster angeschafft. Die Pläne kamen laut Bauakten vom Mittersiller Baumeister Franz R anggetiner, die Bauarbeiten führte die Firma Jacob Menis, Zell am See, aus. Um 1910 wurden alle Mauerflächen mit großteils schablonierten Dekorationsmalereien von Virgil Groder, Mittersill, versehen. Da dieser auch oft als Altarbauer tätig war, könnten vielleicht auch der Hochaltar und die Kanzel von ihm stammen. Auch Vinzenz Pezzei, Salzburg, kommt dafür in Frage; er lieferte 1915 neue Seitenaltäre. Die Innenrenovierung 1961 versuchte, die im Geschmack der damaligen Zeit als überladen angesehene Ausgestaltung zu reduzieren. Die Seitenaltäre und die Dekorationsmalereien wurden ent­ fernt und barocke Elemente wurden eingegliedert. Bei der Renovierung 1982 wurden mehrere Teile der Schablonenmalerei wieder sichtbar gemacht und ein Marmorbo den einge zo gen. Bei der Restaurierung 2008/09 entschloss man sich, die historistische Dekorationsmalerei weitestgehend wieder freizulegen bzw. zu rekonstruieren und die liturgischen Orte neu zu gestalten.

Der 2009 im Pfarrhof eingerich­ tete Ausspracheraum, mit barocker Figurengruppe „Auf­ nahme Mariens in den Himmel“

Herz Jesu und Dekorationsmalerei von Virgil Groder

Pfarrkirche zur hl. Margaretha

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Architektur und Einrichtung Die Pfarrkirche Kaprun steht auf einem Felssporn, einem Ausläufer des Schaufelberges, und wird daher seit alters her auch „St. Margaretha auf dem Stein“ genannt. Sie ist im Kern wohl spätmittelalterlich, in der Barockzeit erweitert, 1898/99 in neuromanisch-neugotischen Formen erneuert. Der Westturm mit Spitzhelm, das Langhaus, das Presbyterium mit dreiseitigem Schluss sowie die nördlich anschließende Sakristei sind nur durch Rundbogenfenster und Putzbänder gegliedert. Innen zeigt sich das Gotteshaus als dreijochiges Langhaus mit stark eingezogenem (= engerem) Altarraum. Hier lagern die Kreuzrippen in

Blick zur Orgelempore

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Innenraum

Blick zum Altarraum

sechs Strahlen auf profilierten Konsolen. Im Langhaus markieren flache Wandpfeiler die Jochgrenzen. Sie enden in Blattkapitellen, denen Gurtbögen und Kreuzrippen entwachsen. Das westliche Joch wird von einer flachen, hölzernen Empore eingenommen. Dort steht die Orgel von 1885 von Franz Mauracher mit neuromanischem Prospekt. Der gesamte Kirchenraum ist mit Dekorationsmalereien von Virgil Groder versehen, die Ornamentbänder, hauptsächlich aber Blüten- und Blattranken aufweisen. Sie verstehen sich als Hinweise auf den Garten des Paradieses, von dem uns unsere Kirche eine Ahnung geben will.

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Pfarrkirche zur hl. Margaretha

In die Malereien der Seitenwände sind Kreuzwegbilder auf Blech eingefügt. Am Triumphbogen sind in Medaillons drei halbfigurige Darstellungen angebracht: mittig Herz Jesu, rechts wohl Papst Leo XIII. (1810–1903), links möglicherweise die hl. Bernadette Soubirous (†  1879), die Seherin von Lourdes. Der Kapruner Künstler Anton Thuswaldner (Ambo) und der Tiroler Bildhauer Erich Rupprechter (Altar) schufen 2009 die liturgischen Zentren der Kirche. Der Ambo aus hellem Marmor trägt den Schriftzug „CREDO“ (= „ich glaube“). Das Wort Gottes, das hier vorgetragen und ausgelegt wird, soll von der feiernden Gemeinde gläubig aufgenommen werden. Der Altar ist ein T-Kreuz, das von Engeln gehalten wird. Diese sind Zeichen der Anwesenheit Gottes, die am Altar besonders bei der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi erfahrbar wird. Kreuzwegbilder, VIII. Station (oben), I. bis III. Station (unten)

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Altarraum

Die Botschaft des Hochaltars: Er stellt in allen seinen Teilen Jesus dar. Er will uns damit sagen: Jesus ist das Zentrum der Pfarrkirche, er will Mitte der Pfarrgemeinde und wichtigster Bezugspunkt für jeden Einzelnen sein.

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Der historische Hochaltar mit dem Tabernakel dient heute als Sakramentsaltar. Vier Säulen (vier ist die Symbolzahl für die Welt, in der wir leben) tragen die Mensaplatte. Das zentrale Medaillon der Altarfront zeigt den eucharistischen Pelikan: Einer antiken Fabel zu Folge reißt sich nämlich der Pelikan in Zeiten der Hungersnot seine Brust auf, um damit seine Jungen zu nähren – Sinnbild für Eucharistischer Pelikan Jesus, der mit seinem Blut das Leben den Seinen schenkt. Der niedrige, hölzerne Aufbau enthält zentral den Tabernakel. Auf seiner Tür sind Ähren und Trauben als Hinweis auf die eucharistischen Gaben von Brot und Wein. Seitlich sind in Rundbögen reliefierte Brustbilder der vier Evangelisten, die uns von Jesus erzählen.

Die Evangelis­ ten Matthäus und Markus (oben), Johannes und Lukas (unten)

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Barockes Kruzifix im Altarraum

Einrichtung

Pfarrkirche zur hl. Margaretha

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Innenansicht

Pfarrkirche zur hl. Margaretha

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Die Zone darüber ­– mit Nischen und Spitzgiebeln – enthält zentral die Aussetzungsnische für das Allerheiligste mit dem Altarkreuz. Die größeren Statuen seitlich zeigen die Verkündigung der Menschwerdung Jesu an Maria durch den Erzengel Gabriel. Im Schoß der Jungfrau wurde Jesus erstmals sichtbar gegenwärtig in dieser Welt. In der Hostie, die im Tabernakel aufbewahrt wird, ist Jesus bleibend bei uns. Zeichen der Gegenwart des Herrn sind die anbetenden Engel, die in vier Figürchen dargestellt sind. Das barocke Kruzifix (Abb. S. 13) an der Presbyteriums-Nordwand ruft ebenfalls die Lebenshingabe Jesu und seine Erhöhung in Erinnerung. Die Fenster des Chores zeigen die heiligen Katharina (links), Margaretha (Mitte) und Barbara (rechts), die zur Zahl der 14 Nothelfer zählen.

Symbole der Evangelis­ ten Mat­ thäus und Lukas am Kanzelkorb

Die Not­ helfer Vitus, Pantaleon und Chris­ tophorus an der Empore

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Glasfenster

Die hll. Katharina (links) und Barbara (rechts), Farbglasfenster im Chor

Vervollständigt wird die Gruppe durch die in die Brüstungsfelder der Empore eingelassenen elf halbfigurigen Gemälde der männlichen Nothelfer, denen als fünfzehnter noch der hl. Florian zugesellt ist.

Pfarrkirche zur hl. Margaretha

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Barocke Statuen der Schmerzhaften Muttergottes und des hl. Josef

Die 14 Nothelfer sind fast durchwegs frühchristliche Märtyrer, die in verschiedenen Notsituationen des Leibes und der Seele angerufen werden (z. B. Dionysius bei Kopfleiden, Christophorus gegen jähen Tod, Margaretha in Geburtsnöten usw.). An der Nordwand ist die neuromanische Kanzel (Abb. S. 16) angebracht, der frühere Ort der Wortverkündigung mit Darstellungen der vier Evangelistensymbole. Statt der vormaligen Seitenaltäre wurden nach 1961 die marmornen Elemente der früheren Kommunionbank aufgestellt. Diese Teile entstanden um 1833 für die Pfarrkirche Saalfelden und wurden 1865 für Kaprun erworben. Sie dienen als Sockel für zwei barocke Statuen (18. Jh.): links eine kauernde Schmerzhafte Muttergottes (bei der Renovierung 1961 angekauft) rechts ein hl. Josef. Erwähnung verdienen noch die zwei spätgotischen Statuen der heiligen Barbara (ursprünglich wohl Maria Magdalena) und Katharina, die aus

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Einrichtung

Sicherheitsgründen aus der Jakobskapelle hierher übertragen wurden. Sie stammen von zwei verschiedenen Künstlern, allerdings verweisen ihre zugleich kantigen und fließenden Kleider auf das ausgehende 15. Jahrhundert als Entstehungszeit. Die Lourdes-Grot­te im Untergeschoß der Sakristei ist ein Ort des TotenGedenkens und ein Ort des stillen Gebetes. Dort befinden sich PriesterGrabsteine (17.–19. Jh.), sowie aktuelle Sterbebildchen von Pfarrangehörigen. Die Grotte an der Ostseite bildet den Erscheinungsort der Gottesmutter in Lourdes nach. Die barocke Sitzfigur des leidenden Heilands („Christus in der Rast“), um 1700, kann dem Betrachter deutlich Spätgotische Statuen der heiligen Barbara und Katharina machen, dass Jesus durch sein Leiden den Menschen in ihren Nöten nahe ist.

Lourdes-Grotte

Jakobskapelle

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Jakobskapelle

(Patrozinium: 25. Juli) Die Burg Kaprun, die am Ostrand des Dorfes auf einem Felssporn steht, geht zumindest auf das 12. Jahrhundert zurück. Seit dem 13. Jahrhundert waren für lange Zeit die adeligen Geschlechter derer von Walchen und derer von Felben als Lehensträger der Salzburger Erzbischöfe je zur Hälfte Herren der Burg. 1480 zog Erzbischof Johann von Rohr gegen eine Ablöse die Burg von den Felber-Erben ein, von etwa 1480/90 bis 1600 war sie Sitz des Pflegers (=Verwalters) für den Sprengel Kaprun-Zell am See. Dann hatte die Burg niedere Nutzungen oder diente Wohnzwecken, ab 1811 war sie Privatbesitz, bis sie in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts gänzlich verfiel. Seit 1976 geschehen auf Initiative eines rührigen Vereines Sicherungsbzw. Wiederherstellungsmaßnahmen, sodass die Burg heute für vielfältige Veranstaltungen genutzt wird. In der Burg selber gab es eine kleine Kapelle, deren Altar-Erker noch erkennbar ist. Spätestens seit 1562 gibt es am Abhang westlich des Schlosses die Schlosskapelle zum hl. Jakobus dem Älteren. Als Stifter oder Initiator kommt die Pflegerfamilie Diether von Schedling in Frage, die seit 1510 amtierte, und an die ein Grabstein im Kirchlein erinnert. Das profilierte Rundbogenportal an der Südseite in spätgotischen Formen könnte ins frühe 16. Jahrhundert als Entstehungszeit verweisen, kann aber auch – da sich spätgotische Formen das ganze 16. Jahrhundert hindurch halten – um 1560 entstanden sein. Das Kirchlein ist mit seinem schlichten Grundriss (Langhaus, eingezogener Chor mit Dreiseitschluss, nördlich anschließende Sakristei) dem 16. Jahrhundert verpflichtet. Die heutige Erscheinung (Dachreiter mit Pyramidenhelm, Rechteckfenster, Innenausgestaltung) geht auf einen barocken Umbau um 1734/36 zurück. Am Triumphbogen berichtet eine (erneuerte) Inschrift davon: sVMtIbVs De proprIIs aC L abore ben (ig ) nI e X aLtabar atqVe renoVabar (Unter Aufwendung von Mitteln und Mühen eines Wohltäters wurde ich aufgerichtet und erneuert. Die lateinischen Großbuchstaben stehen für Zahlen und ergeben zusammengezählt das Jahr 1734.) Im Langhaus-Inneren tragen breite, flache Wandpfeiler mit profiliertem Kapitell Gurtbögen, zwischen die in den drei Jochen Kreuzgratgewölbe

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Außenansicht

gespannt sind. Ungewöhnlich ist die Gewölbelösung im Chorschluss (achsialer Gurtbogen und zwei diagonale Stichkappen). Die Einrichtung hat leider zwischen 1940 und 1943 stark gelitten. Zwölf Mal drangen nationalsozialistische Aktivisten in die Kirche ein und wüteten arg. Fotos aus dem Jahr 1945 zeigen das Ausmaß der Verwüstung, wobei einiges gestohlen, vieles jedoch einfach beschädigt oder vernichtet worden Jakobskapelle war. Bis 1948 waren die gröbsten Schäden behoben, unwiederbringlich Verlorenes wurde durch abkömmliche Werke aus der Pfarrkirche ersetzt. Eine Gesamtrestaurierung erfolgte 1989-1994. Den Hochaltar lieferte laut Kirchenrechnung der Zeller Tischler Georg Perweg um 100 Gulden, der Maler Franz X. Kurz fasste ihn um 175 Gulden. Über der blockartigen Altarmensa erhebt sich der große Aufbau (Retabel), der den ganzen Chorschluss ausfüllt. Über dem Tabernakel ist zentral das Gemälde (von F. X. Kurz?) angebracht, das den Kirchenpatron Jakobus in der charakteristischen Pilgertracht vor der Gottesmutter mit dem Jesuskind kniend zeigt. Wolken und Engel weisen auf die himmlische Umgebung hin, in der sich das andächtige Geschehen abspielt. Das Bild mit geschwungenem Abschluss wird von zwei Säulen flankiert. Ein weiteres Säulenpaar steht an den Seitenwänden und ist mit dem Mittelteil des Retabels durch ein spitz gewelltes Gesims(stück) verbunden. In der Aufsatzzone sind links und rechts außen die Figuren der heiligen Katharina und Barbara (Kopien der spätgotischen Figuren, die heute in der Pfarrkirche stehen) aufgestellt. Der Aufsatz (Auszug) in der Mitte ist von stark geschwungenen Voluten gerahmt und enthält das erneuerte Bild der Heiligsten Dreifaltigkeit.

Jakobskapelle

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Jakobskapelle, Blick zu den Altären

Die zwei Seitenaltaraufbauten gleichen einander in ihrer schlichten Triumphbogen-Form. Die Retabel waren offenbar schon vor dem Umbau 1734/36 vorhanden, wie die Jahreszahl „1710“ am linken Altar zeigt. Zudem verweist uns die stilistische Erscheinung auf diese hochbarocke Entstehungszeit. Die ursprünglichen Gemälde (Krönung Mariens, Jakobus und Sebastian, im Aufsatz Mutter Anna bzw. Johannes Nepomuk) sind verloren gegangen. Die stattdessen 1948 hier angebrachten Bilder kommen aus dem Bestand der Pfarrkirche. Die heutigen Aufsätze sind seit alters her in der Schlosskapelle vorhandene spätbarocke Vorsatzbilder (wohl um 1736). Damit sehen wir heute: Links die Gruppe der vierzehn Nothelfer

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Barbarakapelle

(2. Drittel des 18. Jahrhunderts), oben der hl. Johannes Nepomuk, rechts ein Ecce-Homo-Bild (Pilatus präsentiert dem Volk den gegeißelten und von den Soldaten verhöhnten Jesus mit den Worten: „Seht, welch ein Mensch”), wohl 17. Jahrhundert, oben der hl. Georg. Die marmorierte Kanzel hat als einzigen Schmuck eine Hl.-Geist-Taube mit Strahlenkranz. Der Hl. Geist soll aus den Worten des Predigers sprechen! Gegenüber ist das ehemalige Hochaltarbild der Pfarrkirche angebracht, die hl. Margaretha in himmlischer Herrlichkeit (Abb. auf der Umschlagrückseite). Beim Kanzelaufgang ist der marmorne Wappengrabstein für die mutmaßlichen Erbauer der Kirche eingelassen. Inschriften in Rollwerkkartuschen erinnern an Caspar Diether von Schedling († 1563) und Balthasar Diether von Schedling († 1586).

Barbarakapelle

(Patrozinium: 4. Dezember) Als 1951 die Hauptstufe des Kraftwerks Kaprun, die Limbergsperre, mit einem vom sozialistisch dominierten Ministerium organisierten Festakt eröffnet wurde, fehlten – weil nicht eingeladen – nicht nur Politiker anderer Parteien, sondern auch kirchliche Würdenträger. Eine Segnung des Werkes unterblieb daher. „Aber Gott kam nicht nach Kaprun“ titelten die Salzburger Nachrichten damals. Die Tauernkraftwerke-AG (TKW) bemühten sich um eine gute Lösung, indem sie Erzbischof Rohracher im gleichen Jahr zur Barbarafeier einluden. Zum Abschluss des KraftwerkGesamtprojekts 1955 konnte man sich von politischer Seite Barbarakapelle

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Babarakapellle

Barbarakapelle

bezüglich des Festaktes nicht einigen, sodass dieser überhaupt völlig entfiel. Wieder hatten die TKW einen gangbaren Weg parat: Am Rand der Werkssiedlung im Süden Kapruns hatte die Kraftwerksgesellschaft 1953/54 nach Plänen von Fidelius Schmid die Barbarakapelle bauen lassen. Am 21. Oktober 1955 weihte sie Erzbischof Rohracher und konnte somit einen Akt des Segens an den Abschluss der Arbeiten setzen. Die Kapelle ist ein schlichter Bau. An das Langhaus mit Schopfwalmdach schließt sich östlich die fünfseitige Apsis samt südlich situierter Sakristei an. Über der westlichen Stirnwand sitzt der Dachreiter mit hohem spitzem Helm. Rechteckfenster gliedern den Bau. Über dem Eingang im Nordwesten ist in einer Nische die Kreuzwegstation „Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern“ in Mosaiktechnik eingefügt. Das saalartige Innere ist von einer Holzbalkendecke abgeschlossen, im Westen ist eine hölzerne Empore eingezogen. Der Altar ist aus Marmor errichtet, dahinter an der Apsis-Stirnwand ist das Altarbild von Erwin E xner (1955) angebracht. Es zeigt – im Licht des dreifaltigen Gottes – die hl. Barbara als Schutzpatronin der Arbeiter

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Kapelle im Seniorenhaus

beim Stollenbau. In realiengeschichtlicher Hinsicht ist die Darstellung der Mineure von Interesse: ohne Helm und Ohrenschutz, im Licht einer Karbidlampe gehen sie ihrer Tätigkeit nach! Ein weiteres Werk von Erwin Exner sind die 14 Kreuzwegstationen, in lasierender Technik gemalt, die in die Felder der Emporenbrüstung eingelassen sind. Für jede Station stellt der Künstler ein wesentliches Motiv in den Vordergrund und führt so tiefer in die Betrachtung des jeweiligen Geschehens. Eine ungefasste Holzstatue der Gottesmutter Maria ziert die nördliche Langhaus-Stirnseite (signiert: Marx). Unter der Empore gibt es eine für die bei den Kraftwerksbauten 19391955 und 2006-2010 Verunglückten bzw. Verstorbenen. Ihre Namen sind auf eine Rolle geschrieben, die in einer Nische aufbewahrt wird.

Die Kapelle im Seniorenhaus Beim Bau des Seniorenhauses Margaretha durch die Gemeinde Kaprun 2003 wurde im Untergeschoß auch ein Kapellenraum konzipiert und entsprechend ausgestaltet. Von Bruder Thomas Hessler, Kloster Gut Aich, stammen das Margarethenbild und die Glasmalereien. Diese orientieren sich am Psalm 23 und thematisieren auf der Trennwand zum Korridor die bei Gott zu findende Fülle des Lebens: die grüne Au mit dem frischen Wasser; die ebenfalls in Glas ausgeführte Tabernakel-Stele ist der Stock, der uns Zuversicht gibt. Die gegenüber liegenden schwungvollen Glasmalereien der Fenster versinnbildlichen das Paradies. Der Kapruner Künstler Anton Thuswaldner schuf Ambo und Altar aus dunklem Serpentin. Er versah sie im Sinn biblischer Zahlenrede mit Ziffern, die aufgelöst (A=1, B=2 usw.) die lateinischen Worte „credo“ (= „ich glaube“; am Ambo) und „spero“ (= „ich hoffe“; am Altar) ergeben. Die Bewohner/innen des Seniorenhauses schätzen es, einmal wöchentlich hier Gottesdienst feiern zu können. Ambo und Altar von Anton Thuswaldner

Gedenkstätte

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Gedenkstätte Die Gedenkstätte bei den Parkplätzen an der Talstation der Gletscherbahn ist ein überkonfessioneller Raum, der an das Brandunglück im Seilbahntunnel auf das Kitzsteinhorn erinnert. Am 11. November 2000 kamen dabei 155 Personen aus acht verschiedenen Nationen ums Leben. Die Gedenkstätte hat im Inneren den Charakter eines Zuges und ist ein schlichter, langgestreckter Betonbau. Für jedes Opfer gibt es eine Glaslamelle, durch die Licht in den Innenraum tritt. An der Stirnseite der Gedenkstätte ist ein einfaches, schmuckloses Fenster, das den Blick auf das Portal des Unglückstunnels frei gibt. Die Angehörigen der Verstorbenen entschieden sich mehrheitlich für dieses Projekt, das Architekt Anton Michael aus Riemsting (Chiemgau) geplant hat. Die Gedenkstätte wurde am 11. November 2004 von Erzbischof Dr. Alois Kothgasser und Superintendentin Mag. Luise Müller gesegnet. Sie ist ein würdiger Ort der Besinnung und des Gedenkens. Gedenkstätte, Innenraum (unten) und Außenansicht (links)

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Gedenkstätte

Quellen und Literatur: Pfarrarchiv Kaprun: Pfarrchronik. – Pfarrarchiv Kaprun (im AES): Akten zum Kirchenbau (9/33/19 sowie Schachtel 2 und 11). – Österreichische Kunsttopographie (ÖKT), Bd. XXV (Bez. Zell a. S., 1934), S. 267–275. – Josef Lahnsteiner: Oberpinzgau von Krimml bis Kaprun. Eine Sammlung geschichtlicher, kunsthistorischer und heimatkundlicher Notizen für die Freunde der Heimat. o. O. 19803 (1. Aufl. Hollersbach 1956), bes. S. 678–687. – DehioHandbuch der Kunstdenkmäler Österreichs / Salzburg. Stadt und Land. Wien 1986, S. 181–182. – Clemens M. Hutter: Kaprun. Geschichte eines Erfolgs. Salzburg 1994. Herausgeber: Kath. Pfarramt Kaprun Text: Herbert Berndl; Dank für die wertvolle Unterstützung gilt der Pfarre Kaprun (Mag. Toni Fersterer, Elfriede Schoberleitner) und dem Archiv der Erzdiözese Salzburg (Dr. Thomas Mitterecker) Fotos: Gemeindearchiv Kaprun (S. 6); E. Schoberleitner (S. 25); H. Schnitzler, Kaprun (Umschlagvorderseite, S. 21, 23, 27); R. Weidl, Verlag St. Peter (alle übrigen). Abb. auf der Umschlagvorderseite: Blick zur Pfarrkirche von Norden, gegen das Kitzsteinhorn Abb. auf der Umschlagrückseite: Hl. Margaretha, ehem. Hochaltarbild der Pfarr­ kirche, heute in der Schlosskapelle St. Jakob Christliche Kunststätten Österreichs, Nr. 498 © 2009 by Verlag St. Peter · Erzabtei St. Peter · A-5010 Salzburg 1. Auflage 2009 · Herstellung: Laber Druck, Oberndorf

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