Die Kirche in Rethem. Zum 150. Jahrestag ihrer Einweihung 3. Februar Februar 1989
July 23, 2016 | Author: Julia Kirchner | Category: N/A
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Die Kirche in Rethem
______________________________________________ Zum 150. Jahrestag ihrer Einweihung 3. Februar 1839 – 3. Februar 1989
Vorwort
Die vor Ihnen liegende kleine Chronik über die Ev.-luth. St. Marien-Kirchengemeinde Rethem an der Aller kann Sie vielleicht gerade wegen ihrer Kürze dazu anregen, darin zu lesen und etwas über Ihre Kirche zu erfahren, die am 3. Februar 1989 das 150jährige Jubiläum ihrer Einweihung feiert.
Inhaltsübersicht
Die Zeiten vor dem Einweihungstag ......................................... 7 Die Vorbereitungen für den Neubau .......................................... 13 Die Aufbringung der Kosten für den Kirchenneubau ................. 15 Der Anfang und der Fortschritt des Baues ................................ 16 Die Zeit nach der Kircheneinweihung am 3. Februar 1839 bis heute ............................................................................. 17 Besondere Bereiche: Der Altar ...................................................................................... 19 Die Orgel . ................................................................................... 20 Der Taufplatz ................................................................................ 21 Der Friedhof ............................................................................... 23 Die Glocken / Und die Turmuhr ................................................ 24 Die Pastoren .............................................................................. 26
Die Zeiten vor dem Einweihungstag
Wenn man von einem Jubiläum spricht, so liegt es nahe, auch etwas über die Geschehnisse vor der Jubiläumszeit zu sagen. In unserem Falle heißt das, wie stand es um die Rethemer Kirche vor dem 3. Februar 1839? Vor etwa 1000 Jahren mussten die Rethemer nach Kirchwahlingen zur Kirche gehen. Erst im Jahre 1382 wird von einem Friedhof in Rethem berichtet, auf dem möglicherweise eine Kapelle stand. Ein urkundlich gesicherter Zeitpunkt für eine Kapelle in Rethem ist das Jahr 1437. Da wird von der Stiftung einer solchen berichtet. Die Burgmänner Klenke, von Behr und von Torney werden als Stifter genannt. Es ist leicht einzusehen, weshalb die Rethemer die Errichtung einer eigenen Kapelle begrüßten. Sie brauchten nun nicht mehr den Weg nach Kirchwahlingen zurückzulegen, der oft durch Hochwasser der Aller erschwert oder sogar unmöglich gemacht wurde. Vicerektor Heinrich von Jübbere, ein Einwohner Rethems, hielt die Andachten, bevor der erste Vikar, Conrad de Ryd, um 1454 nach Rethem kam. Er wohnte in einem Hause in der Junkernvorburg, das der Burgmann Werner von Behr gekauft hatte. Der Vikar musste wöchentlich vier Messen lesen.
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Die Reformation ging auch an Rethem nicht vorüber. Zwar hielt der Pfarrer Johann Süßeborg am katholischen Bekenntnis fest, aber die Burgmänner stellten 1530 einen Lehrer ein, der die Kinder unterrichten und außerdem das Evangelium predigen sollte. Mit der Stiftung der Kapelle, der Einrichtung einer ständigen Vikarie und der Einführung der evangelischen Lehre in Rethem war die Trennung zwischen Kirchwahlingen und Rethem vorgezeichnet. Sie wurde 1546 mit der Vermögensauseinandersetzung zwischen den Kirchen vollzogen. Nach dem Ausscheiden aus der Wahlinger Parochie gehörten zur Rethemer Kirche: Die Stadt Rethem, die Amtsvorburg mit dem Schloss und den Vorwerken Alte Burg und Veltmerhöfe, Junkernvorburg mit Butentorscher Acht und Klotzeburg, Kreyershorst, Güstenstegel, Landwehr, Stöcken, Güntershorst, Altenteich, Wohlendorf und die rethemsche Ziegelhütte. Veltmerhöfe und Ziegelhütte gab es ab dem 19. Jahrhundert nicht mehr. Sie waren nicht mehr bebaut worden. In den Jahren 1571-1600 baute man die Rethemer Kapelle zur Kirche aus. Die Kirche erhielt einen Choranbau und eine Gehekammer*. Vom Altar entfernte man den Aufsatz mit Tabernakel** und bekam dadurch einen freien Blick zu den drei Bogenfenstern im Osten. Im Westen, der Turmseite, ____________ * Eine Art Sakristei bzw. Beichtraum, in den die Gemeindeglieder gingen, um sich im Abendmahlsbuch eintragen zulassen. ** Kunstvoll gearbeitetes Behältnis bzw. Ziergehäuse zur Aufbewahrung der geweihten Hostien (Brot des Abendmahls).
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baute man eine Orgelempore ein mit einer l0stimmigen Orgel, die 599 Metallpfeifen, 43 Tasten, ein Tremulat und 2 Blasebälge besaß. Im Turm der Kirche hingen drei Glocken und eine Uhr mit Stundenglocke. Die größte Glocke wog 14 Zentner. Die Kirche erhielt jetzt für alle Besucher Sitzgelegenheiten. Zwei Metallkronleuchter hingen von der Decke herab. Urkunden aus den Jahren 1575 und 1587 berichten von Bestattungen in und neben der Kirche. Das spricht für die Annahme eines Friedhofes in der Nähe der Kirche. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) kamen dänische, schwedische, spanische, kroatische und deutsche Söldnerscharen nach Rethem. Sie plünderten, zerstörten, legten Feuer und raubten das Holz, welches man für die Erneuerung des Kirchturmes bereitgelegt hatte. Elend, Hunger und Not zogen in Rethem ein. Pastor Bock musste fliehen, weil Tilly mit seinen 5 kaiserlichen Kompanien evangelische Geistliche verfolgte. 1671 hatte man die größten Kriegsschäden endlich repariert und auch, um mehr Platz zu bekommen, zu beiden Seiten der Orgelempore Priechen* eingebaut. Vom 8. zum 9. November 1703 beschädigte ein starker Sturm die Kirche und die große Glocke. Diese musste in Hannover umgegossen werden. Noch schlimmer traf es den Ort am 14. Oktober 1704. Ein Eisenfunke fiel beim Schmieden in einen Korb aus Stroh, der auf dem Boden der Schmiede stand. Der Korb brannte sofort und entzündete auch das Strohdach. Im Handumdrehen glich der Ort einem Feuermeer. 114 Wohnhäuser, 20 Scheunen und ______________________ * Abgeteilte Sitzplätze in der Kirche, insbesondere für Adel, Stände und später Kirchenvorstand
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Ställe brannten nieder. Die Kirche brannte dreimal. Sie konnte aber gerettet werden. Am baufälligen Pfarrhaus war das Feuer vorübergegangen. Wegen des schlechten Zustandes des Gebäudes ließ Pastor Caspar Nicolaus Overbeck, ein gebürtiger Rethemer, ein neues Pfarrhaus 1716 bauen. Zu seinem Kirchsprengel gehörten damals 189 Hauseigentümer. Um 1725 stiftete Oberst Maider der Kirche einen neuen Altar mit Tabernakel. Darauf befand sich ein Kruzifix, umrangt von belaubten Zweigen, über denen zwei Engel schwebten, die das Monogramm Christi hielten. Die Türen des Tabernakel zeigten vier Bilder. Nach Pastor Overbeck, der von 1710-1723 in Rethem amtierte, folgten die Pastoren Fischer und Eichfeld. Sie starben innerhalb von zwei Jahren. Pastor Wilhelm Ernst Rehburg dagegen konnte seinen Dienst 20 Jahre lang versehen. Von dem Pastor Johann Gottlieb Dankwerts, 1745-1756, stammt die einzige Aufstellung des Kirchen- und Pfarrinventars, das aus vergangener Zeit noch vorhanden ist. Sie zeugt von der Bescheidenheit der Ausstattung einer evangelischen Kirchengemeinde und ist datiert vom 30.10.1745. Von 1756-1762 amtierte Prediger Johann Friedrich Mauch. Er berichtete über die Leiden Rethems im Siebenjährigen Krieg (1756-1763). Nach diesem Krieg war die Kirche in einem erbärmlichen Bauzustand. Der Turm drohte einzustürzen. Die westliche Mauer zeigte große Risse. Die Längsseiten standen nicht mehr senkrecht. Man nahm deshalb 1764 die Glocken und die Uhr von Turm. Der Turm selbst wurde bis zum Kirchendach abgetragen und das Kirchendach spitz zugebaut. Den Glockenstuhl mit den beiden kleinen Glocken stellte man neben die Kirche. Die große Glocke fand im Spritzenhaus einen Platz. Altar, Kanzel, Kronleuchter und Orgel 11
brachte man in verschließbare Räume mehrerer Gebäude. Pastor Wolkenhaar hielt jetzt Gottesdienst in Andreas Meyers Haus. Der Abbruch der Kirche wäre somit eigentlich vorbereitet gewesen, aber er unterblieb. Stattdessen wurde nur „Flickarbeit" geleistet. Mit Holz verstrebte man innen, außen brachte man Pfeiler aus Steinen an. Die Absenkung der Mauern konnten sie nicht verhindern. Der Fußboden bestand aus blanker Erde und Staub, der aufwirbelte und Prediger sowie Zuhörer belästigte. Die Bänke waren notdürftig geflickt. Landbaumeister G.L. Ziegler sollte Reparaturvorschläge machen. Er lehnte Reparaturen als unsinnig ab und plädierte für einen Neubau.
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Die Vorbereitungen für den Neubau Die Empfehlung eines Neubaues der Kirche anstatt einer Reparatur durch den Landesbaumeister Ziegler im Schreiben vom 11.10.1779 hat anscheinend die Verantwortlichen sehr beeindruckt. Man forderte in der nächsten Zeit mehrere Entwürfe und Kostenanschläge an. Wegen der damals schon bestehenden Armut der Gemeinde mussten sie alle verworfen werden. Zwischenlösungen aber wies das Amt ab. Lediglich ein Backsteinfußboden und 20 neue Bänke wurde 1788 genehmigt. Als Hauptursache für die Armut Rethems führt man das Pachtübel an. Nur 54 Einwohner besaßen eigenes Land. Die anderen Leute mussten meistbietend alle drei Jahre von neuem Land pachten von der königlichen Herrschaft, von den Junkern und von der Kirche. Napoleon dehnte seinen Einfluss in Europa aus. Auch Rethem blieb nicht ungeschoren. Französische, preußische, englische, russische und schwedische Truppen zogen durch Rethem, ließen sich auch hier nieder und erpressten Abgaben in Form von Naturallieferungen, Steuern und sogar Menschen. Von 1811 bis 1813 gehörte Rethem zum Kaiserreich Napoleons. An einen Kirchenneubau war in dieser Zeit verständlicherweise nicht zu denken. Einen umfassenden Bericht über die damaligen Ereignisse hat uns Pastor Daniel Gottlieb Overbeck hinterlassen. Er amtierte von 1809-1822 in Rethem. Im Jahre 1829 konnte die baufällige, alte Kirche endlich abgebrochen wer13
den. Im gleichen Jahre legte der Droste von Düring am 5. Oktober den Grundstein für ein neues Gotteshaus, für das der Konsistorialbaumeister Hellner aus Hannover den Bauplan entworfen hatte. Der Kostenvoranschlag lautete über eine Summe von 11.104 Taler und 17 Groschen. Mit dem Bau konnte man aber erst viel später beginnen. Geldmangel, Sonderwünsche der Burgmänner, unvorhersehbare Kostenerhöhungen durch den Verlust der Orgel und durch das Zusammenschmelzen der Glocken beim Brande am 3. Juni 1834 verzögerten den Baubeginn bis zum Jahre 1837. Das Feuer im Jahre 1834 war beim Zichorienbrenner* Westermann ausgebrochen. Infolge großer Dürre verbreitete es sich sehr rasch und äscherte 95 Haupt- und 37 Nebengebäude ein. Das Pfarrhaus, das Witwenhaus und zwei Schulen waren darunter. In der Zeit zwischen Abriss der alten Kirche 1829 und dem Einzug in das neue Gotteshaus 1839 fand der Gottesdienst in einem Raum des Ruschenbusch-'schen Hauses auf der anderen Seite der Allerbrücke statt. Später zog man in die große Zehntscheune.
_________________ * Zichorie ist die geröstete Wurzel der Wegwarte (als Gemüse Chicoree). Sie diente als Kaffeezusatz oder -ersatz.
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Die Aufbringung der Kosten für den Kirchenneubau Ohne Orgel, Glocken, Uhr und Turm lautete der Kostenvoranschlag auf 9327 Taler, 17 Groschen und 3 Pfennige. Woher sollten diese Mittel kommen? In langwierigen Verhandlungen erreichte man 1834 folgenden Kompromiss: Es sollten aufbringen: Die Rethemer Bürgerschaft 4/8, Amts- und Junkernvorburg je 1/8, Stöcken und Wohlendorf ebenfalls je 1/8 der Kosten. Dabei hatte man die Leistungskraft der Rethemer überschätzt. Der Brand 1834 hatte mehr an Rethems Vermögen gezehrt, als vorher angenommen wurde. Wer sollte die 6/8 aus Rethem bezahlen? Es gab die sogenannte Sensterkasse. Senster hieß ein Grundstück in Rethem, dessen Pachteinnahmen und Ausgaben in der Sensterkasse verrechnet wurden. Der Kassenbestand betrug zu jener Zeit ungefähr 3000 Taler. Diese wollte man nehmen und außerdem eine Anleihe von etwa 4000 Taler aufnehmen. Dafür sollte das Grundstück dem Darlehnsgeber als Sicherheit dienen. Weitere 5000 Taler hatte man aus Zuwendungen der Landesherrschaft und aus Kollekten in Aussicht. Diese Finanzierungsart fand Zustimmung und im Spätsommer 1836 begann man mit dem Bau.
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Der Anfang und der Fortschritt des Baues
Die Zeit nach der Kircheneinweihung am 3. Februar 1839 bis heute
Baurat Hellner hatte den Bau geplant und sollte ihn auch leiten. Als er zu Beginn des Baues die Arbeiten inspizierte, bemängelte er die technischen Leistungen. Man baue einfach drauflos und wolle auch keine auswärtigen Handwerker dulden, kritisierte er. Nach einigem Hin und Her wurde Hellner von der Verantwortung entbunden. Der Bau ruhte, bis man umorganisiert hatte. Die Aufsicht übertrug man jetzt dem Rentmeister Mosengel und Bürgermeister Jasper als Stellvertreter. Nach der Umorganisation hieß es: Maurermeister Heike aus Walsrode führt den Bau der Kirche und des Pfarrhauses aus und Zimmermeister Riffel aus Rethem errichtet das Küster-, das Organisten- und das Witwenhaus. Danach ging im Frühjahr 1837 der Bau weiter. Am 27. September 1837 feierte man das Richtfest der Kirche. Die Einweihung konnte am 3. Februar 1839 stattfinden.
Bereits bei der amtlichen Abnahme des Kirchenneubaues hatten sich, vom Laien kaum wahrnehmbar, Risse an der Nordostwand gezeigt. Als man bis zum Fundament nachgrub, stellte man fest: Auf Schwemmland war gebaut worden. Wir berichteten bereits von der Übertragung der Bauaufsicht vom Landesbaurat Hellner auf den Rentmeister Mosengel und seinen Stellvertreter Bürgermeister Jasper. Ob diese Männer das notwendige Sachverständnis für ihre Aufgabe besaßen, lässt sich nicht mehr feststellen. Im Laufe der Jahre machte sich der unsichere Baugrund naturgemäß weiter bemerkbar. 1969 konnte man lesen, man habe die Risse an der Giebelseite entdeckt und, um diese weiter beobachten zu können, Gipsbänder eingezogen. Dadurch ließ sich eindeutig erkennen, dass sich die Risse vergrößerten. In näheren Untersuchungen konnte man dann auch nochmals die nicht genügende Tragfähigkeit des Untergrundes für das schwere Bauwerk grundsätzlich bestätigen. Auch beim Läuten der Glocken stellte man ein übermäßig starkes Schwanken des Turmes fest. Es war nun die Frage: Lässt sich etwas am Fundament verbessern, um das Gebäude sicher zu machen, oder muss eine neue Kirche an anderer Stelle gebaut werden? Man holte Gutachten von Sachverständigen ein. Nach der gutachtlichen Stellungnahme der Diplom-Ingenieure Kohlhaas, Schaper und Bergmann aus Hannover war es möglich, der Kirche ein siche-
Der Bau hatte insgesamt 15.244 Taler und 32 Groschen gekostet. Das sind 3.840 Taler und 15 Groschen mehr gegenüber dem ursprünglichen Kostenvoranschlag von 11.404 Taler und 17 Groschen. Die letzten Anleihen konnte man 1851 zurückzahlen. Nun war der Rethemer Kirchenneubau schuldenfrei.
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res Fundament zu geben. Da außerdem der Landeskonservator Dr. von Osterhausen aus Lüneburg einem Abbruch nicht zustimmte, unter anderem deswegen, weil die Rethemer Kirche eine der ersten des bekannten Baumeisters Hellner ist, ließ man den Plan eines Neubaues fallen. Dieser Neubau war bereits zwischen Post, Sparkasse und Mühlenstraße vorgesehen. Als feststand, die Kirche bleibt an der bisherigen Stelle bestehen, beschließt der Kirchenvorstand am 20.5.1976, die Kirche baulich sichern und umbauen zu lassen und auch das Pfarrhaus II und den Gemeindesaal in einen auf Dauer gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen, sofern die dafür notwendigen Gelder vom Land Niedersachsen und dem Landeskirchenamt Hannover bereitgestellt werden. Mit der Durchführung der Bausicherungsarbeiten wurden die oben angegebenen Gutachter beauftragt. Nach dem Voranschlag sollte das Bauvorhaben 683.555,- DM kosten, wovon 480.000,- DM das Landeskirchenamt, 200.000,- DM das Land Niedersachsen und 3.555,- DM die Kirchengemeinde Rethem übernehmen wollten. Am 27.10.1976 begann die Firma Huta-Hegerfeld, Hannover, mit den Bausicherungsarbeiten . Im Innern der Kirche ließ man ein Säulenfeld im Osten wegfallen, um Gemeinderäume zu bekommen. Sie erhielten einen separaten Eingang, indem man die Südtür einige Meter nach Osten versetzte, und einen eigenen Treppenaufgang. Es musste eine Decke eingezogen und die Altarwand ein Stück vorgezogen werden. Der Heiz- und der Küsterraum im Westen wurden entfernt. Die Beheizung der Kirche erfolgt jetzt vom Pfarrhaus aus. Die Heizung mit Ölfeuerung wurde im Oktober 1966 fertiggestellt. Zuvor 18
heizte man mit Torf, Kohle und Koks in 2 Öfen, die in der Kirche standen. Mit Einbau der Heizung wurde auch der Fußbodenbelag von z.T. Ziegelsteinen durch Sandstein erneuert. Nach Überprüfung und Konservierung des Holzes der Dachkonstruktion deckte man das Dach neu. Der 47 m hohe Turm mit der Uhr, die Fenster, die Dachrinnen, der Fußboden und das Gestühl wurden renoviert, das Innere der Kirche neu gestrichen und die Außenmauern verfugt. Fast alle diese Arbeiten führten Handwerker der Kirchengemeinde Rethem aus. Die Kosten für die Sicherung und den Umbau der Kirche beliefen sich schließlich auf 1.013.599,- DM, wovon die Landeskirche Hannover 860.000,-DM, das Land Niedersachsen 150.000,- DM und die Kirchengemeinde Rethem 3.599,- DM aufbrachten. Am 30. November 1980, dem ersten Adventssonntag, bezog man mit einem Festgottesdienst die restaurierte Kirche. In einem weiteren Bauabschnitt wurden die Häuser am Kirchplatz neben der Kirche (Organisten- und Pfarrwitwenhaus) erneuert. Außer einer zweiten Pastorenwohnung, Kirchenbüro und Nebenräumen, richtete man einen Jugendraum mit Kamin ein. Das Küsterhaus wurde renoviert. Die gesamten Bauarbeiten erfolgten unter den Pastoren Wilhelm Maack, der von 1967 bis 1978 Pfarrer in Rethem war, und Siegfried Haut, welcher am 1. November 1974 hierher kam. Es seien nun noch einzelne Bereiche besonders betrachtet. Der Altar Durch die Verlegung der Altarwand um einige Meter nach Westen und die
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wieder angebrachte Hochkanzel war ein neuer Altartisch notwendig geworden. Diesen gestaltete man versetzbar. Auf diese Weise bekam man die Möglichkeit, zum Beispiel bei kirchenmusikalischen oder ähnlichen Veranstaltungen, den Altarraum vielfältiger zu nutzen. Der Flügelaltar und Taufstein wurden nun im südwestlichen Teil der Kirche aufgestellt, so dass ein neuer Tauf platz entstand. Die Bilder des Flügelaltars (16-17. Jahrhundert) hatte Amtshauptmann Jordan für Reichsmark 9,- vom Bierder Kirchenvorstand im Jahre 1856 gekauft und später, als er nach Rethem zog, der Kirche geschenkt. Man hängte die Bilder im Altarraum auf. Später verwahrte man sie auf dem Dachboden der Kirche. Pastor Walsemann holte sie dann wieder hervor und ließ sie in Hannover für DM 5.000,- restaurieren, den Flügelaltar dazu entwerfen und mit Bildern fertigstellen. Bezahlt wurde der Altar von Kollekten aus der Bibelstunde. Seit 1980 hängt am Altar ein Bild des Schwarmstedter Künstlers Siegfried Steege. Die Orgel Die erste Orgel der 1839 geweihten Kirche, geliefert von der Firma Allendorf und Bergmann, Hannover, hat wahrscheinlich von 1839-1917 die Besucher erfreut. 1917 mussten die Zinnprospektpfeifen zum Einschmelzen für Kriegswaffen abgegeben werden. Von 1920-1971 erklang die zweite Orgel. Die Firma Furtwängler und Hammer in Hannover hatte sie gebaut. Nach 51 Jahren Dienst war sie in ihrem Bestand so schlecht, dass eine Reparatur nicht mehr gelohnt hätte.
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Die dritte, jetzige Orgel hat das Geburtsjahr 1869. Der Erbauer war die Firma Becker in Hannover. Sie stand 100 Jahre in der Kirchwahlinger Kirche. Als man dort die Halle im Turm wieder frei zugänglich machte, musste sie weichen. Nach Überprüfung durch die Orgelbaufirma Kleuker in Brackwede bei Bielefeld, brachte man sie nach Rethem, wo ihr Klang am Totensonntag 1971 zum ersten Male zu hören war. Kirchwahlingen erhielt eine neue, kleinere Orgel. Man hatte gehofft, die umgesetzte Orgel würde wenigstens bis zum Neubau der Kirche benutzbar sein. Der Neubau fand nicht statt, aber nach der Restaurierung der Kirche war die Orgel nicht mehr bespielbar. Man behalf sich mit einer kleinen Elektronikorgel. Als genügend Geld angesammelt war - die Hälfte der Kosten musste die Kirchengemeinde tragen, die andere Hälfte bezahlte die Landeskirche Hannover - ließ man die Orgel mit ihren 950 Pfeifen für DM 75.000,- von der Firma Schmidt und Mappes in Hannover reparieren. Seit dem 24. Mai 1987 erklingt sie wieder. Der Taufplatz Alle noch lebenden, in der Rethemer St. Marien-Kirche Getauften sind über die Tauf schale gehalten worden. Vielleicht möchten manche etwas über den Platz ihrer Taufe erfahren. Die Schale, in der sich das Wasser befand, ist aus vergoldetem Silber. In ihrem Rand ist der Satz aus dem Markusevangelium eingraviert, Kapitel 10,14: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes". Auf der Unterseite der Schale liest man, wie alt die Schale ist und von wem sie kommt: „Herr H.C. Londy der Kirche zu Rethem am 25. Decbr. 1884 gestiftet". Es war ein Weihnachtsgeschenk für die Kir21
chengemeinde. Die Tauf schale lag früher auf einem Holzständer, bis Pastor Walsemann 1959 aufrief, für einen Taufstein zu spenden. 1961 hatte man die erforderliche Summe beisammen. Aus einem etwa 18 Zentner schweren Stück Oberkirchener Sandstein, dem traditionellen niederdeutschen Material, schuf ein junger Steinmetz in der Meisterschule Königslutter als Meisterstück diesen Taufstein. Den kupfernen Deckel mit Ring schmiedete eine Bremer Goldschmiedewerkstatt. Auf dem Taufstein kann man lesen: „Vertrau auf Gott und lass ihn walten, er wird dich wunderbar erhalten".
Der Friedhof Am Anfang befand sich der Friedhof bei der Kirche. Später, d.h. ab ca. 1620, beerdigte man „Auf der Worth". Als dieser Gottesacker nicht mehr ausreichte, wurde er um 1792 vergrößert. Dennoch blieb eine gewisse Platznot, so dass man ab und zu auf den alten Kirchhof auswich. Allerdings mussten diese Plätze teurer bezahlt werden und waren somit den Wohlhabenderen vorbehalten. 1825 wurde der Friedhof auf der Neustadt angelegt und 1896 darauf an der Langen Straße eine Kapelle errichtet. Bisher war die Erhaltung und Verwaltung eine Sache der Kirche. Ihr gehörte auch das Gelände und die Bauten darauf. Da der Friedhof aber in der Gegenwart eine die Allgemeinheit betreffende Angelegenheit geworden ist, bot die Kirchengemeinde der Stadtverwaltung den Friedhof zur Übernahme an. Am 3. Februar 1971 gab der Stadtrat sein Einverständnis dazu. Die Stadt baute in Abstimmung mit der Kirche auf dem Erweiterungsgelände eine neue Friedhofskapelle. Sie wurde am 27. Juli 1971 geweiht.
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Die Glocken In der 1839 geweihten Kirche hingen drei Glocken. Die beiden größeren hatte Krawatsai in Walsrode aus dem Metall der beim Brande 1834 geschmolzenen Glocken gegossen. Die kleine Glocke diente der Turmuhr als Schlagglocke. Und die Turmuhr Die Uhr lieferte Fortwängler aus Elze. Bis sie im Zuge der Renovierungsarbeiten in den sechziger Jahren elektrifiziert wurde, musste sie täglich von Hand aufgezogen werden (Geh- und Schlagwerk). Die Betglocke wurde mittags und abends von unten aus der Kirche mittels Leine gezogen. Das Uhr werk befand sich über dem Glockenstuhl.
Eine von den größeren Glocken musste 1917 für Kriegszwecke abgeliefert werden. Bald nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Anzahl jedoch wieder vervollständigt. Im Zweiten Weltkrieg mussten beide großen Glocken wieder abgegeben werden. Nach Kriegsende holte sich der Kirchenvorstand eine kleine Glocke vom „Glockenfriedhof" aus Hamburg. 1960 wurde die jetzige große Glocke gekauft. Am 17. Juli 1960 weihte man die 25 Zentner wiegende Glocke, in Sinn im Dillkreis von Meisterhand gegossen, in einem Festgottesdienst der St. Marien-Kirche. Bei der letzten Renovierung der Kirche brauchten die Glocken nicht erneuert zu werden. Trotzdem ist seit der Turmausbesserung ein neuer Klang zu hören. Er kommt von dem neuen Läutewerk, das zusammen mit der neuen Kirchturmuhr installiert wurde. Als Besonderheit ist das Zifferblatt der Uhr zu betrachten, das anstelle von Zahlen den zum Nachdenken anregenden Satz „Zeit ist Gnade" trägt. 24
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Die Pastoren Zur 600-Jahrfeier der Stadt Rethem hatte Herr Lehrer Ernst Wolters ein Buch herausgegeben, in dem unter der Überschrift „Ein Kirchenbau" ein Beitrag von Pastor Heinrich Mensching zu finden ist. In diesem steht am Ende eine Aufstellung der Pastoren, die in Rethem amtierten. Sie sei hiermit weitergeführt: 30. Heinrich Friedrich Wilhelm Mensching, 1919 -1957 31. Albrecht Walsemann, 1957 -1961 Bis 1964 vakant, betreut von Pfarrern aus Kirchwahlingen und Ahlden 32. Willy Schiwek, 1964 -1967, erkrankt ab 1966 33. Wilhelm Maack, 1967 -1978 Ab 1972 gehört die Kirchengemeinde Kirchwahlingen zu Rethem. Es wird eine zweite Pfarrstelle eingerichtet, die später reduziert wird. 34. Christian Behrend, 1972 -1974 35. Siegfried Haut, seit 1974 Unseren Zeitenüberblick begannen wir mit der Aussage, dass vor etwa 1000 Jahren die Rethemer nach Kirchwahlingen zur Kirche gehen mussten. Später, um 1546, wurde die Kirche in Rethem neben der Kirchwahlinger Parochie anerkannt. Nun, laut Anordnung der evangelischen Landeskirche Hannover, ist die Kirchengemeinde Kirchwahlingen seit 1. Januar 1972 in die evangelische St. Marien-Kirchengemeinde in Rethem eingegliedert. Zu ihr gehören: Rethem, Groß-Häuslingen, Teile von Klein-Häuslingen, Altenwahlingen, Böhme, Kirchwahlingen, Frankenfeld, Hedern, HülsenDonnerhorst, Horst, Wohlendorf, Stöcken und Kreyershorst. Das sind etwa 4.000 Gemeindeglieder. Damit sei unser Gang durch die Zeiten der Rethemer Kirche abgeschlossen. 26
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Quellen der Chronik
„Geschichte der Stadt Rethem an der Aller" R.M. Mittelhäuser Festschrift „600 Jahre Stadt Rethem/Aller" E. Wolters Unterlagen aus dem Pfarrbüro St. Marien, Rethem zusammengestellt von Joh. Bartsch, Rethem und Dr. H. Lehmann, Rethem
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