Eine Ausstellung zum 100jährigen Bestehen des Tropeninstituts
September 4, 2017 | Author: Wilhelmine Waldfogel | Category: N/A
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2000 Bernhard-Nocht-Institut Hamburg 1900 Eine Ausstellung zum 100jährigen Bestehen des Tropeninstituts Centenary Exhibition of the Institute for Tropical Medicine
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Gründung
1900
1905
1901
Vorgeschichte Die Cholera-Epidemie von 1892 forderte Tausende von Toten und veranlasste Senat und Bürgerschaft der Stadt Hamburg zu einer Reformation des Gesundheitswesens. Daraufhin wurde 1893 wurde der Marinearzt Bernhard Nocht, der bereits während der Cholera-Epidemie als Schiffskontrolleur auf der Elbe gearbeitet hatte, in das neugeschaffene Amt des Hafenarztes eingeführt. Zur ärztlichen Betreuung innerlich erkrankter Seeleute wurde ihm außerdem eine Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg
Bürgerschaftsbeschluss
eingerichtet.
Am 1. Oktober 1900 nimmt das neue Institut für Schiffs- und
Entgegen den Plänen des berühmten Bakteriologen Robert Koch setzte
Tropenkrankheiten mit 24 Mitarbeitern im ehemaligen
Bernhard Nocht 1899 Hamburg als Standort für ein Institut zur Erforschung
Verwaltungsgebäude des Seemannskrankenhauses an den
der Tropenkrankheiten durch, da „durch den überseeischen Verkehr dort ein
Landungsbrücken seine Arbeit auf.
reiches Krankengut zu versorgen sei“. Der erste Weiterbildungskursus für Schiffs- und Kolonialärzte findet 1901 statt, mit praktischen Übungen zum Nachweis von Malaria- und anderen Erregern und Vorlesungen zum Thema Schiffshygiene und Quarantäne. 1908 wird zum ersten Mal der dreimonatige große Ärztekurs abgehalten, eine Veranstaltung, in der bis heute Tausende von Ärzten ausgebildet wurden.
Der Gründer Dieser Mann gründete 1900 das Tropeninstitut: Bernhard Nocht (1857-1945). Als Hafenarzt vertrat er die Ansicht, dass eine Kontrolle der tropischen Krankheiten nur durch ein breiteres Wissen über ihre Erreger und eine gute ärztliche
Der Chemiker Gustav Giemsa entwickelt 1905 am Tropeninstitut die bekannte Giemsa-Färbung, die noch heute zum Anfärben von Zellen für die Mikroskopie verwendet wird.
Ausbildung erreicht werden konnte. Er formulierte den Leitspruch "Der Forschung, der Lehre und der Heilung", der bis heute die Arbeit des Tropeninstituts prägt. Ihm zu Ehren wurde 1928 die Straße vor dem Institut in Bernhard-NochtStraße und 1942 die Forschungseinrichtung in Bernhard-NochtInstitut umbenannt.
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Aufbau
1907 Kolonien
1906
1910
1918
1916
Der renommierte Hamburger Architekt Fritz Schumacher erhält 1910 den Auftrag, ein neues Gebäude für das inzwischen stark gewachsene Institut zu planen. Es wird am 28. Mai 1914 eingeweiht.
Auf Expeditionen in tropische Länder werden in den frühen Jahren Beziehungen zu Tropenmedizinern und Politikern auf der ganzen Welt geknüpft. Friedrich Fülleborn (links, mit zwei weiteren Mitarbeitern des Tropeninstituts) trägt auf seinen Reisen eine Sammlung von Objekten als Anschauungs-
Zeitgenössische Darstellung des Schumacher-Baus zwischen
material zu tropischen Krankheiten zusammen. Sie bildet den Kern des später
den Straßenzügen Bernhardstraße und An der Erholung aus
weithin bekannten Museums des Tropeninstituts.
der Sicht des heutigen Bavaria-Geländes.
Präparator Plett Während des ersten Weltkriegs werden fast alle Mitarbeiter zum Militärdienst eingezogen. Einige der Tropenmediziner werden als Militärhygieniker eingesetzt und widmen sich „kriegsrelevanten“ Das Seemannskrankenhaus um 1906
Projekten, u.a. der Malaria- und Fleckfieberbekämpfung. Die Klinische Abteilung wird in ein
Das neue Institut hat sich Lehre, Studium und Behandlung exotischer Krankheiten zur Aufgabe
Reservelazarett umgewandelt für Soldaten, die
gestellt. Malariakranke Seeleute machten ca. 40% der Patienten des Seemannskrankenhauses aus.
aus Nordafrika oder vom Balkan zurückkehren
Die Verbesserung der Malariatherapie war daher ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten.
und für Kriegsgefangene und Zivilinternierte aus Ägypten.
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
1920 Neuorientierung
1 932 1927 1928
1919 1925
Bernhard Nocht wird Vizepräsident des Hygienekomitees des Völkerbundes (Vorläufer der Weltgesundheitsorganisation). Die Isolation der Wissenschaftler von der internationalen Forschergemeinde scheint überwunden.
In den frühen zwanziger Jahren erforschen Erich Martini und Peter Mühlens Malariafälle in Emden und in Müritz an der Ostsee. Im Institut werden in Zusammenarbeit mit den BayerWerken neue Medikamente gegen die Schlafkrankheit und die Amöbenruhr entwickelt. Durch „kulturpolitische“ Reisen vor
Der 76jährige Bernhard Nocht scheidet 1930 aus dem Amt.
allem nach Südamerika werden die Kontakte zu tropischen
Sein Nachfolger wird Friedrich Fülleborn (1866-1933), der
Ländern erneuert.
bereits seit 1901 am Institut tätig ist. Seine Amtszeit ist nur von kurzer Dauer. Aufgerieben von den politischen Umwälzungen nach der Machtübernahme Hitlers reicht er nach nur drei Jahren sein Rücktrittsgesuch ein. Fülleborn stirbt im September 1933, Peter Mühlens (1874-1943) nimmt daraufhin seinen Platz ein.
Nach dem Friedensschluss von Versailles sind die ökonomischen und weltpolitischen Bedingungen grundlegend verändert, auf
Bernhard Nocht
Peter Mühlens
Friedrich Fülleborn Gustav Giemsa
denen die Existenz des Tropeninstituts beruht. Das Deutsche Reich besitzt keine Kolonien mehr. Diese Tatsache und der Boykott deutscher Wissenschaftler in der Welt lassen eine Fortsetzung der Arbeiten in den Tropen zunächst unmöglich erscheinen.
Mehrere Wissenschaftler des Instituts nehmen 1928 am 1. Internationalen Kongress für Tropenmedizin und Hygiene in Kairo teil. Friedrich Fülleborn wird dort die Ehrendoktorwürde der Universität Kairo verliehen.
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
1945
Im Dritten reich
1933
1943 Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Friedrich Fülleborn unterstützt Peter Mühlens die Nationalsozialisten, da diese für ihn den sichersten Weg zur Wiedererlangung der deutschen Kolonien darstellen. Neben einigen hervorragenden Arbeiten, die in diesen Jahren vor allem in der Abteilung für Protozoologie und der Abteilung für Helminthologie entstehen, gibt es auch dunkle Flecken in der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts. Dazu gehören Medikamentenversuche an Insassen der Heil- und Pflegeanstalt
„Nach dem Beamtengesetz werden wir Dr. Hecht, der sich so
Langenhorn und die Erprobung neuer Heilverfahren an
trefflich in sein Gebiet eingearbeitet hat und uns daher kaum
fleckfieberkranken Gefangenen im Konzentrationslager
entbehrlich ist, ja leider nicht halten können .... Frl. Fürth wird
Neuengamme bei Hamburg.
als getaufte Jüdin ebenfalls abgehen müssen... Vertraulich teile
In den letzten Kriegsjahren wird das Institut durch Bomben
ich mit, dass auch Herr v. Brand mütterlicherseits jüdische
stark zerstört. Nach dem Tod Peter Mühlens im Juni 1943
Ascendenz hat und dass wir noch nicht wissen, ob wir ihn
übernimmt Ernst-Georg Nauck (1897-1967) das Amt des
werden halten können. Ausserdem gibt es noch so manches,
Direktors.
was es heute nicht gerade angenehm macht, ein Institut zu leiten, aber davon erzähle ich Ihnen besser persönlich.“ Brief von Friedrich Fülleborn an Bernhard Nocht, 26. Mai 1933
Bernhard Nocht stirbt 88jährig in Wiesbaden.
Otto Hecht, Assistent in der Entomologischen Abteilung, muss 1933 das Institut verlassen. Die vierköpfige Familie Hecht wandert nach Palästina aus, übersiedelt in der Hoffnung auf eine feste Anstellung 1940 erst nach Venezuela und 1945 nach Mexiko. Finanzielle Not und unsichere Arbeitsverhältnisse begleiten das Leben der Familie durch die fünfziger Jahre. 1961 wird Otto Hecht Professor an der Technischen Hochschule in Mexico-City. 1956 erhält Hecht im Rahmen der Wiedergutmachung von der Bundesrepublik Deutschland die Rechtsstellung eines Abteilungsvorstehers a.D. und neun Jahre später eine Entschädigung. Er stirbt 1973 in Mexico City.
Auch Theodor von Brand, Assistent der Abteilung für Protozoologie, muss 1933 gehen. Nach einer Zwischenstation in Kopenhagen emigriert er 1935 in die USA. An der Johns Hopkins University in Baltimore ist er der erste, der biochemische Untersuchungen an Parasiten durchführt. Stellungen an verschiedenen Universitäten in den USA folgen, bis er 1947 Abteilungsleiter am National Institute of Health in Bethesda, Maryland, wird. Theodor von Brand entwickelte in seiner über zwanzigjährigen Tätigkeit dort die Biochemie der Helminthen und Protozoen zu einem eigenständigen Wissenschaftszweig.
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
1948 Wiederaufbau 1950
1946
1956 1952
1960
Pressefoto von 1948 Harte Arbeit war nötig, um wenigstens einen Teil des stark zerstörten Instituts wieder benutzbar zu machen. Bereits 1947 sind alle Abteilungen des Instituts wieder eingezogen und forschen trotz beengter Verhältnisse. Anlässlich des 50jährigen Bestehens findet der Jahreskongress der Deutschen Mikrobiologischen Gesellschaft im notdürftig hergerichteten Institutsgebäude statt.
„..Durch die [..] erlittenen Schäden wurde der Gebäudeteil, in dem das Krankenhaus untergebracht ist, stark in Mitleidenschaft gezogen. [...] Unter Verzicht auf Tagesräume, Einbeziehung von Korridoren, Baderäumen und Kofferkammern, kurzum Aufstellung möglichst vieler Betten in allen zur Unterbringung von Kranken geeigneten Räumen wurde das Ziel erreicht [...] die Bettenzahl schließlich auf 84 zu steigern. [...] Selbst die Küche und alle vorhandenen Nebenräume wurden nutzbar gemacht und mussten [..]
Die Zeichnerin Dora Grabosch beim Anfertigen
zunächst für Laboratorien sowie zur Abhaltung von Kursen
einer Schautafel.
und Vorlesungen benutzt werden.“ aus: Denkschrift über den Ausbau der Krankenabteilung, März 1952
Bombenschäden am Institutsgebäude
Arbeiten am Elektronenmikroskop in der neu gegründeten Abteilung für Virusforschung
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
1964 Hinwendung zu den Tropen
1961
1 987 1983
1968
Eigentlich ist es mehr ein Zufall, als sich im Winter 1963/64 die Möglichkeit eröffnet, den langgehegten Plan des BernhardNocht-Instituts doch noch zu verwirklichen, nämlich die Errichtung einer eigenen ständigen Forschungsstation in einem tropischen Land. Dr. Plotzki, Präsident einer deutsch-liberianischen Bergbaugesellschaft und Patient in der Klinik, schlägt vor, die Forschungsstation auf dem Konzessionsgebiet der Bong Mining Company in Liberia zu errichten. Die Gesellschaft stellt das Baugelände und die technischen Versorgungseinrichtungen kostenlos zur Verfügung. Institutsgebäude einschließlich Ausrüstung und Wohnhäuser für die deutschen und liberianischen Mitarbeiter werden mit großzügiger Unterstützung der Volkswagenstiftung gebaut.
Die Forschungsstation des Bernhard-Nocht-Instituts in Liberia 1983. Im Hintergrund der schon beträchtlich abgebaute Eisenerzberg der Bong Mining Company.
Im Januar 1968 wird die Station in Liberia bezogen und die Forschungsarbeiten beginnen. Nach Abschluß eines Staatsvertrages zwischen der Republik Liberia und der Freien und Hansestadt Hamburg wird die Liberia Research Unit of the Tropical Institute Hamburg im November 1972 vom damaligen Präsidenten der Republik Liberia offiziell eingeweiht. Es folgen Jahre fruchtbarer Arbeit, die leider im Juni 1990 durch den Bürgerkrieg in Liberia auf dramatische Weise beendet werden.
Die Begutachtung des Institus durch den deutschen Wissenschaftsrat macht 1986 auf Versäumnisse in der wissenschaftlichen Ausrichtung des Instituts aufmerksam. Mit der geforderten Neustrukturierung des Instituts beginnt eine neue Ära.
Drei Institutsdirektoren - (von rechts) Ernst Georg Nauck (1943-1963), Hans Vogel (1963-1968) und Hans-Harald Schumacher (1968-1982) - auf Erkundungsreise für eine Forschungsstation in Afrika im November 1961. Weder im Sudan noch in Kamerun wird ein geeigneter Standort gefunden.
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Molekulare Tropenmedizin
1997
2000
1990 1996 1988
Per Staatsvertrag besiegeln die Freie und Hansestadt Hamburg und die Republik Ghana 1997 die Einrichtung einer Forschungsstation des Tropeninstituts. Partner vor Ort ist die Universität von Kumasi. Die feierliche Eröffnung ist im Februar 1998.
Im Mai 2000 wird das Reisemedizinische Zentrum des Bernhard-Nocht-Instituts eröffnet. Anlässlich des Jubiläums gibt das Bundesministerium der Finanzen eine Sonderbriefmarke heraus. Im Oktober wird das 100jährige Jubiläum mit einem Festakt im Hamburger Rathaus Hans-Joachim Müller-Eberhard (1927-1998), vom Scripps Institute in La Jolla,
begangen.
Kalifornien, wird 1988 zum Direktor des Instituts berufen. Im Zuge der geforderten Reorganisation werden unter anderem immunologisch und molekulargenetisch arbeitende Forschergruppen eingerichtet.
In einer neuerlichen Begutachtung durch den Wissenschaftsrat 1995 wird die Entwicklung des Instituts und die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit positiv bewertet. Zum dritten Mal in „In den 60er und 70er Jahren blieb das Institut [...] unberührt
seiner Geschichte gelingt es dem Institut, mit einem
von der biologischen Revolution, von den Quantensprüngen
Aufschwung seine Selbständigkeit zu bewahren.
des Fortschritts der Immunologie und von der Einführung der
Eine umfangreiche Fassadenrenovierung verleiht dem Institut
rekombinanten Gentechnologie. Diese wissenschaftlichen
auch äußerlichen Glanz.
Innovationen veränderten auch das Bild der Parasitologie und großer Teile der Tropenmedizin. Eine Reorganisation des Instituts wurde nach einer Begutachtung des Wissenschaftsrats unvermeidbar [..]. Die neue Ära des Instituts begann im Januar 1988.“ Aus dem Jahresbericht des Tropeninstituts von 1990
100 Jahre Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
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