Entwicklungshelfer in Deutschland / Genervte Profs / Erasmus in Teheran DETOX, BABY! Warum junge Menschen dem Rausch abschwören

January 28, 2016 | Author: Etta Junge | Category: N/A
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Entwicklungshelfer in Deutschland / Genervte Profs / Erasmus in Teheran

DETOX , BABY! Warum junge Menschen dem Rausch abschwören 5 / 2016

TITELBILD: OLIVER SCHWARZWALD; STYLING: VOLKER HOBL / UNI SPIEGEL; SEITE 3: MAURICE KOHL / UNI SPIEGEL (2), CHRISTOPH NEUMANN / UNI SPIEGEL (MITTE)

Inhalt

S. 12

Rock ’n’ Roll war gestern Obstschale und Gemüsecocktail – Studenten feiern den Verzicht.

S. 18

Paris? Barcelona? London? Teheran! Valentina, 21, studierte ein Semester in Iran.

S. 22

Vorbild: Helene Fischer Eine Jurastudentin hofft auf eine Karriere als Schlagersternchen.

S. 26

»Deutschland ist auch kein Paradies« Wie Entwicklungshelfer Berlin und die Lüneburger Heide erleben.

S. 32

Pokémon Go, Chia-Samen, Frida Gold Essay: Was uns später mal peinlich sein wird.

S. 36

Hallo Prof, Hausarbeit fertig? ;-) Vier Dozenten erzählen, warum Studenten manchmal nerven.

S. 50

Zwischen Goldmünzen und Baustellen-Humor Ein Student leitet Ausgrabungen um die Varusschlacht.

S. 4 S. 6 S. 53

Intro Campus Anonymes Jobprotokoll

S. 12

S. 54 S. 56 S. 58

Tintenroller

Eines Nachts Szene Studentin des Monats

S. 54

S. 26

Jedes Jahr reisen Tausende Abituri- Saft und gehen früh ins Bett. Warum sind Studenten heutzutage enten mit dem »Weltwärts«-Proso brav? Rebecca Erken und Frangramm in ferne Länder, helfen dort cesco Giammarco machten sich auf in Waisenhäusern oder bauen Gemüse an. UNI-SPIEGEL-Autorin die Suche nach den Gründen – und bekamen überraschende AntLaura Backes traf drei spannende junge Menschen, die den Spieß um- worten (Seite 12). drehten – und Freiwilligenarbeit in Außerdem im Heft: André Boße Deutschland leisten. Was sie dabei rollt mit dem Fahrrad durch Wuperleben, steht auf Seite 26. pertal (Seite 54), und das Model André Hamann verrät, auf Feierabendbier? Och nee, welche Apps er nicht mehr lass mal. Rauchen? Igitt! S. 3 Stattdessen trinken alle UNI SPIEGEL verzichten kann (Seite 56). 5/ 2016

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Intro

ZERSTÖRUNGSMUT

COLLAGEN: SUSANNE KONTNY, DEUTSCHER JUGENDFOTOPREIS 2016

VON LISA DUHM

Die Collagen der Serie »Sexertising« zeigen Frauenkörper, wie die Werbeindustrie sie nicht gern sieht: unnormal, anders, wild.

Sexismus ist ein Thema, das viele alles andere als lustig finden. Beim Erstellen ihrer Collagen mit dem Titel »Sexertising«, einer Mischung aus »Sex« und »Advertising«, hatte Susanne Kontny, 26, trotzdem Riesenspaß. Als sie durch die Modezeitschrift einer Freundin blätterte, blieb Susannes Blick an den Werbeseiten hängen. »Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, diese perfekten, nackten Frauenkörper zu zerstören«, sagt Susanne, die an der TU Dresden Kunstgeschichte studiert. Also schnippelte sie los. Gesichter, Brüste, Beine fielen der Schere zum Opfer. Als Susanne sie wieder zusammengesetzt hatte, war nicht viel von der Schönheit der Models übrig. Stattdessen hatte sie gesichtslose Figuren erschaffen, deren Einzelteile zu merkwürdigen Körpern zusammengewachsen waren. »Das war ein richtig gutes Gefühl«, sagt die Studentin. Susannes Basteleien haben einen ernsten Hintergrund. »Unsere Generation ist mit der objekthaften Darstellung von Frauen aufgewachsen. Ich will erreichen, dass wir diese Normalität hinterfragen«, sagt Susanne. Durch ihre Collagen wird sichtbar, was der Betrachter sonst übersieht: Die Körper der Frauen sind glatt, austauschbar, jede Individualität geht verloren. »Frauen sollten anders dargestellt werden als heute in der Werbung üblich«, sagt die Studentin. »Meine Collagen geben den Frauen etwas Fantastisches.« Das gefiel auch der Jury des Jugendfotopreises, die Susanne kürzlich zur Gewinnerin kürte.

S. 5 UNI SPIEGEL 5/ 2016

dort rund 50 000 Studierende, die keine feste Bleibe haben. Warum die Studenten so arm sind? Pro Jahr belaufen sich allein die Studiengebühren selbst an den »billigsten« Universitäten Kaliforniens auf mindestens 5400 US Dollar, umgerechnet etwa 4800 Euro. Studierende, die keine Unterstützung von den Eltern Es sind schockierende Zahlen: Einer oder durch Stipendien erhalten, können von zehn Studierenden des größten Unisich das Studium oft kaum leisten. versitätenverbundes in Kalifornien ist In Deutschland liegt bisher keine solobdachlos. Einer von fünf kann sich reche Erhebung vor. »Es gibt hier keine gelmäßig kein Essen leisten. Sie schlafen Studiengebühren, und Studierende könbei Freunden auf der Couch, in Notnen Bafög beantragen«, sagt Stefan unterkünften, im Auto oder Nachtbus. Grob vom Deutschen Studentenwerk. Sie müssen sich immer wieder Geld »Die Situation ist deshalb hierzulande leihen. Und die meisten halten ihre Siweit weniger dramatisch.« Doch seit tuation aus Scham geheim. 2008 ist die Zahl der Studenten an deutDie Studie, geleitet von der Sozioloschen Unis um 42 Prozent gestiegen – gin Rashida Crutchfield von der Cal die Menge der Wohnheimplätze hat sich State University, ist ein Novum. Denn es in der gleichen Zeit nur um knapp sieist schwierig, ja fast unmöglich, verlässben Prozent erhöht. Zu Beginn des Seliche Daten zu Obdachlosigkeit unter mesters werden deshalb auch in deutStudenten zu erheben. Viele haben schen Uni-Städten regelmäßig NotunterAngst vor dem sozialen Stigma und wolkünfte für Studierende eingerichtet, len nicht damit in Verbindung gebracht meist bieten sie zwischen 20 und 50 Betwerden. Offiziell sind deshalb nur 56 888 ten an. Das sei aber die Ausnahme, so Studierende wohnungslos gemeldet – im Grob vom Studentenwerk. »Die gesamten US-amerikanischen sind bis November oder spätesRaum. Stimmten die Zahlen aus S. 6 Kalifornien, gäbe es aber allein UNI SPIEGEL tens Dezember wieder leer.« 5/ 2016

Zuhause? Hab ich nicht

Studenten ohne festen Wohnsitz gibt es nicht nur in Kalifornien: Dieses Bild stammt aus einer Fotoreihe über die Obdachlose Khadija Williams aus Los Angeles, die vor Kurzem ihren Abschluss an der Harvard University gemacht hat.

BRIAN VANDER BRUG / LOS ANGELES TIMES

CAMPUS

OBDACHLOSIGKEIT

„Some call it work. I call it: delight.“

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Aus Visionen Vorsprung machen.

GRÜNE UNI

Können Plakate wirklich Studenten erziehen? In Tübingen zumindest glaubt man daran.

Der Kampf des Studierendenwerks Tübingen erscheint auf den ersten Blick aussichtslos: Einwegkaffeebecher sollen vom Campus verschwinden. Und das ganz ohne Verbot, sondern lediglich durch einen Appell an den gesunden Menschenverstand. 650 000 dieser Trinkgefäße füllen Studierende und Mitarbeiter in den Cafeterien und Mensen der Hochschule jährlich mit Kaffee und Tee – und schmeißen sie danach in den Müll. Eine Kampagne mit dem Namen »Becherwisser« soll die Studierenden zum Umdenken anregen. In den Cafeterien machen Plakate auf das Problem aufmerksam. »Viele glauben,

der Einwegbecher bestehe ausschließlich aus Pappe«, sagt Sandra Haggenmüller vom Studierendenwerk. »Tatsächlich enthält er eine Kunststoffbeschichtung. Man kann ihn deshalb nicht recyceln. Der Plastikdeckel ist zusätzlicher Müll.« Überall auf dem Campus gibt es jetzt die sogenannten KeepCups zu kaufen – zu Deutsch: Mehrwegbecher. In einer Cafeteria ist gerade ein Testlauf gestartet: Studierende können ihre Heißgetränke hier nur noch in Keramiktassen füllen. Angenehmer Nebeneffekt: Weil die Kaffeetrinker ihre Becher wieder zurückbringen müssen, würden sie so zu einer Pause gezwungen, zum Hinsetzen und Durchatmen – statt mit Wegwerfgefäß zum nächsten Seminarraum zu rennen.

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Campus

30

DIE ZAHL

... Prozent der internationalen Studenten finden ein Studium in Großbritannien nach dem Brexit-Votum unattraktiv. Das ergab eine Befragung durch eine internationale Beratungsagentur für Studenten. Der Grund:

Ein Herz für die EU: Internationale Studierende protestieren vor dem Palace of Westminster in London.

Großbritannien fühle sich nicht mehr so »einladend« an, seitdem sich die Briten für den EU-Austritt entschieden hätten. Ein Problem für Großbritannien: Rund 26 Prozent der Einnahmen britischer Unis kommen von internationalen Studierenden aus Nicht-EU-Ländern. Sie zahlen bis zu viermal so hohe Gebühren wie ihre britischen Kommilitonen.

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GENDER-GERECHTIGKEIT

Wie ich schon sagte

Beten und chillen

Grün, braun, weiß: So wie auf diesen drei Bildern könnte der neue »Raum der Stille« aussehen. Die Entwürfe stammen von Siegener Architekturstudenten.

hen. Dann können Studierende einen »Raum der Stille« nutzen. Zusätzlich wird ein Seminarraum zu bestimmten Zeiten für religiöse Rituale verfügbar sein, etwa für ein Mittagsgebet. »Der Raum der Stille soll allen offen stehen, die eine Auszeit brauchen – egal ob zum Beten oder Durchatmen«, sagt André Zeppenfeld, Pressesprecher der Universität Siegen. Die zunehmende kulturelle Vielfalt auf dem Campus führe zu unterschiedlichen religiösen und weltlichen Bedürfnissen. An der Universität Dortmund war ein ähnliches Projekt zu Beginn des Jahres beendet worden, nachdem Muslime Trennwände für das geschlechtergetrennte Gebet aufgestellt hatten (UNI SPIEGEL 2/2016). Auch in Berlin und Essen kam es zu Schließungen. Die Siegener Uni hat deshalb einen Beirat aus unterschiedlichen Religionsgruppen eingerichtet. Er soll aufpassen, dass es zu solchen Problemen gar nicht erst kommt.

FOTOS: UNIVERSITÄT SIEGEN

Wissenschaftler bestimmen ihren Marktwert auf eigenartige Weise: Sie zählen, wie oft das wiederholt wird, was sie selbst gesagt haben. Wer die meisten Wiederholungen hat, gewinnt und bekommt den besseren Job. Fast immer stehen männliche Forscher auf der Gewinnerseite, Frauen verlieren den Zitate-Wettstreit. Eine Studie der kalifornischen University of Stanford hat jetzt eine mögliche Begründung dafür gefunden: Männer zitieren sich einfach gern selbst, im Schnitt 56 Prozent häufiger als ihre Kolleginnen. Für Zitate-Rankings spielt es nämlich keine Rolle, wer zitiert – sondern nur, wer zitiert wird. Eine mögliche Erklärung für den deutlichen Vorsprung der Herren ist, dass Selbstlob bei Männern gesellschaftlich anerkannter ist als bei Frauen. In der Folge würden Frauen ihre eigene Leistung eher kritisch betrachten und ihre Publikationen nicht bekannt machen wollen. Möglich ist auch, dass ein Problem bei der AuswerRELIGION AUF DEM CAMPUS tung das Ergebnis verfälschte: Die Arbeiten, bei denen das Geschlecht des Autors nicht zu bestimmen war, konnten nicht ausgewertet werden. Viele Autorinnen wissenschaftlicher Studien geEs ist ein ungewöhnlicher Schritt, den ben nur den ersten Buchstadie Uni Siegen in Zeiten von Terrorben ihres Vornamens an – angst und Islamophobie geht: Sie eröffum Diskriminierung vorzubeunet gleich zwei Räume auf dem Campus, gen. So könnten überdie für Gebete und religiöse Rituale gedurchschnittlich viele Wissennutzt werden können. In den vergangeschaftlerinnen von vornnen Monaten hatten mehrere deutsche herein von der UnterUniversitäten ähnliche Projekte ersuchung ausgeschlossen satzlos gestrichen. In Siegen dageS. 10 worden sein. UNI SPIEGEL gen soll es Ende des Jahres losge5/ 2016

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Früher feierten Studenten den Kontrollverlust. Oder den Freitagabend. Und heute? Den Verzicht. Die Optimierung ihres Uni-Alltags hat sich auf die Nacht ausgeweitet. Kann das noch Spaß machen?

Von Rebecca Erken und Francesco Giammarco (Text); Oliver Schwarzwald und Maurice Kohl (Fotos)

FOTO: OLIVER SCHWARZWALD; STYLING: VOLKER HOBL / UNI SPIEGEL

R A U S C H F R E I

S. 13 UNI SPIEGEL 5/ 2016

junge Menschen bewusster und gesünder leben. »Rausch bedeutet Kontrollverlust«, sagt Hurrelmann. »Das wollen viele nicht mehr.« Dabei war das doch mal die Idee: abschalten, sich rausnehWiesel wird nicht in Hinterhöfen men, dem Alltag entfliehen. Grenzen austesten. Vor allem unter vertickt und auch nicht auf Löffeln erhitzt. Es wird kalt gepresst jungen Menschen, die noch keine Verantwortung tragen und nur und in kleinen Bechern auf Holzbrettchen serviert. Reiner Stoff, auf sich selbst aufpassen müssen. Später im Leben gibt es schließnichts gestreckt. »Wenn du das trinkst, hast du so viel Energie! lich genug Gründe, nüchtern zu bleiben. Das Klischee von der jugendlichen Unvernunft gibt es Du fühlst dich so fit«, schwärmt Andi, 27 Jahre alt, und nippt an der grünen Flüssigkeit in seinem Becher. Markus, der neben ihm schon seit den alten Griechen. Und es stimmt, dass sich jede steht, ist auch ganz geflasht, er erzählt von einem »Dauerkick, neue Generation von der alten unterscheidet. Allerdings muss ohne Peaks«. So müssen die Hippies in den Siebzigerjahren über diese Abgrenzung nicht durch einen immer stärkeren Rausch LSD gesprochen haben. Nur dass es hier um püriertes Obst und geschehen. Es ist komplizierter. Jungsein ist keine feste VerhalGemüse geht. Der grüne Smoothie tensform, die dem immer selben Wiesel, der Andi und Markus so Muster folgt. Sie ist abhängig von euphorisiert, besteht aus Spinat, der Welt, die junge Menschen vorRomanasalatblättern, Petersilie, Weinfinden. »Jede junge Generation trauben, Ananas, Zitronen, Ingwer, blickt mit ihren eigenen Augen auf Wasser und Agavendicksaft. die Lebenssituation, in die sie geboDie beiden stehen in der »Kaltren wird – und reagiert darauf«, sagt presse« in der Kölner Südstadt und Hurrelmann. Die Reaktion müsse verkosten »Slow Juices«, die in renicht immer Unvernunft sein. »Wer gelmäßigen Abständen über die Theheute studiert, ist von Ereignissen ke gereicht werden und die im Verelementarer Unsicherheit geprägt«, gleich zu herkömmlichen Säften aus sagt der Soziologe und nennt Beidem Supermarkt ein Vielfaches an spiele wie die Terroranschläge von Nährstoffen enthalten sollen. Die NaParis, die Reaktorkatastrophe von men der schreiend bunten Drinks Fukushima oder die Finanzkrise. In klingen denn auch mehr nach Reunübersichtlichen Zeiten wachse das formhaus als nach Szenebar: »GeBedürfnis nach Sicherheit, nach Konsund« (Minze und Kurkuma), »Rein« trolle und Berechenbarkeit. (Spirulina und Cayenne), »Immun« Die Wirtschaftspsychologie-Stu(Sellerie und Aloe Vera) oder »Akdentin Julia, die tatsächlich »Rausch« tiv« (Rote Bete und Mandelmilch). mit Nachnamen heißt, steht ebenfalls Die Kaltpresse ist an diesem warin der Kölner Kaltpresse und nippt men Herbstabend Treffpunkt der an einem orangefarbenen Gebräu naKölner Detox-Community. Mit seiEntgiftung statt Rausch: mens Kolibri. Julia ist 20 Jahre alt – ner sehr weißen, sehr reduzierten Jonas und Martin aber auch sie kann mit dem LebensEinrichtung hebt sich der Saftladen organisieren regelmäßig Detox-Partys. wandel, den die Generation ihrer Eldeutlich ab von den schummrigen tern mit jungen Menschen assoziiert, Kaschemmen der Nachbarschaft. Die nichts anfangen. Vorglühen? KneiGäste sind ebenso clean: Sie ernähren sich ausgewogen, verzichten auf Zucker, viele auch auf pentour? Absacker? Fremdwörter für Julia. »Wenn ich mir vorFleisch, Fisch, Weizen- und Getreideprodukte. Alkohol ist so- stelle, wie Alkohol im Körper wirkt – und was er langfristig anwieso verpönt. Die Einstiegs-Smalltalk-Frage an diesem Abend richtet –, dann finde ich das einfach nur eklig«, sagt sie und verlautet nicht: »Und, was machst du so?«, sondern: »Wie ernährst zieht angewidert das Gesicht. »Und wenn ich daran denke, dass ein Drink mit Wodka bis zu 1000 Kalorien hat, habe ich überhaupt du dich?« Klingt ein bisschen seltsam? Vielleicht. Doch die Kölner Ge- keine Lust darauf.« Eingeladen zu dem alkoholfreien Feierabend-Drink haben müsefans liegen im Trend. Sie feiern nicht den Exzess, sondern die Entgiftung. Die Jugend als Zeit der Unvernunft – das war Jonas Höhn und Martin Bressem, in Köln auch unter dem Namen einmal. Die Zahl der rauchenden Heranwachsenden sei aktuell Detox-Boys bekannt. »Wir wollen zeigen, dass healthy sexy ist«, auf einen historischen Tiefstand gefallen, meldet die Bundeszen- erklärt Martin. Der 26-Jährige sagt »health style«, wenn er von trale für gesundheitliche Aufklärung. Gut, gegen das Rauchen seinem Lebensstil spricht, und »craving«, wenn er Heißhunger hat die Politik viel getan, könnte man einwenden: Steuern erhöht, hat. Vor zwei Jahren, erzählt Martin, war er oft müde, schlapp Verbote eingeführt. Doch auch der Alkoholkonsum sinkt seit und häufig erkältet. »Ich hatte den Eindruck, mein Leben ändern Jahren. Nur ein Drittel der 18- bis 25-Jährigen gibt an, regelmäßig zu müssen.« Sein Kumpel Jonas riet ihm, den Alkohol sein zu lassen, mehr zu schlafen, gesund zu essen. Und tatsächlich: »Ich Alkohol zu trinken. fühlte mich nach kurzer Zeit schon besser, wacher, aufKlaus Hurrelmann ist Soziologe, Gesundheitswissenmerksamer«, sagt Martin und klingt dabei wie ein BeS. 14 schaftler und Deutschlands wohl bekanntester Jugendforscher. Er beobachtet schon seit geraumer Zeit, dass UNI SPIEGEL kehrter. Nüchtern feiern zu gehen sei zwar erst merk5/ 2016

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würdig gewesen. Doch in Jonas hatte Martin einen Verbündeten, Nur definierten sie das möglicherweise neu. Jede junge Generamit dem er sich alkoholfrei durch die Abende schlürfen konnte: tion hat das Bedürfnis nach Abgrenzung, nach eigener Identität. Allerdings gibt es heute kaum Bereiche, die nicht schon von Äl»mein Detox-Buddy«. Nervig waren nur die Fragen der anderen. »Ich musste mich teren besetzt sind, ob Musik, Film oder Mode. »Es ist heutzutage ständig rechtfertigen, weil ich kein Bier mehr trinke«, sagt Martin. unglaublich schwer für junge Leute, Verhaltensweisen und Codes Im vergangenen Jahr haben Jonas und Martin deshalb die erste zu entwickeln, die nicht gleich von den Eltern nachgeahmt wer»Detoxnight« in Köln veranstaltet. Aus den Boxen des Artheaters den«, sagt Hurrelmann. Wenn die Zahlen von Alkohol- und Droim angesagten Stadtteil Ehrenfeld dröhnten Electrobeats und genkonsum sinken, wenn junge Menschen plötzlich Yoga machen House, an der Theke flossen Mineralwasser und Säfte. Vorbild und Saft trinken, sprechen die Älteren gern von jungen Spießern. war das sogenannte Conscious Clubbing aus New York, San Fran- Von der angepassten Generation Y. Doch vielleicht ist genau das die Rebellion: Die neue Vernunft, cisco und London, wo das »bewusste Feiern« schon deutlich mehr verbreitet ist als hierzulande. Die Detox-Boys gehen aller- die Julia, Vanessa, Martin, Jonas und all die anderen leben, ist nicht etwa ein Anbiedern an die Erdings noch einen Schritt weiter. Auf wachsenen, sondern eine Form von ihren Partys fehlt nicht nur der AlAbgrenzung. Von denjenigen, die einkohol, auch böse Softdrinks wie mal ihre Nächte in verrauchten StuLimo oder Cola gibt es nicht. »Zudentenklubs verbrachten, erst mittags cker soll abhängiger machen als Koins Bett fielen, die Vorlesungen und kain«, davon ist Martin überzeugt. ganze Semester verschliefen, aber Sich selbst gönnt er höchstens mal irgendwann mit Ende zwanzig doch ein Stück Zartbitterschokolade mit ihren Abschluss machten – und heute 90 Prozent Kakao-Anteil. in einer Kneipe wie »Zum Pitter« geSo streng und asketisch das Partygenüber der Kaltpresse den Feierkonzept klingen mag: Es trifft einen abend mit einem Kölsch beginnen. Nerv. Vier dieser Events gab es in Es ist das Schicksal der Alten, die Köln bisher, immer kamen rund 400 Jungen nicht zu verstehen. Insofern Leute, die Tanzfläche war proppenerfüllen die gesunden Menschen im voll – was dafür spricht, dass VerSaftladen ihre Rolle sehr gut. Sie verzicht und Spaß keine Gegensätze wirren die Älteren. sein müssen. Auf dem Arbeitsmarkt gelingt ih»Wir hatten einen Superabend«, nen das schon seit Längerem, findet erinnert sich Julia Rausch an die letzder Soziologe Hurrelmann. »Jobeinte Detoxnight. Nach der Party setzte steiger haben oft irritierend genaue sie sich in ihr Auto und fuhr nach Vorstellungen davon, wie viel FreiHause. Julias Freundin Fiona findet zeit sie brauchen.« Die junge Genees »superpraktisch«, dass man an eiration habe eine »eingebaute Sichenem Donnerstag feiern kann und am Berauscht von püriertem rung für ihre Bedürfnisse, das zeigen nächsten Tag im Seminar ausgeschlaObst: Julia und Fiona alle Studien«. Personaler reagierten fen ist, weil die Saft-Sperrstunde bei verkosten Säfte in der Kölner Kaltpresse. zunächst verwundert, belächelten der Detoxnight schon gegen Mitterden Nachwuchs als zu weich, zu benacht greift. Feier-Abend statt Partyquem, zu wenig leistungswillig. Doch Nacht. »Außerdem wird man nicht blöd von Besoffenen angemacht«, meint Fiona. »Wenn mich je- die Arbeitskultur ändert sich, langsam, aber beständig. Auch Älmand anspricht, dann ist es wahrscheinlich ernst gemeint.« Es tere nehmen nun zunehmend Auszeiten, reduzieren ihre Stunden gebe direkt gemeinsame Gesprächsthemen. So mache Ausgehen und wissen, was Work-Life-Balance bedeutet. Entwicklungen wie diese könnten sich nun auf andere Leeinfach mehr Spaß. bensbereiche übertragen, vermutet Hurrelmann. »Vielleicht ist es diese Generation, die uns beibringt, dass man einen Rausch haben kann, ohne sich chemisch zu manipulieren.« Es ist kurz vor neun. Die Kaltpresse hat sich merklich geleert. Auch Vanessa, Julia und ihre Freundinnen sind schon gegangen. sagt auch Vanessa Didam, die bisher keine Dabei hat die Saftverkostung erst um 19 Uhr angefangen. Schlaf der Detox-Nächte verpasst hat. »Wer sich betrinken muss, um sei nun mal wichtig, sagt Jonas, der Organisator. Wer zu wenig Spaß zu haben, der sollte mal darüber nachdenken, ob er nicht schlafe, dem nütze auch gesunde Ernährung und der Verzicht selbst ein Problem hat«, sagt sie. Die 24-Jährige verzichtet nicht auf Alkohol nichts. Dabei haben die Studenten einen Saft noch gar nicht probiert, nur auf Alkohol, sondern treibt auch jeden Tag Sport. »Für mich ist das kein Verzicht«, versichert sie. »Mir macht es tatsächlich er ist feurig rot und sollte erst gegen Ende des Abends serviert werden. Spaß, so zu leben.« Es ist der vielversprechendste von allen – er heißt Auch der Soziologe Hurrelmann attestiert Vanessa S. 16 und ihren Altersgenossen einen Sinn fürs Vergnügen. UNI SPIEGEL »Glück«. 5/ 2016

»ICH HABE AUF KEINER PA RT Y S O G E F E I E RT W I E D O RT« ,

PRALL GEFÜLLT AB OKTOBER AN DEINER HOCHSCHULE

Einen Hidschab zu tragen war neu für Valentina. Doch genau das wollte sie: ungewohnte Erfahrungen machen. »Sonst hätte ich ja zu Hause bleiben können«, sagt sie.

VON MATTHIAS FIEDLER

V

MANCHMAL WIE IM MÄRCHEN Security-Personal am Campus, Geschlechtertrennung im Seminar und strenge Kleidervorschriften – so richtig einladend klingt der Uni-Alltag in Iran nicht. Valentina verliebte sich trotzdem in das Land.

ieles, was Valentina Simeone über Iran gehört hatte, klang beängstigend: ein Land, das mit seinem Atomprogramm den Weltfrieden bedroht; das Homosexuelle verfolgt; das Minderjährige hinrichtet; das keine Meinungsfreiheit toleriert. Ein Land, in dem Technopartys verboten sind und DJs von der Polizei verprügelt werden. Iran, Feind des Westens – eigentlich der schlimmste Ort, den man sich zum Leben vorstellen kann. Doch genau das machte sie neugierig. Die Italienerin war gerade 21 Jahre alt geworden, als ihr an der Uni in Cagliari, Sardinien, wo sie Deutsch, Englisch und Arabisch studierte, eine ungewöhnliche Ausschreibung in die Hände fiel: Das EU-Austauschprogramm Erasmus, das jedes Jahr über eine halbe Million Stipendien an Studenten und Lehrkräfte vergibt, suchte jemanden, der in Iran ein Semester zur Uni geht. Valentina war wie elektrisiert. »Da musst du hin«, sei ihr erster Gedanke gewesen, so erzählt sie es heute. Sie wollte mutig sein, wollte wissen, ob die vielen Vorurteile, die Europäer gegenüber Iran hegen, wirklich stimmen: ob das iranische Regime seine Bürger tatsächlich so gnadenlos unterdrückt, wie in den Nachrichten oft behauptet wird. Und sie fragte sich, wie Iraner auf eine Westeuropäerin reagieren würden. Würde man sie ausgrenzen? Beschimpfen? Ignorieren? Mitte September vergangenen Jahres stand Valentina am Flughafen von Cagliari. Eine zierliche Frau, große dunkle Augen, lange braune Haare. Sie hatte die Zusage von der Universität in Teheran im Koffer, hatte sich für den Studienplatz gegen Mitbewerber von neun europäischen Universitäten behauptet. Sie hatte einen Monat Persisch gelernt und sich einen langen, grünen Hidschab gekauft. Und sie hatte sich Gedanken gemacht, wie Teheran wohl sein würde. Ihr war bewusst, dass sie dort mit einer Lebensweise konfrontiert sein würde, die sehr weit von ihrem Alltag in Italien entfernt ist. Sie ahnte, dass für eine alleinstehende Frau in Teheran vieles unmöglich sein würde, was in Cagliari selbstverständlich ist. Valentina fühlte sich bereit für die Islamische Republik Iran. Ihre Eltern waren es nicht. Ihre Tochter alleine in diesem fremden Acht-Millionen-Moloch? Um Himmels willen! Valentina sagte: »Macht euch keine Sorgen.« Ihr Vater sagte: »Bitte lass uns oft telefonieren.« Die ersten Wochen in Iran seien tatsächlich schwierig gewesen, erzählt Valentina. Erst durch die Beziehungen einer italienischen Professorin fand sie ein Zimmer in einem Studentenhaus für Frauen, außerhalb des Stadtzentrums. S. 18 UNI SPIEGEL Den ersten Skype-Anruf ihrer Eltern an einem Samstag 5/ 2016

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Viele junge Russen sind hin- und hergerissen zwischen Ost und West, zwischen der Sehnsucht nach einem starken Führer und dem Traum von einem freien Leben. SPIEGEL-Korrespondent Benjamin Bidder hat ganz unterschiedliche Vertreter dieser »Generation Putin«, junge Männer und Frauen, die die Sowjetunion nur aus den Erzählungen ihrer Eltern kennen, über Jahre begleitet. Er zeichnet ein überraschend anderes Bild des heutigen Russlands – und zeigt, wie eine Generation sich aufmacht, ihr Land zu verändern.

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verpasste sie, weil in Iran Samstag und Sonntag Wochentage sind, das Wochenende auf Donnerstag und Freitag fällt. Als sie mit dem Bus zum Campus fahren wollte, stieg sie versehentlich zur falschen Tür ein – der Tür für Männer. Alle starrten sie an. Sie starrte auf den Boden. Mit rotem Kopf.

A

uch am Campuseingang starrte man sie an. Das Security-Personal mustert allerdings grundsätzlich jeden, der das Tor passiert, und verlangt von allen Studenten einen Uni-Ausweis. Eine iranische Freundin erzählte Valentina später, dass die Präsenz der Sicherheitsleute nichts mit der Angst vor Gewalt und Anschlägen zu tun habe. Immer wieder würden Leute versuchen, sich in Hörsäle zu schmuggeln, um kostenlos an der renommierten Hochschule zu studieren. An die strengen Blicke gewöhnte sich Valentina schnell, nicht aber an die schiere Größe der Hochschule. Mit ihren wenigen Brocken Persisch konnte sie die Wegweiser nicht lesen. Sie verlief sich ständig, fand Seminarräume nicht, kam zu spät. »Ich fühlte mich wie ein Idiot«, sagt sie. Den Stundenplan, den sie sich in Italien gebaut hatte, warf sie schnell über den Haufen. Entweder lagen die Unterrichtsräume zu weit auseinander, um sie zwischen den Kursen rechtzeitig zu erreichen. Oder das Seminar wurde doch nicht angeboten. »Alles ist etwas flexibler in Iran«, sagt Valentina. Sogar die starre Trennung zwischen Frauen und Männern, die Valentina im Vorfeld Kopfzerbrechen bereitet hatte, schien im Uni-Alltag nicht mehr ganz so unverrückbar. Die Studenten saßen im Seminar zwar nach Geschlechtern sortiert und sprachen wenig miteinander. In den Pausen ging es dafür etwas lockerer zu. »Ich habe einfach mit jedem gequatscht«, sagt Valentina. Irgendwann bildete »ANFANGS sich um sie immer ein kleiner Kreis, WAR ICH NUR wenn sie von zu Hause, von Sardinien, erzählte. DAMIT Bald folgten erste Einladungen, Valentina sollte ihre Mitstudenten zu BESCHÄFTIGT, Hause besuchen, zum Abendessen kommen, die Eltern kennenlernen. MEINE Denn die meisten ihrer KommilitoKLAMOTTEN nen wohnten noch bei ihren Eltern. Gemeinsam hockten sie dann auf ZURECHThandgeknüpften Perserteppichen, Mama und Papa reichten Irans NaZUZUPFEN.« tionalgericht Tschelo Kabāb, eine Kombination aus gedämpftem Reis und gegrilltem Lammfleisch, dazu Fladenbrot, Gurkensalat und Datteln – und nebenher gab es jede Menge Fragen. Wie das Leben in Italien sei, wollten sie wissen, ob der Euro wirklich so stark und wo sie schon hingereist sei. Valentina erzählte gern, vom Urlaub in Spanien, zeigte auf dem Handy Fotos ihrer Familie. »Oft war ich die erste Europäerin, die sie in ihrem Leben gesehen haben.« Und mit jedem Wort, das sie mit ihren Gastgebern tauschte, hat Valentina gemerkt, wie sehr die Iraner unter ihrem Image leiden, im Ausland als fanatisch religiös und obrigkeitshörig zu gelten. »Die wollen

PIPER. BÜCHER, ÜBER DIE MAN SPRICHT.

dem Westen näher sein, als wir uns das vorstellen können«, sagt Valentina. So warm und herzlich sie von den anderen Studenten aufgenommen wurde, so rau begegnete man ihr, der Ausländerin, auf der Straße. Die Frauen warfen Valentina böse Blicke zu, wenn sie die Ärmel ihrer Bluse zu weit nach oben gekrempelt hatte und ihre Ellenbogen zu sehen waren. Oder wenn zu viel Haar unter ihrem Schleier hervorschaute. »Anfangs war ich nur damit beschäftigt, meine Klamotten zurechtzuzupfen«, sagt Valentina. Trotzdem: Je mehr Zeit sie in Teheran verbrachte, desto mehr verliebte sie sich in das Land. Valentina genoss es, durch die bunten Gassen der Stadt zu bummeln, vorbei an Tuch- und Schmuckhändlern auf dem pulsierenden Tadschrisch-Basar, hinein in die kleinen Cafés, in denen es nach Shisha-Tabak roch und wo sie statt ihres geliebten Espresso grünen Tee trank. Am Wochenende bestaunte sie die prachtvollen Moscheen in Isfahan oder spazierte durch den botanischen Garten in Shiraz, der Stadt der Rosen. Abends schaute sie aus ihrem Zimmerfenster über die Dächer Teherans. Dann sah sie den Milad Tower, den mit 435 Metern sechsthöchsten Fernsehturm der Welt. Der funkelte im Dunklen, »und ich fühlte mich ein bisschen wie in einem Märchen aus ›Tausendundeine Nacht‹«. Doch auch die schönste Kulisse kann nicht vergessen machen, was Valentina aus den Nachrichten über ihr Gastland wusste. Es stimmt, sagt sie, Iran hat Probleme mit Menschenrechten und der Pressefreiheit. Satire oder regierungskritische Karikaturen habe sie in Zeitungen nie gesehen. Aber man müsse die Interessen von Regierung und Volk trennen. Sie sei nach Iran gefahren, um die Kultur der Menschen zu verstehen. Ihren Alltag zu leben. Deshalb arrangierte sie sich damit, dass der Zugang zu Facebook im Studentenhaus gesperrt ist. Dass sie abends spätestens um zehn in ihrem Zimmer sein musste, weil das die Hausregeln vorschreiben. Dass sie Geld nur in der italienischen Botschaft abheben konnte, weil ihre Kreditkarte an keinem anderen Automaten der Stadt funktionierte. Oder dass es eine Barkultur wie in Italien nicht gibt. »Ich wollte leben wie iranische Studenten«, sagt Valentina. »Sonst hätte ich ja zu Hause bleiben können.« Seit Kurzem ist Valentina zurück in Cagliari, sie schreibt an ihrer Bachelorarbeit über italienisch-iranische Beziehungen. Ihr Blick auf das Land, das ihr anfangs so fremd und sogar furchteinflößend erschien, hat sich geändert. Es ist bunter, differenzierter. Sie wünscht sich, dass auch ihr Umfeld das Land im Mittleren Osten mit ihren Augen sehen kann – und erzählt deshalb immer wieder gern von ihren Erfahrungen. »Alle S. 21 sollen wissen, wie viel Schönes ich dort erlebt habe.« UNI SPIEGEL 5/ 2016

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Früher sang Nadine in einer Elektropop-Band, heute ist Helene Fischer ihr Vorbild.

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»Und mein Urteil für Dich lautet Freispruch / Unser Vertrag ist felsenfest.« In ihren Texten verweist Nadine immer wieder auf ihr Jurastudium – das ist ihr Markenzeichen.

diese singende Blonde nicht in eine volle Arena, sondern auf eine Art Biergarten in einer dunklen Halle, die mit grünem Teppichboden ausgelegt ist, der wohl an eine Wiese erinnern soll. An der Wand hängen Nahaufnahmen einer Schwarzwälder Kirschtorte. Kellnerinnen in Schwarzwaldtrachten verteilen frisch gezapftes Tannenzäpfle an Männer und Frauen der Generation fünfzig plus. Es ist nicht ganz klar, ob sie wegen des Bühnenprogramms hier sitzen oder einfach nur ein Bier trinken wollen. Willkommen auf der Baden-Messe in Freiburg. Die junge Frau, die so sehr an Helene Fischer erinnert, heißt Nadine Maikler. Sie ist 28 Jahre alt, Jurastudentin kurz vor dem ersten Staatsexamen – und Schlagersängerin. »Ihr seid super«, ruft sie jetzt ihrem spärlichen Publikum zu. Ein paar Zuschauer wippen mit dem Fuß, manche klatschen mit oder filmen mit dem Handy. Getanzt wird nicht, aber es ist auch ziemlich heiß an diesem Spätsommertag. Im Hintergrund sind Verkaufsstände aufgebaut, an denen Aussteller Steinofenbrote, Käse, Dampfbügeleisen und Katzen aus Porzellan feilbieten. Fast genau vor einem Jahr startete Nadine Maiklers Marathon. st sie das wirklich? Diese Haare: blond, glatt, lang. Dieses Outfit: ein weißer Einteiler, knapp, mit Spit- Damals gewann sie einen Gesangswettbewerb, ein Produzent wurze besetzt. Überhaupt, die ganze Erscheinung: eine de auf sie aufmerksam – und dann ging alles plötzlich ganz schnell. junge Frau, die leichtfüßig über die Bühne tanzt. Und Sie schrieb einen Text, er die Musik. Kurz darauf stand sie in der ARD-Show »Immer wieder sonntags« neben Volksmusikstar dann dieses Lied: »Marathon«, das ist doch bekannt! Stefan Mross und trällerte ihre eigene Single »Freispruch«. Der Blick vor die Bühne allerdings verrät: Nein, Nadine besingt darin, tatsächlich, die Juristerei. Das das ist nicht Helene Fischer. Denn im Gegensatz zu S. 24 Deutschlands derzeit berühmtestem Schlagerstern blickt UNI SPIEGEL klingt dann so: 5/ 2016

Artikel 1: Du bist verhaftet / Artikel 2: von meinem Herz / Artikel 3: Was mich erwartet / dafür brauch ich heute kein Gesetz. Der Text sei natürlich »humorvoll gemeint«, sagt sie. Die nächste Single soll sich um den Abschied vom Studentenleben drehen. Das Studium möchte sie auf jeden Fall zu Ende bringen – selbst wenn ihr auf der Bühne tatsächlich der Durchbruch gelingen sollte. Ob aus ihr mal eine singende Anwältin wird oder eine Sängerin mit Kanzlei nebenbei, hat sie sich noch nicht überlegt. Erst einmal möchte sie zweigleisig fahren. Indem sie ihre akademische Ausbildung auch in den Texten so in den Vordergrund rückt, will Nadine sich vom gängigen Klischee des Schlagerdummchens abheben – und damit natürlich von der Konkurrenz. Denn der Markt ist hart umkämpft. Erst recht, seit dieser Jahrmarktsound unter jungen Menschen wieder so was wie Kult geworden ist.

Wenn Nadines Kommilitonen von den Auftritten erfahren, sagen sie häufig: »Cool, Schlager.« Das einstige Rentnerimage ist verschwunden: Jeder Dritte zwischen 18 und 25 Jahren hört einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge Schlager. Während das Fußball-Sommermärchen im Jahr 2006 noch mit den Sportfreunden Stiller gefeiert wurde, schmetterten zum WM-Titel 2014 Tausende Fans Helene Fischers »Atemlos«. Ironische Distanz? Nix da. Bevor Nadine Maikler den Schlager für sich entdeckte, sang sie in einer Elektropop-Band, mit der sie einmal sogar in Afghanistan auftrat, im Luftwaffenstützpunkt Camp Marmal. Es gibt Bilder, die zeigen Nadine vor Ort, mit Männern in Uniform, vor Stacheldraht statt Jägerzaun. »Wir wollten die Menschen dort ablenken«, sagt Nadine. Sie sei schließlich Unterhalterin, mit einem Stückchen heile Welt im Gepäck. Deshalb erschien es ihr nur konsequent, die Elektropop-Band als „Experiment“ abzuhaken und komplett ins Schlagerfach zu wechseln. Auch um überregional bekannt zu werden, wie Nadine zugibt. Vor allem aber, »weil ich Schlager einfach liebe«. Schon als Vierjährige habe sie vor dem Fernseher gesessen und die Lieder der »ZDF-Hitparade« mitgesungen, ihre Helden hießen Nicole und Stefanie Hertel, später Britney Spears. Heute bewundert sie, natürlich, Helene Fischer. Sie ist Nadines großes Vorbild. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen ist kein Zufall. »Die Grenzen zwischen den Genres sind doch ohnehin fließend«, sagt sie. Viele deutsche Popsongs könnten auch als Schlager durchgehen – und umgekehrt. Es sei diese Mischung, mit der sie sich am besten identifizieren könne. Zumal in den Liedern längst nicht mehr nur die heile Welt besungen werde. »Es gibt inzwischen auch kritische Texte.«

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VON LAURA BACKES (TEXT) UND CHRISTOPH NEUMANN (FOTOS)

AB IN DEN NORDEN

Die meisten Afrikaner, die von einer Zukunft in Deutschland träumen, müssen unter Lebensgefahr erst die Wüste und dann das Mittelmeer überqueren, Asyl beantragen und anschließend Monate, oft Jahre bangen, ob sie bleiben dürfen.

JACOB

Betmou aus Kamerun reiste mit dem Flugzeug, bezahlt vom deutschen Staat. Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitsvisum bekam er bequem nach Hause geschickt. Der Unterschied: Jacob ist nicht gekommen, um zu bleiben. Der 24-jährige Grafikdesigner aus der kamerunischen Hafenstadt Douala ist einer von 468 Süd-Nord-Freiwilligen des Weltwärts-Programms. Ein Jahr lang lebt Jacob in Berlin, wohnt bei einer Gastfamilie im Stadtteil Lichterfelde und arbeitet für die Organisation Slowfood. Die bringt Schülern bei, dass Brot aus Getreide entsteht, Karotten nicht auf Bäumen und Bananen nicht in Deutschland wachsen – sondern dort, wo Jacob herkommt. 2008 begann Weltwärts als entwicklungspolitischer Freiwilligendienst für Deutsche zwischen 18 und 28, finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Idee: Junge Menschen arbeiten in einem sozialen Projekt in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Jährlich nehmen knapp 3500 Personen, vor allem Abiturienten, an dem »interkulturel-

len Lerndienst« teil. Wer zurückkommt, gilt als weltgewandt und sozial engagiert – das macht sich auch gut auf dem Lebenslauf. Viele Deutsche, die als Freiwillige ins Ausland gehen, glauben, sie leisteten damit Entwicklungshilfe: in Aids-Stationen, Kinderheimen, Schulen. Der Gewinn der Menschen vor Ort ist allerdings begrenzt, schließlich sind die Helfer in der Regel keine ausgebildeten Fachkräfte, sondern ungelernte junge Menschen, die zum ersten Mal für längere Zeit das behütete heimische Nest verlassen. Der Mehrwert besteht vorrangig im kulturellen Austausch: Die »Helfer« tragen einen Hauch große weite Welt im Gepäck, berichten den Einheimischen aus einem exotischen Alltag, von fremden Essgewohnheiten und unbekannten Bräuchen. Weil das keine Einbahnstraße sein muss, hat das BMZ vor drei Jahren ein Zusatzprogramm eingeführt, die sogenannte Süd-Nord-Komponente. Damit können junge Menschen aus aller Welt für einen Freiwilligendienst nach Deutschland kommen. Im Umkehrschluss müsste man also auch Jacob als Entwicklungshelfer bezeichnen. Das Projekt: Nachhilfe in Sachen ungerechter Welthandel. An einem Freitag im Juli steht Jacob in lila T-Shirt und passenden lila Fußballschuhen – »vom Flohmarkt«, wie er auf Deutsch sagt – auf einem Acker in Berlin-Marzahn und erzählt von seiner Großmutter. Vor ihm sitzt die Klasse 6b einer Schule in

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Jacob aus Kamerun versteht erst jetzt, was 1,38 Kinder pro Frau in der Praxis bedeuten: »Ihr Deutschen habt wirklich sehr wenige Kinder.«

Junge Menschen aus Schwellenländern leisten Entwicklungshilfe in Deutschland. Ja, wirklich.

Berlin-Mitte. Auf 2000 Quadratmetern hat Jacobs Arbeitgeber Slowfood hier Gemüse und Getreide angebaut. Im Laufe des Vormittags mussten die Schüler schon schätzen, wie viel Ackerfläche für die Zutaten eines Brötchens, einer Pizza oder eines Schnitzels notwendig ist. Jeder durfte einen lebendigen Regenwurm in der Hand halten, dann kochten sie unter Anleitung einen Eintopf aus selbst geernteten Kartoffeln, Karotten und Sellerie. Früher sei er in den Ferien immer zu seiner Oma aufs Dorf gefahren, um ihr bei der Bewirtschaftung ihrer Plantage zu helfen, erzählt Jacob jetzt der 6b. Kaffee, Kakao, Mangos und Kartoffeln habe sie angebaut, auf dem Markt verkauft und davon gelebt. Er spricht Englisch, sein Deutsch ist etwas holprig, ein Kollege übersetzt, denn das hier sollen die Kinder auf jeden Fall richtig verstehen. Vor fünf Jahren habe »die Lebensmittelindustrie« seiner Großmutter das Land genommen, um Bananen anzubauen – »Bananen, die nach Europa exportiert werden«. Schweigen. Schließlich fragt jemand: »Und was isst deine Oma jetzt?« Jacobs Vater gebe ihr Geld, aber das reiche nicht immer. »Und was kann man da machen?«, fragt ein anderer. »Nix kann man da machen«, zischt ein Mädchen zurück. Die Kinder sind betreten. Dann schlägt ein Junge vor: »Warum bringen Sie Ihre Großmutter nicht nach Deutschland mit? Vielleicht fühlt sie sich hier wohl.« Eine gute Idee, finden die meisten. Vor einigen Monaten, so erzählt es ein Kollege, habe Jacob in einer Schule erzählt, welchen Schaden Palmölplantagen anrichten. Anschließend habe ein Junge seine komplette Familie davon überzeugt, auf Produkte zu verzichten, die Palmöl enthalten. Was Jacob selbst in Deutschland gelernt hat? Vielen Gartenbesitzern sei der Blick auf Blumen wichtiger als ein nützliches Gemüsebeet. Außerdem wisse er jetzt, was mit 1,38 Geburten pro Frau in der Praxis gemeint sei: »ziemlich wenige Kinder«. Und was Armut hierzulande bedeute. Viele hätten zwar eine Wohnung und sogar einen Kühlschrank, können sich aber trotzdem sonst nichts leisten. »Vorher dachte ich, ihr wärt alle reich.« In Wahrheit sei Deutschland »auch kein Paradies«.

Das werde er all jenen sagen, die in Kamerun davon träumen, nach Europa zu gehen. Würde Jacob gern länger hier bleiben? »Nein, ich mag mein Land und meine Leute. Wenn es dort besser werden soll, darf ich nicht einfach gehen«, sagt er. Als die Klasse 6b im Aufbruch ist, dreht sich ein Junge noch mal zu Jacob um und sagt: »Viel Glück mit deiner Oma!«

VICTORIA

Micaela Martín, 19, kommt aus Argentinien. Seit Februar arbeitet sie in Hermannsburg in Niedersachsen in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. »Freiwillige aus aller Welt kommen in meine Heimat und wollen helfen. Ich habe den Spieß umgedreht. Inzwischen weiß ich, dass auch die Deutschen Hilfe brauchen. Es gibt viel zu wenige Pflegekräfte. Die sind froh über jeden Freiwilligen, egal ob deutsch oder international. Als ich vergangenes Jahr meinen Schulabschluss gemacht habe, war mir das alles noch nicht so klar. Da hatte ich einfach keinen Plan, was ich studieren will. Als ich einen Vortrag über Freiwilligendienste hörte, wusste ich: Das ist die Lösung! Statt Uni würde ich einfach eine neue Kultur kennenlernen. Ich habe in der Schule Deutsch gelernt, trotzdem habe ich lange darüber nachgedacht, nach Paraguay zu gehen, das wäre nicht so weit weg gewesen. Doch die Sprache und das Essen sind in Argentinien sehr ähnlich, deshalb habe ich mich letztlich für Deutschland entschieden. Ich komme aus der Hauptstadt Buenos Aires und habe dort früher nachmittags obdachlose Kinder betreut. Beim Auswahlseminar kreuzte ich auf der Wunschliste an: Stadt, soziale Arbeit, aber keine Menschen mit Behinderungen. Wochen später rief die Organisation an und bot mir einen Platz als Freiwillige in einer Einrichtung für Behinderte an – in irgendeinem Kaff. Alles, was ich nicht wollte. Zuerst konnte ich es nicht fassen, aber sie haben mich beruhigt, und ich habe den Platz angenommen. Als ich in Hermannsburg ankam, hatte ich mega Schiss. An meinem ersten Arbeitstag war ich

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Victoria aus Argentinien macht das Feiern in Deutschland weniger Spaß: »Die Leute tanzen alibimäßig zu ein, zwei Liedern, dann setzen sie sich wieder und trinken.«

Ab in den Norden

Ab in den Norden

MEENAM

Nepal, 23, kommt aus Bhutan und arbeitet seit November bei der politischen Organisation Kurve Wustrow im Wendland. »Meine Abteilung beschäftigt sich mit der Frage, wie Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. Dafür arbeiten wir mit Organisationen aus Sri Lanka, Myanmar, dem Kosovo und von anderswo zusammen. Es ist wahnsinnig spannend, Menschen aus aller Welt kennenzulernen. Außerdem helfe ich den neun Flüchtlingsfamilien im Ort, übersetze für sie – ich spreche Farsi, eine in Afghanistan verbreitete Sprache. Man hat mich darauf vorbereitet, dass

die Leute mich auch für eine geflüchtete Frau halten, und ich glaube, das tun einige wirklich. Ich habe befürchtet, dass mich das stört. Tut es aber nicht, sollen sie doch. Einige Dinge in Deutschland sind ganz anders, als ich es gewöhnt bin. Ich bin in der Hauptstadt Bhutans, Thimphu, groß geworden, habe in Indien Ingenieurwesen studiert und noch nie auf dem Land gelebt. In Wustrow wohnen kaum junge Menschen, es ist nicht viel los. Ich versuche, einmal im Monat zu verreisen. Immerhin kann ich hier überall mit dem Rad hinfahren und spontan in den umliegenden Seen baden, das werde ich später auf jeden Fall vermissen. Warum ich überhaupt nach Deutschland wollte? Ich habe in Indien einige deutsche Freiwillige kennengelernt. Durch Gespräche mit ihnen habe ich verstanden, dass die deutsche Gesellschaft nicht so hierarchisch aufgebaut ist wie die bhutanische und die indische, und die Meinung jedes Einzelnen höher geschätzt wird. Das wollte ich erleben. Und meine Erwartungen wurden bestätigt. Die Leute hier respektieren einander, trotzdem darf jeder anderer Meinung sein und das auch ausdrücken. In Bhutan wird ein eigener Beitrag im Gespräch mit dem Vorgesetzten als unhöflich empfunden. Hier wird so lange diskutiert, bis alle einverstanden sind. Jeder darf ausreden. Das gefällt mir. Die Leute warnen mich allerdings und sagen: »Das ist nicht Deutschland, das ist nur das Wendland.« Was mir in Deutschland fehlt, ist Wärme im Verhalten der Leute. Die meisten behalten oft zu viel für sich und sind nicht besonders offen. An alles andere habe ich mich schnell gewöhnt. Im Oktober gehe ich zurück nach Bhutan, ich möchte mir dort einen Job in der Entwicklungszusammenarbeit suchen. Ein bisschen Bammel habe ich jetzt schon. Meine Freunde werden manches, was mir wichtig geworden ist, nicht verstehen können, und ich muss mich wieder in hierarchischere Strukturen einfügen. Weil ich Bhutan damals direkt nach der Schule verlassen habe, werde ich meine Heimat nun zum ersten Mal als erwachsene Frau erleben. Darauf freue ich mich.

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Meenam aus Bhutan ist begeistert vom Arbeitsklima im Wendland: »Die Leute respektieren einander, obwohl sie unterschiedlicher Meinung sind.«

überfordert: Ich sollte diese fremden Menschen duschen. Die anderen Betreuer erzählten mir, wer sich immer nackig macht, wer mir an den Haaren ziehen wird. Ich hab nur die Hälfte verstanden – und mich nicht getraut nachzufragen. Das ist jetzt ein paar Monate her, es hat sich viel geändert. Ich lebe in einer WG mit einer Südafrikanerin und einer Brasilianerin – und inzwischen können wir uns einigermaßen auf Deutsch verständigen. Ich habe deutsche Freunde gefunden, mit denen ich feiern gehe. Auch wenn mir das Weggehen hier weniger Spaß macht. Die Leute tanzen alibimäßig zu ein, zwei Liedern, dann setzen sie sich wieder und trinken. Mir ist aufgefallen, dass die Deutschen Vorurteile mir gegenüber haben. Weil ich aus Lateinamerika komme, glauben einige, ich sei ein leichtes Mädchen. Was für ein Quatsch! Ein älterer Herr lobte mich mal dafür, dass ich nach Deutschland komme und arbeite – und dann auch wieder gehe. Das war mir sehr unangenehm, ich bin einfach so schnell wie möglich weitergelaufen. Meine Arbeit macht mir inzwischen viel Spaß, ich habe die Bewohner richtig lieb gewonnen. Jeden Morgen bereite ich jetzt eine Wohngruppe alleine für den Tag vor. Im Moment sind das fünf Leute, zwei Epileptiker, ein Autist, ein Blinder und ein geistig Behinderter. Vor Kurzem habe ich meiner Mutter eine WhatsApp-Nachricht geschrieben: »Mama, ich weiß endlich, was ich studieren werde: Sonderpädagogik!«

Lasst mich doch Pokémon Go, Chia-Samen, Vollbärte: Eine Horde abgeklärter Geschmackspolizisten kämpft heute schon gegen alles, was uns später mal peinlich sein könnte. Wie langweilig, findet André Boße. ILLUSTRATION: JAN ROBERT DÜNNWELLER

S

chni-schna-Schnappi« auf Maxi-CD, das Jamba-Klingelton-Abo auf dem Nokia-Knochen und ein halbes Dutzend Charity-Armbänder aus Plastik um den Arm – wie peinlich die 2000er-Jahre waren! Und erst die 90er: Buffalos und DiddlMäuse, Tamagotchis und Schnullerketten, Bauchnabelpiercings und der feste Glaube daran, dass es sich bei Tic Tac Toe um die ewige Hip-Hop-Freundschaft handelt. Jedes Jahrzehnt bietet Moden, Produkte oder Einstellungen, die wir – halb belustigt, halb peinlich berührt – rückblickend als hässlich, naiv und falsch entlarven. Hinterher ist man immer schlauer. Aber es macht eben auch Spaß, sich selbstironisch an die Peinlichkeiten von damals zu erinnern. So wie Jan Böhmermann es mit seiner »Hymne auf die 90er« gemacht hat, die man sich im Netz anschauen kann. Sie weckt eine angenehme Nostalgie: Sie basiert nicht auf Dingen, auf die man stolz ist, sondern

auf dem Quatsch von früher, für den man pe schwadroniert. Schließlich hätten schon die Azteken dank dieser Samen sich heute ein kleines bisschen schämt. ihre Linie gehalten: »Die Samen quellen Was wird uns aus dem Jahr 2016 einim Magen auf, man hat dann keinen mal peinlich sein? Was sind die Sünden Hunger mehr.« Hmmm, lecker. der 2010er-Jahre? Ein Vormittag an der Kastanienallee in Berlin oder im Hamburger Schanzenviertel, in der Kölner Chia-Samen also. Keine Frage, die sind Ehrenstraße oder im Münchner Westend. ein Kandidat für die Peinlichkeitsliste Wir treffen den Typen in Badelatschen, der 2010er-Jahre. Man sollte sie sich jeder seinen Bart spazieren trägt und sein doch schnell notieren, sonst vergisst man Haupthaar zu einem Dutt geknotet hat. sie. Denn von allen heutigen Trends ist Daneben das Mädel, das den Bürgersteig dies vielleicht der langwierigste: Wir einer deutschen Großstadt mit der gönnen den Hypes, für die wir uns späWiese des kalifornischen Coachella-Fester schämen könnten, nicht mehr viel tivals verwechselt und dessen Äußeres Zeit. Oft vergehen nur ein paar Wochen eine Kreuzung aus Neo-Hippie, Biblio– und der Trend ist schon abgewickelt. thekarin und Weltraumprinzessin dar»Pokémon Go« zum Beispiel klingt in stellt. Die beiden stoßen zu einer kleinen diesem Herbst bereits wie ein Spleen Gruppe, die im Café am Straßenrand aus einer anderen Zeit, dabei hat die sehr engagiert die Vor- und Nachteile ver- Monstersuche erst Mitte Juli begonnen. schiedener Sojamilchsorten durchgeht. Wer heute mit Smartphone vor der Nase Man entscheidet sich schließlich für: durch die Straßen zieht, macht sich Chia-Samen-Wasser mit Lemon-Gurkelächerlich. Erinnert sich noch jemand an Spritzer, 5,50 Euro das Glas. Ice-Bucket-, Condom- oder Eine Investition, die sich lohnen Lemon-Face-Challenges? Spielt S. 32 werde, wie jemand aus der Grup- UNI SPIEGEL noch jemand »Quizduell« oder 5/ 2016

»Candy Crush«? Das ist alles schon so alt, so fad, so … 2015. Tic Tac Toe hielten es mehr als zwei Jahre miteinander aus, und gegen die Jamba-Klingelton-Werbung wurde damals sogar eine Petition gestartet, um die penetrante Werbung auf ein gesundes Maß zu stutzen. Dass die Peinlichkeiten heute so schnell wieder verschwinden, liegt zum einen an der Kommerzia-

»Ah, jetzt auch mit Hipsterbart?« lisierung. Beispiel Bubble Tea. Die klebrig-süße Plörre, in der neonfarbene Glibberkugeln schwammen, war einen Sommer lang sehr angesagt. An jeder Ecke poppten Bubble-Tea-Läden auf – vermutlich weil sehr viele Geschäftsleute

schnell handelten. Sie witterten ihre Chance, wollten auf der Welle mitreiten. Keine drei Monate später war der Spuk vorbei, die Läden schlossen wieder. Das Angebot war einfach zu groß, die Kunden verteilten sich auf die riesige Anzahl von Teestuben – für den einzelnen Betreiber blieb nicht genug übrig. Je mehr Cafés und Bars also ihre Karte mit Chia-Kram tapezieren, je mehr Läden die Samen in ihren Regalen platzieren, desto schneller könnte der Hype vorbei sein. Zumal die Getränkeindustrie mit großen Plakaten für Chia-Smoothies wirbt und sich dafür Kicher-Claims wie »Bei Samenstau schütteln« oder »Oralverzehr – schneller kommst du nicht zum Samengenuss« ausgedacht hat. Der Käufer reagiert zunehmend genervt, weil es sehr unangenehm ist, sich mit aufgequollenem Magen versaute Sprüche anhören zu müssen. Da greift der trendbewusste Durstige lieber wieder zum Mineralwasser medium. Da wird man wenigstens in Ruhe gelassen.

Denn wer einem Trend öffentlich folgt, wird heutzutage schnell Zielscheibe bissiger Kommentare – als wäre allein das Mitmachen schon die uncoolste Sache der Welt. Nehmen wir den Vollbart. In den 90er- und 2000er-Jahren wenig angesagt, seit einiger Zeit schwer in Mode. Bärte wurden aber auch schon in den 70ern getragen, dazu Koteletten und Hosen mit Schlag. Und zwar von wirklich beinahe allen Männern. Damals machte man das so, es wurde nicht groß reflektiert. Wer sich heute nach einem Campingurlaub oder einer längeren Lernphase einen Vollbart stehen lässt, bekommt sehr schnell zu hören: »Ah, jetzt auch mit Hipsterbart?« Wer sich etwas teurere Kopfhörer einer bekannten Marke oder formschöne und farbenfrohe Sneaker zulegt, bekommt schnell das unerwünschte Feedback, diese Käufe seien strategisch. Dabei macht es einfach Spaß, die Lieblingsmusik mit gutem Ohr-Equipment zu genießen. Und hey, coole Schuhe sind in der Regel ein Instinktkauf – ohne Hintergedanken. Wir sind ja hier nicht bei »Sex and the City«.

Bei Facebook ist der Machtgewinn der Alltagskritiker besonders gut zu erkennen; das Netzwerk funktioniert wie eine Lupe, was man draußen ahnt, wird hier klar und deutlich. Längst haben sich im sozialen Netzwerk Untergruppen der Alltagskritik etabliert. Modekritiker fotografieren wild herum und warnen vor vermeintlichen Fashion-Sünden. Orthografie-Kritiker knipsen Fehlleistungen kleinerer Gastrobetriebe und Friseursalons. Trauerkritiker hinterfragen engagiert die Reaktionen der Netzwerker auf Todesfälle, Unglücke oder Terroranschläge – es gibt kein nüchternes R.I.P.-Posting mehr, das im Verlauf der Kommentarspalte nicht in einer Generalkritik öffentlicher Trauer endet. Ihre Urteile posten die Alltagskritiker Ein wachsender Unterbereich ist die in den sozialen Netzwerken. So können Medienkritik: Ob nach Fußballspielen sie sich nämlich wunderbar von den oder politischen Ereignissen, stets erPeinlichkeiten abgrenzen. Und genau eifern sich die Wächter über die Qualität das ist Mist. Denn damit zerstören diese der Berichterstattung, wobei Besserwisser schon heute diese vereinzelte Aussetzer häufig das angenehme Art von Nostalgie, S. 34 die uns in Zukunft fehlen wird. UNI SPIEGEL Urteil für die gesamte Darbie5/ 2016 Peinlichkeitswächter machen sich breit: völlig abgeklärte Zeitgenossen, die ihren Job darin sehen, uns sehr frühzeitig vor Dummheiten und vermeintlichen Fehlern zu warnen. Wie eine Bürgerwehr des guten Geschmacks bewerten diese Leute alles, was wir tun. Selbst der banalsten Handlung wird eine Symbolkraft zugesprochen: Wer die Reste vom Mittagessen in Tupperware aufbewahrt, gilt als risikoscheu. Und wer ausnahmsweise mal kein Craft Beer trinkt, sondern das Gebräu eines Getränkekonzerns, steht als Unterstützer des Großkapitalismus da. Selbst Schokoriegel können nicht mehr unschuldig konsumiert werden.

tung bestimmen. Ein falscher Satz oder ein misslungener Übergang – und die Leistung ist nicht mehr tolerierbar. Als würde eine verbrannte Fritte die ganze Tüte versauen. Und, natürlich, der Klassiker: die Kritik am Musikgeschmack. Einerseits ist Facebook eine prima Plattform, um gute Songs zu posten. Wer sich mit neugierigen und gut informierten Leuten in einer

Als würde eine verbrannte Fritte die ganze Tüte versauen. Blase befindet, kann jeden Tag etwas Neues entdecken. Probleme haben derzeit jedoch Menschen, die weiterhin gern die Musik von Gruppen wie den Sportfreunden Stiller oder Frida Gold hören. Beide Bands veröffentlichten zuletzt

neue Alben. Selbstverständlich ist es erlaubt, diese entbehrlich bis saudoof zu finden. Es gibt gute Gründe dafür. Jedoch versucht die Musikpolizei mit aller Macht zu verhindern, dass wir in 20 Jahren feststellen müssen: Wie peinlich, wir haben damals tatsächlich Frida Gold und die Sportfreunde Stiller gehört! Aus diesem Grund werden diese harmlosen Bands dermaßen in der Luft zerrissen, dass ihre Anhänger sich vorkommen müssen wie ein Schalke-Fan im Dortmund-Block. Es lebe die Meinungsvielfalt. Schon klar, weder Frida Gold noch Vollbärte, Riesenkopfhörer oder »Pokémon Go« schenken der Welt neuen Sinn. Aber sie sind der Stoff, aus dem wir in 20 Jahren Erinnerungsbündel an dieses Jahrzehnt schnüren. Gelingt es der Stilpolizei, die Welt davon zu säubern, stehen wir 2030 mit leeren Händen da. Wovon soll ein nostalgisches Böhmermann-Video erzählen? Von Beatrix von Storch und Doping im Leistungssport? Bei dem Gedanken quillt der Magen auf. Auch ohne Chia-Samen.

Ihr nervt! VON PETER NEITZSCH (PROTOKOLLE) UND ULI OESTERLE (ILLUSTRATIONEN)

Unpünktlich, unvorbereitet, unwissend – Studenten können die Pest sein, wenn man sich von ihnen seit Jahren die gleichen Ausreden für verbummelte Hausarbeiten und nicht gelesene Texte anhören muss. Vier Professoren ziehen vom Leder. S. 36 UNI SPIEGEL 5/ 2016

Helikoptereltern und vermeintliche Hochbegabte t wohl an der hochbegabte Halbgötter. Das lieg »Manche Studenten halten sich für n dann sure Auf der Universität sind die Zen Inflation guter Noten beim Abitur. on ab, sich dav t diesen Studententypus aber nich anfangs durchweg schlecht. Das hält er voll iben zu bewerben – mit einem Anschre für ein Hochbegabtenstipendium enten dann hensetzung. Oft bitten mich die Stud Rechtschreibfehler und falscher Zeic merke ich ja schlecht lügen. Durch Nachhaken um ein Gutachten, aber ich kann schreiben, und dann: Die glauben selbst, was sie t! gab halten sich wirklich für hochbe t besser. Das Die Eltern sind da leider keinen Deu sitzen Mütter ist ein ganz neuer Trend: Plötzlich e oder und Väter in meiner Sprechstund ium ist zum Stud Das fon. Tele intervenieren per wenn das Kind Familienprojekt geworden, selbst eine bereits 21 ist. Einmal hatte jemand kte dafür Pun drei nur Hausarbeit verbockt und en. and best h bekommen – also gerade noc und st, Juri st Plötzlich rief der Vater an, selb aus ich e hab wollte die Note diskutieren. Das sich hat bnis Höflichkeit sogar gemacht. Am Erge natürlich nichts geändert. dass eine E-Mail Viele Studenten verkennen auch, f ist, und im Grunde ein elektronischer Brie hreibregeln htsc Rec alle missachten konsequent sie s Das en. und formalen Anforderung z große chen Grüßen« nutzen, ist die gan ndli freu t Höflichkeitsfloskeln wie »Mi Smileys. vor tzen stro nur hingeschludert und Ausnahme. Viele Mails sind einfach der n wen n, pelhaft oder im Kommandoto Die Sprache ist wahlweise zu kum eine Hausarbeit t. Er bittet nicht etwa darum, dass Verfasser eine Extrawurst verlang fordert es ein, mit Fristsetzung!« früher korrigiert wird, sondern er

rsität Münster Thomas Hoeren lehrt an der Unive Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. llehrer war Hoeren mehr als schu Hoch als eit Tätigk r seine n Informations- und Medienrecht. Nebe sgericht Düsseldorf. zehn Jahre lang Richter am Oberlande

Ihr nervt!

M eh r M ut zu m Widerspruch, bitte! »Mich stört, wenn Studenten nich t zu ihrer Meinung stehen, sondern nur das erzählen, was ich vermeintlich hören will. Das passiert zum Beis piel auf unseren Exkursionen, wo doc h eigentlich der Blick für die Um gebung geschärft werden soll. Wenn dann nur Dinge kommen, die wir scho n besprochen haben, macht mich das wahnsinnig. Die Geländegeologie lebt von Beobachtungen, etwa wenn wir uns fossile Riffe ansehen. Das ist wie im Krimi: Man hat eine Leiche und versucht, den Tathergang zu rekonstruieren. Dafür ist es unbedin gt notwendig, selbst zu denken und Dinge zu hinterfragen. Doch das passiert leider immer seltener. Auch in der Vorlesung habe ich oft das Gefühl: Da wurde auswendig gele rnt und abgespult. Die verschulten Bachelo rstudiengänge fördern diese passive Lernhaltung. Von meinen Studenten wünsche ich mir mehr Mut zum Widerspruch. Sie sollten weniger stromlinienförmig sein und auch das Leben neben der Uni nicht vergessen.

Prof. Dr. Hildegard Westphal erfors cht Umweltveränderungen anhand der Ablagerungen der Küste nmeere. Die Geologin ist Direktorin des LeibnizZentrums für Marine Tropenökologie in Bremen. Gemeinsam mit anderen Hochschullehrern hat sie den »Cam pus-Knigge« herausgegeben – eine augenzwinkernde Einführung in die akademische Begri ffswelt.

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FOTO: TRISTAN VANKA NN

Dennoch liebe ich die Lehre. Bes onders diesen Heureka-Moment des Ver stehens, wenn den Studierenden plötzlich klar wird, warum sie gerade dieses Fach studieren, und die Begeisterung gew eckt ist. Das macht mich glücklich.«

#responsibility Elyn Hu, Speedstackerin und Rollerbladerin, tankt Kraft bei Thai Chi, spielt Piano und Baseball mit ihrer 6-jährigen Tochter, betreut Bertelsmann-Trainingsprogramme in ganz China, Inspirationsquelle und Ruhepol für junge Talente, liebt es Wissen zu vermitteln, balanciert als HR Director Jobs und Verantwortlichkeiten bei arvato und dem Bertelsmann Corporate Center China.

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Ihr nervt!

Ko m m t pü nk tl ic h! n »Unpünktlichkeit ist unter Studente und men Kom itte. eine weitverbreitete Uns ich e find ng lesu Gehen während der Vor ist das absolut unangebracht. Schließlich n ebe kein Fernsehprogramm, wo man en ist halt mal wegzappen kann. Dieses Ver tonen gegenüber Dozenten und Kommili Hörsaal ist, gleichermaßen unhöflich. Wer im sollte auch durchhalten. hrung Allerdings habe ich auch die Erfa Spielregeln e klar ngs gemacht: Wenn ich anfa tlich deu aufstelle, dann halten sich inn jedes mehr daran. Deshalb gibt es zu Beg uke. dpa Semesters eine fünfminütige Stan arte. erw n Dann wissen alle, was ich von ihne zu ng Handy und Laptop dabei. Das Natürlich hat jeder in der Vorlesu n Problem ist aber, dass viele Studente bekämpfen wäre weltfremd. Ein tig rich t nich el mitt ions Kommunikat ihre Mails trotz ihrer zahlreichen Anmeldung zum Seminar einfach die a etw dass lesen. Ich erlebe oft, r ich haben dagegen alle im Blick. Abe untergeht. Chats und Messenger ren. izie mun t über WhatsApp kom möchte mit meinen Studenten nich n aber auch mal loben: Viele Grundsätzlich muss ich die Studente soziale Kompetenzen mit. Es ist bringen erstaunliche fachliche und weltläufig etwa die studentischen beeindruckend, wie versiert und ission sind.« Vertreter in einer Berufungskomm

r Vornberger ist Direktor des Der Medieninformatiker Prof. Dr. Olive unter anderem rsität Osnabrück und befasst sich Unive der an atik Inform für uts Instit . rning E-Lea und hing Publis mit den Themen Computergrafik, Webisiert , geht er mit ihnen wandern, organ ehen verst zu er bess nten Stude Um seine Weihnachtsfeier. Grillabende und veranstaltet eine

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Brauche ich einen Minijob? Bei wie vielen Freunden hast du Schulden?

bei einigen

bei allen

bei keinem

Noch Großeltern? nein

Bist du Student?

weiß nicht

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Dann ruf sie jetzt an!

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sowas kenn ich nicht

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Wie reagierst du auf Mahnungen?

ich verkaufe mein Smartphone ich bete

Ihr nervt!

Ei ne Zu m ut un g, dieses Studium! »Ich habe das Gefühl, dass sich viel e Studenten überhaupt nicht für ihr Fach interessieren. Manche empfind en das Studium geradezu als Zumutung. Da wird bereits über ein Lesepensum von 30 Seiten pro Woche gestöhnt. Es ist normal geworden, dass Stud enten erst gar nicht in Vorlesunge n oder Seminaren erscheinen, weil die Anwesenheitspflicht abgeschafft wurde. Aber wer ernsthaft studiert, nimmt auch aktiv an Seminaren teil – und schneidet folgerichtig sehr viel besser in den Prüfungen ab. Die Standardausrede für verspäte t abgegebene Hausarbeiten und nich t gelesene Texte ist die: Man habe ja noch andere Fächer und deshalb nicht die Zeit gehabt. Das ist abso lut lächerlich, eine Ausrede für Schlendrian. Was fehlt, ist auch die Bereitschaft, Verantwortung für die eigene intellektuelle Entwicklung zu tragen und ernsthaft am akademisch en Diskurs teilzunehmen. In meiner Studienzeit war es Mode, politisch zu sein. Das ist heute nicht mehr so. Aber wer gar kein Interesse an politisch en Debatten hat, ist in einem politikwissenschaftlichen Studium fehl am Platz.«

Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner J. Patzelt lehrt »Politische Systeme und Systemver gleich« an der TU Dresden. Ob in Vorle sungen, in Talkshows oder auf seinem Blog bezieht Patzelt zu aktuellen politischen Debatten Stellung – unter anderem zur Pegida-Bewegung.

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VOM TRAINEE ZUM CHEF Traineeprogramme bieten beste Karriereperspektiven. Auf Jobmessen erfahren Kandidaten, in welchen Berufen und Top-Branchen das meiste Potenzial steckt.

INHALT Orientierung: Chancen auf Jobmessen ausloten Karrierestart: TopBranchen für Trainees Interview: Als Trainee bei Ernst & Young

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Karriere-Talk: Dem Besuch der Jobmesse folgt oftmals der Berufseinstieg

GESUCHT, GEFUNDEN! Auf Jobmessen und Recruitment-Veranstaltungen kommen Praktikanten, Trainees, Direkteinsteiger und Young Professionals mit Arbeitgebern ins Gespräch. Wer den Karriereturbo nutzen will, sollte sich gut vorbereiten. ei es am Ende der Schulzeit, während des Studiums oder nach dem Examen – irgendwann kommt der richtige Zeitpunkt, um sich mit Berufseinstieg und Karriere auseinanderzusetzen. Wer jedoch nicht zeitaufwendig Jobportale im Internet durchforsten will, auf Initiativbewerbungen verzichten möchte und stattdessen lieber den unmittelbaren Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern sucht, kann eine von den bundesweit jährlich mehr als 300 Jobmessen und Recruiting-Veranstaltungen besuchen. Dort gibt es viele Möglichkeiten, sich über einzelne Branchen, Unternehmen und Karriereperspektiven zu informieren. Neben allgemeinen Auskünften zu Berufsprofilen und Hintergründen zu Firmen haben Interessierte auch die Chance, direkt mit Personalverantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Dabei können sie Einstiegsmöglichkeiten und Voraussetzungen erörtern oder auch gleich die fertige Bewerbungsmappe überreichen.

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DIE RICHTIGE WAHL TREFFEN Vor einem Messegang sollte jedoch stets eine gute Vorbereitung stehen – ganz gleich ob als angehender Praktikant, Trai-

nee, Direkteinsteiger oder Young Professional. Dazu gehört das korrekte Auftreten (siehe Infobox rechte Seite) ebenso wie die Auswahl einer geeigneten Veranstaltung. Denn diese unterscheiden sich nach Region, Ausstellerprofilen und fachlichen Ausrichtungen. Fünf Beispiele zur Orientierung: 1. Die connecticum beispielsweise gilt als eine der weltweit größten Jobmessen mit den fachlichen Schwerpunkten Business, IT und Engineering. Das Event findet einmal jährlich in Berlin statt. Zuletzt präsentierten sich dort laut Veranstalterangaben rund 400 Unternehmen aus Deutschland, weiteren europäischen Ländern und Asien und boten Vorträge, Einzelgespräche und offene Stellen an. connecticum.de/jobmesse 2. Für Studierende von MINT- und Wirtschaftsstudiengängen wiederum bietet sich die Firmenkontaktmesse bonding an, die auf eine gemeinnützige Initiative von Ingenieuren der RWTH Aachen zurückgeht. bonding ist an mittlerweile bundesweit zwölf deutschen Hochschulstandorten vertreten, bei den meisten handelt es sich um technische Universitäten. firmenkontaktmesse.de

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3. Die nach eigenen Angaben größte übergreifende Jobmesse Deutschlands für Studenten, Absolventen und Young Professionals ist der Absolventenkongress. Dieser wird mehrmals im Jahr vom Staufenbiel Institut in diversen Städten veranstaltet, unter anderem in Köln, Stuttgart, München, Frankfurt am Main und Hamburg. Nächster Termin: 24. und 25. November 2016. absolventenkongress.de/deutschland 4. Wie geht es für mich weiter nach der Schule? Soll ich studieren oder lieber eine Ausbildung machen? Wie funktioniert überhaupt ein duales Studium? Wer sich diese Fragen stellt, findet Orientierung auf der Karrieremesse Stuzubi, auf der Hochschulen, Unternehmen und Institutionen über ihre Studien- und Ausbildungsangebote sowie mögliche Traineeprogramme informieren. stuzubi.de/messe/messestaedte 5. Wer hingegen eine Ingenieurskarriere anstrebt, dürfte interessante Offerten, Vorträge und Gespräche auf den VDI Recruiting Tagen des Vereins Deutscher Ingenieure vorfinden. Diese werden regelmäßig und verteilt über das Bundesgebiet veranstaltet und richten sich an angehende Ingenieure sowie technische Fach- und Führungskräfte. ingenieurkarriere.de/recruiting-tag Eine gute Übersicht über Job- und Karriereveranstaltungen sowie Messertermine der kommenden Monate – sortierbar nach Städten, Bundesländern und Veranstaltern – finden Sie im Internet unter: berufsstart.de/jobmessen/kalender/

„Früher habe ich an Karneval immer Jagd auf die Leckereien von HARIBO gemacht. Heute profitiere ich als fester IT-Mitarbeiter von der Praxiserfahrung, die ich als Trainee bei HARIBO gesammelt habe.“ Oliver Schmitz Junior Organisationsprogrammierer Ehem. Trainee Informationstechnologie

DER ERSTE EINDRUCK ZÄHLT Jobmessen sind Türöffner für den Karrierestart. Mit großen Ständen, bunten Werbeflächen und Geschenken versuchen Unternehmen, die Aufmerksamkeit der Absolventen zu gewinnen. Auch Bewerber punkten mit ihrem Auftritt – wenn sie ein paar Tipps beachten: • Gute Vorbereitung: Wer sich vor dem Besuch über die Aussteller informiert, geht gezielter auf ihre Vertreter zu. Ein vollständiger Lebenslauf im Gepäck und ein professioneller Kleidungsstil vor Ort sind unerlässlich. • Vorab Termine machen: So findet der gewünschte Arbeitgeber garantiert Zeit für ein Gespräch. • Professioneller Auftritt: Wer aufgeschlossen das Gespräch sucht sowie unaufdringlich seine Unterlagen übergibt, macht bei Unternehmen Eindruck. • Sorgfältige Nachbereitung: Eine E-Mail oder ein Anruf nach dem Gespräch erhöhen die Chance, aus dem persönlichen Kontakt Kapital zu schlagen.

AUTHENTISCHE MARKEN BRAUCHEN ECHTE MENSCHEN Die ganze Welt liebt HARIBO. Ob GOLDBÄREN, LAKRITZ SCHNECKEN oder COLOR-RADO – die Leckereien unseres weltweit führenden Familienunternehmens sind in aller Munde: bei Groß und Klein. Damit das so bleibt, bieten wir Ihnen mit unseren internationalen Trainee-Programmen einen perfekten Berufsstart in einem weltweit führenden Familienunternehmen. Bei HARIBO erhalten Sie durch unsere modular aufgebauten kaufmännischen und technischen Einstiegsprogramme Einblicke in alle relevanten Fachbereiche. Ergreifen Sie die Chance und starten Sie Ihre Karriere mit einer internationalen Kultmarke.

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Trainee in New York: Viele Unternehmen bieten ihren Berufseinsteigern die Möglichkeit, Niederlassungen im Ausland kennenzulernen

Fabian Gareis: Nach seinem BWL-Studium ist der 24-Jährige als Trainee bei EY eingestiegen.

Als Trainee bei EY Fabian Gareis über die Bewerbung, den Auswahlprozess und die Stationen seiner Ausbildung bei dem global agierenden Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY.

NICHT INS UNGEWISSE Hochschulabsolventen haben beim Berufseinstieg meist die Qual der Wahl. Traineeprogramme erleichtern die Karriereplanung in vielen Branchen.

kademiker haben überwiegend gute Berufschancen. Die 297 Unternehmen, die sich Ende 2015 an der Befragung „JobTrends Deutschland 2016“ des Staufenbiel Instituts beteiligten, meldeten circa 17.000 offene Stellen für Akademiker, darunter 1.435 Trainees. 80 Prozent der teilnehmenden Unternehmen gaben an, dass Traineeprogramme ein wesentlicher Grundstein für die Karriere seien.

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ALLE WICHTIGEN BRANCHEN BIETEN PROGRAMME AN Traineeprogramme sind eine Alternative zum Direkteinstieg und werden von vielen Unternehmen in allen Branchen angeboten. So laufen bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E&Y zum Beispiel Programme für den Beratungsbereich (AdvisoryPLUS) und für Nachwuchskräfte im Bereich Wirtschaftsprüfung (AuditPLUS). Gerade künftige Wirtschaftsprüfer machen sich auf einen steinigen Weg. Das Examen für

Was hat Sie an dem AdvisoryPLUS Traineeprogramm bei EY gereizt? Ich finde gut, dass ich den Verlauf des Programms mitgestalten, die verschiedenen Unternehmensbereiche bei EY kennenlernen und mir ein großes Netzwerk aufbauen kann. Auch die Möglichkeit, für einige Monate ins Ausland gehen zu können, war ein Argument, mich für dieses Programm zu bewerben. Wie lief das Auswahlverfahren ab? Ich habe mich online beworben und schon wenige Tage später den Online-Test absolviert. Auch danach ging es schnell: Am ersten Tag in der darauffolgenden Woche wurde ich zum EY-Talent-Day nach München eingeladen. Dort habe ich einige Kollegen von EY kennengelernt und unter anderem eine Fallstudie gelöst. Am Nachmittag ging es dann in die Einzelinterviews. Das Gespräch war sehr ausführlich und dauerte circa 90 Minuten. Insgesamt sind von meiner Bewerbung bis zur Unterschrift ungefähr zwei Wochen vergangen. Wie läuft Ihre Ausbildung bei EY ab? Das Traineeprogramm AdvisoryPLUS startet im September oder Oktober und dauert insgesamt 19 Monate. Die ersten sechs Monate habe ich in der Wirtschaftsprüfung verbracht. Daran schließt sich ein neunmonatiger Einsatz in der Advisory an, wobei der Fokus auf dem Bereich Financial Audit IT Integration liegt. Zudem besteht dann die Chance, für drei Monate ins Ausland zu gehen. Im Anschluss an die Grundausbildung in der Advisory folgt die dreimonatige Vertiefungsphase in der Wirtschaftsprüfung. Parallel zu den verschiedenen Phasen, die jeder in der Ausbildung durchläuft, finden Netzwerktreffen mit anderen Trainees statt. Mein persönlicher Career Buddy unterstützt und versorgt mich mit wertvollen Tipps. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die Arbeit eines Partners an ein bis drei Tagen live zu erleben und so weitere Erfahrungen zu sammeln.

ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG Wirtschaftsprüfer ist eine der anspruchsvollsten Prüfungen im nachuniversitären Bereich und erfordert eine Menge Lern– und Arbeitsdisziplin. Als großen Vorteil sehen viele Trainees daher die Unterstützung erfahrener Kollegen, welche die Trainees begleiten.

www.de.ey.com/karriere #BuildersWanted

Realisation: JDB MEDIA GmbH, Hamburg Fotos: iStock.com/oneinchpunch (S. 4), iStock.com/Portra (S. 1), iStock.com/skynesher (S. 2), PR (S. 4)

So müsste er aussehen: unser Firmenwagen für Einsteiger.

„EY“ und „wir“ beziehen sich auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. ED None.

VORTEILE DURCH MENTORENBETREUUNG

DAS BIETEN GUTE PROGRAMME ✔ Austausch mit anderen Trainees und Mentoren ✔ Bessere Orientierungsmöglichkeiten im ganzen Unternehmen ✔ Schnelleres Kennenlernen verschiedener Aspekte der Branche ✔ Fachübergreifende Trainings-Module ✔ Chancen für persönliche Weiterentwicklung ✔ Karriereplanung über das Traineeprogramm hinaus ✔ Angemessenes Gehalt ✔ Auslandserfahrungen

Das Mentoring ist einer der Vorteile, die Traineeprogramme gegenüber dem Direkteinstieg ins Berufsleben aufweisen. Dies bestätigt auch Astrid Mohr, bei der Salzgitter AG verantwortlich für das Traineeprogramm. „Ich habe einen Master in Personalmanagement und wollte anschließend in die Industrie“, sagt die Personalfachfrau. „Ich mag es, zu sehen, was gemacht wird, wenn es kracht und pufft. In einer Bank zum Beispiel würde ich mich nicht so wohlfühlen.“ Beworben hat sich Mohr auf verschiedene Traineestellen, aber auch auf Referentenstellen, also für den klassischen Direkteinstieg in ein Unternehmen. Schließlich hat sie sich für das Traineeprogramm bei der Salzgitter Flachstahl GmbH entschieden, einem Tochterunternehmen der Salzgitter AG. „Besonders positiv empfunden habe ich die Chance, einen generellen Überblick über verschiedene Abteilungen und Arbeitsbereiche zu bekommen. Man erwirbt zudem überfachliche Kompetenzen, profitiert von den Mentoren, die ihre Mentees gezielt fördern, und kann ein Netzwerk aufbauen.“ Auch bei der R+V Versicherung, die seit 2005 Traineeprogramme für den Innen- und den Außendienst anbietet, spielt der Austausch innerhalb der Gruppe von Programmteilnehmern und mit Coaches eine wichtige Rolle. „Wir wollen keine Generalisten, sondern stellen Trainees ein mit einer bestimmten Zielfunktion, die auf eine konkrete Planstelle passt“, sagt Rebekka Rockenstein, bei R+V zuständig für das Traineeprogramm im Innendienst. Dazu zählt auch eine feste Zusage für einen unbefristeten Job im Anschluss. „Die letzten drei Monate gehen fl ießend ins Berufsleben über“, beschreibt Rockenstein das Trainee-Finish. „Unser Programm hat sich gut eingespielt, die Fachbereiche sind mit den Absolventen sehr zufrieden.“

INHALTE PRÜFEN UND NACH ERFOLGREICHEN ABSOLVENTEN FRAGEN Doch Achtung: Der Begriff „Trainee“ ist rechtlich nicht geschützt. Es lohnt auf alle Fälle, nachzufragen, welche konkreten Inhalte ein Traineeprogramm hat und welche Karrieren die bisherigen Trainees gemacht haben. Die HypoVereinsbank (HVB) etwa bietet bereits seit den 70er-Jahren Traineeprogramme an. „Unsere Trainees durchlaufen eine Kombination aus aufeinander abgestimmten Aufenthalten in ausgewählten Bereichen. Das bereitet ideal auf die zukünftige Aufgabe vor und ermöglicht die Chance auf vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der gesamten HypoVereinsbank“, sagt Dr. Jasmin Franz, Leiterin Personalentwicklung. „Ein Highlight ist unser Reverse-Mentoring, bei dem Trainees die Rolle eines Mentors für das Top-Management zum Thema Digitalisierung übernehmen.“ Das komplexe Programm hat sich bewährt. Viele HVB-Trainees haben Führungspositionen erreicht – bis hin zum Vorstand. Banken, Versicherungen, Beratung und Industrie, das sind beliebte Branchen für Hochschulabsolventen. Steiler kann die Karriereleiter aber im Einzelhandel sein – und besser bezahlt. „Der Handel ist eine sehr dynamische Branche und bietet viel Entwicklungspotenzial. Auch Aufenthalte in einer unserer Regionalgesellschaften im Ausland sind möglich, beispielsweise bei Aldi Süd in den USA, in Australien oder Großbritannien“, sagt Anja Königstein, Managerin Human Resources Marketing bei Aldi Süd. Nicht zuletzt locken ein überdurchschnittliches Gehalt von 65.000 Euro pro Jahr, Handy und Firmenwagen. Davon können die meisten Trainees anderer Branchen nur träumen.

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creativemanagementprogram.de

VON HENDRIK STEINKUHL (TEXT) UND JOANNA NOTTEBROCK (FOTOS)

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Diese Münze ist eine Sensation: Sie ist mehr als 2000 Jahre alt und erzählt von blutigen Schlachten und römischen Herrschern – in einem Dorf bei Osnabrück.

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Marc Rappe ist erst 28 – leitet aber bereits Deutschlands derzeit wohl spannendste archäologische Ausgrabung. Porträt eines modernen Schatzsuchers.

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ie Sensation misst nur wenige Quadratzentimeter. nicht zu bieten. »Ich bin Wissenschaftler«, sagt er. »Er ist OstMan könnte sie bequem in die Hosentasche stecken. westfale«, sagen die Ausgrabungskollegen. Der Landstrich ist für seine wortkargen Bewohner bekannt. Doch was Marc Rappe da mit seinem Bagger aus dem Sandboden im Osnabrücker Umland hervor- Marc Rappe verbrachte dort seine Kindheit und Jugend vor allem gekramt hatte, war mitnichten eine Kleinigkeit: acht runde Gold- unter freiem Himmel. »Haben Sie denn immer schon gern gebuddelt, Herr Rapscheibchen aus der Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus, der größte zusammenhängende Fund antiker Münzen, den es in pe?« »Nee. Aber ich war immer schon gern draußen.« Europa je gegeben hat. Ein Schatz, der Archäologen weltweit Seine Eltern setzten den kleinen Marc auf einen Trecker, hyperventilieren lässt. Doch der Student Marc Rappe, der die Ausgrabung leitet, dann fuhr der Grundschüler mit Standgas über den Acker, und stand unbewegt wie ein blonder Buddha an seinem Baggerloch die Verwandtschaft warf hinten Heuballen auf den Anhänger. und sagte ganz nüchtern: »Ich rechne eigentlich nur in wissen- Später baggerte er für seinen Onkel, der eine Firma für Gartenund Landschaftsbau hat. Praktisch: Noch bevor Rappe mit der schaftlichen Veröffentlichungen.« Ein paar Wochen später, beim Gespräch in seinem Büro in Archäologie irgendetwas am Hut hatte, lernte er den Umgang der Osnabrücker Universität, zeigt er dann doch so etwas wie mit dem schweren Gerät, ohne das kaum eine Grabung auskommt. Emotionen. »Es war schon ein sehr besonderer Fund. Was seine Qualität an der Baggerschaufel angeht, Sogar die ›New York Times‹ hat über uns berichtet.« S. 51 Mehr Enthusiasmus hat Marc Rappe dann aber wirklich UNI SPIEGEL stapelt er allerdings tief und verweist lieber auf seine 5/ 2016

Hier sind Emotionen fehl am Platz: Marc Rappe sucht akribisch nach einem möglichen Fund. Schicht für Schicht trägt er den Boden ab.

Er kenne niemanden in seinem Alter, der das von sich behaupten könne. Das verschafft Respekt. »Material und Aufzeichnungen einpacken!«, ruft Rappe, als es plötzlich zu regnen beginnt. Es ist ein Befehl, keine freundliche Bitte. Alle spuren, niemand widerspricht. Man müsse nun mal klare und deutliche Anweisungen geben, sagt Marc Rappe später. »Sonst gehen am Ende Befunde verloren.«

Ein Befund ist der Kontext eines archäologischen Fundes: Wo liegen die Münzen genau? Wie liegen sie im Boden? Der Befund ist wichtiger als der Fund, weil er Informationen zum Hergang der Schlacht beinhalten kann. Und als Ausgrabungsleiter ist Rappe am Ende dafür verantwortlich, wenn durch Nachlässigkeit ein Befund zerstört wird. Die Regeln, die für die Mitglieder einer archäologischen Ausgrabung gelten, sind entsprechend streng. »Wer mit einer Bierflasche erwischt wird, kann sofort gehen.« Und wenn jemand auf der Grabungsfläche raucht? »Eigentlich gleich Finger ab.« Essen ist genauso verboten. Jeder Krümel, jedes bisschen Asche kann den Befund verfälschen. Eine archäologische Grabung ist aus Sicht des Laien eine eigenartige Veranstaltung. Einerseits muss im Dienste der Wissenschaft alles vor Fremdeinflüssen geschützt werden, es geht fast zu wie im Labor. Andererseits ist es eine ganz normale Baustelle, mit Bagger, Stahlkappenschuhen und Baustellenhumor. Je länger die Grabung dauert, desto tiefer wird das Loch – und desto flacher werden die Witze. »Manchmal steht man 13 Kollegen, echte Virtuosen, die das Gerät beherrschen, als wäre Stunden am Stück draußen. Das wirkt sich natürlich auf die Stimmung aus.« es ihr verlängerter Arm. Für Rappe gibt es trotzdem nichts Größeres, als weiterhin »Ach, er ist viel zu bescheiden«, sagt Klaus Fehrs, der seit 25 Jahren für das Museum Kalkriese arbeitet und fast doppelt so Tag für Tag in der Erde zu wühlen – und er freut sich darauf, das alt ist wie Rappe. Gemeinsam suchen sie nach weiteren Erkennt- auch in Zukunft tun zu können. Sein Professor, dem Rappe schon nissen über die Varusschlacht, in der hier in der Nähe von Osna- von der Kölner Uni nach Osnabrück gefolgt ist, zieht nun nach brück ein germanischer Fürst mit seinen Soldaten das überlegene München weiter. Der Student kommt mit, nach der Masterarbeit wird er an der Ludwig-Maximilians-Universität promovieren. römische Heer besiegt haben soll. Seine Daten erhebt er allerdings in dem kleinen Ort nördlich Fehrs läuft zum Rand der Grabungsstelle und fährt dort mit von Osnabrück, an dem die Römer einst von den Germanen in dem Finger an einer Schnittkante entlang. »Marc zieht mit dem einen Hinterhalt gelockt wurden. Mindestens drei weitere Jahre Bagger immer dünne Schichten ab, die ich dann absuche«, erklärt lang darf Rappe in Kalkriese buddeln. Finanziert wird seine Forer. »Und wenn ich ihm sage, dass die Schicht zwei Zentimeter schung durch ein Stipendium. Dass er von der Archäologie auch in den nächsten Jahren leben kann, ist für ihn ein großes Glück, dick sein soll, dann macht er genau zwei Zentimeter.« Marc Rappe hört sich das Lob mit zufriedenem Grinsen an. das nicht vielen Archäologen vergönnt ist – vor allem wenn sie Zu diesem Klaus Fehrs, der schon an Grabungen teilgenommen so jung sind wie er. »Ich lebe meinen Traum.« Auf das feste Gehalt, das ihm ein Stipendium verschafft, hat, als Rappe noch im Sandkasten spielte, hat er ein besonderes Verhältnis. Als ihm Fehrs die erste Goldmünze brachte, die Rappe ist Marc Rappe dringend angewiesen, denn seit drei Jahren gerade mit seiner Baggerschaufel freigelegt hatte, glaubte der an ist er Vater einer Tochter. Von der Mutter, die ebenfalls Archäoeinen Scherz. »Klaus hat da drüben schon mal ein Späßchen mit logie studiert hat, lebt er mittlerweile getrennt. Als Student Unmir gemacht und mir eine Replik hingelegt.« Archäologenhumor, terhalt zahlen zu müssen sei alles andere als leicht, sagt er. Der Verzicht falle ihm aber nicht schwer. »Meine Tochter ist das schon klar. Beste, was mir passieren konnte.« Und jetzt grinst er Dass der Ausgrabungsleiter deutlich jünger ist als nicht nur, jetzt strahlen auch seine Augen. Geht doch der Großteil seiner Mitarbeiter, ändert nichts an seiner S. 52 Autorität. Knapp 25 Grabungen hat er schon mitgemacht: UNI SPIEGEL mit den Emotionen. 5/ 2016

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Das anonyme Protokoll

Mein Leben als Pornodarsteller

Fast jeder Dreh birgt ein gesundheitliches Risiko, auch die Bezahlung könnte besser sein. Ein Pornodarsteller erzählt aus seinem Berufsalltag – und erklärt, warum Sex im Scheinwerferlicht für ihn trotzdem einen großen Reiz hat. Teil 14 der Serie »Das anonyme Jobprotokoll«. VON ALMUT STEINECKE (PROTOKOLL) UND BENEDIKT RUGAR (ILLUSTRATION)

rufsleben angekommen – auch wenn nicht immer alles glattläuft. Mitte 2015 etwa, bei meinem ersten großen Auftrag an einem Profiset: Die Produktionsfirma hatte eine prunkvolle Villa in Rumänien angemietet, zahlte den Flug, das Hotel. Das alles schüchterte mich so sehr ein, dass ich bei der zweiten Szene, die ich mit einer älteren Frau drehen sollte, Erektionsprobleme bekam. Ich versuchte es mit Viagra, aber das half nicht. Schließlich musste ein anderer Darsteller ran, ich wäre am liebsten im Boden versunken. Aber die Produzenten blieben entspannt und waren sehr freundlich. Am nächsten Tag klappte es dann zum Glück. Später erfuhr ich, dass solche Pannen sehr häufig vorkommen und man sich deshalb nicht schämen muss. Die meisten Pornodarsteller sind Viagra-Dauerkonsumenten. Anders kann man die langen Drehtage kaum durchhalten. Los geht es in der Regel morgens um neun, Feierabend ist selten vor 20 Uhr. In vielen Pornos gibt es keine Rahmenhandlung. Man dreht reine Sexszenen, sogenanntes Material, das später von Produzenten zu einem Film zusammengebaut wird. Anfangs hängte ich mich mit so viel Eifer in die Arbeit, dass sich das negativ auf mein Privatleben auswirkte: Ich hatte so häufig Sex, dass ich echte Zärtlichkeiten mit meiner Freundin nicht mehr genießen konnte. Alles fühlte sich wie Arbeit an. Glücklicherweise hatte sie Verständnis – wohl auch, weil sie selbst in der Pornobranche aktiv ist. Dass wir uns so gut verstehen, ist selten in unserem Beruf. Es herrscht viel Neid, Eifersucht und Missgunst unter Kollegen. Kein Wunder, schließlich werden wir ja alle intim miteinander.

Ich gucke Pornos, seit ich elf bin. Diese düstere Welt faszinierte mich schon immer. Lange waren die Filmchen ein heimliches, verruchtes Hobby für mich – aber ein Beruf? Nach der Schule hatte ich keinen Plan, wohin es mit mir gehen sollte. Zunächst studierte ich Philosophie und Komparatistik in Bochum, was mir nicht so richtig gefiel. Dann schrieb ich mich für Psychologie an der Fernuni Hagen ein. Doch auch das ödete mich an, ich brach ab. Ich jobbte als Türsteher, Messebauer, machte ein Praktikum in einer Werbeagentur, aber nichts erfüllte mich. Vor allem hatte ich keine Lust, mich den Regeln einer normalen Berufswelt zu unterwerfen. Nine to five, Büro und Schreibtisch, mittags in die Kantine: So wollte ich nicht arbeiten. Beim Rumdaddeln im Internet stieß ich per Zufall auf eine Dortmunder Agentur für Gangbang-Produktionen – und war irgendwie angefixt. Spontan bewarb ich mich für ein Praktikum hinter der Kamera. Der erste Tag am Set war irre. Wildfremden Menschen zuzusehen, Schwierig finde ich auch, dass ich mit fast jedem Aufwie sie schwitzend im Scheinwerferlicht Sex hatrag ein gesundheitliches Risiko eingehe. Drehs ohne ben, riss mich mit. Auch das Drumherum interessierte Kondom sind Standard, doch leider fordern nur große mich, die ganze Organisation der Drehs: das Casting der Produktionsfirmen Tests auf HIV, Hepatitis C, Syphilis, Darsteller, die Wahl der Kulissen und Requisiten und auch Chlamydien oder Tripper. Und dafür ist die Bezahlung der Videoschnitt. Zum ersten Mal war ich nicht nach kur- nicht einmal besonders hoch. Männliche Darsteller bezer Zeit gelangweilt. Im Gegenteil: Ich wollte mehr. kommen rund 3000 Euro brutto monatlich. Frauen verDie männlichen Darsteller imponierten mir. Die hat- dienen deutlich besser. Ich muss mich mehrfach verten doch den besten Job von allen! Vielleicht wäre das markten, damit es sich finanziell lohnt. Nebenbei arbeite ja auch etwas für mich? Ich sehe recht gut aus, finde ich als Model für Kosmetikfirmen oder als Statist bei ich, und war schon immer eine Rampensau. Angst vor Doku-Soaps. Publikum kenne ich nicht. Vorsichtig klopfte ich bei Außerdem produziere ich eigenes Material, das ich der Agentur an, und tatsächlich durfte ich mich auspro- an Filmverleihe verkaufe. Gerade ist mein erster eigener bieren. Die ersten Drehs waren wie ein Rausch: Es vor Film rausgekommen, Titel: »Kinky Euro Girls«. Impreseiner laufenden Kamera, vor einem Filmteam mit ver- sionen der Stadt London im Wechsel mit Sexszenen. schiedenen fremden Frauen zu treiben hatte einen Kick, Ich bin als einziger männlicher Darsteller vor der Kameden ich so vorher noch nicht erlebt hatte. ra zu sehen. Auch wenn die Rahmenbedingungen meiIch bin jetzt 28 Jahre alt und drehe seit gut nes Berufs nicht optimal sind: Ich stehe auf das 18 Monaten, meine Filme tragen Namen wie Playboy-Image und bin stolz, dass ich den Mut S. 53 »Perversionen der Lust«. Ich bin endlich im Be- UNI SPIEGEL habe, in dieser Branche zu arbeiten. 5/ 2016

Eines Nachts

Hungrig bleibt man in Wuppertal sicher nicht. Das Workeat (links) serviert Healthfood, wer will, bekommt auch richtig gute Pommes. Und danach: eine Riesenkugel bei Creme Eis (Mitte).

DIE LIEBE ZUERST Was passiert in Uni-Städten, wenn es dunkel wird? André Boße findet Utopia und den Köhlerliesel – und pflegt seine Seele mit Gyros und Ouzo. Eines Nachts in: Wuppertal. FOTOS: MAURICE KOHL

18.00 Uhr Ankunft am Wuppertaler Hauptbahnhof. Mich empfängt: eine Großbaustelle. Bretter, Schilder, Umleitungen – und überall Baustaub. Neu gebaut wird auch die B 7, die sich mit der Eleganz eines Rasenmähers direkt vor dem Bahnhof durch das Tal der Wupper fräst. Die Straße soll noch mehr Spuren bekommen. Eine prima Idee, um diesen eh schon verhunzten Teil Wuppertals noch ungemütlicher zu machen.

Vom Wetter allerdings bin ich enttäuscht: Es ist trocken. Tom Tykwer nannte Wuppertal mal das deutsche San Francisco, wegen der vielen Berge in der Stadt. Blöd nur, dass an diesen Bergen gern Wolken hängen bleiben – und ordentlich abregnen.

18.30 Uhr Ich treffe meinen Kumpel Micha, einen UrWuppertaler, der hier in einem alten Hinterhofhäuschen lebt. Sehr idyllisch, fast wie im Märchen. »Das finden auch Tou18.15 Uhr Mit jedem Schritt, den ich mich vom risten, die in den Hinterhof kommen und Hauptbahnhof entferne, wird die Stadt gaffen«, erzählt Micha. Moment mal, Touschöner. Die Historische Stadthalle erweist risten in Wuppertal? »Doch, wirklich«, besich als wahrer Prachtbau – hundertmal teuert Micha. Und setzt noch einen drauf. eindrucksvoller als die üblichen Mehr- Noch schlimmer seien nämlich die nächtzweckhallen dieser Republik. Auf dem lichen Gäste, die hier pinkeln oder knutschen. Mindestens. »UnappetitWeg ins Luisenviertel, der inoffilich«, sagt Micha. Trotzdem: erst ziellen Altstadt Wuppertals, überS. 54 quere ich die Wupper. Auch schön. UNI SPIEGEL mal essen. 5/ 2016

19.00 Uhr Zu Fuß durchqueren wir das Zentrum von Elberfeld, einer der zwei Großstädte, die man Ende der Zwanzigerjahre zusammenklatschte und Wuppertal taufte. Die andere heißt Barmen – und so recht finden die Elberfelder und Barmer nicht zusammen. »Ist ein bisschen wie in Berlin«, sagt Micha. »Man weiß voneinander, aber kommt sich selten in die Quere.« Als Motto gibt das Workeat, wo wir Platz nehmen, »Fitnessund Healthfood« aus. Die meisten Gäste bestellen trotzdem Fritten und Burger, die übrigens hervorragend schmecken. Smoothies und cool komponierte Limos geben Frische für das, was der Abend noch bringt. 20.30 Uhr »Sollen wir die Tour mit dem Fahrrad machen?«, hatte Micha im Vorfeld gefragt. »Warum nicht?«, hatte ich leichtfertig geantwortet. Zu leichtfertig. Die Fahrt zum Platz der Republik ist nicht einmal einen Kilometer lang. Doch die Straße führt auf den 200 Meter hohen Engelnberg, die Steigung ist kurz, aber beachtlich. Micha hat für mich ein leichtes Crossrad aus seinem Häuschen gekramt, acht Gänge. Er selbst fährt Rennrad. Und es gesellt sich noch ein weiteres Rennrad zu uns. Im Sattel sitzt Sophie, eine Freundin Michas. Mühelos strampeln die beiden die Steigung hinauf. Der Gast hat seine liebe Mühe.

In der Utopiastadt (links) wird Theater gespielt, diskutiert und selbst gebrautes Bier getrunken. Wer noch weiterwill, geht in den Köhlerliesel.

Party gibt’s in der Viertelbar (rechts) und im Beatz und Kekse (links). Vorher noch schnell zum Craft Beer Kiosk (oben rechts).

Und dann will Sophie auch noch reden! Die Antwort ist ein erbärmliches Keuchen: »Gleich.« Oben wartet die exzellente Eisdiele Creme Eis, wo die Bedienung keine genormten Kugeln verkauft, sondern so viel Eis wie möglich in die Waffel presst. Super Sache. 21.15 Uhr Wir rollen die Nordbahntrasse entlang, eine alte Eisenbahnstrecke, die zu einem Radweg umgebaut wurde. 23 Kilometer zieht sich die Trasse durch die Stadt; endlich sind Barmen und Elberfeld nicht nur über Autobahnen und – natürlich – die Schwebebahn verbunden. Unser Ziel ist der alte Mirker Bahnhof, bis 2011 eine Ruine. Dann zogen die Utopisten ein: Seitdem heißt die ehemalige Bruchbude Utopiastadt und ist ein Coworking-Space für die Kreativszene, dazu Kneipe und Theater. Draußen sitzt man an Tischen oder auf Paletten, drinnen fließt das Hausbier Bärtig Bräu. »Hier sieht man, was sich in Wuppertal ändert«, sagt Sophie, und sie klingt ein bisschen stolz. Die Stadt ist arm, kann sich nicht viel leisten, schon gar nicht kulturell. »Also machen die Leute das selbst«, sagt sie. »Früher«, ergänzt Micha, »sind viele weggezogen. Heute bleiben sie und versuchen, etwas aufzubauen.« Beide finden: Man lernt Wuppertal zu schätzen, wenn man sich darauf einlässt. Die Hassliebe,

die viele für ihre Stadt empfanden, hat sich umgedreht: Nun kommt die Liebe zuerst. Unsere Runde wird größer. Björn ist Schlagzeuger und trifft sich an diesem Abend mit Annette, die an der Uni Wuppertal Musikdidaktik lehrt. Die beiden möchten die Studenten, die auf dem abgelegenen Campus Grifflenberg studieren und häufig unter sich bleiben, in das aufblühende kulturelle Leben hineinziehen. Die Stimmung in Utopiastadt ist grenzenlos optimistisch. 23.30 Uhr Nach drei, vier Bärtig-Bieren geht es bergab, zurück ins Luisenviertel. Im Craft Beer Kiosk treffen wir junge Paare, die gemeinsam Bier einkaufen – so wie sie sich früher gemeinsam Filme ausgeliehen haben. Ein paar Meter weiter reihen sich die Kneipen und Bars aneinander. »Viel Spaß beim Versacken«, sagt Sophie und macht den Abflug. In der Viertelbar ist am meisten los, vorne wird getrunken, hinten getanzt. Als vor einiger Zeit rückseitig neue Mieter einzogen und gegen den Lärm vorgehen wollten, formierte sich eine Protestbewegung mit dem schönen Namen »Nachbarn für Nachtbars«. Mit Erfolg. 0.30 Uhr Knapp 9000 Meter tief im Köhlerliesel / Ist, wo ich mich noch am ehesten hingehörend fühle /

Ich lass mich treiben durchs Luisenviertel / Wie durch Wüstenstürme. So rappt Prezident, Wuppertals derzeit bekanntester Hip-Hopper. Zum Köhlerliesel ist ein Traditionsladen, der nach einem Umbau nun die junge Generation anspricht. Funktioniert. Der Laden ist proppenvoll, wir machen es uns gemütlich. 2.45 Uhr Wir ziehen weiter ins Beatz und Kekse, früher ein Electro-Plattenladen mit Café, daher der Name, jetzt eine Bar im Stil der Sechziger und Siebziger. An den Wochenenden wird gefeiert: Funk, Soul, Indie. Die Leute schwitzen, der Laden auch. Micha kommt oft her, er organisiert regelmäßig Veranstaltungen hier: die »Fangesänge«, Coverkonzerte zwischen Lagerfeuer und Gelage, und den »Dödel-Trödel«, einen Flohmarkt mit Jungssachen. »Man kann hier seinen Kram machen«, sagt er. »Ich kenne nicht viele Städte, in denen das so leicht möglich ist.« 3.55 Uhr In der Taverne Dio’s brennt noch Licht. Wenn sonst nichts mehr geht: Platz für eine Pita ist immer. An den Tischen sitzen Nachtphilosophen und Partywracks. Fitness- und Healthfood steht hier zwar nicht auf der Karte. Aber für die Seele gibt es ohnehin nichts Besseres als Gyros und Ouzo nachts um vier.

SZENE

Illustration: Isabel Seliger / Sepia

»Self-Publishing ist ein Risiko« Melisa Schwermer, 33, promoviert in Literaturwissenschaften und schreibt nebenbei blutige Krimis, die sie unter ihrem Künstlernamen selbst verlegt. Hier erklärt sie, wie das geht. Dein neues Buch »So bitter die Schuld« ist gerade auf Platz eins der Kindle-eBook-Charts. Was ist das für ein Gefühl? Erst mal: Überraschung – und große Freude. Und dann: Erleichterung. Beim Self-Publishing muss ich für alles in Vorkasse treten, das Lektorat bezahlen, die Werbung und auch die Gestaltung des Covers. Um diese Kosten zu decken, muss sich das Buch etwa 3000-mal verkaufen. Das klingt riskant. Self-Publishing ist ein Risiko, keine Frage. Deshalb habe ich meinen Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin behalten. Letztes Jahr hätte ich von meinen Büchern leben können. Ich habe mich dann aber doch nicht getraut, alles auf eine Karte zu setzen. Kann jeder einfach so ein Buch herausbringen?

BUCHTIPP

Zeitwohlstand Einfach mal nichts tun, wer träumt nicht davon? Die Journalistin Greta Taubert hat es sich getraut – und gleich ein ganzes Jahr lang blaugemacht. Zugegeben, so ganz untätig war die 32-Jährige dann doch nicht: Sie traf Leute, die sich aktiv für den Sprung aus dem

Das ist tatsächlich nicht besonders kompliziert: Du schreibst eine Geschichte und lädst sie hoch. In Deutschland gibt es viele Self-Publishing-Websites, neben Kindle Direct Publishing, das ich nutze, zum Beispiel epubli oder tolino media. Zwischen 30 und 70 Prozent des Erlöses bleiben beim Anbieter. Würdest du – trotz deines Erfolgs – für einen traditionellen Buchverlag arbeiten? Es ist für viele immer noch ein Ritterschlag, von einem Verlag aufgenommen zu werden. Self-Publishing hat aber unschätzbare Vorteile: Ich bin freier in meiner Arbeitsweise, und das Publizieren geht viel schneller. Bei einem Verlag dauert es etwa ein Jahr vom Manuskript bis zur Veröffentlichung. Ich brauche circa drei Monate zum Schreiben. Dann lade ich den Text hoch – und schaue mir im Minutentakt die Verkäufe an. Wollen deine Studenten Autogramme von dir? Nein, keiner weiß Bescheid. Ich schreibe ja unter Pseudonym.

kapitalistischen Hamsterrad entschieden haben – und schrieb nebenher das Buch »Im Club der Zeitmillionäre«. Damit trifft sie den wunden Punkt einer Generation: Taubert merkt, dass ihre Arbeit sie nicht glücklich macht. Und tut etwas dagegen, statt nur zu jammern. Die Lektüre ist denn auch inspirierend. Zum Beispiel wenn Taubert vom Treffen mit Michael Bohmeyer berichtet,

der mit der Internetseite »Mein Grundeinkommen« bekannt wurde. Bohmeyer entwickelte eine Art Lotterie für ein bedingungsloses Grundeinkommen, finanziert über Crowdfunding. Er sagt, dass er das Projekt nur durch seinen Ausstieg aus dem Job habe umsetzen können. Oder wenn Taubert von Diana erzählt, die sich lieber mit einem geringen Gehalt zufriedengibt und dafür mitten am Tag Zeit für einen Spa-

UNI SPIEGEL

Der Klimawandel ist ein wichtiges Thema für mich. Ich habe schon mehrmals geholfen, Strände von Müll zu befreien. Ich will in Zukunft auch eigene Aufräumaktionen organisieren. Planet Ocean sammelt Artikel, die die Verschmutzung der Meere dokumentieren.

el tar und Mod Instagram-S , ät rr ve n André Haman beim Training, ps er Ap e ch el w f au d im auf Reisen un en kann. rzicht ve t ch ni ag Allt

MYTAXI Ich lebe in Berlin, Taxifahren ist hier noch relativ günstig. Über die App kann ich Taxis bestellen, direkt bezahlen und bewerten. Ich kann mir auch Stammfahrer markieren, die mir besonders gefallen. Funktioniert also in etwa so wie Uber – ist aber legal.

André Hamann, 29, hat auf Instagram mehr als eine Million Follower. Er postet meist Bilder, auf denen mindestens sein Oberkörper nackt zu sehen ist. Als Model arbeitet er unter anderem für Hugo Boss und Calvin Klein.

SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG Abo-Service: Tel.: +49 (0) 40/3007-2700 Fax: +49 (0) 40/3007-3070 E-Mail: [email protected] Postfach 10 58 40, 20039 Hamburg Verlag und Redaktion Ericusspitze 1, 20457 Hamburg E-Mail: [email protected] Online: www.unispiegel.de Herausgeber Rudolf Augstein (1923 – 2002) Chefredakteur Klaus Brinkbäumer (V. i. S. d. P.) Stellvertretende Chefredakteure Susanne Beyer Dirk Kurbjuweit Alfred Weinzierl Redaktionsleitung Miriam Olbrisch Redaktion Lisa Duhm Mitarbeit Laura Backes André Boße Rebecca Erken Matthias Fiedler Francesco Giammarco Marie-Charlotte Maas Peter Neitzsch Martin Pirkl Almut Steinecke Hendrik Steinkuhl Gestaltung Kristian Heuer Bildredaktion Sabine Döttling Thorsten Gerke Anke Wellnitz Schlussredaktion Ursula Junger Sylke Kruse Produktion Solveig Binroth Petra Thormann Dokumentation Ulrich Booms Marko Scharlow Lukas Wesenberg Verantwortlich für Anzeigen Dr. Michael Plasse Anzeigenobjektleitung Sabine Schramm-Lühr Objektleitung Manuel Wessinghage Druck appl druck, Wemding

FITNESS POINT Als ich mit meinem Fitnesstraining angefangen habe, hat mich die App mit einem Trainingsplan unterstützt. Es werden immer neue Übungen vorgestellt, und das Workout wird nicht langweilig. Perfekt, wenn man unterwegs ist und kein Fitnessstudio besuchen kann.

WORLD TIME BUDDY Dank World Time Buddy weiß ich immer ganz genau, wo es gerade wie spät ist. Ich habe schon öfter meine Freunde aus dem Bett geklingelt, wenn ich auf Reisen war. Das passiert jetzt nicht mehr. Simpel, aber praktisch.

SPOTIFY Ich höre den ganzen Tag Musik. Spotify merkt sich, was mir gefällt, und schlägt mir immer neue Künstler vor, die zu meinem Geschmack passen. So wird’s nicht langweilig. Für mein Workout finde ich die vorgegebenen Playlists super.

landweit bekannt machte. In »Apokaziergang hat. Zwar ist es manchmal anlypse jetzt!« berichtet Taubert, wie es strengend, Taubert beim Philosophieren sich ohne den klassischen Konsum über den Umgang mit ihrer eigenen lebt: Sie ging jagen, züchtete Pilze und Zeit zu folgen – doch über diese Passatrug ausschließlich Kleidung, die sie gen kann man schnell hinweglesen. nicht selbst gekauft hatte. Für ihren Beruf reiste Taubert früher Die subjektiven Schilderungen aus dorthin, wo es unbequem und riskant ist. Tauberts neuem Buch machen die VorSie berichtete über Kinderhändler in Äthiopien und Guerillacamps in Mecklen- teile, aber auch die Tücken des Zeitüberflusses greifbar. Spannend für alle, burg-Vorpommern. Das Aussteigen übte die selbst übers Aussteigen sie bereits vor ein paar Jahren. nachdenken. Schon damals schrieb sie ein S. 57 Buch darüber, das sie deutschUNI SPIEGEL MARTIN PIRKL, LISA DUHM 5/ 2016

SPORT MOMENTS / RENKER / ACTION PRESS (U.)

PLANET OCEAN

WAS H A S T DU DRAUF?

UNI SPIEGEL wird auf Papier aus verantwortungsvollen Quellen gedruckt. Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 17 vom 1. Januar 2016 Mediaunterlagen und Tarife: Tel.: +49 (0) 40/3007-2493 Den UNI SPIEGEL erhalten alle Bezieher des SPIEGEL-Studentenabonnements. Vertrieb Hochschulen: Campusdirekt Deutschland GmbH, Tel. +49 (0) 921/787 78 59-0 Der nächste UNI SPIEGEL erscheint am 10. Dezember 2016

Studentin des Monats

Mode für Flüchtlinge? So etwas hatte an der renommierten Zelt umbauen lässt; den Schlafsack, der tagsüber als Mantel Parsons School of Design in New York noch niemand gewagt. dient; das Regencape mit integrierter Rettungsweste. AnreDie Professoren reagierten irritiert, als Angela Luna, 22, ihre gungen holte sie sich bei Hilfsorganisationen wie dem InterIdeen für die Abschlussarbeit im Fach Modedesign vorstellte. national Rescue Committee, dessen Mitarbeiter von den Ideen Sie sei doch auf Nachtwäsche spezialisiert – warum solch ein und dem Tatendrang der Studentin begeistert waren. Vor KurSinneswandel? Es war 2015, der Beginn der Flüchtlingskrise. zem hat Angela ihre Entwürfe sogar Vertretern der Vereinten Angela sah Bilder von Menschen, die zu Fuß quer durch Nationen vorgestellt. »Es ist mir sehr wichtig, dass die KleiEuropa liefen, geschwächt und gezeichnet von den Strapazen dungsstücke dem tatsächlichen Bedarf der Flüchtenden entdes Weges und den Kämpfen in ihrer Heimat. »Ich habe das sprechen«, erklärt Angela. Inzwischen könnten die Stücke in nicht ausgehalten. Ich wollte irgendetwas tun«, sagt Angela. Produktion gehen. Nur eins fehlt noch: eine langfristige FiDoch als Modestudentin, dachte sie zunächst, könne sie nichts nanzierung. Die Kleidung soll kostenlos an Betroffene ausgeausrichten – bis ihr eine Idee kam: wieso nicht Flüchtlingshilfe geben werden – dafür braucht es Sponsoren. Angela ist zumit ihrem Studienfach verbinden? »Es war das schwierigste versichtlich, dass sich bald eine Lösung findet. Und sie hat Projekt meines Lebens. Aber ich wollte das unbedingt ma- noch mehr Ideen: Neulich reiste sie von New York nach Frankreich, um dort ein Flüchtlingslager zu besuchen. Sie chen«, sagt die US-Amerikanerin. Angela setzte sich wollte wissen, welche Kleidung die Menschen dort ans Zeichenpult und entwarf sieben Kleidungsstücke: S. 58 die Jacke, die sich mit ein paar Plastikstangen zum UNI SPIEGEL brauchen. Ihr Zeichenblock war schnell gefüllt. 5/ 2016

FOTO: JESSICA RICHMOND

ENTWIRF T KLEIDUNG FÜR FLÜCHTLINGE

A N G E L A LU N A

Der Mantel wird zum Zelt: Auf diesen Entwurf ist Angela besonders stolz.

Maximalförderung, Bedarfssätze, Vermögensfreibetrag? Klingt kompliziert, lohnt sich aber!

Vom 1. August an sorgen verschiedene Neuerungen beim BAföG für spürbare Verbesserungen im Alltag zahlreicher Schülerinnen, Schüler und Studierender. Damit setzt die Bundesregierung ein Zeichen für Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen.

www.bafög.de

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