Betriebswirtschaft. VDMA-Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft. Erfolgsfaktoren. für den Einkauf. im Maschinenbau. Inhalt.

April 7, 2016 | Author: Claudia Lang | Category: N/A
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1 Betriebswirtschaft VDMA-Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft Erfolgsfaktoren für den Einkauf im Maschinenbau ...

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Betriebswirtschaft

VDMA-Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft

Erfolgsfaktoren für den Einkauf

im Maschinenbau

Inhalt Vorwort

(c) 2011 by VDMA Betriebswirtschaft Lyoner Straße 18 60528 Frankfurt am Main www.vdma.org Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des VDMA reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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Erfolgsfaktoren für den Einkauf im Maschinenbau

Vorwort 1.

Paradigmenwechsel im Einkauf a. b. c.

2.

Strategischer Einkauf und Einkaufstrategie a. b.

3.

Basic Professionell Excellent

Passende Schwerpunkte im Unternehmen a. b. c.

6.

Kernthemen Satellitenthemen

Stufenmodell a. b. c.

5.

Strategischer Einkauf Einkaufsstrategie

Themenlandkarte a. b.

4.

Handlungsbedarf Erwartungen an den Einkauf Rollenverständnis

Unternehmensgröße und -struktur Fertigungsart und Fertigungstiefe Produktkomplexität, Position in der Wertschöpfungskette

Change Management a. b. c. d.

Status bestimmen und Ziele festlegen Effizienz als Schlüssel zur Veränderung Fortschrittsmessung und Kennzahlen Personal und Qualifikation

7.

Schlussfolgerungen

8.

Anhang a. b.

Mitglieder des Arbeitskreises VDMA-Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft

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Vorwort

In den regelmäßigen Sitzungen des VDMA-Ausschusses Einkauf und Materialwirtschaft haben wir zahlreiche Strategien und Managementkonzepte für den Einkauf vorgestellt, Werkzeuge und Instrumente diskutiert und Kennzahlen erörtert. Dabei wurde in der Regel der Nutzen und die Sinnhaftigkeit des jeweiligen Instruments isoliert betrachtet. Bis dato nicht vorgenommen wurde ein ganzheitliche Wertung und Einordnung von Ansätzen, Konzepten und Strategien. Die Heterogenität der Branche im Hinblick auf Unternehmensgröße, Art der Fertigung und Komplexität der beschafften Produkte lassen zunächst auch davor scheuen, eine solche Wertung mit einem unternehmensübergreifenden Ansatz zu versuchen. Im Einzelfall mag es sogar vorkommen, dass die Unvergleichlichkeit der eigenen Rahmenbedingungen vorgeschoben wird, um eigene Defizite zu erklären. Es wird natürlich immer Facetten der Einkaufsarbeit geben, die unternehmensspezifischen Umständen geschuldet sind, dennoch war die vorherrschende Meinung im Ausschuss, dass es möglich sein müsse, einen „State of the Art“ für den Einkauf im Maschinenbau zu beschreiben, an dem sich Unternehmen spiegeln können. Dies zu versuchen war das Ziel einer Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Ausschusses, die in mehreren Treffen strukturiert hat, was die wesentlichen Merkmale und Erfolgsgrundlagen im Einkauf des Maschinen- und Anlagenbaus sind. Wir danken den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für ihre Mitarbeit, insbesondere Herrn Wolf, VDMABetriebswirtschaft, für die Formulierung des hier vorgelegten Ergebnisses. Es geht in den nachfolgend dargestellten Ergebnissen dieser Arbeitsgruppentreffen nicht darum, den „ultimativen Hebel“ oder das neueste Tool für die Einkaufsarbeit vorzustellen. Ziel ist es vielmehr ein Grundgerüst zu beschreiben, dass dabei hilft, strategische Ansätze, Tools und Konzepte in einen Gesamtrahmen sinnvoll einzuordnen und zu priorisieren. Diese Priorisierung und Einordnung soll speziell auch den Unternehmen, die noch auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten sind, dabei helfen, in der Vielzahl von Managementkonzepten und Kostensenkungsversprechungen einen pragmatischen und sinnvollen Entwicklungspfad für den Einkauf des eigenen Unternehmens festzulegen. Frankfurt am Main, Oktober 2011

Jörg Stolz

Dr. Josef Trischler

Vorstand des VDMA-Ausschusses Einkauf und Materialwirtschaft Reifenhäuser GmbH & Co. KG Maschinenfabrik, Troisdorf

Geschäftsführung des VDMA-Ausschusses Einkauf und Materialwirtschaft VDMA e.V. Frankfurt am Main

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1. Paradigmenwechsel im Einkauf a. Handlungsbedarf Im Durchschnitt des Maschinen- und Anlagenbaus verwenden die Unternehmen rund die Hälfte ihrer Erlöse für den Einkauf. Die Ausstattung des Einkaufs mit Personalkapazität, unterstützenden Instrumenten und Maßnahmen zur Qualifikation ist in sehr vielen Unternehmen leider limitiert. In einer Technologiebranche wie dem Maschinenund Anlagenbau dominieren oft die technischen Unternehmensbereiche Entwicklung, Konstruktion,Fertigung und natürlich der Vertrieb. Zum Glück war der technische Vorsprung und die Nachfrage nach Deutschen Produkten bislang groß genug, um noch ungenutzte Chancen auf der Einkaufsseite verkraften zu können. Ob der Maschinen- und Anlagenbau sich diesen Luxus auch in Zukunft wird leisten können, ist hingegen fraglich. b. Erwartungen an den Einkauf Die klassische Aufgabenbeschreibung für den Einkauf lautet seit jeher unverändert möglichst kostengünstig die benötigten Güter in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit und in der geforderten Qualität bereitzustellen. Das ist einerseits im Prinzip immer noch richtig, aber als Maßgabe des praktischen Handelns praktisch unbrauchbar. Qualitätsfähigkeit, Terminwunsch und Kosten stehen nicht selten im Widerspruch, denn der kostengünstigste Lieferant ist nicht unbedingt in jedem Fall der mit der kürzesten Reaktionszeit. Eine Priorisierung ist deshalb im Tagesgeschäft unverzichtbar. Eine solche Priorisierung kann nur sinnvoll im Kontext einer Unternehmensstrategie vorgenommen werden. c. Rollenverständnis Kostensenkungspotentiale auf der Einkaufsseite liegen erfahrungsgemäß nur zu einem Teil in der Marktbearbeitung, Lieferantenauswahl und der Preisverhandlung. Nur dieser Teil kann vollständig allein durch den Einkauf erschlossen werden. Das oft größere Potential liegt in der Gestaltung des Mengengerüstes und der konstruktiven Gestaltung einzelner Bauteile. Dabei geht es um Themen wie Standardisierung, Entfeinerung und der beschaffungsgerechten Abgrenzung von Baugruppen oder Baukastensystemen. Diese erlauben dem Kunden eine Produktvielfalt bis zur Losgröße 1 anzubieten und dennoch auf der Produktions- und Beschaffungsseite in größerem Umfang kleine oder mittelgroße Serien zu realisieren. Diese Potentiale können nur in der Zusammenarbeit von Einkauf, Technik und Konstruktion gehoben werden. Das setzt allerdings ein verändertes Rollenverständnis und Miteinander der betroffenen Bereiche voraus. Der Einkauf muss dabei nicht die Kompetenzen der Konstruktion erobern, aber das nötige Verständnis für Produkte und Produktionsprozesse mitbringen. Dazu muss nicht jeder einzelne Einkäufer eine technische Ausbildung abgeschlossen haben, aber in der Einkaufsorganisation insgesamt müssen diese Kompetenzen implementiert sein, wenn man als kompetenter Ansprechpartner in einen konstruktiven Dialog treten will.

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2. Strategischer Einkauf und Einkaufstrategie a. Strategischer Einkauf Der Begriff strategischer Einkauf weckt in vielen Ohren immer noch die Assoziation von abgehobenen Visionen, die in bunten Prospekten oder schicken Powerpointpräsentationen vorgestellt werden und nichts mit der täglichen Praxis im Einkauf zu tun haben. Der Begriff ist so gesehen etwas verbrannt, was jedoch nicht dazu führen darf die inhaltliche Aufgabe zu verwerfen. Inhaltlich geht es im strategischen Einkauf darum strukturelle Arbeit zu leisten in Hinblick auf Ablauforganisation, Strukturierung des Beschaffungsportfolios und Festlegung von Kriterien für die Auswahl von Märkten und Lieferanten. Im Sinne einer Vorleistung ist der strategische Einkauf somit die Grundlage für das erfolgreiche Einkaufen im Tagesgeschäft und Fundament einer systematischen Herangehensweise im Einkauf ohne die jegliche Beschaffungsaktivität ein zufallsgesteuertes Reagieren bleibt. b. Einkaufsstrategie Genauso wenig, wie es eine identische Strategie für verschiedene Unternehmen geben kann, macht es auch keinen Sinn über das Ganze im Maschinenbau sehr komplexe Beschaffungsportfolio die gleiche Warengruppenstrategie anzuwenden. Erfolgreiche Unternehmen haben deshalb heute eine differenzierte Warengruppenstrategie. Die Warengruppenstrategie trägt den unterschiedlichen Anforderungen der Warengruppen Rechnung und liefert den Entscheidungsrahmen hinsichtlich Märkten und Anforderungsprofilen für Lieferanten.

3. Themenlandkarte a. Kernthemen Wer einmal in alte Tagungsprogramme schaut wird feststellen, dass die Überschriften erstaunlich ähnlich sind. Das ist kein Zufall, denn die Kernthemen im Einkauf sind unverändert dieselben: Märkte, Lieferanten, Strategien und die zentralen Themen Versorgungssicherheit und Kosten. Um diese zentralen Themen dreht sich nach wie vor Alles, doch die Inhalte und Ansätze hinter diesen Headlines verändern sich im Laufe der Jahre. Neue Erkenntnisse und Ansätze greifen Raum, neue Werkzeuge kommen hinzu oder alte werden obsolet. Solche Kernthemen sind etwa Lieferantenmanagement, Warengruppenstrategie, Bestandssteuerung. Diese Kernthemen sollten deshalb auch als Basisleistung einer Einkaufsabteilung — quasi als Pflichtprogramm — angesehen werden.

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b. Satellitenthemen Neben den Kernthemen gibt es viele weitere Themenfelder, die bearbeitet werden können, denen man sich aber erst dann zuwenden sollte, wenn das Pflichtprogramm erfüllt ist. Ungeachtet der Tatsache, dass natürlich auch die Satellitenthemen letztlich der Erfüllung der Kernaufgaben dienlich sind, führt es zum Verzetteln in unkoordinierten Projekten, wenn klare Prioritäten und ein struktureller Ordnungsrahmen fehlen. Solche Themen sind etwa Lieferantenentwicklung, Advanced Sourcing, ValueEngineering oder Preis- und Kostentreiberanalysen. Für Unternehmen, deren Einkauf bereits gut aufgestellt ist, die Kernthemen professionell abgedeckt sind, sind diese Satellitenthemen jedoch der Schlüssel zur weiteren Entwicklung der Einkaufsperformance. Dahinter steht zum Beispiel die Erschließung von Kostensenkungspotentialen, die Änderungen am Produkt erforderlich machen.

4. Stufenmodell Selten gibt es im Maschinen- und Anlagenbau die universelle Lösung die für alle passt. Deshalb ist als Ergebnis des Arbeitskreises ein Stufenmodell entstanden, das unterscheidet in die Stufen Basic, Professionell und Excellence. Die Stufe Basic beschreibt die Anforderungen im Hinblick auf die elementaren Aufgaben der Einkaufsabwicklung. Damit berücksichtigt diese insbesondere die begrenzten Möglichkeiten sehr kleiner Unternehmen, aufwändige Managementkonzepte zu realisieren und die erforderliche kritische Masse zur Amortisierung des betriebenen Aufwandes zu überwinden. Schon für mittelgroße Unternehmen ab ca. 150 Mitarbeitern ist die Stufe Basic als unbefriedigend anzusehen. Hier sollte die Erreichung einer höheren methodischen Kompetenz und Organisationsstufe angestrebt werden. Die mittlere Stufe Professionell beschreibt damit die Anforderungen an einen nach heutigem Stand gut organisierten Einkauf im Maschinenbau. Als letzte Stufe — mit Excellent bezeichnet — sind Anforderungen und Organisationsmerkmale beschrieben, die für mittelgroße ambitionierte Unternehmen sinnvoll, aber ansonsten eher für größere Unternehmen überdenkenswert sind. Die Inhalte sind im Folgenden näher beschrieben. Auf der nächsten Seite sind die Stufen und die inhaltlich geforderten Themen als Überblicksgrafik in Stichworten dargestellt. Auf den weiteren Seiten finden sich dann zu den einzelnen Stichworten weitergehende inhaltliche Erläuterungen.

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PROFESSIONELL

EXCELLENT

Klarheit über Strategie und Einkaufsziele

Messbare Einkaufsziele, Reporting

Balanced Scorecard und erfolgsabhängige Vergütung

Einkaufsbedingungen

Vertragsmanagement und Verhandlung

Claimsmanagement

Rolle

Lieferantenauswahl und Preisverhandlung im Einkauf

Bereichsübergreifende Beschaffungsrichtlinie

Einkauf als interner Dienstleister

Waren

Bedarfsbündelung zur Ausschöpfung von Verhandlungspotential

Warengruppen-

Lieferant

Systematische

Lieferanten-

Lieferanten-

Lieferantenbewertung

management

entwicklung

Durchgängige Reklamationsabwicklung

Einbindung in die Produktgestaltung

Gemeinsame Teams aus Einkauf und Technik (lead buyer/lead engineer)

Prozesse

Freigaberegularien im Bestellprozess

Automatisierung im Beschaffungsprozess

Vernetzung des Einkaufs über die Unternehmensgrenzen hinweg

Logistik

Bestandssteuerung nach statistischen Regeln

Lieferabstimmung mit wichtigen Lieferanten

Kollaborative

Technikzugang

Verträge

Strategie

BASIC

Allgemeine

management

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Risikomanagement

Planung mit Lieferanten

a. Basic •

Klarheit über Strategie und Einkaufsziele Natürlich hat jede Einkaufsabteilung die Aufgabe, die elementaren Zielgrößen Qualität, Termin und Kosten unter einen Hut zu bringen, aber es gibt oft Zielkonflikte zwischen diesen Zielgrößen. Zwei Beispiele machen das deutlich: 1. Ein Lieferant im Ausland etwa kann günstiger sein, ist aber vielleicht weniger flexibel. Eine dem Gesamtunternehmen dienliche Entscheidung zwischen diesen Parametern kann dann nur getroffen werden, wenn klar ist, welcher Parameter höhere Priorität hat. Das kann bei einem Serienhersteller ganz anders aussehen als bei einem Sondermaschinenbauer oder einem Anlagenbauer. 2. Bei einer Investition, etwa einer Maschine, besteht die Wahl zwischen einer Variante mit geringerem Preis und höheren laufenden Betriebskosten und einer mit höherem Preis und niedrigeren Betriebskosten. Hier stellt sich die Frage, ob die Eingangsinvestition optimiert oder ein Gesamtoptimum gesucht werden soll. Wenn ein Gesamtoptimum gefunden werden soll, darf der Erfolg des Einkaufs natürlich nicht mehr allein an der Budgeteinsparung bei der anfänglichen Investitionsausgabe gemessen werden. Diese beiden kleinen Beispiele sollen nur verdeutlichen, dass unabhängig davon wie groß ein Unternehmen ist und ob es Serien- oder Einzelfertiger ist, Klarheit über die Ziele und Strategien des Unternehmens und des Einkaufs herrschen muss.



Allgemeine Einkaufsbedingungen Grundlegende Regelungen der Geschäftsbeziehung sollten in allgemeinen Einkaufsbedingungen festgelegt werden. Im Alltag ist es oft so, dass Einkäufer und Verkäufer jeweils die eigenen Bedingungen zum Vertragsbestandteil zu machen versuchen. Im Ergebnis gilt - zumindest im Deutschen Rechtsraum - in diesem Widerstreit dann keine der Bedingungen, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch. Die dort getroffenen Regelungen sind für den Einkauf in den meisten Fällen jedoch unproblematisch. Ein Verzicht auf eigene Einkaufsbedingungen könnte aber dazu führen, dass die Lieferbedingungen des Lieferanten uneingeschränkt gelten. Das könnte im Einzelfall problematisch werden, deshalb sollten auch in kleinen Unternehmen allgemeine Einkaufsbedingungen vorhanden sein.



Lieferantensuche und Preisverhandlung im Einkauf Auf den ersten Blick scheint es eine Selbstverständlichkeit, dass Lieferantensuche und Preisverhandlung Aufgabe des Einkaufs sind. Die Wirklichkeit sieht gerade in kleinen Unternehmen aber manchmal anders aus. Durch die Übernahme von mehr technischen Parametern einzelner Lösungsanbieter in der Entwicklung als technisch erforderlich wäre, findet faktisch eine Vorfestlegung des Lieferanten statt. Freiheitsgrade bei der Auswahl des Lieferanten sind dadurch beschnitten und Preisverhandlungen oft reine Makulatur. Das Unternehmen beraubt sich so der Chancen auf dem Beschaffungsmarkt. Daher ist es oftmals gerade das Ziel von

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Produktberatern auf der Vertriebsseite, gezielt durch Einflussnahme auf die Produktspezifikation quasi eine Monopolstellung als Lieferant zu erlangen. Die Beratungsleistung von Lieferanten und die Zusammenarbeit mit der eigenen Entwicklung hat jedoch auch positive Aspekte im Hinblick auf Innovationsbeiträge und Lösungsfindung. Es muss deshalb im Einkauf darum gehen, den Prozess der technischen Zusammenarbeit im Sinne des Unternehmens zu steuern. Beispielsweise kann dies geschehen, indem Einkauf und Entwicklung sich im Vorwege abstimmen, mit welchen Lieferanten eine solche engere Zusammenarbeit erfolgen soll. •

Bedarfsbündelung zur Ausschöpfung von Verhandlungspotentialen Die Teilevielfalt in den Beschaffungsportfolios von Maschinen- und Anlagenbauern ist immens hoch. Die Umsatzvolumina einzelner Artikel und Warengruppen sind dadurch ohnehin sehr begrenzt. Um dennoch als Kunde attraktiv zu sein und vernünftige Konditionen zu erzielen ist unbedingt zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Bündelung des Bedarfs und eine Fokussierung Kennzahl: auf weniger Lieferanten Sinn macht. Wertanteil des Bestellvolumens, das Bündelung kann auf der Zeitachse stattfinden, indem Einzelaus Rahmenverträgen bestellungen, die über das Jahr getätigt werden, zu einem beschafft wird Rahmenvertrag zusammengefasst werden. Die Machbarkeit der Bündelung hängt hierbei von der Planbarkeit und Vorhersagbarkeit des Bedarfes ab. Bündelung kann aber auch erfolgen, indem der Bedarf einer Warengruppe auf eine kleinere Zahl von Lieferanten konzentriert wird. Im Einzelfall ist dabei immer abzuwägen zwischen der wachsenden Abhängigkeit und dem damit verbundenen Risiko etwa beim Single Sourcing und den Marktchancen, die sich durch einen verbesserten Stellenwert als Kunde erreichen lassen. Oft lässt sich ein vertretbarer Kompromiss finden, indem Single Sourcing für ein einzelnes Teil betrieben wird, aber innerhalb der Warengruppe für ähnliche Teile gezielt Alternativen etabliert werden. Für Single Sourcing und Diversifizierung gibt es jeweils gute Gründe, in der Praxis wird aber leider oft versucht an falscher Stelle Diversifizierung zu betreiben. So finden sich in der Praxis oft Single Sourcing-Abhängigkeiten bei ATeilen, die etwa bei Antriebseinheiten manchmal auch unumgänglich sind. Gleichzeitig wird eine Diversifizierung bei Büroartikeln und Normteilen betrieben, die für die Risikosituation der Beschaffung oft irrelevant ist. Ziel der Bündelung ist es natürlich günstigere Preise und Konditionen zu erzielen. Mit Top-Lieferanten sollten Konditionenvereinbarungen daher zum Standard gehören.



Systematische Lieferantenbewertung Ob die Summe der für die Beschaffung freigegebenen Lieferanten den Unternehmenszielen dienlich ist und ob ein Lieferant auch die erwartete Leistung bringt kann nur durch eine systematische, transparente und nachvollziehbare Bewertung geprüft werden. Durch Qualitätsmängel, Lieferverzug oder fehlende Kooperationsbereitschaft kann der Lieferant die Prozesse im Unternehmen behindern und dadurch Kosten verursachen, die einen etwaigen Preisvorteil gegenüber anderen Lieferanten sogar überkompensieren. In diesem Fall hätte man alles andere als preisgünstig eingekauft. Deshalb muss die Leistung des Lieferanten erfasst und

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dokumentiert werden. Der Detaillierungsgrad der Bewertungskriterien kann dabei in kleinen Unternehmen geringer sein als in großen Konzernen. Aber ein systematischer Ansatz sollte vorliegen, denn wenn man die Leistung des Lieferanten nicht vergleicht, wäre die Preisgegenüberstellung ein Vergleich von Äpfeln und Birnen. •

Durchgängige Reklamationsabwicklung Falschlieferungen und Mängel verursachen Aufwand und damit Kosten. Mangelhafte Lieferungen werden entweder zurückgeschickt oder nachgebessert. Bei Rücksendung erfolgt auch keine Bezahlung der Ware, also eine vergleichsweise einfache Situation. Komplizierter wird es bei der Nachbesserung im eigenen Hause, die wieder eine Einigung mit dem Lieferanten voraussetzt und bei der oft die tatsächlichen Kosten nur unvollständig dem Lieferanten belastet werden. Die weichen Kosten für die Administration des Reklamationsprozesses von Mängelrüge bis buchhalterischer Abwicklung gehen meistens sowieso unter. Für das Vorgehen und den Umgang mit Falschlieferungen und mangelhaften Lieferungen sollte daher in jedem Unternehmen ein durchgängiger Ablauf etabliert sein.



Freigaberegularien im Bestellprozess Die Rollenverteilung innerhalb des Bestellprozesses sollte für alle Beteiligten transparent geregelt sein. Dies umfasst die Zuständigkeiten für sämtliche Prozessschritte, insbesondere aber jene für die Freigabe der Bestellung und die Zeichnungsberechtigung. Bei der Festlegung des Ablaufs sollte aus Effizienzgründen das Subsidiaritätsprinzip befolgt werden. Im Rahmen zunehmender elektronischer Abwicklung wird die klassische Unterschrift dabei zunehmend durch Berechtigungen in einem Workflow ersetzt.



Bestandssteuerung nach statistischen Regeln Im einfachsten Fall kann man neben den bedarfsgesteuerten meist auftragsbezogenen Artikeln den Lagerbestand mit einfachen statistischen Regeln anhand von Durchschnittsverbräuchen steuern. Normalerweise sind solche Regeln auch im ERP-System hinterlegt.

b. Professionell •

Messbare Einkaufsziele / Reporting Klare Einkaufsziele sollten in jedem Unternehmen bekannt sein, im fortgeschrittenen Unternehmen geht es darum, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu implementieren, der einen Fortschritt ermöglicht. Dies setzt Ziele voraus, die nachprüfbar und messbar sind. Die Messbarkeit ermöglicht einerseits den Fortschritt im Zeitablauf festzustellen und liefert gleichzeitig die Grundlage, sich mit externen Daten zu vergleichen. Die meisten Unternehmen halten sich für einzigartig, weil sie klein oder mittelständisch sind oder als Einzelfertiger sehr kunden-

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orientiert arbeiten. Das trifft aber auf die Mehrheit der Maschinenbauer zu, insofern ist die individuelle Situation dann doch nicht so einzigartig im Vergleich zur Branche. •

Vertragsmanagement und Verhandlung Ziel eines durchorganisierten Vertragsmanagements ist, keine tückischen Fallstricke in den Verträgen zu haben und keine Fristen zu versäumen, um so aus einer reaktiven in ein aktive Rolle zu gelangen. Voraussetzung dafür sind Muster für unterschiedliche Vertragstypen und eine organisierte Terminkontrolle. Im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung geht es ebenfalls darum, in eine aktive Rolle zu kommen, indem man Lieferantengespräche nicht aus einer Reaktion auf aktuelle Preiserhöhungswünsche des Lieferanten führt, sondern mit einem Ziel, einer Strategie sowie den notwendigen Fakten und Argumenten in eine Verhandlung geht. Diese sollte auch nicht vom Lieferanten, sondern vom Einkauf initiiert werden. Basis dafür sind Daten und Fakten, die der Einkauf kontinuierlich sammeln und verfolgen sollte. Zu diesen Fakten gehören die Daten aus der Lieferantenbewertung ebenso wie Marktdaten zur Nachfrage und Kostenentwicklung.



Bereichsübergreifende Beschaffungsrichtlinie Auch ein gut aufgestellter Einkauf kann nur dort erfolgreich sein, wo er an der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen überhaupt beteiligt ist. Zwei Problembereiche sollten dazu in einer bereichsübergreifenden Beschaffungsrichtlinie geregelt sein: Kennzahl: Erstens, der Ausschluss von Beschaffungsaktionen, die am Einkauf vorbei erfolgen. Dieses sogenannte Maverick Buying, zeigt sich etwa beim Kauf einer Maschine, durch den technischen Leiter mit Segen der Geschäftsleitung auf einer Messe, ohne Marktsituation und Wettbewerb zu nutzen.

Abdeckungsgrad des Einkaufs (Cash-OutQuote)

Zweitens, der Einkauf von Dienstleistungen wie Telekommunikationsdienstleistungen, Reinigung oder Frachten, der oft — historisch gewachsen — irgendwo im Unternehmen erfolgt. Dieser Bereich wird meistens weder regelmäßig auf den Prüfstand hinsichtlich der Konditionen gestellt, noch liegt der Beschaffung ein vernünftiges Lastenheft und eine systematische Leistungsbeschreibung zu Grunde. •

Warengruppenmanagement Das Beschaffungsspektrum im Maschinenbau ist extrem umfangreich und komplex. Eine sinnvolle Beschaffungsstrategie über das ganze Beschaffungsportfolio gibt es deshalb in der Regel nicht. Ein professioneller Einkauf sollte daher eine differenzierte Strategie für die Hauptwarengruppen haben, die nach festgelegten und nachvollziehbaren Kriterien für jede Warengruppe festlegt, welche Beschaffungsstrategie zur Anwendung kommt. Dabei sind Bedarf, technischer Anspruch und Marktgegebenheit der jeweiligen Warengruppe zu berücksichtigen. Für die

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einzelne Warengruppe kann dann entschieden werden, in welchem Umfang Rahmenverträge oder Single Sourcing erfolgen soll oder ob es zweckmäßiger ist, die Zahl der Lieferanten aus Wettbewerbsgründen oder Gründen der Versorgungssicherheit aufzustocken. Im Rahmen des Warengruppenmanagements ist auch darüber zu entscheiden, welche Distributionswege (Hersteller oder Handel) oder welche Märkte (Inland oder Ausland) für die jeweilige Warengruppe sinnvoll genutzt werden können. •

Lieferantenmanagement Aufbauend auf eine nachvollziehbare Lieferantenbewertung sollte in einem professionellen Einkauf ein systematisches Lieferantenmanagement erfolgen. Dies umfasst eine Lieferantenfreigabe Kennzahl: Lieferantenstruktur nach definierten Kriterien, die Steuerung der Lieferantenbasis nach dem ABC-Prinzip nach den Vorgaben der Warengruppe und die Einstufung der Lieferanten im Hinblick auf die zukünftige Zusammenarbeit als bevorzugte Lieferanten oder als Lieferanten, von denen man sich trennen will.



Einbindung in die Produktgestaltung Neben der unbeeinflussbaren Marktentwicklung und der Optimierung von Lieferantenbasis und Warengruppenstrategie liegt der größte und nachhaltigste Hebel zur Senkung der Beschaffungskosten in der Produktdefinition. Ansätze dazu sind zum Beispiel Entfeinerung der Spezifikation, Reduzierung der beschaffungsseitigen Variantenvielfalt durch Standardisierung, Baukästen oder beschaffungsgerechte Modularisierung von Baugruppen. Die Gestaltung der Zusammenarbeit von Einkauf und Technik ist daher eine vielfach noch ungenutzte Chance im Maschinenbau. Hierfür sollte es in einem fortgeschrittenen Einkauf definierte Spielregeln zwischen Einkauf und Technik geben, die eine frühzeitige Einbindung des Einkaufs in den Entwicklungsprozess bzw. ein Cost-Engineering bei bestehenden Produkten vorsieht. Das dies je nach Organisationsform an den betreffenden Stellen im Einkauf eine entsprechende Qualifikation der Mitarbeiter und eingehende Produktkenntnisse voraussetzt ist selbstverständlich.



Automatisierung im Beschaffungsprozess Neben der Leistungsfähigkeit des Einkaufs, die sich in der Effektivität der Einkaufsabteilung zeigt, spielt auch die Effizienz der Einkaufsorganisation eine Rolle. Elektronische Datenverarbeitung in ERP-Systemen und zahlreichen weiteren Softwareanwendungen können die Arbeitsgeschwindigkeit und Kommunikationsgeschwindigkeit erhöhen. Es macht aber Kennzahl: Durchlaufzeit bei wiemeistens keinen Sinn, etablierte Abläufe um jeden Preis in der derkehrendem Bedarf EDV abbilden zu wollen. Es ist in der Regel sinnvoller, die Abläufe zu hinterfragen und neu festzulegen. Ziel sollte sein, die Anzahl erforderlicher Prozessschritte, den Aufwand für den einzelnen verbleibenden Prozessschritt zu reduzieren, die Geschwindigkeit des Gesamtdurchlaufes zu steigern und gleichzeitig in der Vielzahl von Beschaffungsvorgängen mehr Transparenz und Blick auf das Wesentliche zu erreichen. Ziel ist die stetige Entwicklung

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weg von der Abwicklungslastigen Organisation hin zu einer stärkeren Wertschöpfungsorientierung. •

Lieferabstimmung mit wichtigen Lieferanten Hohe Versorgungssicherheit bei gleichzeitig geringer Kapitalbindung lässt sich in der Regel nur erreichen, wenn die Lieferanten in ein logistisches Konzept eingebunden sind. Eigene Bestände können teilweise ersetzt werden Kennzahl: durch Liefervereinbarungen mit Lieferanten. Rahmenverträge Anteil der termingerecht sind eine Möglichkeit die divergierenden Ziele von Bestandsreeingegangenen Liefeduzierung und Versorgungssicherheit unter einen Hut zu brinrungen gen. Basis dafür ist der geplante Bedarf für einen absehbaren Zeitraum, zum Beispiel ein Jahr. Dafür können je nach Konstellation zum Beispiel Konsignationslager, Sukzessivlieferverträge oder die Vereinbarung fester Wiederbeschaffungszeiten in Frage kommen.

c. Excellent •

Balanced Scorecard und erfolgsabhängige Vergütung Krönung eines stringenten Berichtswesens und Controllings im Einkauf ist die Steuerung anhand erarbeiteter und aufeinander abgestimmter Ziele (siehe hierzu Leitfaden Balanced Scorecard im Einkauf, erhältlich in der VDMA Betriebswirtschaft). Aufbauend auf diese Ziele kann dann auch zumindest für Führungs- und Fachkräfte eine variable, erfolgsabhängige Vergütungskomponente vereinbart werden.



Claims Management Eine systematische und vollständige Erfassung oder gar Rückbelastung von Fehlerkosten an Lieferanten wäre wünschenswert, ist aber nicht immer möglich. Ziel muss natürlich sein, von den durch Lieferanten verursachten Kosten einen möglichst hohen Teil geltend zu machen. Die Geltendmachung dieser Claims sollte in einem exzellenten Einkauf methodisch systematisiert sein.



Einkauf als interner Dienstleister Kür im Rollenverständnis des Einkaufs ist ein Selbstverständnis als Dienstleister, der nicht qua seines Amtes Lieferanten aussucht und Preise verhandelt, sondern weil er dafür unbestritten die meiste Kompetenz im Unternehmen besitzt. Der Mehrwert des Einkauf sollte dafür messbar und darstellbar sein, in Unternehmensverbünden mit einem Einkauf als shared Service kann dies auch in einem Service-Level-Agrement Niederschlag finden.



Risikomanagement Versorgungssicherheit hat für viele Unternehmen höchste Priorität, egal ob Seri-

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enhersteller, dem der Produktionsstopp droht oder Einzelfertiger, dem eine Vertragsstrafe im Nacken sitzt. Jüngste Beispiele sind etwa die Insolvenzen nach der Finanzkrise oder die Katastrophe in Japan. Bisher lösen solche Ereignisse in vielen unternehmen eine Reaktion aus, die leider dann oft nicht mehr greift, weil sie zu spät kommt. Es ist daher sinnvoll Transparenz über die Risken permanent herzustellen und ein Risikomanagement im Einkauf als kontinuierliche Aufgabe zu etablieren. Ein umfangreiches Risikomanagement schließt auch eine systematische Analyse von Trends im Hinblick auf die Kostenentwicklung ein und macht den Einkauf zum kompetenten Partner der Planungs- oder Kalkulationsabteilung. •

Lieferantenentwicklung Die nächste Entwicklungsstufe nach der statischen Bewertung von Lieferanten ist deren Weiterentwicklung. Gemeinsame Workshops in deren Mittelpunkt die Prozesse und Produkte stehen, können grundsätzlich beiden Seiten nutzen. Praktisch wird man um die Feststellung nicht umhin kommen, dass methodisches Knowhow und erforderliche Manpower tendenziell nur in größeren Unternehmen vorhanden sind.



Gemeinsame Teams aus Einkauf und Technik Langfristig wird der Kostendruck den Unternehmen abverlangen, die Potentiale zu heben, die in der technischen Optimierung der Produkte stecken. Daher ist die Zusammenarbeit von Einkauf und Entwicklung bei fortgeschrittenen Unternehmen in den organisatorischen Strukturen und Prozessen etabliert. In der Praxis existieren unterschiedliche Modelle, wie das organisatorisch aufgehängt sein kann. So gibt es Teams aus lead buyer und lead engineer, Projekteinkäufer, Modulverantwortliche in der Konstruktion oder Produktexperten im Einkauf. Die Ansätze unterscheiden sich in der Ausgestaltung, das Ziel ist jedoch in allen Fällen das gleiche.



Vernetzung des Einkaufs über die Unternehmensgrenzen hinweg Die eigenen Prozesse bis zur Unternehmensgrenze effizient zu gestalten ist für einen professionellen Einkauf state of the art. Eine Gestaltung von Prozessen über die Unternehmensgrenzen hinweg ist noch keine Selbstverständlichkeit. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel: Bestellungen werden automatisiert verschickt, unterliegen dann aber einem Systembruch. Die Antwort in Form der Auftragsbestätigung kommt dann per Post oder in einem Format das manueller Erfassung bedarf. Eine weitergehende Integration kann durch eine elektronische Anbindung wichtiger Lieferanten erreicht werden. Dafür kann je nach individueller Situation eine EDI-Anbindung, ein E-Procurement-System oder die Nutzung einer Plattform wie Crossgate oder my-openfactory sinnvoll sein. Die Vernetzung des Einkaufs sollte aber nicht nur als technisches Problem gesehen werden, sondern auch im Hinblick auf die Nutzung von Wertbeiträgen aus solchen externen Netzwerken.

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Eine mögliche Plattform der Netzwerkbildung für Einkaufsleiter stellt auch der VDMA-Ausschuss Einkauf und Materilawirtschaft dar, aus dem heraus dieser Leitfaden entstanden ist. •

Kollaborative Planung mit Lieferanten In der Praxis mangelt es vielen statischen Rahmenverträgen an der Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarungen von beiden Seiten. Dies tritt insbesondere dann zu Tage, wenn durch Nachfrageschwankungen die benötigten Mengen deutlich nach oben oder unten von den ursprünglich geplanten Mengen und Terminen abweichen. Der Einkauf möchte sich hierfür einerseits ein Hintertürchen offenhalten und möglichst keine determinierte Abnahmeverpflichtung eingehen, während der Lieferant dann auch nur in Grenzen bereit ist, auf eigenes Risiko in Vorleistung zu gehen. Als Lösung in der Praxis zur Auflösung dieses Interessenkonflikts haben sich zum Beispiel rollierende Planungen erwiesen, in denen klar geregelt ist, in welchem Maße und mit welchem Vorlauf Bedarf und Termine noch verändert werden dürfen und in welchem Umfang der Lieferant seinerseits im Voraus disponieren und Vormaterial bestellen darf. Diese dynamische Planung setzt natürlich eine intensivere und aufwändigere Abstimmung mit den Lieferanten voraus, kommt der Realität im Maschinenbau aber sehr viel näher. Schwieriger ist die Lösung im Projektgeschäft, hier ist die Vorplanung nur sehr begrenzt möglich, aber es ist immerhin möglich ein eingespieltes Netzwerk aus festen Projektpartnern zu schaffen, mit denen die Grundlagen der Zusammenarbeit geklärt sind und dadurch eine zügigere Vorklärung neuer Aufträge hinsichtlich Kosten und Terminen erfolgen kann.

5. Passende Schwerpunkte im Unternehmen a. Unternehmensgröße und -struktur Grundsätzlich hat die Unternehmensgröße natürlich nichts damit zu tun, ob dort professionell eingekauft wird oder nicht. Man muss allerdings auch feststellen, dass es in mancher Hinsicht so etwas wie eine kritische Masse gibt. Größere Unternehmen haben auch größere Einkaufsabteilungen und damit für den einzelnen Mitarbeiter eine bessere Möglichkeit sich auf ein kleineres Warengruppensegment oder auf bestimmte Aufgaben innerhalb der Einkaufsorganisation zu spezialisieren. Die Unternehmensgröße spielt auch eine Rolle, wenn es um Investitionen in neue Methodenkenntnisse, Beratungsleistungen oder Softwaretools geht, weil der Fixkostenanteil dieser Investitionen in kleinen Organisationen bei kleinem Einkaufsvolumen relativ betrachtet stärker zu Buche schlägt. Deshalb muss man ganz einfach feststellen, dass für ein kleines Unternehmen nicht jeder Managementansatz darstellbar ist, es also absurd wäre hier den Maßstab für die Kategorie Exzellent anzulegen. Fehlende Größe darf aber auch nicht als Ausrede für Untätigkeit oder schlechtes Management missbraucht werden. Viele kleinere mittelständische Unternehmen im Maschinenbau zeigen, dass auch mit simplen Mitteln bei einer durchdachten Herangehensweise und der richtigen Schwerpunktsetzung und strategischen Ausrichtung eine professionelle Einkaufsarbeit möglich ist.

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b. Fertigungsart und Fertigungstiefe Kleinserienfertiger, Sondermaschinenbauer und Anlagenbauer sind im Maschinenbau nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Trotzdem muss die Fertigungsart oft herhalten um getreu dem Motto „Bei uns ist alles ganz anders — wir sind Einzelfertiger“ alle Ansätze für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation zu verwerfen. Natürlich werden im Detail die individuellen Schwerpunkte bei einem Serienhersteller andere sein und die Lösungen anders aussehen, die Grundthematik ist jedoch bei genauem Hinsehen die Gleiche. c. Produktkomplexität, Position in der Wertschöpfungskette Die immense Produktkomplexität in weiten Teilen des Maschinenbaus steht einer effizienten Einkaufsabwicklung oft im Wege. Deshalb ist die Teilevielfalt die in vielen Entwicklungsabteilungen, oft über das notwendige Maß hinaus, kreiert wird, für den Einkauf ein wachsendes Problem. Unternehmen, die ernsthaft Kosten senken wollen oder müssen, kommen nicht umhin, sich dem Thema Standardisierung und Variantenvielfalt zu widmen. Dennoch ist die Komplexität der Einkaufsaufgabe ganz entscheidend auch von der Produktkomplexität abhängig. Dies zeigt sich in der Anzahl aktiver Sachnummern im Teilestamm ebenso wie in der Zahl der notwendigen Lieferanten.

6. Change Management a. Status bestimmen und Ziele festlegen Am Anfang jedes Veränderungsprozesses steht eine Bestandsaufnahme. Diese sollte sich einerseits an der Unternehmensstrategie orientieren, andererseits eine Konsistenz im Fortschrittsanspruch aufweisen. Es macht in den wenigsten Fällen Sinn, an einer Stelle punktuell eine High End Lösung auf Excellent-Niveau einzuführen, wenn gleichzeitig an anderer Stelle wesentliche Elemente eines Profi-Levels fehlen. Hierbei soll natürlich auch dieser Leitfaden eine gewisse Orientierung bieten, soweit dies jenseits der vielen individuellen Faktoren möglich ist. Aus der Bestandsaufnahme - den erkannten Defiziten und Chancen - kann dann eine Roadmap für die Veränderung der Einkaufsorganisation entwickelt werden. Dabei ist auch immer darauf zu achten, dass Mitarbeiter neue Aufgaben in ihr Tagesgeschäft integrieren können und falls erforderlich auch in der Qualifikation weiterentwickelt oder geschult werden müssen. b. Effizienz als Schlüssel zur Veränderung Im Maschinenbau fehlt den Unternehmen oft die Zeit, um die Managementkompetenz im Einkauf weiter zu entwickeln. Obwohl unter Berücksichtigung der ungenutzten Potentiale sich in vielen Fällen wahrscheinlich eine Aufstockung der Personaldecke rechnen würde, geschieht dies selten und die Einkaufsabteilungen stecken mit dem Tagesgeschäft bis zum Hals in Arbeit. Deshalb macht es vielfach Sinn, sich am Anfang um die Effizienz und mögliche Automatisierung von Arbeitsabläufen zu kümmern, um so die erforderliche Kapazität zu schaffen, die für anspruchsvolle Projekte im Einkauf erforderlich ist.

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c. Fortschrittsmessung und Kennzahlen Nach der Bestandsaufnahme und der Festlegung der Entwicklungsziele ist es notwendig, auch die Fortschritte im Einkaufsmanagement darzustellen. In vielen Fällen wird die Managementqualität durch eine einfache digitale qualitative Abfrage erfolgen können, ob bestimmte Strukturen, Methoden, Analysen oder Ansätze vorhanden sind. In vielen Fällen — und das ist letztlich Ziel der ganzen Bemühungen — lässt sich auch an den Ergebnissen ablesen, wie sich Leistungs- und Erfolgsparameter des Einkaufs entwickeln. Dort wo quantitative Größen Aufschluss über den Stand geben können ist im Text ein Hinweis auf mögliche Kennzahlen eingefügt. Diese decken aber natürlich nicht das ganze Spektrum möglicher und sinnvoller Kennzahlen ab. Wichtig beim Gebrauch von Kennzahlen ist es, eine zu den individuellen Unternehmenszielen adjustierte Auswahl von Kennzahlen zu treffen und dabei immer verschiedene Kennzahlen im Kontext zu sehen. Die isolierte Betrachtung einer einzelnen Kennzahl ist nicht nur wenig aussagekräftig, sondern kann sogar gefährlich in die Irre führen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Kennzahlen als Zielvorgabe dienen sollen, weil dabei latent die Gefahr besteht, dass eine Einzelgröße zu Lasten anderer ebenso wichtiger Parameter optimiert wird.

7. Schlussfolgerungen Der Maschinen- und Anlagenbau verdankt seinen internationalen Erfolg der Innovationskraft, seiner Agilität und Flexibilität. Deshalb kann es nicht wie in anderen Industrien sinnvoll sein, alle Unternehmen über einen Kamm zu scheren und für alle das gleiche Erfolgsrezept kreieren zu wollen. Trotzdem gibt es bei aller Verschiedenheit erkennbare Faktoren, die einen Erfolgsbeitrag liefern können. Diese zu identifizieren und in eine Systematik zu bringen war Ziel dieser Arbeitsgruppe. Sicher wird auch in Zukunft die weitere Entwicklung Erkenntnisse und Erfahrungen bringen, die sich als Erfolgsfaktor herauskrsitallisieren. Gerne nehmen wir deshalb weitere Vorschläge und Lösungsansätze aus der Praxis in zukünftige Auflagen dieser Unterlage auf. Teilen Sie uns gute und schlechte Erfahrungen oder neue Lösungsansätze deshalb gerne mit.

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8. Anhang a. Mitglieder des Arbeitskreises Im Arbeitskreis und an der Erstellung dieser Unterlagen haben folgende Mitglieder des VDMA-Ausschusses Einkauf und Materialwirtschaft mitgewirkt und die praktischen Erfahrung aus Ihrer Arbeit eingebracht: Eckhard Böker, Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG, Siegsdorf Rainer Hellweg, HAVER & BOECKER OHG, Drahtweberei und Maschinenfabrik, Oelde Werner Oligmüller, DESCH Antriebstechnik GmbH & Co. KG, Arnsberg Andrej Ressel, Robert BÜRKLE GmbH, Freudenstadt Jörg Stolz, REIFENHÄUSER GmbH & Co. KG Maschinenfabrik, Troisdorf Norbert Veit, SMS Elotherm GmbH, Remscheid Dr. Josef Trischler, VDMA e.V. Mitglieder der Hauptgeschäftsführung, Frankfurt Michael Wolf, VDMA e.V. Abt. Betriebswirtschaft, Frankfurt

Kontakt: Michael Wolf VDMA Betriebswirtschaft [email protected] 069/6603-1647

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b. Porträt VDMA-Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft Inhalt der Ausschussarbeit Der Ausschuss Einkauf und Materialwirtschaft des VDMA behandelt fachliche Fragestellungen aus den Bereichen Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik. Die AusschussArbeit dient dem Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern, der Bewertung aktueller Trends und Entwicklungen sowie der Entwicklung gemeinsamer Standards und Konzepte. Themengebiete der Ausschussarbeit sind unter anderem: • • • • • • • • • • •

Einkaufsorganisation Einkaufsstrategien Internationale Beschaffungsmärkte Optimierung von Einkaufsprozessen Entwicklung von Lieferantenbeziehung Strategische Partnerschaften Qualitätsmanagement in der Beschaffung Qualifizierung in Einkauf- und Materialwirtschaft Lagerhaltung und Bestandsmanagement Aktuelle Kommunikations- und Informationsmedien Logistik und Materialfluss im Unternehmen

Ablauf der Ausschussarbeit Der Ausschuss tritt in der Regel 3 mal im Jahr zu einer Sitzung zusammen, die entweder beim VDMA oder einer der im Ausschuss vertretenen Firmen stattfindet. In Form von Vorträgen interner und externer Referenten und gemeinsamen Diskussionen werden fachliche Themen sowie aktuelle Entwicklungen vorgestellt und erörtert. Themen von besonderem Interesse können in separaten Arbeitskreisen vertieft werden. Der Ausschuss fungiert ferner als Expertenkreis bei der Ausgestaltung von Tagungen, Erhebungen oder Initiativen des VDMA. Mitglieder Der Ausschuss hat etwa 50 Mitglieder, die das Unternehmens-Spektrum des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus widerspiegeln. Interessenten können mit Einverständnis des Vorstandes neu aufgenommen werden. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist eine leitende Funktion in den Bereichen Einkauf, Materialwirtschaft oder Logistik und eine Benennung durch die Geschäftsleitung des jeweiligen VDMA Mitgliedsunternehmens. Kontakt Michael Wolf, Betriebswirtschaft, [email protected], ℡ 069/6603-1647

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