Grundlagen der Ernährungslehre und Ernährungsmedizin

May 21, 2021 | Author: Elizabeth Kranz | Category: N/A
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Gesunde Ernährung

Grundlagen der Ernährungslehre und Ernährungsmedizin Der Mensch ist, was er isst!

Sven-David Müller

Nach einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums sind rund 64 Prozent der Todesfälle in Deutschland direkt oder indirekt auf Fehlernährung zurückzuführen. Ein Drittel der Kosten im Gesundheitswesen ist, so die Schätzung des Präsidenten der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V., Prof. Dr. Rudolf Schmitz, fehlernährungsbedingt. Alarmierende Zahlen – Grund genug, einen genaueren Blick auf das zu werfen, was wir an Nähr- und Wirkstoffen zu uns nehmen sollten.

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Der Mensch isst von einigen Nahrungsinhaltsstoffen zu viel, von anderen zu wenig. Insgesamt ernährt sich der Mensch in den westlichen Industrienationen im Durchschnitt zu energiereich. Die Folgen der Fehlernährung sind ernährungsbedingte und ernährungsabhängige Krankheiten. Jährlich verursachen diese nach Schätzung des Präsidenten der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V., Prof. Dr. Rudolf Schmitz, Bad Aachen, 75 bis 80 Milliarden Euro. Damit ist ein Drittel der Kosten im Gesundheitswesen fehlernährungsbedingt. Nach einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums sind rund 64 Prozent der Todesfälle in Deutschland direkt oder indirekt auf Fehlernährung zurückzuführen. Zu den ernährungsbedingten Krankheiten gehören beispielsweise Nahrungsmittelallergien, Diabetes mellitus Typ 2, einige Adipositasformen und Aminosäurestoffwechselstörungen. Ernährungsabhängig sind beispielsweise Diabetes mellitus Typ 1 und Fettstoffwechselstörungen. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist übergewichtig. Rund 2,4 Prozent der Bevölkerung in

Deutschland sind mit einem Body-Mass-Index von weniger als 18,5 mangelernährt und untergewichtig. Eine angepasste Ernährungstherapie ist bei vielen kranken Menschen essentiell. In vielen Fällen ist der Einsatz von Supplementen oder Trink- und Sondennahrung sinnvoll. Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette sind Nährstoffe Nahrungsinhaltsstoffe, die Energie liefern, werden als Nährstoffe und solche, die Wirkungen im Organismus haben, aber keine Energie liefern, als Wirkstoffe bezeichnet. Daneben gibt es noch sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe, Wasser und Alkohol. Zu den Nährstoffen gehören Kohlenhydrate, Eiweiße/ Proteine und Fette/Lipide. Energiehaltig sind auch organische Säuren und Zuckeralkohole (z. B. Isomalt oder Mannit). Vitamine und Mineralstoffe sind Wirkstoffe. Es gibt wasserund fettlösliche Vitamine. Entsprechend ihrem Vorkommen im Körper und dem täglichen Bedarf werden Mengen- und Spurenelemente unterschieden. Der Energiegehalt der Nahrung wird in Kilokalorien oder – SIEinheit – Kilojoule gemessen. Eine Kilokalorie entspricht rund 4,2 Kilojoule.

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Eiweiße (Proteine) Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) e. V. empfiehlt im Gleichklang mit der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V. für den gesunden Erwachsenen eine tägliche Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, das entspricht einem Anteil von 10 bis 12 Prozent der Gesamtenergiezufuhr. Ältere Menschen, Krebspatienten und Rekonvaleszente sollten auf eine proteinreiche Kost mit mindestens 1,0 bis 1,2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht achten. Im Alter sinkt lediglich der Energiebedarf, aber nicht der Proteinbedarf. Bei Proteinmangel kommt es zu einer verminderten Abwehrsituation und Wundheilungsstörungen (Dekubitus). Oftmals ist die Verabreichung von proteinreichen Trinknahrungen sinnvoll. Beispiel: Ein 30-jähriger Mann mit 75 Kilogramm Körpergewicht hat einen empfohlenen täglichen Eiweißbedarf von 60 Gramm Eiweiß. Eiweißreiche Lebensmittel sind: Fleisch, Wurstwaren, Fisch, Milch und Milchprodukte, Eier, Hülsenfrüchte und Sojaprodukte. Eiweißarme Lebensmittel sind: Butter, Margarine, Öl, Zucker, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Säfte, Getränke und Alkoholika. Eiweiß dient dem Körper als Baustoff. Aminosäuren sind Bausteine der Proteine (Eiweiß) und haben neben dem Aufbau der Körpermasse noch andere Funktionen im Körper. Es werden unentbehrliche (Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin), semi-essentielle und entbehrliche Aminosäuren unterschieden. Die Eiweißqualität bestimmt sich über die biologische Wertigkeit der Eiweiße. Sie gibt an, wie viel Körpereiweiß aus 100 Gramm Nahrungseiweiß im

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Energiegehalt der Nährstoffe und Alkohol 1 Gramm Eiweiß

4 kcal

genau 17,2 Kilojoule

1 Gramm Fett

9 kcal

genau 38,9 Kilojoule

1 Gramm Kohlenhydrate

4 kcal

genau 17,2 Kilojoule

1 Gramm Alkohol

7 kcal

menschlichen Organismus aufgebaut werden kann. Sie ist abhängig vom Aminosäuremuster (unentbehrliche Aminosäuren) und ist bei tierischen Lebensmitteln (außer Gelatine) höher als bei pflanzlichen Lebensmitteln. Lediglich Soja weist eine biologische Wertigkeit auf, die mit tierischem Protein vergleichbar ist. Aminosäuren sind Bestandteile von Enzymen, Hormonen, Antikörpern in der Immunabwehr, Überträgersubstanzen von Nervenimpulsen und vielem mehr. Bei einem Eiweißmangel stehen dem Körper nicht mehr ausreichend Baustoffe zur Verfügung, und der Organismus ist nicht mehr in der Lage, die körpereigenen Eiweißverbindungen aufzubauen. Es kommt zu zahlreichen Stoffwechselstörungen, beispielsweise einer Schwächung des Immunsystems. Auch die Wundheilung ist bei Proteinmangel gestört.

Fette (Lipide) Nahrungsfette sind wichtige Energielieferanten für unseren Organismus. Sie liefern dem Körper mehr als doppelt so viel Energie wie Eiweiß und Kohlenhydrate. Fette bestehen hauptsächlich aus Fettsäuren. Die Nahrungsfette sind in der Regel Triglyzeride, die aus Glyzerin und drei Fettsäuren bestehen. Es gibt kurzkettige, mittelkettige und langkettige Fettsäuren. Bei den Fettsäuren unterscheidet man zwischen gesättigten Fettsäuren, Transfettsäuren, einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (inklusive Omega-3-Fettsäuren und Omega-6Fettsäuren). Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren bezeichnet man auch als essentielle (lebensnotwendige) Fettsäuren, beispielsweise Linolsäure und alpha-Linolensäure, da sie der Körper nicht selbst herstellen kann. Mit der Nahrung sollten höchstens 30 bis 35 Prozent der

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Gesamtenergiemenge in Form von Fetten, überwiegend pflanzlichen Ursprungs, zugeführt werden. In der Regel sollte nicht mehr als 1 Gramm Fett pro Körperkilogramm aufgenommen werden. Die DGE-Empfehlung lautet im Gleichklang mit der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V., davon 10 Prozent aus gesättigten, 7 bis 10 Prozent aus mehrfach unge-

sättigten und 10 bis 13 Prozent der Gesamtfettmenge aus einfach ungesättigten Fettsäuren zuzuführen. Einfach ungesättigte Fettsäuren sind beispielsweise in Oliven- oder Rapsöl, mehrfach ungesättigte Fettsäuren beispielsweise in Maiskeimöl oder Distelöl, gesättigte Fettsäuren hauptsächlich in tierischen Fetten wie beispielsweise Fleisch, Milch und Milchprodukte, aber auch in pflanzlichen Fetten, wie Kokosfett,

Neue Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr D-A-CH, 2000 Vergleich der Tages-Empfehlungen (1991 und 2000 für Männer [19 bis < 25 Jahre])

Nähr-/Wirkstoff Protein n-6-Fettsäuren Vitamin A Vitamin D Thiamin Riboflavin Niacin Vitamin B6 Folsäure Vitamin B12 Vitamin C Calcium Phosphor Magnesium Eisen Jod Zink

Maßeinheit

DGE 1991

D-A-CH 2000

g en% mg RÄ mg mg mg mgNÄ mg mg mg mg mg mg mg mg mg mg

60 3,0 1,0 5 1,4 1,7 18 1,8 300 3,0 75 1000 1500 350 10 200 15

59 2,5 unverändert unverändert 1,3 1,5 17 1,5 400 unverändert 100 unverändert 700 400 unverändert unverändert 10

en% mg mgTÄ mg mg mg mg mg mg mg mg mg mg mg

0,5 2 12 70 6 30–100 550 830 2000 20–100 1,5–3,0 2,0–5,0 50–200 75–250

unverändert 2–4 15 unverändert unverändert 30–60 unverändert unverändert unverändert 30–70 1,0–1,5 unverändert 30–100 50–100

kcal en% mg en% g g ml mg

2600 30 300 >50 >30 – 2400 1,5–4,0

2500 unverändert unverändert unverändert unverändert 20 2700 3,8

Schätzwerte n-3-Fettsäuren β-Carotin Vitamin E Vitamin K Pantothensäure Biotin Natrium Chlorid Kalium Selen Kupfer Mangan Chrom Molybdän

enthalten. Transfettsäuren kommen in gehärteten Fetten oder stark erhitzten Fetten vor. Reich an Omega-3-Fettsäuren sind Fettfische (z. B. Lachs, Makrele oder Hering). Reich an Omega-6-Fettsäuren sind bestimmte Pflanzen, Samen und Pflanzenöle. Omega-3-Fettsäuren haben antientzündliche Effekte und finden daher oftmals ihren Einsatz bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis. Der Ausspruch „Fett macht fett“ kann heute nicht mehr uneingeschränkt ausgesprochen werden, da aktuelle Studien darauf hinweisen, dass mittelkettige Triglyzeride (8 bis 10 CAtome) eine Möglichkeit der Prophylaxe und Therapie von Übergewicht sein können, wenn sie im Austausch zu langkettigen Triglyzeriden (Kochfett, Streichfett, Öl) verwendet werden. Neben ihrer Funktion als Energielieferant sind Fette Träger der fettlöslichen Vitamine sowie von Geschmacks- und Aromastoffen. Letztere machen die Fette und daraus hergestellte Speisen zu beliebten Lebensmitteln. Beispiel: Ein 30-jähriger Mann mit 75 Kilogramm Körpergewicht hat einen empfohlenen täglichen Fettbedarf von 75 Gramm Fett. Fettreiche Lebensmittel sind: Butter, Margarine, Öl, Fleisch, Wurst, Käse, Sahne, Eier, Nüsse und Samen. Fettarme Lebensmittel sind: Obst, Gemüse, Getreideprodukte, Zucker, Seefisch, Hülsenfrüchte und Kartoffeln.

Richtwerte Energie Fett Cholesterin Kohlenhydrate Ballaststoffe Alkohol Wasser (gesamt) Fluorid

en% = Prozent der Energie D-A-CH = Referenzwerte, die gemeinsam von der Deutschen und der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung sowie der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung und der Schweizerischen Vereinigung für Ernährung erarbeitet wurden und die in diesen Ländern gelten.

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Kohlenhydrate Nach den Empfehlungen der DGE e. V. und der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V. sollten mehr als 50 Prozent der Gesamtenergiezufuhr aus Kohlenhydraten geliefert werden, wobei diese zum größten Teil aus Polysacchariden (Stärke) bestehen sollen. Dabei soll-

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ten die Kohlenhydrate den Blutzuckerspiegel möglichst langsam steigern, also einen niedrigen glykämischen Index aufweisen. Stärkehaltige Lebensmittel sind beispielsweise Getreide und Kartoffeln. Daneben gibt es noch rasch verfügbare Kohlenhydrate wie Trauben-, Frucht-, Haushalts-, Malz- oder Milchzucker. Kohlenhydrate dienen dem Körper als schneller Energielieferant, beispielsweise für Gehirnzellen sowie die Versorgung des Nervensystems und Muskulatur. Es gibt: Monosaccharide = Glukose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker) und Galaktose (Schleimzucker),

Disaccharide = Saccharose (Glukose und Fruktose, Haushaltszucker), Laktose (Glukose und Galaktose, Milchzucker) und Maltose (Glukose und Glukose, Malzzucker), Oligosaccharide = Maltodextrin und Glukosereste, Polysaccharide = Stärke, Glykogen, Cellulose (Glukoseketten). Die Kohlenhydratzufuhr dient der direkten energetischen Versorgung des Körpers (Glucosehomöostase). Aus überschüssigen Kohlenhydraten können Triglyzeride aufgebaut werden.

Vitamine, ihre wichtigsten Funktionen und Vorkommen Fettlösliche Vitamine Wichtig für: Vitamin A

Wachstum, Haut, Sehvorgang

Vitamin D

Knochenaufbau

Vitamin E

Radikalfänger, Abwehrsystem Blutgerinnung

Vitamin K

Vorkommen: Karotten, Spinat, Grünkohl, Rinderleber, Eigelb, Butter, grüne Bohnen, Brokkoli Fettfisch, Champignons, Kalbfleisch, Lebertran, Eigelb Weizenkeime, Sojabohnen, Weizenkeim-, Maiskeimöl Grüngemüse, Tomaten, Leber, Fleisch

Wasserlösliche Vitamine Vitamin B1

Vitamin B2

Niacin

Vitamin B6

Folsäure

Pantothensäure Biotin

Vitamin B12 Vitamin C

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Nervensystem, Steuerfunktion des Stoffwechsels Sauerstofftransport, Eiweißstoffwechsel, Haut Stoffwechsel

Vollkornprodukte, Leber, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Schweinefleisch, Scholle, Thunfisch Milch und Milchprodukte, Fleisch, Vollkornprodukte, Seefische, Eier Fleisch, Fisch, Getreide, Nüsse, Eier, Kartoffeln, Champignons, Karotten Eiweißstoffwechsel, Fleisch, Fisch, Vollkornprodukte, Blutbildung Hülsenfrüchte, grüne Bohnen, Kartoffeln, Linsen, Weizenkeime, Sojabohnen Zellbildung,Wundhei- Grüngemüse, Tomaten, Kohlarten, lung, Blutgerinnung Spinat, Gurke, Milch und Milchprodukte, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Leber, Fleisch Stoffwechsel Leber, Muskelfleisch, Fisch, Milch, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte Haut, Immunsystem Leber, Eigelb, Sojabohnen, Nüsse, Haferflocken, Spinat, Champignons Blutbildung Leber, Muskelfleisch, Fisch, Eier, Milch, Käse, Sauerkraut Abwehrkraft, Radikal- Zitrusfrüchte, Erdbeere, Kiwi, fänger, Aufbau von schwarze Johannisbeeren, PapriBindegewebe ka, Kartoffeln, Rosenkohl, Tomaten, Kohlrabi, Feldsalat, Kresse, Leber

Kohlenhydratreich sind: Zucker, Zuckerhaltiges, Getreideprodukte, Obst, Gemüse, Kartoffeln und Milch. Kohlenhydratarm sind: Butter, Margarine, Öl, Fisch, Fleisch, Wurst, Geflügel, Eier und die meisten Alkoholika. Ballaststoffe (dietary fibre) Neben den verwertbaren Kohlenhydraten gibt es noch die Gruppe der nicht verwertbaren Kohlenhydrate, die Ballaststoffe. Sie kommen ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Ballaststoffhaltige Lebensmittel sind beispielsweise Getreide (Schalenanteil) und hergestellte Produkte daraus, wie Vollkornbrot, Gemüse und Obst. Pro Tag sollten mit der Nahrung mindestens 30 Gramm Ballaststoffe aufgenommen werden. Ballaststoffe in der Ernährung sorgen für eine gesunde Darmtätigkeit und ein erhöhtes Sättigungsgefühl nach dem Essen. Hinzu kommt, dass sie bei der Senkung des Blutcholesterinspiegels hilfreich sein können. Heute werden Ballaststoffe in der Regel als Nahrungsfasern bezeichnet. Es werden wasserlösliche und nicht wasserlösliche Ballaststoffe unterschieden. Die Füllstoffe sind beipielsweise Zellulose und haben vorwiegend gastrointestinale Effekte (z. B. Sättigung), während die Quellstoffe (Pektin, Agar-Agar, Gummen, Plantago ovata Samenschalen) vorwiegend Stoffwechseleffekte haben. Dazu gehören Retardierung der Blutglucosesteigerung und Cholesterinspiegelsenkung. Ballaststoffreiche Lebensmittel sind: Getreideprodukte, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Ballaststoffkonzentrate, wie Weizenkleie, Haferkleie oder Plantago ovata Samenschalen.

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Ballaststofffreie Lebensmittel sind: Fleisch, Wurst, Eier, Milch, Fisch, Zucker, Öl, Butter und Margarine. Wasser Wasser ist der mengenmäßig wichtigste anorganische Bestandteil des menschlichen Organismus. Der Wassergehalt des menschlichen Organismus liegt zwischen 50 und 80 Prozent (Mittelwert: 60 Prozent). Der prozentuale Wasseranteil ist vom Alter abhängig. Die Flüssigkeitsbilanz ist abhängig von Aufnahme, Oxidationswasser und Verlusten durch Schweiß, Fäces sowie Urinausscheidung. Der Wasserbedarf liegt bei 20 bis 40 ml pro Kilogramm Körpergewicht (1 500 bis 2 000 ml beim Erwachsenen). Der Flüssigkeitsbedarf sollte vorrangig über Trink- und Mineralwasser gedeckt werden. Auf zuckerhaltige Softdrinks sollte zugunsten davon oder süßstoffgesüßter Lightdrinks verzichtet werden. Der diuretische Effekt von Schwarztee und Kaffee wird in der Regel deutlich überschätzt. Natürlich wird auch Schwarztee und Kaffee in die Flüssigkeitsbilanz einbezogen. Nach der WHO sollten täglich nicht mehr als vier Tassen (entspricht 500 ml) Schwarztee oder Kaffee getrunken werden. Alkohol Alkohol ist ein energiereicher Stoff, der, im Übermaß aufgenommen, zu Krankheiten führen kann und eine große Suchtgefahr darstellt. Die gesundheitlich positiven Effekte, die durch Alkoholika hervorgerufen werden, stehen weit hinter den Gefahren, so dass ein übermäßiger

Formel zur Berechnung des Energiebedarfes Frauen GU = 655 + 9,6 x G + 1,8 x L – 4,7 x A GU Grundumsatz G Körpergewicht in kg L Körpergröße in cm A Alter in Jahren E = GU x TF E TF

Energiebedarf pro Tag Tätigkeitsfaktor leicht: 1,56 mittel: 1,64 schwer: 1,82

Angegeben wird der tägliche Energiebedarf in Kilokalorien (kcal). Männer GU = 66,5 + 13,8 x G + 5,0 x L – 6,8 x A E = GU x TF TF Tätigkeitsfaktor leicht: 1,55 mittel: 1,78 schwer: 2,10 Angegeben wird der tägliche Energiebedarf in Kilokalorien (kcal). Bei Übergewicht (BMI über 25) und Untergewicht (BMI unter 19) gilt das Normalgewicht (Körpergröße – 100) als Berechnungsgrundlage. Beispiel 1: 45-jährige Frau mit einer Körpergröße von 1,74 Meter und einem Körpergewicht von 68 Kilogramm, leichte Tätigkeit (Tätigkeitsfaktor 1,56). GU = 655 + 9,6 x 68 + 1,8 x 174 – 4,7 x 45 = 1409,5 E = 1409,5 x 1,56 = 2198,82 Die Frau hat einen Energiebedarf von ca. 2200 kcal pro Tag. Beispiel 2: 30-jähriger Mann mit einer Körpergröße von 1,96 Meter und einem Körpergewicht von 88 Kilogramm, mittelschwere Tätigkeit (Tätigkeitsfaktor 1,78). GU = 66,5 + 13,8 x 88 + 5,0 x 196 – 6,8 x 30 = 2056,9 E = 2056,9 x 1,78 = 3661,28 Der Mann hat einen Energiebedarf von ca. 3660 kcal pro Tag.

Alkoholkonsum nicht anzuraten ist. Ungefährlich sind 10 bis 15 Gramm Alkohol täglich. Gefahren treten auf, wenn Männer täglich mehr als 60 Gramm und Frauen mehr als 40 Gramm Alkohol täglich, über einen längeren Zeitraum, konsumieren. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Vitamine und Mineralstoffe Vitamine und Mineralstoffe sind essentielle, energiefreie Nahrungsinhaltsstoffe. Für vie-

Body-Mass-Index (BMI) Unter 19 Zwischen 19 und 25 Zwischen 25 und 28 Zwischen 28 und 30 Über 30 Über 40

Untergewicht Normalgewicht Grenzwertiges Gewicht Übergewicht Starkes Übergewicht (Adipositas) Massives Übergewicht (Adipositas permagna)

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le Vitamine und Mineralstoffe hat der Organismus keine Speicher, so dass er auf die tägliche Zufuhr angewiesen ist. Vitamin C und die Vitamine der B-Gruppe (Thiamin, Riboflavin, Niacin, Pantothensäure, Biotin, Pyridoxin, Cobalamin und Folsäure) sind die wasserlöslichen Vitamine. Auch das Provitamin A β-Carotin ist wasserlöslich. Fettlöslich sind die Vitamine A, D, E und K. Zu den Mengenelementen gehören Natrium, Kalium, Chlorid, Schwefel, Calcium, Phosphat und Magnesium. Eisen, Kupfer, Zink, Nickel, Silicium, Jod, Fluorid, Cobalt, Selen, Zinn, Mangan, Molybdän, Chrom, Arsen und Vanadium sind Spurenelemente. Die vorgenannten Mengen- und Spurenelemente sind, wie die Vitamine, essentiell.

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Da wir im Körper nicht über Speichermedien für Vitamine und Mineralstoffe (von wenigen Ausnahmen, beispielsweise Eisen, abgesehen) verfügen, ist die tägliche ausreichende Zufuhr essentiell. Die Versorgung mit Fluorid, Jod, Zink, Folsäure (insbesondere Frauen), Vitamin D (insbesondere Senioren) sowie antioxidativ wirksamen Wirkstoffen ist in Deutschland in der Regel defizitär. Diabetiker verlieren über den Urin größere Mengen wasserlöslicher Wirkstoffe. Das trifft insbesondere auf die Spurenelemente Zink und Chrom zu, die Diabetiker regelmäßig substituieren sollten (z. B. Diazink®).

Bewertung des Körpergewichts Body-Mass-Index (BMI) Eine einfache Methode, das Körpergewicht zu bewerten, ist der Body-Mass-Index (BMI = Körpermassenindex). Dabei wird das Verhältnis von Körpergewicht in Kilogramm zu Körpergröße in Metern zum Quadrat berechnet – oder vereinfacht: Körperkilogramm ge-

teilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat. Beispiel für die BMI-Berechnung: Eine 45-jährige Frau mit einer Größe von 1,68 Metern und einem Gewicht von 52 Kilogramm hat einen BMI von 18,4. Das bedeutet Untergewicht, eine Gewichtszunahme ist empfehlenswert. 52 / 1,68 × 1,68 = 18,4 Für die Bewertung des Gewichtsrisikos des Körpergewichts wird der Broca-Index (Körpergröße in Zentimetern minus 100) oder das Idealgewicht (Broca-Index minus 10 oder 15 Prozent) nicht mehr herangezogen. Die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos ist anhand der „Waist-tohip-ratio“ möglich, da eine androide Fettverteilung ein höheres Risiko darstellt als eine gynoide Fettverteilung. Energiezufuhr Die tägliche Energiezufuhr sollte bei Normalgewichtigen 30 bis 35 Kilokalorien pro Kilogramm Körpergewicht betragen. Der Energiebedarf wird

Web-Tipps: Gesundheit und Ernährung www.ernaehrungsmed.de Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V.: Informationen rund um die Ernährungsmedizin, kostenlose ernährungsmedizinische Beratungsdienste, zahlreiche Broschüren zum Bestellen und Downloaden

www.uni-hohenheim.de Ernährungsinformationssystem der Universität Hohenheim: Ernährungsinfos, interaktive Berechnungen (z. B. BMI, Energiebedarf), Links

www.aid.de Portal des AID (Auswertungs- und Informationsdienst für Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e. V.) mit Experten-Forum „Kinder-Ernährung“, Tipps zur Ernährung und Aufbewahrung von Lebensmitteln, Broschüren zum Bestellen und Downloaden

www.was-wir-essen.de Neues Verbraucherschutzportal – beschreibt den Weg „vom Acker bis zum Teller“, Expertenportal

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auf das Istgewicht bezogen. Der Basalbedarf liegt bei 24 Kilokalorien pro Körperkilogramm. Der Gesamtenergiebedarf ist abhängig von Alter, Größe, Gewicht, Geschlecht, Aktivität und Stressfaktoren. Er ist erhöht bei schwerer Arbeit, konsumierenden Erkrankungen, Fieber, Verbrennungen und Sport. Er ist erniedrigt bei höherem Alter, Übergewicht und Adipositas sowie Immobilität. Ist die Energiebilanz positiv (wird mehr Energie zugeführt, als verbraucht wird), steigt das Gewicht. Ist sie negativ (wird weniger Energie zugeführt, als verbraucht wird), sinkt das Körpergewicht.

Gesunde Ernährung Eine gesunde, präventiv wirksame Ernährung enthält mehr pflanzliche als tierische Nahrungsmittel. Täglich sollten 750 bis 1 000 Gramm Obst, Gemüse und Kartoffeln, 200 bis 300 Gramm Vollkornbrot und Vollkornnudeln oder Vollkornreis, 250 Milliliter Milch oder Joghurt, eine Scheibe Käse, 120 Gramm Fleisch oder Wurst, zwei bis vier Esslöffel hochwertiges Fett sowie wenig Zuckerhaltiges und Alkohol aufgenommen werden. Die Kost sollte mit einer moderaten Menge fluoridiertem Jodsalz gewürzt werden, und es sollten wöchentlich zwei bis drei Fisch-

www.talkingfood.de Kampagne verschiedener Verbände mit dem Ziel, Jugendliche zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema Lebensmittel zu animieren

@

www.just-fit.de

Portal für Fitness, Ernährung, Gesundheit und Wellness: Tipps rund um gesunde Ernährung, individuelle Ernährungsanalyse, Infos zu Essstörungen

www.eltern.de/forfamily/ gesundheit_ernaehrung/

Online-Angebot der Zeitschrift „Eltern for family“ mit Bedarfskalender für Kinder und Jugendliche, Lieblingsgerichte von Familien, Kleines Tiefkühl-ABC – von Auftauen bis Zubereiten

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mahlzeiten das Fleisch ersetzen. Täglich sollten 1,5 bis 2,0 Liter Getränke in möglichst kalorienfreier Form konsumiert werden. Einführung in die Diätetik Die Diätetik ist die Lehre von den Kostformen bei ernährungsbedingten und ernährungsabhängigen Krankheiten. Eine Reihe von Krankheiten sind allein auf eine Fehlernährung/Ernährung zurückzuführen (ernährungsbedingte Krankheiten). Bei anderen Krankheiten stellt die diätetische Therapie einen wichtigen Therapiebaustein dar, da diese Krankheiten ernährungsabhängig sind. Die Beratung bei diesen Krankheiten ist die Diätberatung. Die Diätberatung ist therapeutisch wirksam. Die diätetische Beratung im Gesundheitswesen wird in der Regel durch Diätassistenten (dreijährige Ausbildung) durchgeführt. Daneben sind insbesondere in der prophylaktisch wirksamen Ernährungsberatung ernährungserfahrene Diplom-Oecotrophologen beschäftigt (Ernährungs- und Haushaltswissenschaftler). Für die verschiedenen ernährungsbedingten und ernährungsabhängigen Krankheiten gibt es unterschiedliche Diätkostformen. Zu den wichtigsten gehören die diabetesgerechte Diät, die lipidsenkende Diät, die elektrolytdefinierte Diät, die kalorienreduzierte Diät und die purinarme Diät. Daneben gibt es spezielle Diätkostformen, die bei seltenen Krankheiten Anwendung finden (beispielsweise phenylalaninarme Diät).

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Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers: Sven-David Müller, Diätassistent/Diabetesberater DDG, Die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V. Kurbrunnenstraße 5 52066 Bad Aachen E-Mail: [email protected] Internet: www.ernaehrungsmed.de

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