Übung Grundlagen der Werkstoffe. Thema: Verfestigungsmechanismen metallischer Werkstoffe
October 4, 2016 | Author: Helene Knopp | Category: N/A
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Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Übung Grundlagen der Werkstoffe Thema: „Verfestigungsmechanismen metallischer Werkstoffe“
Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Übungsaufgaben (siehe Musterfragen Pkt. 4) 6. Beschreiben Sie in Stichworten und anhand schematischer Skizzen den Mechanismus der plastischen Verformung von Metallen. Wodurch kann es dabei zu einer Verfestigung des Werkstoffes kommen? 7. Was muss vom Standpunkt der Versetzungstheorie grundsätzlich getan werden, wenn die Festigkeit metallischer Werkstoffe erhöht werden soll? 8. Beschreiben Sie die Vorgänge im Mikrobereich eines kristallinen Körpers bei elastischer Verformung. 9. Verfestigung entsteht im Allgemeinen durch die Behinderung der Versetzungsbewegung. Geben Sie in der folgenden Tabelle die metallkundlichen Mechanismen, Hindernisse, Abhängigkeiten, Werkstoffe und Verarbeitungen an, um eine Verfestigung des Werkstoffes zu erreichen. Mechanismus Mischkristallhärtung
Hindernis Fremdatome
Abhängigkeit Fremdatomkonzentration
Werkstoffe Legierungen
Verarbeitung Legieren
10. Beschreiben Sie die als Erholung und Rekristallisation bezeichneten Entfestigungsvorgänge. Welche Bedeutung kommt der Rekristallisation für die praktische Anwendung zu? 13. Welche Rolle spielt die Korngröße für das Festigkeits- und das Bruchverhalten von Stählen? Was versteht man unter Feinkornstählen? 15. Die Festigkeit folgender Werkstoffe soll wesentlich erhöht werden: Al 99,9 / AlCuMg / Ck 45. Geben Sie für jeden Werkstoff die übliche Methode zur Festigkeitssteigerung an und beschreiben Sie kurz, welche metallkundlichen Vorgänge dabei im jeweiligen Gefüge ablaufen. Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Verformungsmechanismen – elastische Verformung Die elastische Verformung ist ein reversibler (d.h. umkehrbarer) Vorgang, bei dem nach Wegnahme der mechanischen Spannung die Ausgangsform und Ausgangsgröße wieder angenommen wird.
Dehnung:
l0
l0 Ausgangslänge l Längenänderung l Länge nach Dehnung
l
Zugspannung:
l Scherung G Schubmodul
Scher- oder Schubspannung:
Das Schubmodul G (auch Gleit- oder Schermodul) ist eine Materialkonstante, die die lineare elastische Verformung eines Bauteils infolge einer Querkraft oder Schubspannung angibt. ( = Querkontraktionszahl; z.B. für Stahl=0,33) Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Verformungsmechanismen – plastische Verformung Die plastische Verformung eines metallischen Werkstoffes funktioniert über die Bewegung von Versetzungen. Voraussetzung dafür ist eine mechanische Spannung (Schubspannung ).
Ist eine Abgleitung durch eine Versetzung erfolgt, so sind die Teilkristallite um den Gittervektor a0, bzw. den Burgersvektor b verschoben. Wird die mechanische Spannung danach entfernt, gleitet der abgescherte Kristallitbereich nicht wieder zurück und es liegt eine bleibende plastische Verformung vor. Das bedeutet, dass die plastische Verformung irreversibel ist.
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Verfestigung • Die Verfestigung erhöht den Widerstand gegen eine plastische Deformation und ist dadurch bei metallischen Werkstoffen von der Bewegung der Versetzungen abhängig. • Festigkeitssteigerung durch a) sehr geringe Versetzungsdichte (sehr dünne Fasern) b) falls Versetzungen vorhanden, deren Bewegung behindern, aber nicht stoppen sonst Rissbildung Verfestigungssteigerung Anteile: V KG
MK T
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Verfest.= V+ KG+ MK+ T
durch Versetzungsdichte durch Korngrenzen durch Mischkristallbildung durch Teilchen Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Einsatz von Gitterfehlern zur Festigkeitssteigerung
Hier kann man die Festigkeitssteigerung für alle 4 Methoden sehen und es ist je ein Beispiel (1-6) angegeben. In der Technik werden oft mehrere festigkeitssteigernde Methoden in einem Werkstoff angewendet.
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Versetzungsverfestigung • Eine Erhöhung der Versetzungsdichte tritt nach einer Kaltverformung ein (Tiefziehen, Kaltwalzen) • Je höher die Versetzungsdichte in einem metallischen Werkstoff ist, desto mehr behindern sich die Versetzungen untereinander, z.B. mit Versetzungen aus anderen Gleitsystemen oder durch Aufstau von Versetzungen des gleichen Gleitsystems. • V=α1·G·b· V α1 - Konstante G - Schubmodul b - Betrag des Burgersvektors V - Versetzungsdichte • Nachteilig wirkt sich die Entstehung von Spannungskonzentrationen aus, die zur Bruchbildung führen können und damit diese Methode für technische Anwendungen begrenzt ist.
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Versetzungsverfestigung – Bsp. Versetzungsdichte in Kupfer Die Versetzungsdichte ist die Summe aller Längen der Versetzungen pro Volumen, und wird mit cm/cm³, oder gekürzt mit cm-² angegeben. Ein unverformtes Metall hat 106 cm-2, was also einer Länge von 10 km in einem cm³ Metall entspricht. Stark verformtes Metall hat 1011 cm-2, was dann 1 Mio km, also 25mal um die Erde, in einem cm³-Würfel Metall entspricht. Die Fließspannung kann für Kupfer um den Faktor 100 erhöht werden, wenn man das unverformte Kupfer stark verformt (von ca. 0,1 N/mm² auf 10 N/mm²) . Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Korngrenzenverfestigung • Sie entsteht durch die Aufstauung von Versetzungen an den Korngrenzen und kd n wird durch die Gleichung 0,2 0 beschrieben. Streckgrenze
Normalspannung
k=Hall-Petch-Koeffizient (WS-abhängig) d=mittlerer Korngrenzendurchmesser n=Exponent (-1 < n < -¼)
• Hall-Petch-Beziehung: k n= -0,5 für krz, hex, legierte kfz-Metalle KG d • Die geringeren Korngrößen bis zu 1µm Korndurchmesser können durch geeignete Abkühlungs- und Keimbildungsbedingungen, Versetzungsaufstauung feine Pulver (Keimbildner) oder durch Kaltverformung und Rekristallisation erreicht werden. Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Korngrenzenverfestigung – Abhängigkeit Korngröße/Streckgrenze
40 m
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1,6 m
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Mischkristallverfestigung • Unter Mischkristallverfestigung versteht man die Verfestigung durch gleichmäßig verteilte Punktfehler im Gitter in der Größe eines Atoms. Diese Atome behindern die Versetzungswanderung durch elastische, elektrische und chemische Wechselwirkungen. Die elastische Wechselwirkung ist abhängig vom Atomradienunterschied δ und dem Schubmodul η. Damit kann man die Festigkeitserhöhung durch Mischkristallbildung mit σMK=f(δ,η,cFA) beschreiben, wobei cFA die Fremdatomkonzentration ist. • Für verdünnte Mischkristalle kann man allgemein sagen, dass die Mischkristallverfestigung MK ~ cFA ist. • In technischen Legierungen wird die Mischkristallverfestigung dadurch begrenzt, dass Fremdatome mit einer guten Verfestigungswirkung (hohes und ) weniger gut gelöst werdenMischungslücke Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Mischkristallverfestigung – Bsp. Streckgrenzeneinfluss im Stahl
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Teilchenverfestigung Die Teilchenverfestigung funktioniert über eingelagerte Teilchen, die wandernde Versetzungen behindern. Diese können dann die Teilchen, wenn sie klein genug sind, schneiden (Schneidmechanismus) oder umgehen Umgehungsmechanismus), wenn diese zu groß zum schneiden sind.
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Teilchenverfestigung – Der Schneidmechanismus • Schneidmechanismus:
Bild von geschnittenem Teilchen, aufgenommen mit einem Transmissionselektronenmikroskop, Quelle: H.Gleiter
OF
OF Ts
bD
b D
Oberflächenenergie, die für das Schneiden aufgebracht werden muss Burgersvektor Teilchenabstand
Beim Schneiden wandert eine Versetzungslinie (VL) durch ein Teilchen und verschiebt die Teilchenbereiche um den Betrag des Burgersvektors b. Die dafür notwendige Energie geht in die Oberflächenenergie über, da durch das Schneiden sich die Grenzfläche des Teilchens erhöht hat. Daraus folgt: hohe Schneidspannung bei großen Oberflächenenergien und kleinen Teilchenabständen Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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Der Umgehungsmechanismus (Orowanmechanismus)
Orowan-Gleichung: Eine Versetzungslinie wandert von links auf 2 Teilchen zu und umschlingt diese mäanderförmig, bis sich die Schlingen hinter dem Teilchen verbinden und sich die Versetzungslinie löst . Es bleibt dann ein Versetzungsring um jedes Teilchen hängen und die Versetzungslinie ist frei. Nachkommende Versetzungen hinterlassen ebenfalls Ringe und es wird jedesmal enger, wodurch d größer wird und die mittlere freie Weglänge l kleiner wird. Das führt zu einer weiteren Festigkeitssteigerung.
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Or
Gb l
Die mittlere freie Weglänge zwischen den Teilchen entspricht l = D-d. Je kleiner l ist, desto größer ist die Spannungserhöhung.
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Abhängigkeit Teilchengröße und Streckgrenze 1Å=0,1nm Je feiner die Teilchen sind, desto höher ist die Streckgrenze Je mehr Teilchenanteil, d.h. je mehr der zugesetzte Elementanteil ist, desto höher ist die Streckgrenze
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Teilchenverfestigung Hier sind die Kurven für das Schneiden und das Umgehen, in Abhängigkeit der Teilchendurchmesser dargestellt. Die maximale Schubspannungszunahme liegt beim kritischen Teilchendurchmesser. Ist ein Teilchen kleiner dkrit wird geschnitten und ist ein Teilchen größer dkrit wird das Teilchen umgangen.
dkrit=kritischer Teilchendurchmesser (max -Erhöhung)
Wann ist dkrit erreicht?
Gb D d
OF
b D
d
Da D>>d ist, folgt Gb² dkrit OF
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Übersicht der Verfestigungsmechanismen
Mechanismus
Hindernis
Abhängigkeit
Werkstoffe
Verarbeitung
Mischkristallverfestigung
Fremdatome
Fremdatomkonz.
Legierungen (Messing)
Legieren
Versetzungsverfestigung Korngrenzenverfestigung Ausscheidungsverfestigung
Versetzungen
Versetzungsdichte
Stahl, Al
Kaltwalzen
Korngrenzen
Korngröße
Stahl, Ti, Al
Schmieden
Ausscheidungen, Teilchen
mittlerer Abstand
Al, Mg, Ti, Cu, Stähle
Wärmebehandlung
Umwandlungshärtung
verspannte Körper ohne Versetzungsgleitung
Volumenanteil
Martensitbildner (Stahl, Titanleg.)
Härten
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Entfestigungsmechanismus - Erholung
Im Bild 1 ist der unverformte Ausgangszustand eines Metalls mit einer geringen Versetzungsdichte zu sehen. Nach der Verformung kann es zu einem deutlichen Anstieg der Versetzungsdichte kommen (Bild 2), was zu einer Verfestigung führt. Im Bild 3 hat eine Erholung stattgefunden. Eine Erholung ist ein thermisch aktivierter Vorgang, bei dem 1. Punktdefekte wandern und ausgelöscht werden (Bsp.: ein Zwischengitteratom springt in eine Leerstelle auf seinen regulären Gitterplatz zurück) und 2. Versetzungen sich zu Versetzungswänden, wie in Bild 3 zu sehen ist, anordnen (Polygonisation) Antrieb dafür ist der stabilere Zustand mit niedrigerer Energie (der Apfel fällt eben immer nach unten) Das Ergebnis der Erholung ist eine geringfügige Entfestigung
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Entfestigungsmechanismus - Rekristallisation
Der angestrebte, stabilste Zustand mit der niedrigsten Energie ist im Ideal ein Einkristall ohne Gitterfehler. Baut man einen Gitterfehler in einen idealen Einkristall ein, so benötigt dieser Energie um das umliegende Gitter zu verspannen. In einem stark verformten Material sind sehr viele Gitterfehler (Versetzungen,…), die sehr viel Energie gespeichert haben. Ist sie groß genug, findet eine Rekristallisation statt. Dabei Bildet sich das Gefüge völlig neu, wobei die freiwerdende Energie der Versetzungen den Antrieb für die Neubildung darstellt. Im Bild 4 sind nach einer Keimbildung an Korngrenzen neue Körner gewachsen (runde Formen). Diese wachsen schnell in die versetzungsreichen Gebiete hinein und lösen dabei die Versetzungen auf. Das Ergebnis ist ein rekristallisiertes Gefüge (Bild 5) ohne Versetzungen mit großem Festigkeitsverlust. Danach findet ein Kornwachstum statt (Bild 6), wobei hier der Antrieb die Gitterfehler-Energie aus den Korngrenzen ist (Bsp: Bierschaum – zu Beginn sind viele kleine und größere Blasen vorhanden, dann „fressen“ die größeren Blasen die kleineren auf (Energieminimierung und Kornwachstum), bis schließlich am Ende der stabile Zustand, also ein schales Bier ohne Schaum, sich eingestellt hat) Lehrstuhl Metallkunde und Werkstofftechnik Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens
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