Hamburger Erinnerungsorte der Sozialdemokratie
December 30, 2016 | Author: Frieder Günther | Category: N/A
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HAMBURG
Hamburger Erinnerungsorte der Sozialdemokratie
Drei Rundgänge
Olaf Scholz
Die Hamburger SPD – 150 Jahre im Dienst unserer Stadt
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ie deutsche Sozialdemokratie und mit ihr die Hamburger SPD wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. 150 Jahre – welch eine lange Zeit, welch eine lange Geschichte! Nun ist Tradition für uns Sozialdemokraten weder Ballast, den wir abwerfen müssen, noch Folklore, die wir nur zu feierlichen Anlässen pflegen. Zusammenzukommen, um uns gegenseitig auf die Schulter zu klopfen, um uns zu sagen, wie gut wir sind, das ist unsere Sache noch nie gewesen. Es ist der „Blick zurück nach vorn“, den wir Sozialdemokraten praktizieren. Der Blick in unsere Vergangenheit, auf unsere vielfältigen geschichtlichen Erfahrungen, dient dazu, über unsere politische Arbeit und die Herausforderungen der Gegenwart nachzudenken und Lösungen zu finden. Wenn wir uns mit den schwierigen Anfängen der Organisation, mit Ausgrenzung und Verfolgung, mit großen Wahlerfolgen und langjähriger erfolgreicher Hamburger Regierungsarbeit, aber auch mit innerparteilichen Kämpfen, Niederlagen und falschen Einschätzungen beschäftigen, dann tun wir das nicht aus Selbstzweck, sondern um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.
Wer die Jahre von 1863 bis heute betrachtet, wird feststellen, dass nicht Kontinuität, sondern Zäsuren, tiefe Brüche in Staat und Gesellschaft das Kennzeichen deutscher Geschichte darstellen. Von Bismarck, dem deutschen Kaiserreich und dem Ersten Weltkrieg über die Weimarer Republik, dem Terrorregime der Nationalsozialisten, dem Wiederaufbau Hamburgs im geteilten Deutschland und der für die Hansestadt so bedeutenden Wiedervereinigung führt kein gerader Weg hin zur sozialdemokratischen Senatsarbeit des Jahres 2013. Der 150. Geburtstag unserer Partei ist so gesehen etwas Außergewöhnliches, ja etwas Einmaliges, denn keine andere deutsche Partei kann auf eine solch lange
Tradition zurückblicken. Die Hamburger SPD hat diese Stadt geprägt wie keine andere Partei der Hansestadt. Den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es immer wieder gelungen, auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen zu reagieren, nach Umbrüchen neu anzufangen und den Bürgerinnen und Bürgern auf ihre Fragen die richtigen Antworten zu geben. Von Zeit zu Zeit mussten wir uns neu justieren, unsere Vorstellungen an der Wirklichkeit überprüfen und unseren Kurs anpassen. Nur so ist es uns gelungen, immer „auf der Höhe der Zeit zu agieren“, wie Willy Brandt sagte. Das vorliegende Büchlein zu den Hamburger Erinnerungsorten der Sozialdemokratie macht Geschichte lebendig, erfahrbar und „begehbar“. Machen Sie sich mit uns auf eine Spurensuche der besonderen Art.
Olaf Scholz SPD Landesvorsitzender
Hamburger Erinnerungsorte der Sozialdemokratie
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um 150. Jubiläum der SPD soll dieses Büchlein einen kleinen Überblick über die Erinnerungsorte der Hamburger Sozialdemokratie bieten. Schließlich galt die Hansestadt bereits im 19. Jahrhundert als Hochburg der Arbeiterbewegung und „Hauptstadt der Sozialdemokratie“. Anhand von wichtigen Stationen soll die Geschichte der Hamburger Sozialdemokratie von ihren Anfängen bis in die Gegenwart erzählt werden. Dazu gehören Arbeiterkneipen, Gewerkschaftshäuser, Parteihäuser und Orte des Widerstandes gegen das nationalsozialistische Regime, aber auch die HafenCity oder das Kurt-Schumacher-Haus. Obwohl es in Hamburg zahlreiche Erinnerungsorte der Sozialdemokratie gibt, musste eine Beschränkung auf die Innenstadt stattfinden. Denn allein diese bietet eine Vielzahl an sozialdemokratischen Plätzen. Drei verschiedene Rundgänge ermöglichen deshalb einen Einblick in die lange Tradition der SPD. Der erste führt vom Jungfernstieg durch den Stadtteil St. Georg vorbei am Gewerkschaftshaus, dem Kurt-Schumacher-Haus, der heutigen Parteizentrale, hin zum Wohnhaus von Otto Stolten. Der zweite Rundgang startet am Rathaus und verläuft über August Geibs Wohnhaus bis hin zur Speicherstadt und der HafenCity. Der dritte Rundgang beginnt am Stephansplatz, zeigt das alte Parteihaus und die Druckerei des „Hamburger Echo“ und endet am Valentinskamp, einem Ort, an dem früher Arbeiterkneipen sich aneinander reihten. An vielen Stellen der Rundgänge laden gemütliche Cafés, Restaurants und Kneipen zum Verweilen ein. Zudem sind in dem Routenplan in der Mitte der Broschüre die jeweiligen U- und S-Bahn Haltestellen und Linien vermerkt. Dadurch ist es möglich, problemlos und schnell von einem Rundgang zum nächsten zu gelangen. Nun wünschen wir viel Vergnügen beim Erkunden unserer Stadt und unserer Geschichte.
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Rundgang 1 Treffpunkt: Jungfernstieg– U- und S-Bahn Linien 1. Klages Restaurant – Ein Treffpunkt der Sozialdemokratie Ecke Alstertor/Ferdinandstraße
Herausgeber SPD Landesorganisation Hamburg Kurt-Schumacher-Allee 10, 20097 Hamburg Texte: Dr. Helga Kutz-Bauer, Dr. Holger Martens, Carmen Smiatacz Gestaltung, Layout: grafikern, Hamburg Druck: Dräger + Wullenwever Copyright: AvS c/o SPD Hamburg Bildnachweise: Titel: 7- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich, ClipDealer Rundgang 1: 1- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich, 5- Rebco, 6- AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung Rundgang 2: 1- Conti-Press/Staatsarchiv Hamburg, 4- AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung, 5- Staatsarchiv Hamburg, 622-2 23 Nr. 93 (Otto Grot), 6- Staatsarchiv Hamburg, 7- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich Rundgang 3: 1- Georg Menz, 2- Georg Menz, 3- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich, 4- Staatsarchiv Hamburg, 5- Staatsarchiv Hamburg, 6- Conti-Press/Staatsarchiv Hamburg, 7- IG Metall/AdsD, 8-Conti-Press/ Staatsarchiv Hamburg, 9- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich, 10- Hamburger Bildarchiv/Jens Wunderlich Trotz größter Sorgfalt konnten die Urheber des Bildmaterials nicht in allen Fällen ermittelt werden. Es wird gegebenenfalls um Mitteilung gebeten. Die Symbole neben den einzelnen Beiträgen geben einen Hinweis darauf, ob die Gebäude, Einrichtungen oder andere Zeugnisse noch zu finden sind: noch vorhanden nur teilweise noch vorhanden nicht mehr vorhanden
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Das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“, kurz als Sozialistengesetz bezeichnet, wurde am 19. Oktober 1878 mit der Stimmenmehrheit der konservativen und der meisten nationalliberalen Abgeordneten im Reichstag verabschiedet. Es galt durch Verlängerungen bis zum 30. September 1890. Das Gesetz verbot sozialistische und sozialdemokratische Organisationen und deren Aktivitäten im Deutschen Reich. Es kam damit einem Parteiverbot gleich, lediglich zu Wahlen war die Sozialdemokratie weiterhin zugelassen. Gleichzeitig mussten auch alle sozialistischen und sozialdemokratischen Presseerzeugnisse eingestellt werden. Während des Sozialistengesetzes wurden in Hamburg, Altona und Umgebung weit über 300 Sozialdemokraten oft von einem auf den anderen Tag ausgewiesen und verloren dadurch ihre Arbeit und ihre Existenz. Auch viele kleine Gastwirte und Gewerbetreibende waren darunter, nicht selten blieb die Familie in Not zurück. Die SAP gründete illegale Unterstützungskassen für sie, eine Tradition, welche die Parteimitglieder nach 1933 Ferdinandstraße, links Alstertor, um 1900 wieder aufnahmen. Trotz der Verfolgung und Unterdrückung gab es immer wieder illegale Treffen der Sozialdemokraten und die politische Arbeit wurde im Untergrund fortgeführt. Diese wurden oftmals in den ehemaligen sozialdemokratischen Kneipen abgehalten, wie zum Beispiel in Klages Restaurant an der Ecke Alstertor und Ferdinandstraße.
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In Hamburg blieb die Stimmung während des Sozialistengesetzes relativ ruhig, auch durch eine besonnene Politik des Senats in den ersten Jahren. Als jedoch am 1. Mai 1890 fast 20.000 Arbeiter größtenteils monatelang wegen der Maifeier ausgesperrt wurden, d. h. ihre Arbeit verloren, gerieten tausende Familien in Not. Bei der Tarnorganisation der verbotenen Partei, dem Verein hamburgischer Staatsangehöriger, in dem sich, wie die Polizei feststellte, „die Elite der Sozialdemokratie“ sammelte, zeigte sich nun ein Umschlag in ihrer Haltung in Verbitterung und Radikalität. Oft hatten Partei- und Gewerkschaftsführer die Haltung des Senats gelobt. Doch dies änderte sich jetzt. Ein Redner brachte es auf die Formel: „Bis jetzt haben wir geliebt, von nun an werden wir hassen.“ Doch diese Form der Verbalradikalität blieb nicht von langer Dauer.
Hier zählten ranghohe Polizeibeamte wie der Polizeileutnant Otto Grot, Leiter der Schufo 11, zu den Führungskräften des Reichsbanners. Die Zentrale für den Gau HamburgBremen-Nordhannover befand sich im Holzdamm 59. Als erster Vorsitzender fungierte Heinrich Steinfeldt, Sozialdemokrat, Vorsitzender der Zimmerergewerkschaft und Mitglied der Bürgerschaft.
2. Die Reichsbannerzentrale Holzdamm 59
Die Reichsbannerfahnen der Schufo 11 und Schufo 17 konnten über die NS-Zeit gerettet werden und befinden sich heute im Museum für Hamburgische Geschichte.
Kurz nach der Hamburger Gründungsversammlung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold am 27. Juni 1924 in der Ernst-Merck-Halle wurden die verschiedenen Wehr- und Schutzverbände zu einer republiktreuen Wehrorganisation zusammengefasst. Die Wahlerfolge der NSDAP und das Auftreten der SA und auch der KPD, die vor Saal- und Straßenschlachten nicht zurückschreckten, waren der Anlass für die Aufstellung von Schutzformationen, kurz Schufos. In Hamburg gab es 24 Schufos mit je 150 Mann.
Reichsbanner
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten beschloss der Gauvorstand konsequenterweise am 22. März 1933 die Auflösung des Reichsbanners. Doch illegal wurde die Arbeit fortgeführt. So bildete ein Teil der Schufo 11 einen eigenen Widerstandskreis und agierte bis Anfang 1937, bevor zahlreiche Mitglieder verhaftet und verurteilt wurden. Mehrere der Mitglieder starben in der Haft.
3. Das Gewerkschaftshaus Besenbinderhof 56-61 In Anwesenheit des SPD-Vorsitzenden August Bebel wurde am 29. Dezember 1906 der Bau des Gewerkschaftshauses eingeweiht. Gebaut war es nach einem bereits in anderen deutschen Städten erfolgreichen Konzept, das die Zusammenlegung von Büroräumen sowie Saal-, Restaurant- und
Das Hamburger Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof
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Herbergsbetrieb vorsah. Nach einer Erweiterung 1912/13 war der Gebäudekomplex das damals größte Gewerkschaftshaus Deutschlands. Wiederholt stand es bei politischen Umbrüchen im Zentrum. So wurde hier am 5. November 1918 der Entschluss gefasst, die Kieler Matrosen durch einen Streik zu unterstützen. Während des Kapp-Putsches 1920 kamen die Hamburger Repräsentanten der demokratischen Organisationen wiederholt zu Besprechungen im Besenbinderhof zusammen. Am 21. Mai 1923 wurde in Hamburg die Sozialistische Arbeiterinternationale gegründet und tagte im Gewerkschaftshaus. Nach den Reichstagswahlen Anfang März 1933 folgte die örtliche Gewerkschaftsführung dem Kurs der Reichsleitung des ADGB in der Hoffnung, durch Loyalität gegenüber den neuen Machthabern die Gewerkschaftsarbeit fortführen zu können. Doch bereits am 2. Mai 1933 erfolgte reichsweit die gewaltsame Besetzung der Gewerkschaftshäuser. Das Hamburger Gewerkschaftshaus wurde von der NS-Organisation Deutsche Arbeitsfront übernommen. Zahlreiche Gewerkschafter gingen in den Widerstand.
4. Die GEG- und ZdK-Zentrale Besenbinderhof 52 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts griffen Vertreter der Arbeiterbewegung die Genossenschaftsidee auf, um die Lebensmittel- und Wohnraumversorgung der Arbeiter zu verbessern. 1899 wurde die Genossenschaft „Konsum-, Bau-, und Sparverein ‚Produktion’“, kurz Pro, gegründet. Innerhalb der Genossenschaftsbewegung fanden sich Konsumvereine der Arbeiterbewegung unter der 1894 gegründeten Großeinkaufsgesellschaft deutscher Consumvereine (GEG) zusammen. Mit dem Dachverband Zentralverband Deutscher Konsumgenossenschaften (ZdK) konnten sie 1922 auf ihrem Höhepunkt einen Umsatz von 1,24 Milliarden Reichsmark erwirtschaften. Die Genossenschaften waren damit zu einem bedeutenden Wirtschafts- und Machtfaktor geworden. Sie wurden deshalb auch als „dritte Säule“ der Arbeiterbewegung bezeichnet. GEG und ZdK hatten ihren Sitz von Anbeginn in Hamburg. 1907 bezogen beide Organisationen ihre neue Zentrale in einem Gebäude am Besenbinderhof 52.
Das während des Krieges schwer zerstörte Gebäude war nach der Kapitulation Treffpunkt von Vertretern der Arbeiterbewegung. Schon am 11. Mai 1945 fand hier auf Initiative Hellmut Kalbitzers und Walter Schmedemanns die Gründungssitzung der Sozialistischen Freien Gewerkschaft (SFG) statt. Innerhalb weniger Wochen lagen 50.000 Aufnahmeanträge für die Gewerkschaft vor. Mit dem Verbot der politischen Betätigung erzwang die britische Militärregierung am 20. Juni 1945 die Auflösung des SFG. Das Gewerkschaftshaus stand bis zum Frühjahr 1949 unter britischer Militärverwaltung. Im Sommer 1945 konnte die Gewerkschaftsführung erreichen, dass zumindest ein Teil des Gebäudes zurückgegeben wurde. Seit 2003 befindet sich am Eingang Besenbinderhof 60 eine Gedenktafel, die an die Besetzung des Hauses und die Verfolgung der Gewerkschafter erinnert.
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Die Genossenschaft Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg
Die SA besetzte am 2. Mai 1933 das Verwaltungsgebäude des ZdK. Drei Tage später übernahm der Hamburger Gauinspektor der NSDAP die Führung der GEG. Der ZdK wurde aufgelöst und die GEG mit der Kölner Gepag zwangsverschmolzen. Die Pro wurde 1936 umbenannt und hörte da-
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mit auf zu existieren. Vor einer Auflösung der Konsumgenossenschaften schreckten die Nationalsozialisten zwar zurück, doch wurden die Führungspositionen mit NSDAPMitgliedern besetzt und systematisch Maßnahmen gegen das Genossenschaftswesen ergriffen. Zahlreiche Mitarbeiter der Konsumgenossenschaften wurden wegen ihrer politischen Einstellungen von den Nationalsozialisten schikaniert, drangsaliert und entlassen. Nach dem Krieg gründete sich die Konsumgenossenschaftsbewegung mit GEG, ZdK und Pro schnell unter ihren alten Namen neu. Mit dem Niedergang der Konsumgenossenschaften einerseits und der Gründung neuer Dienstleistungsgenossenschaften andererseits hat sich die Mitgliederstruktur im ZdK stark verändert. Das Gebäude Besenbinderhof 52 gehört heute zur benachbarten Generali Versicherungsgruppe. Diese residiert in dem früheren Gebäude der Volksfürsorge Lebensversicherungs AG, einem 1913 gegründeten gewerkschaftlich-genossenschaftlichen Unternehmen.
5. Das Kurt-Schumacher-Haus Kurt-Schumacher-Allee 10 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bezog die SPD erstmal wieder Räume in ihrer alten Parteizentrale in der Großen Theaterstraße. Allerdings gelangte sie nie wieder in den vollständigen Besitz des Gebäudes. Deswegen wurde eine neue Parteizentrale in der KurtSchumacher-Allee 10 zwischen Max Brauer und Karl Vittinghoff an Berliner Tor und Hauptbahneinem Modell des neuen Parteihauses hof errichtet. In den Neubau, das Kurt-Schumacher-Haus, parteiintern KuSchu genannt, zog die Partei 1957 ein. Im Gebäude befinden sich neben den Räumlichkeiten der Landesorganisation auch weitere Büros, unter anderem die der IG Metall-Bezirksleitung Küste.
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Vor dem Gebäude liegen seit 2010 zwei Stolpersteine für die sozialdemokratischen Widerstandskämpfer Wilhelm Bock und Ludwig Wellhausen: Wilhelm Bock wurde am 30. April 1886 in Hammerbrook geboren. Nach seinem Militärdienst war er drei Jahre in Nigeria und Kamerun tätig. Die menschenunwürdigen Arbeitsverhältnisse der Einheimischen begründeten sein politisches Engagement, das 1911 in Hamburg zum Eintritt in die SPD führte. In der Eppendorfer SPD-Parteiorganisation wurde er 1923 Distriktsführer, gehörte dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an und war 1933 Mitglied des Landesvorstands der SPD Hamburg. Seit wann sich Wilhelm Bock aktiv am Widerstand beteiligte, ist nicht bekannt. Mit einem Parteifreund, dem Kolonialwarenhändler Robert Finnern, wollte Wilhelm Bock im März 1938 eine Lieferung illegalen Materials aus Dänemark in Empfang nehmen. Doch die Gestapo griff bei dem Unternehmen zu. Der Koffer mit dem illegalen Material enthielt 4.000 Exemplare einer Flugschrift sowie Postsendungen. Wilhelm Bock und Robert Finnern wurden verhaftet und ihnen wurde der Prozess vor dem Volksgerichtshof gemacht. Am 23. August 1938 wurden die Angeklagten wegen Beihilfe zur Vorbereitung zum Hochverrat zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Nachdem die beiden Männer ihre Strafe verbüßt hatten, wurden sie nicht freigelassen, sondern ins KZ Sachsenhausen überführt. Hier starb Wilhelm Bock am 21. August 1940 an «Lungenentzündung, Herzschwäche und Darmkatarrh». Sein Parteifreund Robert war wenige Monate zuvor ebenfalls in Sachsenhausen verstorben. Ludwig Wellhausen wurde am 4. Oktober 1884 in Hannover geboren. Er kam nach Hamburg und arbeitete als Maschinenbauer. 1926 wurde er bei der SPD als Parteisekretär eingestellt. Im Januar 1933 verließ Wellhausen Hamburg und ging als SPD-Bezirkssekretär nach Magdeburg. Dort baute er ein illegales Informationsnetzwerk auf und unterhielt damit eine der erfolgreichsten Widerstandsorganisationen im Deutschen Reich. Während dieser Zeit arbeitete er als Monteur und Schlosser.
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Aufgrund seiner Aktivitäten im sozialdemokratischen Widerstand wurde er am 12. Januar 1939 verhaftet und im Polizeigefängnis Magdeburg schwer misshandelt. Ohne ein Gerichtsverfahren wurde er wegen „Landesverrats“ in das KZ Sachsenhausen eingewiesen. Dort starb er am 4. Januar 1940.
6. Otto Stoltens Wohnhaus Schmilinskystraße 25
Otto Stolten
Johannes Ernst Otto Stolten wurde am 4. April 1853 als Sohn eines Schlossermeisters in Hamburg geboren. Von 1861 bis 1868 besuchte er eine nur dreiklassige Schule und absolvierte danach eine Ausbildung als Schlosser und Maschinenbauer. Als Handwerksgeselle bereiste er zwischen Frühjahr 1872 und Herbst 1875 einen großen Teil Deutschlands und trat 1874 in Dresden der SAP bei.
marer Nationalversammlung gewählt worden war, saß er von 1920 bis 1924 im Reichstag. Zudem war er von 1919 bis 1925 Zweiter Bürgermeister von Hamburg und damit Mitglied des Senats. Otto Stolten starb am 8. Januar 1928 in Hamburg. Heute wird die nach ihm benannte Bürgermeister-Stolten-Medaille verliehen. Neben der Verleihung der Ehrenbürgerwürde ist dies die höchste Bürgerehrung der Hansestadt. Im Herbst 1925 war Otto Stolten der erste, dem die Medaille verliehen wurde.
Wieder in Hamburg angekommen, arbeitete er als Redakteur bei der sozialdemokratischen Bürgerzeitung. Doch durch das Sozialistengesetz musste die Zeitung eingestellt werden. Ihren Nachfolger, das Hamburger Echo, führte Otto Stolten als verantwortlicher Leiter weiter. Obwohl die Sozialdemokratie schon gegen Ende des Sozialistengesetzes alle drei Reichstagswahlkreise in Hamburg und auch den Altonas erobern konnte, führte das Klassenwahlrecht zur Hamburgischen Bürgerschaft, welches an das Bürgerrecht und eine bestimmte Einkommenshöhe gekoppelt war, dazu, dass erst 1901 ein einzelner Sozialdemokrat in das Landesparlament gewählt wurde. Es war Otto Stolten, der für den Stadtteil Hammerbrook in die Bürgerschaft zog. Drei Jahre später bildete sich mit 13 Sozialdemokraten eine eigene Fraktion. Stolten saß durchgängig bis 1927 in der Bürgerschaft der Stadt Hamburg. Von 1913 bis 1918 war Stolten als Mitglied der SPD-Frak tion im Reichstag vertreten. Nachdem er 1919 in die Wei-
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Rundgang 2 Treffpunkt: Rathaus – U-Bahnlinie U3 1. Das Rathaus Das Hamburger Rathaus ist der Sitz der Bürgerschaft und des Senats. Nachdem das alte Rathaus an der Trostbrücke bei dem Großen Brand von 1842 zerstört worden war, wurde dieser Standort an der kleinen Alster für das neue Gebäude ausgewählt. Fertig gestellt wurde der Bau allerdings erst 1897. Fast alle der dort arbeitenden Maurer, Maler, Zimmerer waren Mitglieder der Sozialdemokratie und der Fachvereine/bzw. Gewerkschaften.
DDP bildete sie eine Koalitionsregierung. Neben dem Zweiten Bürgermeister Otto Stolten gehörten Schulsenator Emil Krause und Polizeisenator Adolph Schönfelder zu den führenden Sozialdemokraten. In den Wirren der Weimarer Republik war Hamburg „ein Fels in der Brandung“. Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 wurde die Arbeit des SPD-Senats immer schwieriger. Als das NS-Regime das Verbot der SPD-Parteizeitung „Hamburger Echo“ verlangte, traten der sozialdemokratische Bürgermeister Rudolf Ross und die SPD-Senatoren am 3. März 1933 zurück. Es folgten zwölf Jahre Verfolgung. Unmittelbar nach Kriegsende begannen die Sozialdemokraten unter Karl Meitmann, Walter Schmedemann und Adolph Schönfelder mit dem Wiederaufbau der Hamburger Partei. Erster Bürgermeister wurde 1946 der frühere Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer. Von da an stellte die SPD bis 1953 und von 1957 bis 2001 durchgehend den Ersten Bürgermeister in Hamburg. Hamburg war auch die Hauptstadt der Kampagne „Kampf-dem-Atomtod“. Am 17. April 1958 strömten 150.000 Menschen auf dem Rathausmarkt zusammen, um gegen die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu protestieren.
„Kampf dem Atomtod“ – Kundgebung auf dem Rathausplatz 1958
Bei der Gründung des ADAV 1863, des Vorläufers der SAP, waren auch hochrangige Vertreter aus der Hansestadt beteiligt gewesen, wie Theodor Yorck und August Geib. Als 1901 mit Otto Stolten der erste Sozialdemokrat als Abgeordneter das Rathaus betrat und in den nächsten Jahren noch mehr Sozialdemokraten in die Bürgerschaft gewählt wurden, erwogen die Konservativen eine Verschärfung des Wahlrechts, den sogenannten ‚Wahlrechtsraub’. 1918 änderten sich die Verhältnisse – der Arbeiter- und Soldatenrat von Groß-Hamburg besetzte das Rathaus. Bei der Bürgerschaftswahl am 16. März 1919 errang die SPD bereits 50,5 Prozent der Stimmen. Zusammen mit der
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Nach dem Erreichen der absoluten Mehrheit der Mandate bei der Bürgerschaftswahl am 20. Februar 2011 wurde Olaf Scholz zum neuen Ersten Bürgermeister gewählt. Somit stellt die Hamburger SPD, nach knapp zehn Jahren Opposition, erneut den Regierungschef. Am 29. März 2005 wurde zur Erinnerung an den SPD Senator Max Mendel, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft in das KZ Theresienstadt verschleppt wurde und dort ums Leben kam, ein Stolperstein vor dem Haupteingang des Rathauses (rechts) verlegt. Am 8. Juni 2012 wurden vor dem Haupteingang (links) weitere 20 Stolpersteine für 20 Bürgerschaftsabgeordnete verlegt, darunter für fünf Sozialdemokraten.
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2. Der Meissner Verlag Bergstraße 26 Im Revolutionsjahr 1848 gründete Carl Otto Meissner (1819-1902) in der Bergstraße 26 seinen Verlag. Neben politischen Werken erschienen auch Bücher über Hamburg, viele juristische Titel, Zeitschriften, Sachbücher, belletristische Bücher und Mappen mit frühen Photographien. Das wohl berühmteste Werk des Verlages erschien 1867: „Das Kapital. Der Produktionsprozess des Kapitals“, der erste Band der Reihe. Bereits Ende November 1866 hatte Marx die Hälfte des Manuskripts an Meissner geschickt. Der zweite Teil wurde dann im April 1867 fertig gestellt. Das Manuskript des „Kapitals“ hatte Otto Meissner an die Druckerei von Otto Wigand in Leipzig abgeschickt. In HamErster Band der Reihe „Das Kapital“ burg wollte er nicht drucken von Karl Marx lassen, da er weder die Zahl der Drucker noch die Gelehrsamkeit der Korrektoren für ausreichend hielt. Gerade einmal 1.000 Exemplare wurden von der ersten Auflage gedruckt. Der zweite Band, herausgegeben von Friedrich Engels, erschien 1885 nach dem Tod von Karl Marx (1883) und der dritte Band 1894. Als Erscheinungsdatum des ersten „Kapital“-Bandes gilt der 14. September 1867. Das Manuskript des ersten Bandes wurde von Wigand nach Fertigstellung des Drucks zurück an Otto Meissner geschickt. Als Beleg für die Verlagsrechte wurde es dort aufbewahrt, bis der älteste Enkel Meissners, Otto Heinrich Meissner, das Manuskript dem SPD-Archiv in Berlin überließ. Hier verlieren sich dann seine Spuren, es ist bis heute verschollen.
3. Der illegale Treffpunkt des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds (ISK) Börsenbrücke 4 Als Reaktion auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD von 1925, der eine Mitgliedschaft in der SPD und dem Internationalen Jugendbund untersagte, gründete der Philosoph Leonard Nelson im darauf folgenden Jahr den ISK. Nelson, der ein Sozialismuskonzept entwickelte, das sich am gleichen Recht aller Menschen orientierte, stellte besondere Anforderungen an die persönliche Lebensführung der Mitglieder. Der ISK hatte kaum mehr als 300 Mitglieder. In Hamburg existierte ein eigener Ortsverein. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde eine offizielle Auflösung beschlossen, um die illegale Weiterführung der Arbeit zu erleichtern. Doch trotz seiner kleinen Mitgliederzahl entwickelte der ISK eine außerordentlich intensive Widerstands arbeit. Insbesondere die vegetarischen Gaststätten boten erwerbslosen Mitgliedern Arbeit, dienten als Einnahme quelle zur Finanzierung der Widerstandsarbeit, boten eine unauffällige Anlaufstelle und konnten als konspirative Treffpunkte genutzt werden. In Hamburg eröffneten die ISK-Mitglieder Hans Kakies und Erna Mross im September 1934 an der Börsenbrücke 4 eine Vegetarische Gaststätte. Mit täglich 120 Mittagsgästen fand das Restaurant regen Zuspruch. Die Gestapo verhaftete 1936 in anderem Zusammenhang zwei der insgesamt etwa 25 Hamburger ISK-Mitglieder. Daraufhin setzten sich Hans Kakies und Erna Mross ins Ausland ab. Es folgten weitere Verhaftungen und es gelang der Gestapo, das Netzwerk der ISK aufzudecken. Damit wurde die Organisationsstruktur zerschlagen. Nach dem Krieg löste sich der ISK auf. Die meisten Mitglieder traten der SPD bei.
Das Haus Meissners wurde 1943 bei der Bombardierung Hamburgs weitgehend zerstört.
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4. August Geibs Wohnung Rödingsmarkt 12
bücherei eingerichtet wurde, aus der später das Parteiarchiv hervorging.
Geboren wurde Wilhelm Leopold August Geib am 10. April 1842 in Duchroth. Bis zu seinem zehnten Lebensjahr besuchte er die dortige Dorfschule, danach erhielt er Privatunterricht. Er kam als Kaufmannsgehilfe nach Hamburg. Hier war er seit 1864 als Buchhändler und Leihbibliothekar tätig. Wegen seines Widerstands gegen den Krieg von 1870/71 war er von Preußen verhaftet worden, wurde aber auf Intervention des Hamburger Senats entlassen – besaß er doch das Hamburger Bürgerrecht!
Geib war herzkrank, die politische Unterdrückung hatte ihn zermürbt, er starb am 1. August 1879 in Hamburg. Seine Beerdigung am 3. August wurde zu einer Protestkundgebung, wie sie Hamburg noch nicht gesehen hatte. Lange, bevor der Zug sich in Bewegung setzte, waren die Straßen zwischen Rödingsmarkt und Hafen, Großen Burstah bis zum Gänsemarkt und den damaligen Dammtorfriedhöfen überfüllt. Etwa 30.000 Menschen gedachten mit dem Geleit und Tragen roter Bänder und Nelken des Mannes. Später wurde ein großer Teil der Friedhöfe von den Nationalsozialisten eingeebnet und zum Aufmarschplatz umgestaltet.
In den ersten Jahren der Arbeiterbewegung gehörte Geib dem von Ferdinand Lassalle gegründeten ADAV an, wechselte aber wie viele andere in das Lager der SDAP von Wilhelm Liebknecht und August Bebel über. Geib war zunächst an gewerkschaftlichen Fragen interessiert. Er wurde 1874 für den Wahlkreis 9 in Sachsen in den Reichstag gewählt und gehörte diesem bis 1877 an. Bei der Vereinigung von SDAP Wilhelm Leopold August Geib, 1875 und ADAV im Jahr 1875 wurde Geib zum Kassierer der neu gegründeten SAP gewählt. Dies war damals die wichtigste Funktion und er war damit jahrelang unangefochten faktisch Parteivorsitzender. Er lebte am Rödingsmarkt 12, hatte dort seine Buchhandlung und war für die armen Bürger Berater in vielen Fragen auch juristischer Art. Schon während des drohenden Erlasses „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ schlug Geib die formelle Auflösung der Partei vor, dies wurde auch beschlossen, führte aber zu Konflikten innerhalb der Partei. Geib trat von seinem Posten als Kassierer zurück, den August Bebel übernahm. Aber nicht zuletzt ihm war es zu verdanken, dass im Schweizer Exil eine zentrale Partei-
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5. Gedenktafel für die Flutkatastrophe Rödingsmarkt 27 Bis heute ist die Hamburger Sturmflut von 1962 die schlimmste Naturkatastrophe der Geschichte der Bundesrepublik. Insgesamt brachen über 60 Deiche in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 und die Wassermassen überraschten die meisten Hamburger im Schlaf. 315 Menschen starben, 20.000 waren obdachlos und ein Sachschaden von 750.000.000 DM war entstanden. Mit einem Wasserstand von 5,70 Metern über Normal Null sollte es die damals schwerste Sturmflut seit über 100 Jahren werden. Als Konsequenz dieses Ereignisses wurden die Deiche verstärkt und Katastrophenpläne ausgearbeitet. Obwohl bereits am 15. Februar 1962 die Küstengebiete der Nordsee vor dem Orkan Vincinette gewarnt wurden, erfuhr die 100 km entfernte Hamburger Bevölkerung von der möglichen Bedrohung nichts. Erst als spät am Abend die ersten Deiche gebrochen waren, lösten die zuständigen Behörden Alarm aus. Doch inzwischen war es zu spät, da viele städtische Mitarbeiter nicht mehr erreichbar waren und die ersten Telefonverbindungen bereits nicht mehr funktionierten. Innensenator Helmut Schmidt und sein Kommandeur der Schutzpolizei, Otto Grot, setzten sich in diesem Staatsnotstand über die Einschränkungen der Verfassung hinweg: Obwohl die Bundeswehr zu der Zeit noch nicht für zivile
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Rundgang 1
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Rundgang 2 Treffpunkt: Rathausmarkt 1 Das Rathaus 2 Der Meissner Verlag 3 Der illegale Treffpunkt des ISK 4 August Geibs Wohnung 5 Gedenktafel für die Flutkatastrophe
Rundgang 3 6 Kurt Adams Kaffeeversandhandel 7 Die Speicherstadt 8 Die Hafencity
Treffpunkt: Stephansplatz – Linie U1 1 Das Hamburger Echo 2 Die Parteizentrale 3 Die Lessinghalle 4 Herbert Ruscheweyh 5 Clara Genters Anwaltskanzlei
6 Treffpunkt der illegalen SPD-Führung 7 Der Dietz Verlag 8 Paul Nevermanns Anwaltskanzlei 9 Tütge‘s Etablissement 10 Das Lokal von Salzen
Helmut Schmidt
Otto Grot
Aufgaben herangezogen werden durfte, forderten sie ihren Einsatz an und riefen Truppen der NATO zu Hilfe. Bei schwierigen Wetterverhältnissen wurden Hunderte von Menschen von Dächern per Hubschrauber gerettet. Insgesamt kamen 25.000 Helfer zum Einsatz.
6. Kurt Adams Kaffeeversandhandel Holzbrücke 2 Kurt Adams wurde am 15. Dezember 1889 als Sohn eines Kaufmanns in Hamburg geboren. 1912 promovierte er zum Dr. phil. Im darauf folgenden Jahr trat er in den Hamburger Schuldienst ein. Er engagierte sich als Reformpädagoge und avancierte innerhalb der Hamburger SPD zu einem führenden Schulexperten. Adams gehörte von 1924 bis 1933 der Hamburgischen Bürgerschaft an. Er leitete in Hamburg die Kinderfreundebewegung und gehörte zeitweilig deren Reichsleitung an. Mehrere Jahre stand er in Hamburg der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer vor. Im Oktober 1929 übernahm Adams als Nachfolger von Rudolf Roß die Leitung der Hamburger Volkshochschule. Obwohl Adams 1933 aus der SPD austrat, wurde er am 23. Juni 1933 entlassen. Um sein Ruhegehalt aufzubessern, versuchte er sich als Annoncenwerber für eine Kinozeitung. Später eröffnete er ein Kaffeeversandgeschäft an der Holzbrücke 2 beim Nicolai-Fleet. Das kleine Kaffeekontor wurde bald zur Kontaktstelle von Mitgliedern des sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstands.
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Kurt Adams
Am 24. August 1944 wurde Kurt Adams in Zusammenhang mit dem Hitler-Attentat in Greiz verhaftet, wo er sich nach einer Blasenoperation zur Erholung aufhielt, und nach Gera gebracht. Vier Tage später wurde er in das KZ Buchenwald gebracht. Unter den unmenschlichen Bedingungen vor Ort erkrankte er und starb am 7. Oktober 1944.
7. Die Speicherstadt Die Hamburger Speicherstadt ist der größte auf Eichenpfählen gegründete und zusammenhängende Lagerhauskomplex der Welt und wurde 1888 eröffnet. Ab 1883 wurde sie als Teilstück des Hamburger Freihafens erbaut. Aus den damaligen Unterlagen und Akten geht hervor, dass die Maurer und Zimmerer zu 99 Prozent Sozialdemokraten waren. Für die neuen Speicher mussten die ab dem 16. Jahrhundert gewachsenen Wohnviertel auf den zwei Elbinseln Kehrwieder und Wandrahm abgerissen werden. Die zwei Inseln prägte eine sehr unterschiedliche Klientel. Während der Kehrwieder als Arbeiter- und Handwerkerviertel mit teilweise enger Gängeviertelbebauung galt, war der Wandrahm vor allem mit Kaufmanns- und Bürgerhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert bebaut und insbesondere von holländischen Einwanderern geprägt worden. Auf dem Kehrwieder lebten vor allem die Hafenarbeiter, die von dort aus nah an ihrer Arbeitsstelle waren. Etwa 20.000 Menschen wohnten damals auf den beiden Inseln. Sie wurden daher zwangsumgesiedelt. Die ärmeren von ihnen kamen in die binnen weniger Jahre hochgezogenen Arbeiterviertel in Barmbek und Hammerbrook – Hafenarbeiter hatten jetzt lange Wege. Die anderen bauten sich Sommerhäuser an der Alster oder Elbe in Hauptwohnsitze um. Insgesamt wurden 1.100 Häuser abgerissen. Im Zweiten Weltkrieg wurde durch alliierte Bombenangriffe etwa die Hälfte der Bausubstanz zerstört. Der in weiten
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schuss für die Bebauung des neuen Stadtgebiets. Die Bauarbeiten wurden im Jahr 2003 unter der CDU-Regierung aufgenommen. Leider wurde die Einzelausführung quasi den Investoren überlassen, damit wurde das erste Ensemble kein archi tektonisches Ruhmesblatt. 2009 wurde mit dem Teilquartier Am Dalmannkai/ Sandtorkai der erste Teil der HafenCity fertig gestellt.
Henning Voscherau
Kehrwieder um 1880
Teilen originalgetreue Wiederaufbau nach dem Krieg war 1967 abgeschlossen. Seit 1991 steht die Speicherstadt unter Denkmalschutz. Die Backsteingotik erfüllt auch heute noch ihren ursprünglichen Zweck: Das Lagern von Gütern wie Kaffee, Tee, Kakao und Orientteppichen.
8. Die HafenCity Die HafenCity bezeichnet das rund 155 ha große Gebiet auf dem ehemals zum Freihafen gehörenden nördlichen Teil des Großen Grasbrooks. Bis voraussichtlich zur Mitte der 2020er Jahre sollen auf dem Areal Wohneinheiten für bis zu 12.000 Personen und Arbeitsplätze für bis zu 45.000 Personen, vornehmlich im Bürosektor, entstehen. Es ist das größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt in Europa. Erste Planungen für die Bebauung des Großen Grasbrooks wurden Anfang der 1990er Jahre durch die SPD-Regierung entwickelt. Am 7. Mai 1997 gab der damalige Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau in einem Vortrag im Übersee-Club zum ersten Mal die Pläne für die komplette Neubebauung des Grasbrooks bekannt. Danach kam es zu zahlreichen Diskussionen über das Projekt. Am 20. August 1997 beschloss die Hamburger Bürgerschaft schließlich die Errichtung einer Hafencity. Dieses Datum gilt als der Start-
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Rundgang 3 Treffpunkt: Stephansplatz- U-Bahnlinie U1 1. Das Hamburger Echo Fehlandtstraße 11-19 Die eigenen Presseerzeugnisse waren das wichtigste Kommunikationsmittel der Arbeiterbewegung. Die Zeitung der Hamburger Sozialdemokraten wurde 1875 als „HamburgAltonaer Volksblatt“ gegründet und erschien in der AuerDruckerei. Diese entstand 1891 aus der 1875 gegründeten Genossenschaftsdruckerei, die ihren Sitz in der Amelung straße 5 hatte und unter der Leitung des Parteiverlegers J. H. W. Dietz die Zeit des Sozialistengesetzes überlebte.
Im Kampf gegen Hitler und die NSDAP hatte die sozialdemokratische Presse vor 1933 eine wichtige Rolle gespielt. Nach einem kritischen Bericht über die offiziellen Verlautbarungen zu den Hintergründen des Reichstagsbrandes verlangte die Reichsregierung vom Hamburger Senat das Verbot des Hamburger Echo. Wohl wissend, dieser Forderung nicht widerstehen zu können, traten die SPD-Senatoren am 3. März 1933 zurück. An diesem Tag erschien die letzte Ausgabe des Echo.
Unter dem Sozialistengesetz wurde das SPD-Parteiorgan mehrmals verboten, so dass es jeweils unter einem neuen Namen erscheinen musste: 1878 als „Gerichtszeitung“, 1881 als „Bürgerzeitung“ und schließlich ab 1887 als „Hamburger Echo“. Das Herzstück der Hamburger Sozialdemokratie lag
In der Setzerei des neuen „Hamburger Echo“ nach 1945
Ausgabe des „Hamburger Echo“ vom 3. Oktober 1923
Im Gebäude des ehemaligen Parteiorgans fand am 15. und 16. Juni 1933 die bekannte „Echo-Versammlung“ statt, auf der ein Großteil der Hamburger SPD-Führung sich zum letzten Mal in einem größeren Kreis versammelte und unter anderem über das Für und Wider der Bildung eines Prager Exilvorstands diskutierte. Am Abend des zweiten Tages drangen die Polizei und die SA in das Gebäude ein, verhafteten und misshandelten die 30 Anwesenden und beschlagnahmten das Diskussionspapier. Bis Mitte Juli wurden die meisten Teilnehmer inhaftiert. Als letzter wurde der SPD-Vorsitzende Karl Meitmann Ende Oktober 1933 freigelassen.
mit dem Parteihaus in der Großen Theaterstraße und dem Redaktionsgebäude des Hamburger Echos in der Fehlandtstraße in der Neustadt. Beide Häuser grenzten rückwärtig aneinander und waren miteinander verbunden.
Auf Reichsebene hatten die Vorgänge im Juni 1933 weitreichende Folgen. Den neuen Machthabern in Berlin diente die Hamburger Versammlung als weiterer Vorwand, um die SPD am 22. Juni 1933 endgültig zu verbieten.
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Nach dem Krieg wurde das Hamburger Echo neu gegründet. Der Auer-Druck erhielt die Zulassung durch die britische Militärregierung und am 3. April 1946 konnte die erste Nummer des „Echo“ erscheinen. Zwanzig Jahre später musste die Zeitung jedoch ihr Erscheinen einstellen, da sie, wie fast alle Parteizeitungen, dem Pressewettbewerb nicht standhalten konnte.
2. Die Parteizentrale Große Theaterstraße 42-44 Der Erwerb des Grundstücks durch die SPD im Jahr 1887 fiel in die Zeit des Sozialistengesetzes. Die Räume dienten nicht nur als Geschäftsräume der Partei, sondern waren auch der Sitz der Parteizeitung „Hamburger Echo“ und der dazugehörigen Druckerei. Als 1890 das Sozialistengesetz fiel, konnten die Räume nun auch für Parteigeschäfte genutzt werden. Nach der Novemberrevolution 1918 wurden die Aufgaben der SPD immer vielfältiger und die Mitgliederzahlen stiegen an. 1932 zählte die SPD schon 57.000 Mitglieder. Deswegen waren räumliche Erweiterungen des Parteisekretariats notwendig. Der „Arbeiterrat für Groß-Hamburg“, die Geschäftsstelle der „Volksbühne“ und das Sekretariat des SPD-Bezirksverbandes Das Parteihaus in der Großen Theaterstraße Hamburg-Nordwest bezogeschmückt zum 1. Mai gen von nun an Räumlichkeiten im Haus in der Großen Theaterstraße 42/43. Zudem wurden viele Veranstaltungen im Gewerkschaftshaus durchgeführt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es zu zahlreichen Übergriffen und Verhaftungen. Dies veranlasste die SPD zu Vorsichtsmaßnahmen. Da die Aufbewahrung von Parteiunterlagen in den Räumen der Partei zu ge-
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fährlich war, verbrannte der SPD-Vorsitzende Karl Meitmann in seiner Waschküche zahlreiche Dokumente, darunter einmalige Originale aus der Parteiengeschichte von unersetzlichem Wert. Als das Parteigebäude am 10. Mai 1933 besetzt wurde, waren Geld und Parteidokumente bereits in Sicherheit gebracht. Über die Hälfte des Geldes wurde treuhänderisch einem Rechtsanwalt übergeben, der damit seine und die Unkosten anderer für die Verteidigung von Sozialdemokraten decken sollte. Mehrere Distriktsvorsitzende erhielten Geld für eine Existenzgründung. Der Rest wurde an Verfolgte und deren Familienangehörige verteilt. Am 22. Juni 1933 erfolgte das Verbot der SPD. Schon unmittelbar nach der Kapitulation im Mai 1945 organisierten sich in allen Stadtteilen Sozialdemokraten, um die Partei wieder aufzubauen. Obwohl die offizielle Zulassung der SPD durch die britische Militärregierung erst am 21. November 1945 erfolgte, hatte der vorläufige Landesvorstand unter Leitung von Karl Meitmann bereits am 1. September 1945 mit der Registrierung der Mitglieder begonnen. Erneut bezog die Partei Räume in der Großen Theaterstraße, ohne allerdings wieder in den vollständigen Besitz der Gebäude zu gelangen. 1957 wurde die Parteizentrale in das neu errichtete Kurt-Schumacher-Haus (kurz KuSchu) in der Kurt-Schumacher-Allee 10 verlegt.
Im Büro von Karl Meitmann
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3. Die Lessinghalle Gänsemarkt 35 Bevor das heute noch stehende „Lessinghaus“ am Gänsemarkt 35 von den Architekten Albert Lindhorst und Emil Schaudt erbaut wurde, befand sich hier in einem älteren Gebäude die „Lessinghalle“. Sie war der zentrale Ort der Hamburger Gewerkschaftsbewegung. Die Räume im Parterre sowie in den oberen Stockwerken waren für ein Restaurant reserviert. In der ersten Etage befand sich der „Central-Verein der Maurer Deutschland“ – die wohl reichste Gewerkschaft Deutschlands in jener Zeit –, weiterhin die Arbeitsnachweise mehrerer Gewerke, z. B. der Klempner und Transportarbeiter, die Arbeiter-Bibliothek und die Bibliothek des Gewerkschaftskartells. In der „Lessinghalle“ wurde am 28. Juli 1898 der Hamburger „Konsum-, Bau- und Sparverein ,Produktion‘“, kurz „PRO“, auf Beschluss des Hamburger Gewerkschaftskartells gegründet und ein provisorischer Vorstand und Aufsichtsrat gewählt. Die Konsumund Baugenossenschaften wurden zu den wichtigsten Selbsthilfeeinrichtungen der Arbeiterbewegung. Die „Lessinghalle“ war faktisch das Haus der Hamburger Gewerkschaften. Als 1906 das Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof in Hamburg fertig gestellt Der Gänsemarkt mit Blick auf die wurde, dürften viele Wirte in den Lessinghalle um 1900 Straßen um den Gänsemarkt schlechtere Geschäfte gemacht haben.
4. Herbert Ruscheweyhs Anwaltskanzlei Poststraße 17-19 Herbert Ruscheweyh war am Ende der Weimarer Republik in Hamburg einer der profiliertesten SPD-Politiker, der weit über die Parteigrenzen hinaus Anerkennung fand und dem zunächst selbst die Nationalsozialisten Respekt zollten. Ge-
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meinsam mit Dr. Max Eichholz, der später wegen seiner jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurde, und Dr. E. Häckermann unterhielt Ruscheweyh in der heutigen Poststraße 17-19 eine Sozietät. Ruscheweyh, seit 1918 SPD-Mitglied, kandidierte 1928 erfolgreich für die Hamburgische Bürgerschaft und wurde am 4. November 1931 zum Präsidenten der Bürgerschaft gewählt. Er übernahm das Amt in einer schwierigen Zeit, die von einer zunehmenden politischen Radikalisierung gekennzeichnet war. Herbert Ruscheweyh blieb bis Ende Herbert Ruscheweyh März 1933 im Amt. Mit dem „Vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933 endete seine Amtszeit. Parallel zu seinen Bemühungen als Bürgerschaftspräsident kämpfte er als Rechtsanwalt gegen die staatliche Willkür. Dabei erwarb er sich schnell den Ruf als Verteidiger in politischen Prozessen. Obwohl Ruscheweyh auf Betreiben der Gestapo ab 1934 nicht mehr bei Hoch- und Landesverratsprozessen als Verteidiger vor dem Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts auftreten durfte, war er der Anwalt, bei dem in Hamburg politisch verfolgte Sozialdemokraten meistens Rat suchten. Um seinen Beruf ausüben zu können, musste Ruscheweyh Mitglied des NS-Rechtswahrerbundes werden. Aus welchen Gründen er der NS-Volkswohlfahrt beitrat, ist nicht bekannt. Seine Integrität wurde davon nicht beeinträchtigt. Im Zusammenhang mit dem Hitler-Attentat wurde Ruscheweyh im Rahmen der großangelegten Aktion „Gewitter“ verhaftet. Vom 22. August bis zum 18. September 1944 war er im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert. Unmittelbar nach der Befreiung Hamburgs beteiligte sich Ruscheweyh am demokratischen Aufbau. Ruscheweyh eröffnete als ehemaliger demokratisch gewählter Bürger-
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schaftspräsident am 27. Februar 1946 die von der britischen Militärregierung ernannte Bürgerschaft. Er übernahm nach 1945 zahlreiche Ämter. So leitete er von 1946 bis 1948 und von 1951 bis 1960 das Hanseatische Oberlandesgericht. Er wirkte an der hanseatischen Verfassung von 1952 mit und wurde erster Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts.
5. Clara Genters Anwaltskanzlei Neuer Wall 54 Nach dem bestandenen Abitur studierte Clara Genter bis 1929 Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Hamburg und wurde Mitglied des Sozialistischen Studentenbundes. Hier lernte sie ihren späteren Ehemann Erich Klabunde kennen. Am 25. März 1933 bestand sie die Große juristische Staatsprüfung. Vermutlich unter dem Eindruck der politischen Umwälzung beantragte sie drei Tage später die Zulassung als Anwältin und schied somit am 13. Mai 1933 aus dem Staatsdienst aus. Zusammen mit Dr. Wilhelm Drexelius eröffnete Clara Genter am Neuen Wall 54 eine Anwaltskanzlei. Beide verteidigten politisch Verfolgte vor den NS-Gerichten. Clara Genter gehörte damit zu den ganz wenigen Frauen, die sich auf diesem Gebiet engagierten. Durch die Reichsrechtsanwaltsordnung von 1935 wurden die Arbeitsmöglichkeiten von Frauen im Clara Genter Anwaltsberuf eingeschränkt. Vorübergehend war Clara Klabunde, die Ende 1933 den von den Nationalsozialisten mit einem Berufsverbot belegten Journalisten Erich Klabunde geheiratet hatte, in Berlin tätig.
Clara Klabundes berufliche Karriere nahm erst nach dem Tod ihres Mannes, der 1950 plötzlich verstarb, einen steilen Aufstieg. Am 1. Dezember 1952 wurde sie zur Landesarbeitsgerichtsdirektorin ernannt. Sie war die erste Frau an diesem Gericht und Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts. Am 1. September 1966 wurde die ausgewiesene Arbeitsrechtsexpertin vom Senat zur Präsidentin des Landesarbeitgerichts berufen. Sie war damit die erste Gerichtspräsidentin in der Bundesrepublik. Für ihre Verdienste wurde sie mit der Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes in Silber geehrt. Sie starb am 7. Juli 1994 in Hamburg.
6. Treffpunkt illegale SPD-Führung Ellerntorsbrücke 16 In der Wohnung von Inga Dengler, Ellerntorsbrücke 16, im IV. Stock, traf sich regelmäßig die Führungsgruppe der illegalen Hamburger SPD, die Walter Schmedemann nach dem Parteiverbot gebildet hatte. Im Spätsommer 1933 war die Organisation soweit aufgebaut, dass zu allen ehemaligen Distrikten Verbindung bestand. Die illegale Parteiorganisation brachte mit den „Roten Blättern“ jede Woche eine eigene Zeitung heraus, die in einer Auflage von bis zu 5.000 Exemplaren hergestellt wurde. Außerdem wurde Material aus dem Ausland herangeschafft und verteilt. Gefährdete Genossen wurden zudem ins Ausland geschleust. Die Verbindungen reichten zum SPDAuslandssekretariat in Kopenhagen und zum Exilvorstand in Prag. Walter Schmedemann
Während Erich Klabunde nach 1945 als Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion und später als Bundestagsabgeordneter in der Politik hervortrat, war Clara Klabunde wieder als Anwältin tätig und unterhielt erneut eine Bürogemeinschaft mit Drexelius.
Ende 1934 kam die Gestapo der Widerstandsorganisation auf die Spur. Insgesamt wurden in Hamburg und Altona rund 100 Personen festgenommen, darunter auch Schmedemann. Vom Hanseatischen Oberlandesgericht wurden zahlreiche Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Schmedemann erhielt mit zwei Jahren und sechs
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Monaten Zuchthaus die höchste Strafe. Es gelang den Ermittlungsbehörden aber nicht, den gesamten Umfang der illegalen Arbeit aufzudecken. Nach der Verbüßung seiner Strafe wurde Schmedemann nicht freigelassen, sondern in das KZ Sachsenhausen überführt und dort bis zum 15. Oktober 1938 gefangen gehalten. Erst danach kam er frei. Nach Schmedemanns Verhaftung übernahm Wilhelm Häußler die Leitung der illegalen Organisation. Doch durch neuerliche Verhaftungswellen 1936 wurde die Organisationsstruktur weitgehend zerstört. Schmedemann wurde mehrfach verurteilt, überlebte aber das nationalsozialistische Regime. Wilhelm Häußler starb am 22. März 1945 bei Zwangsarbeiten in Wilhelmsburg.
7. Der Dietz Verlag Amelungstraße 5 Johann Heinrich Wilhelm Dietz leitete seit 1875 die sozialdemokratische „Genossenschafts-Druckerei“ in der Amelungstraße 5. Als sie durch das Sozialistengesetz 1878 von der Schließung bedroht war, kaufte er sie „zum Schein“ auf. Mit dem Sozialistengesetz wurde die Verbreitung sozial demokratischer Druckschriften mit hohen Strafen bedroht, dennoch wurde 1879 im Verlag von Heinrich Dietz in Hamburg die erste Nummer der illustrierten humoristisch-satirischen Zeitschrift „Der Wahre Jacob“ herausgegeben. Es war ein Wagnis und nach nur zehn Nummern musste das Erscheinen engestellt werden, weil die Zensurbehörde zuschlug. Noch im selben Jahr wurde Dietz aus der Hansestadt ausgewiesen und gründete 1884 im liberaleren Stuttgart den Dietz-Verlag. Auch „Der wahre Jacob“ wurde dort weiter publiziert. Dieser entwickelte sich nach dem Auslaufen des Sozialistengesetzes zu einer der massenwirksamsten Zeitschriften der Sozialdemokratie, gleichzeitig avancierte er zu den populärsten satirischen Publikationen in Deutschland. Bis 1914 stieg die Auflagenzahl des Blatts auf 366.000 Exemplare. Die Nationalsozialisten ließen das Blatt schließlich verbieten. Am 4. März 1933, im 54. Jahrgang, erschien die letzte Nummer.
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Die Satirezeitschrift „Der wahre Jacob“, 16. April 1907
8. Paul Nevermanns Anwaltskanzlei Kaiser-Wilhelm-Straße 20-26 Anfang der 1930er Jahre zählte Dr. Paul Nevermann (geb. 5.2.1902) zu den vielversprechendsten Nachwuchspolitikern im preußischen Groß-Altona. Er hatte den Aufstieg vom Arbeitersohn zum Akademiker geschafft, war fest in der Arbeiterbewegung verankert, dazu redegewandt und kämpferisch. Nevermann gehörte dem Altonaer SPD-Ortsvereinsvorstand, der Pressekommission des „Hamburger Echos“ und dem Reichsbanner an. Zudem wurde er am 12. März 1933
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bei den Kommunalwahlen in die Altonaer Stadtverordnetenversammlung gewählt. Obwohl der Kampf um die Demokratie längst verloren war, ließ sich Nevermann am 13. April 1933 zu einem von zwei der SPD zustehenden ehrenamtlichen Senatoren wählen. Unmittelbar nach der Wahl wurden beide SPD-Senatoren beurlaubt. Einer drohenden Entlassung aus dem Staatsdienst kam Nevermann zuvor, indem er sich als Rechtsanwalt selbstständig machte. Ein Jahr stand er unter Aufsicht der Polizei, bei der er sich täglich melden musste. Er verteidigte politisch Verfolgte und trat in mehreren politischen Prozessen vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht als Verteidiger von Sozialdemokraten und Kommunisten auf. 1935 wurde ihm wegen seiner früheren Mitgliedschaft in der SPD und im Reichsbanner die Verteidigung in Hochverratsprozessen untersagt. Paul Nevermann
9. Tütge’s Etablissement Valentinskamp 40-42 „Tütge’s Etablissement“ gehörte um 1900 zu den führenden Ball- und Konzertlokalen. Aber hier wurde nicht nur getanzt und gefeiert, hier tagten auch die Arbeitervereine. 1863 konstituierte sich hier der ADAV. Die Unruhe unter den Arbeitern stieg in den folgenden Jahren spürbar an. Die Gründung des Norddeutschen Bundes, die Vorstufe des Bismarckreiches, führte auch unter ihnen zu heftigen Debatten. Im Januar 1867 hatte der ADAV in „Tütge’s Etablissement“ eine Volksversammlung einberufen, bei der es Tumulte und Auseinandersetzungen gab. Der Wirt hatte sogar Mühe, einen Gast vor Misshandlungen zu schützen. Bei weiteren Versammlungen wurden dann vorsichtshalber die Stühle aus dem Saal entfernt.
Nachdem die Anwaltskanzlei 1942 ausgebombt worden war, wurde Nevermann auf der Stülckenwerft dienstverpflichtet. Nach dem Hitler-Attentat wurde Paul Nevermann im August 1944 im Zuge der „Aktion Gewitter“ verhaftet. Er zählt zu den wenigen, die bereits nach 14 Tagen KZ-Haft entlassen wurden. Nach 1945 gehörte Nevermann als Sozialsenator (1945/46), als Bausenator (1946-1953 und 1957-1960), als Oppositionsführer (1953-1957), als erster Bürgermeister (19611965) und als SPD-Landesvorsitzender (1966-1970) zu den bedeutendsten Politikern Hamburgs. Paul Nevermann starb am 22. März 1979.
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Der Saal von Tütge‘s Etablissement, 1904
Während des Sozialistengesetzes konnten Veranstaltungen der SPD nicht stattfinden, aber das Ende des Verbots wurde am 30. September 1890 bei Tütge mit einem großen Fest gefeiert. Die Veranstaltung sollte um zehn Uhr abends beginnen. Aber schon geraume Zeit vorher füllten sich die geräumigen Hallen der Festsäle. Konzert und Gesang sorgten für Unterhaltung. Kurz vor Mitternacht wurde im großen Saal eine Gasse zur Bühne hin frei gemacht und unter den rauschenden Klängen der Arbeitermarseillaise und don-
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nernden Hochrufen betrat der Zug der Ausgewiesenen, die zum Teil von ihren Angehörigen begleitet waren, den Saal. Vom 3. bis 9. Oktober 1897 wurde im Saal von „Tütge’s Etablissement“ der SPD-Parteitag abgehalten. 186 Delegierte aus ganz Deutschland tagten in dem mit Fahnen der Hamburger Gewerkschaften und Kulturorganisationen geschmückten „Unionssaal“. An der Stirnseite des Unionssaales prangte damals ein großes Spruchband mit dem berühmten Schlusssatz aus dem Kommunistischen Manifest: „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!“ Dieser klassenkämpferische, marxistische Geist prägte die Verhandlungen des Parteitages. Die Tagesordnung war umfangreich. Der wichtigste Punkt war die Wahl einer neuen Führung. Sie wurde zu einem überwältigenden Vertrauensbeweis für einen Mann: August Bebel. Er erhielt 184 der abgegebenen 185 Stimmen. Neben den Personalentscheidungen ging es auf diesem Parteitag auch um andere, für die SPD sehr wichtige Themen. Zum Beispiel war die Frage zu klären, ob die Partei sich an den preußischen Landtagswahlen beteiligen solle. Im Jahr 1923 zog die Leitung des KPD-Bezirks Wasserkante mit der eigenen Hamburger Volkszeitung in die Räume am Valentinskamp ein. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 wurde aufgrund der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ die Hamburger Volkszeitung verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde „Tütge’s Etablissement“ für verschiedene Zwecke genutzt. Seit 2005 befindet sich das Theater „Hamburger Engelsaal“ in dem Gebäude.
10. Das Lokal von Salzen Caffamacherreihe 15 1906 gab es in der Caffamacherreihe mehr als sechzehn Wirtschaften und Restaurants. Seit Jahrzehnten existierte in Nr. 15 das große Lokal von Salzen, das schon Ende der 1870er Jahre dem Hamburger Senat als Treffpunkt der Sozialdemokraten bekannt war. In dieser Straße lebten in den engen und bis zu vierstöckigen Häusern „kleine Leute“ aller Berufe, vom kleinen Angestellten bis zum Schumacher, vom Postillion bis zur Wärterin.
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Hotel und Gesellschaftshaus von J.H. von Salzen um 1910
Nach dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 1880er Jahren durch die Freihafenbauten verschwanden langsam die typischen kleinen Kellerkneipen, weil die Arbeiter anspruchsvoller in Bezug auf ihre Stammlokale und Gastwirtschaften wurden. Die Klubräume dienten auch als Zahlstelle für Beiträge zu den Gewerkschafts- und Unterstützungskassen, als Sammelstelle für Solidaritätsspenden, zur Aufbewahrung von Büchern, Notenheften der Gesangsvereine und des Eigentums sonstiger dort regelmäßig tagender Gruppen. Kneipen hatten damals eine andere Funktion als heute, besonders für Arbeiter. Sie lebten in überfüllten, kleinen Wohnungen, und nach einem zehn- bis zwölfstündigen Arbeitstag wurde oft das Stammlokal besucht, eine knappe Stunde geblieben, ein Branntwein oder ein Bier getrunken und die Ereignisse des Tages besprochen. So trafen sich abends, meistens samstags, nachdem der Lohn ausgezahlt worden war, Hunderte von Arbeitern in den Wirtshäusern und Kneipen und politisierten. Oder sie kamen in der Woche zu Vereinsversammlungen, sei es der Gewerkschaften, der Partei, des Skat- oder Sparklubs oder übten mit ihrem Chor. In der Zeit der Jahrhundertwende waren Tausende Mitglieder der Gewerkschaften oder der SPD, und natürlich waren ihre Stammlokale diejenigen, in denen das sozialdemokratische „Hamburger Echo“ auslag. Es gab auch Restaurants oder Wirtschaften, in denen sich die Anhänger anderer politischer Parteien trafen, aber für den Senat waren die Ge-
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spräche in Kneipen, in denen die Arbeiter über sozialdemokratische und gewerkschaftliche Angelegenheiten sprachen, von besonderem Interesse. Es wurden schließlich die revolutionären und gleichmacherischen Tendenzen dieser „Umsturzpartei“ gefürchtet. Nach dem Fall des Sozialistengesetzes im Jahre 1890 wurden – wie schon vor der Verbotszeit – die Versammlungen der SPD und andere politische Veranstaltungen von zivilen Beamten „Vigilanten“ oder Polizisten in Uniform überwacht.
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Schutzgebühr 2,- Euro
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