ÖBB-Fernsteuerkonzept. I. Erste Schritte

November 24, 2017 | Author: Nicolas Baumhauer | Category: N/A
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1 Dipl.Ing. Friedrich Leitenberger 2011 ÖBB-Fernsteuerkonzept I. Erste Schritte 1. Grundlagen: Der Ausdruck Fernste...

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© Dipl.Ing. Friedrich Leitenberger 2011

ÖBB-Fernsteuerkonzept

I. Erste Schritte 1. Grundlagen: Der Ausdruck „Fernsteuerung“ wird hier als Oberbegriff für Begriffe wie Mehrfachtraktionssteuerung, Tandemsteuerung oder Wendezugsteuerung verwendet. Gemeint ist damit die Fernbedienung eines Triebfahrzeugs von einem anderen Fahrzeug aus. Man kann zwischen folgenden Systemen unterscheiden: 1.1 Konventionelle Fernsteuerung: Für jedes zwischen den Fahrzeugen übermittelte Steuersignal wird eine eigene – durch den Zug verlaufende – Steuerleitung verwendet (parallele Übertragung). 1.2 Steuerung mit serieller Übertragung: Diese Steuerung benötigt im allgemeinen nur zwei durch den Zug verlaufende Leitungen. Die Befehle oder Meldungen werden hintereinander in Form von Datentelegrammen übertragen. Zur Übertragung werden zwei verschiedene Techniken verwendet, deren Grenze fließend ist: •

Multiplex: Die Multiplextechnik kann als "Bündelung" der Vielfachsteuerleitungen auf zwei Adern bezeichnet werden. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist eher gering, dadurch sind nur relativ wenige Informationen übertragbar. Die Informationsübertragung kann im allgemeinen nicht selektiv erfolgen. Vorteil ist, dass vorhandene Leitungen durch Überlagerung mitbenützt werden können.



Zugbus: Der Zugbus ist eine Datenverbindung zwischen Fahrzeugrechnern. Er arbeitet schnell, d.h. es sind viele Informationen übertragbar. Die Teilnehmer können sich selektiv melden bzw. selektiv angesprochen werden. Nachteil ist, dass eigene Leitungen notwendig sind.

1.3 Funkfernsteuerung: Die Funkfernsteuerung wird beim ÖBB-Fernsteuerkonzept nicht betrachtet.

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2. Der Beginn: Bis in die 80er-Jahre wurde die Fernsteuerung bei ÖBB-Fahrzeugen nur bei Triebwagen angewendet, bei Lokomotiven war sie praktisch bedeutungslos. Wendezüge hat es damals überhaupt noch nicht gegeben. 2.1 1146: Eine Wende war 1985 zu bemerken, als die konstruktiven Vorarbeiten für den Totalumbau zweier älterer Lokomotiven der Reihe 1046 getroffen wurden. Diese als Reihe 1146 bezeichneten Lokomotiven sollten fernsteuerbar sein. Von Anfang an war man bestrebt, diese Fernsteuerung nicht mehr in konventioneller Technik auszuführen, sondern eine Technologie mit serieller Übertragung anzuwenden. Grund: die Vielfachsteuerleitungen mit den dazugehörigen Kupplungen sind teuer in Anschaffung und Erhaltung, die begrenzte Anzahl von Leitungen ist ein Hindernis bei später notwendigen Erweiterungen der Steuerung. Da sich einerseits Arbeiten des ERRI (European Railway Research Institute) mit Multiplexsteuerungen auseinandersetzten und andererseits diese Steuerungen bei mehreren europäischen Bahnverwaltungen bereits in Verwendung waren, orientierte man sich daher für den konkreten Anwendungsfall an dieser Technik. Ab Ende 1987 erfolgte mit Hilfe eines provisorisch adaptierten Steuerwagens die Inbetriebsetzung der Fernsteuerung der 1146.001, sowie in geringem Umfang auch ein Testbetrieb. Der reguläre Betrieb beider 1146 begann mit Sommerfahrplan 1988 fast von der ersten Stunde an im Tandembetrieb. Trotz aller Schwierigkeiten konnte die Einführung dieser neuen Technik als zufriedenstellend bezeichnet werden. 2.2 2068: 1987 wurde das Lastenheft für eine neue Dieselverschublok – Reihe 2068 – fertig gestellt. Für diese Lok war ursprünglich ebenfalls eine Multiplexsteuerung vorgesehen. Da aber bereits die 1986 begonnenen Arbeiten der UIC und des ERRI zum Thema Zugbus mit Interesse verfolgt wurden, fiel Anfang 1988 in Abstimmung mit der Lieferfirma die Entscheidung, die Fernsteuerung mit einem 2-Draht-Bus unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Normentwürfe auszuführen. Diese Lösung war ursprünglich nur für die Steuerung von je 2 Loks vorgesehen. Da bei Auslieferung der Loks (Ende 89 / Anfang 90) neue Norm-Entwürfe vorlagen, wurde zwischen ÖBB und Lieferfirma vereinbart, auf die Inbetriebnahme der Fernsteuerung vorläufig zu verzichten und den Bus an den aktuellen Stand der Normen anzupassen. Vor allem sollten aber die Festlegungen des inzwischen erarbeiteten Fernsteuerkonzepts einfließen. Erste "Gehversuche" in Doppeltraktion wurden im Mai 1991 gemacht. Diverse neue Erkenntnisse mussten eingearbeitet werden. Erst im Februar 1992 konnte die eigentliche Fernsteuerung für funktionstauglich erklärt werden. Gleichzeitig wurde aber die Notwendigkeit erkannt, die Funktion der Fahrzeug-Diagnose im Zusammenhang mit der Fernsteuerung zu überarbeiten, da fallweise für den Lokführer verwirrende Störungsmeldungen vom der geführten Lok her übertragen werden. Da diese Arbeiten äußerst umfangreich waren, erfolgte die tatsächliche Inbetriebnahme der Fernsteuerung erst Anfang 1993. Es war geplant, die 2068 an die später spezifizierte Interimslösung anzugleichen, jedoch wurde dann mangels Bedarf darauf verzichtet.

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II. ÖBB-Interimslösung 1. Allgemeines Konzept: Aufgrund des Erfolges mit der 1146 war geplant, dieses System in allen in der Projektphase befindlichen E-Lokomotiven und -Triebwagen zur Anwendung zu bringen. War ursprünglich vorgesehen, nur das Datenübertragungssystem zu normen, die Funktionen der Loksteuerung dagegen auf das jeweilige Projekt hin abzustimmen, wurde Anfang 1989 begonnen, ein umfassendes Fernsteuerkonzept zu entwickeln, das zum Ziel hat, beliebige Triebfahrzeuge mit anderen beliebigen Triebfahrzeugen zu so kombinieren, dass ein gemeinsamer Fernsteuerbetrieb möglich ist. Es war daher notwendig, auch die diversen Steuerfunktionen zu normen. Im Zuge der Diskussionen des Konzepts mit den Lieferfirmen wurde erkannt, dass eine Multiplexsteuerung nicht alle Anforderungen erfüllen konnte. Es erfolgte daher ein Rückzug aus der Multiplextechnik und eine Hinwendung zum Zugbus. Die Multiplexsteuerung kam dann nur noch bei den beiden Triebwagen 4855 (Stern & Hafferl ET 25 103 und 104) zur Anwendung. In weiterer Folge wurde das Konzept – vorerst theoretisch – auch auf Reisezugwagen und Steuerwagen ausgeweitet. Ferner wurde eine Möglichkeit gefunden, E- und V-Triebfahrzeuge kombinieren zu können. Die erste Ausgabe des Konzepts wurde Ende 1989 fertig gestellt, allerdings noch ohne Festlegung der Telegramminhalte. Diese wurden im wesentlichen 1990 festgelegt.

2. Grundzüge des Konzepts: Es sollte eine Lösung geschaffen werden, die betrieblich die größtmöglichen Freiheitsgrade bietet bzw. den betrieblichen Bedürfnissen keine technischen Beschränkungen auferlegt. Zur Erreichung des Zieles mussten folgende Aufgaben erledigt werden: • Festlegung eines einheitlichen Systems zur Informationsübertragung zwischen den Fahrzeugen. • Normung der zu übertragenden Informationen. • Normung der Fernsteuerfunktionen. Die Übertragung der Befehle und Meldungen sollte über eine serielle Datenleitung (Zugbus) erfolgen. Zur Verbindung dieser Leitung zwischen den Fahrzeugen bot sich die vorhandene UIC-Kupplung an. Klarerweise mussten für diese Datenleitung einheitliche Standards geschaffen werden. Zu diesem Zweck war man von Beginn an bestrebt, sich an internationalen Lösungen zu orientieren. Internationale Normen waren damals aber gerade erst im Aufbau begriffen. So musste einerseits für die ersten ÖBB-Anwendungen gemeinsam mit der Industrie eine provisorische Übergangslösung („ÖBB-Interimslösung“) erarbeitet werden. Andererseits haben die ÖBB bereits frühzeitig begonnen, an der Entwicklung der internationalen Normen mitzuarbeiten.

-4Damit Fahrzeuge „miteinander reden“ können genügt es aber nicht, nur die Informationsübertragung zu normen. Es müssen auch einheitliche Fernsteuerfunktionen spezifiziert werden. Es muss z.B. genau festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmtes Kommando vom führenden Fahrzeug („Master“) über den Zugbus an das geführte Fahrzeug („Slave“) übertragen wird und wie es dort verwendet wird. Hier war die Situation wesentlich schwieriger, da ursprünglich überhaupt keine Ansätze einer internationalen Normierung verfügbar waren und die ÖBB von Null beginnend jede Normungsarbeit selbst leisten mussten. Erst viel später hat sich eine internationale Arbeitsgruppe konstituiert, die entsprechende Lösungen zu erarbeiten hatte. Diese Arbeiten haben dann zur Erstellung UIC-Merkblattes 647 („Funktionsmodell für die Fernsteuerung von Triebfahrzeugen“) geführt.

3. Technik der Interimslösung: 3.1 Zugbus: Da noch keine UIC-Norm für einen Zugbus existierte, sah sich die ÖBB gezwungen, für ihren Bedarf eine Interimslösung festzulegen. Es wurde davon ausgegangen, dass bei einem späteren Umstieg von der Interimslösung auf eine UIC-Norm zwar diverse Komponenten der Übertragungsebene geändert werden müssen, die Anwender-Ebene (Fahrzeugsteuerung) aber unverändert beibehalten werden kann und damit die zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen nicht verloren sind. Bei der Normung waren zwei Ebenen zu betrachten: 3.1.1 Datenübertragung: Als Grundlage für die ÖBB-Festlegung wurde der Entwurf der DIN-Norm 43 322 („Serielle Schnittstellen zu programmierbaren elektronischen Einrichtungen auf Schienenfahrzeugen“) herangezogen; die darin enthaltenen Festlegungen entsprachen dem Normvorschlag der DB bzw. der deutschen Industrie für einen UICZugbus. Diverse Freiräume in der Norm mussten durch die Lieferfirmen in Absprache mit den ÖBB ausgefüllt werden. Die wesentlichen Merkmale der Norm sind: • Zweidrahtverbindung nach RS 485, • Protokoll nach HDLC für die Datenübermittlung, • Master-Slave-Struktur; im Regelfall übernimmt das führende Fahrzeug die Rolle des Masters, • Zugtaufe bei Inbetriebnahme; jedem Fahrzeug wird eine logische Adresse zugewiesen. Zum Vergleich soll die heutige Situation bei der UIC erwähnt werden. Es existiert das UIC-Merkblatt 556 („Informationsübertragung im Zug (Zugbus)“); das Merkblatt verweist auf die IEC-Norm TCN (Train Communication Network).

-53.1.2 Dateninhalte: Die Inhalte der einzelnen Telegramme wurden durch die ÖBB in Absprache mit den Lieferfirmen bis hin zur bit-Ebene festgelegt. Dabei konnte auf keine Normvorschläge zurückgegriffen werden. Das UIC-Merkblatt 556 legte später jene Telegramminhalte fest, die für Wagen von Bedeutung waren. Die Steuerung von Triebfahrzeugen wurde erst noch später definiert. 3.2 Kupplung: Da ursprünglich geplant war, die Interimslösung nur für die Vielfachsteuerung von Triebfahrzeugen anzuwenden, wurde als einfachste Lösung – unter Ausnutzung der vorhandenen Reserven im Stecker – die um zwei Leitungen erweiterte Kupplung für die Lautsprecherleitung ("UIC-Kupplung") verwendet. Die Triebfahrzeuge blieben dabei kompatibel zu den RIC-Wagen, da der 13-polige Stecker des Wagens in die 15-polige Dose der Lok gesteckt werden konnte. Diese Lösung hat sich aber als Schwachstelle herausgestellt. Es ist zwar so, dass ein 13-poliger UIC-Stecker in eine 15-polige Dose gesteckt werden kann (die Sprechverbindung kann somit zwischen Fahrzeugen mit und ohne Bus hergestellt werden). Wenn allerdings versehentlich versucht wird, einen 15-poligen Stecker in eine 13-polige Dose zu stecken, führt das zur Beschädigung der beiden „überzähligen“ Kontaktstifte. Viele Busstörungen aufgrund von unterbrochenen Leitungen waren die Folge. 3.3 Buskoppler: Der Bus kann im Koppler über einen Kontakt aufgetrennt werden; diese Möglichkeit ist wichtig für die Zugtaufe. Zur Vermeidung von Kontaktproblemen (Überwindung der Fritt-Spannung) legt der Zugbus-Master 60 V Gleichspannung über einen 1 kΩ-Vorwiderstand an den Bus. Auf diesen Pegel wird das Bussignal (± 5 V) vom Sender über einen Trenntrafo und Kondensator eingekoppelt bzw. vom Empfänger auf die gleiche Art wieder ausgekoppelt. Die Gleichspannung wird auch für die Abwicklung der Zugtaufe verwendet. An beiden Enden des Bus wird je ein 1 kΩ-Abschlusswiderstand zugeschaltet. Dieser Widerstand wird ebenfalls für die Abwicklung der Zugtaufe herangezogen. 3.4 Telegramme: Abgesehen von diversen Bus-Steuerbefehlen werden die Informationen als UIFrames (an alle, zyklisch, ohne Quittierung) oder I-Frames (an bestimmte Teilnehmer, je nach Anwendung zyklisch oder einmalig, mit Quittierung) gesendet. Die Übertragungsrate beträgt 62,5 kbit/s. Die Telegramme bestehen aus einem Rahmen (Bytes zur Synchronisierung, Steuerung und Adressierung) und einem Datenfeld. Das Datenfeld besteht immer aus einer geraden Anzahl von Bytes. Die jeweils ersten zwei Bytes beinhalten eine Telegrammkennung, wodurch zwischen verschiedenen Telegrammen unterschieden werden kann. Die weiteren Bytes stellen den eigentlichen Telegramminhalt dar. Werden Telegramme mit unbekannten

-6Kennungen empfangen, werden diese zwar quittiert, aber ohne jede weitere Aktion verworfen. 3.5 Aufbau der Busverbindung: Im Grundzustand ist in allen Fahrzeugen die Busleitung aufgetrennt. Ein Triebfahrzeug, das die Masterrolle für sich beansprucht, beginnt den Aufbau des Zugbus, wenn ein Führerstand besetzt wird und dort sich der Fernsteuerwahlschalter in der Stellung "Master" befindet. Es wird zuerst die Bus-Prüfung in beiden Richtungen durchgeführt. Die 60 VGleichspannungsquelle ist dabei ausgeschaltet, die Abschlusswiderstände sind eingeschaltet. Wenn dann eine Gleichspannung detektiert wird, ist bereits ein anderer Zugbus-Master (ZBM) vorhanden. Der Lokführer erhält eine Störungsmeldung. Wird keine Spannung gemessen, stellt der ZBM fest, ob potentielle ZugbusTeilnehmer (ZBT) vorhanden sind. Zu diesem Zweck schaltet er in einer Richtung den Abschlusswiderstand aus und die Gleichspannung ein. Anschließend wird wieder die Gleichspannung am Bus gemessen; beträgt sie 30 V (Spannungsteiler: 1 kΩ Vorwiderstand der Gleichspannungsquelle im eigenen Fahrzeug und 1 kΩ Abschlusswiderstand am anderen Fahrzeug), sind potentielle ZBT vorhanden. Wurde ein potentieller ZBT festgestellt, sendet der ZBM den Tauf-Befehl und der ZBT antwortet mit der Tauf-Meldung. Auf diese Weise erhält der ZBT eine Adresse, unter der er angesprochen werden kann (Zugtaufe). In weiterer Folge schaltet dieser ZBT zur Feststellung eines weiteren potentiellen ZBT in der dem ZBM abgewandten Richtung den Abschlusswiderstand aus und die Gleichspannung ein. Anschließend misst er die Spannung am Bus. Wurde ein weiterer potentieller ZBT festgestellt, schaltet er die Gleichspannung aus und den Bus durch. Dieses Verfahren wird so lange wiederholt, bis der letzte ZBT in dieser Richtung getauft wurde. Dann erfolgt der gleiche Ablauf in der anderen Richtung. Die Bezugsrichtung eines Fahrzeugs ist die Fahrtrichtung 1 (gemäß UIC-Definition). Die Zugtaufe beginnt gegen die Bezugsrichtung; in dieser Richtung erhalten die ZBT die Adressen 2, 3, 4, usw. Anschließend erfolgt die Taufe in der anderen Richtung; in dieser erhalten die ZBT die Adressen 34, 35, 36, usw. Der ZBM hat die Adresse 1. Die ZBT erkennen, aus welcher Richtung die Taufe erfolgt ist und können mit Hilfe ihrer Adressen ihre Orientierung zum ZBM feststellen. Diese Information wird zur korrekten Interpretation der Befehle vorwärts/rückwärts (Fahrtrichtung) bzw. links/rechts (Türen) benötigt. Nachdem die Verbindung aufgebaut wurde, fordert der ZBM jeden ZBT auf, sich anzumelden. Der ZBT sendet daraufhin ein Anmelde-Telegramm. Nachdem der ZBM alle Anmeldungen erhalten hat, sendet er an jeden ZBT die Topografie. Nach der Taufe erfolgt der Übergang in den Regelbetrieb. Während des Regelbetriebs wird an beiden Zugenden ständig abgefragt, ob weitere potentielle ZBT dazugekommen sind.

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4. Fahrzeugsteuerung: Bei der konventionellen Fernsteuerung werden Befehle des führenden Fahrzeugs parallel an alle geführten Fahrzeuge gesendet. In umgekehrter Weise werden Meldungen der geführten Fahrzeuge an das führende Fahrzeug gesendet; d.h. das führende Fahrzeug kann nicht erkennen, woher eine Meldung kommt. Selektive Befehle oder Meldungen werden im allgemeinen nicht realisiert, da dies einen unverhältnismäßig hohen Aufwand an Verbindungsleitungen bedingen würde. Bei der Steuerung mit Zugbus fällt diese Einschränkung weg. Um aber alle Vorteile ausnützen zu können, sind einige spezielle Verfahren bzw. Regelungen notwendig, die im folgenden beispielhaft erwähnt werden. Voraussetzung ist, dass die Fahrzeuge mit einer Rechnersteuerung ausgestattet sind. 4.1 Inbetriebnahme: Abgestellte Triebfahrzeuge befinden sich in einer "Schlafstellung", d.h. ein kleiner Teil der Fahrzeugsteuerung ist noch aktiv. Es wird angestrebt, dass diese Betriebsart ohne Batterieladung 48 h dauern kann. Wenn ein Führerstand in Betrieb genommen wird, erfolgt auf diesem Fahrzeug die volle Aktivierung der Fahrzeugsteuerung und es wird begonnen, die Busverbindung aufzubauen. Bei den anderen Fahrzeugen wird die volle Fahrzeugsteuerung aktiviert, wenn Signale am Bus erkannt werden. 4.2 Zugkraft: Wenn in einem Zugverband mehrere Triebfahrzeuge mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen arbeiten sollen, kann die Zugkraftregelung der einzelnen Fahrzeuge nach zwei Gesichtspunkten optimiert werden, die sich gegenseitig ausschließen: • optimale Reibwertausnutzung, • gleichmäßige Auslastung der Triebfahrzeuge. Die ÖBB haben einer gleichmäßigen thermischen Beanspruchung der Triebfahrzeuge höhere Priorität eingeräumt. Dieser Zielsetzung wird dadurch entsprochen, dass durch eine prozentuelle Sollwert-Vorgabe jedes Triebfahrzeug entsprechend seinem Leistungsvermögen zur Zugkraftbildung beiträgt. Im einzelnen läuft das Verfahren folgendermaßen ab: Der Triebfahrzeugführer gibt mit dem Zugkrafthebel einen Sollwert in % vor. Die Geschwindigkeitsregelung gibt ebenfalls einen Zugkraft-Sollwert in % vor. Beide Werte werden über den Zugbus an alle Fahrzeuge übertragen. Jedes Triebfahrzeug verarbeitet den kleineren der beiden Werte weiter. Dieser %-Wert wird individuell auf den vom jeweiligen Z/v-Diagramm her möglichen Maximalwert bezogen und so in einen kN-Wert umgesetzt, der dann letztendlich als Sollwert für die Antriebssteuerung dient. Für die Aufsteuerung der dynamischen Bremse wird ein negativer Sollwert in % vorgegeben. 4.3 Geschwindigkeitsregelung: Es darf grundsätzlich nur ein v-Regler im Zug aktiv sein. Würde es zwei Triebfahrzeuge mit aktivem v-Regler im Zug geben, würden die v-Regler wegen der

-8unvermeidbaren Toleranzen gegeneinander arbeiten, d.h. ein Triebfahrzeug zieht, das andere bremst. Es musste daher ein Verfahren gefunden werden, das an ein bestimmtes Fahrzeug die Berechtigung zur v-Regelung vergibt. Die einfachste Lösung wäre gewesen, wenn stets das Fahrzeug an der Zugspitze die v-Regelung übernimmt. Ist dieses Fahrzeug aber ein Steuerwagen, treten Probleme auf. Üblicherweise besitzen Steuerwagen keinen v-Regler; wenn ein solcher eingebaut werden würde, dann wäre die Regelqualität unzureichend. Es wird daher durch ein automatisches Vergabeverfahren die Berechtigung zur vRegelung an das erste Triebfahrzeug im Zugverband erteilt, das in der Lage ist, Traktion abzugeben. Der am führenden Fahrzeug vorgegebene v-Sollwert wird über den Zugbus an dieses Triebfahrzeug übertragen. Der Zugkraft-Sollwert des vReglers wird zurück an das führende Fahrzeug und von dort "an alle" gesendet. 4.4 Pneumatische Bremse: Hinsichtlich der Bremssteuerung musste die betriebliche Vorgabe berücksichtigt werden, dass es bei Ausfall der Datenübertragung über den Zugbus zu keiner Zwangsbremsung kommen darf (siehe Punkt 4.5). Die indirekte Bremse konnte bei der Betrachtung ausgeklammert werden, da sie grundsätzlich über die Hauptluftleitung gesteuert wird. Für die Funktion der direkten Bremse (Zusatzbremse) mussten jedoch besondere Vorkehrungen getroffen werden: sie wird durch ein Steuerorgan – bestehend aus einem Absperrhahn und einem parallelgeschaltetem Absperrmagnetventil – freigegeben. Der Absperrhahn wird nur am führenden Triebfahrzeug geöffnet. Er wird aus Sicherheitsgründen vorgesehen: keine Automatik darf die Zusatzbremse abschalten können. Wenn der Hahn nicht geöffnet ist, kann kein Zugkraft-Sollwert gebildet werden. Auf geführten Triebfahrzeugen öffnet das Absperrmagnetventil, wenn Signale am Bus erkannt werden. Wenn die Busübertragung unterbrochen wird, schließt das Ventil nach 5 sec (eine feste Bremse wird dabei gelöst). Nach dem Steuerorgan befindet sich ein Druckschalter; nur wenn dieser schaltet, wird die Traktion freigegeben. Die Zusatzbremse kann über die Fernsteuerung betätigt werden; auf geführten Fahrzeugen trägt sie keine Sicherheitsverantwortung. Durch antivalente Befehlsverarbeitung soll im Störfall unbeabsichtigtes Bremsen oder Lösen verhindert werden; bei einer Antivalenzstörung bleibt der jeweilige Bremszustand erhalten. 4.5 Gestörte Übertragung: Für den Fall einer Zugbus-Störung mussten zwei wesentliche betriebliche Forderungen berücksichtigt werden: • Jene Triebfahrzeuge, zu denen der "Kontakt" verloren gegangen ist, müssen in einen sicheren Zustand gebracht werden. • Es darf keine Zwangsbremsung erfolgen.

-9Nach einer Störung läuft daher auf den geführten Triebfahrzeugen folgende Sequenz ab: Die Zugkraft wird nicht schlagartig abgeschaltet, sondern innerhalb von 5 sec abgeregelt. Anschließend wird auf E-Triebfahrzeugen der Hauptschalter abgeschaltet und der Stromabnehmer gesenkt, auf Dieselloks wird der Fahrdiesel auf Leerlauf abgeregelt. Die direkte Bremse wird selbsttätig abgesperrt. Nach 5 min werden zur Schonung der Fahrzeugbatterie diverse Stromverbraucher – u.a. der größte Teil der Leittechnik – abgeschaltet. Nach Wiederherstellung der Übertragung werden die Stromverbraucher und die direkte Bremse wieder selbsttätig eingeschaltet, der Stromabnehmer und der Hauptschalter müssen aber aus Sicherheitsgründen manuell aktiviert werden.

5. Umsetzung der Interimslösung: 5.1 1822: In den 1989 stattfindenden Konstruktionsbesprechungen deponierten die ÖBB die Forderung, die Fernsteuerung dieser Loks entsprechend dem im Entstehen begriffenen Fernsteuerkonzept auszuführen. Da die Entwicklung des Bus-Kopplers zu einer Lieferverzögerung geführt hätte, musste der Verwendung einer weiterentwickelten Form der Multiplexsteuerung (quasi ein Zugbus mit anderer Norm) zugestimmt werden. Es wurden lediglich die Loksteuerfunktionen entsprechend dem Konzept ausgeführt. Es ist damit nur die Vielfachsteuerung mit Fahrzeugen der eigenen Baureihe möglich. 5.2 1044: Die Lokomotiven wurden ab 1978 in einigen Varianten geliefert. Mitte 1989 wurde begonnen, die Nachrüstung einer Fernsteuerung in diese Lokreihe zu projektieren. Aus Kostengründen musste die ursprüngliche – in konventioneller Elektronik aufgebaute – Loksteuerung möglichst unverändert belassen werden. Die Fernsteuerfunktionen wurden mit einem zusätzlichen Rechner realisiert, der der bestehenden Steuerung überlagert wurde. Dieser Kompromiss bedingte gewisse Abstriche vom Konzept, die freie Kuppelbarkeit mit anderen Fahrzeugen blieb aber prinzipiell gewahrt. Alle Triebfahrzeuge ab der Ordnungsnummer 224 wurden ab Werk mit der – vorläufig noch deaktivierten – Fernsteuerausrüstung ausgeliefert. Ein Lok-Paar wurde als Erprobungsträger hergerichtet. Die im Jänner 1992 durchgeführte Tandem-Erprobung verlief zufriedenstellend. Nach diversen Adaptierungen wurde Ende Mai 1992 ein einwöchiger Probebetrieb erfolgreich absolviert. Nach Durchführung von Restarbeiten, Herbeiführung des letztgültigen Ausführungszustandes auf allen betreffenden Triebfahrzeugen sowie Nachrüstung der Loks ab Ordnungsnummer 216, erfolgte im Sommer 1993 die Aufnahme des regulären Betriebs. Die Fernsteuerung ist voll kompatibel zur Baureihe 1014. 5.3 1014: Das Triebfahrzeug 1014 wurde zur Führung leichter bis mittelschwerer Züge im innerösterreichischen Verkehr, sowie für den grenzüberschreitenden Verkehr nach Ungarn und Tschechien konzipiert.

- 10 Es ist das erste Neubaufahrzeug, das komplett gemäß dem Fernsteuerkonzept ausgeführt wurde. Der Großteil der Fahrzeug-Leittechnik (einschließlich Fernsteuerung) wird durch ein Mehrrechnersystem realisiert. Die Fernsteuerung ist voll kompatibel zur Baureihe 1044. Es wurden 18 Stück bestellt. Die Fahrzeuge wurden 1993 – 1994 ausgeliefert. 5.4 Schmalspurtriebwagen 4090: Für die Modernisierung der schmalspurigen Bahnlinie St. Pölten – Mariazell (Mariazellerbahn) wurden 2 Garnituren bestellt: • Triebwagen – Zwischenwagen – Zwischenwagen – Triebwagen, • Triebwagen – Zwischenwagen – Steuerwagen. Die Fahrzeugsteuerung der Triebwagen und des Steuerwagens erfolgte mittels Leitrechner. Beide Fahrzeugtypen wurden daher gemäß Fernsteuerkonzept ausgeführt. In den Zwischenwagen wurde jedoch aus Kostengründen auf den Einbau eines Rechners verzichtet; die Wagen werden daher durch konventionelle Vielfachsteuerleitungen in die Fernsteuerung eingebunden (für den Zugbus dienen sie lediglich als "Leitungswagen"). Die Auslieferung ist 1994 erfolgt. Im Zuge der Projektierung wurden Teile des Fernsteuerkonzepts wesentlich verfeinert. Erstmals mussten Problemkreise behandelt werden, die ein Steuerwagen aufwirft. 5.5 1012: Die Lokreihe 1012 war als Schnellfahrlok konzipiert. Obwohl das Fernsteuerkonzept zu Grunde gelegt wurde, war nur eine artreine Vielfachsteuerung möglich. Auf eine Weiterentwicklung zur Erzielung der Kompatibilität mit anderen Fahrzeugen wurde verzichtet. Es wurden lediglich 3 Stück gebaut, die 1997 geliefert wurden. Die Fahrzeuge wurden mittlerweile nach Schweden verkauft. 5.6 weitere Projekte: Bei den folgenden Projekten wurde ursprünglich die Anwendung der Interimslösung geplant. Durch die Fortschritte in der Entwicklung des UIC-Zugbus ist es dann anders gekommen. •

Umbau 1042 Die Lokomotiven wurden in den Jahren 1969 – 1977 in einigen Varianten geliefert. Die jüngste Variante (1042.531 ff) dieser Schaltwerkslok sollte – ähnlich wie bei der Lokreihe 1044 – einen Rechner erhalten, der der vorhandenen – überwiegend in Relaistechnik realisierten – Loksteuerung überlagert wird.



Wendezug-Steuerwagen Abgesehen vom Schmalspurtriebwagen erfolgte die Anwendung des Fernsteuerkonzepts bisher konkret nur für die Doppeltraktion von Lokomotiven. Anfang 1993 erfolgte die Ausdehnung der Arbeiten auf Wendezüge; es erfolgten Voruntersuchungen für einen allgemein verwendbaren Steuerwagen. Unter anderem wurde die Machbarkeit für den Umbau eines Inlandreisezugwagens zu einem Steuerwagen geprüft. Die vorhandene Wagen-Steuerung sollte

- 11 unverändert bleiben, ein zusätzlich eingebauter Rechner würde die SteuerwagenFunktionen übernehmen. Ein besonderes Problem haben die "Zwischenwagen" des Wendezuges aufgeworfen. Erstmals mussten Reisezugwagen in die Interimslösung einbezogen werden. Der Zugbus musste durchgekuppelt werden können, ohne dass die gültigen UIC-Bestimmungen verletzt werden. •

1163 Die Baureihe 1163 sollte ebenfalls einer Fernsteuerung ausgerüstet werden, die kompatibel zur Interimslösung war.

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III. UIC-Zugbus – 10./11. Entwurf 1. Einführung des UIC-Zugbus: 1.1 Problematik der Interimslösung: Wegen der verzögerten Fertigstellung des UIC-Merkblattes 556 wurde die Anzahl der mit der Interimslösung ausgestatteten Fahrzeuge immer größer und damit die für später vorgesehene Umrüstung immer teurer. Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass zwischenzeitlich Vorbereitungen für eine große Anzahl von Wendezugfahrzeugen (Umbau der Lokreihe 1042, Bau von Steuerwagen) getroffen wurden. Man kam damit an der Notwendigkeit nicht vorbei, das Konzept auch bei Wagen umzusetzen. Es wurde daher eine geringfügige Modifikation des Konzeptes (die Kupplung betreffend) überlegt, die es erlaubt hätte, dass die Interimslösung in Fahrzeugen für den nationalen Verkehr auch parallel zu einer UIC-Lösung hätte bestehen bleiben können (allerdings mit betrieblichen Einschränkungen). Bei der Modifikation wurde bereits die neue 18-polige UIC-Kupplung berücksichtigt, für die Mitte 1993 von der UIC ein Normentwurf herausgegeben wurde. In dieser Kupplung sind zwei Kontakte für eine Datenleitung reserviert. Vorteil dieser Kupplung ist vor allem, dass es durch eine mechanische Blockierung unmöglich ist, einen 18poligen Stecker mit einer 13-/15-poligen Dose zu verbinden. Problematisch an dieser Norm ist allerdings, dass sie nur für Reisezugwagen gilt, die Besonderheiten von Triebfahrzeugen aber nicht berücksichtigt sind. Zur Realisierung der Modifikation ist es nicht mehr gekommen, da zwischenzeitlich eine völlig neue Situation entstanden ist. 1.2 Umstieg auf die neue Norm: Mitte 1994 sind die gemeinsam mit der Industrie vorangetriebenen Normungsarbeiten der UIC in ein konkretes Stadium gelangt. Die Industrie war daher in der Lage, einen Vorläufer des UIC-Zugbus anzubieten. Bei diesem System ist die Hardware bereits definitiv, die Software muss aber später noch angepasst werden. Aufgrund dieser Situation wurden alle laufenden Projekte einer Neubetrachtung unterzogen. 1.3 Vermeidung von Buskollisionen: Es war klar, dass während eines Übergangszeitraumes sowohl die Interimslösung als auch der UIC-Zugbus nebeneinander bestehen werden müssen. Auch wenn Triebfahrzeuge, die mit unterschiedlichen Systemen ausgestattet sind, nicht gemeinsam steuerbar sind, kann es doch zur Doppeltraktion in der Form kommen, dass jedes Triebfahrzeug separat von einem Lokführer gesteuert wird. Zur Sprechverbindung muss das UIC-Kabel zwischen den Fahrzeugen gekuppelt werden, wobei der 15-polige Stecker in die 18-polige Dose passt. Die Bussysteme werden dabei aber nicht verbunden, da die Busleitung in der 15-poligen Kupplung über andere Kontakte geführt wird, als in der 18-poligen.

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2. Umsetzung der UIC-Norm: 2.1 1163: Die im Lieferstadium befindlichen Triebfahrzeuge der Baureihe 1163 wurden umgeplant. Die Fernsteuerung wurde mit UIC-Zugbus und 18-poliger UIC-Kupplung ausgeführt. Die Inbetriebnahme ist 1995 erfolgt. 2.2 1042: Bei der Detailplanung des Umbaus wurde der UIC-Zugbus berücksichtigt. Betroffen waren vorerst 75 Lokomotiven, die nach dem Umbau die neue Reihenbezeichnung 1142 erhielten. Die behördliche Zulassung der Fernsteuerung ist Ende 1995 erfolgt. In weiterer Folge wurden bis 2002 alle Loks der Serie 1042.531ff in gleicher Weise umgebaut. 2.3 Wendezug-Steuerwagen: Auch das Wendezugprojekt wurde auf der Basis des UIC-Zugbus realisiert. Vorerst wurden 75 Inlandwagen der Reihe BDmpsz 82-75 umgebaut, die dann die neue Reihenbezeichnung Bmpz-s 80-75 erhielten. Weiters wurden 225 Inlandwagen in Zwischenwagen (Baureihe Bmpz-l 20-75) umgebaut. Die Zwischenwagen erhielten die 18-polige UIC-Kupplung, nahmen aber selbst am Busverkehr nicht teil („Leitungswagen“). Die behördliche Zulassung ist 1996 erfolgt. Nach Modernisierung des Designs ist später aus den Steuerwagen die Baureihe 80-73 hervorgegangen. Die Zwischenwagen erhielten dabei die Reihenbezeichnung 21-73. 2.4 Doppelstockwagen: Die im Bau befindlichen Doppelstockwagen (10 Stück Steuerwagen Reihe 80-33, 50 Stück Zwischenwagen Reihe 26-33) erhielten natürlich ebenfalls den UIC-Zugbus. Erstmals wurden hier auch die Zwischenwagen an den Zugbus angekoppelt. Das erste Lieferjahr dieser Fahrzeuge war 1997. 2.5 1014: Die Fernsteuerung der Baureihe 1014 wurde 1997 auf den UIC-Zugbus umgebaut.

3. Technik des UIC-Zugbus: 3.1 Grundlagen: Die Festlegungen für den UIC-Zugbus sind im UIC-Merkblatt 556 enthalten, das damals als 11. Entwurf verfügbar war. Dieses Papier enthält vor allem Definitionen bezüglich anwendernaher Funktionen, sowie die Listen der über den Bus zu übertragenden Informationen. Die Festlegungen des eigentlichen Systems zur Informationsübertragung sind im IEC-Papier TCN (Train Communication Network; damals Entwurf 5/1996) enthalten, das neben dem Zugbus auch einen Fahrzeugbus normt.

- 14 3.2 Leitung, Kupplung: Die Busleitung besteht aus einem verdrillten Adernpaar mit gemeinsamen Schirm. Der Wellenwiderstand beträgt 75 Ω. Aus Redundanzgründen ist die Leitung 2-fach ausgeführt (Leitung A, Leitung B). Wenn das Fahrzeug Busteilnehmer ist, wird jede Leitung über eine Koppeleinheit mit der Fahrzeugsteuerung verbunden. Wenn das Fahrzeug kein Busteilnehmer ist, werden die Leitungen nur durch das Fahrzeug hindurchgeführt („Leitungswagen“). Im Hinblick auf die Kupplung der Leitungen zwischen den Fahrzeugen hat sich die UIC damals zwei Möglichkeiten offen gehalten: •

Verlegung der Busleitung gemeinsam mit dem UIC-Lautsprecherkabel. Es wurde dafür von der UIC eine eigene Kabeltype genormt. Die Verbindung erfolgt über eine 18-polige Kupplung. Die Festlegungen für Leitung und Kupplung sind im UIC-Merkblatt 558 („Fernsteuer- und Informationsleitung“) enthalten. Da Triebfahrzeuge allerdings gemäß bisheriger UIC-Norm nur eine Kupplungsdose je Stirnseite besitzen, war die redundante Leitungsverbindung zwischen Triebfahrzeugen vorerst nicht spezifiziert. Erst später wurde das UIC-Merkblatt 648 („Kupplungseinrichtungen für die elektrischen und Druckluftleitungen an den Stirnseiten der Lokomotiven und Steuerwagen“) entsprechend angepasst und an der Stirnseite der Tfz und Steuerwagen zwei Kupplungsdosen vorgesehen.



Verlegung der Busleitung gemeinsam mit den Steuerleitungen für die ep-Bremse. Die Verbindung erfolgt über eine Kupplung gemäß UIC-Merkblatt 541-5.

Die ÖBB wenden die erste Möglichkeit an. Für die redundante Kupplung der Triebfahrzeuge wurde vorläufig die zweite (untere) Kupplungsdose herangezogen, mit der ÖBB-Triebfahrzeuge unabhängig von der Norm bereits ausgerüstet waren. 3.3 Koppeleinheit: Die Koppeleinheit stellt das Bindeglied zwischen der Busleitung und dem Fahrzeugleitrechner dar. Jede Einheit enthält • Kontakte zum Auftrennen der Busleitung (wird für die Zugtaufe benötigt; die Kontakte sind an den beiden Enden des Bus geöffnet, in den anderen Fahrzeugen im Regelfall geschlossen), • die Abschlusswiderstände für die Leitung (werden an den beiden Enden des Bus angeschaltet, • zwei Sende-/Empfangskanäle (Haupt- und Hilfskanal; der Hilfskanal ist nur an den beiden Enden des Bus aktiv). Für jede der beiden redundanten Busleitungen wird eine eigene Koppeleinheit verwendet, wobei jedoch beide auf einer Baugruppe vereinigt sein können. 3.4 Organisation: Der Bus ist nach dem Master-Slave-Prinzip organisiert. Jener Busteilnehmer, der die Vorgänge am Bus steuert, ist der Master, die anderen sind die Slaves. Der Master befand sich im Regelfall im führenden Fahrzeug.

- 15 3.5 Signalübertragung: Die Informationen werden über den Zugbus in Form von Telegrammen übertragen. Für die Spannungspegel der Signale liegt die Norm RS 485 zugrunde. Die Verschlüsselung der Logikwerte (0, 1) erfolgt durch Manchester II-Codierung. Die Übertragung der Signale erfolgt nach dem HDLC-Verfahren (High-level Data Link Control). Die Datenrate beträgt 1 MBd. 3.6 Telegramme: Es gibt 3 Arten von Telegrammen: •

Telegramme für Prozessdaten (regelmäßige Telegramme): Sie werden zyklisch übertragen. Die Zykluszeiten betragen 100 ms (Priorität 1) oder 1 sec (Priorität 2). In einem Telegramm können bis zu 1024 bit (128 Byte) Nutzdaten übertragen werden. Der Master fordert nacheinander alle Busteilnehmer zum Senden auf (Polling). Jedes Telegramm wird von allen empfangen (Broadcast). Die ÖBB nutzen derzeit den nationalen Freiraum innerhalb der Telegramme. Es werden darin weitgehend die gleichen Informationen wie bei der Interimslösung übertragen. Auf diese Weise wurden zwei verschiedene Telegramme definiert: Steuertelegramm Befehle vom führenden Fahrzeug an die Slaves Statustelegramm Zustandsmeldungen von den Slaves an das führende Fahrzeug



Telegramme für Nachrichten (ereignisgesteuerte Telegramme): Sie werden einmalig aufgrund eines auslösenden Ereignisses übertragen. Der Empfang wird quittiert. Die ÖBB verwenden diese Telegramme derzeit nur für Protokoll-Informationen.



Telegramme für Organisationszwecke: Diese Telegramme dienen zur Taufe und für die Konfiguration des Zugbus.

3.7 Zugtaufe: Bei Zügen mit wechselnder Konfiguration können den Busteilnehmern nicht von vornherein fixe Adressen zugeordnet werden. Den Busteilnehmern müssen erst nach der Zusammenstellung des Zuges die Adressen zugewiesen werden. Dieses Verfahren nennt man Zugtaufe. Der Master besitzt immer die Adresse 01. Teilnehmer in Richtung 2 des Fahrzeugs erhalten aufsteigende Adressen (02, 03, ...), Teilnehmer in Richtung 1 absteigende (63, 62, ...). Zu Beginn sind alle Teilnehmer ungetauft, die Bus-Kontakte sind offen. Ein Teilnehmer wird – z.B. durch Besetzen des Führerstandes – zum Master gemacht. Der Master sendet daraufhin in beiden Richtungen Telegramme (Detect Request), um festzustellen, ob weitere Busteilnehmer vorhanden sind. Der benachbarte Teilnehmer antwortet (Detect Response), dass ein ungetaufter Slave vorhanden ist. Der Master übermittelt daraufhin die Taufadresse (02) an seinen Nachbarn (Naming Request), der Slave bestätigt die Taufe (Naming Response).

- 16 Jetzt beginnt der Slave seinerseits an der dem Master abgewandten Seite mit dem Senden von Telegrammen (Detect Request), um festzustellen, ob noch andere Busteilnehmer vorhanden sind. Sein Nachbar antwortet daraufhin (Detect Response). Der Slave 02 registriert in seinem Statusspeicher, dass er einen weiteren Teilnehmer gefunden hat. Parallel dazu fragt der Master den Statusspeicher dieses Slave ab (Status Request), die entsprechende Information wird daraufhin übermittelt (Status Response). Der Master gibt jetzt dem Slave 02 den Befehl, die Bus-Kontakte zu schließen (Set Int Request, der Slave bestätigt die Ausführung (Set Int Response). Nun wird an den noch ungetauften Teilnehmer seine Taufadresse (03) übermittelt (Naming Request), die dieser bestätigt (Naming Response). Dieses Verfahren wird solange wiederholt, bis alle Teilnehmer in dieser Richtung getauft sind. Wenn nötig, wird das Verfahren auch in der anderen Richtung durchgeführt.

4. Betriebseinsatz des UIC-Zugbus: 4.1 Vereinheitlichung der Vorläuferversionen: Die Praxis hat gezeigt, dass die Fernsteuereinrichtungen der bereits in Betrieb befindlichen Fahrzeuge lieferantenbedingt erhebliche Unterschiede aufgewiesen haben. Es hat sich daher 1997 die Notwendigkeit ergeben, die in den verschiedenen Fahrzeugreihen existierenden Vorläuferversionen des UIC-Zugbus auf einen gemeinsamen Stand zu bringen. Bevor an die eigentliche Softwareumstellung herangegangen werden konnte, waren umfangreiche Vorbereitungen zu erledigen: •

Für das elektrische Verschub-Tfz 1163 (Lieferant des elektrischen Teils: ADtranz) wurde eine neue Fernsteuersoftware geschrieben, die umfangreichen Tests unterzogen werden musste. Da diese Lokreihe in ihren Funktionen am weitesten dem ÖBB-Fernsteuerkonzept entsprochen hat, dienten einige Loks in weiterer Folge für die Tests der anderen Fahrzeuge als Referenzfahrzeug.



Bei den elektrischen Tfz der Reihe 1142 (Lieferant der Fernsteuerung: Elin EBG Traction) musste die Zugbus-Koppelbaugruppe erneuert werden, was bereits sukzessive ein halbes Jahr vor der Umstellung durchgeführt wurde. Weiters war die Fernsteuersoftware zu erneuern, die mit dem Referenzfahrzeug ausgiebig getestet wurde.



Bei den Steuerwagen 80-75 und den elektrisch baugleichen 80-73 (Lieferant der Fernsteuerung: Elin EBG Traction) musste wie bei der 1142 die ZugbusKoppelbaugruppe erneuert werden. Ebenfalls war die Fernsteuersoftware zu erneuern, die umfangreichen Tests mit dem Referenzfahrzeug unterzogen wurde.



Die Inbetriebsetzung der Fernsteuerung des neu ausgelieferten DoppelstockSteuerwagens 80-33 (Lieferant: Siemens) hat ebenfalls mit dem Referenzfahrzeug stattgefunden.

Da 1142, 80-75 und 80-73 umlaufbedingt ständig wechselnd kombiniert wurden, musste ihre Softwareumstellung schlagartig erfolgen. Diese Arbeiten haben konzentriert an einem Wochenende Ende November 1997 stattgefunden. Betroffen waren ca. 100 Fahrzeuge.

- 17 Die Softwareumstellung der Baureihe 1163 wurde von den anderen Fahrzeugen entkoppelt im April 1998 durchgezogen. Nach der erfolgten Umstellung der genannten Fahrzeuge hat die Zugbus-Software (die für die reine Kommunikation verantwortlich ist) in etwa dem 11. Entwurf des UICMerkblattes 556 entsprochen (diese Software ist von der UIC in einem Versuchszug getestet worden), die Anwender-Software (in der die Fernsteuerfunktionen begründet sind) der Ausgabe E des ÖBB-Fernsteuerkonzepts. 4.2 1014: Die Triebfahrzeugreihe 1014 ist neben dem österreichischem Stromsystem auch für 25 kV, 50 Hz geeignet. Die ihr zugeordneten Steuerwagen konnten auch mit der Zugheizspannung 1000 V, 50 Hz betrieben werden. Diese Fahrzeuge wurden u.a. im Wendezugbetrieb auf der Strecke Wien – Sopron (Ungarn) eingesetzt. Die ebenfalls geplante Anpassung der Fernsteuer-Software der Baureihe 1014 konnte wegen massiver Probleme mit der v-Regelung im Wendezugbetrieb nicht realisiert werden. Der UIC-Zugbus musste daher in der ursprünglichen älteren Version belassen werden. Die Loks konnten daher nur gemeinsam mit den ihr zugeordneten Steuerwagen („Sopron-Steuerwagen“) in einem „Inselbetrieb“ eingesetzt werden. 4.3 Erfahrungen: Die Software war damit auf einen Stand gebracht worden, der eine freie Kombination entsprechend ausgerüsteter Fahrzeuge (1142, 1163, 80-33, 80-75, 80-73) möglich gemacht hat. Leider war die Software aber noch nicht vollständig ausgereift, sodass die Erfahrungen mit dieser Ausführung des Zugbus alles andere als zufriedenstellend waren. Die Probleme waren: • Die Zugtaufe (= Konfiguration des Zugbus) dauerte sehr lange (5 – 10 sec, manchmal auch länger). • Die Anzahl der Busteilnehmer musste auf zwei beschränkt werden (Steuerwagen + Tfz oder Tfz + Tfz), da bei einer höheren Anzahl Probleme bei der Zugtaufe auftraten. Nur in Ausnahmefällen konnte mit vier Busteilnehmern (WendezugDoppelgarnituren) gefahren werden. • Da bei jedem Führerstandswechsel vom Triebfahrzeug zum Steuerwagen und umgekehrt eine Zugtaufe durchgeführt wurde, traten speziell in den Endbahnhöfen der Züge immer wieder Untauglichkeitsfälle aufgrund von Problemen mit der Zugtaufe auf. Es wurde zwar anhand von Laboruntersuchungen versucht, das Taufverfahren zu verbessern, der Erfolg war aber eher bescheiden. 4.4 Sicherheitsbetrachtung: Vor dem Hintergrund der subjektiv als unzuverlässig empfundenen Arbeitsweise des Zugbus wurde auch die Sicherheitsbetrachtung neu definiert.

- 18 Die Sicherheitsbetrachtung ruhte bisher auf zwei Säulen: •

Über die indirekte Druckluftbremse können die Fahrzeuge jederzeit zum Stillstand gebracht werden. Die Hauptluftleitung dient dabei neben dem Zugbus als zweiter Informationskanal. Bei einem Ausfall des Zugbus stellt sie die Rückfallebene dar. Auch wenn ein geführtes Fahrzeug unkontrolliert Traktionsleistung abgeben sollte, kann diese durch die HL-Absenkung über einen Druckschalter abgeschaltet werden.



Bei einem Ausfall der Informationsübertragung über den Zugbus gehen die geführten Fahrzeuge selbsttätig in einen sicheren (= inaktiven) Zustand über. Bei E-Triebfahrzeugen wird der Hauptschalter abgeschaltet und der Stromabnehmer gesenkt. Bei Dieseltriebfahrzeugen wird der Dieselmotor auf die Leerlaufdrehzahl abgesteuert, das hydraulische Getriebe wird entleert bzw. der Generator entregt und die Zugheizung wird abgeschaltet.

Als dritte Säule wird nun auch noch ein Lebenszeichen (Busy-Byte) über den Zugbus übertragen. Dieses wird durch einen Zahlenwert realisiert, der mit jedem Telegramm um 1 erhöht wird. Wenn daher zwar der Zugbus ordnungsgemäß arbeitet, die Fahrzeugleittechnik eines Fahrzeugs aber außer Kontrolle geraten ist und damit falsche Werte liefert, kann das am jeweils anderen Fahrzeug erkannt werden. Ein geführtes Fahrzeug verhält sich dann genau so wie bei einem Ausfall der Informationsübertragung.

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IV. Definitiver UIC-Zugbus 1. Internationale Entwicklung: Von der UIC wurde 1998 das Merkblatt 556 definitiv herausgegeben (1. Ausgabe vom 01.06.1998), wobei anfänglich noch nicht alle Teile komplett waren. Wichtigste Änderung gegenüber dem 11. Entwurf war eine Verbesserung des Taufverfahrens. Die der 1. Ausgabe zugrundeliegende Software wurde von den Herstellerfirmen noch weiterentwickelt, was auch zu einer Überarbeitung des UIC-Merkblattes führte (2. Ausgabe vom 01.05.1999). Auch die dem UIC-Merkblatt zugrunde liegende IEC-Norm 61375-1 (Electric Railway Equipment – Train Bus – Part 1: Train Communication Network) ist 1999 offiziell in Kraft getreten. Die wesentlichsten Unterschiede der neuen Zugbus-Software gegenüber der bisher bei den ÖBB verwendeten sind: •

Die Zugtaufe ist auch bei einer großen Anzahl von Busteilnehmern (> 10) innerhalb von 1 sec abgeschlossen.



Es gibt einen Unterschied zwischen führendem Fahrzeug und Zugbus-Master. Das führende Fahrzeug ist jenes mit aktiviertem Führerstand (von ihm werden die geführten Fahrzeuge ferngesteuert), der Zugbus-Master kann sich auf einem anderen Fahrzeug befinden (von ihm wird der Busverkehr organisiert).



Bei der Zugtaufe wird zwischen TCN-Taufe und UIC-Taufe unterschieden. Die TCN-Taufe erfolgt bei einer Zugverlängerung oder -verkürzung. Dabei erhält jeder Busteilnehmer eine logische Adresse zugewiesen, die nach den Regeln der TCN-Norm gebildet wird (TCN-Adresse). Das Fahrzeug mit dem Zugbus-Master erhält dabei die Adresse 1, die Fahrzeuge dahinter die Adressen 2, 3, 4, usw., die Fahrzeuge davor die Adressen 63, 62, 61, usw. Die UIC-Taufe erfolgt im Anschluss an die TCN-Taufe oder wenn ein Fahrzeug den Anspruch stellt, führend zu werden. Dabei wird jeder TCN-Adresse eine weitere Adresse zugeordnet, die nach den Regeln des UIC-Merkblattes gebildet wird (UICAdresse). Die Adresse 1 wird dabei einem Fahrzeug an einem Ende des Zuges zugewiesen, im Regelfall dem führenden Fahrzeug.

Das Merkblatt 556 spezifiziert u.a. auch verschiedene anwendernahe Zugbusfunktionen und legt alle über den Zugbus auszutauschen Informationen fest. Es wird aber auch die Möglichkeit geboten, in einem nationalen Freiraum solche Informationen zu übertragen, die eine Bahn für ihren eigenen Bedarf verwenden möchte. Heute gibt es bereits die 4. Ausgabe (erschienen im August 2005). Gegenüber der 2. Ausgabe fallen vor allem das neue Layout und die neue Gliederung auf. Im Hinblick auf die auszutauschenden Informationen ist eine Abstimmung mit dem 2006 fertig gestellten UIC-Merkblatt 647 („Funktionsmodell für die Fernsteuerung von Triebfahrzeugen“) erfolgt. Außerdem wird das Zulassungsverfahren für neue Zugbus-Baugruppen geregelt.

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2. Einführung der neuen Software: 2.1 Beschluss: Da der Wunsch gegeben war, künftig auch Wendezug-Doppelgarnituren zu führen bzw. auch die Zwischenwagen von Wendezügen in die Kommunikation einzubeziehen (z.B. für Fahrgastinformationssysteme), wurde 1998 die Entscheidung getroffen, die neue Zugbus-Software bei den ÖBB einzuführen. Die Umstellung sollte die Tfz-Reihe 1142, sowie die Steuerwagen 80-33 und 80-75 bzw. 80-73 erfassen. Auf die Anpassung der Lokreihe 1163 wurde aus Kostengründen verzichtet, da eine tiefgreifende Hardwareänderung in der Lokleittechnik erforderlich gewesen wäre. Aufgrund der neuen Gegebenheiten musste das Fernsteuerkonzept geringfügig modifiziert werden. Diese Änderungen wurden in der neuen Ausgabe F berücksichtigt. Die Informationsübertragung erfolgt aber weiterhin im nationalen Freiraum der Zugbus-Telegramme. Der Entwurf für das UIC-Merkblatt 647 wurde nicht berücksichtigt, die Fernsteuerfunktionen erfolgten wie bisher gemäß den nationalen Festlegungen. 2.2 Tests: Die neue Software musste umfangreichen Tests unterzogen werden. Diese setzten sich aus mehreren Elementen zusammen. 2.2.1 Versuchszug: Es wurde eine Doppelstock-Wendezuggarnitur als Versuchszug zum Test der neuen Software hergerichtet. Neben dem Steuerwagen 80-33 (018) und dem Tfz 1142 (689) nahmen auch alle Zwischenwagen 26-33 am Busverkehr teil. Der Versuchszug war zu den anderen Wendezügen nicht kompatibel. Für den Steuer- und die Zwischenwagen wurde die Leittechnik-Software von Siemens, jene für das Tfz von Elin EBG Traction geliefert. Der Kern der ZugbusSoftware – der Mapping-Server – wurde von Elin bei Siemens zugekauft. Im November 1998 wurde das Zusammenspiel der Siemens- und Elin-Geräte im Labor getestet. Anschließend erfolgten Standversuche mit einer kompletten Garnitur mit Unterbrechungen bis Februar 1999. Die Abnahme der Fernsteuerung mit der Zugbus-Software gemäß UIC-Merkblatt 556, 1. Ausgabe erfolgte am 11.02.1999. Am 27.05.1999 wurde die Zugbus-Software auf die Version UIC-Merkblatt 556, 2. Ausgabe hochgerüstet. Der Versuchszug war seit Mitte Februar 1999 im regulären Betriebseinsatz und ist einer verstärkten Beobachtung unterlegen. Die Funktion der Zugtaufe hat sich qualitativ deutlich von den anderen Wendezügen abgehoben.

- 21 2.2.2 Konformitätstests: Der Begriff „Konformität“ wird hier in dem Sinn gebraucht, dass überprüft wurde, ob die Fahrzeuge den Festlegungen des ÖBB-Fernsteuerkonzeptes entsprachen und ob insbesondere die Schnittstellenbedingungen erfüllt waren (Informationsübertragung über den Zugbus, Bildung und Verwendung der Informationen). Die Tests wurden in Form einer Typprüfung durchgeführt. Das Ziel war zu überprüfen, ob jede Fahrzeugreihe für sich die Schnittstellenbedingungen des ÖBB-Fernsteuerkonzepts erfüllt. Da für diesen Test kein Referenzfahrzeug oder Prüfgerät zur Verfügung stand, wurde alternativ die (aufwendigere) Methode gewählt, alle Fahrzeugreihen in allen Kombinationen zu testen. Ausgehend von den im ÖBB-Fernsteuerkonzept enthaltenen RahmenTestprogrammen wurde für jede Fahrzeug-Kombination ein passendes Testschema entwickelt, das als Grundlage für die Untersuchungen verwendet wurde. In die Tests wurden auch die Doppelstock-Zwischenwagen 26-33 einbezogen. Diese Wagen haben damals zwar nicht am Busverkehr teil genommen (außer einige für Testzwecke ausgerüstete Wagen), konnten aber damit jederzeit aktiviert werden, da die Fernsteuerfunktionen bereits geprüft waren. Die Steuerwagen 80-73 wurden nicht in die Tests einbezogen, da sie im Hinblick auf die Fernsteuerung baugleich zur Baureihe 80-75 waren. In allen Kombinationen wurden Triebfahrzeuge und Steuerwagen sowohl als führende als auch als geführte Fahrzeuge getestet, Zwischenwagen nur als geführte. Neben den üblichen Fahrzeugreihungen (Triebfahrzeuge bzw. Steuerwagen an den jeweiligen Enden der Fahrzeuggruppe) wurde auch das Verhalten von „eingewickelten“ Fahrzeugen (führend bzw. geführt) untersucht. Die Tests wurden vor allem als Standversuche abgewickelt (wobei die Fahrzeuge fallweise auch einige Meter bewegt wurden). Zusätzlich wurden auch Probefahrten durchgeführt. Um den Aufwand der Testabwicklung zu minimieren, wurden in manchen Fällen mehrere verschiedene Fahrzeuge zu einer Fahrzeuggruppe zusammengestellt und somit mehrere Fahrzeugkombinationen quasi gleichzeitig getestet. 2.2.3 Betriebsversuche: Parallel zu den Konformitätstests wurden an vier Wochenenden im Sommer 1999 Betriebsversuche mit Wendezug-Doppelgarnituren durchgeführt. Aufgrund von behördlichen Auflagen durften dafür nur bestimmte Fahrzeuge herangezogen werden und es durfte nur jeweils die vordere Garnitur mit Reisenden besetzt sein. Die Züge wurden zum Großteil durch Instruktoren oder Techniker begleitet. An drei Wochenenden wurde mit Doppelstock-Doppelgarnituren gefahren, wobei die Garnituren an jedem Wochenende anders gereiht waren: • Steuerwagen – Lok + Lok – Steuerwagen • Lok – Steuerwagen + Steuerwagen – Lok • Lok – Steuerwagen + Lok – Steuerwagen Am vierten Wochenende wurde mit einer Doppelgarnitur gefahren, die aus einstöckigen Wendezügen gebildet war. Am Freitag vorher wurde eine betriebsnahe

- 22 Probefahrt ohne Reisende mit einer gemischten Doppelgarnitur (ein- und doppelstöckiger Wendezug) durchgeführt. 2.3 Softwareumstellung: Nachdem bereits 1997 eine ähnliche Aktion durchgeführt wurde, war es nun wieder so weit: Da die alte Fernsteuer-Software mit der neuen nicht kompatibel war (d.h. Fahrzeuge, die noch mit der alten Software ausgerüstet waren, konnten mit solchen, die bereits die neue besitzen, nicht kommunizieren), musste die Umrüstung schlagartig erfolgen. Es wurde dafür das letzte Wochenende im Oktober 1999 gewählt. Waren es beim letzten mal ca. 100 Fahrzeuge, so waren nun an die 230 zu bewältigen. In enger Zusammenarbeit mit der Lokeinsatzleitung wurde ein Umrüstplan erstellt und ausgeführt. Die Umrüstung geschah mitten im laufenden Betrieb ohne gesonderte Abstellung der Fahrzeuge. Es wurden mehrere Teams gebildet, die in ihrem Bereich für die Arbeiten zuständig waren. Das Aktionsgebiet dieser Teams hat sich über ganz Österreich erstreckt. Die Arbeiten wurden punktuell Freitag früh begonnen, die Hauptlast wurde am Samstag erledigt. Sonntag vormittags war die Aktion erfolgreich abgeschlossen. 2.4 Baureihe 1014: Noch aber war die Arbeit nicht komplett. Auch die Triebfahrzeugreihe 1014 sollte – mit den zugehörigen Steuerwagen der Baureihe 80-75 – zu den vorgenannten Fahrzeugen kompatibel gemacht werden. Die Fahrzeuge waren bisher im Hinblick auf die Fernsteuerung in einem „Inselbetrieb“ eingesetzt. Die Zugbus-Software hat in etwa dem 10. Entwurf des UICMerkblattes 556 entsprochen. Folgende Änderungen waren erforderlich: • Realisierung einer neuen Zugbus-Software, die dem UIC-Merkblatt 556, 2. Ausgabe entspricht. • Anpassung der Fernsteuerfunktionen an den Letztstand des Fernsteuerkonzepts. • Im Zuge dieser Änderungen wurde auch die Software der 1014 komplett „aufgeräumt“ und diverse bestehende Mängel in der Fahrzeugsteuerung bereinigt. Die Inbetriebsetzungsarbeiten und die Tests der neuen Software haben im Sommer 1999 begonnen. Als Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Fernsteuerung musste vorher die komplette Loksteuerung getestet werden. Besonderes Augenmerk wurde auf die Optimierung der Geschwindigkeitsregelung gelegt. 2.4.1 Tests der Fernsteuerung (Konformitätstests): Es musste nun auch überprüft werden, ob die Baureihe 1014 die Schnittstellenbedingungen des Fernsteuerkonzepts erfüllt. Für diesen Test standen die bereits geprüften Fahrzeuge (1142, 80-75, 80-33) als Referenzfahrzeuge zur Verfügung. Einige Tests wurden bereits mit dem neuen Fernsteuer-Prüfgerät (siehe Punkt 3) durchgeführt.

- 23 Die 1014 wurde in allen Kombinationen mit den anderen Fahrzeugen getestet. Bei diesen Tests stellte sich leider heraus, dass auch die Software der Steuerwagen 80-33 und 80-75 einem Update unterzogen werden musste. Dies war deshalb notwendig, weil einige Funktionen mit dem Triebfahrzeug 1142 nicht getestet werden konnten, sondern erst mit der 1014. Die neue Software war aber zur bisher verwendeten kompatibel. Die Tests wurden vorerst im März 2000 abgeschlossen. 2.4.2 Probebetrieb: Drei Triebfahrzeuge (zeitweise auch jeweils ein Steuerwagen) wurden mit der neuen Software ausgerüstet und in einem Probebetrieb eingesetzt. Dabei wurden verschiedene Zugarten geführt (Wendezug, Reisezug, Güterzug). 2.4.3 Umstellung: Am 18. + 19.05.2000 erfolgte die schlagartige Softwareumstellung aller 1014 gemeinsam mit ihren zugehörigen Steuerwagen. Das Update der Steuerwagen 8033 ist ebenfalls Ende Mai 2000 erfolgt. Die restlichen Steuerwagen 80-75 bzw. 80-73 folgten ca. drei Monate später. 2.5 Qualitätsbetrachtung: Die neue Fernsteuer-Software bewährte sich sehr gut. Die Fahrzeuge konnten problemlos in praktisch beliebiger Anzahl kombiniert werden. Lediglich in sehr seltenen Fällen wurden Fehltaufen beobachtet.

3. Fernsteuer-Prüfgerät: Die Abwicklung der Tests war teilweise ziemlich problembehaftet: •

Für manche Testschritte werden mindestens drei Fahrzeuge benötigt, was an organisatorische Grenzen stößt, da eine derartige Anzahl nicht immer vom Betrieb zur Verfügung gestellt werden kann.



Weiters ist der Test von richtungsabhängigen Funktionen in allen denkbaren Fahrzeug-Konstellationen problematisch (z.B. führendes Fahrzeug in der Mitte, Fahrzeug umgedreht), da es mit überschaubarem Aufwand nicht immer möglich ist, alle Konstellationen zu bilden.



Schließlich ist es praktisch unmöglich, alle Status- oder Störmeldungen eines Fahrzeugs lückenlos zu simulieren.



Nicht unterschätzt werden dürfen auch die Erschwernisse bei der Abwicklung und Kommunikation, wenn Aktion und Reaktion auf verschiedenen Fahrzeugen stattfinden.

Deshalb reifte schon seit langem der Gedanke heran, die Tests mit Hilfe eines Prüfgeräts zu vereinfachen. Nach Erstellung eines Anforderungsprofils wurde ein solches Gerät dann von Mitarbeitern des ÖBB-Werkes Linz entwickelt. Kernstück ist eine zugekaufte Zugbus-Koppelbaugruppe der Firma Elin EBG Traction. Mit Hilfe eines handelsüblichen Laptop werden die Fahrzeugfunktionen simuliert bzw. beobachtet. Die Bedienung erfolgt über eine grafische Oberfläche. Die Software dafür ist eine Eigenentwicklung der ÖBB.

- 24 Am Laptop kann man entweder mit Hilfe eines stilisierten Führerpultes die einzelnen Fernsteuerfunktionen durchschalten, oder es können unmittelbar einzelne ZugbusSignale gesetzt oder beobachtet werden. Im Jänner 2000 wurden erstmals Fahrzeugtests mit dem Prüfgerät durchgeführt, wobei anfangs eine gegenseitige Prüfung zwischen Fahrzeug und Prüfgerät stattgefunden hat. Seit das Fernsteuer-Prüfgerät zur Verfügung steht, ist diese Arbeit wesentlich erleichtert worden. Das Prüfgerät stellt bei den Tests das „Referenz-Fahrzeug“ dar, mit dem nahezu alle Funktionen des Prüflings getestet werden können. Es ist sogar möglich, wesentlich mehr Funktionen als früher zu testen, weil manche Situationen mit echten Fahrzeugen praktisch nicht simuliert werden konnten. Außerdem ist die Abwicklung jetzt wesentlich wirtschaftlicher, da nur der Prüfling bereitgestellt werden muss, auf ein weiteres Fahrzeug aber im Regelfall verzichtet werden kann. Nur jene Funktionen, die den Fahrbetrieb betreffen (Geschwindigkeitsregelung, Steuerung der E-Bremse, etc.), müssen dann noch mit echten Fahrzeugen getestet werden. Dazu wird mit den in Frage kommenden Fahrzeugkombinationen eine kurze Probefahrt durchgeführt. Durch die spätere Weiterentwicklung des Fernsteuerkonzepts konnten einige neue Funktionen mit den ursprünglich verwendeten Geräten nicht mehr getestet werden, da die entsprechenden neuen Zugbus-Signale in diesen Geräten nicht implementiert waren. Seit 2005 kann auf ein neues Gerät zurückgegriffen werden, das neben den aktuellen Inhalten der R-Telegramme nun auch E-Telegramme beherrscht. Vor allem bei der Inbetriebnahme der Fernsteuerung der Baureihe 1216 wurde verstärkt auf dieses Gerät zurückgegriffen.

4. Verbreitung: Wie bereits erwähnt waren von Beginn an folgende Fahrzeug-Baureihen dabei: •

Elektrisches Triebfahrzeug der Baureihe 1142



Steuerwagen der Baureihe 80-73 (vormals 80-75) Der Umbau wurde 2007 abgeschlossen; es sind insgesamt 145 Fahrzeuge geliefert worden.



Doppelstock-Steuerwagen der Baureihe 80-33 Bis 2009 sind insgesamt 67 Fahrzeuge geliefert worden. Drei Wagen wurden 2003 für den „City Airport Train“ (CAT) umgebaut und haben dabei die Baureihenbezeichnung 80-33 900 erhalten. Wegen dem nachträglichen Einbau von behindertengerechten Einrichtungen werden die Steuerwagen derzeit in 86-33 umgezeichnet. Die zugehörigen Zwischenwagen der Baureihe 26-33 sind wegen technischer Probleme erst später an den Zugbus angeschaltet worden.



Elektrisches Zweifrequenz-Triebfahrzeug der Baureihe 1014

Im Laufe der Jahre ist eine Anzahl weiterer Fahrzeuge dazu gekommen. Auch diese Fahrzeuge können frei mit allen anderen kombiniert werden.

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Elektrisches Triebfahrzeug der Baureihen 1016 und 1116 Die Loks mit dem Spitznamen „Taurus“ wurden in den Jahren 2000 – 2006 geliefert. Während die Baureihe 1016 nur mit 15 kV fahren kann, ist die Baureihe 1116 auch unter 25 kV einsetzbar. Die Software ist aber bei beiden Varianten gleich. Auch einige andere Bahnbetreiber haben Triebfahrzeuge im Einsatz, die der Baureihe 1116 entsprechen (z.B. Baureihe 1047 der Ungarischen Staatsbahnen (MAV) bzw. 1047.5 der Raab-Oedenburg-Ebenfurther Eisenbahn (ROeEE/GySEV), Baureihe 182 der Deutschen Bahn (DB), Baureihe ES 64 U2 von privaten EVU´s). Auf diese Weise können ausländische Fahrzeuge mit ÖBBFahrzeugen fernsteuermäßig kombiniert werden. Bedingt durch den grenzüberschreitenden Lokeinsatz kann daher immer wieder beobachtet werden, dass z.B. eine ungarische Lok mit einem Wendezug der ÖBB fährt.



Dieselhydraulische Verschublok der Baureihe 2070 Die Lieferung erfolgte 2001 – 2004, die Fernsteuerung ist 2002 in Betrieb genommen worden. Diese Baureihe hat keine Zugheizung. Ausschließlich aus diesem Grund ist sie nicht für den Betrieb mit Wendezügen geeignet. Im Zuge der Inbetriebnahme der Fernsteuerung wurden aber auch Tests mit einem Steuerwagen durchgeführt. Auch die Mehrfachtraktionssteuerung mit E-Tfz ist prinzipiell möglich, wurde aber mangels Bedarf bisher nicht weiter verfolgt. Die Triebfahrzeuge sind auch mit einer Funkfernsteuerung für den Rangierbetrieb („Bauchladen“) ausgerüstet. Es ist daher prinzipiell möglich, dass eine funkferngesteuerte Lok über den Zugbus weitere Loks fernsteuern kann.



Dieselelektrische Lokomotive der Baureihe 2016 Die 2002 – 2004 gelieferten Loks können sowohl mit Wendezügen fahren als auch in Kombination mit E-Tfz gesteuert werden (siehe Punkt 5.1). Auch dieser Loktyp wird bei anderen EVU´s (meist als Baureihe ER 20) mit prinzipiell gleicher Software eingesetzt.



Elektrisches Triebfahrzeug der Baureihe 1144 Ein Teil der Serie 1044.2 war bereits ab Werk mit einer Fernsteuereinrichtung ausgestattet. Die komplette Serie (1044.200ff) ist 2002 – 2006 umgebaut worden, wobei alle Fahrzeuge eine Fernsteuerung mit UIC-Zugbus erhalten haben. Diese Fahrzeuge wurden in 1144 umbenannt. 20 Stück dieser Baureihe haben auch eine Funkfernsteuerung für den Nachschiebebetrieb von Güterzügen erhalten. Es ergibt sich dadurch als Besonderheit die technische Möglichkeit, dass sowohl der Funk-Master (die Lok an der Zugspitze) als auch – ähnlich wie bei der Baureihe 2070 – der Funk-Slave (das Nachschiebe-Triebfahrzeug) über den Zugbus weitere Loks fernsteuern können. 2009 wurde begonnen, den Einbau der Fernsteuereinrichtung auch auf die anderen Teilserien der Baureihe 1044 auszudehnen.



Mehrsystemlok der Baureihe 1216 Ab 2005 wurden diese Loks geliefert, die Inbetriebnahme der Fernsteuerung hat 2006 stattgefunden. Dieser Loktyp ist auch bei den Slowenischen Eisenbahnen (SŽ) als Baureihe 541 und bei privaten EVU´s als Baureihe ES 64 U4 im Einsatz.

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RailJet Ab 2008 wurde der RailJet geliefert – eine Wendezug-Garnitur für den Fernverkehr, bestehend aus 7 fix gekuppelten Wagen (Steuerwagen 80-90 und 6 Zwischenwagen). An den beiden Enden ist die Garnitur mit normalen Zug- und Stoßeinrichtungen ausgestattet. Alle Wagen sind Zugbus-Teilnehmer.



Triebwagen Einen Sonderfall stellt die Familie der elektrischen Triebwagen „Talent“ dar. Die dreiteilige Garnitur 4023 und die vierteilige Garnitur 4024 wurden ab dem Jahr 2004 geliefert. Die Inbetriebnahme der Fernsteuerung ist 2005 erfolgt. 2006 ist noch die vierteilige Zweifrequenz-Ausführung 4124 dazugekommen; diese Ausführung wird auch bei der MAV verwendet (Baureihe 5342). Alle Varianten verwenden die gleiche Software. Die Fernsteuerung entspricht weitgehend dem ÖBB-Fernsteuerkonzept, durch die triebwagenspezifischen Anforderungen gibt es aber einige Abweichungen. Einerseits wird der Zugbus aus Sicherheits- bzw. Zuverlässigkeitsgründen mit einigen zusätzlichen konventionellen Steuerleitungen ergänzt. Andererseits sind die Inhalte der am Zugbus übertragenen Datentelegramme geringfügig modifiziert worden. Aus diesem Grund und natürlich auch wegen der automatischen Kupplung sind diese Fahrzeuge nur untereinander kuppelbar. Auch die Dieseltriebwagen 5022 („Desiro“; geliefert 2004 – 2005) verwenden einen Zugbus und zusätzliche Steuerleitungen. Sie sind nur artrein kuppelbar.

5. Funktionen: Das ÖBB-Fernsteuerkonzept hat von Anfang an eine umfangreiche Palette von Funktionen umfasst (für E-Triebfahrzeuge, V-Triebfahrzeuge und Wagen), viele davon bestanden aber nur am Papier. Bei den ersten Realisierungs-Projekten ist der Schwerpunkt bei der Mehrfachtraktion von E-Triebfahrzeugen und beim Wendezugbetrieb mit E-Triebfahrzeugen gelegen. Für diese Anwendungen wurden die erforderlichen Funktionen sehr genau spezifiziert bzw. bei späteren SoftwareUpdates weiter optimiert. Mit den neuen Fahrzeug-Baureihen ist aber auch der Bedarf nach weiteren Funktionen gekommen. Die folgenden Abschnitte stellen einige Beispiele dar. Die im Laufe der Jahre entstandenen ergänzenden Spezifikationen wurden in der Ausgabe 2007 des Fernsteuerkonzepts zusammengefasst („Technisches Regelwerk Fernsteuerung“). 5.1 Diesel-Wendezüge: Für die Baureihen 2016 und 2070 waren die Funktionen für den Betrieb in Mehrfachtraktion bereits ausreichend spezifiziert. Neu hinzugekommen ist jedoch der Wunsch nach einem Betrieb mit Diesel-Wendezügen. Die vorhandenen Steuerwagen waren für den Betrieb mit E-Tfz ausgelegt worden. Es galt daher eine Lösung zu finden, wie diese Fahrzeuge mit möglichst geringem Aufwand auch für den Betrieb mit V-Tfz adaptiert werden können. Wichtiger noch: es musste ein Bedienkonzept für universell verwendbare Steuerwagen gefunden werden. Die Lösung lag darin, die Steuerung für den Stromabnehmer und den Dieselmotor als Dualität zu betrachten. Mittels dieses Denkansatzes hat das vorhandene Bedienelement für das Anheben bzw. Senken des Stromabnehmers eine

- 27 Doppelfunktion bekommen. Bei Betätigung dieses Bedienelements wird nun über den Zugbus sowohl der Befehl „Stromabnehmer anheben“ als auch der Befehl „Dieselmotor starten“ übertragen (bzw. sinngemäß gleich beim Senken und Abstellen). Auch die Meldelampe „Stromabnehmer ist tief“ bei den Steuerwagen 8073 hat nun eine doppelte Bedeutung; sie meldet auch „Dieselmotor steht“. Für die Display-Anzeigen am Steuerwagen 80-33 wurde aber erst nach längerer Diskussion eine praktikable Lösung gefunden. Es war damit möglich, die Hardware der Steuerwagen unverändert zu belassen (lediglich die Beschriftung des Bedienelements und der Meldelampe musste geändert werden). Die neuen Funktionen konnten mit einem Software-Update realisiert werden. Diese Lösung konnte auch für den gemischten Mehrfachtraktionsbetrieb mit E- und V-Tfz verwendet werden. Im Zuge diverser Software-Updates wurde sie in allen Triebfahrzeugen realisiert. In der Diesellok 2016 wurde dabei zusätzlich ein vorhandenes Bedienelement für die Fernbetätigung des Hauptschalters der E-Tfz adaptiert. 5.2 Nationale Besonderheiten: Wenn ins Ausland gefahren wird, müssen im Regelfall in der Fahrzeugsteuerung verschiedene nationale Besonderheiten berücksichtigt werden. Ursprünglich wurden dabei nur die benachbarten Wechselstrombahnen betrachtet, zu denen ein nennenswerter grenzüberschreitender Verkehr bestanden hat. Der Verkehr zur DB war traditionell unproblematisch. Bei den 25 kV-Bahnen war im wesentlichen dafür zu sorgen, dass der richtige Stromabnehmer angehoben wird. In Ungarn wurde früher ein Stromabnehmer mit einer breiteren Palette verwendet, bei der Tschechischen Bahn (CD) konnte dagegen mit dem ÖBB-Stromabnehmer gefahren werden. Die Zweifrequenz-Tfz 1014 und 1116 hatten daher eine Wahlmöglichkeit für den Betrieb bei MAV oder CD; am Zugbus wurde das durch zwei entsprechende bits berücksichtigt. Wenn im 25 kV-Netz der Befehl „Stromabnehmer anheben“ gesendet wurde und dabei auch das MAV-bit gesetzt war, wurde am geführten Tfz der MAV-Stromabnehmer angehoben. Zur MAV kann heute zwar ebenfalls mit dem ÖBB-Stromabnehmer gefahren werden, die Situation hat sich aber deshalb nicht vereinfacht. Da einerseits ein Verkehr bis weit nach Osteuropa angestrebt wird (Stichwort „Bosporus-Sprinter“) und andererseits mit der Baureihe 1216 auch Gleichstrombahnen zu betrachten sind, hat sich die Zahl der zu berücksichtigenden Bahnen drastisch erhöht. Es musste daher die Möglichkeit zu einer Systemwahl geschaffen werden, in der alle denkbaren europäischen Länder mit deren Besonderheiten (Stromabnehmer, Taktung der Stromrichter, etc.) bereits berücksichtigt sind. Über den Zugbus wird für jedes gewählte Land ein besonderer Code gesendet. 5.3 Signallichter: Die Signallichter stellen unter den nationalen Besonderheiten ein Kapitel für sich dar. Es ist davon auszugehen, dass die Stirnseiten der Triebfahrzeuge oder Steuerwagen mit jeweils drei weißen und drei roten Signallichtern ausgestattet sind. In der Steuerung war daher bisher die Möglichkeit vorgesehen, jeweils vorne oder hinten entweder die weißen oder die roten Lichter ein- oder auszuschalten. Am Zugbus werden die ausgewählten Schaltzustände mit einzelnen bits codiert. Mit dem so

- 28 genannten Gruppierimpuls werden die gewählten Schaltzustände erst tatsächlich von den Lichtern umgesetzt. Der Gruppierimpuls ist ein einzelnes bit am Zugbus, das nur kurz übertragen wird. Mit der Baureihe 1216 ist der Bedarf entstanden, die bei verschiedenen europäischen Bahnen üblichen zusätzlichen Signalbilder zu realisieren. So werden für besondere betrieblich Situationen (z. B. Rangieren, Falschfahrt, Warnblinken) in verschiedenen Ländern unterschiedliche Signalbilder verwendet ( z.B. ein einzelnes weißes Licht, zwei weiße und ein rotes Licht, drei weiße Lichter blinkend). Über den Zugbus wird für jedes dieser Signalbilder ein eigener Code gesendet. Es wird aber auch hier das Prinzip angewendet, dass das tatsächliche Ein- oder Ausschalten der Lichter erst mit dem Gruppierimpuls erfolgt. 5.4 Sleep-Mode: Der Sleep-Mode hat den Zweck, bei abgestellten Fahrzeugen die Belastung der Fahrzeugbatterie so gering wie möglich zu halten. Dabei wird das Zugbus-Gateway in einen Zustand mit geringer Energieaufnahme gebracht und die Hauptverbraucher der Fahrzeugsteuerung werden abgeschaltet. Natürlich muss es auch möglich sein, die Fahrzeuge wieder „aufzuwecken“. Die älteren Fahrzeuge waren aber bedingt durch die Rechnerhardware dazu nicht in der Lage. Aus diesem Grund musste der Sleep-Mode in allen Fahrzeugen gesperrt werden. Die Hardware der betroffenen Fahrzeuge ist 2003 umgebaut worden. Danach konnte der Sleep-Mode im Zuge diverser Software-Updates in allen Fahrzeugen realisiert werden. Dabei wurde auch das Verfahren für den Schutz der Fahrzeugbatterie optimiert. 5.5 E-Telegramme: Die ÖBB haben bisher zur Übertragung der Informationen am Zugbus praktisch ausschließlich die regelmäßig gesendeten R-Telegramme verwendet. Lediglich zur Anforderung des Sleep-Mode wird ein E-Telegramm verwendet. Beim RailJet wird eine zuginterne Diagnose realisiert. Für diese Anwendung werden erstmals Nutzdaten mittels ereignisgesteuerter E-Telegramme übertragen.

6. Probleme: Anfangs waren beim Fernsteuerbetrieb im Regelfall nur zwei Fahrzeuge an der Kommunikation beteiligt – die beiden Tfz beim Tandembetrieb oder der Steuerwagen und das Tfz beim Wendezugbetrieb. Diese einfache Form der Fernsteuerung hat sehr gut funktioniert. Wenn aber bei den DoppelstockWendezügen auch die Zwischenwagen am Zugbus waren, sind immer wieder Zugbus-Störungen beobachtet worden. Das gleiche Phänomen ist auch beim Betrieb mit Wendezug-Doppelgarnituren aufgetreten. Die Zwischenwagen wurden daher vom Zugbus weggeschaltet und die Doppelgarnituren auf einige wenige Züge beschränkt. Das Problem bei solchen Störungen ist, dass sie bei Tests oft nicht reproduzierbar sind und die aus dem Betrieb kommenden Informationen nur in wenigen Fällen brauchbar sind.

- 29 Eine bekannte Störquelle ist die Verbindung der Busleitungen zwischen den Fahrzeugen („UIC-Kupplung“). Es kommt leider immer wieder vor, dass Kontakte oder Leitungen beschädigt werden oder dass Wasser in die Kupplung eindringt. Durch erhöhten Wartungsaufwand werden gute Erfolge erzielt, um dieses Problem zu minimieren. Durch die konsequente Verfolgung verschiedener Verdachtsmomente konnten aber zwei Systemfehler lokalisiert werden (siehe unten). Nach der Beseitigung dieser Fehler konnten 2004 sowohl die Doppelstock-Zwischenwagen an den Zugbus geschaltet werden (als Voraussetzung für die Bremsprobe vom Führerstand aus), als auch der Betrieb mit Wendezug-Doppelgarnituren auf breiter Basis freigegeben werden. 6.1 Taufschleifen: 2003 wurde erkannt, dass es zu ständigen Neutaufen kommt, wenn ein Fahrzeug eines bestimmten Lieferanten zwischen Fahrzeuge eines anderen Lieferanten gereiht ist (Taufschleifen-Problematik). Als Grund dafür stellte sich heraus, dass in einer bestimmten Phase der Zugtaufe die Rechenzeit des Fahrzeug-Prozessors zu lang war. Um den Zusammenhang zu verstehen muss man diese Phase der Taufe näher erläutern: Während der Zugtaufe wird das jeweils zuletzt getaufte Fahrzeug vom Busmaster gefragt, ob es das letzte Fahrzeug im Zug ist, oder ob noch weitere Fahrzeuge da sind. Um das festzustellen sendet dieses Fahrzeug eine „Detect Request“. Da diese Anfrage erst nach einer zu langen Verzögerungszeit abgesetzt wurde, kam auch die Antwort des nächsten Fahrzeugs zu spät. Der Busmaster hat aber die Taufe zwischenzeitlich auf Grund eines Time-out abgeschlossen. Wenn nun die verspätete Antwort eintrifft, ist die Taufe erneut gestartet worden. Nachdem alle betroffenen Fahrzeuge einem Software-Update unterzogen worden waren, war dieses Problem 2004 erledigt. 6.2 Busleitungen: Die Norm sieht vor, dass von den beiden redundanten Busleitungen bei Blick in die Längsrichtung des Fahrzeugs die eine auf der linken und die andere auf der rechten Seite durch das Fahrzeug verläuft. Es ist vor allem am Beginn der Realisierung des UIC-Zugbus aber vorgekommen, dass durch Montagefehler, aber auch schlicht durch Unwissenheit bei einigen Fahrzeugen die Busleitungen „über Kreuz“ verlegt wurden. Dieser Fehler wurde ursprünglich nicht tragisch genommen, da man angenommen hat, dass zwar im schlimmsten Fall die Frittung der Kontakte nicht funktioniert, es aber sonst zu keinen funktionellen Auswirkungen kommt. Wenn nur zwei Busteilnehmer beteiligt waren, hat das auch gestimmt. Bei Garnituren mit mehreren Busteilnehmern konnte aber bei Tests nachgewiesen werden, dass unter bestimmten Randbedingungen die Kommunikation über den Zugbus sehr wohl gestört werden kann. Wenn nämlich die eine Busleitung – z.B. durch ein Kontaktproblem – unterbrochen ist, die andere zwar intakt, aber „im Zickzack“ durch den Zug verläuft, kann es vorkommen, dass der Zugbus funktionell in zwei Teile zerfällt. Es bilden sich dann zwei Gruppen von Fahrzeugen – z.B. der führende Steuerwagen mit einigen Wagen und die schiebende Lok mit einigen Wagen – die

- 30 von einander nichts wissen und zwischen denen daher keine Informationen übertragen werden. Aufgrund dieser Erkenntnis wurde bei einer Reihe von Fahrzeugen die Verlegung der Busleitungen richtig gestellt.

7. Ausblick: Obwohl die ÖBB zur Informationsübertragung den UIC-Zugbus verwenden, entsprechen die Funktionen der Fernsteuerung wie bereits erwähnt den nationalen Festlegungen der ÖBB. Durch die stetige Erweiterung der Funktionen beginnt der verfügbare Platz im nationalen Bereich der Zugbus-Telegramme mit der Zeit eng zu werden; der internationale Bereich ist dagegen völlig ungenützt. Um auch den internationalen Bereich verwenden zu können, wird die ÖBB daher früher oder später vor dem Problem stehen, die Fernsteuerfunktionen an das UIC-Merkblatt 647 anzupassen. Die Unterschiede sind zwar nicht gravierend, bedingen jedoch eine Softwareänderung in allen Fahrzeugen. Die ÖBB haben in der Vergangenheit zwei mal solche großen Updates durchgeführt. Bei diesen Updates waren die Fahrzeuge „vorher“ und „nachher“ nicht mit einander kompatibel. Es war aber nicht möglich, bei diesen Updates einen Zug nach dem anderen über einen größeren Zeitraum zu behandeln. Da die verschieden Fahrzeugeinsätze stark mit einander vernetzt sind (eine Lok fährt z.B. am Tag mit einem Wendezug, zieht in der Nacht in Doppeltraktion einen Güterzug und fährt am nächsten Tag in einem anderen Teil Österreichs wieder mit einem Wendezug) mussten diese Updates in einer detailliert geplanten Aktion an einem einzigen Wochenende durchgeführt werden. Diese Aktionen waren für alle Beteiligten eine große Herausforderung und mit hohem Aufwand verbunden. Es hat sich gezeigt, dass die zweite Aktion mit 230 betroffenen Fahrzeugen die Grenze des Machbaren war. Gegenwärtig sind über 1100 Fahrzeuge mit dem UIC-Zugbus ausgerüstet (die Triebwagen nicht mitgerechnet) und die Zahl steigt immer noch an. Es ist daher klar, dass die früher praktizierte Methode nicht mehr angewendet werden kann und ein neuer Weg gefunden werden muss. Der Denkansatz ist, dass nach und nach eine Software in die Fahrzeuge geladen wird, die beide Verfahren – ÖBB und UIC – beherrscht. Vorerst wird weiter mit dem ÖBB-Verfahren gearbeitet. Erst wenn alle Fahrzeuge mit der neuen Software ausgestattet sind, wird zu einem bestimmten Zeitpunkt auf das UIC-Verfahren umgeschaltet. Bezogen auf die neueren Fahrzeuge erscheint diese Methode praktikabel. Es muss lediglich eine neue Software geschrieben werden. Bei den älteren Fahrzeugen sind allerdings Probleme zu erwarten, da ihre Rechnersysteme nicht mehr in der Lage sind, die neuen (zusätzlichen) Funktionen abzudecken und eine Erneuerung der Hardware zu teuer werden wird. Durch die fortschreitende Ausmusterung der älteren Fahrzeuge könnte dieses Problem aber hinfällig werden.

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