Die Ziegeleigeschichte von Pieterlen vor den Ziegelwerken Lauper

June 4, 2016 | Author: Wolfgang Hoch | Category: N/A
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Die Ziegeleigeschichte von Pieterlen – vor den Ziegelwerken Lauper Heinz Rauscher

Pieterlen ca. 1906. Blick nach Süden auf das neu entstehende Bahnhofquartier mit der Ziegelei Martin & Burkhalter. Der Kirchweg führt über den Büttenberg nach Meinisberg. Rechts davon befindet sich die Ziegelhütte Santschi.

Wie es zum Bau einer burgerlichen Ziegelhütte kam

In den Seebutz-Ausgaben 2001 und 2002 ist die Geschichte einer innovativen Seeländer Firma dargestellt worden. Es gab aber auf Pieterler Boden schon früher Diskussionen über den Wert einer eigenen Ziegelei, und es gab auch bereits seit 1834 eine burgerliche Handziegelei und nachher – dank Privatisierung und Management-Buy-out – eine mechanische Ziegelei.

1702 musste Pfarrer J.K.G. Wildermeth vor seinem Amtsantritt das Pfarrhaus ein erstes Mal renovieren; in seiner Abrechnung listet er, mangels einer einheimischen Ziegelproduktion, die Lieferung von Dachziegeln und Kaminsteinen aus Büren und Reiben auf. Nach 57

Lage, nur der Holzmangel ist beschwerlich.» Mit dem Holzmangel wird darauf hingewiesen, dass der Wald nicht den Burgern gehörte, sondern dem Bischof, und dass dieser das Holzen für die Ziegelei erlauben musste. Das bischöfliche Dokument wurde unterschrieben von den folgenden Einheimischen: dem Fürstenschaffner und Burger von Biel und Pieterlen Jakob (II.) Wildermeth, dem Ammann Hans Heinrich (I.) Laubscher, ferner von Hans Heinrich Scholl, Bendicht Scholl, Hans Schneider und dem Dorfmeister Adam Matter. Der bischöfliche Sekretär Rengguer fügte hinzu: «Vorgeschriebenes Projekt ist von der löblichen Hofkammer zu Genügen erdauert und beschlossen worden, dass ihm gänzlich nachzukommen sei. Auf dem Schloss Pruntrut den 9ten Oktobris 1726.» Wir wissen nicht, warum trotz der strengen Vorgaben des bischöflichen Wirtschafts- und Finanzministeriums erst hundert Jahre nach der grossen Feuersbrunst zur Tat geschritten wurde. Laut Gemeinderechnung kauften nämlich die Pieterler 1776 wieder Dachziegel aus Büren, und zwar 100 Stück für das Schulhaus am Brunnenweg und 100 Stück für das Rosshäuslein im Moos, 1792 nochmals in Büren, beim Ziegler Barthlome Sauter, Ersatzziegel für das Schulhaus. In der Gemeindeordnung von 1822 schrieben die Burger selbst wiederum die Verwendung von Ziegeln vor. Und jetzt erst, nach der Franzosenzeit und dem Übergang an Bern, geschah das Entscheidende. Auf Begehren der Burgergemeinde erteilte 1833 der Kanton Bern als neuer Landesherr und Herr über die Bodenschätze die entsprechende Konzession: «Wir Schultheiss und Regierungsrath der Republik Bern thun

dem Brand vom 30. August 1726, der einen grossen Teil des Dorfes einäscherte, legten die fürstbischöflichbaslerischen Oberbehörden den Pieterlern einen Wiederaufbauplan vor und gaben ihnen den Auftrag, wieder eine Ziegelei zu errichten. Tatsächlich findet sich in den Urbaren jener Zeit der Hinweis auf eine frühere bischöfliche Ziegelei-Konzession an einen Konrad Pfluger aus Dornach. Dieser hatte zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter der Westerfluh neben einer Ziegelhütte auch einen Badebetrieb geführt. Keine zwei Monate nach der Brandkatastrophe von 1726 argumentierten bischöfliche und einheimische Experten, mit einer eigenen Ziegelhütte könnten die Pieterler ihre Häuser statt mit Stroh mit Ziegeln decken und die Gefahr von Feuersbrünsten vermindern. So steht zum Beispiel wörtlich zur abgebrannten Reibe (Hanfmühle) am Dorfbach: «Die Rybi, weil sie anderwerts nicht kann transportiert werden, soll in Maur unter einem Ziegeldach aufgebaut werden.» Anstatt an gleicher Stelle, wurde diese Reibe (heute Samuel Stalder-Küenzi am Bleuenweg) an das weiter oben stehende Bauernhaus angebaut, das zur fürstbischöflichen Getreidemühle gehörte. Und weiter (Sprache leicht modernisiert): «Allen aber, welche bauen wollen und dürfen, wird angezeigt, dass sie ihre Gebäude rings herum auf Mauern und unter Ziegeldächer setzen müssen; oder dass sie (da es diesmal in der Eile nicht möglich ist) ihre Aufrichtungen und Dachstühle so einrichten, dass später Holz und Stroh durch Mauern und Ziegel ersetzt werden können. Zu diesem Zweck ist die Gemeinde zu verpflichten, eine eigene Ziegelhütte aufzubauen, um die Kosten zu senken. Dazu ist sie, was Lehm und Kalksteine betrifft, in der 58

Bendicht Scholl Jörgs und Samuel Matter einsetzte. Die beiden Erstgenannten wurden dann zu Ziegeleischaffnern gewählt und ein Pächter oder Ziegler angestellt. Zum Heizen des Ziegelofens wurden Leute gebraucht, die in den Wäldern die vielen tannenen Wurzelstöcke ausmachten, zu zehn Batzen pro Klafter (= drei Ster).

kund hiermit: dass Wir der Gemeinde Pieterlen, im Amtsbezirk Büren, auf ihr Nachwerben bewilligt haben, in der ihr zustehenden sogenannten Scheuermatte, in einer Entfernung von ungefehr sechshundert Schritten vom Dorfe Pieterlen, auf dem bereits dazu abgestekten Platze, eine Ziegelbrennerei samt einer zudienenden Behausung mit Scheuerwerk errichten zu können; unter folgenden Vorbehälten: 1) Sollen diese Bauten nach Vorschrift der Feuerordnung vom 25. Mai 1819 eingerichtet und die Feuerstätten in beständig feuersicherm Zustande unterhalten werden. 2) Hat die Gemeinde Pieterlen, von dieser Ziegelbrennerei-Concession wegen, alljährlich auf Andreastag und erstesmal für das Jahr 1834 zu Handen des Staates eine Auflage von vier Franken in Gold in die Amtscasse des Amtsbezirkes Büren geflissen zu entrichten. Zu Kraft dessen ist gegenwärtige Concession mit dem Siegel des Regierungsrathes und den Unterschriften des hochgeachteten Herrn Schultheissen und Unseres ersten Rathsschreibers versehen worden; Bern, den 2. Februar 1833 (Papiersiegel) Der Schultheiss (sig.) von Lerber. Der erste Rathsschreiber (sig.) v.Wurstemberger.» (BuA GC 66.4) Die oben genannte Scheuermatte auf der Breitenbeunde hatte die Gemeinde 1817 von Joseph Alexander Wildermeth für 240 Bernkronen gekauft (BuA GC 65.1). Aus den Protokollen der Jahre 1834/ 1835 erfahren wir, dass die Gemeinde nach Erhalt der Konzession den Bau einer Ziegelhütte beschloss, vom neuen Klösterli-Besitzer Jakob Sieber Geld aufnahm (BuA WC 66.9) und eine Kommission mit Johannes Scholl, Müller,

Der traditionelle Biberschwanzziegel, wie er in der Burgerziegelhütte am Standort der heutigen Ziegelwerke Lauper/FBB bis zirka 1880 und in der privaten oberen Ziegelhütte Santschi (zwischen Gräuschen- und Meinisbergweg) bis zirka 1905 – gleich wie anderswo auch – hergestellt worden ist. (Ziegeleimuseum Cham)

Wie funktionierte eigentlich eine Handziegelei? In Cham/ZG befindet sich ein Ziegeleimuseum, zu dem die restaurierte Ziegelhütte Meienberg gehört. Hier wird einem bei einer Besichtigung die Frage folgendermassen beantwortet: Der dortige Ziegler Martin Lörch fand auf der Waldlichtung Meienberg die nötigen Rohstoffe vor: Lehm, Wasser und Brennholz. Um 1860/1880 baute er eine doppelte Ziegelhütte am Rand der Lehmgrube. 59

1855 sind dort die zwei Gebäude der Burgergemeinde eingezeichnet: Das nördliche war die Ziegelhütte, das südliche ein währschaftes Wohnhaus mit Ökonomieteil, übrigens noch heute als Bürotrakt der Firmen Lauper und FBB in Betrieb! Die Geleise der Schweizerischen Centralbahn (SCB), das Stationsgebäude und das Bahnhofrestaurant sind in roter Farbe nachgetragen. Aus dem Burgerarchiv erfahren wir ferner: Der Ziegeleischaffner Johannes Schneider Küferhanses machte der Burgergemeinde Probleme mit der Abrechnung, weshalb diese mit Schneider und seinem Schwiegervater – statt einer Anzeige – am 6. Mai 1863 eine gütliche Übereinkunft abschloss. Im Jahr 1874 wird als weiterer Ziegelhüttenschaffner ein Johann Matter genannt, der für den Boden der Käserei Ziegelware lieferte. Diese war von einem Ziegelpächter namens Ulrich Aebischer produziert worden.

In dieser wurde der Lehm gestochen, grob gesäubert und nachher unter dem Hüttendach gelagert. Der für die Saison benötigte Lehm wurde in der LehmTretgrube von Hilfskräften, meistens von Kindern, mit nackten Füssen gestampft. Auf dem Zieglertisch kneteten diese dann den Lehm von Hand zu Klumpen für Ziegel, Backsteine, Bodenplatten oder Drainageröhren. Der Ziegler selbst nahm die Biberschwanz-Streichform, sandete sie ein und legte sie auf ein Brett. Er schlug einen Lehmklumpen in die Form und strich diese sorgfältig aus. Den überschüssigen Lehm zog er mit einem Holz ab, wobei er einen Rest für die Formung der Nase benötigte (daran wurde der Ziegel später an die Dachlatte gehängt). Der Rahmen wurde vom Ziegler nun auf ein Trockenbrett mit Loch für die Nase umgestürzt und der Ziegel herausgeschält, eventuell noch verziert oder gekennzeichnet. Hilfskräfte lagerten die Bretter mit den nassen Ziegeln zum Trocknen auf Lattengestellen in der angrenzenden Durchzughütte. In dem seit dem Mittelalter bekannten Ofensystem, einem so genannten Kammerofen mit feuerfester Backsteinauskleidung, wurden die getrockneten Ziegel auf Kalksteine geschichtet und zugedeckt. Nachdem der Brenner die Holzstösse in Brand gesetzt hatte, wurden während mehreren Tagen zirka 50 000 Ziegel mit 800–1000°C gebrannt (pro Jahr drei bis vier Brennperioden); als Nebenprodukt entstand gebrannter Kalk (als Mörtel verwendbar). Sohn Caspar Lörch produzierte hier bis 1932 weiter ohne Maschinen. Die Dufourkarte von 1845 (1:50000) zeigt südlich des Dorfes Pieterlen und der Leugenen, im Niemandsland an der Strasse nach Büren, die Bezeichnung Ziegelhütte. Auf einem Dorfplan von

Die Lehmvorkommen am Büttenberg Sehr interessant ist ein Aufsatz mit dem Titel Untersuchung schweizerischer Tonlager, der 1907 publiziert wurde und einen geografisch-geologischen Befund betreffend Pieterlen enthält. Darin werden zwei Ziegeleibetriebe erwähnt, eine mechanische Ziegelei Martin & Burkhalter und eine Handziegelei des Gottfried Santschi. Von Pieterlen bis Biel, so erklärt dort ein gewisser Dr. W. Hess, «wird die Weissensteinkette von einem südlich vorgelagerten Höhenzug begleitet, dem Büttenberg; dessen Molasseschichten haben noch die Jurafaltung mitgemacht und verlaufen deshalb auf der NW-Seite des Berges in Streichen und Fallen mit 60

Belegschaft der Ziegelei Gebrüder Martin auf der so genannten Scheuermatte in der Breitenbeunde, südlich der Bahnlinie. Einheimische Arbeiter und Arbeiterinnen, italienische Saisonniers und ihre im Betrieb mitarbeitenden(!) Buben präsentieren neben Werkzeugen ihre Tonprodukte: Ziegel, Backsteine und Drainageröhren, aus Material der Lehmgrube, die sich damals noch südlich der Ziegelei und östlich des offen fliessenden Gräuschenbachs befand. (Fotoarchiv Pieterlen)

fluvioglazialen Bildungen über- und umlagert. In obgenannte Molasseschichten ist die Tongrube der Ziegelei Martin & Burkhalter südlich der Station am linken Ufer des dort vom Berge herabkommenden Wasserlaufs (gemeint ist der Gräuschenbach) angelegt, während die Ausbeutungsstellen der Ziegelei Santschi westlich davon im Walde liegen.» Nach einer genauen Beschreibung der in einem vertikalen Profil gefundenen Schichten schreibt Hess: «Die Aus-

dem Südschenkel des Weissensteingewölbes konkordant und sind nur durch eine 0,5–1 km breite, durch spätere Flussaufschüttung geebnete Senkung davon getrennt. Die Molasseschichten gehören zur untern Süsswassermolasse und bestehen aus sandigen oder tonigen Mergeln, Sandsteinen oder Kalksandsteinen, die häufigen und plötzlichen Farbenwechsel aufweisen und hier mit 20° gegen SSE einfallen (bei Mett mit über 30°). Dieser Molassekern des Büttenbergs wird von glazialen und 61

Ziegelpächters, Maria Aebischer von Reiben, und liess sich 1908 in Tramelan einbürgern. Es war allgemein die Zeit, wo die Betreiber, eben zum Beispiel Gemeinden, ihre Ziegelei den angestellten Fachkräften abtraten. Im Archiv der Ziegelwerke Lauper AG befindet sich in diesem Zusammenhang ein Kredit & Schadlosbrief mit Bürgschaftsverpflichtung vom 12. Dezember 1892 der Kantonalbank von Bern. Betroffen waren folgende Liegenschaften: 1. Ein unter Nr.113 für Fr. 8500.– brandversichertes, bisher der Burgergemeinde gehörendes, in Stein und Holz erbautes und mit Ziegeln gedecktes Wohnhaus und Scheuerwerk mit Stall für die Fuhrpferde in der Breitenbeunde zu Pieterlen. 2. Die bei diesem Gebäude sich befindliche, unter Nr. 113a für Fr. 9500.– brandversicherte, aus Holz erbaute und mit Ziegeln gedeckte Ziegelhütte, samt dem darin befindlichen, aus Stein erbauten Ziegelofen. 3. Der Grund und Boden, worauf diese Gebäulichkeiten stehen, nebst Garten, Freiplatz und einem Stück Mattland. 4. Verschiedene Matten, Äcker und Beunden (= Pflanzland für Gemüse und Hanf). 5. Ein unter Nr. 113b für Fr. 5400.– brandversichertes, in Holz und Stein erbautes und mit Ziegeln gedecktes Ziegeleigebäude mit mechanischem Ziegelofen und zwei Anbauten in der Breitenbeunde, nebst Gebäudeplätzen und Umschwung; es ist der von den Martin-Brüdern östlich von den Altbauten erstellte Neubau auf dem Terrain einer gewissen Elisabeth Aebischer. 6. Gemeindeschreiber Gottlieb Scholl von Pieterlen ergänzt am 16. Januar 1893: ein Hochkamin zum Neubau.

beutung durch die Ziegelei Santschi geschieht in Gruben von wenigen Quadratmetern Fläche, die nach Erreichung einer gewissen Tiefe oder der tertiären Unterlage verlassen und wieder zugedeckt werden. Unter 0,3–0,4 m Waldhumus liegen dort meist 1–1,5 m Tone verschiedenster Farben und wechselnder Struktur, gelb, braun, grau und bläulich, teils fett, teils mager bis sandig, im ganzen ziemlich kompakt, reichlich durchsetzt von Geröllen, ohne Schichtung, kalkarm bis kalkfrei. Probe No. 827. Sie scheinen am ganzen Bergabhange, reichlicher am Fusse, vorzukommen.» Die Privatisierung der Burgerziegelei Natürlich schreibt Hess auch über die bedeutendere mechanische Ziegelei Martin & Burkhalter. Dank ihm, und auf Grund von Nachforschungen in verschiedenen Archiven, kann ich darüber Auskunft geben, wie dieser Betrieb entstanden ist und wie er sich entwickelt hat: Am Anfang gab es die uns bekannte burgerliche Handziegelei. Diese blieb nach der Güter-Ausscheidung von 1861 zwischen Burger- und Einwohnergemeinde Pieterlen im Besitz der Burgergemeinde. Sie wurde aber 30 Jahre später privatisiert, das heisst 1892 von den Burgern an die seit kurzem als Ziegelpächter arbeitenden Gebrüder Louis und Justin Martin, des Ignaz, von Hagenbach im oberen Elsass (seit 1871 im Deutschen Reich), verkauft. Bei diesen arbeitete ein weiterer Elsässer namens August Ihly, Maurer-Wandergeselle, der jeweils vor dem Ziegelbrand die Ofenöffnung zumauern musste; dieser gründete aber bald ein eigenes, noch heute bestehendes Baugeschäft, heiratete die Tochter des früheren 62

Schienenanlage (Pferdebahn) führt zur Fabrik.» In guten Geschäftsjahren wurden aus 3500 m3 Aushubmaterial 1,5 Mio. Stück Backsteine und Falzziegel produziert, Brandfarbe rot. Die Gebrüder Martin und ihre Rechtsnachfolger hatten 1892 auch das Recht erworben, «das zum Betriebe der ihnen gehörenden Ziegeleien in Pieterlen nötige Lehmmaterial auf alle Zeiten in der Büttenbergwaldung in der so genannten Gräuschen nehmen zu dürfen gegen eine jährliche Entschädigung von Fr. 500.– welche jedoch nach neun Jahren bis auf Fr. 800.– erhöht werden kann, je nach dem Gutfinden der Burgergemeinde.» Während die Ziegler sich verpflichteten, keinen anderen Lehm zu beziehen, verpflichtete sich die Burgergemeinde, keiner neuen mechanischen Ziegelei ein Lehmrecht zu gewähren. Der von den Zieglern abgetragene Humus wurde von der Gemeinde nach der Ausbeutung zum Wiederanpflanzen von Wald verwendet. Die Kollektivgesellschaft Martin & Burkhalter, Mech. Ziegelei und Cementsteinfabrik verkaufte 1903 (mit Nutzungsbeginn 1904) ihrem einen Gesellschafter Paul Burkhalter die gesamten Anlagen auf 259 Aren Land, nämlich die Altbauten der ehemaligen Burgerziegelei und die ab 1892 erstellten Neubauten, bestehend aus Ziegeleigebäude mit mechanischem, nach der neusten Konstruktion eingerichtetem Ziegelofen, Hochkamin, zwei Anbauten, neuem Kesselhaus mit eingemauertem Dampfkessel, nebst Gebäudeplätzen und Umschwung. Die Abtretung umfasste auch das Land, über welches die Rollbahngeleise auf Schotterunterlage führten und wo Esel und Maultiere die Kippwägelchen zur Ziegelei zogen. Ebenfalls dazu gehörte der hölzerne Material-

7. Als Bürgen verpflichten sich solidarisch mit den Hauptschuldnern, den Brüdern Martin: Johann Heinrich Matter, des Johann, Sekundarlehrer in Bern und Besitzer des ehemaligen Schlössli Wildermeth, und Paul Burkhalter, des Jakob (Bruder von Matters Ehefrau Sophie). Anstelle von Justin Martin trat schon 1896 der obgenannte Einheimische Paul Burkhalter-Eggimann in die Firma ein. Dessen Vater Jakob, des Samuel und der Anna geb. Marti, von Rüegsau, war 1864 aus Affoltern im Emmental nach Pieterlen gekommen und betätigte sich im Dorf als Geschäftsmann im Tuchhandel, in Spezereien, Eisenwaren usw. Er platzierte seinen zweitältesten Sohn Paul in verschiedenen Gewerben, zuerst in der Tuchfärberei und Uhrenstein-Bohrerei am Rüschels- oder Möhlmattenbach an der Strasse nach Lengnau (heute Werner Brönnimann-Hert), dann eben, während einer Krise im Textilsektor, in der Ziegelei auf der Breitenbeunde. Der Tochter Sophie trat er nach dem frühen Tod ihres Gatten J.H. Matter den Spezerei- und Eisenwarenhandel ab; die damit entstandene Firma Matter existierte darauf 100 Jahre lang. Von der Handziegelei zur mechanischen und industriellen Produktion Der Ziegelei-Betrieb wurde von Louis Martin und Paul Burkhalter zunehmend mechanisiert, erhielt einen neuartigen Karussell-Ofen und in der Gräuschen am Waldrand eine neue Lehmgrube und einen Schuppen. «Von der Grube», schreibt Hess, «führt ins obere Geschoss des Schuppens eine Rollbahn; die vollen Wagen befördern durch ihr Gewicht die leeren wieder hinauf; eine weitere 63

an eine Versteigerung. Die Ziegelhütte fiel der Einwohnergemeinde zu, welche sie nicht weiterbetrieb. Damit gab es auf dem Platz Pieterlen nur noch eine Ziegelei. Allerdings musste deren Besitzer Paul Burkhalter schon sehr bald aus familiären, aber auch aus geschäftlichen Gründen (Tod seiner Gattin, Hilfe für seinen alten Vater) das Ziegeleigeschäft aufgeben und ab 1904 teilweise, ab 1906 endgültig ins Tuchgeschäft zurückkehren. Dieser Paul war übrigens der Vater der bekannten Mundartdichterin Gertrud Burkhalter. Burkhalters Nachfolger wurde Fritz Lauper. Dieser Ziegeleibesitzer aus Langenthal zog 1906 nach Pieterlen und kaufte Burkhalter die hiesige Ziegeleianlage ab, weil er hier einen modernen Betrieb mit Bahnanschluss und genügend Rohstoff vorfand. Lauper liess aber die Fabrik, die noch mit Dampf arbeitete, elektrifizieren, nachdem die Einwohnergemeinde südlich der Bahnlinie eine Transformatorenstation gebaut hatte. Die weitere Entwicklung kennen die Leserinnen und Leser des Seebutz bereits.

schuppen am Waldrand. Was den Dampfkessel betrifft, ergänze ich: Es war noch die Zeit, als Dampfmaschinen und Kohlen als Energiequellen eingesetzt wurden, bevor man dann, nach 1900, die Produktion mehr und mehr auf Elektrizität umstellte! Louis Martin erhielt das Wohnrecht im bisherigen Wohnhaus zugesichert, bis sein beabsichtigter Neubau bezugsbereit sein würde (östlich der Bahnstation an der Bürenstrasse, heute Paul Marti-Binggeli). Martin wirkte dann in Biel als Lehrer und in Pieterlen als MännerchorDirigent. Die weiter oben von Hess erwähnte private, das heisst nicht der Burgergemeinde gehörende Handziegelei Santschi bestand wahrscheinlich schon 1867. Und 1898 war ein Vorgänger Santschis, ein Adolf Scholl, Bendichts selig, selbstständiger Ziegler zwischen Gräuschen- und Meinisbergweg. Der Übername Scholl Zieglers hat sich im Dorf übrigens bis heute erhalten. Für Scholls Nachfolger Santschi beziffert Hess in der erwähnten Schrift den jährlichen Aushub auf 400–500 m3 und nennt als Produkte Backsteine und (Biberschwanz-)Ziegel, Brandfarbe rot. Dieser Gottfried Santschi, Christians selig, von Schwanden bei Sigriswil, war mit Konkurrent Burkhalter insofern verbunden, als er 1903 ein Schuldner von dessen Vater Jakob geworden war. Für ein Darlehen setzte Santschi als Pfand folgende Liegenschaften ein: Ein von ihm erbautes Wohnhaus mit Scheuerwerk im Zelgli mit Hausplatz und Umschwung, die so genannte obere Ziegelhütte, die er von seinem Vater und von Adolf Scholl, Ziegler, am Kirchweg (heute Meinisbergweg genannt) erworben hatte. Aber bereits zwei Jahre später kamen diese Liegenschaften

Quellen: Burgerarchiv Pieterlen (BuA) Archiv der Firma Lauper Ziegeleimuseum Cham Hess, W.: Die schweizerischen Tonlager. Bern 1907. Rauscher, Heinz: Pieterlen und seine Nachbarn. 2000 Jahre Geschichte und Geschichten. Bände I–III. Hornerblätter der Vereinigung für Heimatpflege Büren 2002/04/07.

Heinz Rauscher, lange Jahre Lehrer in Pieterlen, ist ein hervorragender Lokalhistoriker und Autor der Ortsgeschichte Pieterlen und seine Nachbarn (Hg. Vereinigung für Heimatpflege Büren VHB), Band I (2002), Band II (2003), Band III (erscheint 2007)

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