Als Ingenieur Karriere machen

February 15, 2017 | Author: Christin Neumann | Category: N/A
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Als Ingenieur Karriere machen Experten geben Auskunft:  Was macht den Ingenieur der Zukunft aus? Ingenieur 2025  Was verdient ein Ingenieur? Karriere- und Gehaltsentwicklung  Wo können Ingenieure arbeiten? Ingenieure in den MINT-Arbeitsmärkten  Was tun, um Erfolg zu haben? Wer Karriere machen will, muss flexibel sein Ausgewählte Aufsätze aus dem Sammelband „Berufsziel Ingenieur/

Wirtschaftsingenieur 2015 Insider berichten über Berufszugang – Tätigkeitsbereiche – Perspektiven“ Herausgegeben von Peter Speck und Detlef J. Brauner, 2014 ISBN 978-3-89673-675-8

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Ingenieur 2025 – 7 Thesen für berufliche Erfolge von Thomas Strobel, Gesellschafter und Geschäftsführer Fenwis GmbH, Gauting Wer heute über die Planung seiner Ausbildung und über berufliche Perspektiven nachdenkt, steht bei seinem Blick in die Zukunft vor einer Flut von Informationen. Manche Trends für erfolgreiche Jobs von morgen verstärken sich, andere stehen im Widerspruch. Fachkräftemangel, Demografie, Internationalisierung und Interdisziplinarität sind nur einige gängige Schlagworte. Doch mit welchen Annahmen sollen die persönlichen Weichenstellungen für einen zukunftssicheren Beruf vorbereitet werden? Daraus ergeben sich gerade für angehende Ingenieure unterschiedliche Fragestellungen:  Welche Trends werden für die eigene Berufsplanung und den späteren Karriereweg prägend sein?  Worauf sollen sich Berufseinsteiger für ihre persönliche Entwicklung in den kommenden Jahren einstellen?  Wie können sie frühzeitig Vorsorge treffen für beruflichen Erfolg und spätere Zufriedenheit mit dem eigenen Lebensweg? Für die Gruppe der Ingenieure im Jahr 2025 werden in diesem Artikel mehrere Thesen als Orientierungshilfe erarbeitet. Sie basieren auf persönlicher Erfahrung eines erfolgreichen Diplom-Ingenieurs und Firmengründers und einem intensiven Austausch mit Kollegen in seinem Netzwerk. Grundlage dafür sind umfassende, gesamtheitliche Trendauswertungen, die mit der Methodik „Zukunftslandkarten“ im Rahmen von Studien und Kundenprojekten durchgeführt wurden. Der PraxisNutzen dieses Konzeptes ist nachgewiesen mit „persönlichen Zukunftslandkarten“ für Einzelpersonen, bis hin zur strategischen Planung in Unternehmen und der Entwicklung von Zukunftsperspektiven für Industrieverbände. In einer ersten Vorausschau geben heute verbreitete Begriffe wie Demografie, Pflegenotstand, Ambient Assisted Living oder Altersarmut Hinweise auf neue Bedürfnisse alternder Gesellschaften. Die betroffenen Menschen wollen hohe Lebensqualität mit möglichst unabhängigem, selbstbestimmtem Leben, langer Gesundheit und individueller, bedarfsgerechter Pflege verbinden. Andererseits zeigen drohender Fachkräftemangel und hoher Innovationsbedarf für nachhaltig gestalteten Fortschritt in Richtung hoher Zukunftssicherheit von Arbeitsplätzen in techniknahen Berufsbildern wie bei Ingenieuren. Diese Erwartung wird durch den schnellen technologischen Wandel verstärkt, den wir bei Produkten, Dienstleistungen und neuen Geschäftsmodellen wahrnehmen. In besonderem Maße gilt das für die Entwicklung der Kommunikationswege und -mittel, die wir heute nutzen. So wird weltweit in jeder Sekunde

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eine Internet-Domäne angemeldet und sechs neue Webseiten erstellt; gleichzeitig werden über 33.000 Suchmaschinenanfragen gestartet und rund 3,4 Millionen E-Mails verschickt.1 Die Beschleunigung der Nachrichtenverbreitung wird so zum Verstärker der viel diskutierten Informationsflut, der Anpassungsdruck auf Menschen im Arbeitsleben nimmt zu. Wirkungsvolles Selbstmanagement in einer Welt, in der besonders derjenige wahrgenommen wird, der permanent online ist, wird zu einer wichtigen Kompetenz. Eine persönliche Vision und Werte für selbstbewusstes Handeln werden somit wichtige Voraussetzungen zur Vermeidung von BurnoutRisiken darstellen. Auf wirtschaftlicher Seite sichern technisches Know-how der Mitarbeiter und die Entwicklungskompetenz von Unternehmen im europäischen Wirtschaftsraum heute noch einen „Wohlstand durch Wissensvorsprung“. Dabei sind es vor allem mittelständische Unternehmen, die von erfolgreichen Start-ups, über etablierte Marktführer, bis hin zu Hidden Champions mit Flexibilität und Kreativität die Geschäftschancen dieser permanenten Veränderungen aufgreifen. Da auch die Politik diese Zusammenhänge erkannt hat, werden diese Entwicklungen und interdisziplinäre Zusammenarbeit durch zahlreiche Förderprogramme finanziell unterstützt. Ein Erfolgsfaktor für zukunftssichere Unternehmen ist auch weiterhin qualifiziertes Personal, das fünf wichtige Eigenschaften verbinden muss: 1.

das Bewusstsein, dass eine Wissensgesellschaft nur erfolgreich sein kann, wenn sie ihr verfügbares Wissen nutzt und jeder in seiner Umgebung zu offenem Wissensaustausch beiträgt,

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die Motivation, die eigene Zukunft proaktiv mitzugestalten,

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die Fähigkeit, mit Neugierde und einer Vielzahl kreativer Ideen neue Chancen nutzbar zu machen,

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die Offenheit, in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten, um neuartige Beiträge für eine nachhaltige, ressourcenschonende Zukunft aus allen Fachrichtungen zu bündeln und

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die Bereitschaft, vorhandene Kompetenzen und Erfahrungen durch lebenslanges Lernen weiterzuentwickeln.

Erkennbarer Veränderungsdruck in klassischen Branchen skizziert dieses Bild: In den nächsten zehn Jahren werden Innovationen, neue Marktchancen und bedarfsorientierte Geschäftsmodelle immer öfter aus der Kombination vorhandener Technologien und Verfahren entstehen. Interdisziplinäres Arbeiten über verschiedenste Fachgebiete wird notwendig, um die Wissenspotenziale für nennenswerte Fortschritte zu nutzen. Denn kumulierte Umweltprobleme, fortschreitender Klimawandel, wachsende Ressourcenknappheit, die Energiewende 1

Qmee - http://editorial.designtaxi.com/news-info290713/1.jpg.

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und der Zwang zu Nachhaltigkeit in geschlossenen Kreisläufen sind Themenstellungen, die in Zukunft die Prioritäten unseres Denkens und Handelns prägen werden. Eine Weltbevölkerung, die heute teilweise pro Jahr etwa 2 bis 4 mal so viele Ressourcen verbraucht, wie die Erde im gleichen Zeitraum regenerieren kann, lebt auf Pump und verspielt möglicherweise eine lebenswerte Zukunft. Wie stellen sich zukünftige Ingenieure erfolgreich auf absehbare Entwicklungen ein und welche Erwartungen werden sie dann erfüllen müssen? Beim erwarteten Ingenieurmangel wird zunächst jeder Absolvent einer entsprechenden Ausbildung gute Chancen auf einen Arbeitsplatz haben. Allerdings beginnt mit diesem Überwinden der beruflichen Einstiegshürde erst der lange Berufsweg – derzeit bis zum Alter von 67 Jahren. Für weitere Karriereschritte gilt es deshalb, frühzeitig vorzudenken, wie die gewünschte berufliche Entwicklung über etwa 40 Jahre zusammen mit der persönlichen Lebensplanung erfolgreich verlaufen soll. Wer sich diesen Überlegungen regelmäßig stellt, schafft sich früh eine wichtige Grundlage für das Erkennen von neuen Chancen auf dem geplanten Weg. Damit hat er es leichter, Entscheidungen vorausschauend vorzubereiten und später pragmatisch zu treffen – ein Wettbewerbsvorteil in der Arbeitswelt von morgen. Eine Möglichkeit, diese Zukunftsfragen für sich selbst zu beantworten, ist der Entwurf einer persönlichen Zukunftslandkarte. Nach einer bewährten Methodik können damit für die 4 inhaltlichen Schwerpunkte Wünsche, Wissen, Wandel und Wege die Ausgangsbasis und persönliche Zielrichtungen formuliert werden. Nach mehreren Bearbeitungsstufen mit zusätzlicher Informationsbeschaffung können dann Ableitungen für Gestaltungsmöglichkeiten getroffen werden. Für die Realisierung bevorzugte Handlungsoptionen werden anschließend detaillierter geplant und in eine machbare zeitliche Reihenfolge gebracht. Durch die Dokumentation der ausgewählten Maßnahmen sind später Überprüfungen des Erreichten möglich. Eventuell erforderliche Anpassungen können aufgenommen werden und nehmen dann Einfluss auf die Umsetzung des aktualisierten Plans. Unabhängig von einer solchen systematischen Vorgehensweise geben die hier zusammengestellten Thesen Hinweise auf Charakteristika des Ingenieurberufs von morgen:

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Das Umfeld der Ingenieurtätigkeit Eine Analyse von Innovationen zeigt, dass bereits heute viele Entwicklungen auf Technologieintegration basieren. Verfügbare Technologien werden dabei in neue Umgebungen transferiert, wie die zunehmende Digitalisierung von Automobilen in den vergangenen Jahren beweist. Vielfältige elektronische Assistenzsysteme sind als Serien- oder Zusatzausstattung neben Internetzugang und Infotainment in der Serienfertigung angekommen. Und auch die weitere Automatisierung des Fahrens ist in Entwicklungs-Roadmaps bereits vorgezeichnet. Trends wie der Pfad zum Internet der Dinge und „Intelligent Dust“ geben Hinweise darauf, dass sich die Diffusion von IT in alle unsere Lebensbereiche weiter fortsetzen wird. 2008 überschritt die Zahl aktiver Internetadressen die Anzahl der Einwohner auf der Erde; für 2050 wird nach Prognosen der Branche erwartet, dass über 50 Milliarden Gegenstände durch das Internet vernetzt sind.2 IT wird so zur Querschnittstechnologie, die Kommunikation teilweise vom Menschen abkoppelt. Intelligente Agenten können uns dann im Hintergrund viele Aktivitäten abnehmen: Für eine Reisebuchung wird es dann ausreichen, den Start und Zielort, gewünschte Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie Randbedingungen, wie die maximalen Kosten in einen Smart Agent einzugeben. Dieser wird alle auf der Strecke notwendigen Fortbewegungsmittel für uns reservieren, die wir mit unserem Smartphone dann zur Nutzung freischalten und auch bezahlen werden. Gleichzeitig rücken in der Welt der Ingenieure heute noch getrennte Fachrichtungen näher zusammen. Intelligente Hand-Prothesen vereinen schon heute Know-how aus verschiedenen Kompetenzfeldern:  Werkstoffwissenschaften bei der Verarbeitung von hochfesten, formstabilen Verbundwerkstoffen mit hoher Belastbarkeit bei geringem Gewicht  Mechanik mit komplexen mehrachsigen Antriebssystemen zur Realisierung von feinfühligen Greifbewegungen  Antriebstechnik mit unterschiedlichen Lösungen für die Kraftübertragung von Kleinmotoren bis hin zu künstlichen Muskelfasern  Sensorik mit Signalverarbeitung in Echtzeit zur haptischen Unterstützung von drucksensiblen Greifvorgängen  Sensorik für das Erkennen von zusätzlichen handtypischen Signalen wie Informationen über Temperatur, Oberflächenstruktur oder Feuchtigkeit  Medizin/Biologie als Schlüsselstelle bei der Anbindung von Prothesen an Nerven zur direkten Steuerung durch den Nutzer 2

Cisco Infografik.

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Was bedeuten diese Entwicklungen für den Berufsweg des Ingenieurs von morgen? These 1: Kompetenz-Breite ist wichtiger als Fachwissen in der Tiefe Der Anteil der Beiträge des Ingenieurs aus seinem eigenen Fachgebiet zu Lösungen mit Kundennutzen wird abnehmen. Die Integration vielfältiger Technologien und Komponenten in komplexe Systeme wird im Gegenzug zunehmen. Das anforderungsgerechte Zusammenspiel wird den wahrnehmbaren Kundennutzen intelligenter Lösungen ausmachen. Damit wächst auch die Bedeutung enger interdisziplinärer Zusammenarbeit, die an alle Beteiligten neue Anforderungen im Hinblick auf Kommunikationsfähigkeiten und die Anbindung des eigenen Fachgebietes an bisher getrennte Disziplinen nach sich zieht. Für den Ingenieur von morgen gewinnt damit der Einblick in benachbarte oder sogar fremde Fachgebiete an Bedeutung – eventuell notwendige Vertiefungen zu Themen im eigenen Fachgebiet werden durch semantische Suchmaschinen und weltweite Fachnetzwerke erleichtert. These 2: Teamkommunikation ist Kernkompetenz In einem Arbeitsumfeld des Ingenieurs, das zunehmend von Wissensaustausch und Interdisziplinarität geprägt wird, ist das Bewusstsein für Kommunikationsqualität eine wichtige Fähigkeit, die zukünftig stärker entwickelt werden muss. Denn bei engerer Zusammenarbeit steht nicht mehr im Vordergrund, dass sich der Einzelne kompetent präsentiert. Das Team von morgen gewinnt seine Leistungsfähigkeit aus dem offenen Austausch der Mitglieder, aus der neuartigen Kombination unterschiedlicher Perspektiven, aus der Lösungssuche außerhalb der Expertise des Einzelnen. In Analogie zum Sport also letztendlich aus den gemeinsamen Fähigkeiten, sich gegenseitig „die Bälle zuzuspielen“. Dazu gehört auch der Zugang zu dauerhaft gepflegten Netzwerken, um bei Bedarf schnell und direkt auf zusätzliches Wissen zugreifen zu können. These 3: Bewertungen und Netzwerke bestimmen den Wert am Arbeitsmarkt Die Verbreitung der eigenen Kompetenzen und Erfahrungen sowie hochwertige Zugänge zu Netzwerken werden, neben nachvollziehbaren Referenzen und Projektergebnissen, wichtige Elemente in der erfolgreichen Arbeit des Ingenieurs von morgen sein. Bei der Attraktivität von Fachkräften werden solche Kriterien herangezogen werden, um Nutzen und Qualität von Ingenieuren als feste Mitarbeiter oder als zeitweise Projektmitarbeiter zu bewerten. Das klassische Arbeitszeugnis wird an Bedeutung verlieren.

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Wichtiger werden dagegen Bewertungen von Projektpartnern auf NetzwerkPlattformen, Kundenstimmen, Steckbriefe zu erfolgreichen Projekten und ggf. auch Zertifikate, die zusätzliche Qualifikationen bestätigen. Denn alles zusammen bestimmt den Wert des Ingenieurs am Arbeitsmarkt von morgen. Ihn gilt es im Laufe des Berufslebens kontinuierlich als wichtige Grundlage für die Verwirklichung der persönlichen Vision zu pflegen. These 4: Drei Sprachen und Mobilität sind Wettbewerbsvorteil Neben der eigenen Muttersprache zählt Englisch für den Ingenieur schon heute zum Pflichtprogramm. Denn viele Informationen im Internet sind bevorzugt auf englischsprachigen Seiten verfügbar; Gleiches gilt für umfangreiche englischsprachige Fachliteratur. Außerdem ist verhandlungssicheres Englisch in international tätigen Firmen oder Konzernen eine Voraussetzung für die Übernahme von Führungsaufgaben sowie für die erfolgreiche Mitarbeit in internationalen Projekten. Inzwischen wird mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der BRIC-Staaten das Beherrschen einer zweiten Fremdsprache zum Wettbewerbsvorteil. Wer beispielsweise mit portugiesisch, russisch oder chinesisch punkten kann, schafft sich damit die Möglichkeit, für seinen Karrierepfad neue Wege zu öffnen. Vielfach gehört dazu auch hohe Flexibilität bei der Arbeitsplatzwahl im Sinne eines modernen Nomadentums oder Standortwechsel-on-demand. Denn trotz der Virtualisierung von Prozessen und der Möglichkeit, „überall zu arbeiten“ wird es für engen Wissensaustausch in Hochleistungsteams häufig wichtig sein, dass die richtige Person vor Ort greifbar ist und sich für den gewünschten Erfolg im Team engagiert. These 5: Eigenverantwortliche Weiterbildung ist Zukunftssicherung In Zeiten anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit und wechselhafter Märkte zählen Budgets für Personalentwicklung, Schulungen und Weiterbildung oft zu schnell identifizierten Einsparpotenzialen. Unter kurzfristigen Budgetsperren leidet dann die Kontinuität, aber auch die Nachhaltigkeit bei der zukunftsorientierten Entwicklung von Mitarbeiterkompetenzen. Mitarbeiter mit einer klaren Vorstellung von ihrem weiteren Karriereweg sind in einem derartigen Umfeld gut beraten, für ihre Entwicklung selbst Verantwortung zu übernehmen. Dies gilt sowohl für die Definition der gewünschten Trainingsbausteine als auch für die zeitliche Realisierung von Qualifizierungsmaßnahmen. Die Wertsteigerung am Arbeitsmarkt wird dann – stärker als heute – zur Privatsache. Denn eine gewünschte Weiterbildung, die der Arbeitgeber ablehnt, werden viele Mitarbeiter dann aus Überzeugung selbst bezahlen. Schließlich geht es um ihre berufliche Zukunftssicherung durch Wissensvorsprung.

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These 6: Neue Rollen beeinflussen das Berufsbild Ingenieur Die bereits beschriebene Entwicklung zur interdisziplinären Zusammenarbeit schafft die Grundlage für neue Rollen in beruflichen Funktionen. Damit eröffnen sich auch für Ingenieure neue Möglichkeiten in attraktiven Schlüsselpositionen von morgen: Die Rolle als Wissensmakler: Der Ingenieur übernimmt für sein definiertes Themenfeld die Vermittlerrolle zwischen Wissensnachfrage und -angebot. Er hat Zugriff auf zahlreiche Wissensquellen einschließlich Netzwerken und kann daraus zu konkreten Fragestellungen vorhandenes Wissen kurzfristig verfügbar machen oder durch Kombination neues Wissen generieren. Die Rolle als Wissensmoderator: Der Ingenieur übernimmt eine Vermittlerrolle zwischen Wissensträgern eines Unternehmens; er bringt dazu themenspezifisch kompetente Wissensträger zusammen und moderiert den offenen Wissensaustausch zwischen ihnen. Er ist in dieser Rolle verantwortlich für den erfolgreichen Wissensprozess, der die Beteiligten verbindet und arbeitet nicht als inhaltlicher Experte. Die Rolle als multidisziplinärer Systemkoordinator: Der Ingenieur übernimmt eine Steuerungsrolle aus seinem Verständnis für das Zusammenwirken von Komponenten und Disziplinen in einem komplexen System. Er moderiert ein interdisziplinär besetztes Team und stützt sich dabei auf bewährte Vorgehensweisen des Systems Engineering oder Systems Design Engineering. In Abhängigkeit der beteiligten Disziplinen muss er dazu auch neue Vorgehensweisen für ein erfolgreiches Zusammenspiel etablieren. These 7: Nachhaltig unternehmerisches Handeln ist Leitbild Der erfolgreiche Ingenieur der Zukunft wird auch in hohem Maße unternehmerisch und nachhaltig agieren (müssen): als Angestellter, weil er unter den Aspekten Ressourceneffizienz, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit Produkte und Dienstleistungen so gestalten muss, dass sie den gesamtheitlichen Erwartungen an Footprints entsprechen. Dazu müssen sie über den gesamten Lebenszyklus von der Produktion bis zum möglichst vollständigen Recycling – Stichwort: Cradle-to-Cradle – betrachtet werden und gleichzeitig verschärfte gesetzliche Vorgaben erfüllen. Als Selbstständiger muss er nachhaltig agieren, weil er in Zeiten knapper Fachkräfte sein fachliches Know-how als eigener Unternehmer vermarkten möchte. So ist vorstellbar, dass Personen mit intensiv nachgefragtem Wissen und entsprechend wertvollen Erfahrungen ihre begrenzten Arbeitskapazitäten auf Internet-Fach-Plattformen versteigern. Den Zuschlag für eine definierte Aufgabenstellung oder eine zeitlich begrenzte Projektmitarbeit bekommt aber nicht notwendigerweise das meistbietende Unternehmen, sondern die Firma, die dem Ingenieur für seine persönlichen Auswahlkriterien am attraktivsten erscheint.

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Das Gesamtbild dieser sieben Thesen vermittelt einen ersten Eindruck über die vielfältigen Einflüsse auf das Berufsbild des Ingenieurs von morgen. Damit zeigt es auf, wie wichtig es wird, mit der Arbeit an einer persönlichen Zukunftslandkarte für sich selbst Orientierung zu schaffen. Denn: Wegen neuer Erkenntnisse seinen Plan zu ändern, kann nur, wer einen hat.

Der Autor Thomas Strobel ist Geschäftsführer und Gesellschafter der von ihm gegründeten FENWIS GmbH in Gauting (www.fenwis.de). Der 51-jährige Dipl.-Ing. für Maschinenwesen gilt aufgrund seiner beruflichen Vita als besonders industrienah. Als Projektleiter und Führungskraft sammelte er internationale Erfahrungen in Strategie- und Planungsteams, Innovationsmanagement, Portfolioplanung und Prozessgestaltung. Mit FENWIS hat er sich in der Rolle eines „Zukunftslotsen“ spezialisiert auf systematische Zukunftsplanung für „vorausschauendes Fahren“ in innovativen mittelständischen Unternehmen. Seine Kunden nutzen seine Expertise über Vorträge, Seminare, Workshops und Projekte – immer praxisnah und umsetzungsorientiert. E-Mail: [email protected]

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Karriere- und Gehaltsentwicklung von Ingenieuren – Status Quo und Ausblick von Anton Stockhausen, Vorstand Lurse HR Consultants AG und Tanja Weidig, Benchmark-Unit Lurse HR Consultants AG, Troisdorf Vom Hochschulabsolventen zum Professional bis hin zum Top-Experten: Was sind die typischen Entwicklungsschritte? Welche Anforderungen stellen Unternehmen? Wie verändern sich Arbeitsschwerpunkte? Wie ist die Einkommensentwicklung? Der vielfach beschworene Fachkräftemangel, insbesondere in den Ingenieurberufen, eröffnet auf lange Sicht gute Chancen für Hochschulabsolventen. Aber: Der enge Arbeitsmarkt wird nicht überall in voller Breite und Tiefe zum Tragen kommen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass eine differenzierte Betrachtung nach Branchen, Regionen, Unternehmensgrößen und arbeitsvertraglichen Randbedingungen sinnvoll ist.

Entwicklung in Laufbahn und Karriere Ingenieur ist nicht gleich Ingenieur. Die Bandbreite der Aufgaben und Verantwortungen ist groß. Sie korrespondiert mit der fachlichen Qualifikation, sozialen Kompetenz und dem Erfahrungsgrad. Unternehmen klassifizieren, in unterschiedlicher Detailausprägung, verschiedene Level in der Laufbahn als Professional: Der Hochschulabsolvent und Berufseinsteiger mit ein- bis zweijähriger Berufserfahrung wird dem Einstiegslevel P0 zugeordnet. Die Professionallevel P1 – P3 zeichnen sich durch zunehmende Erfahrung und Verantwortung aus. Dem Top-Spezialistenlevel P4 sind relativ wenige Mitarbeiter mit sehr hoher Bedeutung für das Unternehmen zugeordnet. Die folgende Strukturierung ist typisch für größere technikgetriebene Unternehmen.

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Die Lurse-Funktionstypen und Job-Level Wertigkeitsstufen (Job-Level) Management M5

Führungslaufbahn

M4

Fachlaufbahn Professional

M3 M2

P4

M1

P3

M0

P2 P1 SB3

P0

SB2 SB1 SB0 Sachbearbeiter

Abbildung 1: Entwicklungsstufen als Ingenieur: Einstieg im Level P0

Grundsätzlich steht natürlich auch der Weg in die Führungslaufbahn offen (Management M0 bis M5). Dieser Schritt kann nach einigen Jahren Berufserfahrung als Professional erfolgen. Zwangsläufig ist die Zahl der hier zu besetzenden Positionen begrenzt, die Entwicklungsmöglichkeiten für Ingenieure sind deutlich eingeschränkter als in der Fachlaufbahn. Innerhalb der Professional-Laufbahn lassen sich – über die speziellen Fachrichtungen des Ingenieurberufs hinweg – Tätigkeiten und Anforderungen verschiedenen Leveln zuordnen. Im Folgenden sind beispielhaft die Wertigkeitsstufen für die Level Hochschulabsolvent (P0), verantwortlicher Professional (P2) und anerkannter Top-Experte (P4) erläutert. Der typische Einstiegslevel als Ingenieur ist der als Professional 0 (P0). Tätigkeitsmerkmale P0: Auf dieser Ebene werden die für den spezifischen Aufgabenbereich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten entwickelt. Die Lösung von Problemen/Aufgaben erfolgt unter Anwendung von Standardprozeduren und -prozessen. Die Arbeitsdurchführung erfolgt nach Anweisungen mit Handlungsspielraum innerhalb der Arbeitsaufgabe. Der Verbleib in dieser Funktion ist zeitlich limitiert. Ausbildung/Erfahrung P0: Fachoberschul-/Hochschulstudium, typischerweise ein bis zwei Jahre Berufserfahrung, typische Unterstützungsfunktion, z. B. in Projekten. Tätigkeitsmerkmale P2: Innerhalb dieses Niveaus werden komplexe und schwierige Aufgaben sowie Problemstellungen bearbeitet, die konzeptionelle

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Lösungen erfordern. Bestehende Verfahrensweisen und Arbeitsprozesse werden weiterentwickelt. Ingenieure dieser fachlichen Ebene verfügen über Erfahrung und Methodenkompetenz, besitzen fachübergreifende Kenntnisse und geben weniger erfahrenen Kollegen Unterstützung und fachliche Anleitung. Der Stelleninhaber erfüllt die Aufgaben unabhängig und eigenverantwortlich und ist nur in geringem Maß an Weisungen gebunden. Die Identifikation der relevanten Parameter und der Einsatz von Methoden und Verfahren erfolgt aus einem breiten Kanon an Instrumenten. Ausbildung/Erfahrung P2: Fachhochschul-/Hochschulstudium, vertiefte Kenntnisse im Fachgebiet, typischerweise min. vierjährige Berufserfahrung. Tätigkeitsmerkmale P4: Ein Ingenieur auf dieser Wertigkeitsstufe ist intern und extern anerkannter Experte für ein Fachgebiet. Die Bearbeitung komplexer Problemstellungen, die innovatives Denken erfordern und neuartige Lösungen mit hoher Bedeutung für das Unternehmen schaffen, sind elementare Tätigkeitsmerkmale dieser Stufe. Die Arbeitsdurchführung erfolgt nach Zielvorgaben mit erweitertem Handlungsspielraum, vertieft durch Spezialkenntnisse für ein komplexes Aufgabengebiet. Ein Ingenieur auf diesem Level vertritt das Unternehmen nach innen und außen. Typischerweise erfolgt keine automatische Entwicklung zu diesem Level. Ausbildung/Erfahrung P4: Fachhochschul-/Hochschulstudium, tiefste (state of the art) Kenntnisse im jeweiligen Fachgebiet, typischerweise mehr als zehn Jahre Berufserfahrung erforderlich. Die Stufen unterscheiden sich durch die Komplexität der Aufgaben, die erforderliche Eigenständigkeit und Verantwortung sowie den Grad an Gestaltungsmöglichkeiten. Die Level P0, P1 und P2 werden in aller Regel in bestimmten Zeitfenstern durchlaufen. Ab Level P3 sind a) die Anforderungen deutlich höher und b) die verfügbaren Stellen deutlich geringer – die Zahl der Positionsinhaber nimmt rapide ab. Die größte Zahl an Positionsinhabern ist auf dem Level P2 zu finden, dem Level P3 sind in den meisten Unternehmen ca. 15 % bis 20 % der Ingenieure zugeordnet, und auf dem Level P4 sprechen wir meist noch von 3 % bis 5 %. (Hinweis: in tarifgebundenen Unternehmen sind die Level P0 bis P2 in aller Regel durch entsprechende Tarifgruppensysteme definiert.) Innerhalb der Fachlaufbahn wird häufig noch zwischen der Projekt- und der Expertenlaufbahn unterschieden. Die zunehmende Bedeutung des Arbeitens in Projekten, zum Beispiel bei der Entwicklung von Komponenten oder Bauteilen, häufig in international besetzten Projektteams, bietet attraktive Einsatzfelder. Wesentliche Voraussetzungen sind Interesse an vernetzter Arbeit, an Koordinations- und Organisationsaufgaben und entsprechende soziale Kompetenz.

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Entwicklung des Einkommens Die wichtigste Frage für Hochschulabsolventen in diesem Kontext ist: Wie hoch sind die Einstiegsgehälter? Unsere regelmäßigen Markterhebungen zeigen einen leichten Anstieg der Einstiegsgehälter in den letzten drei Jahren. Im Jahr 2012 lagen die Einstiegsgehälter für Bachelor im Bereich 41.000 € bis 46.000 €, für Absolventen des Masterstudiengangs um etwa 2.500 € höher. Etwaige leistungsabhängige Zahlungen eingeschlossen.

Abbildung 2: Entwicklung der Einstiegsgehälter für Absolventen des Bachelor- bzw. Masterstudiengangs, Basis: Lurse Benchmark High Tech, mit über 50 Teilnehmerunternehmen und insgesamt 108.000 Positionsinhabern

(Hinweis: Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Karriere-Handbuch für Ingenieure des Staufenbiel Instituts [Staufenbiel].) Wohin entwickeln sich die Einkommen, wenn die ersten Berufsjahre erfolgreich geleistet wurden? Mit steigender Komplexität der Aufgaben und höherer Verantwortung steigt das Einkommen. In den meisten Unternehmen bewegen sich die Einkommen auf Level P2 im Bereich zwischen 65.000 € und 75.000 €. Der Anteil der variablen, leistungsabhängigen Bestandteile am Zielgehalt nimmt in den höheren Leveln zu.

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Abbildung 3: Einkommen auf Professionallevel P2, P3 und P4 Basis: Lurse Benchmark High Tech, mit über 50 Teilnehmerunternehmen und insgesamt 108.000 Positionsinhabern

Im Level P3 liegt das Zielgehalt zwischen 80.000 € und 90.000 €. Auf dem Professionallevel 4 (P4) werden Einkommen in der Größenordnung zwischen 95.000 € und 110.000 € gezahlt, in der Spitze sind auch mehr als 110.000 € möglich.

Zur Struktur des Einkommens Unternehmen unterscheiden zwischen der Barvergütung (Zielgehalt) und der Gesamtvergütung. Zur Barvergütung werden die monatlichen Gehaltszahlungen und die vertraglich fixierten leistungs-/erfolgsabhängigen Zahlungen gerechnet. Die Gesamtvergütung umfasst darüber hinaus weitere zusätzliche Leistungen (Benefits), zum Beispiel im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung (bAV), in Form von Gesundheitschecks sowie Firmenwagen oder auch betriebliche Kindertagesstätten und Ähnliches. Mit zunehmender Verantwortung und damit höherem Level verschieben sich die Gewichte innerhalb der Barvergütung von fixen Anteilen zugunsten variabler Anteile. Ist der variable Anteil in der Einstiegsstufe P0 mit ca. 3 % – 5 % eher als Signal zu verstehen, beträgt er in der Stufe P2 ca. 8 % – 13 %, also mehr als ein komplettes Monatsgehalt, und ist in der Stufe P4 mit ca. 15 % – 20 % ein sehr wesentliches Element. Dies umso mehr, da der Teil variabel ist, also gegen 0 laufen kann, andererseits sich aber auch auf das 1,5-fache oder das Doppelte erhöhen kann. Mit diesem stärkeren leistungsabhängigen Teil wird der zunehmenden Beeinflussbarkeit und dem größeren Gestaltungsspielraum Rechnung getragen, die unternehmerische Verantwortung wird gestärkt.

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Bei den zusätzlichen Leistungen der Gesamtvergütung stehen die Themen bAV und Firmen-Kfz im Vordergrund. Dennoch erkennen Unternehmen heute, wie wichtig es ist, sich deutlich intensiver mit den Einzelelementen ihres BenefitPortfolios auseinanderzusetzen, um die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und sich im Wettbewerb um geeignete Kandidaten abzuheben.

………… Firmenwagen Entgeltfortzahlung Altersversorgung Variabler Anteil

monetär

Benefits

Variabler Anteil

Festgehalt

Gesamtvergütung

nicht monetär

Benefits ergänzen die Barvergütung

Gesamtvergütung umfasst die Summe aller baren und unbaren Vergütungsbestandteile und Benefits.

Fixer Anteil

Jahreszieleinkommen

Abbildung 4: Elemente der Gesamtvergütung

Blick in die Zukunft: Prognose und Trends Die Wirkungen der demografischen Entwicklung sind schon an vielen Stellen dargestellt worden [Sattelberger; McKinsey], gleichzeitig entwickelt sich unsere Gesellschaft zunehmend von der Produktions- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Somit wird der Bedarf an Ingenieuren/Wirtschaftsingenieuren in Deutschland hoch bleiben, zumindest solange die Konjunktur auf einem vergleichbar hohen Niveau bleibt. Hochschulabsolventen werden auch zukünftig verschiedene Optionen haben und Chancen bei individuell favorisierten Arbeitgebern nutzen können. In diesem Kontext wird auch häufig über die Erwartungen der nachrückenden Generationen (Generation Y ff.) diskutiert, die mit mehr Selbstbewusstsein ihre Vorstellungen einer Arbeitsbeziehung einfordern.

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Abschließend einige Standpunkte, die zum Teil nicht stromlinienförmig in das Mainstream-Meinungsbild passen:  Der Personalengpass bei Ingenieuren betrifft wenige eingegrenzte Zielgruppen: zum Beispiel Kandidaten im Alter von 30 bis 35 Jahren, also mit ca. fünf bis acht Jahren Berufserfahrung, bestimmter Fachrichtungen oder Projektingenieure mit Erfahrungen aus bestimmten Regionen und Arbeitskulturen. Demgegenüber werden auch in Zukunft erfahrene Fachingenieure mit gering ausgeprägter sozialer Kompetenz nicht in der Position sein, zwischen zahlreichen Angeboten attraktiver Arbeitgeber wählen zu können.  Die in der Vergangenheit vielfach umgesetzten flachen Hierarchien bleiben. Die Möglichkeiten für Ingenieure, in Managementfunktionen zu Status und Ansehen zu kommen, sind auch in Zukunft begrenzt. Die realistischeren Optionen werden im Ausbau einer expliziten Experten- oder Projektmanagerlaufbahn liegen [Deuter/Stockhausen].  Die Einkommen, insbesondere auch die Einstiegsgehälter, werden sich unterschiedlich entwickeln. Es wird die regionalen Unterschiede geben – es ist nicht abzusehen, dass das Gehaltsniveau des Stuttgarter oder Münchner Raums auf die Republik übergreift. Genauso wenig wird das tarifbedingte relativ hohe Einkommensniveau in der Branche Chemie/Pharmazie den Takt bestimmen. Es wird Branchen geben, in denen deutlich weniger gezahlt wird, wie es im Rahmen des Booms in der Solarbranche zu beobachten war: Hier wurde mit den Argumenten Umwelt und erneuerbare Energie geworben und es wurden deutlich niedrigere Gehälter akzeptiert.  Mittelständische Unternehmen mit Sitz fernab von Ballungsgebieten werden den von vielen empfundenen Standortnachteil mit Anstrengungen zum Employer Branding nicht kompensieren können und sich überlegen müssen, bestimmte Unternehmensbereiche in attraktive Regionen auszulagern.  Die breit propagierten besonderen Erwartungen der Generation Y müssen erst noch den Lackmustest bestehen. Die bisherigen Untersuchungen hierzu stehen im Sinne eines evidenzbasierten Personalmanagements noch auf unsicheren Beinen. Die Aspekte Work-Life-Balance und Gesundheit werden in der ohnehin schon vorhandenen Bedeutung wohl gestärkt.

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 Wie wird sich Einkommenspolitik verändern? Sie wird noch stärker als integraler Bestandteil eines Gesamtpakets der Führung, Förderung und Zusammenarbeit gesehen: Performanceausprägung, Potenzialfelder, Netzwerkfähigkeit, übergreifendes Arbeiten…  Vieles spricht dafür, dass die variablen Einkommensanteile begrenzt werden. Diese sind aber bei den Ingenieuren in aller Regel überschaubar groß definiert. Ferner werden individuelle Bonuszahlungen zugunsten von Bereichs- oder Unternehmensergebnissen verändert werden.  Das Paket der Benefits wird an Bedeutung gewinnen, eine Renaissance des Cafeteriamodells steht bevor. Das würde auch den Vorstellungen jüngerer Generationen entgegenkommen.

Literatur Sattelberger Thomas (2012): Handlungsfeld MINT: Was wurde erreicht – was fehlt?, MINT-Konferenz des Stifterverbandes. Deuter, A./Stockhausen A. (2011): Etablierung von Fachlaufbahnen – eine empirische Studie deutscher Unternehmen, in: Fachlaufbahnen – Alternative Karrierewege für Spezialisten schaffen, Michel E. Domsch/Désirée H. Ladwig (Hrsg.), Luchterhand. McKinsey Deutschland (2011): Studie „Wettbewerbsfaktor Fachkräfte – Strategien für Deutschlands Unternehmen“. Giesen, Birgit (2013): Ingenieure 2013 Band 1: Das Karriere-Handbuch, Staufenbiel Institut. Lurse Benchmarkstudien 2010, 2011, 2012.

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Perspektiven und Chancen für (Wirtschafts-) Ingenieure in den MINT-Arbeitsmärkten von Boris Wörter, Leitung Human Resources Festo AG & Co. KG, Esslingen Der in Deutschland viel diskutierte Fach- und Führungskräftemangel in den MINTArbeitsmärkten zeigt schon heute erkennbare Auswirkungen auf die Mitarbeitersuche in vielen Unternehmen. Der Anteil der Akademiker mit naturwissenschaftlichem und technischem Know-how ist vor allem in Hochtechnologiebranchen sowie in der Forschung und Entwicklung besonders hoch. Hinzu kommt, dass im Zuge des demografischen Wandels zukünftig viel mehr MINT-Arbeitnehmer als bisher in den Ruhestand gehen werden. Die Industrie versucht, mit geeigneten Instrumenten den Auswirkungen dieses Damokles-Schwertes entgegenzuwirken. Unter dem Strich eröffnen sich aufgrund dieser Situation sehr interessante berufliche Perspektiven für (Wirtschafts-) Ingenieure, um den Innovations- und Technologiestandort Deutschland auch in der Zukunft zu erhalten. Zudem werden sich bei einem eher knapper werdenden Arbeitsmarkt die Verdienstmöglichkeiten tendenziell dynamisieren. Davon abgesehen bleiben weitere Maßnahmen, wie beispielsweise die Einbeziehung von Fachkräften ausländischer Arbeitsmärkte, notwendig, damit dem Fachkräfteengpass und dem demografischen Wandel vorgebeugt werden kann. Als ein unabhängiges, technologieorientiertes Familienunternehmen zählt Festo auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zumeist technisch ausgebildet und qualifiziert sind. Sie realisieren smarte und intuitive Produkte der pneumatischen und elektrischen Automatisierungstechnik, die im Fokus der Forschungsund Entwicklungsaktivitäten stehen. Auf Basis dieser Kompetenzen ist es in über 50 Jahren durch Innovationen und Lösungskompetenz gelungen, sich zu einem Leistungsführer für die Fabrik- und Prozessautomation zu entwickeln. Zum Produktprogramm zählen u. a. Antriebe, Greifer und Handlings, Geräte zur Druckluftaufbereitung und Vakuumtechnik sowie Ventile und Ventilinseln. Für die Kommunikation in der Steuerungskette sorgen Sensoren, intelligente Kompaktkamerasysteme, Controller sowie die passende Software. Der Schlüssel zu diesem Erfolg liegt nicht zuletzt in der Kompetenz, Engagement und Qualifikation der Belegschaft begründet. Wie bei Festo wächst auch in anderen Unternehmen weiterhin der Bedarf an gut qualifizierten (Wirtschafts-)Ingenieuren, welche die technische Innovationsfähigkeit von morgen sicherstellen sollen.

(W I R T S C H A F T S -)I N G E N I E U R E I N D E N MINT-A R B E I T S M Ä R K T E N

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Raum für Perspektiven und lebenslanges Lernen Kontinuierliches Wachstum schafft Arbeitsplätze und Raum für Innovationen sowie interessante Perspektiven in vielfältigen Unternehmensbereichen. Gute Ideen zahlen sich aus und sind der Nährboden für neue Technologien – dabei nehmen angehende Ingenieure und Wirtschaftsingenieure eine bedeutende Rolle ein. Daher werden bei Festo beispielsweise neben Spezialisten für die Fabrikund Prozessautomation auch Projekt- und Vertriebsingenieure zur Beratung und Abwicklung kundenspezifischer Aufträge immer wieder stark nachgefragt. Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge treten i. d. R. direkt ins Tagesgeschäft ein und übernehmen konkrete Aufgaben sowie Verantwortung in einem bestimmten Tätigkeitsfeld. Bei Festo etabliert sich zunehmend auch das „Trainee-Programm“ als allgemeines Qualifizierungsprogramm, das in 12 bis 24 Monaten Hochschulabsolventen mit erster Praxiserfahrung schrittweise auf die Übernahme von verantwortungsvollen Positionen vorbereitet. Trainees gibt es in fast allen Unternehmensbereichen. Sie erhalten in aktuellen Projekten vielseitige und abteilungsübergreifende Einblicke in die Strukturen und Prozesse, Standorte und zukünftigen Tätigkeitsbereiche. Generell werden bei einem technisch orientierten Berufseinstieg neben einer fundierten technischen Qualifizierung auch Teamfähigkeit, Offenheit gegenüber Trends, eine hohe Kundenorientierung und Leistungsbereitschaft sowie erste Praxiserfahrung erwartet. Die Fähigkeit selbstständig und eigenverantwortlich zu arbeiten, sollten sich junge (Wirtschafts-)Ingenieure bereits während des Studiums durch Praktika, Werksstudententätigkeiten und Bachelor-/Masterarbeiten aneignen. Je größer die Praxiserfahrung und Mobilitätsbereitschaft des Absolventen ist, desto schneller und zielgerichteter finden Unternehmen und Bewerber zusammen. Nach dem Einstieg in ein Unternehmen steht die Anwendung und Weiterentwicklung des erworbenen Wissens im Unternehmen im Mittelpunkt. Lebenslanges Lernen nimmt bei Festo einen wichtigen Stellenwert ein – ca. 1,5 % des Umsatzes fließen jährlich in die Aus- und Weiterbildung und damit in die nachhaltige persönliche Weiterentwicklung der eigenen Mitarbeiter. Im Zuge des demografischen Wandels wird es immer wichtiger, vorhandene Potenziale besser durch individuelle Weiterbildungsmaßnahmen, Training-on-the-Job, weltweite Qualifizierungsprogramme usw. zu nutzen und langfristig zu fördern. Eine übertarifliche und leistungsorientierte Vergütung, umfangreiche Sozial- und Zusatzleistungen z. B. Betriebssportgruppen im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung sowie flexible Arbeitszeitmodelle und individuelle Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind weitere Merkmale eines attraktiven Arbeitgebers.

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Qualifikation und Gehaltsentwicklung Das technische Know-how von (Wirtschafts-)Ingenieuren hat nach wie vor einen wichtigen Stellenwert bei der Personalauswahl. Wer an technologisch anspruchsvollen Projekten mitarbeiten und den technischen Fortschritt beeinflussen möchte, kommt an einem fundierten Fachwissen nicht vorbei. Dies steht zunächst im Vordergrund und bildet die Basis für die weitere berufliche Entwicklung. In der Vergangenheit war die Gehaltsentwicklung gerade für (Wirtschafts-)Ingenieure in der Metall- und Elektroindustrie positiv. Die Branche hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt, was sich dementsprechend auch in den Tarifabschlüssen widergespiegelt hat. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, ist ein anhaltendes Wachstum gerade auch durch die Weiterentwicklung von Technologien eine grundlegende Voraussetzung. In Führungspositionen ist die technische Expertise ebenfalls ein bedeutendes Kriterium technologieorientierter Unternehmen. Oftmals mangelt es den (Wirtschafts-)Ingenieuren aber einerseits an betriebswirtschaftlichem Know-how (Kostenrechnung, Interpretation von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, Bilanzen lesen etc.) sowie andererseits an juristischem Know-how (Umweltrecht, Produkthaftung/-sicherheit). Der Mangel an diesen Kompetenzen kann eine Hürde zu Beginn der Karriere sein, erfreulicherweise bieten jedoch immer mehr technische Hochschulen entsprechende Vorlesungen, wie beispielsweise „Management für Ingenieure“, an. Auch nach dem Berufseinstieg können gute Managementprogramme etablierter Business-Schools berufsbegleitend besucht werden. Aus Sicht des Unternehmens ist es oftmals wünschenswert, wenn sich Ingenieure auch in anderen, interdisziplinären Karrierebereichen wie z. B. Rechnungswesen, Personalmanagement, Logistik, Marketing, Unternehmenskommunikation, Vertrieb oder Controlling weiterentwickeln möchten. Die zusätzlich angeeigneten Fähigkeiten im Bereich Management/Betriebswirtschaftslehre sind dafür nützlich und sehr oft notwendig. Sobald Managementfunktionen übernommen werden, liegen die Gehälter i. d. R. höher. Wem dieser monetäre Aspekt in seinen persönlichen Karrierezielen besonders wichtig ist, wird früher oder später eine Führungslaufbahn oder eine herausragende fachspezifische Schlüsselposition einnehmen müssen.

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Geografische und funktionale Mobilität Berufliche Perspektiven und entsprechende Entgeltentwicklungen hängen gerade auch in international agierenden Unternehmen stark von der geografischen und funktionalen Mobilität der Mitarbeiter ab. Die längst eingesetzte Globalisierung führt dazu, dass Arbeitswelten immer internationaler ausgeprägt werden. Die Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten und nach einer angemessenen Zeit Bereiche und Aufgabeninhalte zu wechseln, sind oftmals wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gehalts- und Karriereentwicklung. Die Vorteile hierfür liegen klar auf der Hand. Einerseits werden sowohl interkulturelle Kompetenzen entwickelt und ausgebaut, um im Ausland und in international zusammengesetzten Teams leichter arbeiten zu können. Andererseits braucht man für seinen Erfolg die Fähigkeit, sich in Arbeitsgruppen gut integrieren zu können. Dazu zählen auch Kommunikation, Eigeninitiative und die Fähigkeit, Konflikte zu lösen. Egal, ob beim direkten Kundenkontakt oder in internationalen Projektteams. Die hier angedeuteten Soft Skills sind übrigens nicht nur für (Wirtschafts-)Ingenieure wichtig. Jeder Mensch hat besondere Stärken – aber auch Schwächen. Worauf es ankommt, ist die Bereitschaft, an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Unterstützt wird man dabei häufig durch ein umfangreiches Angebot an internen Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen, mit denen Soft Skills entwickelt und gefördert werden sollen. Der Beruf des (Wirtschafts-)Ingenieurs ist nicht zuletzt aufgrund der beschriebenen Ausführungen eine hervorragende Entscheidung für ganz besonders interessante berufliche Perspektiven.

Weitere Informationen www.festo.com www.festo.com/karriere

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Verschiedene Wege führen nach Rom – Wer Karriere machen will, muss flexibel sein von Dr. Wolfgang Feige, compamedia GmbH, Überlingen

Grundgedanken Deutschland gilt seit Jahrhunderten als das Land der Ingenieure. Und als Land der Innovationen – die ja sehr oft in den Köpfen der Ingenieure reifen. Glaubt man den Medien, so hat aber das Ausland, insbesondere die asiatischen Länder, in den letzten Jahren stark aufgeholt. Hinzu kommen die starken konjunkturellen Schwankungen der vergangenen Jahre. Folglich fragen sich sicherlich nicht wenige technikaffine junge Menschen, die vor der Berufsentscheidung stehen, ob ein Ingenieurberuf in Deutschland überhaupt noch Zukunft hat, und ob man als Ingenieur überhaupt noch Karriere machen kann. Das ist gerade bei der Generation Y ein häufiger Gedanke, da sie das Ingenieurwesen sehr stark mit einem reinen Spezialistentum verbindet. Oft ist die Vorstellung anzutreffen, dass man sich als Ingenieur immer weiter in ein Thema vertiefen und letztlich auf „ewig“ damit verbunden bleiben müsse. Das widerspricht jedoch den Wünschen der Generation Y, da sich diese Generation – wenn man den Untersuchungen glauben darf – gerade dadurch auszeichnet, dass sie Themen nicht zu lange und zu tief bearbeiten will, sondern dass sie lieber von einem Thema zum anderen „hüpft“ oder wie im Internet „klickt“. Flexibilität ist wichtig. Multitasking ist gefragt. Doch auch gerade damit kann man als Ingenieur gut Karriere machen. Das will der vorliegende Beitrag zeigen.

Karriere und Entwicklungsmöglichkeiten Dem „fertigen“ Ingenieur steht eine Vielzahl von Einsatzfeldern in einem Industrieunternehmen offen. Einige davon seien genannt:  Produktion  Produktionsplanung  vorbeugende Wartung und Instandhaltung  Forschung und Entwicklung  technischer Einkauf  Marketing  Vertrieb  Beratung  Management

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Was dabei ganz spannend ist: Ingenieure können die Einsatzfelder wechseln. Das kommt der Generation Y schon mal sehr entgegen. Gerade im Sinne einer Karrierestrategie ist das wertvoll. Es gibt dabei generell mehrere Karrierewege: Ein horizontaler Karriereschritt liegt vor, wenn ein Mitarbeiter auf der gleichen Ranghöhe von einem Gebiet in ein anderes wechselt. Ein Beispiel dafür ist ein Mitarbeiter, der zunächst zwei Jahre in der vorbereitenden Instandhaltung arbeitet und danach für ein oder zwei Jahre in den technischen Einkauf wechselt und dann wiederum eine andere Position ausfüllt. Jetzt könnte man sich fragen, wieso das als Karriere bezeichnet werden sollte. Aber Karriere hat eben gerade heute und bei der Generation Y nicht nur eine „formale Dimension“ (ein Schritt nach „oben“), sondern Karriere hat heute auch eine „inhaltliche Dimension“ (Wissenserweiterung und Horizonterweiterung als Karriere). Dies kommt der Generation Y sehr gelegen. Leider sind die Unternehmen erst dabei, auch solche Prozesse als Karriere anzuerkennen. Ein ganz anderer Karriereschritt ist eine vertikale Karriere. Hier wird zum Beispiel aus dem Mitarbeiter im technischen Einkauf ein Teamleiter im technischen Einkauf und danach ein Abteilungsleiter im technischen Einkauf. Die Karriere definiert sich hier also über die Frage, wie viele Mitarbeiter man zu führen hat. Studien zeigen aber, dass die Generation Y pauschal kein großer Anhänger von rein vertikalen Karrieren ist. Aus diesem Grunde kann man auch an einen sogenannten diagonalen Karriereschritt denken. Hier wird zum Beispiel aus einem Mitarbeiter in der technischen Instandhaltung ein Gruppenleiter im technischen Einkauf. Ein diagonaler Karriereschritt umfasst also eine Wissenserweiterung (neues inhaltliches Feld) gepaart mit einem vertikalen Schritt (vom Mitarbeiter zum Gruppenleiter). Diagonale Karriereschritte sind schon sehr anspruchsvolle Herausforderungen und gerade hier kann sich ein Mitarbeiter beweisen und sein Potenzial zeigen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es natürlich auch eine fokale Karriere gibt. Diese Karriere wird auch Expertenkarriere genannt, d. h. hier wird der Mitarbeiter in der Tat immer mehr zu einem Spezialisten. In größeren Unternehmen gibt es strukturierte Karrierewege. Es gibt Linienlaufbahnen, Expertenlaufbahnen und Projektlaufbahnen. Projektlaufbahnen gibt es gerade in technischen Unternehmen, die stark projektgetrieben sind, wie etwa der Anlagenbau. Die Karriere fängt hier zum Beispiel als Junior-ProjectManager an, der in einem Projekt lediglich mitarbeitet. Danach folgt der Projektleiter, der ein Projekt selbstständig führt. Die nächste Position ist dann der Senior-Projektleiter, der mehrere Projekte gleichzeitig koordiniert. Wichtig ist aber, dass es gerade für die Generation Y sehr reizvoll sein kann, innerhalb dieser Karrierelaufbahnen zu springen, das heißt, zuerst gehen sie einen horizontalen Schritt, dann einen vertikalen und dann vielleicht wieder einen horizontalen. Wichtig für die Akzeptanz von solchen Karrieresystemen ist allerdings, dass die

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verschiedenen Karrierestufen innerhalb der Karriereleitern finanziell und statusmäßig auch ähnlich ausgestattet sind. Ansonsten fehlt der motivierende Effekt. Abbildung 1 zeigt ein solches System auf.

ManagementEbene

Linie

Projektlaufbahn

Expertenlaufbahn

Vorstand

Diese Laufbahn gilt insbesondere für Core Projects.

Diese Laufbahn gilt für Spezialfunktionen.

Vice President

Project Management - Vice President

Executives

Senior Director Project Management - Senior Director (A)

Senior Director

Project Management

Expert xy

- Director (A/B)

Director

Head of Department

Project Management

Expert xy

- Head of (Projektleitung) (B/C)

Head of …

Group Leader

Project Management

Expert xy

- Group Leader (Teilprojekte)

Group Leader

Director

Mittleres Management

Professionals/ Semiprofessionals

Expert xy

Mitarbeiter/Manager

Abbildung 1: Mögliche Karrierelaufbahnen

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Persönliche Voraussetzungen Karriere passiert nicht von alleine. Man muss sie wollen und man muss sich Ziele setzen. Wichtig ist auch, dass man seine Persönlichkeit kennt, um zu wissen, welche Karriere einem am besten liegen könnte. Natürlich ist Fachwissen auch heute immer noch die Basis einer Karriere. Gerade zu Beginn einer Karriere definiert das fachliche Wissen und Können die Einsatzmöglichkeiten. In späteren Karriereschritten geht es dann mehr und mehr um methodische Kenntnisse und Fähigkeiten, und je höher man kommt, desto mehr ist Sozial- und Managementkompetenz gefragt. Wichtig ist und bleibt dabei Flexibilität. Das zeigen schon die obigen Ausführungen. Aber gerade in der heutigen globalen Welt mit all ihren Verflechtungen ist unter Flexibilität auch Mobilität zu verstehen. Längere Einsatzphasen im Ausland sind rechtzeitig und gut mit Partner und Familie abzustimmen und vorzubereiten. Flexibilität beinhaltet aber auch bereit zu sein, das heißt, dass man sich auf den Zufall, der vorbeikommt, vorbereitet. Karrieren sind heute nicht mehr so planbar wie früher, da die Welt dynamischer geworden ist. Deshalb ist derjenige im Vorteil, der zufällig vorbeikommende Angebote greifen kann, da er sich darauf vorbereitet hat. Das heißt aber auch, dass man breit ausgerichtet sein sollte. Je stärker man sich auf nur „einen Weg“ fokussiert, desto mehr Chancen sieht man nicht. Aber gerade in dieser Beziehung freut sich die Generation Y über die zunehmende Dynamik der Arbeitswelt und der Arbeitsmärkte. Hilfsmittel zur Vorbereitung auf solche Chancen und zur Aufrechterhaltung der Flexibilität sind zum Beispiel das Absolvieren eines Trainee-Programms. TraineeProgramme sind in der Regel von der Ausbildung her sehr breit angelegt und bilden damit eine solide Basis dafür, leicht mit Veränderungen mitzugehen. Eine weitere Möglichkeit ist, einen Mentor zu suchen. So kann man sehr früh an Erfahrungen partizipieren und ganz nebenbei können aus Beziehungen, die der Mentor hat, Karrierechancen entstehen. Kurze oder auch längere Auslandseinsätze oder auch Job-Rotation im Inland sind ebenfalls gute Hilfsmittel, um auf eine breite Karriere vorbereitet zu sein. Ingenieuren steht heute also die Welt offen. Insbesondere dann, wenn Sie sich ständig weiterbilden. Weiterbildung heißt hier aber nicht nur, das rein fachliche Ingenieurwissen kontinuierlich auf den neuesten Stand zu bringen, sondern insbesondere auch in andere Fachgebiete wie BWL und Management reinzuschnuppern.

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Der Autor Dr. Wolfgang Feige ist der Personalleiter und Managementberater der compamedia GmbH aus Überlingen. Das Unternehmen sucht und prämiert mit dem Wettbewerb TOP JOB seit elf Jahren die besten Arbeitgeber im Mittelstand und unterstützt sie in der Arbeitgeberentwicklung. Zuvor leitete Dr. Feige viele Jahre die nationale und internationale Personal- und Organisationsentwicklung mittelständischer Unternehmen und war als Personalleiter tätig. Mehrfach hat er bereits erfolgreich nationale und internationale Talentprogramme konzipiert, organisiert und durchgeführt. Für compamedia arbeitet der Spezialist für Führungsfragen seit dem Jahr 2010.

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