Helga Lukoschat/Mareike Ebach. MINT-KARRIEREN AUF DEM PRÜFSTAND Erfahrungen und Erwartungen weiblicher Professionals

December 12, 2019 | Author: Agnes Ursler | Category: N/A
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Helga Lukoschat/Mareike Ebach

MINT-KARRIEREN AUF DEM PRÜFSTAND Erfahrungen und Erwartungen weiblicher Professionals

IMPRESSUM Herausgeber Femtec.GmbH c/o Technische Universität Berlin Straße des 17. Juni 135 10623 Berlin Autorinnen Helga Lukoschat und Mareike Ebach Bildnachweise kentoh – Fotolia.com, Kuka Roboter GmbH, fotogestoeber – Fotolia.com, vege – Fotolia.com (Titel v. l. n. r.); Marco2811 – Fotolia.com (S. 5); Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Steffen Kugler (S. 6); ZF Friedrichshafen AG (S. 8); Microsoft Presseservice (S. 14); www.siemens.com/­ presse (S. 17, 42, 46); asafeliason – Fotolia.com (S. 19); contrastwerkstatt – Fotolia.com (S. 20); EnBW (S. 23); fotogestoeber - Fotolia.com (S. 25); Dotchka Pentcheva (S. 26); Femtec Alumnae e. V. (S. 29); LoeschHundLiepold Kommunikation GmbH (S. 30); Sabine Klenz (S. 34); Festo AG & Co. KG (S. 45) Gestaltung und Umsetzung LoeschHundLiepold Kommunikation GmbH Stand September 2015 Druck WIRmachenDRUCK GmbH ISBN 978-3-00-050602-4

Das dieser Broschüre zugrundeliegende Vorhaben „Karriereverläufe hochqualifizierter weiblicher (Young) Professionals im MINT-Bereich“ (KIM)“ wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkenn­ zeichen 01FP1427 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen.

Inhalt

Einführung

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1 | Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen

7

2 | Weibliche Professionals in MINT-Berufen

11

3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

16

4 | Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending?

24

5 | Karrierefaktoren

28

Attraktivität von Führung

36

7 | Karrieren zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

41

Quellenangaben und weiterführende Literatur

47

4

Einführung Hört man sich heute in den großen Technologie-­ Unternehmen um, so ist deutlich spürbar, welche Bedeutung die Gewinnung von qualifizierten (Nachwuchs)Kräften hat. Ungeachtet der Unterschiede nach Branchen und Regionen ist der Bedarf an Fach- und Führungskräften eine der großen strategischen Herausforderungen, vergleichbar den rasanten technologischen Veränderungen und der Globalisierung der Märkte. Dies gilt vor allem für den MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Die Unternehmen stehen jedoch noch vor einer weiteren Herausforderung: Wie gewinnen, binden und entwickeln sie die Ressource der gut qualifizierten Frauen? Und noch eine Frage beschäftigt die Unternehmen – nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden gesellschaftlichen Debatten und der aktuellen politischen Entwicklungen: Wie schaffen sie es, nicht nur mehr Frauen zu gewinnen, sondern sie auch in Führungspositionen zu bringen? Auch in Universitäten bzw. Hochschulen und Forschungsorganisationen besteht nach wie vor Handlungsbedarf, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu steigern. Der Wettbewerb um die weiblichen Talente verstärkt sich also, nicht zuletzt weil auch die mittelständischen Unternehmen eine hohe Nachfrage erzeugen. Zahlreiche Unternehmen, Verbände und Initiativen sowie die Universitäten und Hochschulen selbst bemühen sich daher seit rund einer Dekade darum, die Attraktivität der MINT-­ Studienfächer bzw. Berufe für Frauen zu erhöhen. Doch was passiert, wenn die umworbene Zielgruppe der weiblichen MINT-Talente tatsächlich in den

Unternehmen eintrifft? Was erwartet sie dort und was erwarten die Absolventinnen ihrerseits von den Unternehmen? Welche Karrierechancen haben sie? Können die Unternehmen ihr Versprechen einlösen, mehr Diversity und die Vereinbarkeit einer beruflichen Karriere mit Kindern zu ermöglichen? Heute zeigen jedenfalls zahlreiche Untersuchungen, dass sie dort allzu oft noch auf Strukturen und eine Unternehmenskultur treffen, die durch traditionelle Karrieremuster, Umgangsformen und Mentalitäten geprägt ist (vgl. Haffner et al. 2006; Boes et al. 2013; Hochfeld et al. 2014; Lukoschat/Mahler Walther 2011). Großunternehmen, Mittelständler und Universitäten bzw. Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen stehen, bei allen Unterschieden, doch vor einer vergleichbaren Herausforderung: sie müssen ihren Nachwuchs sichern und attraktive, zeitgemäße Karrierewege für Frauen und Männer entwickeln und damit notwendige Modernisierungsprozesse anstoßen. Denn wie Untersuchungen zeigen, stellt ein größer werdender Teil der jungen Männergeneration gleichfalls andere Ansprüche an die berufliche Karriere und will eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privat- und Familienleben (vgl. u. a. Hurrelmann/Albrecht 2014). Vor diesem Hintergrund ist das Projekt „KIMFrauen­karrieren in MINT“ der Femtec.GmbH entstanden. Die Femtec bildet einen bundesweiten Kooperationsverbund mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zur Förderung von Studentinnen und Absolventinnen der MINT-Fächer. Die rund 15-jährigen Erfahrungen des Netzwerks bergen einen wertvollen Erfahrungsschatz: rund

700 Frauen haben das studienbegleitende Careerbuilding-Programm der Femtec absolviert; über 500 von ihnen haben das Studium schon abgeschlossen und sind bereits erfolgreich in Fach- und Führungspositionen im technischen, naturwissenschaftlichen und dem Informatikbereich tätig. Das Spektrum reicht von Berufseinsteigerinnen bis hin zu Frauen mit bis zu 12 Jahren Berufserfahrung. Zudem hat die Femtec bereits mehrere Befragungen zu den beruflichen Werdegängen der Alumnae durchgeführt. Nicht zuletzt sind mehr als 300 der ehemaligen Teilnehmerinnen des Femtec-Programms im Femtec.Alumnae e. V. organisiert, der sich seinerseits die gegenseitige Information und Unterstützung sowie das gesellschaftspolitische Engagement für mehr Frauen in MINT-Berufen auf die Fahnen geschrieben hat. Die Femtec verfügt damit über einen in dieser Form einzigartigen Zugang zu weiblichen MINT-Professionals.

PROJEKTZIELE UND DESIGN Welche Ziele und Anliegen waren also mit dem Projekt verbunden?

• Erkenntnisse über die junge MINT-Frauengene-

ration vertiefen: Wir hören viel über die Generation Y, doch was erwarten speziell Absolventinnen der Ingenieur- und Naturwissenschaften von ihren künftigen Arbeitgebern? Welche Wünsche und Erwartungen haben sie an eine berufliche Karriere? Welche Förderung wünschen sie sich von Vorgesetzten und Führungskräften? Was wollen sie einbringen und was ist ihnen beruflich und persönlich wichtig?

Einführung

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• Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft und

Wissenschaft fördern: Wie lassen sich trotz der unzweifelhaft vorhandenen Konkurrenz­ situation um die „besten Köpfe“ neue Wege der Kooperation finden? Kann es mehr und ungewöhnlichere Wechsel zwischen Karrieren in Unternehmen und in Universitäten bzw. Hochschulen geben? Was wäre attraktiv aus Sicht der Professionals?

• Impulse und Anregungen für die Praxis ge-

winnen: Welche Empfehlungen lassen sich aus den Projektergebnissen für das Personalmarketing, das Talentmanagement oder die Führungskräfte­entwicklung ableiten? Wie können die Ergeb­nisse breit nutzbar gemacht werden?

Methodisch wurde bewusst ein diskursives, interaktives Design gewählt. Es sollte nicht über, sondern mit der Zielgruppe diskutiert werden. Zunächst tauschten sich in zwei Workshops jeweils 25 Alumnae untereinander über ihre Erfahrungen aus. Diese Focusgruppen waren sorgfältig nach Kriterien der Dauer der Berufstätigkeit, der jeweiligen Branche bzw. Arbeitgebern sowie der persönlichen bzw. familiären Situation der Alumnae zusammengestellt. Aufbauend auf den Workshop-Ergebnissen fand anschließend ein Praxis-Dialog mit Vertreter/­ innen der Partneruniversitäten bzw. Partnerhochschulen und Unternehmen statt, in dem über die aufgeworfenen Fragen und Herausforderungen gemeinsam diskutiert wurde. Zusätzlich wurden in das Projekt die bereits vorliegenden quantitativen Ergebnisse aus den Verbleibsbefragungen der Femtec einbezogen.

Auch wenn die so erzielten Projektergebnisse nicht repräsentativ für die gesamte Gruppe der MINTAbsolventinnen sind, so besitzen sie doch eine hohe, empirisch fundierte Aussagekraft und lassen für Unternehmen und Universitäten bzw. Hochschulen aufschlussreiche Folgerungen und Rückschlüsse zu. Denn beim Pool der Alumnae handelt es sich um ausgewählte Frauen, die mit ausgezeichneten Abschlüssen und hoher Motiva­tion in das Berufsleben starten und passgenau dem von so vielen Arbeitgebern gesuchten Profil – weiblich, technisch, engagiert – entsprechen.

AUFBAU DER PUBLIKATION Den Auftakt bildet eine Zusammenfassung, in der die zentralen Aussagen des Projekts sowie die Empfehlungen für die Praxis zusammengeführt sind.

Das zweite Kapitel enthält Daten und Ergebnisse aus den Verbleibsbefragungen der Femtec, welche zur besseren Einordnung in den größeren Kontext der Arbeitsmarktsituation und der Entwicklungen in den MINT-Berufsfeldern gestellt werden. Auf dieses Kapitel wird in den folgenden, stark qualitativ ausgerichteten Darstellungen immer wieder Bezug genommen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Erfahrungen der Young Professionals mit bis zu dreijähriger Berufserfahrung und zeigt praxisnah auf, was bereits erfolgreich bei Ansprache, im Bewerbungsprozess und bei den ersten Entwicklungsschritten passiert, wo aber auch Verbesserungsbedarfe bestehen. Deutlich wird, dass die Alumnae sich in den ersten Berufsjahren eine stärkere Förderung sowie Transparenz über Berufs- und Karrieremöglichkeiten erwarten.

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Einführung

„Immer mehr Frauen in Deutschland ergreifen technische und naturwissenschaftliche Berufe. Darüber freue ich mich sehr. Denn der MINT-Bereich durchzieht die verschiedensten Bereiche unseres Lebens. Wer darin tätig ist, kann unsere Zukunft aktiv mitgestalten. Gleichzeitig eröffnen MINT-Berufe hervorragende berufliche Karrieremöglichkeiten. Ich wünsche mir, dass künftig noch mehr Frauen selbst­bewusst ihren Weg in einen MINT-Beruf gehen.“

Prof. Dr. Johanna Wanka Bundesministerium für Bildung und Forschung Das vierte Kapitel fokussiert auf fördernde und hemmende Faktoren in der weiteren Karriereentwicklung. Breiten Raum nehmen u. a. die informellen Karrierefaktoren wie Netzwerke und Sponsoren ein. Ein weiteres, stark diskutiertes Thema bilden die Erwartungen der MINT-Frauen an Karrieremuster, die eine Vereinbarkeit der beruflichen Karriere mit Partnerschaft und Kindern möglich machen. Weil die Themen der Work-Life-Balance und der fle-

xiblen Arbeitszeitmodelle einen großen Stellenwert in den Diskussionen hatten, setzt sich das fünfte Kapitel gesondert mit diesen Fragestellungen auseinander. Im sechsten Kapitel stehen Fragen der Attraktivität von Führungspositionen, der Qualifizierung von Führungskräften für ihre Aufgabe und die Unternehmens – und Führungskultur im Mittelpunkt. Die intensiven Diskussionen im Praxis-Dialog zeig-

ten, dass auch seitens der Unternehmen und Universitäten bzw. Hochschulen der Handlungsbedarf erkannt ist. Das abschließende siebte Kapitel beschäftigt sich mit den Erfahrungen der Alumnae, die sich zunächst in die Promotionsphase begeben und anschließend größtenteils in die Wirtschaft wechseln. Unter welchen Rahmenbedingungen wären die hochqualifizierten und erfolgreichen Frauen bereit, ggf. an eine Universität bzw. Hochschule zurückzukehren? Wie können Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft intensiviert werden?

DANK Das Projekt wurde zu gleichen Teilen mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie der Unternehmenspartner der Femtec ge­ fördert. Den Unternehmenspartnern danken wir vor allem für ihre Bereitschaft, ihre Erfahrungen weiterzugeben und die Projektergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die kooperierenden Universitäten und Hochschulen im Verbund der Femtec brachten wichtige Expertise ein und beteiligten sich gleichfalls mit hohem Engagement an den Diskussionen. Der Femtec.Alumnae e. V. unterstützte das Projekt engagiert, insbesondere bei der Gewinnung der Teilnehmerinnen. Allen Beteiligten gilt unser Dank. Vor allem jedoch möchten wir den beteiligten Alumnae für ihre Offenheit danken, ihre oft sehr persönlichen Erfahrungen zu teilen.

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1 | Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen Innerhalb der Gruppe der weiblichen MINT-Professionals bilden die Absolventinnen der Femtec eine in vieler Hinsicht besondere Gruppe: sie sind überdurchschnittlich qualifiziert und aufstiegsorientiert und agieren innerhalb eines einmaligen Netzwerks. Zugleich stehen diese Alumnae aber auch exemplarisch für die Vorstellungen und Erwartungen der heutigen Generation junger weiblicher Führungsbzw. Führungsnachwuchskräfte. Die Erfahrungen der Femtec-Absolventinnen und ihre Einschätzungen und Wünsche zu Arbeitsformen und Führungskulturen haben daher eine besondere seismografische Funktion. Als (künftige) Führungskräfte und herausragende Vertreterinnen ihrer Generation haben sie die Chance, die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts entscheidend mitzugestalten. Vor diesem Hintergrund fassen die folgenden fünf Thesen die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen unseres Projekts „Frauenkarrieren in MINT“ zusammen.

1. GEZIELT DIE ZEIT IN DER BERUFSEINSTIEGSPHASE NUTZEN Die MINT-Frauen wollen sehr genau wissen, was sie erwartet. Sie benötigen keine Hochglanzbroschüren mit Versprechungen, die dann nur teil­ weise eingelöst werden, sondern fassbare Informationen. Fachlich spannende und herausfordernde Aufgaben sind ein Muss. Sie wollen wissen, worauf sie sich konkret bei einem Arbeitgeber und dem

künftigen Vorgesetzten und Team einlassen und erwarten realistisches Feedback zu und Transparenz über ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten. Sie sind in den ersten Jahren oft noch mobiler und stärker an internationalen Einsätzen interessiert als zu späteren Lebensphasen, in denen z. B. die Familiengründung ansteht und Fernbeziehungen an Attrak­tivität verlieren. Zeit ist für diese jungen Frauen besonders kostbar.

• Großunternehmen können von kleineren Unter-

nehmen lernen, wie Einstellungsprozesse „ohne viel Tanz“ durchgeführt werden können und damit viel Sympathie in der Zielgruppe hervorrufen.

• Stärker als alle Verlautbarungen zu Diversity

wirkt die Sichtbarkeit von weiblichen Role Models in Führungspositionen und deren Einbindung in Bewerbungs-und Beförderungsgespräche.

• Unternehmen sollten vor allem der frühen

Karrierephase größere Aufmerksamkeit widmen und frühzeitiger die weiblichen High Potentials identifizieren, über Karrieremöglichkeiten informieren und durch gezielte Förderung an sich binden.

2. FORMELLE UND INFORMELLE KARRIERE­ FAKTOREN BEACHTEN Eine zentrale Erfahrung der Berufseinsteigerinnen ist, wie abhängig die Karriere tatsächlich von

dem/der jeweiligen Vorgesetzten ist. Daraus ergibt sich für sie die Frage, was sie tun können, wenn sie nicht die Förderung erfahren, die sie benötigen. Eine weitere Herausforderung bilden die informellen Karrierefaktoren. Zwar haben die Unternehmen, vor allem die großen Konzerne, in der Regel definierte und oft sehr komplexe Prozesse und Regeln für die Karriere­entwicklung, doch letztlich werden diese oft als intransparent empfunden. Vielfach entsteht der Eindruck, die Karrieren hingen eben nicht – oder nicht in erster Linie – von Leistung, sondern von Netzwerkzugängen und Förderern ab. Die Frauen wollen sich durchaus in Netzwerke integrieren, wissen aber oft (noch) nicht wie. Es fehlt ihnen ein selbstverständlicher Zugang.

• Unternehmen fordern zu Recht Eigeninitiative.

Die Berufseinsteigerinnen und Professionals selbst sind die Motoren ihrer Karriere. Doch sollten Unternehmen sich zugleich verstärkt darum bemühen, viele unterschiedliche Kontakt- und Netzwerkmöglichkeiten zu eröffnen (z. B. Lunch­ dates, Kaminabende, elektronische MentoringPlattformen). Sie bieten vor allem den Berufs­ einsteigerinnen einen guten Rahmen, sich ihr persönliches Netzwerk im Unternehmen aufzubauen.

• Die vielfach durchgeführten Mentoring-Pro-

gramme können ein sinnvolles Instrument sein, wenn sie in übergreifende Strategien der Karriereförderung eingebunden sind und nicht mit dem Gestus verbunden werden, nur Frauen hätten diese nötig. In diesem Fall rufen Mentoring-Programme eher kritische Reaktionen hervor.

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1 | Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen

3. FLEXIBLE KARRIERE­ MUSTER JE NACH LEBENS­ PHASE ERMÖGLICHEN

• Selbstorganisierte Netzwerke von Mitarbeiter­

innen und Mitarbeitern sollten durch die Unternehmen gefördert werden ebenso wie der Austausch zwischen erfahrenen Managerinnen und Nachwuchskräften. Für diese ist von heraus­ ragender Bedeutung, die „Unternehmenskultur lesen zu lernen“.

• Die Verzahnung mit den Fachbereichen ist u. a.

wichtig, um darüber mit Vorgesetzten ins Gespräch zu kommen, die ihren Führungsaufgaben und der damit verbundenen Verantwortung nicht gerecht werden. Ein gutes Instrument stellen übergreifende peoples days oder Personalkonferenzen dar, bei denen ein gemischtes Gremium über die Nachwuchskräfte berät und urteilt.

Wünschen sich die Absolventinnen in den ersten Jahren mehr Tempo in der Entwicklung, wandelt sich dies mit zunehmender Berufserfahrung und den Veränderungen in der Lebensbiografie. Vor allem die zeitliche Parallelität von Karrieresprüngen und Familiengründung zwischen Anfang und Mitte 30 stellt eine Herausforderung dar, der sich die Frauen – und in der Regel auch ihre männlichen Partner – jedoch mit großem Einsatz stellen. Kinder und Karrieren gehören für sie zusammen. Das Ideal ist eine partnerschaftliche Teilung der familiären Aufgaben. Allerdings sind sie realistisch genug um zu wissen, dass sich dieser Wunsch nicht ohne weiteres umsetzen lässt. Die Bereitschaft zugunsten der Kinder die Karriere zurückzustellen oder aufzugeben, ist einerseits individuell unterschiedlich ausgeprägt, hängt andererseits aber auch stark von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab. Dazu zählen die Infrastruktur für Kinderbetreuung in der Region und das persönliche Unterstützungsnetzwerk durch Freunde und Familie – insbesondere die Großeltern – sowie vor allem das Verhalten und die Angebote der jeweiligen Arbeitgeber. Einig ist sich diese Frauengeneration darin, dass Vereinbarkeitsfragen kein Frauenthema in den Unternehmen darstellen dürfen. Sie plädieren für eine „Väterförderung“, für mehr Akzeptanz und Möglichkeiten für junge Männer in Elternzeit und für Karrieremuster, die auch einmal ein Innehalten und Seitwärtsbewegungen ermöglichen,

ohne für alle Zeiten vom Karriereweg abgedrängt zu werden.

• Unternehmen benötigen Karrieremuster mit

deutlich mehr Flexibilität hinsichtlich der Para­ meter Aufstiegsgeschwindigkeit, Arbeitsauf­ gabe, Position und Zeitmodelle. Die Vorstellung „one size fits for all“ gehört der Vergangenheit an bzw. entspricht nicht mehr den Erwartungen und Hoffnungen dieser Generation.

• Allein die Frauen beim Thema Vereinbarkeit auf

dem Schirm zu haben, wird künftig nicht (mehr) ausreichen. Es geht um mehr Offenheit für die Wünsche von Paaren und um die explizite Einbeziehung der jungen Männer und Väter in Programme zur Unterstützung während der Elternzeit und anderer „aktiver“ Familienphasen. Die Möglichkeiten zu flexibler Arbeitszeitgestaltung, zu Homeoffice und zu zeitweiliger Arbeitszeitreduktion sind weiter auszubauen. Diese tragen insgesamt zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität bei. Denn angesichts hoher Arbeitsdichte und technologischer Schnelligkeit können indivi­duell passgenaue Arbeitszeitmodelle viel dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und Gesundheit der Führungsund Führungsnachwuchskräfte zu erhalten.

• Kleinere Unternehmen haben Vorteile, weil sie

schneller und flexibler auf die Erwartungen und veränderten Rollenmuster reagieren können. Die Berichte von Alumnae aus kleineren Technologie­ unternehmen, wie sie von ihren Chefs jeweils auch in der Phase rund um die Elternzeit gefördert und wahrgenommen wurden, hat viele

1 | Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen

Absolventinnen und auch Unternehmensvertreter/innen beim Praxis-Dialog beeindruckt. Interessanterweise sind es oft die kleineren und mittelständischen Unternehmen mit hohem Inno­vationspotenzial, die sich auch „innovativen“ Karrieremustern öffnen. Große Konzerne haben andere Herausforderungen, aber auch sie können die Bedingungen für ein neues Muster, im Sinne der mass career customization, ent­ wickeln.

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regelmäßiges Feedback sowie strukturelle Veränderungen bezüglich der Befristung von Verträgen. Sie plädieren für eine systematischere Personalund Führungskräfteentwicklung auch im Wissenschaftsbereich und wünschen sich Karriereoptionen jenseits der Professur. Der Verbleib bzw. die Rückkehr in die Wissenschaft erfolgt vor allem, weil die fachlichen Herausforderungen und Möglichkeiten sowie die persönlichen Freiheiten, auch in Punkto Arbeitszeiten, und nicht zuletzt der Austausch mit den Studierenden geschätzt werden.

4. ATTRAKTIVITÄT VON • Universitäten bzw. Hochschulen und Forschungseinrichtungen stehen in einem harWISSENSCHAFT ERHÖHEN ten Wettbewerb mit der Industrie. Sie müssen dringend ihr Betreuungs- und BeratungsangeUND MEHR KOOPERA­TIONEN bot ausbauen und systematische Personalentwicklung betreiben, inklusive der Vorbereitung ERMÖGLICHEN der Professor/innen auf ihre Führungs- und MaDie weitere fachliche Qualifizierung in Form einer Promotion ist den Absolventinnen der Femtec durch­aus ein Anliegen. Knapp ein Drittel entscheidet sich zunächst für eine Promotion an einer Universität bzw. Hochschule oder an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Die Ausrichtung auf die Industrie bleibt dennoch stark erhalten. Wissenschaftliche Karrieren bilden nur sehr vereinzelt eine Option, sowohl aufgrund der unsiche­ ren Karriereperspektiven als auch der geringeren Einkommensmöglichkeiten. Die Erfahrungen in der Promotionsphase sind sehr unterschiedlich und stark von den jeweiligen Instituten bzw. Lehrstuhlinhaber/innen abhängig. Von durchgängigen Qualitätsstandards kann noch keine Rede sein. Die Absolventinnen fordern bessere Betreuung und

nagementaufgaben. An Bedeutung gewinnen berufliche Perspektiven in Universitäten und Hochschulen auch jenseits der Professur und die Einrichtung entsprechender, unbefristeter Stellen.

• Netzwerke in und Kooperationen mit der Wirt-

schaft sind in jedem Fall auf- und auszubauen. In gemeinsamen (Forschungs)Vorhaben ist insbesondere darauf zu achten, Frauen zu integrieren und ihnen die gleichen Chancen und die gleiche Förderung wie ihren männlichen Kollegen zu geben. Dafür können von beiden Seiten entsprechende Zielvereinbarungen geschlossen werden. Netzwerke sind einerseits wichtig, um promovierten Ingenieurinnen gute Einstiegsmöglichkeiten zu bieten, aber auch um sie an-

dererseits, zumindest für einen gewissen Zeitraum, wieder für die Universität gewinnen zu können.

• Unabdingbar ist der Ausbau der unterschied-

lichsten Kontakthalte- und Alumni-Programme sowie vielfältiger Kooperationsmodelle mit weiblichen Fach- und Führungskräften aus der Industrie. Denn die Bedeutung der Sichtbarkeit von weiblichen Role Models an den Universitäten bzw. Hochschulen in den Technikwissenschaften kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es gilt die bisher stark männlich geprägten Fachkulturen und das damit verbundene Image dieser Studiengänge zu verändern, um nachhaltig deren Attrak­tivität für junge Frauen zu erhöhen. Insbesondere in der Informatik und Elektrotechnik, in der bislang die geringsten Erfolge erzielt werden konnten, muss die Unterrepräsentanz von weiblichen Studierenden weiter abgebaut werden.

5. FÜHRUNGSKULTUREN VERÄNDERN Führungskräfte prägen die Kultur eines Unternehmens entscheidend. Als die Gate keeper über Karrieren haben sie gegenüber den Nachwuchskräften eine besondere Verantwortung. Die Professionals machen mit ihren Vorgesetzten sehr unterschied­ liche und überraschende Erfahrungen, im positiven wie im negativen Sinn. Vielfach sind die Alumnae der Femtec bereits selbst in Führungspositionen und haben die Herausforderungen am eigenen Leib

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1 | Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen

erfahren. Wichtig erscheinen ihnen sowohl flexiblere Führungskarrieren, z. B. Managementaufgaben auf Zeit oder die Möglichkeit zu „späten Karrieren“. Sie erwarten von den Unternehmen mehr Mut, neue Modelle wie Jobsharing oder flexibles Arbeiten auch in Führungspositionen zu ermöglichen. Nach wie vor steht die zunehmend als „typisch deutsch“ empfundene Anwesenheitskultur in der Kritik. Sie wünschen sich mehr Zeit für die persönliche Karriereentwicklung und Führungskräfte mit Vorbildfunktion.

• Unternehmen werden noch stärker als bisher

gefordert sein, in die Auswahl und Qualifizierung der angehenden wie der gegenwärtigen Führungskräfte zu investieren. Unternehmensleitbilder und Führungsgrundsätze dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern sind in gelebte Unternehmensrealität zu übersetzen. Erforderlich sind entsprechende finanzielle und ideelle Anreizsysteme. Vor allem benötigen Führungskräfte – gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wo es gilt das Team zusammenzuhalten – ein ausreichendes Zeitbudget, um ihre Führungs- und Entwicklungsaufgaben tatsächlich erfüllen zu können.



Seminare und Trainings im Allgemeinen und Gender- oder Diversity-Trainings im Besonderen sind ein erster Schritt für die Bewusstwerdung. Doch sie reichen nicht aus, um langfristige Verhaltensänderungen bei Führungskräften und in Teams zu bewirken. Pilotprojekte und Programme mit wechselnden Rollen in Teams oder Führung auf Zeit sind dagegen gute Instrumente um zu erfahren, ob eine Person neben den fach-

lichen Kompetenzen auch die entsprechenden menschlichen Qualitäten mitbringt. Sie setzen zudem die Hemmschwellen für Frauen herunter, die wegen ihrer aktuellen Lebenssituation oder aus anderen Gründen zögerlich sind, sich in einer Führungsposition auszuprobieren. Entscheidend ist hierbei allerdings, und dies gilt erneut für beide Seiten, ob vorurteilsfrei und jenseits eingefahrener Muster entschieden werden kann, ob eine Führungsposition „passt“.

• In die Anforderungen für Führungsaufgaben

sind soziale und kommunikative Kompetenzen noch besser zu verankern. Die Anerkennung von Familienzeiten oder ehrenamtlichen Tätigkeiten als ein Karrierebaustein, den es im Verlauf der beruflichen Entwicklung zu erwerben gilt, ist hier ein wichtiger Schritt. Einige Unternehmen experimentieren hiermit bereits erfolgreich. Die Offenheit für Karrieremuster jenseits der gängigen Pfade und für Quereinstiege und ungewöhnliche Biografien ist zu fördern – denn mehr denn je benötigen die Unternehmen für ihre künftige Wettbewerbsfähigkeit eine „Diversity of minds“.

• In erster Linie sind Vorstand und Top-Manage-

ment gefordert, innovative Vorstellungen von der Führungskultur im Unternehmen und in Bezug auf Chancengleichheit bzw. Diversity durchzusetzen. Ihr Commitment ist die Voraussetzung, damit Veränderungsprozesse gelingen können. Wichtig ist jedoch auch, die verschiedenen change agents im Unternehmen einzubinden und als Multiplikator/innen oder Botschafter/innen für den Kulturwandel agieren zu

lassen. Die junge Generation an Führungskräften, wie sie durch die Femtec-Absolventinnen exemplarisch repräsentiert werden, bildet hierfür eine hervorragende Ressource. Die demografische Entwicklung und die sehr gute Arbeitsmarktsituation im MINT-Bereich, sich wandelnden Rollenmuster, die zunehmend auch die Generation der jungen Männer erfassen, und der gesellschaftliche Druck bezüglich mehr Frauen in Führungspositionen eröffnen dieser Generation an MINT-Professionals einen „historischen Möglichkeitsraum“ für gleichberechtigte Karrieren und tatsächliche Chancengleichheit (vgl. Boes 2013). Doch es besteht kein Automatismus. Die Chancen müssen von beiden Seiten ergriffen und ausgefüllt werden: zum einen von den Frauen selbst – und von ihren Partnern. Sie stehen in der Verantwortung ihre Erwartungen anzusprechen, sich proaktiv mit ihren Ideen und Vorstellungen einzubringen und vor allem vor der Herausforderung Führung tatsächlich anzunehmen. Denn nur dann haben sie die reale Chance, Unternehmenskulturen in dem von ihnen geforderten Sinne nachhaltig zu verändern. Die Unternehmen – wie auch die Universitäten und Hochschulen – sind ihrerseits aufgefordert, die von dieser Generation ausgehenden Signale sehr ernst zu nehmen. Es geht längst nicht mehr um Einzelmaßnahmen der Frauenförderung im Sinne von „fix the women“, sondern um übergreifende Veränderungsprozesse der Unternehmens- und Führungskultur, die unmittelbar mit ihrer künftigen Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbunden sind.

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2 | Weibliche Professionals in MINT-Berufen Wie sieht die Situation der Akademikerinnen in MINT-Berufen im Allgemeinen aus und wie für die Femtec-Alumnae im Besonderen? Wie verläuft ihr Berufseinstieg und in welchen Branchen und Bereichen sind die Alumnae vorwiegend tätig? Wie gestalten sich ihre beruflichen Werdegänge und ihre persönliche Lebenssituation? Welche Erwartungen haben sie an die Arbeitgeber? Mit den seit 2009 jährlich durchgeführten Verbleibsanalysen der Femtec lässt sich zu diesen Fragen ein erster Überblick geben.1 Zur Einordnung der Befunde in die Gesamtsituation der MINT-Absolventinnen und -Absolventen haben wir auf verschiedene, zeitlich unterschiedlich datierte Studien, Befragungen und Datenquellen zurückgegriffen, da eine aktuelle Gesamtanalyse zu Frauen in MINT-Berufen leider nicht vorliegt.2

ENTWICKLUNGEN IN MINT-BERUFEN Zunächst ist festzuhalten: die Anstrengungen der vergangenen Jahre, die Attraktivität der MINT-Berufe für junge Frauen zu erhöhen und mehr Frauen für einen entsprechenden Beruf bzw. ein Studium zu gewinnen, zeigen erste Erfolge.

1 Erstmalig ein Jahr nach ihrem Berufseinstieg und anschließend jedes zweite Jahr werden die Femtec-Alumnae in einer Onlinebefragung zu ihrem Studienabschluss, ihrem Berufseinstieg, ihrem Karriereverlauf, ihrer persönlichen Lebenssituation sowie ihren Erwartungen und Einstellungen befragt. 425 Alumnae haben mindestens einmal an der Befragung teilgenommen. 2 Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) hat 2011 eine erste umfassende Studie zu weiblichen Fach- und Führungskräften mit MINT-Qualifikation vorgelegt, die sich auf die deutsche Elektro- und IT-Branche bezieht.

Die MINT-Beschäftigung ist in den letzten Jahren insgesamt stark gewachsen. Insbesondere die Zahl an MINT-Akademikerinnen hat sich zwischen 2007 und 2011 deutlich erhöht (s. folgende Abb.). Beschäftigungswachstum sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter 2007-2011 Ingenieurinnen +25% +8%

Frauen insgesamt

In akademischen IT-Berufen +16% +16%

Frauen insgesamt

naturwissenschaftliche Berufe +33% +16%

Frauen insgesamt

Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Der Arbeitsmarkt in Deutschland – MINTBerufe, Nürnberg 2014, S. 8.

Vor allem in der Altersgruppe der unter 35-Jährigen in MINT-Berufen ist der Anteil von Mathematikerinnen, Naturwissenschaftlerinnen und Technikerinnen deutlich höher als insgesamt (s. Abb. rechts). Kaum eine Veränderung zeichnet sich allerdings noch immer bei den Informatikerinnen ab. Alles in allem ist der Frauenanteil im MINT-Bereich jedoch trotz dieser Zuwächse weiterhin gering. 2013 lag er bei 17 Prozent unter den akademischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Bundesagentur für Arbeit 2014). Zum Beispiel waren nur in knapp jedem zweiten Mitgliedsunternehmen des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) Ingenieurinnen tätig. Je größer das Unternehmen

Frauenanteile sozialversicherungspflichtig Beschäftigter in MINT-Berufen, 30. Juni 2013 Akademische Technikerinnen 16% 24%

insgesamt unter 35 jahren

Mathematikerinnen und Naturwissenschaftlerinnen 37% insgesamt 46% unter 35 jahren Informatikerinnen 14% 15%

insgesamt unter 35 jahren

Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Der Arbeitsmarkt in Deutschland – MINTBerufe, Nürnberg 2014, S. 7.

ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass dort Ingenieurinnen beschäftigt sind (VDE 2011).

MINT-STUDIENGÄNGE: AKTUELLE FRAUENANTEILE Auch hier sind Erfolge zu verzeichnen. Dennoch besteht weiterhin unverminderter Handlungsbedarf, um insbesondere in den Ingenieurwissenschaften die Unterrepräsentanz von Frauen abzubauen. Der Anteil an Studentinnen der Ingenieurwissenschaften hat sich seit den 1970er Jahren zwar verdoppelt, liegt aber aktuell dennoch nur bei 22 Prozent (Leszczensky et al. 2013, S.119, Statistisches Bundesamt 2014). Anders sieht es bei Mathematik und den Naturwissenschaften aus. Mit knapp 40 Prozent liegt ihr Anteil fast doppelt so hoch wie in den Ingenieur­

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Unter den Studienfächern der Femtec-Alumnae sind die Ingenieurwissenschaften mit 45 Prozent besonders stark vertreten. Ein wirtschaftsingenieurwissenschaftliches Fach haben 29 Prozent und ein naturwissenschaftliches Fach 26 Prozent gewählt. Sie studieren an einer Universität bzw. Hochschule des TU9-Verbundes4 oder an der ETH Zürich. 3 Studienabschlüsse umfassen hier alle Abschlussprüfungen, inkl. Promotionen 4 Zum TU9-Verbund gehören: RWTH Aachen University, TU Berlin, TU Braunschweig, TU Darmstadt, TU Dresden, Leibniz Universität Hannover, Karlsruher Institut für Technologie, TU München, Universität Stuttgart.

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DIE ALUMNAE DER FEMTEC

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Hier sind die Frauenanteile besonders gering. Im Wintersemester 2013 lag der Anteil an Studentinnen in der Informatik unter einem Fünftel und in der Elektrotechnik bei knapp über einem Zehntel. In absoluten Zahlen bedeutet dies für das Studien­ jahr 2013, dass 375 Absolventinnen einen Master in Elektrotechnik und 756 Studentinnen einen Master in Informatik erlangt haben. Ihre Promotion beendeten im gleichen Jahr 76 Elektrotechnikerinnen und 133 Informatikerinnen (Statistisches Bundesamt 2014).

Studienfächer der Femtec-Alumnae

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wissenschaften. Unter den Top 20 der Studienabschlüsse3 von Frauen sind lediglich die Biologie, die Mathematik und die Chemie als MINT-Fächer vertreten. Gänzlich anders ist das Bild bei den Studenten. Die Mehrheit der Top 20 sind MINT-Fächer und die Plätze 2 bis 4 werden von den Fächern Maschinenbau/-wesen, Elektrotechnik/ Elektronik und Informatik belegt.

Quelle: Femtec, Stand April 2015

Ihr Studium schließen Femtec-Alumnae überdurchschnittlich schnell und überdurchschnittlich gut ab, im Vergleich zur mittleren Studiendauer im MINT-Bereich5 benötigen sie fast zwei Semester weniger und haben etwas bessere Abschlussnoten6. Die Alumnae verfügen zudem über vielfältige Praxiserfahrung, wenn sie in den Beruf einsteigen. 90 Prozent haben parallel zum Studium gearbeitet, davon ein Großteil in einem fachnahen Bereich. Mehr als drei Viertel bringen zudem bereits Auslandserfahrungen aus der Zeit ihres Studiums mit. 5 Die mittlere Studiendauer im MINT-Bereich betrug im Jahr 2013 12,6 Semester. Die Femtec-Alumnae schließen durchschnittlich nach 11,0 Semestern ab (Statistisches Bundesamt 2014 und Verbleibsbefragungen der Femtec). 6 Die durchschnittliche Abschlussnote der Alumnae liegt bei 1,7. In den Naturwissenschaften und Mathematik schließen Studierende bundesweit im Durchschnitt mit 1,8 ab, in den Ingenieurswissenschaften mit 2,1 (Statistisches Bundesamt 2014 und Verbleibsbefragungen der Femtec).

MINT-Studentinnen sind hingegen zu weniger als einem Viertel studienbedingt im Ausland gewesen. Bei den Studenten ist es sogar noch nicht einmal ein Fünftel (DAAD/HIS 2013). Die ausgeprägte Auslandsorientierung hält bei den Alumnae auch nach ihrem Berufseinstieg an. In 85 Ländern waren sie für kürzere oder längere Zeit oder sind es aktuell (s. Weltkarte S.15).

ENTSCHEIDUNGEN ZWISCHEN WISSENSCHAFT UND WIRTSCHAFT Der Berufseinstieg gelingt den Absolventinnen sehr schnell. Knapp 70 Prozent der Alumnae haben ihre erste Stelle bereits spätestens einen Monat vor Abschluss des Studiums gefunden. Sechs Monate nach Studienende hatten 99 Prozent einen Job. In den ersten fünf Berufsjahren sind etwa zwei Drittel in der Wirtschaft und ein Drittel in der Wissenschaft beschäftigt. Ein Großteil derer, die an einer Universität bzw. Hochschule oder an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung tätig sind, hat sich zunächst für eine Promotion entschieden. Nach Abschluss der Promotion wechseln viele Alumnae in ein Unter­nehmen, so dass nach sieben bis neun Jahren im Beruf fast 80 Prozent in der Wirtschaft tätig sind. Die Professionals arbeiten in so vielen verschiedenen Branchen, dass hier nicht alle genannt werden können. Spitzenreiter ist mit einem Anteil von einem Fünftel die Automobilindustrie, es folgen mit jeweils knapp zehn Prozent der Maschinenbau und die Energie- und Versorgungsindustrie.

2 | Weibliche Professionals in MINT-Berufen

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AUFSTIEGS- UND KARRIEREORIENTIERUNG

PARTNERSCHAFT, KINDER UND FAMILIE

Femtec-Alumnae wollen Führungsverantwortung übernehmen. Zu Beginn des Careerbuilding-Programmes ist 93 Prozent der Teilnehmerinnen eine Leitungsfunktion wichtig in ihrem Leben. Ein Jahr nach ihrem Berufseinstieg ist es noch fast 90 Prozent eher oder sehr wichtig, eine leitende Funktion zu erreichen. Der Anteil bleibt auch in den folgenden Jahren hoch, sinkt aber kontinuierlich auf knapp 80 Prozent nach sieben Jahren im Beruf. Dies deckt sich mit den in den Workshops geäußerten Karrierevorstellungen der Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen (vgl. Kapitel 3).

Die Femtec-Alumnae sind größtenteils zwischen Anfang Zwanzig und Ende Dreißig. Rund 80 Prozent von ihnen leben in einer festen Partnerschaft oder sind verheiratet. Über 90 Prozent der Partner/innen sind ebenfalls berufstätig. Den Anspruch, dass in ihrer Beziehung beide ihre beruflichen Karrieren

Führungspositionen sind den hochqualifizierten Frauen nicht nur wichtig, sie erreichen sie auch schnell und überdurchschnittlich häufig. Nach einem Berufsjahr ist bereits ein Viertel von ihnen Projektleiterin. Nach drei bis fünf Jahren Berufserfahrung haben 40 Prozent diese Position erreicht und nach sieben bis neun Jahren im Beruf sind insgesamt 60 Prozent in einer Leitungsposition tätig (s. Abb. rechts). In akademischen naturwissenschaftlich-technischen Berufen übten 2010 aber nur gut ein Drittel der Frauen und die Hälfte der Männer eine Führungsposition aus (Leszczensky et al. 2013, S. 146).

realisieren können, haben fast alle Alumnae (95 Prozent).

Fach- und Führungsverantwortung der Alumnae Angestellte ohne Personal­ verantwortung Projektleiterin Team- oder Gruppenleiterin Abteilungs-/Bereichsleiterin Konzernleitung/Geschäftsführung

71

51

40

40 36

25

13 3

0 1

< 1 Jahr

7

9 1 0

3-5 Jahre 7-9 Jahre Berufserfahrung Quelle: Femtec-Verbleibsbefragungen 2009-2015

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Allerdings gehen 70 Prozent der Alumnae aktuell davon aus, dass es schwierig werden wird, die eigenen beruflichen Wünsche und die des Partners/ der Partnerin gleichermaßen zu verwirklichen. In über der Hälfte der Partnerschaften haben beide eine annähernd gleich hohe berufliche Stellung. Allerdings sind die jungen Frauen seltener als ihr Partner/ ihre Partnerin in einer höheren Position tätig (16 zu 26 Prozent). Die Alumnae sind beruflich ambitioniert, doch zugleich ist der Wunsch nach einer Familie stark ausgeprägt. Zwei Drittel der Alumnae wollen auf jeden Fall Kinder haben, ein knappes Fünftel ist in der Hinsicht noch nicht entschieden. Ein weiteres Fünftel ist bereits Mutter, drei Viertel davon mit einem Kind. Aufschlussreich ist, dass die Alumnae eine vergleichsweise kurze Elternzeit nehmen: 83 Prozent sind maximal ein Jahr in Elternzeit, 36 Prozent nur bis zu sechs Monate. In der zum Vergleich herangezogenen VDE-Umfrage blieb jedoch ca. die Hälfte der befragten Frauen aus der Elektro- und Informationstechnik länger als ein Jahr zu Hause, und nur 17 Prozent bis zu sechs Monaten (VDE 2014, S. 18). Von den Femtec-Alumnae steigt über ein Drittel nach der Elternzeit mit voller Arbeitszeit wieder ein. MINT-Akademikerinnen mit Kind, die zehn Jahre nach Studienabschluss befragt wurden, arbeiten dagegen nur zu einem Viertel in Vollzeit (DGB 2013, S. 11). Weitere 16 Prozent der Alumnae beginnen nach der Elternzeit mit mindestens 75 Prozent Arbeitszeit.

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KRITERIEN FÜR ATTRAKTIVE ARBEITGEBER Die Befragungen zeigen, dass die Alumnae weniger an „klassischer“ Teilzeit als an flexiblen Zeit- und Arbeitsmodellen interessiert sind. Flexible Arbeitszeiten und eine gute Work-Life-Balance bekommen für Alumnae, ob mit oder ohne Kinder, auch bei der Wahl eines Arbeitgebers mit der Zeit eine größere Bedeutung. Für 84 Prozent sind flexible Arbeitszeiten und für 90 Prozent eine gute Work-Life-Balance schon nach dem ersten Berufsjahr ein wichtiger

Aspekt, nach sieben Jahren nimmt die Bedeutung noch weiter zu. Eine gute soziale Infrastruktur u. a. in Form von Kindergärten und Schulen wird ebenfalls konti­ nuierlich wichtiger. Ein Jahr nach dem Start in den Beruf sehen gut 40 Prozent ein diesbezüg­ liches Angebot als ein Kriterium für einen attrak­ tiven Standort, nach sieben Jahren sind es bereits 60 Prozent. Den Arbeitgeber wegen besserer Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu wechseln, kommt für fast alle zumindest als Option in einer späteren Lebensphase in Betracht.

Auf jeden Fall würden dies 56 Prozent derjenigen mit sieben Jahren Berufserfahrung tun, kurz nach dem Berufs­einstieg waren es nur 36 Prozent. Für junge Ingenieurinnen und Ingenieure, die vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) befragt wurden, hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine mittlere Bedeutung bei der Jobwahl. Der Verdienst ist ihnen wichtiger (VDI 2014, S. 8). Für die Femtec-­ Alumnae sind bei der Arbeitgeberwahl außerdem die Teamkultur und eine abwechslungsreiche Aufgabengestaltung wichtig, die Höhe des Gehalts spielt hingegen eine geringere Rolle.

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Femtec-Alumnae weltweit

Ägypten Argentinien Australien Belgien Bolivien Brasilien Chile China Costa Rica Dänemark Deutschland Dominikanische Republik Ecuador Estland Finnland Frankreich Ghana Griechenland Großbritannien Guatemala Honduras Indien Indonesien Irland Israel

Italien Jamaika Japan Jordanien Kambodscha Kanada Kasachstan Kenia Kolumbien Kroatien Kuwait Laos Lesotho Liechtenstein Luxemburg Madagaskar Mali Malta Marokko

Mexiko Namibia Nepal Neuseeland Nicaragua Niederlande Norwegen Oman Österreich Panama

Paraguay Peru Philippinen Polen Portugal Rumänien Russland Schweden Schweiz Serbien

Singapur Slowenien Spanien Sri Lanka Südafrika Südkorea Taiwan Tanzania Thailand Togo

Tschechien Türkei Uganda Ukraine Ungarn Uruguay USA Venezuela Vereinigte Arabische Emirate Vietnam

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3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen Was macht für MINT-Absolventinnen einen spannenden Arbeitgeber aus? Was beeinflusst ihre Entscheidung? Welche Erfahrungen sammeln sie im Bewerbungsprozess? Wie nehmen sie die Unternehmen wahr? Wie gestalten sich das Onboarding und die ersten Karriereschritte? Das folgende Kapitel widmet sich den Erfahrungen der Absolventinnen vorwiegend in den ersten Berufsjahren, mit dem Schwerpunkt Industrie. Auf die Erfahrungen der Absolventinnen, die sich für eine Promotion und Stellen an Universitäten bzw. Hochschulen und Forschungseinrichtungen entschieden haben, wird im Kapitel 7 eingegangen.

ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN: „BEGEISTERUNG FÜR TECHNIK“ UND GUTE PERSPEKTIVEN Nahezu durchgängig beschreiben die Absolventinnen ihre Motivation, spannende und herausfordernde Aufgaben übernehmen zu wollen. Die „Begeisterung für Technik“ hat bereits ihre Studien­ wahl bestimmt, und so ist es ein zentrales, wenn auch nicht unbedingt erstaunliches Ergebnis, dass ein wichtiges Kriterium für die Wahl der ersten Arbeitgeber weniger das Unternehmen an sich ist, sondern die mit der Stelle verbundenen Aufgaben und Herausforderungen. Der „Link zur Technik“ ist für die Alumnae immens wichtig und bleibt es auch – zumindest für die ersten Jahre ihres Berufs­ lebens. Die Technik steht im Vordergrund, auch

wenn es unter den Young Professionals bereits die eine oder andere gibt, die sich später eine Managementfunktion vorstellen kann. So beschreibt eine Elektrotechnikerin, dass sie sehr froh sei, nach einer vorübergehenden Tätigkeit im Preismanagement erneut in einem technischen Bereich tätig zu sein: „Ich brauche ein spannendes, abwechslungsreiches Umfeld. Nur Zahlen hin- und her zu schieben, das war es nicht.“ Sie finden es gut, dass ihre Tätigkeiten „Auswirkung“ haben und die Ergebnisse „sichtbar“ werden. Sie sind stolz auf ihr Können und ziehen daraus Bestätigung. Für diejenigen, die als Vorgesetzte oder Teamkollegen/innen in den Unternehmen mit dieser Generation zu tun haben, heißt dies vor allem, die jungen Frauen fachlich nicht zu unterschätzen und ihnen herausfordernde Aufgaben zu bieten und ein Arbeitsumfeld, in das sie sich einbringen können. Neben der fachlichen Seite ist jedoch noch ein anderes Kriterium wichtig. Die Absolventinnen der Femtec wissen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt sehr gute Chancen haben. Auch dies war bereits ein Kriterium für ihre Studienwahl. In den Workshops wurde sehr deutlich, wie wichtig es den jungen Frauen ist, finanziell unabhängig zu sein. Sie betonen, dass es nicht das „Geld an sich“ sei, was sie antreibe, aber die Freude und Gewissheit, nun für sich selbst sorgen zu können, auf „eigenen Füßen“ zu stehen. Und auch die Freude, sich etwas leisten zu können, wird spürbar, auch wenn es um etwas vergleichsweise Bescheidenes, wie das erste schicke Fahrrad, geht. So machen u. a. gute Einkommenschancen aus Sicht der Absolventinnen die Attraktivität von

Großunternehmen aus, neben ihrer internationalen Ausrichtung und der Bandbreite der Tätigkeiten und Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die sie in der Regel bieten. Die Alumnae sehen sich selbst zumeist als pragmatische Persönlichkeiten. Beispielsweise beschreibt eine Wirtschaftsingenieurin, dass sie auch sehr krea­tive Seiten habe und Begabung für Sprachen und Geisteswissenschaft – wozu ihr die Lehrer auch geraten hätten, doch habe sie sich bewusst für die Sicherheit eines Ingenieurstudiums und -berufs entschieden. Die Femtec-Absolventinnen verstehen sich nicht als „Weltverbesserinnen“, auch wenn viele von ihnen sozial engagiert waren und zum Teil noch sind. Sie trennen dies strikter von ihrem Beruf, als sie dies zum Beispiel bei Freundinnen und Freunden aus Sozialberufen erleben. Dennoch spielen bei der Wahl des Arbeitgebers politische und soziale Aspekte zwar keine dominierende, aber auch keine zu unterschätzende Rolle: die Produkte und die Kultur eines Unternehmens, sein Auftreten als „corporate citizen“ wird durchaus wahrgenommen. Alumnae, denen diese Aspekte sehr wichtig sind, entscheiden sich tendenziell eher für ein kleineres Unternehmen.

3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

BERUFSEINSTIEG: „SPÜREN, FÜHLEN, SEHEN“, WAS SIE ERWARTET Der Berufseinstieg gelingt den Absolventinnen der Femtec ohne Probleme und sehr schnell. Die Absolventinnen wissen, dass sie sich als Teilnehmerinnen am Careerbuilding-Programm der Femtec in einer ‚herausgehobenen Position befinden. Entsprechend hoch sind ihre Erwartungen beim Berufseinstieg, vor allem auch an umfassende und authentische Informationen. In den Workshops wurde vielfach der Wunsch geäußert, vorab möglichst viel über die Strukturen und die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen zu erfahren. Die Alumnae wollen „spüren, fühlen, sehen“, was sie erwartet. Dieses Informationsbedürfnis könnte bei Frauen in MINT-Berufen besonders ausgeprägt sein. Wie oben beschrieben, sind es vor allem das fachliche Profil und die damit verbundenen konkreten Auf­ gaben und Fragestellungen, die für sie das wichtigste Entscheidungskriterium darstellt. Zudem wollen die Alumnae gut einschätzen können, worauf sie sich bei einer Stellenzusage einlassen. Daher erwarten sie authentische Informationen anstelle von „Hochglanzbroschüren“, wie es in den Workshops klipp und klar formuliert wurde. Die meisten der jungen Frauen wollen später Kinder und nachvollziehbarer Weise die Zeit bis dahin möglichst gut beruflich nutzen. Der Wunsch zu wissen, auf was sie sich einlassen, ist nicht nur bei den Berufsein-

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steigerinnen anzutreffen, sondern gilt umso mehr für die Professionals mit mehrjähriger Berufserfahrung, wenn sie einen Wechsel des Arbeitsgebers erwägen. Beiden Gruppen liegt daher sehr viel daran, den zukünftigen Chef – respektive die Chefin – sowie nach Möglichkeit das Team und den Arbeitsplatz vor der endgültigen Entscheidung für eine Stelle kennenzulernen. Teilweise wird dieses Vorgehen bereits praktiziert, was beim Praxisdialog sowohl bei den Alumnae als auch bei Vertreter/innen anderer Unternehmen auf sehr positive Resonanz traf.

AUSWAHLPROZESSE: GERN „AUTHENTISCH“ UND „OHNE VIEL TANZ“ Ein zentrales Ergebnis der Workshops in punkto Auswahlprozesse ist, dass es die Alumnae übereinstimmend positiv bewerten, wenn der Fachbereich am Auswahlprozess stark beteiligt ist. Eine weitere Empfehlung betrifft die bewusste Einbeziehung von Frauen aus dem betreffenden Unternehmen in die Vorstellungsgespräche. Diese können als „Role Model“ fungieren und den jungen Frauen wichtige Identifikationsmöglichkeiten bieten. Aufschlussreicherweise – und dies deckt sich mit vergleichbaren Befunden zur Einstellung der Generation Y – setzen die Absolventinnen im Prinzip vor­ aus, dass sich im Vorstellungsgespräch beide Seiten umeinander bewerben und sind eher erstaunt bzw.

negativ überrascht, wenn dieses Verständnis beim Gegenüber nicht vorhanden ist. Sehr deutlich wird, dass ein zügiger Auswahlprozess die Entscheidung für einen Arbeitgeber positiv beeinflussen kann. Wie oben dargestellt, haben die Femtec-Alumnae beste Chancen und werden sehr schnell vom Arbeitsmarkt aufgenommen. Hier können nun vor allem die kleineren und mittleren Unternehmen ihre Chancen nutzen. Diejenigen Femtec-Absolventinnen, die sich im ersten Schritt für ein kleineres oder mittelständisches Unternehmen entschieden haben, betonen unisono, dass die Dauer von der Bewerbung bis zur Entscheidung kurz war und sie darüber hinaus den Prozess als „sympathisch“, „authentisch“ und „ohne viel Tanz“ erlebt hätten. Demgegenüber sehen sich Großunternehmen im Nachteil, da ihre Rahmenbedingungen i. d. R. andere sind und sich Auswahlprozesse oft über Wochen und Monate hinziehen können. Auch wenn meist relativ schnell feststeht, welche

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3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

Bewerber/innen für die Stelle keinesfalls in Betracht kommen, kann auch diesen erst abgesagt werden, wenn die Stelle tatsächlich besetzt worden ist. Um Auswahlprozesse zu beschleunigen, gehen Personalabteilungen daher im Einzelfall dazu über, Reaktionszeiten für Führungskräfte festzulegen. Wenn in der gesetzten Frist keine Entscheidung getroffen wird, wer zu einem Gespräch eingeladen werden soll, wird das Verfahren geschlossen.

DIE ERSTEN 100 TAGE: „LOSLAUFEN“ ALS KLARE ERWARTUNG AN NEUE MITARBEITER/INNEN In den ersten hundert Tagen scheinen teilweise recht unterschiedliche Erwartungen von Seiten der Einsteigerinnen und der Unternehmen aufeinander zu treffen. Sowohl bei Partnerunternehmen als auch bei anderen Unternehmen erlebten die Berufseinsteigerinnen, aber auch erfahrene Femtec-Alumnae, dass am ersten Arbeitstag vermeintliche Basics wie ein Computer oder das zugehörige Passwort fehlten. Umgekehrt erwarten die Unternehmen Eigeninitiative und setzen voraus, dass die neuen Kolleginnen ihrerseits einfordern, was sie brauchen um „loslaufen zu können“, so die Formulierung einer Unternehmensvertreterin. Aus Sicht der Alumnae wird diese Erwartungshaltung von den Unternehmen jedoch nicht immer

Impulse aus der Praxis für die Praxis 10 Punkte-Plan für Einsteiger/innen mit Dos and Don’ts im Unternehmen Meine ersten 100 Tage – Berichte auf Webseite oder im Intranet des Unternehmens Gemeinsamer Einarbeitungstag für Praktikant/innen, Einsteiger/innen und Standortwechsler/innen – bietet Netzwerkoptionen und erhöht Personenanzahl klar genug kommuniziert. Eine Absolventin musste sich beispielsweise immer wieder selbst sagen: „Es sind die ersten 100 Tage im Job. Du kannst nicht alles wissen, du kannst nicht alles kennen. Du bist ein stückweit angewiesen auf andere. Du musst Fragen stellen, aber eigentlich hat das Unternehmen auch eine Fürsorgepflicht, dich einzuführen.“ Bei den ersten Schritten im Unternehmen unterstützen Kolleg/innen häufig bereit­willig, doch wünschen sich viele Absolventinnen darüber hinaus eine strukturierte Einarbeitung. So traf das Beispiel eines Unternehmens, das allen neuen Mitarbeiter/innen ein bestimmtes Zeitbudget zubilligt, das spezifisch für die Einarbeitung genutzt

werden soll, auf positive Resonanz. Absolventinnen und Unternehmensvertreter/innen überlegten beim Praxis-Dialog gemeinsam, wie ein Unternehmen neuen Mitarbeiter/innen das Onboarding erleichtern und zugleich Eigeninitiative unterstützen kann. Berichte von Mitarbeiter/innen über ihre ersten 100 Tage im Unternehmen, die auf die Webseite oder in das Intranet des Unternehmens gestellt werden, können einen guten Eindruck vermitteln, was in dem Unternehmen üblich ist. Hilfreiche Informationen, auf was Einsteiger/innen in den ersten 100 Tagen achten sollten, lassen sich zudem in einem 10 Punkte-Plan festhalten, so ein weiterer Impuls. Hier könnten Hinweise Platz

3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

finden, die ansonsten vielleicht erst später den Weg zu Einsteiger/innen finden würden, beispielsweise feststehende soziale Termine, die eine gute Vernetzungsmöglichkeit darstellen. Ferner wird ein gemeinsamer Einarbeitungstag für Praktikant/innen, Einsteiger/innen und Standortwechsler/innen als eine Option zum Kennenlernen des Unternehmens angesehen. Außerdem bietet eine solche Veranstaltung nebenbei Gelegenheiten zum Kennenlernen neuer Kolleg/innen und die Möglichkeit zum Netzwerken.

TRAINEE-PROGRAMME: „DU MUSST EINEN FUSSABDRUCK HINTERLASSEN“ Vergleichsweise breiten Raum nahmen in den Diskussionen der Berufseinsteigerinnen die Erfahrungen mit Trainee-Programmen und deren Vor- und Nachteile im Vergleich zum Direkteinstieg ein. Trainee-Programme sind heute in der deutschen Unternehmenslandschaft ein relativ weit verbreitetes Modell für die Einstiegsphase, zumindest bieten die Femtec-Partnerunternehmen diese alle­ samt an. Die Trainee-Programme haben dabei entweder einen fachlichen Fokus oder sprechen High Potentials als zukünftige Führungskräfte an. Diejenigen Absolventinnen, die ein Trainee-Programm absolviert haben, betonen vor allem die Netzwerkwirkung dieser Unternehmensprogramme. Sie lernen innerhalb kurzer Zeit nicht nur die anderen Trainees kennen, sondern über die verschiede-

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nen Stationen auch sehr viele Personen im Unternehmen. Selbst wenn sich im Unternehmen kein aktives Netzwerk der Ehemaligen etabliert hat, so schafft bereits die gemeinsame Teilnahme am Programm eine gewisse Verbundenheit der Teilnehmer/innen untereinander. Für die aktive Trainee-Phase wünschen sich einige Alumnae unternehmensseitig ein noch stärkeres Engagement, das Netzwerk der Trainees aufzubauen und zu unterstützen. Einen weiteren Pluspunkt der Programme bildet aus Sicht der Alumnae, dass sie bereits während des Programms eigenständig Projekte bearbeiten konnten. Positiv wird außerdem die hohe Sichtbarkeit in unterschiedlichen Bereichen durch die verschiedenen Stationen wahrgenommen. Eine Alumna wurde in ihrem Unternehmen wie folgt dazu aufgefordert diese Gelegenheit zu nutzen. „Du musst einen Fußabdruck hinterlassen. Überlege dir genau, was du tust, wir müssen uns an dich erinnern können.“ Wo gibt es Verbesserungsbedarfe? Die Alumnae wissen es zu schätzen, wenn sie Einfluss auf die einzelnen Stationen nehmen können. Dies korres­pondiert mit der allgemeinen Einstellung der MINT-Absolventinnen, bereits als Berufseinsteigerinnen mit ihren Erwartungen ernst genommen werden zu wollen. Vielfach wurde der Wunsch nach besserer Planbarkeit und stärkerer Einbeziehung in Entscheidungen über den Ablauf des Programms geäußert. Optimierungspotenzial sehen die Workshop-Teilnehmerinnen auch beim Übergang von einem

Trainee-Programm in eine feste Stelle. Sofern die Zielstelle während des Trainee-Programms noch nicht feststeht, empfinden die Alumnae vor allem zum Ende des Programmes Unsicherheit über ihre Perspektiven. Es ist die Rede von einem „Vakuum nach dem Trainee-Programm“. Wenn sich Alumnae nach ihrem Trainee-Programm innerhalb des Unternehmens auf eine Stelle bewerben, machen sie teilweise die – vorher eben oft nicht antizipierte – Erfahrung, mit externen Bewerber/innen gleichgestellt zu werden und beispielsweise dasselbe Auswahlverfahren durchlaufen zu müssen. Zudem berichten einzelne Trainees, dass ihnen im Unternehmen die Haltung begegnet sei, sie hätten zwar viel gesehen, könnten nach dem Trainee-Programm „aber nichts so richtig“. Wichtig erscheint auf Grundlage dieser Erfahrungen, dass auf Seiten der Unternehmen die betreuenden Personen kluges Erwartungsmanage-

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ment machen und die Trainees immer wieder auf die Anforderungen des „normalen“ Berufsalltags mit seinen Hürden und Klippen vorbereiten. „Beim Traineeprogramm wird man gepäppelt, bekommt alles in den Popo geschoben, bekommt einen Mentor. Dann kommt man ins normale Leben und ist wirklich auf das Wohl des Vorgesetzten angewiesen.“ Die starke Abhängigkeit ihrer Karriereoptionen vom jeweiligen Chef bzw. der jeweiligen Chefin ist für viele Absolventinnen eine der im positiven wie im negativen Sinne prägendsten Erfahrungen ihrer ersten Berufsjahre.

PERSONALENTWICKLUNG: „BRUTAL ABHÄNGIG VOM CHEF“ Die Rolle von Vorgesetzten bei der Personalentwicklung beschäftigt die Alumnae daher intensiv. Dies ist auch im Zusammenhang damit zu sehen, dass vielfach die Transparenz und Verlässlichkeit von Personalentwicklung als gering wahrgenommen wird. Für viele stellt sich, obwohl sie sehr positives Feed­ back bekommen, die Frage, wie es für sie weiter geht. Bisweilen erhalten die Berufseinsteigerinnen aus der Femtec geradezu „euphorische“ Prognosen zu ihrer bevorstehenden Karriere. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb, fehlt es den jungen Frauen vielfach an konkreten Hinweisen, was sie denn als nächstes anpacken sollen, um tatsächlich

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in die Entscheidungs- und Führungsetagen zu kommen. Sie können selbst (noch) nicht erkennen, wo ihre Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven liegen. Die Förderung und Entwicklung von Mitarbeiter/innen nehmen die Alumnae damit trotz ausdifferenzierter Personalentwicklungsprozesse als sehr chefabhängig und wenig transparent wahr. Was Führungskräfte motiviert, Personalentwicklung zu betreiben bzw. umgekehrt sie davon abhält, wird dabei recht unterschiedlich eingeschätzt. Nicht selten gilt eine Alumna als die beste Mitarbeiterin. Der Chef habe daher kein Interesse, sie „wegzuloben“. Ähnlich sieht es eine Alumna, die schon mehrere Jahre im Beruf steht: „Was hat eine Führungskraft davon, dass sie dich promotet: eigentlich nichts, bestenfalls ein gutes Gefühl und eine Stelle, die wieder besetzt werden muss.“ Eine optimistischere Sicht vertritt eine andere Alumna, die als Führungskraft bei einem Femtec-Partnerunternehmen tätig ist: „Ein Chef, der jemanden fördert, bekommt eine freigewordene Stelle schnell wieder besetzt, weil sich rumspricht, dass es ein guter Chef ist.“ Auch ein Gewinn für die Führungskraft ist denkbar: „Wenn dein Zögling woanders hingeht, vergrößerst du dein Netzwerk.“ Für den Zugang zu Personalentwicklungsmaßnahmen ist die Bewertung durch die eigene Führungskraft zumeist entscheidend. Wenn man diese Bewertung als unangemessen empfindet, brauche man eine Person, der man vertraut, da sich im Unternehmen rumspreche, wie man in dieser Situation agiert. Sowohl der Betriebsrat als auch der Personalbereich werden hierbei nicht unbe-

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dingt als hilfreich wahrgenommen. Kritisch schätzen Alumnae außerdem die Funktion von Personalabteilungen bei der Personalentwicklung ein: „Eine Personalabteilung macht Personalmanagement, aber keine richtige Personalentwicklung, sondern Verwaltung.“ Dieser Einschätzung steht das Instrument PEP bei EnBW entgegen. Der Persönliche Entwicklungsplan ist ein gutes Beispiel für eine weniger chefabhängige Personalentwicklung (siehe Interview mit Marcel Schmid-Oertel, Leiter Personal und Matthias Spengler, Leiter Führung, Entwicklung, Recruiting bei EnBW auf den Seiten 22/23). Vor allem die Absolventinnen, die einen schnelleren Aufstieg innerhalb eines Unternehmens erwartet haben, fangen dann an, über einen Wechsel des Arbeitgebers nachzudenken und gehen dem Unternehmen möglicherweis zu rasch verloren. Vergleichbar mit manchen Problemen nach den Trainee-Programmen prallen auch hier die Erwartungen teilweise stark aufeinander: Die Unternehmen erwarten von den jungen Frauen durchaus zurecht, dass diese sich zunächst beweisen und verlangen Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme von ihnen. Oft genug können oder wollen die Vorgesetzten und Personalabteilungen jedoch die nächsten Entwicklungsschritte nicht konkret aufzeigen. Viele der jüngeren Femtec-Alumnae sind durchaus bereit sich einzubringen, da ihnen jedoch die Orientierung fehlt, empfinden sie die Situation als ernüchternd und unbefriedigend. Ihr Bedürfnis, sich möglichst schnell und konkret damit auseinander zu setzen, wohin die Reise für sie gehen kann, wird nicht in dem Maße erfüllt, wie sie es sich wünschen.

Mehrfach wird von Berufseinsteigerinnen auch betont, wie wichtig es ihnen ist, dass sie mit ihrer Persönlichkeit und „als Mensch“ in den Unternehmen akzeptiert und respektiert werden und wie entscheidend dies für ihre Motivation und ihre Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ist. Wenn die Unternehmen ihre oft unter großem Aufwand und Kosten rekrutierten MINT-Einsteigerinnen halten wollen, so ist der ersten Phase noch sehr viel mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Eine vordringliche Aufgabe dürfte sein, hier vor allem Führungskräfte und Vorgesetzte darauf einzustellen, dass sie es mit hochmotivierten und leistungsbereiten, aber eben auch anspruchsvollen Mitarbeiterinnen zu tun haben.

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3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

„Für PEP ist immer Zeit. Nicht erst in drei Monaten, sondern innerhalb weniger Wochen.“ Interview mit Marcel Schmid-Oertel, Leiter Personal und Matthias Spengler, Leiter Führung, Entwicklung, Recruiting bei EnBW Beim Praxis-Dialog des Projektes „Frauenkarrieren in MINT“ haben Sie, Herr Schmid-Oertel, mit Ihrem Instrument PEP für Aufmerksamkeit bei MINT-Professionals gesorgt. Persön­ licher Entwicklungsplan klingt erst einmal jedoch nicht ungewöhnlich. Was ist das Besondere an Ihrem Instrument? Schmidt-Oertel: Entwicklungspläne sind in der Personalentwicklung tatsächlich nichts Neues. Dennoch ist PEP äußerst innovativ. EnBW gibt jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin die Entscheidung in die Hand, mit wem er bzw. sie ein einstündiges Gespräch über den Persönlichen Entwicklungsplan führen möchte. Jede Führungskraft kann angesprochen werden. Es darf natürlich auch der direkte Vorgesetzte sein, muss es aber nicht. Auch ein PEP-Gespräch mit einem Vorstand ist möglich. Das war zunächst ein Kulturschock: Ich kann einfach woanders hingehen und bekomme ein Feedback, ohne dass mein Chef das wissen muss. In meinem Persönlichen Entwicklungsplan beschreibe ich kurz und knapp meinen beruflichen Werdegang und meine Entwicklungsziele. Ich mache mir Gedanken, welche Kompetenzen, Erfahrungen und Stärken ich habe und wo ich selbst Entwicklungsbedarfe sehe. Das ist die Basis für das PEP-Gespräch.

In einem hierarchischen Unternehmen zeugt ein Instrument wie PEP für einen bewussten Kulturwandel. Wie sehen Führungskräfte PEP?

erfahrene Führungskraft vielleicht auch einfach mal gelassen von den eigenen Weichen im Leben, die nicht immer so geplant waren. Das ist mit diesen Gesprächen auch angelegt.

Spengler: Alle Führungskräfte sind aufgefordert PEP-Gespräche zu führen, wenn Mitarbeiter sie ansprechen. Das Commitment des Vorstandes ist groß und die Haltung eindeutig: Für PEP ist immer Zeit. Nicht erst in drei Monaten, sondern innerhalb weniger Wochen.

Wie reagieren die Mitarbeiter auf das neue Angebot?

Schmid-Oertel: Die Idee zu PEP kommt aus dem TOP-Manage­ ment von EnBW und wurde vor ungefähr einem Jahr in einem Workshop mit dem Vorstand entwickelt. Wir wollen eine stärkere Mobilität innerhalb des Unternehmens. Dafür sind Kontakte und Sichtbarkeit gut. Die Mitarbeiter können sich in einem Bereich, der sie interessiert, bekannt machen. Sie haben die offizielle Erlaubnis oder Aufforderung dazu. Besonders für Mitarbeiterinnen fällt damit unter Umständen eine Hemmschwelle weg. Vielleicht entsteht unmittelbar etwas aus dem Gespräch, vielleicht mittelbar, indem die Führungskraft die Person im Kopf behält oder weiterempfiehlt.

Spengler: Wir haben PEP auf einer Mitarbeiterversammlung vorgestellt. Anfangs waren die Mitarbeiter skeptisch. Es hat dann an Dynamik gewonnen, indem ein Austausch unter den Mitarbeitern in Gang kam. Die ersten haben PEP-Gespräche geführt, das spricht sich schnell rum. Es ist aber bewusst freiwillig. Diejenigen, die sich verändern wollen, können PEP proaktiv nutzen. Diejenigen, die sagen, ich bin zufrieden und möchte gar nicht wechseln, die müssen nicht durch den Konzern tingeln. Schmid-Oertel: Wir stellen die Eigenverantwortung des Mitarbeiters für die eigene Entwicklung in den Vordergrund nach dem Motto: „Werde dir selber klar, was du willst. Reflektiere das mit zwei, drei Leuten und dann sprechen wir über konkrete Maßnahmen.“

Die Führungskraft kann also zum Multiplikator werden?

Können Sie schon Erfolgsgeschichten erzählen?

Schmid-Oertel: Ja, jede Führungskraft hat ein Netzwerk, von dem der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin profitieren kann. Gerade jungen, veränderungswilligen Menschen erzählt eine

Schmid-Oertel: Ja, wir wissen von einigen Beispielen, wo die Entwicklung eines Mitarbeiters über Bereichsgrenzen hinweg seinen Ausgangspunkt in einem PEP-Gespräch hatte.

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Solche Erfolge sind wichtig. Wir haben keine Zahlen, wie viele PEP-Gespräche schon geführt wurden, weil wir dies nicht erfassen. Für einen sportlichen Ansporn programmieren wir gerade einen anonymen Zählbutton für das Intranet, um zu sehen, wie viele Gespräche geführt werden. So bleibt das Thema außerdem präsent und eine Führungskraft, die noch kein PEP-Gespräch geführt hat, sieht, dass die Zahl an Gesprächen kontinuierlich steigt. PEP wurde gleich unternehmensweit eingeführt. Im Personalbereich experimentieren Sie außerdem aktuell mit agilen Teams. Was ist ein agiles Team? Schmid-Oertel: Wir haben in einem buntgemischten Workshop mit Führungskräften und Mitarbeitern Themen priorisiert, mit denen sich der Personalbereich in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Diese Themen werden nun von Mitarbeitergruppen, sogenannten agilen Teams, bearbeitet und nicht in einer Runde von Führungskräften. Die Mitarbeiter haben hierfür einen Freiraum von 40 Prozent ihrer Arbeitszeit für acht Wochen. Sie können sich für die Stellen in diesen agilen Teams bewerben. Nur die Werkstattleitungen legen wir vorher fest. Auch das sind keine Führungskräfte. Der Freiheitsgrad der Teams ist dann sehr hoch. Spengler: Von den Führungskräften gibt es das Commitment, die Mitarbeiter an zwei Tagen der Woche für diese Phase frei-

zustellen. Die Maxime ist, dies zu ermöglichen, auch wenn es zunächst undenkbar erscheint. Welches Ziel verbinden Sie mit der Initiierung dieser agilen Teams? Schmid-Oertel: Wir versuchen Menschen in agilen Teams zusammenzubringen, die sich auf eine andere Art mit Dingen auseinanderzusetzen, als es in der klassischen Hierarchie unseres Unternehmens vorgesehen ist. Wenn wir die Menschen zusammenbringen, steigern wir auch die Bereitschaft miteinander zu arbeiten. Ich kenne den Menschen dann, wir kommen raus aus der Unpersönlichkeit, die Person hat plötzlich einen Namen. Ich greife dann auch viel eher zum Telefon und schicke nicht nur eine E-Mail. Ich verändere meine Haltung. Das ist das wichtigste. Ich wollte in meinem eigenen Verantwortungsbereich ausprobieren, Menschen zusammenzubringen. Ähnlich wie PEP sind agile Teams ein kostengünstiges Instrument, das sehr wirksam sein könnte. Wenn wir positive Erfahrungen damit machen, können wir es anderen Bereichen empfehlen. Interesse gibt es bereits. Es braucht nur Mut und ein bisschen Zeit es auszuprobieren. Ein hoher Freiheitsgrad klingt für mich nach Ergebnisoffenheit. Wo stoßen Sie da auf Herausforderungen? Schmid-Oertel: Die Teams sollen offen denken und ent­

Matthias Spengler

Marcel Schmid-Oertel

3 | Berufseinstieg und erste Karriereerfahrungen

wickeln. Die Ergebnisse können dabei schon auch mal mit Konzepten von Führungskräften zusammenstoßen. Die Frage ist dann, wie die Führungsmannschaft damit umgeht. Ist man „beleidigt“ oder gibt man dem Vorschlag eine Chance, weil sich kluge Leute Gedanken gemacht haben. Spengler: Ein Effekt der agilen Teams ist auch, dass sich das Führungsteam innerhalb des Personalbereichs miteinander weiterentwickeln kann. Die Führungskräfte rücken näher zusammen, weil sie an gemeinsamen Themen arbeiten. Die agilen Teams werden nicht durch Führungskräfte, sondern durch sogenannte Werkstattleitungen geführt. Das sind ausgewählte Mitarbeiter. Haben Sie auf diese Weise eine neue Maßnahme zur Personalentwicklung geschaffen? Schmid-Oertel: Wir haben die Werkstattleitungen ganz klar nach Kompetenz für das Thema besetzt. Die meisten agilen Teams werden – das wird mir gerade bewusst - von Frauen geleitet. Eine Werkstattleitung bringt auf jeden Fall Sichtbarkeit und hebt den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin auf eine andere Plattform. Es ist eine Chance zum Ausprobieren und kann der Impuls für eine Personalentwicklung, beispielsweise einen Aufstieg zur Führungskraft, sein. Wenn es klappt, ist es gut, wenn nicht, ist es nicht schlimm.

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4 | Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending? Für sehr viele Alumnae sind die Themen Flexibilität, neue Arbeitsmodelle und Work-Life-Balance bzw. Work-Life-Blending von zentraler Bedeutung. Hierbei geht es für sie nicht nur um moderne Methoden des Stressmanagements oder um Gesundheitsprävention, sondern um die Möglichkeit, Karriere und weitgefasste Familienpflichten, aber auch Freizeitwünsche unter einen Hut zu bringen. In besonderer Weise betonen die Alumnae Faktoren, die zu ihrer Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance beitragen: flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, die „Abwesenheit einer starren Anwesenheitskultur“, eine Vertrauenskultur am Arbeitsplatz. Es geht für sie also einerseits um Arbeitszeitmodelle, andererseits aber auch um Aspekte der Unternehmenskultur. Wichtig ist ihnen, dass ein Arbeitgeber bereit ist, verschiedene Modelle anzubieten, von denen dann selbst das individuell passende ausgewählt und genutzt werden kann. Unternehmensvertreter/innen ermunterten die Alumnae beim PraxisDialog explizit, in Unternehmensdarstellungen beschriebene Modelle auch einzufordern. Gute Praxisbeispiele könnten ihrerseits dazu dienen, dass sich andere darauf berufen können und somit einen Betrag zum Wandel einer Unternehmens­ kultur leisten.

WORK-LIFE-BALANCE UND PARTNERSCHAFT/ FAMILIE Zwei Seiten hat die Medaille Familie und Partnerschaft hinsichtlich der Work-Life-Balance. Wenn große familiäre Unterstützung durch die Eltern oder Schwiegereltern vorhanden ist, trägt dies bei

Alumnae mit Kindern positiv zur Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance bei. Gleiches gilt, wenn der Partner hälftig die familiären Pflichten trägt. Sollte aber der Partner den familiären Aufgaben, zumeist aus beruflichen Gründen, nicht ausreichend nachkommen, verschlechtert sich die Balance eindeutig. Auch eine Erkrankung des Kindes stellt die Alumnae vor Herausforderungen, hier ist größere Unterstützung durch den Arbeitgeber für sie notwendig. Je nach Lebenssituation reduziert die Fürsorge für Kinder die Anzahl der Arbeitsstunden für eine gewisse Zeit. Dies frustriert einzelne Alumnae erheblich, die gern wieder mehr arbeiten würden, dies aber nicht können. Hier macht sich auch die regio­ nal unterschiedlich gut ausgebaute Infrastruktur an Kinderbetreuung bemerkbar. So sind Alumnae aus den südlicheren westdeutschen Bundesländern teilweise überrascht, was andere Alumnae beispielsweise aus Berlin über Betreuungszeiten und -möglichkeiten berichten.

FLEXIBLE ARBEITSZEITEN Insgesamt stimmen die Alumnae mit Kind überein, dass ihrem Bedarf nach flexiblen Arbeitszeiten von den Unternehmen, aber auch von den Kolleg/innen nicht ausreichend nachgekommen wird. Pointiert fasst eine Alumna zusammen: „Es hat größtes Verständnis im Kollegenkreis gegeben, als ich meinen Motorradführerschein gemacht und dafür tagsüber Fahrstunden genommen habe, aber wenig Verständnis, wenn ich wegen der Kinder nicht da sein konnte.“

Bewusst ist den Alumnae die beidseitige Verantwortung von Betrieb und Mitarbeiter/innen für eine erfolgreiche Balance. Für Alumnae mit Kind stellt die Familie in der Regel einen Ausgleich dar, ansonsten haben die Frauen verschiedene Formen der teilweise zeitintensiven Freizeitgestaltung, die sie mit dem Hinweis auf ihr Wohlbefinden, aber auch ihre bessere Arbeitsperformance begründen. Uneinheitlich ist das Bild hinsichtlich geregelter Arbeitszeiten. Während einige Frauen es sehr schätzen, dass es in ihrer Firma keine Anwesenheits-, sondern eine Leistungskultur gibt, nehmen andere geregelte Arbeitszeiten und reale Überstundenkonten als Entlastung wahr. Allerdings berichten mehrere Alumnae, dass Vorgesetzte Überstunden als wichtiges Indiz für Leistungsbereitschaft verstehen. Auch wenn die vereinbarte Leistung innerhalb der Arbeitszeit erbracht werden könnte, sei es wichtig, Überstunden zu arbeiten.

HOMEOFFICE UND STÄNDIGE ERREICHBARKEIT Gleichzeitig bewerten es andere Professionals negativ, dass in ihren Unternehmen erwartet wird, in den Abendstunden noch erreichbar zu sein. Wenn auf E-Mails nach 20.00 Uhr nicht geantwortet wird, kann dies der Karriere abträglich sein. Die meisten Alumnae stehen dem Thema Work-Life-Blending, also einer starken Vermischung der Berufs- und Lebenswelt eher kritisch gegenüber. Ihnen ist es wichtig, Phasen der tatsächlichen Nichterreichbarkeit zu haben.

4 | Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending?

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Die Option Homeoffice begrüßen die meisten Absolventinnen, allerdings stellen sie heraus, dass es zum Teil eine Herausforderung ist, die eigene Arbeitszeit zu begrenzen. Wenn Homeoffice in einem Unternehmen noch zur Ausnahme zählt, kann es in Einzelfällen schwierig sein, in die Prozesse im Unternehmen ausreichend eingebunden zu sein. In einigen Unternehmen bestehen noch keine Betriebsvereinbarungen zum Thema Home­ office, dies wird von den Alumnae als Manko bewertet. Wiederholt weisen die Professionals darauf hin, dass die Haltung der direkten Vorgesetzten zum Homeoffice und anderen flexiblen Arbeitszeit­ modellen entscheidend sei.

TEILZEIT UND JOBSHARING Vor allem Mütter mit kleineren Kindern wünschen sich für eine begrenzte Zeit eine Teilzeitoption, meist mit 30 bis 35 Stunden pro Woche. Es gibt aber auch kritische Stimmen: „Teilzeit bedeutet, du machst den gleichen Job in 30 Stunden.“ Insgesamt fehlen passgenaue Arbeitszeitmodelle, auch Teilzeit in Führungspositionen ist nur selten möglich. Vor allem Mütter machen die Erfahrung, dass Teilzeitarbeit karrierehemmend sein kann, so sind ihnen herausfordernde Projekte vorenthalten worden, mit dem Hinweis auf die Teilzeit. Auch berichtet eine Alumna, dass sie eine Führungsstelle zunächst nicht erhalten habe, weil die Geschäftsführung nicht vom Modell Teilzeitführungskraft überzeugt war. Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen ist es nicht verwunderlich, dass 90 Prozent der Alumnae Vollzeit arbeiten.

Wenn in einem Unternehmen jedoch das Modell angekommen ist, dass sich zwei Führungskräfte einen Job, ein Büro und zwei Schreibtische teilen, so kann dies durchaus erfolgreich sein. Doch Job-­ Sharing in Führung bildet nach wie vor die große Ausnahme in den Unternehmen. Flexible und innovative Arbeitszeitmodelle sind also längst nicht mehr nur ein Thema für Mütter

mit kleinen Kindern, sondern für alle, deren Arbeitszufriedenheit auch von ihrer Zeitsouveränität abhängt. Arbeitgeber, denen die Arbeitszufriedenheit und die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter/ innen ein Anliegen ist, setzen daher verstärkt auf neue Modelle und passgenaue Lösungen. Ein Beispiel hierfür ist das Berliner Unternehmen Projek­ tron, dem eine gute Balance von Arbeit und Freizeit sehr wichtig ist.

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4 | Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending?

„The structure follows the process“ Interview mit Dotchka Pentcheva, Leiterin Qualitätsmanagement der Projektron GmbH, Berlin

Dotchka Pentcheva

Das Berliner Unternehmen Projektron GmbH ist spezialisiert auf webbasierte Projektmanagement-Software. Zum Kerngeschäft gehören das im Haus entwickelte Produkt Projektron BCS sowie verschiedene Dienstleistungen. 2001 gegründet hat das Unternehmen heute über 85 Mitarbeiter/ innen an fünf Standorten. In diesem Jahr erreichte Projektron zum dritten Mal in Folge den 1. Platz beim Wettbewerb „Beste Arbeitgeber in Berlin-Brandenburg 2015“ des Great Place to Work-Instituts in der Größenklasse von 50 bis 250 Mitarbeiter/innen. Bei den Wettbewerben „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ und „Beste Arbeitgeber in der ITK“ belegt das Unternehmen seit 2013 jeweils vordere Plätze. Eine gute Balance von Arbeit und Freizeit liegt Projektron ebenso am Herzen wie Familienfreundlichkeit und Chancengleichheit. Beste Voraussetzungen für Teilzeitarbeit bietet das kontinuierlich wachsende Unternehmen ganz bewusst. Ein zentrales Element sind hierbei rollenbasierte Stellenbeschreibungen. Über dieses Konzept und die Trennung von Prozess- und Personalverantwortlichkeiten sprach Mareike Ebach (Femtec.GmbH) mit Dotchka Pentcheva, der Leiterin des Qualitätsmanagements der Projektron GmbH.

Projektron arbeitet mit rollenbasierten Stellenbeschreibungen. Was verbirgt sich hinter diesem Konzept?

Suchen Sie dann nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit?

Wir sehen uns als ein prozessorientiertes Unternehmen. Das Motto der Organisationsstruktur ist „The structure follows the process“ und nicht umgekehrt. Unser Kerngeschäft wird durch viele verschiedene Prozesse am Laufen gehalten. Innerhalb eines Prozesses haben wir sehr unterschiedliche Rollen. Diese Prozessrollen werden von Prozessbeteiligten ausgefüllt, also den Mitarbeiter/innen. Veranstaltungsorganisator oder Trainer ist z. B. eine solche Prozessrolle. Der Trainer ist dann in seiner Rolle an mehreren Prozessen beteiligt. Welche Aufgaben mit der jeweiligen Rolle verbunden sind und welche Kompetenzen für diese Rolle benötigt werden, ist in einer Stellenbeschreibung festgelegt.

Wir schreiben weiterhin auch 100 Prozent-Stellen aus und besetzen sie mit nur einer Person. Stellenausschreibungen sehen bei Projektron auch nicht anders aus als bei anderen Unternehmen. Wir sprechen in den Stellenausschreibungen nicht von Rollen, sondern von Aufgaben. Wir wollen die Leute nicht verwirren. Neue Mitarbeiter/innen haben in der Regel auch nur eine Rolle. Die Anzahl an Prozessrollen wächst erst mit der Zeit. Die Person arbeitet später dann z. B. 60 Prozent in der Rolle als Trainer und 40 Prozent in einer anderen Rolle. Die Personalentwicklung profitiert sehr davon. Es gibt immer wieder Überraschungen. Man weiß nicht, welche Talente man in der Firma so alles hat. Die Leute sind zum Teil auch von sich selbst überrascht. Und ihre neue Rolle teilt sich die vollzeitangestellte Mitarbeiterin beispielsweise mit einem Mitarbeiter, der in Teilzeit bei Projektron arbeitet. Fast die Hälfte unserer Teilzeitbeschäftigten sind nämlich Männer. Unsere Teilzeitquote liegt bei 44 Prozent. Wir haben auch fünf Führungskräfte in Teilzeit.

Die Besonderheit: Die Stelle ist nicht an eine einzelne Person gebunden. Wir sind davon überzeugt, dass es für uns effek­ tiver und effizienter ist, wenn wir mindestens zwei Personen für eine Stelle einsetzen. Die Mitarbeiter teilen die Aufgaben untereinander auf, sie tauschen sich aus und stimmen sich ab. Wenn eine Person nicht da ist, weil sie zum Beispiel im Urlaub, auf Geschäftsreise, krank oder in Elternzeit ist, gibt es weiterhin einen Ansprechpartner. Die Zugehörigkeit eines Mitarbeiters wird also nicht dadurch bestimmt, dass er bzw. sie in einem bestimmten Team oder einer Abteilung arbeitet, sondern von seiner bzw. ihrer konkreten Tätigkeit und Prozessbeteiligung im Unternehmen.

Weshalb setzt Projektron auf Prozessrollen und eine Trennung von Prozess- und Personalverantwortung? Unsere Geschäftsführung ist überzeugt davon, dass bei Projektron ebenso viele Frauen wie Männer arbeiten sollen. Dafür mussten wir die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, wie zum Beispiel einen hohen Teilzeitanteil und die

4 | Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending?

Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Wir mussten dafür sorgen, dass es eine gute Vertretungslösung für Frauen in Elternzeit gibt. Das muss eine Organisation erst einmal können! Das Konzept der rollenbasierten Stellenbeschreibungen war ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin. Heute haben wir einen Frauenanteil von 45 Prozent im Unter­nehmen. Außerdem ist für die Firma das Wissen der Mitarbeiter/innen sehr wichtig. Wie können wir dieses Wissen nicht nur in den Köpfen der Menschen belassen, sondern auch in der Firma halten? Wenn zwei oder mehrere Personen mit der gleichen Rolle auf einer Stelle arbeiten, müssen sie miteinander kommunizieren und Arbeitsschritte für einander festhalten. Dies fördert kooperatives anstelle von konkurrierendem Verhalten. Wissen wird geteilt und bleibt in der Firma. Fach- und Personalverantwortung sind bei uns nicht automatisch verbunden. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat nur einen Personalverantwortlichen, aber abhängig von den jeweiligen Rollen mehrere Fachverantwortliche. Zudem erfordert die fachliche Verantwortung und die Personalverantwortung verschiedene Kompetenzen, auch von daher ist es sinnvoll, die Rollen zu trennen. Die Mitarbeitergespräche werden von den Personalverantwortlichen geführt. Sie holen sich vorher Feedback bei den Prozessverantwortlichen, wie die Mitarbeiter/innen ihre Arbeit in der jeweiligen Rolle machen. Bei Projektron gibt es übrigens keine Mitarbeiter/innen, die ausschließlich Fach-

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oder Personalverantwortliche sind. Alle arbeiten operativ und einige übernehmen außerdem Personal- oder Prozessverantwortungen. Es wird aber nicht genau in Prozenten festgelegt, wie viel Arbeitszeit für das eine und wie viel für das andere zu verwenden ist. Auch Personal- und Prozessverantwortung wird bei Projektron zum Teil in einem Tandem wahrgenommen. Wie das Tandem die Aufgaben aufteilt, ist deren Sache. Sie organisieren das selbst, es wird ihnen nicht vorgeschrieben, Hauptsache sie kommen klar. Sie haben zudem eine sehr geringe Personalfluktuation bei Projektron. Woran liegt das? Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Eine Mitarbeiterin, die bisher in Berlin gearbeitet hat, wollte nach Stuttgart umziehen. Sie wollte aber auch sehr gern weiterhin bei uns arbeiten. Wir haben gemeinsam überlegt, was wir tun können. Sie hat daraufhin unseren Standort in Stuttgart aufgebaut. Unsere geringe Personalfluktuation hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass wir neue Kolleg/innen sehr intensiv und lange einarbeiten. Die Einarbeitung dauert mindestens sechs Monate. Wir haben Einarbeitungspläne, jeder bekommt einen Mentor. In diesen ersten sechs Monaten finden drei Mitarbeitergespräche statt. Wir wachsen kontinuierlich, wollen aber nicht zu schnell wachsen, damit wir unsere Neuen auch alle gut in das Unternehmen integrieren können.

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5 | Karrierefaktoren Wie gestaltet sich die Entwicklung der MINT-Absolventinnen nach den ersten Jahren der Berufstätigkeit? Welche Erfahrungen machen die Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen mit Karriereförderung? Wo liegen für sie die Heraus­ forderungen und was schätzen sie als relevante Karrierefaktoren ein? Im Kapitel 3 wurde deutlich, dass die Alumnae Personalentwicklungsmaßnahmen, die insbeson­ dere von Großunternehmen vorgehalten werden, trotz eigentlich standardisierter Prozesse häufig als in starkem Maße chefabhängig empfinden. Dieses Kapitel widmet sich vorrangig Karrierefaktoren jenseits institutionalisierter Personalentwicklungs­ prozesse. Zunächst ist jedoch festzuhalten, dass fast 60 Prozent der Alumnae nach sieben bis neun Berufs­ jahren in einer leitenden Funktion tätig sind, 10 Pro­zent befinden sich bereits in der Position einer Abteilungsleitung oder Geschäftsführung. Ihre Karrierechancen scheinen damit zumindest den gegenwärtigen Aufstiegschancen von männ­ lichen Absolventen vergleichbar zu sein7, soweit dies anhand der vorliegenden Daten abgeschätzt werden kann. Wie erläutert, wünschen sich bereits die Berufseinsteigerinnen eine stärkere Förderung und Entwicklung und vor allem Orientierung für ihre Karriere­ wege. Doch aus Sicht derjenigen, die bereits drei bis fünf oder mehr Jahre berufstätig sind, treten die ei7 9,4 Prozent der Ingenieure und 5,4 Prozent der Ingenieurinnen arbeiten als Unternehmensleiter/innen, Geschäftsführer/innen oder Bereichsleiter/innen, Quelle: VDI 2013: Ingenieure auf einen Blick. Erwerbstätigkeit, Innovation, Wertschöpfung, Düsseldorf, S. 16

gentlichen Hürden tatsächlich erst in einer späteren Phase auf. Vor allem Professionals, die zum Teil bereits selbst in Führungsverantwortung sind, fanden es im Rückblick relativ leicht, die erste oder auch noch die zweite Stufe zu erreichen. Als entscheidende Herausforderungen werden vor allem genannt:

• der Aufbau informeller Karrierekontakte und Netzwerke, • Themen rund um die Vereinbarkeit der eigenen Karriere mit Kindern und Partnerschaft sowie • die Frage, wie Karrieremuster den unterschiedlichen biografischen Phasen besser angepasst werden können.

KARRIEREFÖRDERUNG – INFORMELLE FAKTOREN Ein großes, intensiv diskutiertes Thema in den Workshops war, unter welchen Bedingungen Karrieren in den Unternehmen heute tatsächlich verlaufen. Unter den erfahrenen Alumnae ist die Einschätzung weit verbreitet, dass trotz vielfach vorhandener Förder- und Entwicklungsprogramme – hier werden vor allem die spezifisch für Frauen eingerichteten Mentoring-Programme eher kritisch gesehen – Karriereentwicklung stark über informelle Förderung und Wege läuft. Diese Einschätzung wird durchaus auch von vielen Unternehmens- und Universitätsvertreter/innen geteilt. Eine Universitätsvertreterin fasst ihre Eindrücke wie folgt zusammen: „Ich habe viele Karrieren gesehen, die über

Sponsoren gemacht wurden.“ Es laufe nach dem Motto: „Ich finde dich cool, ich finde, du hast etwas drauf. Und ich finde dich auch noch nett. Deshalb fördere ich dich.“ So drastisch wie eine Ingenieurin, die selbst Führungsverantwortung in einem großen, global agierenden Konzern hat, drücken es jedoch nicht alle aus: „Entwicklungsgespräche, Förderkreise – das kannst du alles in der Pfeife rauchen. Jobs werden auf dem Männerklo oder auf dem Gang vergeben.“ Wenn die Frauen Förderer oder Sponsoren gefunden haben, was durchaus nicht ganz leicht ist, so die Einschätzung, sind diese nach den Erfahrungen der Alumnae meist männlich und mittleren Alters, ab ca. 55 Jahren aufwärts. Vor allem „Männer mit Töchtern, die studieren“, würden unterstützend wirken. Gut sei es daher jemanden zu finden, „zu dem man eine Vater-Tochter-Beziehung hat.“ Einen Förderer zu haben, kann in einem Unternehmen jedoch auch schnell zum Gesprächsthema werden und ist daher für die (jungen) Frauen ein Balance-Akt: „Ich musste mir natürlich Gerüchte gefallen lassen, dass ich etwas mit meinem Sponsor habe.“

MENTORING – CHANCE UNTER BESTIMMTEN BEDINGUNGEN Mentoring-Programme werden von den Alumnae sehr differenziert beurteilt. Einerseits besteht ein großes Bedürfnis nach Austausch mit erfahrenen

5 | Karrierefaktoren

weiblichen wie männlichen Führungskräften. Die Bedeutung von Mentoring für die eigene Persönlichkeitsentwicklung und persönliche Orientierung wird als sehr hilfreich empfunden. Mentoring-Programme in den Unternehmen können daher aus Sicht der Alumnae durchaus gewinnbringend sein. Andererseits müssen dafür einige Bedingungen erfüllt sein. Vor allem die persönliche Ebene der Mentoring-Beziehung ist ihnen wichtig, wie die Sympathie innerhalb des Tandems sowie die tatsächliche Vorbildfunktion des Mentors bzw. der Mentorin. Institutionalisiertes, unternehmensinternes Mentoring wird von den Alumnae teilweise als zu standardisiert betrachtet. Auch haben einige den Eindruck, die Programme werden „nur proforma“ durchgeführt und seien nicht mit anderen Maßnahmen zum Wandel der Unternehmenskultur verbunden. Mentoring kann zwar zur Vernetzung der Alumnae innerhalb des Unternehmens beitragen und damit indirekt und mittelfristig die Karriere unterstützen, jedoch berichtet keine Alumna, dass die Teilnahme an einem formellen Mentoring-Programm der zentrale Karrierefaktor für sie gewesen sei. Hierfür sind die oben erwähnten – informellen – Förderer oder Sponsoren von größerer Bedeutung. Dies veranschaulicht u.a. folgende Erfahrung einer Alumna. Sie erzählt, dass die Begegnung mit jemandem, der sie sehr beeindruckt hat, innerhalb von zehn Minuten maßgeblichen Einfluss auf ihre Karriere genommen habe. Aus Sicht einer Unternehmensvertreterin, die in ihrem Konzern sehr viel Erfahrung mit Mentoring sammeln konnte, bieten sich Mentoring-Programme vor allem für die ersten zwei bis drei Stufen der Karriereentwicklung an, weil ein gewisser Abstand

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Mentoring-Programm zwischen den Zonta Clubs und dem Femtec.Alumnae e. V. Ein spezielles Mentoring-Programm für Femtec-Alumnae geht Anfang 2016 bereits in die 5. Runde. Die Zonta Clubs der Union Deutscher Zonta Clubs und der Femtec.Alumnae e. V. bieten jährlich ca. 15 Alumnae ein Mentoring-Programm an. Fokus der Mentoring-Beziehung zwischen einer Femtec-Alumna und einer Zontian ist die Vermittlung informellen Wissens. Für Stefanie Heine, Vorstand des Femtec.Alumnae e. V., ist das Besondere dieser Zusammenarbeit von zwei unabhängigen Organisationen, dass „eine Mentoringbeziehung ohne irgendwelche Abhängigkeiten und Vertraulichkeitssorgen entstehen kann.“ Die Mentee entscheidet sich für zwei bis drei konkrete Themen, die sie mit ihrer Mentorin beleuchten möchte. Damit ein sorgfältiges Matching stattfinden kann, bewerben sich die Alumnae mit einem ausführlichen Profilbogen. Die Mentorinnen stehen allesamt als Führungskräfte oder Entscheidungsträgerinnen aktiv im Berufsleben. Für den Erfolg des Programms spricht nicht nur die Zahl der bisherigen Mentoring-Tandems. Quer durch die Republik haben die Zonta Clubs und der Femtec.Alumnae e. V. seit 2011 45 Tandems zusammengebracht. Die Mentee Corina Reitter und die Mentorin Carmen Nerding fassen ihre Erfahrung so zusammen: „Wir können auf ein schönes Mentoring-Jahr mit vielen interessanten Gesprächen zu den vielfältigsten Themen zurückblicken. Hoch im Kurs stand fast jedes Mal das Zusammenspiel Karriere, Familie und die persönlichen Ziele. Wir haben beide sehr wertvolle Impulse aus dem Jahr mitgenommen und von dem Erfahrungsaustausch profitiert. Wir freuen uns auch nach dem offiziellen Jahr auf unsere weiteren Treffen.“ (Foto rechts)

5 | Karrierefaktoren

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Bei Netzwerken kann – vergleichbar zum Thema Mentoring – einerseits unterschieden werden zwischen formellen Netzwerken, z. B. in Form der Mitwirkung bzw. Mitgliedschaft in berufsspezifischen Verbänden oder Vereinen etc. und andererseits den informellen, persönlichen Netzwerken einer Person, die auch soziale Kontakte unterschiedlicher Natur, wie z. B. Kontakte aus früherer Berufstätigkeit oder die Zugehörigkeit zu einem Kreis von Alumni, einbeziehen. Mit zumindest einem Netzwerk sind die Frauen bereits vertraut, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben – dem Netzwerk der Femtec im Allgemeinen und dem Alumnae-Verein im Besonderen. In sehr vielen Beiträgen wurde zurückgespiegelt, welche Bedeutung dieses Netzwerk sowohl für die persönliche als auch die berufliche Entwicklung eingenommen hat. Die Alumnae heben neben den Kontakten zu den Partnerunternehmen vor allem den angebotenen „Raum für Selbstreflexion“ und die „Motivationsschübe“ durch den Austausch unter­ einander hervor. zum Top-Management gewahrt sei. Wenn es allerdings um die Besetzung von Top-Positionen gehe, seien andere Strategien erforderlich, da man sich auf der gleichen Konkurrenzebene befinde. Bis dahin sollten Frauen im Idealfall einen Sponsor respektive eine Sponsorin gefunden haben.

NETZWERKEN UND SICHTBAR WERDEN – IMPULSE UND EIGENINITIATIVE Unter den Alumnae und Unternehmens- und Universitätsvertreter/innen herrscht große Übereinstimmung über die Rolle von Netzwerken für die eigene Karriereentwicklung. Sie liefern wichtige Kontakte und Informationen, bieten Unterstützung und fördern die Sichtbarkeit und den Bekanntheitsgrad.

Auch in den Unternehmen ist die Bedeutung von Netzwerken längst erkannt, viele große Unternehmen unterstützen die Etablierung von Mitarbeiter/ innen-Netzwerken mittlerweile gezielt, nicht nur weil sie für die Netzwerkmitglieder selbst eine Unterstützungsstruktur darstellen, sondern oft auch dem (Top)-Management wichtige Rückmeldungen und Impulse zu Trends oder Handlungsbedarfen im Unternehmen geben können. Diverse unternehmensinterne Netzwerke sind daher längst keine Seltenheit mehr und auch spezifi-

5 | Karrierefaktoren

sche Frauennetzwerke gibt es in vielen Unternehmen. Aus den Berichten der Alumnae ist jedoch zu schließen, dass diese den Alumnae, aber auch den Mitarbeiterinnen insgesamt, nicht unbedingt bekannt sind. Alumnae haben eher zufällig und teilweise auch erst nach einiger Zeit von diesen Netzwerken erfahren. Unter unterschiedlichen Vorzeichen wird die Bedeutung der Frauen-Netzwerke diskutiert: sie sind einerseits wichtig für den Austausch und die „Rückenstärkung“ untereinander. Eine Alumna, selbst Mutter von zwei Kindern, formuliert es so: „Netzwerke sind unbezahlbar, vor allem auch unter Frauen. Die können viel besser in der Frage helfen, wie mache ich es später mit Familie“. Auf der anderen Seite würden Frauennetzwerke nicht helfen, bestehende Strukturen aufzubrechen, und vor allem können sie die notwendige Vernetzung mit den männlichen Kollegen nicht herstellen. Im Idealfall sollten es jedoch die Führungskräfte selbst sein, die eine Türöffner-Funktion für ihre Mitarbeiter/innen übernehmen und ihnen Kontakte und Zugänge zu Netzwerken ermöglichen – darin waren sich Alumnae wie die Unternehmens- und Universitätsvertreter/innen beim Praxis-Dialog einig. Ein positives Beispiel schildert eine Wirtschaftsingenieurin, die sich von ihrem Vorgesetzten sehr gut unterstützt fühlt, weil er ihr sehr früh Sichtbarkeit ermöglicht und gleichzeitig Rückendeckung gibt. Er hatte sie nicht nur in viele Gremien mitgenommen, sondern sie dort auch selbst präsentieren lassen. Kam es zu kritischen Momenten, wäre ihr Chef jedoch eingesprungen und hätte „immer die gemeinen Fragen selbst übernommen“. Be-

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Pionierinnen des Netzwerkes Die ersten Femtec-Alumnae sind die Pionierinnen des Netzwerkes, sie verbindet ein jahrelanger persönlicher Austausch in exklusiver kleiner Runde. Netzwerken untereinander war für diese Alumnae, wie eine von ihnen anmerkt, noch nicht so wirkungsvoll gewesen, da sie sich alle auf ähnlichen Karrierestufen befunden hatten. Eine informelle Förderung „von oben“ war für sie noch nicht möglich, weil es das Oben im Netzwerk in den Anfangsjahren nicht gab. Aber das Netzwerk ist stetig gewachsen und mit ihm die Spannbreite der Berufserfahrung und Hierarchiestufen der Alumnae. Den jüngeren Alumnae stehen damit noch mehr Chancen offen, denn die Bereitschaft der Älteren im Netzwerk ist groß, ihre Erfahrungen zu teilen und Tipps zu geben. Wenn sie es nutzen, profitieren davon aber nicht nur die Jüngeren. Die Berufserfahrenen mit Personalverantwortung haben über das Femtec.Network und den Femtec.Alumnae e.V. außergewöhnliche Optionen, hochqualifizierte Mitarbeiterinnen zu gewinnen.

wusst ist den Unternehmen aber auch, dass nicht alle Führungskräfte diese Funktion so vorbildlich ausfüllen, wie im genannten Beispiel.

INFORMELLES NETZWERKEN – DOS AND DON’TS So wichtig auch informelle Kontakte und die Eigen­ initiative sind – viele der Alumnae stellen sich doch gleichzeitig Fragen nach „Dos and Don’ts“. So treibt die Alumnae u.a. die Frage um, wie sie sich angemessen verhalten: Darf man einfach jemanden ansprechen, der einen beruflich interessiert, ohne dass man ein ganz konkretes Thema hat? Wie verabredet man sich zum Mittagessen, ohne dass es zu Missverständnissen kommt? Viele verspüren hier eine gewisse Hürde und sind umgekehrt skeptisch, wenn ein Kollege eine Mittagsverabredung

initiiert. Sie befürchten, eine solche Verabredung könnte leicht als Flirt gedeutet werden. Eine Alumna in leitender Funktion rät entschieden dazu, diese Hemmschwelle zu überwinden und es einfach mal auszuprobieren. In solchen Diskussionen wird sichtbar, wie wichtig es ist, den Austausch darüber zu befördern, aber auch, dass die Vorgesetzten und Personalverantwortlichen in den Unternehmen nicht erwarten können, dass die jungen Frauen so ohne weiteres mit dem persönlichen Netzwerken starten können bzw. wollen. Hier ist ein etwas weniger informeller Rahmen – zumindest für den Anfang – sicherlich hilfreich. Ein Beispiel dafür sind z. B. Events wie sogenannte Lunchdates. Die Mitarbeiter/innen können sich für die Vermittlung eines Lunchdates anmelden und treffen sich dann mit einem Kollegen oder einer

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Kollegin, den oder die sie noch nicht kennen. Der organisatorische Aufwand dieser Maßnahme hält sich in Grenzen, die organisierte Form unterstützt aber eventuelle Hemmschwellen abzubauen und aus der Grauzone herauszuholen. Auch berichtet eine Alumna, es habe ihr sehr geholfen, dass ihr Chef ihr eine Liste mit Namen gegeben habe, bei denen sie sich melden und mit denen sie Mittag­ essen gehen sollte. Die Karrierebedeutung von Netzwerken wird vielen Alumnae nach eigener Einschätzung erst im Laufe der Berufsjahre so richtig bewusst. Alumnae als auch Unternehmens- und Universitätsvertreter/ innen sind sich daher einig, dass insbesondere jungen Frauen stärker vermittelt werden sollte, welche Rolle Netzwerke spielen und wie man sich ein eigenes Netzwerk aufbaut, pflegt und nutzt. Auch die Femtec wird ihr Careerbuilding in dieser Richtung weiterentwickeln und schärfen.

KARRIERE MIT KINDERN – WAS IST MÖGLICH? Mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren liegt auf der Hand, dass ein Großteil der Femtec-Absolventinnen noch keine Kinder hat – denn dies ist aktuell das Durchschnittsalter von Akademikerinnen bei der ersten Geburt. Doch 17 Prozent haben bereits Kinder und sind mit der Frage konfrontiert, wie sie die Phase gestalten und welche Bedeutung sie für sich selbst, für die Partnerschaft sowie für ihre beruflichen Wege hat.

Aus den Verbleibsbefragungen wissen wir, dass fast 60 Prozent der Alumnae vermuten, mit Kindern sei es sehr viel schwieriger, die beruflichen Ziele zu erreichen. 70 Prozent gehen davon aus, dass es schwierig werden wird, die eigenen beruflichen Wünsche und die des Partners/ der Partnerin gleichermaßen zu verwirklichen. Umso wichtiger war es aus unserer Sicht, einen Erfahrungsaustausch anzuregen: so bildeten im zweiten Workshop mit den berufserfahrenen Alumnae die Frauen mit Kindern sogar die Mehrheit, und auch im Praxis-Dialog mit den Unternehmen- und Universitätsvertreter/ innen waren die Mütter entsprechend vertreten. Kinder verändern das eigene Leben und häufig die Anforderungen an die eigene Arbeit. Flexibilität und Arbeitszeiten bekommen eine neue Bedeutung. Rollen in der Partnerschaft müssen neu definiert werden und bisweilen wird auch das eigene Selbstbild in Frage gestellt. Für einige der Alumnae, die sich i.d.R. stark mit ihrem Beruf und ihrer Tätigkeit identifizieren, kann es durchaus einen inneren Konflikt mit den eigenen Ansprüchen darstellen, eine bestimmte Zeit unter Umständen nicht mehr die überdurchschnittlich leistungsfähige, rundum einsetzbare Mitarbeiterin zu sein. In den Alumnae-Workshops werden von den Frauen mit Kindern gegensätzliche Positionen zum Thema Karriere mit Kindern vertreten. Die einen sind inzwischen überzeugt: „Zwei Karrieren und Familie geht nicht“, bzw. sie sind nicht bereit, in hohem Ausmaß auf Zeit mit dem Kind zu verzichten: „Das geht nur, wenn Kinder 10 Stunden fremdbetreut werden.“ Vielfach wird geäußert: „Man muss sich entscheiden, man wird nicht alles kriegen.“

Andere halten Karriere und Kinder durchaus für vereinbar, nur seien mit Babys nicht gleichzeitig Karriereschritte möglich. Auch hier spielt das Thema Netzwerk und informelle Kontakte nochmals eine Rolle. So nehmen zahlreiche Alumnae wahr, dass sie aufgrund der reduzierten Zeitressourcen klare Karrierenachteile hätten: „Es fehlt einfach die Zeit, mit Kolleg/innen abends noch einen Trinken zu gehen oder Tennis zu spielen, was aber für die Karriere oft entscheidend ist“. Doch es gibt auch bereits Beispiele von Alumnae, die im direkten Anschluss an eine Elternzeit den nächsten Karriereschritt gehen konnten. Es sind nicht viele, aber es gibt sie. Zum Teil sind die Alumnae selbst überrascht, weil sie erwartet hatten, dass es beruflich mit Kind erst einmal stocken würde. Auch während der Elternzeit bekamen Einzelne Angebote für eine höhere Stelle im Unternehmen. Vereinzelt haben sie diese aber abgelehnt, weil die Kinderbetreuung noch nicht sichergestellt war, oder es ihnen einfach zu früh war. Da die Alumnae negative Reaktionen eines Arbeitgebers auf eine Schwangerschaft vermuten, wird jeder andere Umgang als positive Überraschung empfunden. Der Chef einer in einem kleinen Unternehmen beschäftigten Alumna schenkte ihr einen Laptop, als sie ihm mitteilte, schwanger zu sein und signalisierte seine große Bereitschaft, ihr nach der Geburt des Kindes flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen. Eine in einem Großkonzern tätige Alumna bekam von ihrem Unternehmen einen Brief mit Glückwünschen zur Schwangerschaft und gebündelten Informationen für Mitarbeiter/innen mit Kindern.

5 | Karrierefaktoren

Mehrheitlich nutzen die Alumnae die vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeiten der Elternzeit. Laut den Verbleibsbefragungen der Femtec gehen 83 Prozent nach der Geburt eines Kindes bis zu einem Jahr in Elternzeit, immerhin 36 Prozent nehmen nur eine vergleichsweise kurze Elternzeit von bis zu sechs Monaten. Zudem halten viele Alumnae während der Elternzeit proaktiv Kontakt zu ihrem Arbeitgeber, indem sie gelegentlich E-Mails schreiben, erreichbar sind oder auch einmal an einem sozialen Ereignis im Unternehmen teilnehmen. Nochmals anders sieht es in den wissenschaft­lichen Einrichtungen aus, wo die Absolventinnen mit befristeten Verträgen beschäftigt sind. Hier gab es einige Fälle, wo die jungen Frauen aus – durchaus berechtigter – Sorge, den Vertrag nicht verlängert zu bekommen, ihre Schwangerschaft so lange wie möglich verschwiegen.

DUAL CAREER – WÜNSCHE UND REALITÄT Die Ergebnisse der Verbleibsbefragungen zeigen auch, dass die Alumnae ein partnerschaftliches Modell bevorzugen. Sie wünschen sich, dass beide Partner für die Kinder zuständig sein und nach Möglichkeit auch keinen Abstrich an der Karriere erleiden sollten. Mit diesen Vorstellungen sind sie in ihrem Umfeld nicht selten alleine unterwegs. Auch aus diesem Grund schätzen sie den Austausch innerhalb des Femtec-Netzwerkes mit Alumnae, die ähnliche Erwartungen haben, sehr. Einige Frauen setzen sich sehr intensiv mit Fragen

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von zwei Karrieren in einer Partnerschaft auseinander, indem sie – teilweise gemeinsam mit ihrem Partner – Dual Career-Seminare besucht haben.

Dual Career

In den Workshops mit den Alumnae bestätigte sich, dass viele der Elternpaare sich die Elternzeit hälftig teilen wollen. Dies lässt sich jedoch nicht immer umsetzen. Einige der Mütter entscheiden sich von sich aus, wegen der Anstrengungen ihre Elternzeit zu verlängern. Die Väter verkürzen daraufhin ihre Elternzeit. In anderen Fällen konnten oder wollten die männlichen Partner eine längere Auszeit beim eigenen Arbeitgeber nicht umsetzen, so dass die Frauen doch länger als geplant in der Elternzeit verblieben. Als gute Variante empfinden es die Alumnae, wenn beide Elternteile im Anschluss an die Elternzeit die Stunden reduzieren, aber vollzeitnah arbeiten und sich die Familienarbeit teilen. „Wir haben uns beide für Kinder entschieden, also geben wir beide gleich viel, mal der eine, mal der andere mehr oder weniger.“ Dass gemeinsame Verantwortung für die Kinder auch bedeuten kann, sich abwechselnd stärker auf familiäre und berufliche Aufgaben zu konzentrieren, bringt eine Alumna zum Ausdruck, die mit ihrem Mann ein „Treppenstufenabwechslungsmodell“ praktiziert. Sie nehmen die Karrierestufen abwechselnd, damit immer einer von ihnen ausreichend Zeit für die Familie hat. Von denjenigen, die nach der Elternzeit mit 40 Stunden wieder beginnen, reduzieren einige nach kurzer Zeit auf 35 Stunden, was ihre Work-LifeBalance nach eigenen Aussagen deutlich verbessert.

Treppenstufenabwechslungsmodell Die gemeinsame Verantwortung für die Kinder kann auch bedeuten, sich abwechselnd stärker auf familiäre und berufliche Aufgaben zu konzentrieren. Die Partner nehmen die Karrierestufen abwechselnd, damit immer einer von ihnen ausreichend Zeit für die Familie hat.

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„Das Unternehmen hat dich auf dem Schirm“ Interview mit Sabine Klenz, Diversity Expertin bei der Deutschen Telekom AG

Im Projekt „Karriere mit Kindern“ werden weibliche und männliche Führungs- und Führungsnachwuchskräfte vor, während und nach der Elternzeit mit Mentoring und Trainings begleitet. Das Projekt wurde von der EAF Berlin in Kooperation mit der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Bahn AG entwickelt und wird in beiden Unternehmen Sabine Klenz seither erfolgreich durchgeführt. Zusätzlich zur individuellen Förderung zielt das Projekt darauf ab, den notwendigen Kulturwandel in den Unternehmen für die Vereinbarkeit von beruflicher Karriere mit aktiven Familienpflichten zu beschleunigen. Neben den Mentees und Mentorinnen sind daher auch die Vorgesetzten der Mentees, die Personalabteilungen, Gewerkschaftsvertreter/innen und weitere Multiplikator/innen einbezogen.

Frau Klenz, warum haben Sie das Projekt gestartet?

Wie groß ist das Interesse der Männer?

Für uns bietet das Projekt die Chance, unsere weiblichen Talente in dieser besonderen Lebensphase rund um die Elternzeit im Auge zu behalten und Karriereabbrüche zu vermeiden. Unsere Analysen haben aufgezeigt, dass uns genau in dieser Phase die Frauen wegbrechen und wir hier etwas tun müssen. Uns war aber von Anfang an klar, dass wir auch Männer einbeziehen. Auch junge Väter gehen zunehmend in Elternzeit und brauchen hier gleichfalls Unterstützung.

Ein knappes Fünftel der Mentees sind Männer. Am Anfang waren die Reaktionen eher verhalten, aber mittlerweile hat sich herumgesprochen, wie gut das Programm ist. Und es wird auch sehr von den männlichen Mentoren propagiert. Viele haben selbst Kinder und finden es gut, wenn ein neuer Blick auf diese Lebensphase geworfen wird.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Wir verstehen das Projekt als langfristige und nachhaltige Personalentwicklungsmaßnahme. Die Telekom will mehr Frauen in Führungspositionen bringen, will den Kulturwandel vorantreiben. Dafür brauchen wir neben vielen anderen Maßnahmen auch dieses Projekt.

Das Projekt hat bereits in seiner Erprobungsphase sehr gute Ergebnisse gebracht: rund ein Fünftel der Teilnehmerinnen hat den nächsten Schritt in der beruflichen Entwicklung noch während der Elternzeitphase geschafft. Es ist ein ganz wichtiges Signal: Das Unternehmen hat dich auf dem Schirm. Das Unternehmen will, dass du zurückkommst und deine Karriere fortsetzt. Wir haben sehr positive Rückmeldung bekommen. Es war für alle auch ein wichtiges Erlebnis, in einer Gruppe zu sein, wo alle kleine Kinder haben.

Was sind die Perspektiven?

5 | Karrierefaktoren

Alles in allem stehen die Partnerschaften der Alumnae damit exemplarisch für ein neues Verständnis von Kindern und Karrieren, und sie benötigen Rahmenbedingungen in den Unternehmen, die dies möglich machen. Von den Alumnae wird daher u. a. sehr begrüßt, bei der Frage der Vereinbarkeit noch sehr viel stärker die Männer einzubeziehen und statt Frauenförderung eine Väterförderung in den Unternehmen zu betreiben.

MOBILITÄT UND PARTNERSCHAFT/FAMILIE In den ersten Berufsjahren scheint eine Phase des Pendelns für viele Alumnae, die in einer Partnerschaft leben, eine selbstverständliche, relativ klaglos akzeptierte Erfahrung zu sein. Die Distanzen sind dabei sehr unterschiedlich und unter anderem von ihnen hängt es ab, wie häufig sich das Paar sieht. Was mit Mitte Zwanzig jedoch noch „extrem cool“ ist, finden viele Alumnae, die die 30 überschritten haben, nicht mehr attraktiv. Eine seit mehreren Jahren in einer Fernbeziehung lebende Alumna resümiert bedauernd über diese Lebens­ situation: „Summa summarum haben wir keine Kinder.“ Je nach biografischer Phase verändern sich die Anforderungen und Bedürfnisse. Dies gilt nicht nur für die Arbeitszeiten, sondern für die Kriterien, die einen Arbeitgeber bzw. den jeweiligen Standort attraktiv machen. Die Entscheidung für einen gemeinsamen Lebensort fällt nicht nur, wenn sie Kinder bekommen, aber insbesondere dann. Mit der

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Familiengründung gewinnen der Wohnort der eigenen Eltern und der Schwiegereltern sowie eine gute soziale Infrastruktur, u. a. in Form von Kindergärten und Schulen für die Alumnae an Bedeutung (vgl. Kapitel 2).

KARRIEREN IM LEBENSVERLAUF – UNTERSCHIEDLICHE TEMPI ERFORDERLICH Wie bereits dargestellt, haben die Young Professionals unter den Alumnae oft das Bedürfnis nach größeren Herausforderungen; sie sind bereit, ins Ausland zu gehen oder wünschen sich dies sogar als spannende Erfahrung. Aber im Verlauf der Berufstätigkeit und mit zunehmendem Alter verändert sich auch die Haltung bezüglich des Tempos einer Karriere. Es betrifft vor allem, jedoch interessanterweise nicht nur, Alumnae mit Kindern, die sich wünschen, eine Weile weniger unter dem Druck und der Erwartung zu stehen, umgehend den nächsten Karriereschritt nehmen zu müssen. Sobald Unternehmen eine zukünftige Spitzenführungskraft ausgemacht habe, so die Erfahrung vieler Alumnae, folgen die Karriereschritte sehr schnell aufeinander. Einige von ihnen äußern rückblickend bzw. in die Zukunft schauend, dass dieses Tempo eigentlich zu hoch ist, ihnen zu wenig Zeit lasse, als Führungskraft zu reifen und sie sich daher eine „sanfte Phase“ wünschen würden.

Zudem ist für eine Karriere in den meisten Unternehmen noch immer das Alter relevant. Wenn ein bestimmtes Alter ohne eine entsprechende Beförderung erreicht ist, sind die Chancen auf einen weiteren Aufstieg verwirkt. Über Chancen für eine „späte Karriere“ weiß keine Alumna zu berichten. Ein freiwilliges sich im Karriereverlauf Zurücknehmen kennen Unternehmen aus der Vergangenheit nicht, und i. d. R. löst es bei ihnen viele Fragen und Unsicherheit aus. Im Praxis-Dialog wurde über solche Fragen teilweise zum ersten Mal zwischen den Alumnae und den Unternehmensvertreter/innen diskutiert. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass trotz einzelner guter Praktiken in den Unternehmen, wie der Anerkennung von Elternzeiten als Karrierebausteine und verschiedener Projekte zur Arbeitszeitflexibilisierung, die zeitliche Parallelität eines Karrieresprungs und einer Familiengründung eine besondere Herausforderung bei der Karriereentwicklung darstellt. Diese Erwartungshaltung und Lebensrealität der weiblichen MINT-Professionals und ihrer Partner/innen stellt die Unternehmen u. E. vor die dringliche Herausforderung, für Frauen wie für Männer neue, der Lebensphase angepasste Arbeits- und Karrieremodelle zu entwickeln.

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6 | Attraktivität von Führung In vielen Unternehmen hört man besorgte Äußerungen, dass sie den weiblichen Nachwuchskräften die besten Aufstiegschancen bieten würden, aber die Frauen selbst nicht wollen würden. Solche Erfahrungen sind sicherlich Teil der heutigen Unternehmensrealität. Die Unternehmen sollten jedoch im Bewusstsein behalten, dass das Zutrauen und das Selbstbewusstsein, eine Führungsposition anzunehmen, bei Frauen oft nicht so stark und selbstverständlich ausgeprägt ist, wie es für die männlichen Kollegen der Fall ist. Und oft benötigen Frauen andere Rahmenbedingungen, damit sie sich für eine (weitergehende) Führungsposition entscheiden wollen bzw. können. Bei den Alumnae der Femtec ist sicherlich nicht von einem Mangel an Selbstbewusstsein und Aufstiegsorientierung auszugehen. Und dennoch gibt es auch in dieser sehr besonderen Gruppe eine Reihe von Vorbehalten, auf die es sich daher umso mehr einzugehen bzw. zu hören lohnt. Sie betreffen sowohl die Rahmenbedingungen als auch die persönlichen Wert- bzw. Lebensvorstellungen. Nach dem Studienabschluss sind die Alumnae in hohem Maße daran interessiert, im Beruf schnell voranzukommen. Sie wollen sich einbringen und gestalten und geben in den Befragungen der Femtec zu nahezu 100 Prozent an, eine leitende Position im Beruf anzustreben. Diese hohe Aufstiegsorientierung ist im Prinzip bei den Alumnae auch nach mehreren Jahren der Berufstätigkeit zu finden. Doch die Verbleibsbefragungen zeigen auch: der Anteil derjenigen, die eine leitende Position anstreben, sinkt nach sieben Jahren der Berufstätigkeit um rund ein Fünftel auf – allerdings immer noch hohe – 80 Prozent.

In den Workshops und im Praxis-Dialog interessierte uns deshalb besonders die Frage, was Führungspositionen aus Sicht der Alumnae attraktiv macht. Wie erleben sie die Führungskultur in den Unternehmen, und wie werden die Nachwuchskräfte darauf vorbereitet? Wie agieren sie selbst als Führungskräfte? Denn im Unterschied zu früheren Zeiten hat heute aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung eine gesamte Generation hochqualifizierter MINT-Frauen die reelle Chance, die Arbeitswelt der Zukunft ganz entscheidend mitzugestalten – nicht nur bei den technischen Entwicklungen und Innovationen, sondern eben auch im Bereich der Organisation von Arbeit und der Zusammenarbeit der Menschen.

WAS MACHT GUTE FÜHRUNG AUS? Zusammengefasst lassen sich drei Themenfelder beschreiben, die aus Sicht der Alumnae eine gute Führungskraft auszeichnen:

• Das erste Feld umfasst die Fähigkeit der Mitar-

beiter/innen, klare Ziele zu setzen und Aufgaben zu definieren sowie Entscheidungen zu treffen und diese auch vertreten zu können. Mehrfach betonen die Alumnae, wie wichtig es für ihre eigene Entwicklung war, dass die Führungskraft einschätzen kann, „was man selber kann und wo man Anweisung braucht“. Sie fordern für sich selbst Freiräume ein und erwarten, dass eine Führungskraft Aufgaben abgeben kann und

nicht von der Sorge umgetrieben wird, „nicht mehr alles in der Hand zu haben“.

• Das zweite Feld betrifft die Bereitschaft und Fä-

higkeit von Führungskräften, ihre Mitarbeiter/ innen zu entwickeln. Hier werden allgemein menschliche Qualitäten genannt, wie Empathie, Offenheit oder die Bereitschaft zuzuhören, Fragen zu stellen, um auf diese Weise wirklich „individuell auf die jeweilige Mitarbeiterin eingehen zu können“. Führungskräfte sollten ehrlich sein in der Entwicklung von Mitarbeiter/innen und nicht Versprechen abgeben, die sie nicht halten können. Viele Alumnae finden es immens wichtig, dass trotz des alltäglichen Drucks ausreichend Zeit bei den Führungskräften vorhanden ist, sich ihren Führungsaufgaben tatsächlich zu widmen und beispielsweise regelmäßige Feedback-Gespräche zu führen. Eine Alumna, die lange Zeit in einem Großunternehmen gearbeitet hat und heute in leitender Position bei einem Mittelständler tätig ist, formuliert die Ansicht, dass die Mitarbeiterentwicklung „ein Kernelement“ von Führung bildet und Entwicklungsschritte sich eben nicht nur in „Status oder Geld“ abbilden.

• Ein drittes Thema betrifft die Glaubwürdigkeit

der Vorgesetzten. Führungskräfte zeichnen sich für die Alumnae vor allem durch angemessenes und konsistentes Verhalten aus. Wenn ein Chef über Wertschätzung im Unternehmen spricht, aber bekannt ist, dass die Mitarbeiter/innen im Team „zusammengebrüllt“ werden, so hat das

6 | Attraktivität von Führung

nachhaltig – negative – Wirkung. Die Alumnae erleben auch, dass viele Führungskräfte im Prinzip „cool und locker“ sind, sich aber der Wind dreht, sobald die Zahlen einmal nicht stimmen. Der Druck wird nach unten weitergegeben: „Bei uns müssen es dann die Mitarbeiter in Indien ausbaden, die bekommen die bösesten E-Mails.“ Eine Alumna steuerte aus ihrem Unternehmen die Beobachtung bei, dass die Ziele oder Hintergründe von Entscheidungen oft nicht transparent genug seien und die Mitarbeiter/innen zu abstrakt anhand von Zahlenwerken o.ä. informiert würden, was gleichfalls einen demotivierenden Effekt habe.

ERFAHRUNGEN ALS FÜHRUNGSKRAFT Wie beschreiben die Alumnae nun sich selbst als Führungskraft? Was streben sie an, wie wollen sie sein? Korrespondierend zu den oben geschilderten Kompetenzen, haben die Alumnae an sich selbst den Anspruch, ihre Mitarbeiter/innen selbstverantwortlich arbeiten zu lassen und ihnen das dafür notwendige Vertrauen zu vermitteln. Sie wollen, dass ihre Mitarbeiter/innen gerne mit ihnen arbeiten, motiviert sind, und sie wollen auf deren familiäre Belange Rücksicht nehmen. Auch auf das Teamklima und die Vernetzung innerhalb des Teams legen sie großen Wert. Die Professionals zeigen mit diesen Aussagen sehr deutlich,

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dass ihnen ein kollegialer und partizipativer Führungsstil wichtig ist. Eine Alumna stellt in diesem Zusammenhang zur Diskussion, ob es wohl auch für männliche Führungskräfte zutreffe, sich in erster Linie die Frage zu stellen, was die anderen und nicht was sie selbst benötigen, um weiterzukommen.

WIE WIRD EINE FÜHRUNGSKRAFT ZUR FÜHRUNGSKRAFT? Selbstverständlich bieten die großen Unternehmen für ihre Führungsnachwuchskräfte i.d.R. entsprechende Seminare und Schulungen an, die im Großen und Ganzen von den Alumnae auch positiv beurteilt werden – bisweilen wird allerdings kritisch geäußert, dass die Zeit oft viel zu knapp sei. Herausfordernder ist die Frage, wie erfahrene Führungskräfte dazu gebracht werden können, neue Kompetenzen zu erwerben. Auch in der Einschätzung von erfahrenen Personalexperten ist dies ein schwieriges Thema, weil vor allem diejenigen Führungskräfte an Schulungen teilnehmen würden, die es eigentlich nicht nötig hätten. Gegen die verpflichtende Teilnahme an Führungstrainings würden sich jedoch schnell Widerstände aufbauen, weil sich die Führungskräfte das nicht vorschreiben lassen möchten. Vermehrt setzen Unternehmen nun auf den Weg, über die Veränderung des Arbeitsumfelds auf die Einstellungen und Haltungen der Führungskräfte einzuwirken und dadurch ihr Verhalten zu verändern, z. B. über die Etablierung „agiler Teams“, die mehr Flexibilität erfordern (siehe

Interview mit Marcel Schmid-Oertel, Leiter Personal und Matthias Spengler, Leiter Führung, Entwicklung, Recruiting bei EnBW auf den Seiten 22/23). Aufschlussreich ist vor allem ein Hinweis von einigen Alumnae, der auf das bereits im vorangegangenen Kapitel beschriebene Problem des Tempos von Karriereschritten und der Passung zu der jeweiligen Person und ihrer persönlichen Reife und Bereitschaft Bezug nimmt. Wie erläutert, finden es einige Alumnae schwierig, wenn das Unternehmen ab einer bestimmten Stufe den Aufstieg sehr forciert und erwartet, dass die Mitarbeiterinnen schnell eine Stufe nach der anderen nehmen. Hier geht es ihnen nicht nur um flexiblere Karrieremuster, die ein zeitweiliges Zurücknehmen, vor allem wegen einer Familiengründung, ermöglichen. Sie stellen auch die Frage, welche Art von Führungskraft denn dabei herauskommt, wenn man über fünf bis zehn Jahre von den High Potentials erwartet, dass sie alles tun, um voranzukommen und sich gegenüber anderen durchzusetzen. „Dann aber plötzlich sollen sie den Hebel umlegen und empathisch und verständnisvoll sein und die Menschen zu einem Team zusammenfügen“. Doch einige Unternehmen reagieren auf solche Fragen bereits mit neuen, unkonventionellen Ansätzen. In die für die verschiedenen Führungspositionen erforderlichen Karrierebausteine, wie die Ausübung unterschiedlicher Funktionen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen oder auch Auslandserfahrung, werden zunehmend Kompetenzen und Erfahrungen aufgenommen und als gleichwertig betrachtet, die eine (angehende) Führungskraft außerhalb der unmittelbaren beruf-

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lichen Tätigkeit erworben hat: vor allem im sozialen bzw. ehrenamtlichen Bereich sowie in der Familienphase.

Karrierebausteine Eine Karriere setzt sich aus vielen Elementen zusammen. Einige Unternehmen sind dazu übergegangen sogenannte Karrierebausteine als Voraussetzung für bestimmte Führungspositionen zu definieren. Jeder Baustein bildet eine berufliche Erfahrung ab. Die Anzahl an vorzuweisenden Bausteinen hängt von der angestrebten Führungsebene ab. ZF Friedrichshafen hat sich im April 2013 für das Instrument Karrierebausteine entschieden, um „Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen von Führungskräften auf Basis einer einheitlichen und nachvollziehbaren Beförderungspraxis“ zu entwickeln, so Martina Dähn, Leiterin Corporate Policies & Guidelines bei ZF Friedrichshafen. Zudem soll damit auch der Wechsel zwischen Divisionen, Ressorts sowie Regionen bzw. Ländern und damit nicht zuletzt die Internationalisierung des Managements gefördert werden. Für die erste Hierarchiestufe ist nur ein Baustein erforderlich, die Anzahl steigt dann mit jeder Führungsposition an. Um die höchste der fünf Managementstufen bei ZF zu erreichen, muss eine Führungskraft alle sechs Karrierebausteine nachweisen können.

Zu diesen sechs Bausteinen gehört beispielsweise Projektleitungserfahrung oder eine über zweijährige Funktion im Ausland. Das Unternehmen bietet aber noch ein anderes Bauelement für den Aufstieg, das nicht zuletzt die Karrieren von Frauen befördern kann: Zusätzlich zu den beruflichen Erfahrungen können Mitarbeiter/innen bei ZF noch einen weiteren Baustein einbringen und einen anderen Baustein dadurch ersetzen. Dies ist der sogenannte Sozialbaustein. Er spiegelt Erfahrungen aus familiärer oder ehrenamtlicher Verantwortungsübernahme wider und kann bis zur dritten Managementstufe einmalig als Baustein benutzt werden. Mit diesem Baustein will das Unternehmen u.a. ermöglichen, dass die Elternzeit und die damit verbundenen Auszeiten aus dem Unternehmen nicht zu einem Karriereknick führen. Auch die Robert Bosch GmbH wertschätzt familiäres Engagement ebenso wie den beruflichen Einsatz und erkennt die sogenannte Familienzeit seit 2012 als Karrierebaustein an. „Kann ein Mitarbeiter einen geplanten Karrierebaustein nicht absolvieren, weil ein Wechsel aufgrund einer Pflegesituation unmöglich ist, bedeutet das keinen Karrierenachteil. Die Familienzeit kann dann für einen der Karrierebausteine angerechnet werden“, wie Heidi Stock, Bosch Expertin für Mitarbeiterentwicklung und Diversity, betont.

Solche Spill-over-Effekte zwischen den beruflichen und privaten Lebensbereichen werden in der Führungsforschung mittlerweile als wichtige Effekte diskutiert (vgl. u.a. Walther/ Lukoschat 2008).

ENTSCHEIDUNGEN FÜR UND GEGEN FÜHRUNGSKARRIEREN Die Alumnae stellen sich sehr bewusst die Frage, ob die Führungsposition zum richtigen Zeitpunkt kommt und mit der eigenen Lebenssituation kompatibel ist, sei es in Bezug auf die Familie, die Partnerschaft oder die eigene persönliche Reife. Die Alumnae wägen hier sehr sorgfältig ab. Vielfach äußern die Alumnae, dass ihnen vor allem der zeitliche Aufwand zu groß ist, den sie auf dem Weg in eine Führungsposition erbringen müssen. Bisher gestalten sich Karrierewege in der Tat so, dass Führungskräfte i. d. R. überlange Arbeitszeiten leisten und die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit sig­ nalisieren müssen. Einige Alumnae haben vor diesem Hintergrund für sich die Konsequenz gezogen, dann eher auf eine Führungsposition zu verzichten. „Ich bin nicht die einzige, die festgestellt hat, dass es für sie auch ein Privatleben gibt“, so eine Alumna, die bereits Führungsverantwortung in der Wirtschaft hatte, sich dann aber bewusst für eine

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andere Position und Aufgaben entschieden hat. Andere Absolventinnen haben daraus für sich den Schluss gezogen, doch eher eine Expert/innen-Laufbahn anzustreben. Sie haben nicht mehr ihr ursprüngliches Ziel vor Augen im „klassischen Sinn die Karriereleiter hoch zu klettern“. Die Themen der persönlichen Werte bzw. was einem jenseits der Karriere im Leben wichtig ist, schwingt in all diesen Äußerungen deutlich mit. Darüber hinaus bewegt viele Alumnae die Frage stark, welche Anforderungen hinsichtlich der persönlichen Werte mit einer (Top)Führungsposition aus ihrer Sicht verbunden sind und zu welchen Konflikten es hier kommen kann. Die eine oder andere Alumna hat bereits Führungskräfte erlebt, die für sie kein Vorbild darstellen und denen sie ausdrücklich nicht nachstreben wollen. Einige lehnen dezidiert ab, die „Macht-Spielchen“ im Unternehmen mitzumachen oder sich auf die politischen Konstellationen im Unternehmen einzulassen. Auch haben für einige Alumnae die materiellen Möglichkeiten und die Statussymbole einer Führungsposition nicht die Bedeutung, um dafür den entsprechenden zeitlichen und persönlichen Aufwand zu bringen. „Parkplatz, Eckbüro und eine Sekretärin sind eine feine Sache“, formuliert eine Alumnae, doch sei sie „nicht bereit, die Politik mitzumachen“. Nun sind solche kritischen Äußerungen bei Frauen – aber auch bei vielen Männern – sicherlich keine Seltenheit in der Unternehmenswelt. Die Frage ist jedoch, wie sich die Spielregeln im Unternehmen

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ändern können, wenn sich nicht diejenigen, denen andere Werte und Umgangsformen wichtig sind, selbst auf den Weg machen, als Führungskraft entsprechend zu agieren, wie es von einigen der Alumnae bereits vorgelebt wird. Die Unternehmensvertreter/innen forderten im Rahmen dieser sehr intensiv geführten Diskussion daher die Frauen mehrfach auf, ihrerseits mehr Mut zu haben und Veränderungen einzufordern bzw. selbst auf den Weg zu bringen. Eine erfahrene weibliche Führungskraft aus einem großen Konzern ist es vor allem wichtig, „Transparenz über die Spielregeln herzustellen“. Nur dann könne jede selbst entscheiden, wie und bis zu welchem Punkt sie mitmachen wolle. „Wenn ich die Spielregeln verändern will, muss ich selbst bis nach ganz oben kommen und dafür muss ich zum Teil mitspielen“. Teilweise besteht bei den Unternehmensvertreter/innen auch die Sorge, dass Frauen zu sehr moralisieren, wie es auch im Bestseller der Facebook-Chefin Sheryl Sandberg kritisiert werde. Zu bedenken ist jedoch, dass es nicht nur jeder Einzelnen überlassen bleiben kann, Mut und Veränderungswillen zu entwickeln, sondern wie in der Vorbereitung auf Führungskarrieren mehr Raum geschaffen werden kann, über solche Themen tatsächlich offen zu diskutieren. Heißt aufzusteigen tatsächlich immer, sich „zu verbiegen“? Welche Spielräume gibt es, und wie können diese gemeinsam genutzt und verbreitert werden? Oder wie können die jungen Frauen darauf vorbereitet werden, dass in großen Unternehmen Macht- und Interessensfragen selbstredend für Führungskräfte

immer eine Rolle spielen? Wie offen sind Unternehmen für solche Fragen? Im Rahmen des Alumnae-Vereins haben die Frauen selbst die Initiative ergriffen und ein Seminar zu „Aufstiegskompetenzen“ organisiert (siehe Kasten Seminar„Aufstiegskompetenzen“, S. 40).

FÜHRUNGSKULTUR VERÄNDERN – TOP-DOWN UND BOTTOM-UP Breiten Raum nahm bei den Diskussionen der Alumnae untereinander, aber auch mit den Unternehmens- und Universitätsvertreter/innen die Frage der Führungskultur ein. Insbesondere die in vielen Unternehmen nach wie vor übliche „Anwesenheitskultur“ steht hier auf dem Prüfstand. Eine Alumna berichtete, ihr Chef habe im Jahresgespräch nichts an ihren Leistungen auszusetzen gehabt, die vereinbarten Ziele hätte sie alle erreicht, doch er monierte, dass sie nicht so viele Überstunden habe. Sie zog daraufhin für sich den Schluss, fortan längere Kaffeepausen zu machen und somit länger zu bleiben. Seitdem seien ihre Bewertungen in die Höhe geschnellt. Nun mag dies ein besonders krasses Beispiel sein, wie Führungskräfte Fehlanreize setzen. Doch nach wie vor erfahren sehr viele Alumnae die Erfordernisse der Anwesenheitskultur am eigenen Leibe und sehen diese besonders kritisch, wenn sie

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Seminar Aufstiegskompetenzen des Femtec.Alumnae e. V. Was ist für Führungspositionen entscheidend, wenn nicht (nur) das Können? Was sind bedeutende Aufstiegskompetenzen und wie erlange ich sie? In einem fünf Tage umfassenden Seminar setzten sich 12 Femtec-Alumnae intensiv damit auseinander und erlernten aufstiegsrelevante Fertigkeiten. Stefanie Heine, Vorstand des Femtec-Alumnae e. V. betont das Besondere: „Das Seminar beleuchtet Aufstieg aus der Perspektive Unternehmenskultur, Macht und Stereotype. Es bietet wertvolle Mittel, um in männerdominierten Hierarchien erfolgreich zu sein.“ Die Teilnehmerinnen stellten beispielsweise ihr Netzwerk als Power Map dar und arbeiteten ihren persönlichen USP (unique selling point) aus. „Super und hilfreich, wie immer, die offene und wertschätzende Femtec-Atmosphäre, die es deutlich leichter macht, aus der eigenen Komfort-Zone heraus die eigenen ‚Wohlfühl-Grenzen‘ anzugreifen“, so eine Alumna. Auch im nächsten Jahr nehmen Femtec-Alumnae ihre Aufstiegskompetenzen selbst in die Hand. Die Trainerin ist bereits wieder gebucht und das Bewerbungsverfahren startet in Kürze. Wie wichtig das Thema Aufstiegskompetenzen für weibliche MINT-Professionals ist, zeigt die große Resonanz auf das Seminar. Ausgewählt wird innerhalb des Vereins. Entscheidendes Kriterium für die Teilnahme: wer kann am überzeugendsten darlegen, warum das Thema jetzt die größte Relevanz für sie hat.

im Ausland andere Erfahrungen gesammelt haben. Als positive Beispiele werden von den Alumnae die skandinavischen Staaten genannt, aber auch Länder wie Neuseeland. Dort würde lange Anwesenheit im Job eher als Überforderung angesehen und löste besorgte Fragen bei den Vorgesetzten aus, ob man keine Freunde oder Hobbies hätte. Eine Frage an die Unternehmensvertreter/innen war im Praxis-Dialog vor allem, wie künftig Karrieren auch mit einem „normalen Stundenpensum“ möglich gemacht werden können. Insgesamt fordern die Alumnae mehr Flexibilität und Offenheit für unterschiedliche Karrierewege und für den Wechsel von Positionen ein. So wird u. a. vorgeschlagen, Management-Positionen auf Zeit zu ver-

geben, so dass die Nachwuchskraft „ausprobieren kann, ob es passt“ und – das sei das Entscheidende – wieder zurück wechseln könne, ohne dass ihr dies negativ angerechnet würde. Damit hängt die Forderung zusammen, mehr Expert/innenkarrieren in den Unternehmen zu ermöglichen. Und nicht zuletzt: die Anstrengungen von Führungskräften, ihre Mitarbeiter/innen erfolgreich zu entwickeln, müssten zeitlich und finanziell besser anerkannt werden. Diese Anregungen wurden auf Seiten der Unternehmensvertreter/innen zum Teil sehr zustimmend aufgenommen. Sie reflektierten im Gespräch mit den Alumnae auch, dass es eine große Verantwortung seitens des Vorstands respektive des Top-­

Managements gibt, Unternehmenskulturen und Rahmenbedingungen top-down zu verändern. „Entscheidend ist das Credo der Company: Welches Führungsverhalten ist okay bzw. nicht okay“. Dazu gehöre auch, den Führungskräften im Unternehmen zu kommunizieren, dass die Herstellung von Diversity und Chancengleichheit in ihren Teams eine entscheidende Führungsaufgabe darstellt. So wird aus einem Unternehmen berichtet, dass es Zielvereinbarungen für die Ernennung von Frauen in Führungspositionen verankert hat, wobei sich die Quote am Frauenanteil der jeweils darunter liegenden Ebene orientiere. Damit habe es in jüngster Zeit sehr gute Erfolge erzielt.

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7 | Karrieren zwischen Wirtschaft und Wissenschaft Obwohl die Femtec prinzipiell auf die Förderung von Berufseinstiegen und Karrieren in der Industrie ausgerichtet ist, übt der wissenschaftliche Bereich eine vergleichsweise hohe Anziehungskraft auf die Absolventinnen aus – zumindest in der Zeit nach dem Studienabschluss. Immerhin rund 28 Prozent der Femtec-Absolventinnen entscheiden sich zunächst für eine Anstellung in der Wissenschaft – davon 70 Prozent auf Promotionsstellen in Universitäten bzw. Hochschulen, 16 Prozent in einer außeruniversitären Forschungseinrichtung und 14 Prozent auf Promotionsstellen in der Industrie. Allerdings verbindet nur ein kleiner Teil der Absolventinnen mit der Promotion bewusst das Ziel einer akademischen Karriere oder will sich diese Option zumindest offen halten. Der Großteil der Absolventinnen wechselt nach der Promotion in die Industrie (vgl. Kapitel 2). Nur wenige erwägen zu einem späteren Zeitpunkt aus der Industrie in die Wissenschaft zurückzukehren; nur vereinzelt haben Alumnae diesen Schritt bereits getan. Wie erleben die Absolventinnen die Phase der Promotion? Welche positiven bzw. negativen Erfahrungen haben sie während dieser Zeit gemacht? Wie könnte aus der Sicht hochqualifizierter MINT-Talente die wissenschaftliche Laufbahn an Attraktivität gewinnen? Welche Vorschläge haben sie, wie der Wechsel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erleichtert oder interessant gemacht werden kann? Viele der im Folgenden dargestellten kritischen Punkte, die von den Absolventinnen eindringlich beschrieben werden, decken sich mit den struktu-

rellen Herausforderungen für das Wissenschaftssystem, wie sie mittlerweile vielfach Gegenstand intensiver hochschulpolitischer Debatten sind. Die bessere Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und seiner beruflichen Perspektiven steht zu Recht weit oben auf der politischen Agenda (vgl. Wissenschaftsrat 2014; Deutscher Bundestag 2013; HRK 2014). Zudem hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die unsicheren Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die fehlende Planbarkeit und finanzielle Absicherung auch einen gleichstellungspolitisch negativen Effekt haben und Frauen stärker als Männer von einer wissenschaftlichen Laufbahn abhalten bzw. aus dem Wissenschaftssystem aussteigen lassen. Der DropOut von Frauen erfolgt so vor allem in der Phase zwischen Promotion und Habilitation. Als kritisch angesehen werden in den entsprechenden Berichten vor allem

• die in den letzten Jahren zu beobachtende Zu•



nahme befristeter, häufig drittmittelfinanzierter Stellen und die damit einhergehenden Un­ sicherheiten in der Berufsplanung, das Fehlen zukunftsfähiger Konzepte zur systematischen Personalplanung und -entwicklung in den Wissenschaftseinrichtungen, inklusive der Vorbereitung des wissenschaftlichen Personals auf Führungs- und Managementaufgaben sowie die unzureichende Gewährleistung von Betreuungs- und Beratungsstandards in der Promotions- wie auch vor allem in der Postdoc-Phase.

DIE PROMOTION – BEWUSSTE ENTSCHEIDUNG ODER „VERLEGENHEITSLÖSUNG“? Generell sind die Absolventinnen der Femtec an fachlich spannenden, abwechslungsreichen und herausfordernden Aufgaben interessiert. Es ist für sie konstant das wichtigste Kriterium bei der Wahl eines Arbeitgebers und dies nicht nur beim Berufs­ einstieg, sondern auch im weiteren Berufsverlauf, wie die Verbleibsanalysen der Femtec klar belegen. Wenn die Absolventinnen in der richtigen Umgebung sind und die richtigen Fragestellungen vorfinden, können sie mit leuchtenden Augen über ihre Aufgaben und Tätigkeiten berichten. Die Befriedigung „am Puls der Zeit zu sein“ und neue Lösungen für (technische) Probleme zu bearbeiten, bildet durchgängig ein starkes Motiv. Die hohe Qualifika­ tion und die Motivation der Femtec-Absolventinnen bieten auch eine Erklärung, warum 21 Prozent der Femtec-Absolventinnen in der industriellen Forschung und Entwicklung tätig sind. Im bundesweiten Durchschnitt beträgt der Frauenanteil in der industriellen F&E dagegen lediglich 12 Prozent (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2010). Da die Femtec-Teilnehmerinnen sich sehr bewusst für ein ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium entschieden haben und in der Regel über exzellente Studienabschlüsse verfügen, ist es nicht verwunderlich, dass viele von ihnen in den Focus der Professor/innen geraten, wenn es um die Besetzung wissenschaftlicher Qualifizierungsstellen geht.

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7 | Karrieren zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

So berichten einige Absolventinnen, dass die Entscheidung für die Promotion teilweise auch deshalb fiel, weil sie dazu die Möglichkeit angeboten bekamen bzw. direkt aufgefordert wurden. Wenn man bereits das Umfeld kennt und einem das „Thema auf dem Silbertablett“ angeboten wird, wie es eine Absolventin formuliert, dann ist es durchaus naheliegend, dem Promotionsangebot zuzustimmen. Vereinzelt reflektieren die Absolventinnen aber auch selbstkritisch, dass die Promotion eine Art „Verlegenheitslösung“ für sie darstellte und sie sich dafür auch aus einer gewissen Bequemlichkeit heraus entschieden hätten, z. B. um am gleichen Ort bleiben zu können. Von Seiten der Unternehmensvertreter/innen wird die Promotion zwiespältig beurteilt: sie bringe vor allem dann Vorteile, wenn tatsächlich eine Expert/ innenlaufbahn eingeschlagen wird. Auch wird die Promotion als vorteilhaft für einen Einstieg in die industrielle F&E beschrieben. Eine Sonderrolle nimmt, wie bekannt, die Chemie ein, in der die Promotion quasi Einstellungsvoraussetzung für einen Industrieeinstieg ist. Kritisch sehen die Unternehmensvertreter/innen vor allem die Länge der Promotion und die aus ihrer Sicht damit einhergehende mangelnde Berufserfahrung. In den vier bis fünf Jahren, die heute in der Regel für eine Promotion im MINT-Bereich benötigt werden, könnten bei einem direkten Einstieg in das Unternehmen bereits entscheidende berufspraktische Erfahrungen gesammelt und erste Führungspositionen erreicht werden. Auch in Bezug auf das

Gehalt wirke sich der Doktortitel in der Regel nicht positiv aus. Für diejenigen Absolventinnen, die sich mit viel Engagement und Einsatz ihrer Lebenszeit für eine Promotion entschieden haben, sind dies zum Teil ernüchternde Rückmeldungen.

POSITIVE UND NEGATIVE ERFAHRUNGEN IN DER PROMOTIONSPHASE Selbstverständlich sind die Erfahrungen der Absolventinnen angesichts der kleinen Fallzahlen nicht repräsentativ. Aufschlussreich ist dennoch, dass sich in den Berichten positive und negative Erfahrungen in etwa die Waage halten. Nach wie vor ist es in erster Linie von dem jeweiligen Institut bzw. Doktorvater abhängig (keine Teilnehmerin in den Focusgruppen hatte bei einer Frau promoviert), wie die Promotionszeit erlebt wird. Von durchgängigen Qualitätsstandards in der Betreuung von ingenieurwissenschaftlichen bzw. naturwissenschaftlichen Promotionen, wie sie seit einigen Jahren angestrebt werden, kann leider nach wie vor keine Rede sein. Einige der Alumnae berichten über das Gefühl, während der Promotion zu sehr „allein gelassen“ worden zu sein, viele hatten keine regelmäßigen Feedback-Gespräche oder Vereinbarungen über die nächsten Schritte. Häufig wird über die als belastend erlebte Abhängigkeit vom Doktorvater berichtet. Drastisch beschreiben einige Absolventinnen

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den „Personenkult“, der in der Wissenschaft betrieben würde oder dass Professoren eine gewisse „Schrulligkeit“ entwickelten, weil niemand ihnen zu widersprechen wage. Eine Absolventin, die nach drei Jahren ihre Stelle an der Universität aufgegeben hat und ihre Promotion ggf. in Eigenregie fertigstellen will, berichtete, dass der betreuende Professor zwar „tausend Visionen“, aber kein zielführendes Konzept hatte. Erfreulicher­ weise fand die betreffende junge Ingenieurin im Anschluss an ihre Entscheidung zeitnah eine attraktive Stelle in der Industrie. Einen derartigen Umgang mit der Lebenszeit junger Menschen kann sich das Wissenschaftssystem eigentlich längst nicht mehr leisten. Doch es gibt auch viele positive Erfahrungen: z. B. schrieb eine Absolventin ihre Promotion im Rahmen eines großen Kooperationsprojekts. Aufgrund des strukturierten Projektmanagements und den Vorgaben des Projektleiters, der vierteljährliche Reports einforderte, konnte sie die Fortschritte ihrer Promotion sehr gut einschätzen. Im Anschluss fand sie nahtlos eine Stelle in der Industrie, die ihr prinzipiell weitere Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Positiv sind auch die Erfahrungen der Absolventinnen, die im Rahmen eines Graduiertenkollegs ihre Promotion absolvierten oder die Chance hatten, an renommierten Forschungsprojekten mitzuarbeiten.

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UNSICHERE BERUFSPERSPEKTIVEN Von den Absolventinnen wird sehr klar benannt, dass viele der Probleme in der Promotions- und Postdoc-Phase mit den oft kurzzeitig befristeten Arbeitsverträgen und der Handhabung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zusammenhängen. Sie sprechen sich klar für eine Reform aus und wünschen sich längere Verträge für mehr Planungssicherheit sowie mehr Dauerstellen im wissenschaftlichen Mittelbau als eine „Zwischenkarriereoption“. Beispielhaft ist hierfür der Wunsch einer sehr enga­gierten Technikerin, die sich durchaus vorstellen könnte, in der Universität zu verbleiben, aber gleichzeitig nicht unbedingt auf das Karriereziel Professorin festgelegt ist. Ein weiteres Problem, das einige der Absolventinnen, zum Teil in sehr drastischer Form am eigenen Leib erfahren haben, ist die Frage, wie unter Bedingungen befristeter Verträge Familiengründung möglich ist, und wie mit Elternzeiten umgegangen wird. Exemplarisch stehen für die mit befristeten Verträgen verbundenen Probleme die folgenden Erfahrungen einer Absolventin. Sie begann ihre Promotion an einem außeruniversitären Forschungsinstitut und erhielt jeweils nur Kurzzeit-Verträge und auch nach über 4 Jahren keine Option auf Verlängerung bzw. auf eine feste Stelle. Und all dies, obwohl sie ihrer eigenen Einschätzung nach mit höchstem Einsatz gearbeitet hatte. Im Nachhinein sieht sie es als eine ziemlich naive Vorstellung an, dass ihr Einsatz entsprechend anerkannt werden würde. Die

Probe aufs Exempel bildete ihre Schwangerschaft: nur mit Mühe konnte sie erreichen, dass der Mutterschutz an das Projekt angehängt wurden. Sie ist überzeugt, dass ihr Chef mit der „Unsicherheit, eine Frau mit Kind zu beschäftigen“, nicht umgehen konnte. Insgesamt weisen diese Ergebnisse darauf hin, wie wichtig für die Absolventinnen eine reflektierte und bewusst getroffene Entscheidung für die Promotion ist und wie wichtig es ist, entsprechende Angebote zur Beratung und zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch zu machen. Von Seiten der Universitätsvertreter/innen, welche diese Problemlagen sehr gut kennen, wird u. a. geraten, mit einer längerfristigen und strategischen Sicht an die Entscheidung heranzugehen: „Die entscheidende Frage ist nicht Promotion ja oder nein, sondern, was kommt nach der Promotion?“ Obwohl im Rahmen des Femtec-Careerbuilding-­ Programms bereits spezifische Foren zum Austausch zwischen promotionsinteressierten Studentinnen und Absolventinnen angeboten werden, erscheint es sinnvoll, diesbezügliche Angebote weiter auszubauen. Vor allem für die Universitäten und Hochschulen ist es jedoch eine absolut vordringliche Aufgabe, frühzeitig entsprechende Orientierungs- und Beratungsprogramme anzubieten und mit ihren eige­nen Bedarfen abzustimmen, damit es letztlich nicht dem Zufall bzw. den jeweiligen Umständen überlassen bleibt, wer sich auf eine Promotion respektive das Wagnis einer wissenschaftlichen Karriere einlässt.

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7 | Karrieren zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

WECHSEL VON DER WISSENSCHAFT IN DIE WIRTSCHAFT Wie dargestellt, geht die Mehrheit der promovierten Femtec-Absolventinnen anschließend in die Industrie und meistert diesen Übergang durchaus erfolgreich. Die Attraktivität der Industrie liegt aus Sicht der Alumnae zum einen in den besseren Karrieremöglichkeiten und einer größeren Sicherheit und Planbarkeit des Berufswegs begründet; zum anderen spielen die deutlich besseren Verdienstmöglichkeiten eine Rolle. Die Absolventinnen liegen mit ihrer Einschätzung durchaus richtig. Aktuell ist davon auszugehen, dass das Gehaltsniveau in der Industrie deutlich um rund ein Viertel höher liegt als in der Wissenschaft (vgl. Deutscher Bundestag 2015). Bei den meisten Alumnae löst allein die Fragestellung, ob sie sich vorstellen könnten, in die Wissenschaft zurückzuwechseln, Erstaunen aus, so wenig liegt diese Möglichkeit in ihrem Horizont. Nun ist in den Ingenieurwissenschaften eine Anstellung in der Wirtschaft bzw. Industrie nach erfolgter Promotion im Unterschied zu anderen Fachrichtungen ein durchaus bekanntes und bewährtes Muster. Vor allem für männliche Promovierte, die i. d. R. sehr gut in die Netzwerke der über 90 Prozent männlichen Lehrstuhlinhaber integriert sind. Offen ist, ob die weiblichen MINT-Talente die gleiche Aufmerksamkeit bekommen, wenn es darum geht, ihnen den Weg in Industriekarrieren zu ebnen. Aus Forschungen zur Situation

weiblicher Promovenden kommen auf jeden Fall Hinweise, dass Frauen i. d. R. weniger persönliche Förderung, z. B. über den Besuch von Konferenzen, Publikationsmöglichkeiten etc., bekommen als ihre männlichen Kollegen (vgl. u.a. Nicole Scheidegger 2013). Dass die Femtec-Absolventinnen den Übergang i. d. R. sehr gut bewältigen, hängt u. E. nicht zuletzt damit zusammen, dass die Femtec mittlerweile ein herausragendes Netzwerk bietet. Immer wieder berichten die Teilnehmerinnen über die positive Auswirkung der diesbezüglichen Netzwerkkontakte für ihren Berufsverlauf. Der Austausch – sowohl mit den Unternehmensvertreter/innen als auch der Alumnae untereinander – ermögliche ihnen sehr vielfältige und nutzbringende Kontakte und Ein­ blicke in unterschiedliche Bereiche, Branchen und Tätigkeitsfelder.

WECHSEL VON DER WIRTSCHAFT IN DIE WISSENSCHAFT Gleichfalls im Unterschied zu anderen Disziplinen, wie z. B. den Sozial- und Geisteswissenschaften, ist im Ingenieurbereich einschlägige Berufserfahrung in der Industrie nicht nur von Vorteil, sondern oft auch Voraussetzung für eine spätere Berufung an eine Universität oder Hochschule. Doch gibt es im Netzwerk der Femtec auch vereinzelt Beispiele für einen erfolgreichen Wechsel von

der Wirtschaft zurück in die Wissenschaft. Als Motive werden u. a. angegeben

• der Wunsch nach mehr selbstbestimmterem und flexiblerem Arbeiten, • nach mehr Freiheit in Themen und Aufgaben sowie • vor allem auch das Bedürfnis, mit jungen Menschen zusammen zu arbeiten und Wissen weiterzugeben.

Eine Absolventin hat sich nach langjähriger Berufstätigkeit mit über fünf Jahren Führungserfahrung in unterschiedlichen Unternehmen sehr bewusst wegen der damit verbundenen persönlichen wie zeitlichen Spielräume für eine Fachhochschulprofessur entschieden. Eine andere Absolventin, die in einer Unternehmensberatung tätig war, berichtet, dass sie „wegen des vielen, vielen Arbeitens raus aus der Wirtschaftswelt“ wollte und sich deshalb nochmals für eine Promotion entschieden habe.

NEUE KOOPERATIONEN – ABBAU VON BERÜHRUNGSÄNGSTEN In der aktuellen Diskussion spielt die Bedeutung von Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – und dies auch in Bezug auf die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses – eine wichtige Rolle. So spricht sich die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in ihren Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses klar für mehr

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Kooperationen der Hochschulen sowohl mit öffentlichen Trägern als auch privaten Unternehmen aus. Eine weitere Empfehlung zielt darauf ab, vor allem in der Postdoc-Phase unterschiedliche Berufs- und Karriereoptionen aufzuzeigen und entsprechende Zusatzqualifikationen anzubieten (HRK 2014).8 Aus den Berichten der Alumnae wird jedoch deutlich, dass es hier noch vielfach Berührungsängste und gegenseitige Vorbehalte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft abzubauen gilt. Wie beschrieben, herrscht in vielen Unternehmen die Sorge, dass die promovierten Wissenschaftler/innen zu wenig praxistauglich seien, zudem wird häufig dass vergleichsweise hohe Alter genannt. Noch sind die meisten Karrierewege sehr geradlinig geschnitten, oft gilt als Dogma: wer bis Mitte Dreißig keine Führungsposition erreicht hat, werde das auch nicht mehr schaffen.

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Aber auch im wissenschaftlichen Umfeld gibt es Vorbehalte. Eine Absolventin, die in einem sehr renommierten Forschungsinstitut promovierte, berichtete, dass sie „super vorsichtig“ gewesen sei, über ihren angedachten Wechsel in die Automobilindustrie zu sprechen, weil sie einer zum Teil sehr ablehnenden Haltung begegnet sei. Noch allzu oft herrsche in der Wissenschaft die Vorstellung, Karrieren außerhalb der Academia seien „Karrieren zweiter Klasse“ (Deutscher Bundestag 2013, S. 2). Was also kann getan werden?

Angesichts veränderter Berufsbiografien und Lebenswelten und nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung sind die Unternehmen jedoch gefordert, künftig flexiblere Karrierewege zu ermöglichen. Ein wichtiges Stichwort ist hier die Integration der Lebensverlaufsperspektive. Optionen wie „Seitwärtsbewegungen“, Sabbaticals und Auszeiten wegen Elternschaft oder Pflege sowie „ späte Karrieren“ werden zwangsläufig vermehrt in den Unternehmensalltag Einzug halten müssen (vgl. Kapitel 4).

Aus Sicht der Universitätsvertreterinnen stellt das Femtec-Netzwerk eine hervorragende Möglichkeit dar, interessierte Frauen aus der Wirtschaft in die Wissenschaft zurückzuholen, denn auch und gerade im MINT-Bereich ist der Bedarf an Professorinnen hoch. Um langfristig mehr junge Frauen für ein Studium der Ingenieurwissenschaften und der Informatik zu gewinnen und die nach wie vor stark männlich geprägten Fachkulturen aufzubrechen, haben Professorinnen eine Schlüsselrolle als Role Models inne. Um einen Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen und Universitäten zu vermeiden, sind möglicherweise weitere niedrigschwellige Angebote und Kooperationsformen notwendig. Dazu gehören Honorarprofessuren oder Angebote für eine nebenberufliche Lehrtätigkeit an einer Universität, die nach Aussage einiger Femtec-Alumnae durchaus attraktiv sein könnten.

8 In der Stellungnahme der HRK heißt es weiter: „Den Mitgliedshochschulen wird empfohlen, zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit Konzepte zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und Angebot für akademische Karrierewege zu erarbeiten, in denen Befristungsregelungen und Möglichkeiten zu Zusatzqualifikation enthalten sind“ sowie ein Konzept für zukünftige Stellenplanung und Personalentwicklung zu erstellen.

Eine weitere Überlegung im Femtec-Netzwerk zielt darauf ab, neue Kooperationsmodelle eines „Joint-Professorship“ oder eines „Visiting-Professor­ ships“ speziell für weibliche Fach- und Führungs-

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7 | Karrieren zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

vermutlich schwer vorstellbar, ihre ohnehin wenigen weiblichen Führungskräfte an die Universität „auszuleihen“. Dennoch liegen auch für die Unternehmen die Vorteile auf der Hand: Die entsendeten Frauen sind zum einen Rollenvorbilder für die Studierenden, und sie sind zugleich immer auch Botschafterinnen für die Industrie respektive für ihr eigenes Unternehmen und stellen frühzeitig Kontakt zu interessanten Nachwuchskräften her. Wenn die Universitäten und Hochschulen im MINT-Bereich tatsächlich mehr Frauen aus dem stetig wachsenden Pool der in der Wirtschaft täti­ gen Ingenieurinnen schöpfen wollen, so sind sie vor allem gefordert, ihre spezifischen Attraktivitätsfaktoren – persönliche Freiheiten in Themenstellungen und exzellenter fachlicher Austausch, Zusammenarbeit mit und Förderung von jungen Menschen – deutlich sichtbarer zu machen bzw. zu vermarkten. Andererseits sollten sie diese Freiräume aber tatsächlich auch behalten bzw. ausbauen und selbstverständlich auch flexible und bedarfsgerechte Möglichkeiten zur Vereinbarkeit mit Familie und Partnerschaft anbieten.

kräfte aus der Industrie zu entwickeln. Für eine gewisse Zeit könnten die Frauen an den Universitäten lehren und ggf. Forschungsvorhaben durchführen, um dann wieder in das eigene Unternehmen zurückzukehren. Noch sind solche Modelle Zukunftsmusik und es ist für viele Unternehmen

Doch nicht zuletzt sind verstärkte Anstrengungen nötig, die Verdienstmöglichkeiten zu verbessern, wenn der Wissenschaftsbereich konkurrenzfähig bleiben will. Dies gilt auch für die (Rück)Gewinnung weiblicher MINT-Expertinnen, die sich nicht als „Lückenbüßerinnen“ eignen. Wie unser Projekt „Frauenkarrieren in MINT“ zeigt, spielen die Einkommen zwar nicht die dominierende, aber eben doch und zu Recht eine wichtige Rolle.

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Die Autorinnen und das Femtec-Netzwerk MAREIKE EBACH

DR. HELGA LUKOSCHAT

. . . ist Diplom-Politologin und leitet seit Oktober 2014 das Projekt „Frauenkarrieren in MINT“ der Femtec.GmbH. Zuvor war sie u. a. als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in verschiedenen Forschungsprojekten tätig. Sie studierte an der Freien Universität Berlin und arbeitete bereits studienbegleitend an sozial­ wissenschaftlichen Studien mit. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Sie hat sich u. a. intensiv mit dem beruflichen Wiedereinstieg von Frauen beschäftigt.

. . . ist Vorsitzende und Geschäftsführerin der EAF Berlin (Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft). Sie verantwortete zahlreiche Mentoring- und Careerbuilding-Programme zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses und leitete diverse Forschungs- und Beratungsprojekte mit den Schwerpunkten Chancengleichheit und Vereinbarkeit von beruflicher Karriere und Familie. Bis 2014 war sie zudem Geschäftsführerin der Femtec.GmbH, welche von der EAF Berlin und der Technischen Universität Berlin gemeinsam gegründet wurde.

FEMTEC-NETZWERK Die Berliner Femtec.GmbH ist die internationale Karriereplattform für Frauen in Ingenieur- und Naturwissenschaften. Die Femtec gewinnt weiblichen Nachwuchs für die MINT-Berufe, bietet zielstrebigen Studentinnen ausgezeichnete Karriereperspektiven und qualifiziert und vermittelt exzellente MINT-Professionals. Diese Frauen sowie zehn namhafte Technologie-Unternehmen, die Fraunhofer-Gesellschaft und die führenden deutschen Technischen Universitäten im TU9-Verbund sowie die ETH Zürich haben Zugang zum Femtec-Netzwerk.

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Projektpartner

www.femtec.org ISBN 978-3-00-050602-4

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