ABSTRACTS SEKTIONEN A SPRACHWISSENSCHAFT. A 1 Beziehungsgestaltung durch Sprache: Kontrastive Analysen kommunikativer Praktiken 2

July 16, 2016 | Author: Irmgard Mann | Category: N/A
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ABSTRACTS SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT A 1 – Beziehungsgestaltung durch Sprache: Kontrastive Analysen kommunikativer Praktiken 2 A 3 – Angewandte Fachsprachenforschung 11 A 4 – Konstruktionen im Sprachvergleich 21 A 5 – Deutsch in Bewegung. Grammatische Variation in der Standardsprache 31 A 6 – Sprache und Identität: kulturelle, politische und soziale Perspektiven 37 A 7 – Diskurs und Politik 47 A 8/A 2 – Welche Mündlichkeit, welche Schriftlichkeit? Sprache unter medialen Bedingungen (A 8)/ Text und (hyper)mediale Kultur (A 2) 52 A 10 – Die Poetizität der Sprache 59 A 11 – Zweisprachige Lexikografie – Entwicklung, Stand, Tendenzen 65 A 12 – Diskursbedeutung und Grammatik – Transtextuelle und gesprächsübergreifende Aspekte grammatischer Inventare 69 A 13 – Kontrastive Textologie 72

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ABSTRACTS SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Sektion A 1 – Beziehungsgestaltung durch Sprache: Kontrastive Analysen kommunikativer Praktiken Leitung: Silvia Bonacchi [email protected] Ko-Leitung: Susanne Günthner [email protected], Beata Mikolajczyk [email protected], Qiang Zhu [email protected], Britt-Marie Schuster [email protected], Claudia WichReif [email protected] Bak, Pawel [email protected] Euphemistische Illokutionen in ausgewählten Textsorten am Beispiel des Arbeitszeugnisses Der Euphemismus fungiert oft im allgemeinen Bewusstsein der Sprachbenutzer als Mittel der Verschleierung und tritt immer häufiger als Objekt der Betrachtung in verschiedenen Diskursen, auch in der populärwissenschaftlichen sowie sprachtheoretischen Literatur, als Mittel der Persuasion und verbale Handlungsstrategie auf. Der verhüllende Euphemismus verdient es jedoch, gegen verabsolutierend vernichtende Urteile, vonseiten der linguistischen Forschung in Schutz genommen zu werden. Viele verhüllende Euphemismen haben harmlos-natürlichen Charakter und werden im Hinblick auf ihren funktionalen Wert akzeptiert und praktiziert. Im Beitrag wird versucht, den Euphemismus als eine der euphemistischen Illokutionen anzusprechen, die in bestimmten Texten und Diskursen anzutreffen sind. Es wird die Textsorte „(deutsches) Arbeitszeugnis“ aus der Perspektive eines Nichtmuttersprachlers diskutiert. Die Betrachtung dieser Texte aus der Sicht eines Polen zeigt, dass es – u.a. im Hinblick auf die Euphemisierung – eine Textsorte ist, für die im Polnischen kein „adäquates Äquivalent“ vorliegt.

Bitner-Szurawitzki, Agnieszka [email protected] Evaluative Sprache am Beispiel eines deutschsprachigen und eines englischsprachigen Blogs zu Richard Wagner Im Vortrag werden sprachlich-kommunikative Bewertungsstrategien in zwei Blogs kontrastiv untersucht. Die Blogs widmen sich der Person und dem Werk Richard Wagners: 1. Der deutschsprachige Blog, Mein Wagner-Jahr, wurde von der Journalistin Monika Beer 2013-2014 veröffentlicht; 2. Der englischsprachige Blog (The Wagner Blog) ist seit Juni 2011 online. Beide Blogs greifen verwandte/parallele Themen in der internationalen Wagnerdiskussion auf. Diese Themen sind häufig so angelegt, dass textsortenspezifisch auch Wertungen erwartbar sind: So werden etwa dieselben Aufführungen kritisiert, dieselben Neuerscheinungen rezensiert usw. Damit ist eine kontrastierende Vergleichung der sprachlich-kommunikativen Praktiken, mittels derer Bewertungen geäußert werden, einschlägig relevant. Ausgewählte Texte werden im Vortrag im Detail auf ihren sprachlichevaluativen Charakter hin analysiert.

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Bonacchi, Silvia [email protected] Adressatenzuschnitt im höflichen und unhöflichen Miteinander: Bemerkungen aus multimodaler Perspektive Erst in jüngster Zeit wurde in der (Un)höflichkeitsforschung die Aufmerksamkeit auf die multimodale Realisierung von (Un)Höflichkeitsakten gelenkt. Es wurde dabei gezeigt, dass nicht nur das Verbale (was gesagt wird), sondern auch das Nonverbale und Paraverbale (wie es gesagt wird und was dabei gemacht wird) eine wesentliche Rolle im Zustandekommen des (Un)Höflichkeitseffektes spielen. Das geht so weit, dass der vom Gesprächspartner wahrgenommene Effekt sogar im Widerspruch zur lexikalischen Bedeutung stehen kann. So kann etwa eine aus der Sicht der lexikalischen Bedeutung höfliche Äußerung sarkastisch wirken, umgekehrt kann eine unhöfliche Bedeutung als direkt und supportiv interpretiert werden, wenn sie bestimmte Merkmale aufweist (etwa eine gewisse Intonation, oder Lachstimme, oder einen gewissen Pitchkontur). In meinem Beitrag wird der Versuch unternommen, dieses Phänomen zu beschreiben und auf den besonderen Aspekt der multimodalen Kohärenz von (un)höflichen Äußerungen einzu-gehen.

Celik-Tsonev, Sevil/Tsonev, Petar [email protected] Einige Reflexionen kultureller Praktiken auf sprachlich-textuelle Gestaltungsmöglichkeiten: Trauer und Freude in deutschen, türkischen und bulgarischen Kulturdimensionen In dieser Studie werden bestimmte Textbeispiele der erwähnten Kulturen auf sprachlicher und textueller Ebene kontrastiv analysiert und auf ihre historischen Wurzeln hinweisend begründet. Die Studie versucht einige typische Mechanismen der verbalen Ritualisierung schriftlicher Genreformen wie Todesanzeigen und fröhliche Veranstaltungen und Feiern wie Geburtstage, Jahrestage usw. zu untersuchen. Eigenartige Zeichen der Emanzipation der menschlichen Individualität zu traditionellen Formen religiöser Kult der Toten und Ereignisse im täglichen Leben zwischen Leben und Tod werden in diesem Beitrag an Hand von sprachlichen Mitteln kommentiert. Es stellt sich heraus, dass ein Großteil der kulturellen Praktiken in verschiedenen Ländern trotz ihrer gemeinsamen Wurzeln sich in Form stark unterschiedlich verteilt, denn sie sind von nationalen Gegebenheiten festgelegt und haben sich mit der Zeit als verschiedene Gestaltungsformen kommunikativer Praktiken entwickelt.

Czachur, Waldemar [email protected] Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe im Jahre 1965 als Beziehungsgestaltung zwischen Staaten? Eine text- und diskurslinguistische Perspektive In dem Referat soll die Frage diskutiert werden, inwiefern sich die Beziehungsgestaltung zwischen zwei Staaten als politischen Gemeinschaften mit linguistischen Methoden erfassen lässt. Am Beispiel des Briefs der polnischen Bischöfe an die deutschen Bischöfe und der Antwort der deutschen Bischöfe soll diese Frage empirisch geprüft werden. Dabei geht es darum, die sprachlich verbalisierten und erinnerungspolitisch bedingten Erwartungen der Partnerseite in den beiden Briefen zu untersuchen, um die Strategien der Beziehungsgestaltung aufzeigen zu können.

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Donec, Pavel [email protected] „Usus“ als Teil diskursspezifischer Phänomene In der interlingualen /-kulturellen Kommunikation kommen (aus der Sicht des „fremden“ Kommunikanten) spezifische Inhalte von grundsätzlich dreierlei Natur in Erscheinung: (1) linguospezifische Inhalte, (2) diskursspezifische Inhalte, sowie (3) kulturspezifische Inhalte. Einen bedeutenden Platz darunter nehmen die Manifestationen des Usus ein. In Anlehnung an Hjelmslev, der darunter Sprechgewohnheiten verstand, werden dazu die usuell gewordenen Realisierungen des jeweiligen Sprachsystems (aus der Menge der potentiell möglichen davon) – vor allem auf der Ebene der Äußerung – gezählt. Die Ususpraktiken verschiedener Sprachen differieren oft nicht weniger als deren Systeme und umfassen solche Phänomene wie „innere Form“ der Äußerung (Wahl der Nominationsmerkmale), Anreden, Begrüßungs- und Abschiedsformeln, einzelne Sprechakte (Bitten, Warnen, Befehlen usw.), Internationalismen und Xenismen, geflügelte Worte, Adressenschreibung, Benennungen von Institutionen u.a.m.

Ehrhardt, Claus [email protected] Beziehungsarbeit – Kommunikation – Sprache. Theoretische Überlegungen zum sprachlichen Beziehungsmanagement Den Gegenstand des Vortrages bilden Diskussionen in deutschen und italienischen TVTalkshows. Solche medial inszenierten Gespräche zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass die Teilnehmer einerseits kompetitiv miteinander umgehen, andererseits aber auch im Sinne einer erfolgreichen Sendung kooperieren. Anhand der Diskussion der Beispiele sollen verschiedene theoretische Konzeptualisierungen von Beziehungsarbeit im Rahmen von Sprach- und Kommunikationstheorien aufgegriffen und kritisch diskutiert werden. Auf dieser Grundlage wird ein Vorschlag für ein Modell erarbeitet, das darauf abzielt, zufriedenstellende Definitionen von Höflichkeit, Beziehungsarbeit und Imagearbeit zu erstellen und zu zeigen, welche Bedeutung den entsprechenden sprachlichen Aktivitäten in der Kommunikation zukommt. Schließlich soll versucht werden, die Erkenntnisse für kulturvergleichende Ansätze nutzbar zu machen.

Ekawati, Dian [email protected] Die Erstellung der deutsch-indonesischen Sprechstundengespräche im akademischen Bereich Diese Forschung stellt eine Studie über die Interaktion im Rahmen der akademischen Konsultationen dar und bietet einen Einblick in die akademischen Beratungssituationen zwischen Interaktanten mit unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Hintergründen, insbesondere zwischen Deutschen und Indonesiern. Diese empirische Untersuchung zeigte eine hybride Wechselwirkung in 15 aufgezeichneten deutsch-indonesischen akademischen Beratungsgesprächen. Die Ergebnisse der Sequenzanalyse sind, dass kulturelle und interkulturelle Aspekte wie Direktheit und Indirektheit, Höflichkeit, Machtverhältnisse und Stereotypisierung durch den Einsatz von Lexemen, konjunktiven Satzausdrükken, Mustern, Anreden und Grüßen, Kodewechseln, formellen und informellen Registern sowie Modalität auf der Mikroebene vorkamen. Aus den untersuchten Daten ist es sichtbar, dass in dem deutsch-indonesischen Beratungskontext kein prototypisches Muster gefunden wurde, weil sich nicht nur die Interaktanten, sondern auch der Verlauf durch das Einbringen ihrer eigenen Kulturvorerfahrungen in das Gespräch anders manifestiert.

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Günthner, Susanne/Zhu, Qiang [email protected] Die kommunikative Konstruktion sozialer Beziehungen in SMS-Interaktionen: Kontrastive Analysen chinesischer und deutscher Praktiken Dieser empirisch ausgerichtete Vortrag widmet sich Anredepraktiken in chinesischen und deutschen SMS-Beiträgen unter sprach- und kulturvergleichender Perspektive. Unsere Analyse der Formen und Funktionen von Adressierungen in der SMS-Interaktion fokussiert folgende Fragen: Wie werden soziale Beziehungen mittels Anredeformen in dieser medialen Kommunikationsform indiziert? Welche Typen von Anredeformen werden verwendet? Welche Parallelen bzw. Unterscheide zeigen sich? Wie sind Zusammenhänge zwischen sprachlichen Anredeformen und der Konstruktion sozialer Beziehungen kulturell verortet? Wir verdeutlichen, dass Adressierungspraktiken in chinesischen und deutschen SMS-Dialogen weit mehr leisten als reine Kontaktherstellungen und Identifikationen der KommunikationspartnerInnen. Als „Beziehungszeichen“ tragen sie zur sprachlichen Konstruktion, Verfestigung und Modifikation von Selbst- und Fremdpositionierungen bei. Zugleich sind die spezifischen Anredeformen, die die chinesischen und deutschen SMS-TeilnehmerInnen zur Konstitution ihrer sozialen Beziehungen verwenden, eng mit habitualisierten kulturellen Praktiken verwoben.

Huynh, Ilham [email protected] Rekonstruieren – Involvieren – Solidarisieren. Multimodale Praktiken der Beziehungsgestaltung in deutschen und türkischen Alltagserzählungen Obwohl auch nonverbalen Erzähl-Techniken eine zentrale Rolle zukommt, ist diesen wenig wissenschaftliche Beachtung gewidmet worden. Hier möchte ich ansetzen und mit Mikroanalysen ausgewählter Erzählungen der Frage nachgehen, welche multimodalen Techniken genutzt werden, um soziale Beziehungen zu gestalten. Auch die kulturvergleichende Perspektive auf die kommunikative Gattung des Erzählens interessiert mich. Diesen beiden Aspekten möchte ich anhand meiner audiovisuellen Daten aus der Türkei und Deutschland nachgehen. In den Untersuchungen konnte zum einen festgehalten werden, dass in beiden Korpora besonders der Erzähler mit gestischen Techniken arbeitet, um seine Erzählung zu rekonstruieren, zu dramatisieren und so den Hörer zu involvieren (z.B. reenactments). Aber auch auf Hörerseite gibt es Techniken, mit denen diese ihre gleichlaufende Beteiligung ausdrücken (z.B. Blickveränderung). Auch kulturdivergierende Ergebnisse können aus den Fallbeispielen entnommen werden, wie die starke Nutzung von Ideophonen und der Nominalphrase ‚şey’ (dt. ‚dings’) im Türkischen.

Ismagulova, Gulnar [email protected] Vergleichsanalyse der Sprichwörter der Genderproblematik im Deutschen, Kasachischen und Russischen Der Beitrag ist der Bewertung der Sprichwörter in den Sprachbildern des Russischen, Kasachischen und Deutschen und der Identifizierung der ethnischen und sprachlichen Merkmale bezüglich des Geschlechts in den zu vergleichenden Sprachen gewidmet. Die lange Existenz der Sprichwörter berechtigt ihnen als funktionierende "Kulturkonstanten" zu handeln. Diese werden als verbale Zeichen der Kultursprache im Sprachbewusstsein fixiert. Die Reproduzierbarkeit der Sprichwörter trägt zur generationenübergreifenden, kulturell bedeutenden Einstellung und der Formierung des Kulturbewusstseins des Sprachträgers im Prozess des Spracherwerbs bei. Sprichwörter sind universale Erscheinungen der natürlichen Sprachen, sie geben ein unikales Material für die Erforschung der Gesetze der verbalen Kommunikation und dienen als Instrument der kommunikativ-kog-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT nitiver Tätigkeit des Volkes. Ziel der Arbeit ist die Feststellung der sprachlichen und kulturellen Unterschiede aus der Genderperspektive.

Kim, Kab-Nyun [email protected] Höflichkeitsformeln im Vorwort von Dissertationen: Eine interkulturelle Höflichkeitsuntersuchung im Deutschen und Koreanischen In diesem Projekt untersuche ich Höflichkeit primär als Kommunikationsstrategie. Durch Höflichkeit werden Beziehungen erhalten. Dabei ist das Sprachverhalten ein wichtiges Element, weil es durch dieses möglich erscheint, ein auf Gegenseitigkeit beruhendes positives Verhältnis mit seinem Dialogpartner zu erhalten oder damit in Verbindung stehende Verhaltensformen in den Vordergrund zu rücken, die für mich ein lohnenswerter Analysegegenstand sind. Brown/Levinson et al. behaupten, dass Höflichkeit als indirekter Sprechakt umgesetzt wird, und nicht vorrangig eine direkte Strategie zur Lösung von gesellschaftlichen Konflikten ist. Wir wenden die Höflichkeit eher als Mittel an, um nicht etwa die Bedürfnisse unserer Gegenseite mit besonderer Sorgfalt zu bedenken, sondern eher um unsere eigenen Ziele möglichst effizient zu erreichen. Als nächstes analysiere ich Höflichkeit in der deutschen und koreanischen Sprache und vergleiche hierbei, wie sie sich in der jeweils anderen Kultur manifestiert. Ich gehe davon aus, dass wir in unserem Leben eine Lebensgemeinschaft bilden, wobei in dieser Lebensgemeinschaft alle Dinge, die wir machen, Kultur sind, somit bilden Sprache und Kultur eine untrennbare Einheit.

Kotorova, Elizaveta [email protected] Sprechhandlungsmuster BITTE im deutsch-russischen Vergleich: Soziokulturelle, pragmatische und sprachliche Unterschiede In dem Beitrag wird das Sprechhandlungsmuster BITTE von drei Standpunkten aus analysiert. Unter dem soziokulturellen Aspekt werden bestimmte Höflichkeitsstrategien, die bei dem Aufforderungsakt der Bitte in jeder von den zu vergleichenden kommunikativen Gesellschaften verwendet werden, erörtert. Unter dem pragmatischen Aspekt wird untersucht, ob und wie sich die Situationen unterscheiden, in denen die Deutschen und die Russen eine Bitte äußern. Die Unterschiede beziehen sich auf zwei Möglichkeiten: a) wenn unter gegebenen pragmatischen Bedingungen in einer Kultur ein bestimmter Sprechakt regelmäßig realisiert wird, in der anderen Kultur aber die Realisation desselben Sprechaktes in den meisten Fällen ausbleibt; b) wenn unter gegebenen pragmatischen Bedingungen in verschiedenen Kulturen verschiedene Sprechakte realisiert werden.

Lambova, Anelia [email protected] Tendenzen in den Höflichkeitskonventionen anhand einer exemplarischen Untersuchung von Internetforen und -blogs Im Beitrag werden die Tendenzen bezüglich der sprachlichen Höflichkeitskonventionen (Anreden und Anschriften, Duzen und Siezen etc.) in Internetforen und -blogs dargestellt. Auf Grund der durchgeführten Untersuchungen wird auf folgende Fragen eingegangen: Wie höflich sind die Bulgaren bzw. die Deutschen, wenn sie ihre Interneteinträge verfassen? Sind Unterschiede in der Netiquette festzustellen und worauf sind diese zurückzuführen? Wird das Duzen immer mehr bevorzugt? Welche grammatischen und lexikalischen Mittel kommen in Bezug auf die Höflichkeitskonventionen in Frage? Auf Grund der Untersuchung können Schlussfolgerungen für den DaF-Unterricht und für die Dolmetscher- und Übersetzerausbildung gezogen werden.

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Mikolajczyk, Beata [email protected] Lassen Sie mich bitte ausreden./ Prosze dac mi skonczyc. Lassen-Konstruktion als Diskursmarker im Deutschen und ihre polnischen Äquivalente, dargestellt am Beispiel politischer Diskussionen Der Beitrag präsentiert die vergleichende Untersuchung einer spezifischen, sprachlichen Konstruktion, die in einem Streitgespräch, beim Auftreten eines Beziehungskonfliktes, den Versuch markiert, das entrissene Rederecht zurückzuholen. Die Untersuchung wird anhand von authentischen Gesprächen in deutschen und polnischen Medien (u.a. Interviews mit Politikern und politische Diskussionen im Fernsehen und Rundfunk) durchgeführt. Es wird gezeigt, welche polnischen Strukturen in dem untersuchten Handlungsraum als eine funktionale Entsprechung der deutschen lassen-Konstruktion fungieren. Die Analyse konzentriert sich auf zwei Ebenen, eine sprachlich-strukturelle und eine interaktionale. Auf der sprachlich-strukturellen Ebene werden phonetische, morpho-syntaktische und lexikalische Spezifika der deutschen Konstruktion und ihrer polnischen Äquivalente gegenübergestellt. Die interaktionale Dimension betrifft den funktionalen Aspekt der zu analysierenden Konstruktion und ihrer Äquivalente in der Gesprächsorganisation. Dabei spielen folgende interaktionale Phänomene die wichtigste Rolle: der Präferenz-, Beziehungs-, Motivations- und Legitimisierungsaspekt. Außerdem wird das Kriterium der Höflichkeit mitberücksichtigt. Es wird in erster Linie zu zeigen sein, welche pragmatischen Gemeinsamkeiten bzw. Differenzen sich im Gebrauch der Konstruktionen in den Sprachen feststellen lassen.

Mucha-Tummuseit, Katharina [email protected] Sehnsucht nach der heil(ig)en Welt – Ritualisierte Praktiken im modernen Gottesdienst kontrastiv (protestantisch/katholisch) In meinem Beitrag soll es darum gehen, ritualisierte Praktiken, die moderne deutschsprachige christliche Gottesdienste konstituieren, in ihrem didaktisch und methodisch ausgeklügelten Zusammenspiel zu untersuchen. Kontrastiert werden dabei ritualisierte Praktiken protestantischer und katholischer Traditionen. Der Fokus soll gerichtet werden auf a. die sprachlichen Konstruktionen, durch die eine heil(ig)e Welt in ihrer Existenz und Art präsupponiert und im Gegensatz zur Weltlichkeit ausgestaltet wird, b. die Verknüpfung von schrift-, gesprochen- und gesungensprachlichen Texten im interaktional konzipierten Gottesdienst, c. die Aufgabenfelder und Funktionen der Partizipant/innen während des Gottesdienstes/ihre Verteilung und Bewegungsmuster im Raum der Kirche/die Ausgestaltung des kirchlichen Raums und ihrer Repräsentant/innen, d. die Funktionen des Zusammenspiels religiöser Praktiken (Gefühlssynchronisierung/Sicherung des sozialen Netzwerkes/Stabilisierung der Konzeptualisierung der heil(ig)en Welt).

Qi, Jiafu [email protected] Eine kognitive Studie zu interkulturellem Lernen der Anredepronomina Sie/du bei chinesischen Deutschlernenden In den westlichen Kulturen tendiert man dazu, symmetrische Anredeformen zu verwenden, während in den Kulturen, wo Hierarchien dominieren, wie in China, asymmetrische Anredeformen üblich sind. So bestehen die Fragen, wie die chinesischen Deutschlernenden die Anredepronomina Sie/du lernen bzw. verwenden, ob eine Interferenz vorkommt, wenn sie in einer interkulturellen Situation Anredepronomina verwenden, und wie sie diese Interferenz überwinden. In der vorliegenden Studie wird anhand der Ergebnisse aus

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT unserer empirischen Untersuchung diese Interferenz analysiert. Ferner wird beobachtet, wie die chinesischen Deutschlernenden in interkulturellen Situationen die Anwendungsregeln der deutschen Anredepronomina „Sie“ und „du“ kognitiv bearbeiten. Als Ergebnis stellt sich heraus, dass die chinesischen Deutschlernenden in Situationen, mit denen sie vertraut sind, eine adäquate Anredewahl nach der deutschen Norm treffen können, während sie in den ihnen fremden Situationen dazu tendieren, nach einem ihnen vertrauten frame chinesischer Art zu handeln.

Röcklinsberg, Christoph [email protected] Kommunikative Praktiken und kulturelle Räume. Zur Beziehungsgestaltung schwedischer und deutscher Arbeitskollegen bei Tisch Am Beispiel schwedischer und deutscher Interaktionen männlicher Arbeitskollegen bei Tisch soll gezeigt werden, dass für deutsche männliche Arbeitskollegen kommunikative Gattungen wie zum Beispiel Frotzeln oder Fachsimpeln beliebte kommunikative Praktiken zur Interaktions- und Beziehungsgestaltung sind. Die schwedischen Männer nutzen für die Selbstdarstellung in Tischgesprächen dagegen andere Muster zur Interaktions- und Beziehungsgestaltung. Durch die kontrastive Analyse kommunikativer Praktiken kann aber auch gezeigt werden, dass die Gemeinsamkeiten in den Tischgesprächen neben dem Rückgriff auf die Tätigkeit (i.e. das Essen) im häufigen Rückgriff auf den ‚kulturellen Raum‘ liegen. Es zeigt sich, dass neben dem Essen und der Esskultur, der (Innen-)Architektur der Gaststätte und anderen Aspekten des Raumes auch das kulturspezifische Umfeld als nichtsprachliche semiotische Zeichen für die Interaktions- und Beziehungsgestaltung genutzt werden. Dieses semiotische Feld in Interaktionen nenne ich die Einbettungskultur.

Rost-Roth, Martina [email protected] Höflicher? Höflichkeitsgrade in pragmatischer, interkultureller und erwerbskontrastiver Perspektive. Deutsch als L2 und als L1 im Vergleich Da sich Vorstellungen zu Höflichkeit im Sprachgebrauch inter- und intrakulturell unterscheiden können und auch sprachlich hohe Anforderungen stellen, sind sie auch im Hinblick auf die Förderung interkulturelle Kompetenzen von Bedeutung. Höflichkeit stellt zudem für den Zweit- und Fremdspracherwerb eine besondere Herausforderung dar, da vielfach syntaktisch und/oder morphologisch komplexe Strukturen gefordert sind. In einer empirischen Studie für das Deutsche wird anhand einer Datenbasis von Email-Kommunikation und experimentellen Daten gezeigt, welche Ausdrucksmöglichkeiten, als höflich bzw. höflicher eingeschätzt werden. Dabei werden Sprachkompetenzen und Einschätzungen von Sprechern unterschiedlicher Ausgangssprachen und Kulturen (Deutschland, Gabun, Russland) einbezogen. Hierüber ergeben sich nicht nur interessante Bezüge zu einer empirischen Auseinandersetzung mit kontroversen Annahmen zu Universalität und Direktheitsgraden im Rahmen von Höflichkeitstheorien, sondern auch konkrete Anknüpfungspunkte für die Förderung von fremd- und zweitsprachlichen sowie interkulturellen Kompetenzen.

Schröter, Juliane [email protected] "Ich empfehle mich" und "leb' wohl". Überlegungen zur beziehungsgestaltenden Kraft von Grüßen an zwei historischen Beispielen Grüße sind wichtige kommunikative Mittel der Beziehungsdifferenzierung innerhalb der sozialen Praktiken der Begrüßung und der Verabschiedung. Der Vortrag fokussiert diese beziehungsgestaltende Kraft von Grüßen sowohl theoretisch als auch empirisch: Aus-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT gehend von einer auch historisch tragfähigen Definition von "Gruß" wird zunächst ein Modell vorgestellt, das verschiedene Bedeutungsdimensionen von Grüßen, die aus dem alltäglichen Sprachgebrauch hervorgehen, unterscheidet. Anschließend wird das Modell zur Analyse der beziehungsgestaltenden Kraft von "ich empfehle mich" und "leb' wohl" angewendet, zweier Abschiedsgrüße, die über Jahrhunderte hinweg im deutschen Sprachraum überregional verwendet wurden, heute aber ungebräuchlich sind. So kann an ihrem Beispiel in einem dritten Schritt ebenfalls gezeigt werden, wie Grüße unter der Bedingung veränderter Beziehungsvorstellungen und -normen wegen ihres spezifischen beziehungsgestaltenden Potenzials marginalisiert werden.

Schuster, Britt-Marie/Wich-Reif, Claudia [email protected], [email protected] Wie geht’s? Zur diachronen Entwicklung pragmatischer Phraseme im kontrastiven Vergleich Erkundigungen nach dem Befinden mittels pragmatischer Phraseme wie Wie geht’s? Wie läuft es? neuerdings aber auch Was läuft? und Alles gut? sind zentrale Bestandteile der phatischen Alltagskommunikation. Sie werden mündlich und (mittlerweile auch) schriftlich verwendet und erfordern i.d.R. ebenso ritualisierte Antworten. Im Vortrag soll auf der Basis einschlägiger Text-/Briefkorpora insbesondere der Idiomatisierungsprozess von Wie geht’s? nachgezeichnet werden, dessen Ausgangspunkt im Mittelhochdeutschen (Wie geht Dirs?) liegt und ebenso einen metonymischem Bedeutungswandel wie eine Transitivierung des Verbs gehen voraussetzt. Nachweise im Mittel- und Frühneuhochdeutschen stammen überwiegend aus literarischen Dialogen, die mutmaßen lassen, dass es sich zunächst um eine eher kolloquiale Verwendung gehandelt hat, die sich erst mit dem Ausgang der Frühen Neuzeit auch in der gehobenen Briefschriftlichkeit etabliert hat. Im Vortrag wird überprüft, ob der Aufstieg dieses pragmatischen Phrasems a) dem von Gellert angeregten natürlichen Briefstil und/oder auf b) Einflüsse anderer Sprachen zurückzuführen ist.

Simon, Horst [email protected] Vom Sie zum Du – und oft auch wieder zurück. Beobachtungen zur Pragmatik des temporären Anredewechsels im älteren Deutsch Bei aller soziolinguistischen Subtilität der Verteilung der Anredepronomina du und Sie im Gegenwartsdeutschen ist eines klar: Wie auch immer ihre praktisch immer symmetrische Verteilung geregelt sein mag, es gilt: im Gegensatz zur Situation in vielen anderen Sprachen (z.B. Niederländisch, Spanisch) gibt es kein Zurück nach dem Wechsel des Pronomens. Das heißt, wer in einer gegebenen Sprecher-Adressaten-Dyade einmal ein Du verwendet hat, muss dabei bleiben und kann nicht mehr zum Honorativ-Pronomen Sie zurückkehren. Noch bis ins 19. Jahrhundert war aber auch das Deutsche in diesem Punkt flexibel: Sprecher konnten durch die Wahl verschiedener Pronomina – es standen bis zu fünf Formen zur Verfügung – ihre Beziehung zum Adressaten aushandeln und zwischen einem ‘Normalpronomen’ und einer davon abweichenden Form hin- und herwechseln. Ich werde in meinem Vortrag anhand von literarischen Daten aus dem Hochmittelalter und aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigen, wie die Anredevariabilität zum mikropragmatischen Beziehungsmanagement genutzt werden konnte.

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Szulc-Brzozowska, Magdalena [email protected] Deutsche Abtönungspartikeln in rhetorischen Fragen und ihre polnischen Äquivalente Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Analyse bilden die Äquivalenzbeziehungen zwischen ausgewählten Abtönungspartikeln des Deutschen, die in rhetorischen Fragen auftreten, und den entsprechenden sprachlichen Mitteln des Polnischen. Es wird die kommunikative Funktion der analysierten Abtönungspartikeln erneut überlegt, insbesondere hinsichtlich der Rhetorizität. Zugleich werden polnische äquivalente Mittel zusammengestellt und unter diesem Gesichtspunkt genauer untersucht. Die Schlussergebnisse sollen Informationen über die Äquivalenztypen zwischen den deutschen Abtönungspartikeln und den polnischen sprachlichen Mitteln liefern, wodurch kommunikative Praktiken des Deutschen und Polnischen im Bereich der Rhetorizität aufgewiesen werden.

Wang, Beibei [email protected] Die räumlichen Metaphern in den Verwandtschaftsbezeichnungen – Eine Komperative Darstellung der räumlichen Relationen Die räumlichen(spatialen) Relationen sind das Ergebnis der menschlichen aktiven Kognition von der räumlichen Position, Existenz und dem Bewegungszustand objektiver Gegebenheiten. Die Menschen projizieren gewöhnlich die räumlichen Kategorien und Relationen auf die nicht-räumlichen Kategorien und Relationen, um die Umwelt kategorisierend zu erfassen. Die sprachlichen Ausdrücke sind nicht getreues Spiegelbild der objektiven Welt, sondern in der physischen und kulturellen Wahrnehmungen der Menschen verwurzelt. Durch kognitivlinguistischen Vergleich von den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der sprachlichen Ausdrücke der räumlichen Relationen im Chinesischen und Deutschen können die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kognition der beiden Nationen herausgefunden werden, was für die heutige interkulturelle Kommunikation von Bedeutung ist.

Yu, Jingtao [email protected] Synergien in (Chinesisch-Deutschen) interkulturellen Teamprozessen Im Zentrum der Untersuchung stehen Synergien in interkulturellen Teamprozessen. Dabei wird untersucht, ob es in interkulturellen Teams Synergiepotenziale gibt und wenn ja, welche Voraussetzungen und Entfaltungswege es dafür gibt; wo sich die Heterogenität in Gruppenprozessen in chinesisch-deutschen interkulturellen Teams zeigt sowie welchen Zusammenhang es zwischen Interkultur, Kohäsion und Synergie gibt. Synergien könnten auch Gruppenkohäsion fördern. Die Überprüfung der Hypothesen erfolgt im Rahmen einer empirischen Untersuchung, deren Grundlage qualitative Leitfadeninterviews mit Mitgliedern aus chinesisch-deutschen Teams bilden. Für die Forschungsdurchführung wird eine Verbindung von problemzentriertem Interview und Experteninterview gewählt.

Zhang, Lifen [email protected] Interkulturelle Analyse beziehungsgestaltender Sprechhandlungen in der deutsch-chinesischen Lehrer-Studenten-Kommunikation durch E-Mail Diese empirische Studie nimmt die 65 authentischen E-Mails zwischen 5 chinesischen Studierenden und deren deutschen Lehrern während ihrer zwei Auslandssemester in Deutschland als Untersuchungskorpus und zielt darauf, die beziehungsgestaltenden Sprechhandlungen darin zu identifizieren und interkulturell zu interpretieren. Bei der

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Interpretation der einleitenden und abschließenden Sprechhandlungen sind die kulturellen Ausprägungen schon deutlich zu erkennen. In der deutsch-chinesischen S-L-Interaktion sind die Sprechhandlungen „BEGRÜSS“ und „VERABSCHIED“ nicht wie in der kulturinternen Kommunikation lediglich vom Vertrautheitsgrad determiniert, sondern werden auch stark von der hoch geachteten Verehrung der Lehrenden in der chinesischen Tradition beeinflusst, wobei beide Seiten eine Anpassungsfähigkeit aufweisen. Andere kulturelle Ausprägungen des chinesischen Kulturkreises wie Guanxi oder Gesichtswahrung schlagen sich auch in der Sprechhandlung „BITTE (VORSCHLAG/HILFE)“ der chinesischen Studierenden nieder, während die Sprechhandlung „FRAG (EINVERSTÄNDN)“ die unterschiedlichen institutionellen Restriktionen der chinesischen und deutschen Universitäten widerspiegelt.

Sektion A 3 – Angewandte Fachsprachenforschung Leitung: Sambor Grucza [email protected] Ko-Leitung: Michael Szurawitzki [email protected], Thorsten Roelcke [email protected], Heinz-Rudi Spiegel [email protected] Atasoy, Irem [email protected] Wissenschaftstexte im Vergleich: Eine kontrastive Analyse deutscher und türkischer Fachtexte im Bereich der Medienwissenschaft Die Produktion und Rezeption wissenschaftlicher Texte bilden einen wichtigen Bestandteil der wissenschaftlichen Kommunikation, weil sie zur Vermittlung des Fachwissens und zur Verortung des Wissenschaftlers in einer bestimmten Diskursgemeinschaft dienen. Wissenschaftstexte weisen erhebliche Unterschiede in Abhängigkeit von unterschiedlichen Faktoren wie Kultur, Fachdisziplin und Sprache auf. Diese Unterschiede bilden den Gegenstand textlinguistischer Untersuchungen. In dieser Hinsicht besteht das Ziel meiner Arbeit darin, die wissenschaftlichen Artikel von deutschen und türkischen Medienwissenschaftlern mit textlinguistischen Methoden zu analysieren und miteinander zu vergleichen. Von der Textanalyse und dem Textvergleich ausgehend werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den untersuchten Sprachen festgestellt. Das Analysekorpus bilden wissenschaftliche Artikel aus verschiedenen Fachzeitschriften für Medienwissenschaft, die im Zeitraum von 2012 bis 2014 erschienen sind. Die Analyse beruht auf der textlinguistischen Methode und umfasst textexterne und textinterne Kriterien. Die textexternen Kriterien bestehen aus den außertextuellen Faktoren wie „Autor“, „Wissenschaftsdisziplin“, „Forschungsmethode“, „Kommunikationssituation“ und „Textsorte“. Unter den textinternen Kriterien werden die Makrostrukturen wissenschaftlicher Artikel und die stilistischen Merkmale behandelt.

Bak, Pawel [email protected] Terminus, Pseudoterminus und Wirtschaftsdeutsch Die Termini dienen als „Fachwissen-Exponenten im engeren Sinne“ (S. Grucza 2010) dazu, das Fachwissen zu exponieren. In wirtschaftsdeutschen Diskursen können allerdings auch „Pseudo-Termini“ festgestellt werden. Es handelt sich dabei um sprachliche Formen, die auf keine (terminologisch) festgelegte Bedeutung verweisen. Mit ihnen wird kein Fachwissen exponiert. Oft wird der „Pseudoterminus“ als Produkt von nicht (gründlich) verifizierten Hypothesen verstanden, der „Quasi-Terminus“ dagegen als ein auf einer Vorstufe

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT der Terminologisierung befindlicher Ausdruck aufgefasst. Bei den „Pseudotermini“ kann jedoch eine auf der Ausdrucksebene vorgespielte fachliche Motivation des Gebrauchs festgestellt werden. Die Fachlichkeit wird hier auf formaler Ebene inszeniert bzw. vorgetäuscht. Im Beitrag wird versucht, die illokutionären Mechanismen aufzuzeigen, die dem Gebrauch der Termini sowie der Wörter zugrundeliegen, welche in wirtschaftsdeutschen Diskursen den Anschein der Fachlichkeit vermitteln, jedoch keine Termini (im engeren Sinne) sind.

Bonek, Anna [email protected] Ergonomisierung eines computergestützten Übersetzungsprozesses. Ergebnisse einer Eyetracking-Analyse In dem Beitrag werden Ergebnisse der Analyse der gesammelten Eyetracking- und VideoDaten der Untersuchung des Übersetzungsprozesses in Hinblick auf die Ergonomisierung vorgestellt. Unter den Studenten der Fakultät für Angewandte Linguistik der Universität Warschau wurde eine Eyetracking-Untersuchung des computergestützten Übersetzungsprozesses durchgeführt. Das Ziel der Untersuchung bestand darin, die personenübergreifenden und die Geschwindigkeit sowie Qualität des Übersetzungsprozesses beeinflussenden Usability-Probleme, Beschränkungen der von den Probanden gewählten Programme, Methoden der Lösung der Translationsschwierigkeiten und die an die Software gestellten Erfordernisse festzustellen. Damit werden die Anhaltspunkte und Verbesserungsvorschläge für die Entwicklungsarbeit an der Ergonomisierung des Übersetzungsprozesses und der Minimierung der während der durchgeführten Analyse festgestellten Problemstellen angegeben. Die gezogenen Schlussfolgerungen basieren auf Ergebnissen der Evaluation der vom Eyetracker gesammelten Daten bezüglich der Augenbewegungen und auf Video aufgenommenen Verhaltensmodalitäten der Probanden an Mensch-ComputerSchnittstellen während des Übersetzungsprozesses.

Chakhnashvili, Tamar [email protected] Zur Förderung der Entwicklung von interkulturellen Kompetenz im Fachsprachenunterricht Die Entwicklung vom kulturellen Bewusstsein ist im Fachsprachenunterricht genauso wichtig wie im allgemeinen DaF-Unterricht geworden. In diesem Beitrag geht es darum, dass bei der Unterrichtsplanung und Erstellung von Lehrmaterial für Fachsprachenunterricht berücksichtigt werden muss, dass die Studenten für interkulturelle Elemente in der Fachsprache sensibilisiert und ihre interkulturelle Kompetenz gefördert wird. Die kulturelle Bedingtheit der Fachinhalte und Fachterminologie kann in bestimmten Fachbereichen und Fachsprachen ausgeprägter sein als in anderen. Z.B.: Fachbegriffe im naturwissenschaftlichen Bereich oder Technik sind sie überwiegend allgemein gültig, während die Rechtssprache und die Wirtschaftssprache von eng kulturgebundenen Termini beherrscht sind, weil sie sich in unterschiedlichen und völlig unabhängigen Systemen entwickelt haben. Das kann zu größeren Verständnis- und Kommunikationsschwierigkeiten führen. Bei der Vermittlung von Sprach- und Fachwissen müssen extralinguistische Aspekte berücksichtigt werden. Übersetzungsprobleme ergeben sich vor allem aus der Kulturabhängigkeit von Rechtstexten, da hinter jedem Rechtstext ein Rechtssystem steht, das seine eigenen Begriffe hervorgebracht hat und mit anderen Rechtssystemen höchstens verwandt, nicht aber identisch ist.

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Chernenok, Irina [email protected] Metaphorik vs. Fachwörter im philosophischen Text (am Beispiel der moralphilosophischen Werke von I. Kant) Ob eine Metapher im wissenschaftlichen Text legitim ist, streitet man seit der Zeit der englischen Aufklärung. Die Vertreter der deutschen Aufklärung Ch. Wolf, J. H. Lambert, I. Kant plädierten für den Gebrauch der Metaphern in wissenschaftlichen Texten. Im vorliegenden Beitrag wird die referenzielle Wahl untersucht: Ein Fachwort oder eine Metapher kann denselben philosophischen Inhalt markieren. Bekanntermaßen sind die Metaphern im philosophischen Text nicht nur rhetorische Figuren. Die pragmatische Leistung und das kognitive Potenzial der Metaphern im philosophischen Text werden erforscht. Metaphorische Kreativität von I. Kant ist bemerkenswert. Eines der Ziele der Untersuchung ist die systematische Darstellung der Quellbereiche Kants moralphilosophischer Metaphorik. In diesem Sinne liegt die Aufgabe der vorliegenden Untersuchung nicht nur im agnostischen Bereich. Die moderne Interpretation der philosophischen Inhalte von I. Kant ist ohne sprachliche Analyse kaum möglich.

Dickel, Agnieszka [email protected] Bestimmung der Problembereiche der deutsch-polnischen Übersetzung am Beispiel der Übersetzung von Fachtexten aus dem Bereich Wirtschaft Das Ziel des Referats besteht in der Bestimmung der Problembereiche der Übersetzung von Fachtexten aus dem Deutschen ins Polnische, die ihre Ursache in den Unterschieden zwischen diesen beiden Sprachsystemen haben. Es werden dreizehn Problembereiche dargestellt, wobei es sich ausschließlich um grammatikalische Fragen handelt. Da man den Übersetzungsprozess als einen bewussten Entscheidungsprozess begreifen sollte, wurde die Aufmerksamkeit solchen ausgewählten Problembereichen gewidmet, in denen die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem polnischen Sprachsystem besonders deutlich sind. Es handelt sich um folgende Problembereiche: Artikel, Funktionsverbgefüge, Hilfsverben, infinite Verbformen, Konjunktiv I und II, Passiv, Präpositionen, Pronomen, Rahmenkonstruktionen, Reflexivverben, Rektion, Tempora und Zusammensetzungen. In dem oben beschriebenen Beitrag wird auch betont, dass man solche kontrastiven Analysen in die Übersetzerausbildung integrieren sollte, und zwar praxisorientierte Analysen, die immer von intensiver Übung begleitet sind.

Fluck, Hans-R. [email protected] Deutsch als Fachsprache in China – Entwicklung, Probleme, Lösungsansätze Ausgehend von einem historischen Überblick werden Probleme bei der Vermittlung von deutscher Fachsprache und der Beschäftigung mit ihr in China dargestellt. Probleme ergeben sich u.a. aus fehlenden Sprachkenntnissen (Latein) bei den Adressaten, unzureichenden oder divergierenden Sachvorstellungen, fehlerhaften Wörterbüchern. Wie diese Probleme gelöst werden könnten, zeigen verschiedene Unterrichtsansätze und Ausbildungsmodelle sowie neuere Studien zu Deutsch als Fachsprache in China, die im Beitrag – auch vor dem Hintergrund einer über 30-jährigen Unterrichtserfahrung des Autors in Shanghai – vorgestellt werden.

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Gordeeva, Elena [email protected] Kommunikative Strategien in Fachtexten Ein Fachtext ist wie jeder andere Text in eine kommunikative Situation eingebettet, welche die Vermittlung des Fachwissens beeinflusst. Ausgehend von den pragmatischen Faktoren handelt es sich um die Wahl einer oder mehreren kommunikativen Strategien, welche einen effizienteren Erwerb des neuen Wissens ermöglichen. Den genannten Strategien liegen kognitive Verstehensprozesse zu Grunde, wobei die Informationen aus dem Fachtext mit dem individuellen Hintergrundwissen des Rezipienten in Beziehung gesetzt werden. Die fachsprachliche Kommunikation kann also verbessert werden, indem das kognitive Potential des Rezipienten zielbewusst aktiviert wird. Der Vortrag widmet sich der kommunikativ-pragmatischen Analyse von Fachtexten aus unterschiedlichen Fachbereichen mit dem Ziel, die Wissensvermittlung aus kognitiv-pragmatischer Sicht zu bewerten, die Struktur der Verteilung von fachlichen und pragmatischen Inhalten zu analysieren und die geeigneten kommunikativen Strategien abzuleiten. Unter anderem soll auch auf Entwicklungstendenzen in der Fachterminologie eingegangen werden.

Grucza, Sambor [email protected] Deutsch-Polnische Projektkommunikation. Probleme und Möglichkeiten ihrer Vermeidung Die Entwicklung von internationalen, z.B. polnisch-deutschen, Beziehungen trägt dazu bei, dass die durch Multimodalität, Interlingualität und Interkulturalität geprägten Kontakte immer mehr an Bedeutung gewinnen und eine entsprechende Beachtung vonseiten der modernen Linguistik verdienen. In diesem Sinne werden Probleme der Unternehmenskommunikation und der Wirtschaftssprachen zum Gegenstand von applikativ ausgerichteten Analysen. So geht es bei der Untersuchung der polnisch-deutschen Unternehmenskommunikation nicht nur um das Feststellen der Tatsachen, sondern vor allem um das Herausarbeiten von konkreten Vorschlägen für die Bildung bikultureller polnisch-deutscher Unternehmenskompetenz im Sinne einer interkulturellen Kommunikationskompetenz. Dabei geht es nicht nur darum, einzelne Vorschläge für eine Vermeidung von Kommunikationsfallen bzw. Kulturfallen auf den Tisch zu legen. Es geht vielmehr darum, komplexe Muster von kommunikativen Handlungskompetenzen, wie auch für bikulturelle (hier polnisch-deutsche) Unternehmenskommunikation zu erarbeiten. In dem Beitrag wird auf diese Problematik eingegangen, wobei in erster Linie der Versuch unternommen wird applikativ ausgerichtete Schlussfolgerungen aufzuzeichnen.

Ilg, Yvonne [email protected] „Schizophrenie". Zur gemeinsprachlichen „Karriere“ eines Fachbegriffs und ihren möglichen Folgen Seit seiner Erfindung durch den Zürcher Psychiater Eugen Bleuler 1908 hat der Schizophreniebegriff eine erstaunliche Verbreitung erfahren. Zugleich wurden der Fachbegriff und seine Derivationen im Laufe des 20. Jhs. auch in die Gemeinsprache übernommen, in der sie als sprachliche Mittel der Einordnung und Bewertung neue Bedeutungskomponenten und Verwendungszwecke erhalten haben. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Vortrag mit der Übertragung des fachsprachlichen Begriffsfeldes "schizo-" in die deutsche Gemeinsprache. Anhand diachroner Analysen von Ausdrucksmustern, semantisch-pragmatischem Potenzial und thematischen Kontexten wird im Vortrag die Entwicklung des Begriffsfeldes im öffentlichen Diskurs nachgezeichnet. Diese wird dabei als Beispiel für die Zirkulation wissenschaftlicher Begriffe und an sie geknüpfter Wissensinhalte betrachtet.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Die untersuchten Phänomene können zeigen, welche Faktoren ihre Verbreitung begünstigen, wie sie sich im öffentlichen Diskurs verändern und wie sie auf diese Weise auf Wissenschaft und Fachsprache zurückwirken. Datengrundlage sind gemeinsprachliche Textkorpora, die sich über das gesamte 20. bis ins 21. Jh. erstrecken.

Kiefer, Karl-Hubert/Efing, Christian/Szerszen, Pawel [email protected], [email protected],[email protected] Wissenstransfer und E-Learning in der beruflichen Aus- und Weiterbildung: Das EDEKA-Wissensportal Eine effiziente Form der berufsfachlichen Weiterbildung insbesondere für Großunternehmen, aber in immer stärker wachsendem Maße auch für kleine und mittelständische Betriebe, scheinen orts- und zeitunabhängig verfügbare E-Learning-Plattformen zu sein. Dieses Phänomen wurde in einem kooperativen Forschungsprojekt Warschau/Wuppertal am Beispiel des Online-Wissensportals von EDEKA hinsichtlich der Fragen erforscht, wie E-Learning zu Aus- und Weiterbildungszwecken durch die Autoren der Plattform (fach) sprachlich um- bzw. in der Praxis eingesetzt wird und wie (welches) Fachwissen, Fachsprache sowie Standards für die Kundenkommunikation hier didaktisch aufbereitet und vermittelt werden. Methodisch kamen neben der fachsprachen-, text- und medienlinguistischen sowie sprach- und mediendidaktischen Analyse der Module und Aufgabenformate des Wissensportals anhand eines gemeinsam entwickelten Kriterienrasters, die Analyse zugrundeliegender Materialien sowie Interviews mit den LernplattformVerantwortlichen bei EDEKA zum Tragen. Der Vortrag präsentiert Vorgehensweise und Projektergebnisse und diskutiert dabei vor allem die Passung der Ziele des Wissensportals, der vermittelten Wissensarten sowie sprachlicher wie medialer Aufbereitung.

Kretzenbacher, Heinz L. [email protected] Das Peer Review – empirische Studie zur Linguistik einer internen Textsorte der Wissenschaftskommunikation Peer Reviews, wie sie ursprünglich vor allem im englischsprachigen Raum und für die Publikation von Zeitschriftenbeiträgen in den empirischen Naturwissenschaften üblich waren, sind inzwischen auch in anderen Disziplinen, für andere Publikationsformen (wie auch in der Forschungsförderung) und in anderen Wissenschaftssprachen zu einem Standardinstrument geworden. Obwohl die Effizienz des Peer-Review-Verfahrens, schon wegen seines meist anonym-vertraulichen Charakters, nicht unumstritten ist, ist es in Bezug auf ethische Fragen sowie szientometrisch recht gut erforscht. Qualitativ-wissenschaftslinguistische Forschung zum Peer Review ist, oft schon aufgrund des schwierigen Zugangs zu Corpora, relativ rar. Anhand eines Corpus von 1000 Peer Reviews der Zeitschrift Angewandte Chemie wurden empirische qualitative Untersuchungen zur Sprachenwahl, zur Formulierung von Evaluierung und zu sozolinguistischen und stilistischen Aspekten des Peer Reviews durchgeführt. Besonderes Interesse wurde dabei zwei Fragen gewidmet: 1. Gibt es sprachliche Charakteristiken von solchen Peer-Reviews, die sich in der Voraussage des Erfolgs oder Misserfolgs eines beurteilten Publikationsmanuskripts als besonders effektiv erwiesen haben (was in parallelen szientometrischen Forschungen zum selben Corpus eruiert wurde)? 2. Lassen sich die vorläufigen Erkenntnisse zur sprachlichen Zurückhaltung und Fairness in der Bewertung, die an einem kleinen Corpus von Peer Reviews derselben Zeitschrift gewonnen wurden, an einem umfangreicheren Corpus bestätigen?

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Kubacki, Artur Dariusz [email protected] Plurizentrizität in der Fachübersetzung am Beispiel der schweizerischen Rechtssprache Für einen Fachübersetzer juristischer Texte aus der Schweiz ist es sehr wichtig, sich der Unterschiede zwischen der schweizerischen und der deutschen Rechtsterminologie bewusst zu machen. Leider sind diese Unterschiede nicht hinreichend belegt, was in den monolingualen Groß- und bilingualen Fachwörterbüchern Bestätigung findet. Andererseits haben polnische Fachübersetzer kaum Zugang zu schweizerischen Juratexten, was eine Untersuchung der Spezifik der schweizerischen Fachsprache unmöglich macht. Somit ist es sehr schwierig, Differenzen auf morphologischer, syntaktischer, lexikalischer bzw. pragmatischer Ebene festzustellen. Infolgedessen ist es auch nicht möglich, sich einer einheitlichen Rechtsterminologie zu bedienen, da die rechtliche Wirklichkeit anders wiedergegeben wird. Aus diesem Grunde muss auch der polnische Fachübersetzer darauf gewappnet sein, bei der Arbeit an schweizerischen Texten auf diverse Schwierigkeiten – und dies nicht nur terminologischer Art – stoßen zu können. Von dem Schwierigkeitsgrad der schweizerischen Juratexte zeugen willkürlich gewählte und einer Analyse unterzogene Dokumente aus der deutschsprachigen Schweiz, die von Fachübersetzern ins Polnische übertragen werden. Die Untersuchung von ihnen hat Folgendes bestätigt: Die Abweichungen zwischen der deutschen und schweizerischen Sprachvariante sind so groß, dass die Texte aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft ohne Hinzuziehung entsprechender Übersetzungsstrategien und -tools ins Polnische nicht korrekt wiedergegeben werden können.

Meiler, Matthias [email protected] Illokutive Horizonte und ihre medialen Ermöglichungsbedingungen – eristisches Handeln in soziologischen Weblogs Die Nutzung von Internetkommunikationsformen wie bspw. Twitter, Weblogs oder auch Zeitschriften in digitaler Form für die Zwecke interner Wissenschaftskommunikation stellt nicht nur die Frage, für die Bearbeitung genau welcher Zwecke diese eigentlich genutzt werden, sondern auch welche Zwecke im Rahmen der jeweiligen medialen Bedingungsund Ermöglichungsgefüge sinnvoll zu bearbeiten sind. Oder anders: Es stellt sich die komplexe Frage, welche Rolle diese ‚neuen‘ Kommunikationsformen (zur Kategorie überblickend Meiler 2013) im kommunikativen Haushalt der Wissenschaft spielen können und werden. Derzeit ist eine Interimssituation zu beobachten, die weit davon entfernt ist, verbindliche Mittel-Zweck-Verfestigungen anzuzeigen. Der Vortrag möchte anhand von Zwischenergebnissen meines Dissertationsprojektes unterschiedliche Nutzungsweisen herausarbeiten und dabei aufzeigen, wie die Ermöglichungsbedingungen, die Weblogs für Kommunikation bereitstellen, die illokutive Entfaltung eristischer Strukturen prägt (Ehlich 1993; Silva 2014). Im Anschluss an Ehlich (1993) wird dabei davon ausgegangen, dass ein wesentliches Kennzeichen von interner Wissenschaftskommunikation darin besteht, dass unter der sprachlichen Oberfläche assertierten Wissens vom Leser weitere illokutive Horizonte erschlossen werden können, die „den Umgang mit der Vorläufigkeit und Strittigkeit wissenschaftlichen Wissens“ (Thielmann et al. 2014: 14) im Text sich niederschlagen lassen.

Olpinska-Szkielko, Magdalena [email protected] Anthropozentrische Sprachtheorie und Fachsprachenforschung In diesem Beitrag wird versucht, die wichtigsten bisherigen Forschungsergebnisse im Bereich Fachsprachenlinguistik im Lichte der anthropozentrischen Sprachtheorie kritisch

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT zu betrachten und zu revidieren: 1. Die Frage nach der Definition der Fachsprache; 2. Die Frage nach der Abgrenzung der Fachsprache von der Gesamtsprache; 3. Die Frage nach besonderen Merkmalen von Fachsprachen. Im ersten Teil der Ausführungen wird die anthropozentrische Sprachtheorie in ihren Grundzügen dargestellt. Im zweiten Teil meiner Ausführungen werden die klassischen Definitionen der Fachsprachen zusammengestellt und im Lichte der anthropozentrischen Sprachtheorie diskutiert. Vor allem konzentriere ich mich auf folgende Forschungsperspektiven: 1. Fachsprache als Terminologie; 2. Fachsprache als linguistisches System; 3. Fachsprache als Kommunikationsmittel. Im letzten Teil wird die Rechtssprache als Beispiel einer Fachsprache unter die Lupe der anthropozentrischen Forschung genommen.

Pelikan, Kristina [email protected] Systematische Analyse eines fachkommunikativen Einzelfalles Durch die Beschäftigung der Fachsprachenlinguistik mit Herausforderungen der Angewandten Linguistik wird die Systematik der Fachsprachen oft vernachlässigt. Wie lassen sich Fachsprachen und speziell die Wissenschaftssprache gliedern? Gliederungsansätze gibt es verschiedene – zu nennen sind hier zum Beispiel verschiedene Ansätze zur horizontalen Gliederung (Steger 1988, Kalverkämper 1988, Hoffmann 1985), denen Thorsten Roelcke (2014) eine Gliederung nach Wirtschaftssektoren entgegensetzt. Die Gliederung von Heinz Ischreyt gilt als eine der bekanntesten vertikalen Gliederungen, später ergänzt von Lothar Hoffmann (1985). Manche Gliederungen beziehen auch die Experten-LaienDichotomie mit ein (Roelcke 2014). Dieser Vortrag soll die Stärken und Schwächen bestehender Klassifikation am Beispiel der Wissenschaftssprache aufzeigen, basierend auf der „Projektsprache“ eines internationalen und interdisziplinären Forschungsprojektes.

Pluzyczka, Monika [email protected] Eyetracking Analyse der kognitiven Belastung bei der zielorientierten Fachtextrezeption Derzeitige technologische Möglichkeiten erweitern bedeutend die Möglichkeiten experimenteller Erforschung der Fachtextrezeption. Eine dieser Möglichkeiten bieten u.a. Eyetracking-basierte Untersuchungen. Sie eignen sich besonders bei der Erforschung der kognitiven Belastung bei der Rezeption von Fachtexten. Der Beitrag soll Ergebnisse eines Eyetracking-Experiments darstellen. Untersucht wird die Rezeption eines Fachtexts in zwei verschiedenen, zielorientierten, Rezeptionsprozessen: Zum einen bei dem sog. Lesen mit Verständnis und zum anderen beim Lesen während des Vom-Blatt-Dolmetschens. Mit der Hilfe des Eyetrackers werden in beiden Teilexperimenten Augenbewegungen registriert und anhand von fünf Parametern (totale Lesezeit, durschnittliche Fixationszeit, Dwell Time, Anzahl der Fixationen und Anzahl der Vorwärtsfixationen) analysiert. Diese Parameter ermöglichen Schlussfolgerungen über die kognitive Belastung, die bei den jeweiligen Teilexperimenten „anfällt“ zu bewerten.

Qiu, Kuanyong [email protected] Diskursive Konstruktion von Finanz- und Wirtschaftskrise. Eine kontrastive Analyse der Wissenschafts- und Alltagssprache Die Berichte über Finanz- und Wirtschaftskrise verdichten sich in den deutschen Medien und in sozialen Netzwerken wie Facebook. Wie diese Krise jedoch in Fachkontexten, wovon man im Alltag einen gewissen Abstand hält, aussieht, und wie Professionelle aus den wissenschaftlichen Feldern das krisenhafte Szenario diskursiv konstruiert haben, ist

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT noch wenig geklärt. Beruhend auf einem Korpus von authentischen wissenschaftlichen Texten wie den Fachbüchern und von Texten aus Tageszeitungen wie Die Welt, taz etc., widmet sich diese Studie der Analyse des Zusammenhanges von Fachsprache und Alltagssprache. Eine schrittweise Exploration zielt darauf ab, wie das Thema „Finanz- und Wirtschaftskrise“ wissenschaftlich sowie alltäglich diskursiv konstruiert wurde und wie die Fachsprache unser Alltagsleben beeinflusst hat sowie in der Zukunft beeinflussen wird. Beispielsweise ist der Terminus Rezession, der als ein wissenschaftlicher Terminus gilt, im Alltag üblich geworden, während der Terminus Wirtschaftskrise, der in der Öffentlichkeit außer Frage steht, (nach Plumpe) noch nicht als wissenschaftlicher Terminus angesehen wird.

Roelcke, Thorsten [email protected] Kontrastive Fachsprachenlinguistik – eine funktionale Perspektive Die Analyse und der Vergleich von Fachsprachen setzen in der einschlägigen Fachliteratur in der Regel an sprachlichen Formen auf verschiedenen Beschreibungsebenen an (zum Beispiel: Definiertheit oder Metaphorik auf lexikalischer, Passivkonstruktionen oder Nominalisierung auf morphologischer, hypotaktische Konstruktionen und Attributerweiterungen auf syntaktischer oder Schlussverfahren auf textueller Ebene). Dies erscheint problematisch, da ein solcher struktureller Vergleich hinsichtlich der Anforderungen fachlicher Kommunikation blind bleibt und deren Vielfalt innerhalb einzelner und angesichts verschiedener Sprachen nicht zu erfassen vermag. Aus diesem Grunde soll in dem Vortrag anstelle des formbezogenen Ansatzes ein funktionsbezogener Ansatz für die kontrastive Fachsprachenlinguistik vorgeschlagen werden. Ausgangspunkt sind hierbei fachkommunikative Anforderungen wie Ökonomie, Präzision oder Verständlichkeit, denen dann formale Merkmale einzelner Sprachen zugeordnet werden können (der Ökonomie im Deutschen etwa Definiertheit von Termini, Bildung von Komposita oder komplexe Textmakrostrukturen). Diese Zuordnungen können letztlich einzelsprachspezifisch ermittelt und miteinander verglichen sowie im Anschluss hieran zur Grundlage einer erst- oder fremdsprachlichen Didaktik der Fachsprachen gemacht werden.

Rolek, Boguslawa [email protected] Überlegungen zur Struktur, Funktion und Vermittlung fachsprachlicher Wortverbindungen Als fachsprachliche Wortverbindungen werden Wortkombinationen aufgefasst, die sich in Fachsprachen herauskristallisiert haben und als Gebrauchsmuster in der jeweiligen Fachsprache fungieren. Der Beitrag unternimmt den Versuch, Probleme und Defizite der (sprach)wissenschaftlichen Beschreibung fachsprachlicher Wortverbindungen sowie ihrer didaktischen Umsetzung zu beleuchten. Die Verwendung fachsprachlicher Wortverbindungen ist an Fachtextsorten gebunden. Deshalb werden an konkreten Beispielen aus linguistischem und wirtschaft(swissenschaft)lichem Diskurs binäre und mehrgliedrige Typen fachsprachlicher Wortverbindungen, u.a. fachsprachliche Kollokationen, Fachphraseme und Phraseotexteme, sowie ihre Funktionen in Fachtexten (z.B. Manifestation von Fachwissen) präsentiert. Besondere Aufmerksamkeit wird der Vermittlung fachsprachlicher Wortverbindungen geschenkt. Im Hinblick auf die zunehmende Spezialisierung und Profilierung werden in den auslandsgermanistischen Studiengängen Seminare für DaF nicht nur als Seminare für Deutsch als Fremdsprache, sondern immer öfter als Seminare für Deutsch als Fachsprache angeboten. Angesichts dieses Wandels, der auch in DaF-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Kursen zu beobachten ist, plädiert der Beitrag für fachspezifische und zielgruppenadäquate Beschreibung und Vermittlung fachsprachlicher Wortverbindungen.

Rösener, Christoph [email protected] Fachsprachliche Informationsvermittlung in der Zukunft – neue Formen der technischen Dokumentation Im Hinblick auf die Vermittlung technischer Inhalte haben in der Technischen Dokumentation mittlerweile modernste Techniken und Verfahren auf allen Ebenen Einzug gehalten. Neben gängigen Formen wie Online-Hilfen, CD-Handbüchern und Lehr- bzw. Instruktionsvideos sind viele weitere Techniken und Verfahren auf dem Vormarsch, die den Bereich der Technischen Dokumentation dauerhaft und substantiell verändern. An dieser Stelle seien exemplarisch nur Verfahren wie z.B. Utility-Filme, Augmented Reality sowie interaktive Text- und Bildsteuerungen genannt. In dem geplanten Referat werden nach einer Einführung in den Bereich Technische Dokumentation diese neuen Verfahren und Techniken vorgestellt. Dabei werden die einzelnen Formen zunächst theoretisch erläutert und in der Folge anhand von verschiedenen Beispielen eingehend demonstriert. Anschließend wird analysiert, inwieweit die Vermittlung technischer Sachverhalte durch die unterschiedlichen Verfahren beeinflußt bzw. verändert wird. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die vielfältigen Möglichkeiten der neuen Techniken gelegt. Abschließend wird in einem Ausblick gezeigt, wie technische Dokumentation in der Zukunft aussehen könnte.

Spiegel, Heinz-Rudi/Remih, Julia [email protected], [email protected] DaF für Eishockeyprofis – ein Erfahrungsbericht zum Diversity Management In Wirtschaft und Wissenschaft und auch im Profisport wird der Implementierung von Willkommenskulturen zunehmend Bedeutung beigemessen. Die Autoren entwickeln seit der Spielzeit 2012/2013 für die Düsseldorfer Eishockey GmbH (DEG) das Programm „Welcome: integrate, develop, score“ mit mehreren Komponenten. Programmkern ist der Sprachkurs „Language Course in Basic German for Hockey Professionals“. Der Kurs findet einmal wöchentlich mit zwei Unterrichtseinheiten von je 45 Minuten statt. Es werden Erfahrungen aus drei Spielzeiten mitgeteilt, dazu zählen u.a.: Voraussetzungen und Motivation der teilnehmenden Spieler erreichbare primäre und sekundäre Lernziele in einem sehr begrenzten Zeitrahmen bzw. verwendete und entwickelte Lehrmaterialien. Große Lernbereitschaft erlaubt es den Spielern, sich relativ schnell im sportlichen Umfeld wie im Alltagsleben zurechtzufinden und sich wie auch immer aktiv einzubringen. Die Bereitschaft, Deutsch zu lernen, hat die Reputation dieser Spieler in der Mannschaft, bei den Mitarbeitern des Clubs, in den Medien und vor allem bei den Fans erhöht – ein Effekt, der positiv auf den Club und dessen Management zurückstrahlt. Inzwischen gibt es auch ein Kursangebot für Angehörige der Spieler. Andere DEL-Clubs interessieren sich für dieses Modell und Konzept.

Szubert, Rafal [email protected] Die Anthropomorphisierung der Artefakte im Recht Mein Beitrag konzentriert sich auf die kognitiven Aspekte des juristischen Sprachgebrauchs, wie zum Beispiel Personifikation, durch die die Dinge der unbelebten Welt, wie Kirchen, Gemeinden, Vereine, Gesellschaften, Stiftungen, Städte und Staaten, belebt werden können, indem ihnen menschliche Merkmale (oder Merkmale von anderen Lebe-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT wesen) zugeschrieben werden, so dass man von ihnen meint (oder daran glaubt), dass sie willentlich und selbständig handeln können. Mit anderen Worten werden also die Eigenschaften des Menschen (oder anderer Lebewesen) auf Objekte übertragen, die keine Menschen (keine Lebewesen) sind, und damit anthropomorphisiert. Interessant und erklärungsbedürftig ist, wie die Konstruktion der Artefakte der Rechtswelt, wie zum Beispiel der Rechtssubjektivität, der Rechtsfähigkeit, der Handlung, des Subjektrechts und des Willens, des Rechtsverhältnisses und des Rechtssubjekts sowie des Substrats von dieser Übertragung abhängen kann. Deswegen wird in meinem Beitrag die Metapher und ihre Rationalität thematisiert, d.h. ihr Potential in der Deutung der Ursachen und Zusammenhänge der Welt, die der Mensch nach seinem Bilde zu schaffen sucht.

Szurawitzki, Michael [email protected] Einleitungen wissenschaftlicher Artikel im interdisziplinären Vergleich – Makro- und Mikrostrukturen Im Vortrag werden Resultate makro- und mikrostruktureller Analysen von Einleitungen wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel präsentiert. Die untersuchten Artikel stammen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, mindestens umfasst die Resultatbetrachtung die Medizin, die Soziologie und die Wirtschaftswissenschaften. Die Analysen erfolgen anhand eines eigens für die zweistufige Analyse von Makro- und Mikrostrukturen wissenschaftlicher Artikel entwickelten Modells, das im Kontext vorgestellt wird. Während die Makrostrukturanalyse v.a. funktional-textorganisationale Aspekte in den Blick nimmt, werden in der mikrostrukturellen Analyse grammatische Phänomene wie u.a. Syntax (topologische Analysen) Valenzaspekte, Verben grammatisch-semantisch/pragmatisch sowie die Lexik betrachtet.

Zebrowska, Ewa [email protected] Text und Bild im Transfer des Fachwissens In dem Referat wird der Frage nachgegangen, wie der Fachwissenstransfer zwischen Experten und Laien im Bereich der Medizin zustande kommt, mit welchen sprachlichen und außersprachlichen Mitteln er erfolgt, wie der Zugang zu Wissen in Zeiten der Informationsflut und der Wissensexplosion optimalisiert wird und schließlich wie die Visualisierungstechniken zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz von fachlicher Kommunikation beitragen.

Zhao, Gen [email protected] Sind deutsche juristische Fachwörter als „Wort“ ins Chinesische übersetzbar? Am Beispiel des BGB In diesem Beitrag geht es um die linguistische Analyse der chinesischen Übersetzung des deutschen BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Da das BGB einen großen Umfang hat, wird hier ein bestimmter Umfang von Fachwörtern, genau gesagt Substantiven im deutschen BGB und ihre Entsprechungen in der chinesischen Übersetzung ins Untersuchungskorpus eingenommen. Es werden durch Analysen und Vergleich folgende Fragen behandelt, z. B. In welcher grammatischen Form erscheinen Fachwörter? Gibt es irgendwelche Besonderheiten? Das Ziel der Untersuchung ist als folgendes zusammenzufassen. Diese Eigenschaften, die den originalen deutschen Wörter durch die grammatische Form zugeschrieben sind, zeigen sich oder zeigen sich nicht in der chinesischen Entsprechung und dadurch wird die Qualität der chinesischen Übersetzung beeinflusst oder nicht.

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Sektion A 4 – Konstruktionen im Sprachvergleich Leitung: Karin Pittner [email protected] Ko-Leitung: Lingling Chang [email protected], Myung-Chul Koo [email protected] Chang, Lingling [email protected] Pertinenzdativ als incommodi im Deutschen und „Possess“-Subjekt bei unakkusativen Sätzen im Chinesischen Der Pertinenzdativ im Deutschen und das “Possessiv”-Subjekt bei unakkusativen Verben im Chinesischen, durch die deutlich die Zugehörigkeit zum Ausdruck gebracht zu werden scheint, werden in der deutschen und chinesischen Linguistik seit zehn Jahren kontrovers diskutiert. Der Streitpunkt der beiden Sprachphänomene liegt darin, ob der Pertinenzdativ durch ein Genitivattribut oder durch ein Possessivpronomen und das “Possessiv”-Subjekt durch ein DE-Possessivattribut ersetzt werden kann, ohne dass die semantische und pragmatische Bedeutung geändert wird. Der Beitrag versucht von der kognitiven, pragmatischsemantischen Perspektive auszugehen, den Pertinenzdativ sowie das “ Possessiv”-Subjekt von den Possessiv-Attributen (dem Genitivattribut und dem DE-Attribut) abzugrenzen. Dem Genitivattribut im Deutschen gegenüber kommt dem Pertinenzdativ eine besondere Bedeutung bei der Ausprägung der Affiziertheit und der emotionalen Teilnahme des Dativreferenten zu, was bei der Abgrenzung des “Possessiv”-Subjekts im Chinesischen zum DE-Attribut überraschend Parallelitäten findet. Anhand der Analyse vom Pertinenzdativ soll noch ermittelt werden, wodurch das “Possessiv”-Subjekt bei unakkusativen Verben im Chinesischen lizensiert werden könnte.

Dusza, Sebastian [email protected] Satzbaupläne, die es im Deutschen nicht gibt Das Ziel des Beitrags ist die Problematisierung des Ein-Blicks eines Valentianers (Befürworters der Dependenz aus dem Hause Ulrich Engels) in die Einwirkung der Negation auf die Satzbaupläne, die die Bildung eines separaten Klassifizierungssystems der Verben im polnischen Satz verursacht. Für die deutsch-polnischen, kontrastiv angelangten Studien im Bereich der Satzstrukturen muss deswegen nicht nur ein neues nomenklatorisches Tertium Comparationis geschaffen werden, sondern auch das Verständnis des dem Satz zu Grunde liegenden Sachverhalts und die Begriffsbildung der Termini Struktur und Satzmuster revidiert und bilateral korrigiert werden.

Elsner, Daniela [email protected] Blumentechnisch hat meine Frau das Sagen – Bereichsadverbiale kontrastiv Um auszudrücken, dass ein Sachverhalt nur für einen eingeschränkten Bereich gültig ist, stehen bestimmte syntaktische (1) und morphologische (2) Konstruktionen zur Verfügung: (1) Was die Arbeit betrifft, geht es mir momentan gut. (2) Arbeitstechnisch geht es mir momentan gut. Im Vortrag wird zunächst dargestellt, welche Möglichkeiten das Deutsche, Englische und Niederländische zur Realisierung dieser ‚Bereichslimitierung’ ausgebildet haben. Wie Diepeveen (2013) zeigt, bevorzugt das Niederländische eine syntaktische Konstruktion (qua N), während sich sowohl im Englischen als auch im Deutschen ab dem 19. Jahrhundert morphologische Konstruktionen herausbilden. Dabei handelt es sich um die Ableitung von Bereichsadverbialen mithilfe bestimmter Suffixe. Im Englischen ist dies zu-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT nächst -ly und später (im 20. Jahrhundert) -wise (vgl. Lenker 2002). Im Deutschen hingegen entwickeln sich -mäßig und -technisch zu Suffixen mit einschränkender Bedeutung (vgl. Ruge 2004). Nach Diepeveen (2013) zeigt sich im Niederländischen eine ähnliche Entwicklung erst im 20. Jahrhundert: Die Suffixe -matig, -technisch und -gewijs können zur Ableitung von Bereichsadverbien dienen, was de facto aber viel seltener der Fall ist als im Deutschen und Englischen. Wir wollen im Vortrag vor allem auf Gründe für diese Entwicklung eingehen und argumentieren, dass sowohl sprachexterne als auch sprachinterne Faktoren eine Rolle spielen. So zeigt sich beispielsweise, dass das Deutsche nicht die Möglichkeit hat, Bereichsadverbiale mithilfe von -weise abzuleiten, da das Suffix in Kombination mit Substantiven schon früh eine quantifizierende Bedeutung herausbildete und Weise immer noch als freies Lexem und als Zweitbestandteil von Komposita auftreten kann.

Ferraresi, Gisella [email protected] Ist Definitheit eine grammatische Kategorie? Der Sprachvergleich Deutsch – Chinesisch In meinem Vortrag werde ich die Nominalsysteme des Deutschen und des Chinesischen in Bezug auf die Kategorie Definitheit miteinander vergleichen und den Bogen zum Erwerb des Deutschen als Fremdsprache bei chinesischen Lernern schlagen. Dabei werde ich ein Korpus mit Daten von chinesischen Studierenden der Universität Bamberg heranziehen, die Deutsch als Fremdsprache auf C2-Niveau erlernt haben, in Hinblick auf nicht zielsprachliche Strukturen in der Verwendung des Artikels. Die leitende Frage wird sein, welche Faktoren die nicht zielsprachliche Realisierung von definiten NPs bei diesen Lernern beeinflussen.

Freywald, Ulrike [email protected] Wieso bestimmte nicht-kanonische Nebensätze eigentlich kanonische Hauptsätze sind Hauptsatzförmige Sätze, die durch eine sonst subordinierende Konjunktion wie obwohl, wobei, weil, während mit dem vorhergehenden Satz verbunden sind, werden oft als "nichtkanonische Nebensätze" oder auch "Verbzweit-Nebensätze" bezeichnet. Im Vortrag werde ich anhand von Korpusdaten dafür argumentieren, dass eine Einordnung als (V2-)Nebensätze nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr verfügen sie über die gleiche formale und illokutionäre Variationsbreite wie selbständige Sätze. Die Konnektoren obwohl, wobei usw. besitzen hier einen ganz anderen syntaktischen Status als die formgleichen Subjunktionen. Sie bilden eine eigene Konnektorengruppe (die ich 'parataktische Konjunktionen' nenne) und unterscheiden sich kategorial sowohl von subordinierenden als auch von koordinierenden Konjunktionen (vgl. Freywald 2014). Auf Basis dieser Datendiskussion werde ich einen Modellierungsvorschlag für parataktische Satzverknüpfungen im Deutschen vorstellen; dabei werde ich auch der Frage nachgehen, inwiefern es angezeigt ist, einen integrativen Ansatz zu verfolgen, der projektionistische Verfahren, wie sie etwa die Generative Syntax verwendet, und konstruktionistische Beschreibungsprinzipien der Konstruktionsgrammatik miteinander verbindet.

Huang, Ting [email protected] Zustandspassiv im Deutschen und “Zustandspassiv” im Chinesischen Seit der Benennung des Zustandspassivs von Glinz (1952) ist das Zustandspassiv (seinPassiv) als eine Subkategorie des Passivs in der deutschen Sprache aufgefasst worden. Das

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT sein-Passiv unterscheidet sich von den anderen sein-Partizip II-Konstruktionen bzw. den allgemeinen sein-kosversen und nicht-kosversen mit sein-PII dadurch, dass die den Zustand bezeichnende Konstruktion durch ein werden-Passiv umformuliert werden darf. Dem deutschen Zustandspassiv entsprechend existieren im Chinesischen Sätze zwar ohne passivische Markierungen, die aber einen Zustand bezeichnen und eine passivische Bedeutung aufweisen. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, welche Bildungsregeln bzw. verbale Restriktionen sich im Zustandspassiv beider Sprachen zeigen, mit welchen Sprachmitteln verschiedene Tempora dargestellt werden, ob ein westlicher Einfluss auf das chinesische Zustandspassiv zu finden ist.

Jendraschek, Gerd [email protected] Nebensätze im Sprachvergleich Eine Besonderheit des Deutschen und anderer europäischer Sprachen ist die Stellung und Form von Nebensätzen, genauer gesagt satzwertiger Attribute, Adverbiale, und Komplemente, die sich von der kanonischen Position der entsprechenden nicht-satzwertigen Satzglieder unterscheidet. Zudem erfordern Nebensätze ihnen eigene Markierungen, die sich von den ansonsten funktionsäquivalenten Markierungen ihrer nicht-satzwertigen Entsprechungen unterscheiden. Diese strukturellen Unterschiede zwischen satzwertigen und nicht-satzwertigen Ausdrücken im Deutschen verdecken ihre syntaktische Äquivalenz, was typologisch in starkem Kontrast zu Sprachen wie Türkisch und Koreanisch steht, wo die Verbformen der satzwertigen Ausdrücke durch morphologische Operationen den soweit angeglichen werden, dass sowohl die Stellung dieselbe bleibt, als auch in vielen Fällen dieselben Kasusmarkierungen und Adpositionen verwendet werden können.

Jeong, Su-Jeong [email protected] Vergleich von Formulierungsmustern in Patentschriften: Deutsch-Koreanisch In diesem Beitrag wird versucht, unter syntaktischen, textlinguistischen und pragmatischen Aspekten Formulierungsmuster in Patentschriften im Deutschen und Koreanischen zu untersuchen. Patentschriften sind eine Textsorte des gewerblichen Rechtsschutzes. Sie sind durch die folgenden auffälligen sprachübergreifenden Merkmale gekennzeichnet: (1) die Dominanz der totalen Rekurrenz als Kohäsionsmittel, (2) eine überdurchschnittliche syntaktische Komplexität sowie (3) die auch für juristisch geprägte Fachtexte ungewöhnlich langen Sätze. Dies ergibt sich daraus, dass Ökonomie und Verständlichkeit als funktionale Eigenschaften einer Fachsprache im Falle der Patentschrift eine untergeordnete Rolle spielen, während die syntaktisch kohäsiven Mittel zur Herstellung der Deutlichkeit von großer Bedeutung sind.

Kim, Jiwon [email protected] Die Konstruktion Es ist zum Verrücktwerden und ihre koreanische Entsprechung In diesem Vortrag sollen die Eigenschaften der Übersetzungsäquivalente im Deutschen und Koreanischen für die entsprechenden Konstruktionen vergleichend dargestellt werden. Die zu untersuchende Phrasem-Konstruktion ist Es ist zum Verrücktwerden, Es ist zum Verzweifeln etc., die ein syntaktisches Pattern [Pron unpersönlich SEIN zum NInf] aufweist, das eine lexikalisch nicht-spezifizierte Leerstelle enthält. Sie bedeutet ‚X bewertet eine Situation Y als negativ’. Der Ausdruck Es ist zum Verrücktwerden kann mit der Konstruktion [미치다 mich'ida (Verb) +ㄹ l (Futursuffix) +지경 chigyŏng (abhängiges Nomen)

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT +이-다 i-da (Kopulaverb)] übersetzt werden. Die entsprechende koreanische Kon-struktion ist eine Konstruktion mit abhängigem Nomen [VInf + l (Futursuffix)+ chigyŏng (abhängiges Nomen) + i-da (Kopulaverb)], die einen lexikalischen, nicht-spezifizierten Slot aufweist. Die beiden Konstruktionen treten immer in negativen Kontexten auf. Für die Füllung der offenen Leerstelle liegt bei den Konstruktionen eine Selektionsrestriktion vor, die im Rahmen der traditionellen Grammatik nicht erklärbar ist. Die koreanische Konstruktion entsteht aus dem unabhängigen Nomen chigyŏng mit der Bedeutung ‚Grenze der Erde, zwischen der Grenze‘. Dabei hat das Nomen chigyŏng einen Grammatikalisierungsprozess durchlaufen. Im Laufe der Zeit hat sich die ursprüngliche Semantik von einem physischen Raum zu einer psychischen Situation entwickelt. Es wird gezeigt, dass die beiden Konstruktionen aus konstruktionsgrammatischer Sicht als Form- und Bedeutungspaare betrachtet werden.

Kokutani, Shigehiro [email protected] Modalität und Futur der werden-Konstruktion: Diachronie, Grammatikalisierung und Typologie Die Konstruktion "Infinitiv + werden“ im Deutschen wird traditionell der Kategorie Futur in der Kategorisierung Tempus zugeordnet, wobei es jedoch auch bekannt ist, dass sie modale Interpretationen aufweisen kann. Aufgrund dieser Tatsache wollen manche Forscher die fragliche Konstruktion bzw. Konjugationsform als wesentlicher Modalitätsträger wie Modalverben betrachten. Eine solche Stellung im Sprachsystem scheint auch durch die paradigmatische Beziehung wie folgt legitimiert zu werden: Wir *wollen* gewinnen, wir *können* gewinnen und wir *werden* gewinnen — am 22. September! Im genannten Beispiel zeigt die Futurform eine sog. modale Interpretation, die "Wille/Absicht/Entschluss" (so in der Fachliteratur) des Sprechers zum Ausdruck bringt. Wenn man aber die Distribution der modalen Interpretation der werden-Konstruktion genau unter die Lupe nimmt, dann kann man bestätigen, dass sie sich von derjenigen der Modalverbkonstruktionen etwas unterscheidet. Darüber hinaus stellt sich heraus, dass die modale Entwicklungstendenz der Konstruktion auch von der typologisch als allgemein betrachteten Wandelsrichtung abweicht. In Anbetracht dieser Befunde sollen im Vortrag die Systemstelle und das diachronische Wesen der werden-Konstruktion typologisch/kontrastiv dargestellt werden.

Koo, Myung-Chul [email protected] Kausativkonstruktionen im Deutschen und im Koreanischen Kausativkonstruktionen unterteilen sich nach ihrer Verwendung gewöhnlich in direkte und indirekte Kausation, und zwar danach, wie eng die Relation zwischen der Ursache und dem Ergebnis ist. Die Unterscheidungskriterien sind nach Koo (1997) nicht eindeutig. Deshalb hat Koo (1997) abhängig von der Kontrollstärke der Partizipanten, nämlich des Causers und des Causees, 5 Kausationstypen vorgeschlagen: Manipulation, Koerzitivität, Permission, Motivation und Ursache. Im Deutschen bezieht sich die analytische Konstruktion mit lassen auf alle oben genannten Kausationstypen. Lexikalisch abgeleitete Verben wie legen, setzen, tränken u.a. können hingegen nur den prototypischen Kausationstyp, nämlich die Manipulation, bezeichnen. In diesem Sinne kann die lassen-Kon-struktion im Deutschen als allgemeine Kausativkonstruktion betrachtet werden, während die lexikalisch abgeleiteten Verben als prototypische Kausativkonstruktionen anzusehen sind. Im Koreanischen gibt es auch zwei Methoden zur Bezeichnung der kausativen Situationen: die analytische Konstruktion mit -ke hata ‘tun’ und die Verben mit einem kausativen Suffix wie –i/-hi/-li/-ki. Im geplanten Vortrag wird gezeigt, dass sich die Konstruktion

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT mit -ke hata ‘tun’ (wie die lassen-Konstruktion im Deutschen) auf alle Kau-sationstypen bezieht. Die Verben mit einem kausativen Suffix –i/-hi/-li/-ki können aber anders als die deutschen Entsprechungen nicht nur die Manipulation sondern auch die Koerzitivität bezeichnen.

Lee, Mi-Young [email protected] Eine psycholinguistische Annäherung an Klammerkonstruktionen im Deutschen anhand L2-lernersprachlicher Analyse In diesem Vortrag wird ausgehend von lernersprachlichen Phänomenen eine psycholinguistische Interpretation der für das Deutsche als charakteristisch geltenden Klammerstruktur vorgestellt. In diesem Versuch werden die mit deutschen Wortstellungen verbundenen Lernschwierigkeiten, die sich in Form von Fehlern wie, *Ich bin gegangen gestern ins Kino. *Wenn ich gehe ins Kino. *Ich aufstehe morgen früh. usw. feststellen lassen, auf die analytische Realisierung bestimmter grammatischer oder lexikalischer Konzepte und die Distanzstellung der daran beteiligten Satzelemente zurückgeführt. Da die an der analytischen Realisierung beteiligten Elemente im Deutschen auf der Form- oder Bedeutungsebene eng zusammenhängen, werden diese Elemente in der lernersprachlichen Produktion bevorzugt in einer bestimmten Reihenfolge (z.B. V direkt nach S) zusammen verarbeitet. Auf diese Weise werden die in der Forschung als relevant diskutierten lernersprachlichen Phänomene erklärt; z.B. warum ist die Struktur SVO im Deutsch einfach zu lernen, während die Struktur SOV im Deutschen Lernprobleme bereitet? Aber warum stellt die Struktur SOV im Japanischen oder Koreanischen kein Lernproblem dar? Kritisiert wird hierbei eine Typologisierung von Sprachen, die sich lediglich an formalen Eigenschaften von Sprachprodukten orientiert. Angestrebt wird stattdessen eine Interpretation von Klammerstrukturen, die die in der Sprachverarbeitung ablaufenden kognitiven Prozesse miteinbezieht.

Li, Shasha [email protected] Konstruktionen der gesprochenen Sprache mit Modalpartikeln: Wie übersetzt man sie? Wie lehrt man sie im chinesischen DaF-Unterricht? In der aktuellen Literatur herrscht Konsens darüber, dass deutsche Modalpartikeln allgemein schwer zu übersetzen, im DaF-Unterricht auch schwer zu vermitteln und erlernen sind. Ein Hauptgrund dafür ist, dass sie keine denotative Bedeutung haben und ihre semantischen und pragmatischen Eigenschaften daher stark kontextabhängig sind. Vor diesem Hintergrund werden in dem vorliegenden Beitrag Ergebnisse einer korpusbasierten, empirischen kontrastiven Untersuchung vorgestellt, die Hauptkonstruktionen verschiedener Modalpartikeln und ihre chinesischen Entsprechungen in Anlehnung an der Konstruktionsgrammatik aufzeigen. Aufbauend auf diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden der partikelhaltigen deutschen Konstruktionen und ihrer chinesischen Pendants werden dann noch didaktische Vorschläge für die Vermittlung der deutschen Modalpartikeln im chinesischen DaF-Unterricht angebracht.

Liu, Chang [email protected] Zur Argumentalternation der Psychverben – Eine vergleichende Korpusstudie anhand ausgewählter Psychverben im Deutschen u. Chinesischen Psychische Verben weisen eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften auf, unter anderem die Argumentalternation: Bestimmte Psychverben können sowohl in der sogenannten Experiencer-Subjekt- als auch in der Experiencer-Objekt-Konstruktion auftreten. Mit-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT hilfe einer Korpusuntersuchung anhand ausgewählter Psychverben des Deutschen und des Chinesischen wird versucht, die Fragen zu beantworten, welche Faktoren zu dieser Alternation führen und ob zwischen den Varianten ein semantischer Unterschied besteht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Stimulus-Argumente – zumindest bei bestimmten Verben – semantisch voneinander unterscheiden.

Liu, Shunsheng [email protected] Ein Vergleich der Wortstellung zwischen dem Chinesischen und dem Deutschen Die Wortstellung zwischen dem Chinesischen und dem Deutschen ist ganz unterschiedlich. Für Anfänger ist die deutsche Wortstellung besonders schwer. Sie machen oft Wortstellungsfehler. Deshalb will ich die Wortstellung zwischen dem Chinesischen und dem Deutschen vergleichen. Durch einen Vergleich können wir Ähnlichkeiten und Unterschiede der Wortstellung zwischen dem Chinesischen und dem Deutschen herausfinden. Das hilft den Anfängern beim Deutschlernen und Chinesischlernen.

Ma, Yingbin [email protected] Zur Abfolge nichtpronominaler Argumente im Dt. und Chinesischen In diesem Vortrag geht es um die Stellungseigenschaften nicht-pronominaler Argumente im Deutschen und Chinesischen. Es wird davon ausgegangen, dass die Grundabfolge der Argumente in den beiden Sprachen semantisch motiviert ist. Die Position eines Arguments in der Argumenthierarchie ist davon abhängig, was für einen Rang die thematische Rolle innehat, die diesem Argument zugewiesen wird. Die Argumenthierarchie wird auf die hierarchische syntaktische Struktur abgebildet. Dadurch erhält man die lineare unmarkierte Abfolge der Argumente. Dabei wird auch gezeigt, wie die Argumente in MAC (minimal argument complex) im Sinne von Haider (2010) bei verschiedenen Typen von Verben angeordnet werden. Um zu überprüfen, ob es sich um die Grundabfolge der Argumente handelt, können zwei Testverfahren eingesetzt werden, nämlich der Fokustest und der Skopustest. Des Weiteren werden die verschiedenen markierten Stellungsmöglichkeiten von Argumenten dargestellt. Es wird darüber diskutiert, welche morphologischen, semantischen, syntaktischen und pragmatischen Mittel eine Rolle bei der Erzeugung markierter Abfolge in den beiden Sprachen spielen und ob die markierte Abfolge derivationell erzeugt oder basisgeneriert wird.

Mbaye, Saliou [email protected] Vorfeldfehler in Texten von wolofsprachigen Germanistikstudenten. Eine kontrastive Analyse In diesem Beitrag sollen Fehler betrachtet werden, die durch eine inkorrekte Besetzung des Feldes vor dem finiten Verb des deutschen Satzes entstehen. Es wird ebenfalls nach Ursachen dieser Schwierigkeiten gefragt. Im Anschluss daran wird gezeigt, dass die Topologie des Wolof-Satzes jener des Deutschen sehr nah und ähnlich ist. Der Wolof-Satz besteht aus drei Hauptfeldern ohne Satzklammer: Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld, wobei das Verb immer im Mittelfeld steht. Diese Konstellation (des Wolof-Satzes) könnte eine Rolle bei der fehlerhaften Vorfeldbesetzung bei den wolofsprachigen Germanistikstudenten spielen. Allerdings soll auch gezeigt werden, dass die Regeln der Vorfeldbesetzung sowie die Abgrenzung zwischen Vor-Vorfeld und Vorfeld im Deutschen auch Probleme bereiten können.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Mollica, Fabio [email protected] Ethicus-Konstruktionen im Deutschen und im Italienischen Nach projektionistischen Ansätzen wie die Valenzgrammatik handelt es sich beim Dativus ethicus um eine Angabe, d.h. um ein in der Argumentstruktur eines Verbs nicht verankertes Satz-Element. Strukturen mit einem Ethicus sind jedoch nach Goldbergs Modell (1995; 2006) aufgrund ihrer Nicht-Kompositionalität und Nicht-Vorhersehbarkeit Konstruktionen im technischen Sinne (Mollica 2014). Neben der nicht-kompositionellen Semantik spricht auch die Nicht-Prädiktabilität der Form für den Konstruktionsstatus des Ethicus (Mollica 2014): Im Deutschen ist er nur auf bestimmte Satztypen (Imperativ- und Aufforderungssätze) und Pronomina (überwiegend mir und dir) beschränkt (Wegener 1985, 1989), während z.B. im Italienischen (sowie im Spanischen) ein Ethicus auch in Aussagesätzen mit Pronomina in der dritten Person vorkommen kann (it. Il figlio non le mangia molto. dt. wörtl.*Der Sohn isst ihr nicht viel.), was wiederum im Französischen nicht möglich ist: *Le fils ne lui mange pas beaucoup. In anderen Sprachen wie z.B. im Englischen ist dieser Dativtyp so gut wie nicht vorhanden. Ziel meiner Analyse ist eine konstruktionsgrammatische Beschreibung des Ethicus auf verschiedenen sprachlichen Ebenen (vgl. Croft 2001), wobei im Vordergrund der Ausführungen die syntaktische (d.h. die formalen Restriktionen der Ethicus-Realisierung) und semanto-pragmatische Untersuchung dieses Dativtyps im Deutschen und Italienischen steht.

Molnar, Valeria [email protected] Zum Passiv aus typologischer Perspektive – Ein konstruktionsgrammatischer Ansatz Der Sprachvergleich im Bereich des Passivs setzt die theoretische Klärung des Passivbegriffs voraus, die zum einen die Bestimmung der vom Passiv erfüllten Funktionen, zum anderen die Festlegung der relevanten Formtypen beinhaltet. Im Vortrag wird auf die Problematik aus der typologischen Perspektive eingegangen und ein mehrdimensionales Modell vorgestellt, das als Grundlage für die systematische Gegenüberstellung der Passivsysteme des Deutschen und der skandinavischen Sprachen (vor allem des Schwedischen und Isländischen) dienen soll. Das vorgeschlagene theoretische Modell – “Passiv als Handlungsaspekt” – baut auf den Annahmen der Konstruktionsgrammatik auf, wo Konstruktionen als Form-Bedeutung-Korrespondenzen definiert werden. Das Modell soll der sowohl die Variation im Bereich der Passivbildung als auch die mit dem Passiv verbundenen Restriktionen in genetisch und typologisch unterschiedlichen Sprachen voraussagen und erklären können. In der Analyse des Passivs wird die Aufmerksamkeit vor allem auf die unterschiedlichen Passivkonstruktionen im Deutschen gerichtet. Es wird gezeigt, dass das Deutsche bei der Bildung des Passivs über ein relativ restringiertes Formeninventar verfügt (die Möglichkeit der synthetischen Passivbildung liegt nicht vor).

Muroi, Yoshiyuki [email protected] Gefühlsadjektive – ihre Semantik und Konstruktion im Deutschen und Japanischen Ich gehe davon aus, dass Gefühlsadjektive semantisch eine Kategorie ausmachen. Bei ihnen spielen der Experiencer und der Auslöser des Gefühls eine relevante Rolle. Im Deutschen wird der Experiencer entweder als Subjekt (z.B. bei traurig) oder als Dativobjekt (z.B. bei kalt) realisiert und der Auslöser entweder als Präpositionalobjekt (z.B. bei böse) oder als Subjekt (z.B. bei angenehm). Im Japanischen kommt der Experiencer durchgehend als Topik vor und der Auslöser als Subjekt, wobei die Topik dadurch in zwei Typen einge-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT teilt wird, ob die Kasuspartikel -ni an sie angehängt wird oder nicht. Im Allgemeinen entspricht das deutsche Experiencer-Subjekt der japanischen Topik ohne Verbindungsmöglichkeit mit -ni und das deutsche Dativobjekt der japanischen Topik mit Verbindungsmöglichkeit mit -ni. In beiden Sprachen gibt es verbale Konstruktionen, die der adjektivischen isomorph sind. Im Deutschen gibt es eine Reihe von Psychoverben, die ein Dativobjekt regieren. Eine Gruppe der Gefühlsadjektive verhält sich wie Zustandsverben. Auch viele japanische Gefühlsadjektive verhalten sich wie Zustandsverben, zu denen auch Psychoverben gehören. Bemerkenswert sind die Adjektive, die in einer zu vergleichenden Konstruktion mit denen erscheinen, die zur Detransitivierung der Verben verwendet werden (im Deutschen die reflexive Konstruktion und im Japanischen etwa die Konstruktion der Möglichkeitsverb). Auf der Grundlage dieser Daten wird die semantische Charakteristik der Gefühlsadjektiven zwischensprachlich untersucht.

Nyenhuis, Agnieszka [email protected] Partizipialkonstruktionen in deutscher u. poln. Wissenschaftssprache In meinem Vortrag beschäftige ich mich mit den Partizipialkonstruktionen (PKn) in der Wissenschaftssprache von deutschen und polnischen Linguisten. Unter PKn werden Fügungen verstanden, die aus einem inkongruenten Partizip als Strukturkern und den von diesem abhängigen Erweiterungen bestehen. Diese Fügungen erweisen sich in beiden Sprachen aus zwei Gründen als ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Kommunikation: Zum einen tragen sie als Reduktionsformen zur Ökonomie des Ausdrucks bei, zum anderen ermöglichen sie dem Verfasser – durch den Verzicht auf eine explizite Subjektbenennung – die Anonymität zu bewahren. Darüber hinaus gibt es eine kleine Gruppe von sogenannten phraseologisierten PKn. Sie weisen einen relativ einheitlichen, weitgehend schematisierten Aufbau auf. Wegen ihrer fehlenden Prädikativität und ihrer Schablonierung in Form und Funktion werden sie zu den für den wissenschaftlichen Stil charakteristischen Formulierungsroutinen gerechnet und werden damit im Laufe der akademischen Bildung von den Studierenden sukzessiv erworben.

Pittner, Karin [email protected] Kausalsätze mit Verberststellung im Deutschen und ihre englischen Entsprechungen Im Deutschen finden sich Kausalsätze mit Verberststellung wie der folgende: Das aktuelle Thema "Neues Weiterbildungsgesetz und öffentliche Finanzierung" hatten die Initiatoren des Zukunftsforums noch kurzfristig dazugenommen, will die Landesregierung doch 7,2 Millionen Mark für die Erwachsenenbildung und die Volkshochschulen streichen. (R99/NOV.95549 Frankfurter Rundschau, 24.11.1999, S. 33) Diese Sätze sind stets nachgestellt und enthalten obligatorisch die Partikel doch. Nach einer Beschreibung der besonderen grammatischen Eigenschaften dieser Sätze wird gezeigt, dass sich die kausale Interpretation dieser Sätze aus einem komplexen Zusammenspiel der Modalpartikel, der Verberststellung und der für diese Sätze geltenden Nachstellungsrestriktion ergibt. Außerdem soll gezeigt werden, dass es sich bei V1-Kausalsätzen um Begründungen mit einer sehr speziellen Funktion handelt, die gegenüber dem im vorangehenden Satz ausgedrückten Sachverhalt eine stützende Funktion haben, wie sie Ford (1993, 1994) für nachgestellte Sätze mit because im Englischen beschrieben hat. Ford deutet nachgestellte because-Sätze als eine Art Dialog mit einem projizierten Rezipienten, da sie einen Grund nennen, der die vorangehende Aussage für ihn akzeptabler machen soll. Fords These von einem internen Dialog erhält durch die obligatorische Modalpartikel in den entsprechenden deutschen V1-Kausalsätzen Nahrung.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Durch die Modalpartikel wird auf den Wissensstand des Rezipienten Bezug genommen, der aktualisiert werden soll, was als ein kleiner Dialog gedeutet werden kann. Abschließend wird argumentiert, dass V1-Kausalsätze nicht syntaktisch, sondern pragmatisch subordiniert sind.

Song, Seok-Hee [email protected] Sprachwissenschaft im Korrekturverfahren – Parallele Darstellung der linguistischen Eigenschaften Eine empirische Methode der Fehlerbehebung, die zur Effektivität des Lernens beiträgt, wird von mir parallele Darstellung der linguistischen Eigenschaften genannt. Sie stellt eine synchrone Präsentation der betreffenden Merkmale des linguistischen Paares „Fehler Target“ dar. Beispielsweise werden ein semantischer Fehler in der Phrase in die Kasse gehen (der Sprecher wollte eigentlich an die Kasse gehen sagen.) und das entsprechende Target an wie folgt dargestellt: in [INNENRAUM] – an [RICHTUNG DES RAUMS], wobei die bedeutungsdifferenzfähigen zuständigen Merkmale der beiden Wörter links und rechts verbunden repräsentiert werden. Beim Aussprechen erklärt sich der phonetische Fehler /p/ im Fehler-Target-Paar Porspiel-Vorspiel (der Sprecher wollte /f/ aussprechen) gleicherweise mit den entscheidend betroffenen phonetischen bzw. phonologischen Qualitäten /p [PLOSIV]/ - /f [FRIKATIV]/.

Trawinski, Beata [email protected] Zur Vergleichbarkeit grammatischer Kategorien: Ein vektorbasierter Ansatz Der hier vorgeschlagene Ansatz zum Sprachvergleich kann in das letztere, d.h. korpusbasierte Paradigma eingeordnet werden. Gleichzeitig verwendet er quantitative Methoden und geht von formalen grammatischen Kategorien bzw. Konzepten wie „Nomen“, „Verb“, „1. Person“, „Präsens“ etc. aus, deren sprachübergreifende Gültigkeit häufig in Frage gestellt wird. Der Ansatz stützt sich auf die sogenannte „Distributionshypothese“, die u.a. eine Basis für statistische Semantik bildet und immer mehr Beachtung in der Kognitionswissenschaft findet. Die „Distributionshypothese“ besagt, dass linguistische Entitäten, die eine ähnliche Distribution aufweisen, eine ähnliche Bedeutung/Funktion haben. Diese Idee wird hier in einem sprachübergreifenden Szenario eingesetzt. Der Sprachvergleich erfolgt durch die Messung distributioneller Eigenschaften der Komponenten der jeweiligen sprachlichen Systeme unter Verwendung vektorbasierter Methoden zur Bestimmung der Nähe bzw. Distanz von Distributionsprofilen. Die Methode wird durch den Vergleich des deutschen Imperativs mit dem Imperativ des Englischen, Polnischen und Tschechischen illustriert.

Trawinski, Beata/Gunkel, Lutz [email protected], [email protected] Exozentrizität und Köpfigkeit in Partitivkonstruktionen Partitivkonstruktionen wie viele der Kinder werden üblicherweise nach dem Muster kanonischer Kopf-Dependens-Strukturen beschrieben, und zwar entweder als linksköpfige oder als rechtsköpfige NPs. Nach der ersten Analyse wird das eingebettete Nomen als Kopf analysiert, der Rest dagegen als komplexes Determinativ. Nach der zweiten bildet das quantifikative Element oder ein darauffolgendes „leeres Nomen“ den Kopf. Die erste Analyse kann als überholt gelten; ferner lässt sich zeigen, dass die Annahme eines leeren Kopfnomens nicht haltbar ist. Wir werden dafür argumentieren, Partitivkonstruktionen als

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT (partiell) exozentrische Konstruktionen zu analysieren. Wie der Sprachvergleich zeigt, kann Exozentrizität unterschiedlich stark ausgeprägt sein, so dass sich umgekehrt ein skalares Konzept von Köpfigkeit anbietet: Die o.g. Strukturen des Polnischen weisen den höchsten Grad an Exozentrizität auf, die des Deutschen und Englischen den geringsten, während die des Französischen eine Zwischenstellung einnehmen.

Widodo, Pratomo [email protected] Deutsch und Indonesisch, ein Vergleich der syntaktischen Typologie Deutsch ist eine flektierende, Indonesisch eine agglutinierende Sprache. Der syntaktischen Typologie zufolge zählt das Deutsche zu den OV-Sprachen, während das Indonesische zu den VO-Sprachen zählt. Die unterschiedlichen Ausrichtungen der beiden Sprachen bringen Konsequenzen mit sich, das sieht man unter anderem an der Distribution der Satzglieder im Satz. Als OV-Sprache verfügt das Deutsche über zahlreiche Flexionsmorpheme, durch welche die Satzelemente in einem Satz verknüpft werden, um den Satzsinn zu verdeutlichen. Dank der Flexionsmorpheme haben die Satzglieder im Deutschen eine relativ freie Stellung. Als VO-Sprache fehlen im Indonesischen die morphosyntaktischen Mittel, weshalb die Abfolge der Satzglieder im Satz eine sehr wichtige Rolle spielt. Durch sie wird die Bedeutung oder der Sinn eines Satzes überhaupt erst klar. Wie sich der Sinn eines Satzes durch die Wortstellung und Morphosyntax konstituiert und welche Implikationen sich daraus für den Sprach-bzw. Deutschunterricht ergeben, ist die Leitfrage dieses Beitrags, die im Rahmen einer kontrastiven Analyse erörtert werden soll.

Wöllstein, Angelika [email protected] (Anti)Kontrolle in Infinitivkonstruktionen im Polnischen und Deutschen Abweichend von der für Infinitivkomplemente typischen Kontrolloption darf das implizite Subjekt der von bestimmten Antikontrollverben wie „billigen“ oder „anordnen“ selegierten Infinitive nicht mit einem Argument des Matrixsatzes identifiziert werden. Während das Deutsche oberflächlich betrachtet nicht zwischen Kontroll- und Antikontrollkonstruktionen unterscheidet, weisen Antikontrollkonstruktionen im Polnischen im Gegensatz zu (Subjekt)kontrollkonstruktionen systematisch den Komplementierer „żeby“ auf. Für das Deutsche zeigen Korpuserhebungen allerdings, dass sich Antikontrollverben und Kontrollverben bezüglich ihrer Selektionseigenschaften (finite vs. infinitve Komplemente) statistisch signifikant voneinander unterscheiden. Anhand der Interpretation umfänglicher aus dem Deutschen Referenz Korpus (DeReKo) gewonnener Datensätze wie auch anhand introspektiv und experimentell gewonnener Daten geht der Vortrag der Frage nach, inwieweit die Annahme eines dem polnischen „żeby“ entsprechenden koverten formalen Elements bzw. entsprechender grammatischer Optionen Kohärenzeigenschaften betreffend für das Deutsche gerechtfertigt ist.

Zhao, Zhiyong [email protected] „Sprachbauelement“ als grundlegende Einheit unter dem Aspekt des chinesisch-deutschen Vergleichs Beim Vergleichen verschiedener Sprachen wird immer nach den Einheiten gestrebt, welche die Äquivalente darstellen. Was den chinesisch-deutschen Vergleich betrifft, ist es noch komplizierter, weil die grundlegende Einheit bei der Sprachforschung im Chinesischen das so genannte Zi (chinesisches Schriftzeichen) ist, während die im Deutschen das Wort ist. Nach den empirischen Erfahrungen ist es leicht zu erkennen, dass ein chinesisches Zi nicht immer, oder meistens gar kein natürliches Äquivalent von einem deutschen Wort ist. Um

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT das Problem zu lösen und um das Wesen der Sprachen besser kennen zu lernen, ist es notwendig, vielleicht auch dringend, eine neue grundlegende Einheit zu finden, die in beiden Sprachen verfügbar ist und denselben Begriff kennzeichnet. Dem Studium der einschlägigen akademischen Materialien zufolge wird in diesem Beitrag die neue grundlegende Einheit „Sprachbauelement“ genannt.

Zhou, Rui [email protected] Korrelation zwischen Wortklasse und Grammatik - am Beispiel des GIVEPassivs in westmitteldeutschen Dialekten und im Chinesischen Am Beispiel der Grammatikalisierung der GIVE-Verben zu Passivmarkern in westmitteldeutschen Dialekten und im Chinesischen untersucht der vorliegende Beitrag die Korrelation zwischen Wortklasse und Grammatik. Der Beitrag ist zu den folgenden Schlussfolgerungen gekommen: (1) In den westmitteldeutschen Dialekten wird das passivische Ereignis am Beispiel des geben-Passivs mit der „Zustandsveränderung“ konzeptualisiert, die ein Handelnder von außen bewirkt hat, während das passivische Ereignis im Chinesischen am Beispiel des 给(gěi)-Passivs mit der „Übergabe der Kontrolle über das Ding an einen anderen Handelnden“ konzeptualisiert wird. (2) Bei der Grammatikalisierung von geben zum Passivauxiliar spielt die Kopulakonstruktion eine entscheidende Rolle, während bei der Grammatikalisierung von 给(gěi) zum Passivmarker die Konstruktion „NP1 + 给(gěi) + NP2 + VP“ eine zentrale Rolle spielt. (3) Die sprachtypologische Tatsache, dass im Deutschen die Nomen und die Verben zwei voneinander abgrenzbare Wortarten sind und die Nomen und die Adjektive eng miteinander verwandt sind, führt dazu, dass die Kopulakonstruktion im Deutschen sehr notwendig ist. Die sprachtypologische Tatsache, dass im Chinesischen die konkreten pragmatischen Kategorien wie „Referenz/Prädikation“ noch nicht zu den abstrakten syntaktischen Kategorien „Nomen/Verb“ grammatikalisiert sind und die Nomen und Verben daher direkt die Referenz und die Prädikation „zusammensetzen“ können, führt dazu, dass Konstruktionen wie „NP1 + 给(gěi) + NP2 + VP“ im Chinesischen möglich ist.

Sektion A 5 – Deutsch in Bewegung. Grammatische Variation in der Standardsprache Leitung: Arne Ziegler [email protected] Ko-Leitung: Christa Dürscheid [email protected], Wolf Peter Klein [email protected] Cillia, Rudolf de [email protected] Generationsspezifischer Sprachgebrauch in der österreichischen Varietät des Deutschen Im Rahmen eines großen Forschungsprojekts zum österreichischen Deutsch wurden, neben einer Fülle von Daten zu Lehrplänen, Studienplänen an Universitäten/Pädagogischen Hochschulen und Schulbüchern, zu Spracheinstellungen und zur Konzeptualisierung der sprachlichen Variation in Österreich auch Daten zum Gebrauch von nach dem gängigen Kodex (Variantenwörterbuch, Österreichisches Wörterbuch etc.) als Austriazismen/Deutschlandismen kategorisierten sprachlichen Merkmalen erhoben. Im Rahmen einer umfassenden Fragebogenerhebung bei Lehrer/inne/n (n=165) und Schüler/inne/n (n=1265) in allen neun Bundesländern Österreichs wurden auch 30 Items mit Austriazis-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT men/Deutschlandismen vorgelegt und die Proband/inn/en wurden danach gefragt, welche Variante sie bevorzugten. Die generationsspezifische Auswertung zeigt sowohl innerhalb der Gruppe der Lehrpersonen als auch im Vergleich von Lehrer/inne/n und Schüler/inne/n bei einer Reihe von Items eine klare Tendenz zur zunehmend häufigeren Verwendung von Deutschlandismen, z.B. von ‚das‘ zu ‚die‘ SMS oder ‚Bub‘ zu ‚Junge‘. Außersprachliche Variablen wie z.B. der TV-Konsum und zwei zur kommunikativen Validierung durchgeführte Gruppendiskussionen liefern Erklärungsmuster für diesen aktuellen generationsspezifischen Sprachwandel im österreichischen Deutsch.

Kilian, Jörg [email protected] Grammatische Variation und Kritische Grammatik in der Lehrerbildung (Professionswissen) und im Schulbuch Eine unabdingbare Voraussetzung für die Erzeugung von sprachkritischem Wissen und Können bei Schülerinnen und Schülern ist und bleibt das weit darüber hinausgehende fachliche und fachdidaktische Wissen und Können von Lehrkräften (Professionswissen). Bezogen auf grammatisches Wissen und Können schließt dieses Professionswissen die Kenntnis grammatischer Variation sowie die Befähigung zur kritischen Beurteilung derselben ein. Die Suche nach wissenschaftlich fundierten Konzepten zur Erzeugung sprachkritischen Wissens und Könnens über grammatische Variation in der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung bleibt jedoch weitestgehend ergebnislos. Empirisch validierte Hinweise auf eine Dominanz laienlinguistischer Sprachnormkonzepte im Rahmen der Bewertung sprachlicher Leistungen von Schülerinnen und Schülern durch Lehrerinnen und Lehrer verstärken zudem die Vermutung, dass die linguistisch begründete Unterscheidung, Analyse und Bewertung von Sprache und Sprachgebrauch noch immer nicht zum festen Bestand der Lehrerbildung wie auch des Deutschunterrichts gehören.

Kotin, Michail L. [email protected] Synchronie, Diachronie, Dynamik: Rolle der Variation im Sprachwandel Seit Coserius „Synchronie, Diachronie und Geschichte“ gehört die Dynamik nicht nur in die Domäne der diachronen Forschungsmethode, sondern auch – anders als in F. de Saussures „klassischem“ Dichotomie-Modell, aber auch anders als bei den Klassikern der Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft und den Junggrammatikern – durchaus zur Synchronie. Eine weitere von Coseriu eingeführte Unterscheidung ist die zwischen „System“, „Usus“ und „Norm“, wodurch auch solche Begriffe wie „Gesetz“ oder „Fehler“ grundsätzlich umgedeutet werden mussten: Systemgesetze haben einen völlig anderen Status als Normvorschriften, und ein Systemfehler nimmt in der sprachlichen Kommunikation eine völlig andere Stellung ein als ein Normverstoß. Aber eine Vorstellung von Sprache als primär und ontologisch historischem Phänomen (unabhängig von deren synchroner oder diachroner Behandlung) weist auch der Variationsproblematik einen besonderen Stellenwert zu. Die Variationssystematik ist eine Erscheinung mit spezifischen und eigenartigen Wesenszügen, da sie zugleich zwei Ebenen angehört: der strukturellstatischen wie der evolutionär-dynamischen. Das Nebeneinander von Varianten ist ein Systemfaktor, welcher u.a. für eine – spontane (systembedingte) wie bewusste (normgesteuerte) – Auswahl und Selektion sorgt. Im Referat wird an konkreten Beispielen untersucht, welche Faktoren bei dieser Selektion den Ausschlag geben und wie sie konkret verläuft.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Kruashvili, Irina [email protected] Standardsprachliche Variationen in der deutschen Wortbildung Der Prozess der intensiven Wortschatzerweiterung, der so kennzeichnend für die deutsche Gegenwartssprache ist, erfordert Erarbeitung der Prinzipien und methodischen Empfehlungen, die für Aufdeckung der Wortbildungsprozesse ausschlaggebend sind. Mit der enormen Zustrom der lexikalischen Einheiten in die Lexik und Ausweitung des deutschen Wortschatzes wächst auch die Intensität der Wortbildungsforschung, wovon zahlreiche sprachwissenschaftliche Arbeiten zeugen, die dieser Problematik gewidmet sind. Der Beitrag geht der Frage nach, ob die deutsche Wortbildung einen variablen Ausnutzungsgrad der vorhandenen sprachlichen Mittel aufweist. Es wird die Frage erörtert, ob innerhalb von Wortbildungskonstruktionen die Morpheme in unterschiedlichen Formen auftreten können. Gemeint sind hier vor allem Variationen bei den Grundmorphemen und Affixen. In manchen Wortpaaren fungiert der Basisumlaut als bedeutungsunterscheidendes Merkmal (vgl. zugig – zügig). Präfixe variieren im Auslaut (z.B. a-/an-: ahistorisch, anorganisch). Bei Suffixen kommt am häufigsten die Vokalalternation vor (z.B. -al/-ell: ori-ginal, originell). Sie ist vor allem bei Fremdsuffixen zu beobachten. Im Beitrag werden die Wortbildungskonsrtuktionen auch im Hinblick auf die Form der Kompositionsfuge charakterisiert. Obwohl die Fugenelemente keine Bedeutung besitzen, können sie gelegentlich semantische Unterschiede anzeigen (Vgl. Geschichtsbuch – Geschichtenbuch). Ebenfalls möglich sind stilistische Differenzierungen (Vgl. Waldrand – Waldesrand).

Lachachi, Djamel Eddine [email protected] Deutsch im Wandel Mit diesem Beitrag möchten wir Veränderungen und Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache untersuchen. Sie stehen im festen Zusammenhang mit Systementwicklung, wobei der diachronische Aspekt der Sprache miteinbezogen werden muss. Beide Begriffe enthalten „Merkmale, die ein historisches Verständnis der Sprache als notwendig erscheinen lassen“ (Braun 1987:100). Dazu kämen die Tendenzen im Bereich des Satzes und der Wortbildung, womit wir uns hier bes. beschäftigen wollen. Eine Bevorzugung der Affixoide im Bereich der Wortneubildung setzt sich von Tag zu Tag so durch, dass die Halbaffigierung als Wortbildungsart neben der Derivation und Komposition angenommen werden kann. Und da die Wortbildung im Allgemeinen keine Berücksichtigung im Unterricht und bes. in DaF findet, sind wir der Meinung, dass es Zeit ist, dem Lernenden diesen sehr kreativen und produktiven Bereich zu zeigen. Dem DaF-Lernenden soll bewusst werden, dass Wortbildungen in erster Linie lebendig sind und dass er sich für seine Wortschatzerweiterung die neuen Wortbildungsmuster, hier Halbaffigierung, die ganz dem Stil der Zeit entsprechen, aneignen oder mindestens ein Vorverständnis dafür haben soll.

Lasatowicz, Maria Katarzyna [email protected] Die deutsche Sprachinsel Schönwald: Geschichte und Gegenwart Die Sprachinsel Schönwald gehört zur Gruppe von mittelalterlichen Sprachinseln, deren Ursprung direkt mit der deutschen Kolonisation in Verbindung gebracht wird. Im historischen Sinne liefern sie ein interessantes Material für die Untersuchungen der Herkunft der Siedler und dialektalen Verwandtschaftsrelationen. Auf Grund des umfangreichen Sprachkorpus wird die Sprachinsel in ihren wichtigsten morphologischen und syntaktischen Strukturen charakterisiert, mit anderen Sprachinseln in Südpolen, vor allem mit Wilamowitz, aber auch mit Kosthenthal verglichen. Es werden systematische Parallelen abgeleitet, um den allmählichen Ausgleichsprozess zu zeigen, denen die Sprachinseln

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT innerhalb der längeren Zeit ausgesetzt werden. Das Bild von Schönwald wäre nicht vollständig, wenn man die Stellungnahme der Einwohner von Schönwald zu ihrem Dialekt nicht präsentiert hätte.

Mache, Jakob [email protected] Rektionsschwankungen in w-Spaltsätzen Eine grammatische Erscheinung, die bislang noch wenig Aufmerksamkeit erhalten hat, ist das Kasus- und Statusrektionsverhalten innerhalb von w-Spaltsätzen. Nach einer Untersuchung fußend auf dem Deutschen Referenzkorpus ergibt sich folgendes Bild: Im kanonischen Fall wird der Kasus der mit der w-Phrase “was” bezugsgleichen NP von der Kopula regiert. Gelegentlich findet sich auch das Muster, in dem der Kasus der besagten NP vom Verb im w-Satz bestimmt wird. Dieses Muster mit Verbrektion ist eher selten und wird von Muttersprachlern nicht durchweg als akzeptabel angesehen. Interessanterweise findet sich diese Konstruktion häufiger, sobald das Verb einen reinen Infinitiv verlangt, wie die klassischen Modalverben. Abgesehen davon findet kaum ein deutscher Muttersprachler diese Sätze nicht akzeptabel. Die hier vorgestellte Erklärung besteht darin, dass die Kopula in w-Sätzen offensichtlich im Begriff ist, sich zu grammatikalisieren und ihre Rektionsforderung für den Gleichsetzungsprädikativ/Nominativ aufgibt und die fokussierte Phrase entsprechend der Forderungen aus dem w-Satz übernimmt. Gegen eine Analyse, in der die Kopula Status regiert aber auch alternativ den reinen Infinitiv zuweisen kann, spricht, dass sich keine Verben finden lassen, die ursprünglich einen “zu”-Infinitv regieren und in w-Spaltsätzen auch mit reinen Infinitiven kombiniert werden können.

Oberdorfer, Georg [email protected] Möglichkeiten der Serialisierung. Pragmatik markierter Wortstellung Nachdrückliche Informationsstrukturierung und Fokussierung zeigen sich unter anderem in einer markierten Wortstellung. Das gilt zwar für gesprochene und geschriebene Sprache gleichermaßen, wird aber stark unterschiedlich bewertet. Sofern Standardsprache unabhängig von Medialität bestehen soll, erzeugt dies in der Dichotomie von gesprochener und geschriebener Sprache einen syntaktischen blinden Fleck, da markierte Wortstellungen unter dem Gesichtspunkt der Normgrammatik als solche herausgestellt werden und ihr pragmatischer Nutzen in der Bewusstseinsbildung der Sprecher kaum Beachtung findet. Im Vortrag wird vor diesem Hintergrund angesprochen, wie die Normgrammatik Serialisierung auffasst und wie diese von Sprechern in mündlicher sowie schriftlicher Kommunikation eingesetzt wird. Anhand pragmatischer Faktoren wie Fokus und Informationsstruktur soll gezeigt werden, wieso syntaktischen Sonderfälle auch in die gelebte Standardvariation gehören. Die dazu herangezogenen Datensätze entstammen journalistischen Artikeln sowie Beispielen aus dem Korpus des FWF-Projekts „Jugendsprache(n) in Österreich“. Konzentration besteht auf den für die Sektion aufgestellten Fragestellungen zu grammatischen Fehlern, Mündlichkeit und Schriftlichkeit sowie Norm und Usus in standardsprachlicher Variation.

Sahel, Said [email protected] Morphosyntaktische Variation im Standard. Ein Plädoyer für eine variationstolerantere Standardsprache In den letzten Jahren sind verschiedene Ansätze entstanden, die die Variation in der deutschen Standardsprache zu erklären versuchen. In dem Vortrag wird argumentiert, dass eine Einteilung in einen ‚formellen‘ Standard und einen Gebrauchsstandard der Sprach-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT wirklichkeit nicht gerecht wird, da die Grenzen fließend sind. Stattdessen wird anhand von Fällen von grammatischer Variation im morphosyntaktischen Bereich für einen Standardbegriff plädiert, der Variation ohne jegliche Stigmatisierung von angeblich nicht-standardsprachlichen Formen zulässt. Auf der Grundlage von Grammatikalitätsurteilen kompetenter Standardsprecher wird dafür argumentiert, dass die jeweils als nicht-standardsprachlich geltende Form die deutliche präferierte Variante bei den befragten Sprechern und somit standardsprachliche Realität ist. Dass solche Formen trotzdem immer noch nicht als standardsprachlich anerkannt sind, zeigt lediglich, dass die Kodifizierung dem realen standardsprachlichen Gebrauch ‚hinterherhinkt‘. Es wird ferner dafür plädiert, dass sich die Standardsprache nicht weiter gegen Varianten abschotten soll, die sich längst in der standardsprachlichen Wirklichkeit durchgesetzt haben, sondern diese zeitnah als gleichberechtigte Varianten integrieren soll.

Schneider, Roman [email protected] Empirische Analysen zur Genitivvariation mit GenitivDB 2.0 Der Beitrag thematisiert aktuelle Forschungsarbeiten zur Variation der standardsprachlichen und standardnahen Genitivmarkierung des Nomens sowie den Aufbau der Genitivdatenbank GenitivDB 2.0, einer neuartigen empirischen Ressource authentischen Sprachmaterials. Sie basiert auf DeReKo 2014-II. Unter Einsatz computerlinguistischer Methoden wurden Belegsätze mit Genitivnomen extrahiert und mittels linguistischer Kontextanalysen qualitativ bewertet. Dabei unterscheiden wir acht Varianten der starken Genitivmarkierung (-es, -ses, -s, -ens, -ns, -s', -'s, Nullmarkierung), von denen drei (-es, -s, Nullmarkierung) sowohl quantitativ als auch aus systematischer Sicht herausragen. Angereichert wurden sämtliche Belege mit jeweils knapp 100 inner- und außersprachlichen Metadatentypen (Lemma, Genus, Numerus, Wortart, Flexionsklasse, Eigenname, Fremdwort, Abkürzung, Kompositumsfuge, Silbenzahl, Betonung, Artikulationsart, Stimmhaftigkeit, Publikationsjahr, Region, Thema, Medium etc.). Das Ergebnis ist eine digitale Ressource, die erstmals phonologische, morphologische, syntaktische etc. Faktoren einzeln sowie in Kombination bzw. Abhängigkeit voneinander auswertbar macht. Weiterhin umfasst sie einen manuell annotierten Goldstandard für die Evaluierung empirischer Modelle. Der Beitrag zeigt zum einen, wie explorative Methoden des maschinellen Lernens zur Vorhersage von Genitivvarianten beitragen. Zum anderen werden Analysen und Visualisierungen vorgestellt, die auf hypothesenprüfenden Verfahren basieren.

Siemens, Heinrich [email protected] Die Grammatikalität der Dativ-Possessiv-Konstruktion Dativ-Possessiv-Konstruktionen bieten große Vorzüge: Zum einen sind sie in der Lage, das Genus der eingebetteten NP anzuzeigen. Zusätzlich können sie auch den Kasus der Gesamt-NP anzeigen. Schon im zweiten Merseburger Zauberspruch (9./10. Jh.) finden wir diese Konstruktion: *demo balderes uolon sin uuoz* ('dem Balders Fohlen sein Fuß'). Solche Konstruktionen sind also „seit Langem im gesamten deutschen Sprachraum nachweisbar“, gelten „aber eigenartigerweise nicht als standardsprachlich“ (DudenGramm. 2009:§1275). Dem Duden zufolge sind sie in der gesprochenen Sprache grammatisch (vgl. §2028), die Redaktion geht aber, was die geschriebene Sprache angeht, nicht deskriptiv vor, sondern konserviert trotz der zitierten Verwunderung das Verbot aus der Tradition präskriptiver Grammatiken. Schriftsprachliche Normen beruhen offensichtlich nicht auf Sprecher/innen-Beobachtung und Erwägungen grammatischer Vorteile, sondern auch auf vielen außersprachlichen, wie etwa der sozialen Distinktion. Vor diesem Hinter-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT grund ist allgemeine Verbreitung keineswegs ein Argument für Akzeptanz als Norm, eher im Gegenteil.

Waßner, Ulrich Hermann [email protected] Variation entlang inner- und außersprachlicher Faktoren bei konzessiven Konnektoren im Standarddeutschen Es liegen umfassende semantische und syntaktische Beschreibungen der deutschen Konnektoren vor. Viele Konnektoren stellen bei identischer Semantik syntaktische oder morphologische Varianten voneinander dar. Handelt es sich um Varianten innerhalb der Standardsprache oder weisen sie aus dieser hinaus? Können Einflussfaktoren wie Register, Medium, Land/Region, Zeit etc. ausgemacht werden, die für Verwendungshäufigkeiten verantwortlich sind? Exemplarisch gehen wir auf konzessive Konnektoren ein: Trotzdem kommt sowohl als Subjunktor wie auch als Adverbkonnektor vor, in letzterer Verwendung im Vor- oder im Mittelfeld, aber auch in der NULL-Position, womit es sich syntaktisch einer Verwendung des konversen obwohl angleicht, bei dem aber diese Stellung vor einem V2-Satz (ähnlich wie bei weil) gerne als abweichend, fehlerhaft angesehen wird. Für obwohl ist die Verwendung als Subjunktor typisch, die wiederum bei trotzdem meist als süddeutsch, insgesamt selten und eher umgangssprachlich gewertet wird. Der Vortrag soll eine empirische Evaluation dieser auf der Verwendungs- und auf der Ausdrucksseite vorliegenden Konkurrenzen anhand des mit ausgewählten Metadaten angereicherten Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) vorstellen.

Weiss, Anna [email protected] Jugendsprache zwischen „richtig“ und „falsch“ – Variation in der (standard-)normvermittelnden Instanz Schule Wie schon in der Sektionsbeschreibung deutlich wird, ist in den letzten Jahren in der Sprachwissenschaft ein veränderter Umgang mit den Konzepten von „Norm“ und „Standardsprache“ zu beobachten. Im Zuge dessen wird Variation immer stärker betont, als konstituierendes Merkmal der Sprache verstanden und damit auch als Teil der Standardsprache gefasst. Dieses Umdenken beeinflusst unvermeidlich auch standard- und normvermittelnde Instanzen wie die Schule bzw. den schulischen Sprachunterricht. Der Vortrag soll sich mit der Frage beschäftigen, welche Konsequenzen ein veränderter Umgang mit Normen, Fehlern und Variation im Deutschunterricht für ebendiesen hat bzw. haben würde. Variation, hier insbesondere am Beispiel jugendlichen Sprachgebrauchs, kann im Unterricht z.B. zum Ausgangspunkt sprachlicher und grammatischer Reflexion gemacht werden. Korrekturen werden im schulischen Deutschunterricht häufig als Beurteilungsgrundlage und als didaktisches Werkzeug für die Sprach- und Schreibförderung genutzt. Anhand des Beispiels „Jugendsprache“ soll hier aufgezeigt werden, nach welchen Normvorstellungen Schülertexte korrigiert werden und wie mögliche Alternativlösungen aussehen könnten, die sich z.B. weniger an der kodifizierten Norm und dafür stärker an der sprachlichen Realität orientieren. Im Zuge dessen soll beleuchtet werden, welche Rolle dabei Grammatikalität und Akzeptabilität einnehmen.

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Sektion A 6 – Sprache und Identität: kulturelle, politische und soziale Perspektiven Leitung: Andreas Gardt [email protected] Ko-Leitung: Ulrike Hanna Meinhof [email protected] Benisek, Bianca [email protected] Deutsche Familienzugehörigkeitsnamen im ostböhmischen Pardubitz als Beispiel eines Identitätsmerkmals in der tschechischen Gesellschaft Deutsche Familiennamen in der tschechischen Gesellschaft sind Zeugen eines jahrhundertelangen gemeinsamen Zusammenlebens zweier sich zum Teil selbst unterschiedlich definierenden Identitäten. Politische Entscheidungen führten dazu, dass die damalige deutsche Minderheit 1945 aus der Tschechoslowakei vertrieben wurde. Verloren gingen dadurch auch viele deutsche Familiennamen. Ab 1945 beantragten einige Tausend Bürgerinnen und Bürger der Tschechoslowakei eine Änderung ihres deutschen Familiennamens zu einem für sie und die Gesellschaft erkennbaren „nichtdeutschen“ Familiennamen, wobei der ursprüngliche in vielen Fällen nicht völlig verschwunden ist. Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer Forschung vor, die sich mit ebendiesem Phänomen in der ostböhmischen Stadt Pardubice (Pardubitz) beschäftigte. Ebenfalls soll gezeigt werden, ob die Beibehaltung eines Namens, die einen eindeutigen deutschen Ursprung aufweist, als Identitätsmerkmal des Namenträgers oder -trägerin betrachtet werden kann. Hierbei wird auch auf die Besonderheit der Namensgebung bei den weiblichen Familienangehörigen durch ein Morvierungssuffix eingegangen.

Bülow, Lars/Herz, Matthias [email protected], [email protected] Kiezdeutsch als Ausdruck (multi)ethnisch-jugendlicher Identität in deutschen Ethno-Clash-Komödien Kiezdeutsch ist ein relativ junges sprachliches Phänomen, das aktuell in den Printmedien (FAZ; Welt; Zeit 2014) diskutiert wird. Wir möchten erstens zeigen, dass die Faktoren Migration, Sprachkontakt, verdecktes Prestige und mediale Repräsentation bei der Entwicklung dieser Varietät interdependent sind. Zweitens, dass die dynamische Sprachstruktur von Kiezdeutsch Identitätsmarker und Träger von soziosymbolischem Potenzial ist. Drittens untersuchen wir, wie Kiezdeutsch als Identitätsmarker im modernen deutschen Film inszeniert wird. Deppermann (2007: 43-45) unterscheidet zwischen Türkendeutsch als Basiscode multiethnischer Ghetto-Identität und stilisiertem Türkendeutsch von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Dass diese nun die salienten Merkmale der kiezdeutschen Sprechgebrauchsweise aufgreifen, hat wiederum Einfluss auf die filmische Inszenierung von Kiezdeutsch, wie anhand der erfolgreichen Ethno-Clash-Komödien Fack Ju Göhte (2013) und Türkisch für Anfänger (2010) deutlich wird. Kiezdeutsch ist in den Filmen jeweils Konstruktions- und Ausdrucksmittel einer spezifischen Identität, die grundsätzlich wählbar ist. Das Verhältnis von Sprache und Identität wird als dynamisches Verhältnis inszeniert. Sprache hat eine doppelte Wirkung: Zum einen ist sie Symptom des sozialen Status, zum anderen ist sie Konstruktionsmittel sozialer Wirklichkeit. Die Sprache ist damit auch innerhalb des Films als diskursives Handlungsinstrument inszeniert. Um das sozio-symbolische Potenzial bzw. das sogenannte verdeckte Prestige von Kiezdeutsch

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT innerhalb der dargestellten Welt des Films verstehen zu können, ist es notwendig, die soziolinguistische Perspektive mit einer semiotischen Perspektive zu verbinden.

Eley, Louise [email protected] Kommunikative und soziale Konvergenz in einem multiethnischen Friseurladen: Das Potenzial von Interaktionen in ‚ökumenischem Deutsch’ Ausgehend von einer ethnographischen Untersuchung in einem multiethnischen Friseurladen in Frankfurt am Main diskutiert dieses Paper das Potenzial von sprachlichen Interaktionen in ‚ökumenischem Deutsch’ – ein Kontinuum unterschiedlicher Sprachniveaus und von Akzent geprägten Sprachformen – für die Überbrückung vielfältiger und diskrepanter sprachlicher Repertoires und die Etablierung von ‚common ground’. Mehrere Strategien wie zum Beispiel Simplifizierung, kontinuierliche Ratifizierung, Fokusmarkierung und nonverbale Kommunikation ermöglichen die sukzessive Konstruktion gemeinsamen Wissens. Zugleich orientieren sich die Sprecher an gemeinsamen Bedürfnissen, Zielen und Werten durch das ‚Genre’ ihrer Aktivitäten im Friseurladen, die Bewahrung des ‚kooperativen Eindrucks’ im Falle des Nicht-Verstehens und die Leistung von ‚Wechselseitigkeit’ und konzentrierter Zuhörerschaft. Durch Illustrierung der interaktionalen Verhandlung von Identifikationslinien und Konvergenz innerhalb einer sprachlich und ethnisch heterogenen Gruppe unterschiedlicher Generationen liefern diese Forschungsergebnisse empirische Untermauerung für das Konzept der ‚urbanen Konvivialität’ und verdeutlichen die bedeutende Rolle der Ethnographie des Sprechens für die Erweiterung unseres Wissens über Lebensweisen in vielfältigen und sich stetig wandelnden urbanen Nachbarschaften.

Faure, Marie-Noelle [email protected] Von der Chamisso- zur Ankunftsliteratur. Interkulturelle Literatur und Neubestimmung des Deutschseins • De- und Rekonstruktion der Sprache: Revolte = die späteren Generationen erfinden eine neue, ihnen eigene, bunt gemischte Sprache, durch die sie sich auch von der Mehrheitsgesellschaft ab- und ausgrenzen. Suche nach einer stark differenzierten Identität, die jedoch allmählich als Teil der deutschen Gesellschaft wahrgenommen wird. (Kanak-Sprak, Feridun Zaimoglu) Ausgleich zwischen beiden Kulturräumen: Bereicherung der deutschen Sprache durch Neuprägungen, Übersetzungen, neue Rhythmen. Suche nach einer beiden Ländern/Sprachen Rechnung tragenden Identität. (Özdamar: Die Brücke vom goldenen Horn 1998) • Neuidentifikation: Infragestellung der Begriffe «Chamisso-Literatur», « Migrantenliteratur » an sich. Höchste Zeit, von einer Ankunftsliteratur zu reden, die sich mit Themen beschäftigt, die nicht nur die Minderheiten betreffen und interessieren. Ilija Trojanow, 2010: „Es gibt keine Chamisso-Literatur mehr, sondern nur das Hineinwachsen der deutschsprachigen Literatur ins Weltliterarische mit Hilfe der Agenten der Weltläufigkeit und Mehrsprachigkeit.“ Damit geht aber auch die Frage, was im 21. Jahrhundert deutsch ist, einher: „[die] deutsche Literatur [ist] eben nicht identisch mit der deutschen Nation.“ (Navid Kermani, Süddeutsche Zeitung, 21. Dezember 2006)

Gardt, Andreas [email protected] Nationalsprache und Identität Nationalsprachen werden häufig als Ausdruck des kulturellen Profils einer Sprachgemeinschaft gesehen. In ihrem Wortschatz und ihren kommunikativen Formen wirken sie auf ihre Sprecher wie ‚Behälter‘ der kulturellen (d.h. politischen, gesellschaftlichen, reli-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT giösen, moralischen, ästhetischen, lebensweltlichen usw.) Traditionen, ihres Wissens, Meinens und Glaubens. Ein ‚Angriff‘ auf die Sprache, wie er etwa in der Übernahme von Wörtern aus anderen Sprachen gesehen wird, wird nicht selten als ein Angriff auf die eigene Identität empfunden. In Deutschland war diese Sichtweise aufgrund der historischen Bedingungen besonders ausgeprägt, Muttersprache und Vaterland wurden als korrespondierende Größen wahrgenommen. Dabei fällt auf, dass die Muster sprachideologischer Argumentation seit Jahrhunderten erstaunlich ähnlich sind, bis in die Gegenwart hinein, sodass man fast von einer ‚Universalie der Sprachreflexion‘ sprechen könnte. Aktuell (und weltweit) gewinnt dieser Fragenkomplex durch die Globalisierung und die damit einhergehende starke Verbreitung des Englischen an immer größerer Bedeutung: Was bedeutet die zunehmende Verwendung des Englischen für die Korrelation von Sprache und Identität? Wird man ein anderer, wenn man eine andere Sprache spricht?

Heimes, Claus [email protected] Die Rolle von Identität und Sprache in der Arbeit des Goethe-Instituts Auch wenn das Goethe-Institut in Deutschland vor allem dafür bekannt ist, dass es im Ausland Sprachkurse anbietet, geht die Arbeit weit darüber hinaus. Besonders wichtig für den Erfolg unserer Arbeit ist der Bereich, den wir Bildungskooperation nennen. Hier kooperieren die Goethe-Institute mit einheimischen Institutionen, Behörden, Ministerien etc., um die Qualität der Angebote von Deutsch als Fremdsprache im Gastland zu verbessern. Das heißt ausdrücklich nicht in den Goethe-eigenen Kursen, sondern in den Bildungseinrichtungen des Gastlandes. Diese Arbeit ist natürlich sehr sensibel, da die Gastländer letzten Endes einer ausländischen Organisation Einfluß auf Ihre Bildungssysteme erlauben. Welcher Bereich des staatlichen Handelns ist enger mit der Frage nach der Identität verbunden? Eine besondere Herausforderung ist der Zusammenhang zwischen Identität und Sprache bei unserer Arbeit im Bereich des interkulturellen Austauschs. Es geht bei unserer Kulturarbeit weder darum, show cases aus Deutschland ins Ausland zu verschicken, noch das Publikum des Gastlandes einfach nur zu unterhalten oder Sympathiewerbung für Deutschland zu machen. Es ist tatsächlich der Austausch, der gefördert werden soll.

Henning, Ute [email protected] Mehrsprachiges Theaterspiel und Spracheinstellungen – Eine qualitative Longitudinalstudie In einer qualitativen Longitudinalstudie im Rahmen des Projektes PlurCur am Europäischen Fremdsprachenzentrum wird derzeit eine mehrsprachige Theatergruppe an einem deutschen Gymnasium beforscht. In dieser Theatergruppe spielen 12- bis 14-jährige SchülerInnen in allen ihnen zur Verfügung stehenden Sprachen Theater, d.h. neben der Schulsprache Deutsch und den schulischen Fremdsprachen Englisch und Französisch (und Latein) werden Familien- und Herkunftssprachen wie Türkisch, Tschetschenisch oder Tigrinya verwendet. Die SchülerInnen sollen dadurch ihre eigene Mehrsprachigkeit als Ressource wahrnehmen lernen und eine positive Haltung zu Fremdsprachen entwickeln. Dies wird in der Studie überprüft, indem die Einstellungen der SchülerInnen zu für sie relevanten Sprachen und zu Mehrsprachigkeit in qualitativen Interviews erhoben und in ihrer Entwicklung über ein Jahr hinweg betrachtet werden. Im Vortrag wird ein Überblick über die gesamte Studie gegeben, und erste tendenzielle Ergebnisse werden vorgestellt.

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Holly, Werner [email protected] Identität durch Kunst: Teil 1: Bildergeschichten (Werner Holly). Teil 2: Musik (Ulrike Meinhof) Während in der Soziologie schon von einer „Ästhetisierungsgesellschaft“ (Reckwitz 2012) gesprochen wird, kann man sich aus einer kulturwissenschaftlich-linguistischen Perspektive fragen, wie es bei einzelnen heute dazu kommt, dass sie in der Beschäftigung mit Kunst so weit gehen, dass sie Kunst als Bezugspunkt für die Konstruktion von Identität nehmen. Unser Vortrag stützt sich auf begleitende Beobachtung und Interviewmaterialien mit Kindern, Jugendlichen, Betreuern und Künstlern in mehreren Kulturinstitutionen in Großbritannien (Glyndebourne Youth Opera) und Deutschland (Mozartkinder, „Wagner für Kinder“-Initiative der Bayreuther Festspiele) und mit frei arbeitenden Künstlern. Anhand dieser Fallstudien soll unter zwei Aspekten rekonstruiert werden, wie diese Art von „Identität durch Kunst“ (1) allmählich in Sozialisationsprozessen geweckt und verstärkt wird, (2) in späteren Auseinandersetzungen mit der eigenen Künstlerexistenz immer wieder erarbeitet und reflektiert wird. Dabei ist der sprachliche Umgang im Erleben und Beschreiben von künstlerischen Prozessen sowohl Ausdruck als auch performativ-konstruktives Element solcher Identitätsfindungen. ‚Discourse analysis’ und frame-semantische Analyseinstrumente können hier exemplarische Einblicke öffnen.

Hornung, Antonie [email protected] Leben mit multiplen Identitäten Mehrsprachigkeit ist Reichtum. Wir (LinguistInnen) bzw. viele von uns sind davon überzeugt und propagieren Mehrsprachigkeit, wo immer wir können. Mehrsprachigkeit bedeutet uns auch Multi-, Inter- oder Transkulturalität. Die differenten Lebenswirklichkeiten verlangen verschiedene Verhaltensweisen. Die Auseinandersetzung damit trägt dazu bei, dass sie multiple Identitäten ausbilden, falls sie sich in der Zielkultur nicht vollständig abschotten und in monolinguale und monokulturelle Ghettos zurückziehen. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben keine Wahl, sie haben die Schulen ihrer Zuzugsländer zu besuchen und müssen sich den sprachlichen und kulturellen Herausforderungen ihrer besonderen Situation voll stellen. Wie sie mit ihren verschiedenen Identitäten klarzukommen versuchen, werde ich am Beispiel von Texten aus der Hand jugendlicher Mehrsprachiger des italienisch-zürcherischen Liceo artistico aufzeigen.

Jacob, Katharina [email protected] Das Heidelberger Projekt Europäische Sprachkritik Online (ESO) Die Praxis wertender Sprachreflexion ist ein Kristallisationspunkt nationaler Identitäten. Eine kontrastive Perspektive ist dabei von besonderem Reiz: Indem Sprachdiskussionen vergleichend untersucht und Konvergenzen und Divergenzen herausgestellt werden, ist das Eigene wie auch das Gemeinsame zwischen Sprachkulturen zu erkennen. In dem Heidelberger Projekt „Europäische Sprachkritik Online“ erfolgt der Sprach- und Kulturvergleich zwischen dem Deutschen, Englischen, Französischen, Italienischen und Kroatischen in historischer und gegenwärtiger Perspektive. Gegenstand des Projekts sind folglich veröffentlichte und öffentlich zugängliche Äußerungen zu der eigenen Sprache und ihrem Gebrauch einerseits und zu den anderen Sprachen und ihren Gebrauchsweisen andererseits. Die wertende Sprachreflexion wirkt dabei auf Normierungsdiskussionen und Standardisierungsprozesse, Sprachinstitutionen agieren sprachkritisierend und Konzepte werden als anzustrebendes Ziel oder als abzulegende Haltung benannt und problema-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT tisiert. Im Vortrag werden das Erkenntnisinteresse und die Methode des Projekts dargelegt, um anhand ausgewählter Ergebnisse einen ersten Einblick in eine europäische Sprachkritik zu geben.

Kalwa, Nina [email protected] Von Konstruktionsgrammatikern, Diskurslinguistinnen, Feministischen Linguisten. Gruppenidentitäten innerhalb der Sprachwissenschaft? Wenn sich neue Subdisziplinen in einer Wissenschaft zu etablieren versuchen, finden sich meistens Befürworter und Gegner. Es wird darüber diskutiert, ob ein neuer Ansatz in eine Disziplin Einzug erhalten soll. Dabei wird sich positioniert und abgegrenzt, anderen Ansätzen wird unzureichendes Potenzial unterstellt. Der Sprachgebrauch trägt maßgeblich zur Konstitution von Gruppen bei. Wenngleich somit der Wissenschaftssprache als Gruppensprache eine identitätsstiftende Funktion zugeschrieben werden kann, ist diese Funktion bisher jedoch weitgehend unerforscht. Der Vortrag möchte diesem Desiderat nachgehen und fragt danach, ob und inwiefern sich innerhalb der Sprachwissenschaft unterschiedliche Gruppenidentitäten finden, die sich auch in unterschiedlicher Weise im sprachlichen Handeln ausdrücken. Wie gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprach- und textstrategisch vor, um ihre Fragestellungen, Theorien, Methoden und Ergebnisinterpretationen zu legitimieren und was lässt sich daraus bezogen auf die jeweiligen Gruppenidentitäten ableiten? Der Vortrag liefert somit eine Fallstudie zu der Frage nach der sprachlichen Konstruktion von Identität.

Klug, Nina-Maria [email protected] Zur multimodalen Konstruktion von Identität Dass Sprache bei der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit eine zentrale Rolle zukommt, lässt sich als Grundannahme konstruktivistisch orientierter Forschung begreifen. Weitaus seltener berücksichtigt wird im Rahmen dieser Forschung jedoch die Tatsache, dass Sprache nie isoliert gebraucht wird. Menschliche Kommunikation greift immer auch auf andere Zeichenmodalitäten als die der Sprache zurück und diese sind para- oder nichtsprachlicher Art. Jede dieser Zeichenressourcen, zu denen Typo-/Chirographie oder Intonation als notwendige Materialisierungsformen von geschriebener oder gesprochener Sprache ebenso gehören wie Bild (bewegt/statisch) und Ton (Musik/Geräusch) steuert gemäß ihren semiotischen Stärken und Schwächen einen wichtigen wie notwendigen Beitrag zur gemeinschaftlichen Konzeptualisierung von Welt und Selbst bei. Im Rahmen des Beitrags sollen deshalb text- und diskurssemantische Möglichkeiten des theoretischen, methodischen und analysepraktischen Zugriffs auf Formen und Strategien multimodaler Bedeutungsbildung vorgestellt und am konkreten Beispiel afrodeutscher Identitätsbildung veranschaulicht werden.

Lachachi, Djamel Eddine [email protected] Mehrsprachigkeit, Sprachpolitik und Identität Die soziolinguistische Diskussion über die linguistische Regulation wird zurzeit immer stärker, besonders in ihrer Beziehung zu den verschiedenen in Algerien existierenden Varietäten. Mit diesem Vortrag versuchen wir dieser Debatte eine andere Dimension zu geben und sie in eine weitere Perspektive einzuschreiben: die Mehrsprachigkeit. Ich möchte einen kurzen, aber möglichst vollständigen Überblick über die Sprachsituation in Algerien geben. Folgenden Fragen u.a. soll in diesem Zusammenhang nachgegangen werden: Welche Sprachen werden von wie vielen Leuten gesprochen? Welche Sprachen sprechen

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Algerier als Erst-, Zweit- und Fremdsprache? Welche Position haben die verschiedenen Sprachen in der öffentlichen Verwaltung inne? Die Lage der Sprachminderheiten in Algerien wird untersucht, die historischen Faktoren und die verschiedenen Sprachen vs. Dialekte wie auch eine Bestandsaufnahme des Schulsystems werden erwähnt.

Lazaare, Khalid [email protected] Sprache(n) und Identität(en) in Marokko Es geht um die Frage nach den verschiedenen Stufen der Mehrsprachigkeit in Marokko und um die bewusst verlangte mehrdimensionale Identität der Marokkaner. Der Referent wird analytisch auf die aktuelle Lage der unterschiedlichen Sprachkomponenten in Marokko, ohne den geschichtlichen Hintergrund außer Acht zu lassen, eingehen. Ist die Identität nicht nur ein politisches Konstrukt? Im Fall Marokko hat doch der Kolonialismus eine entscheidende Rolle bei dem Bau einer „neuen” Identitätseinheit gespielt. Die konfliktreiche Problematik über das Berberische ist akut geworden. Auf die Identität(en)und ihre Beziehung zur Religion wird es auch eingegangen.

Li, Yuan [email protected] Identität und Sprache – empirische Untersuchung chinesischer Migranten in Deutschland Laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom Dezember 2013 ist jeder achte Einwohner der BRD im Ausland geboren. Dabei sei China das größte asiatische Herkunftsland der Zuwanderer. Manche Auslandschinesen verfügen zwar über die deutsche Staatsbürgerschaft, so die Beobachtung der Autorin bei der Feldforschung, identifizieren sie sich aber viel mehr mit der chinesischen Kultur und halten Distanz zu deutscher Kultur. Demgegenüber behalten viele andere zwar noch einen chinesischen Pass, zeigen aber größere Akzeptanz zur deutschen Kultur und sehen sich lieber als Deutsche. In diesem Sinne ist „Identität“ nicht identisch mit dem Pass, sondern sie stellt einen grenzübergreifenden dynamischen Konstruktionsprozess dar, und zwar in einer politisch-rechtlichen, sozialpolitischen, sozioökonomischen und kulturellen Dimension. Was ist „Identität“, speziell für die chinesischen Migranten? Welche Rolle spielt die Sprachkompetenz bei der Herausbildung einer bestimmten Identität? Welche Umstände werden als fördernd bzw. hindernd empfunden? Im Vortrag versucht die Verfasserin, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Zugrunde lag die empirische Erhebung aus Interviews und teilnehmender Beobachtung der Autorin mit chinesischen Migranten im Zeitraum von 2011 bis 2014.

Mache, Jakob [email protected] Konstruktion v. grammatischer Normativität u. ihr Einfluss auf Identität Es werden in der normativen Grammatikschreibung vor allem Erscheinungen bekämpft, die von den ihnen zum Vorbilde erwählten Modellsprechern ohne Bedenken verwendet werden: So lässt sich der onymische Artikel bei Eigennamen schon in Luthers Bibel finden, genauso wie in Goethes Faust, in welchem auch noch die tun-Periphrase auftritt, sowie die hyperlative Adjektivform einzigster. Klopstock ersetzt in einer stilistischen Überarbeitung seiner Frühlingsfeyer die Komparativpartikel als mit der Form wie. Kafka wiederum verwendet in seiner ,Verwandlung’ brauchen ohne zu. Im deutschen Sprachraum gelten in Schichten mit höherem Bildungsgrad und größerem Wohlstand derartige Formen als verpönt und falsch. Es wurde jedoch vielfach gezeigt, dass all diese Erscheinungen keinerlei grammatische Absonderlichkeit sind und auch in vielen anderen Literatursprachen Gang und Gebe sind. In diesem Vortrag wird gezeigt, wie in Bildungseinrichtungen ein-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT flussreiche Schulgrammatiker und sprachpflegerische Werke wie Wustmann, Heyse oder Bauer/Duden herangezogen werden mit dem Ergebnis, weniger wohlhabende und bildungsferner Schichten von diesem Diskurs auszuschließen. Zudem erfolgt die Herstellung dieser Normen willkürlich. Darüber hinaus zeigt sich, dass es sich bei Grammatikschreibung um einen Bereich der Gesellschaft handelt, die von der fortschreitenden Demokratisierung im Sinne Becks 1986 noch nicht erfasst wird.

Marchwacka, Maria Anna [email protected] Sprache und Identität in der Migrationsgesellschaft aus Sicht von Jugendlichen in Deutschland Mehrsprachigkeit und Bilingualität gehören in der Migrationsgesellschaft zu einer Entwicklung, die die Identität des Individuums prägt. In Deutschland wachsen gegenwärtig ca. 30% Kinder unter den 6-Jährigen bilingual auf. Folglich sehen sich Jugendliche einerseits zu Deutschland zugehörig, andererseits zu Ländern ihrer Eltern. In diesem Kontext können ihre Identitäten häufig als Patchwork- bzw. hybride Identitäten verstanden werden. Die Entwicklung der Mehrsprachigkeit beeinflusst v. a. auch Familie, Schule und den Freundeskreis. Inwiefern hängen die Sozialisationsfaktoren im Jugendalter mit der Verwendung von Sprachen zusammen? Im Beitrag werden theoretische Erklärungsansätze zur Zweisprachigkeit anhand von Fallanalysen erörtert: Welche Motivation haben Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte zum Gebrauch der Zweisprachigkeit in ihrem Alltag? Inwiefern wird die Herkunftssprache/Muttersprache im Hinblick auf Freundschaften und in der Freizeitgestaltung verwendet? Hierzu werden folgende Prozesse fokussiert: Die Eingrenzung durch das Individuum, die vorwiegend in den Lebenswelten „Familie“ und „Freundschaften“ erfolgt und die gesellschaftliche Ausgrenzung des Individuums, die sich primär auf die Lebenswelt „Schule“ (Schulerfolg und Selektion) und die berufliche Sozialisation bezieht. Die Grundsatzfrage lautet: Kann die zweisprachige Sozialisation als Ressource betrachtet werden?

Mast, Maria [email protected] Sprache und Authentizität: Eine kulturvergleichende Perspektive Das Phänomen „Authentizität“ wird in unterschiedlichsten Lebens- und Wissensbereichen und – wie auch das Phänomen „Identität“ – sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene verhandelt. Identität und Authentizität stehen hierbei in einem engen Zusammenhang: Identität wird in einem komplexen Zusammenspiel von Selbst- und Fremdbild entwickelt, bestätigt oder in Frage gestellt; Authentizität verstehen wir als ein „relationales Konzept“, und letztlich als eine Fremdzuschreibung, die ein „geäußertes Selbstbild“ als glaubwürdig, wahrhaftig oder echt bestätigen oder aber als aufgesetzt, unglaubwürdig oder unecht etikettieren kann. Die sprachliche Konstruktion von Authentizität soll in der vorliegenden Studie anhand der Medienberichterstattung über Papst Franziskus untersucht werden. In sprach- und kulturvergleichender Perspektive des Deutschen und Spanischen soll mit quantitativen und qualitativen linguistischen Verfahren der erkenntnisleitenden Frage nachgegangen werden, unter welchen Umständen und in welcher Art und Weise einer Person in deutsch- und spanischsprachigen Medientexten Authentizität zu- bzw. abgesprochen wird: Welche idiomatischen Auffälligkeiten und diskursiven Muster sind im Diskurs ersichtlich? Welche unterschiedlichen Perspektiven werden im Diskurs durch die einzelsprachliche Ausdrucksverwendung evoziert? Welche Ähnlichkeiten und welche Unterschiede zeigen sich in der sprachlichen Sachverhaltskonstituierung im Deutschen und im Spanischen?

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Meinhof, Ulrike [email protected] Identität durch Kunst: Teil 1: Bildergeschichten (Werner Holly). Teil 2: Musik (Ulrike Meinhof) Abstract siehe Holly, Werner in dieser Sektion

Nodjimgoto, Eric Samuel [email protected] Komplexere Umsetzung einer Sprachpolitik in einem sprachlich reichen Land: Kamerun Der vorliegende Beitrag widmet sich der Fragestellung, inwiefern eine strukturierte Sprachpolitik bzw. -planung in einer entfremdeten und gescheiterten Sprachgemeinschaft einsetzbar ist. Ausgehend von einer Hermeneutik der bestehenden sprachpolitischen Gesetze und der Datenanalyse über das Sprachverhalten von Kamerunern mit sprachlich unterschiedlichem Hintergrund aufbauend wird hier gezeigt, dass die derzeitige kamerunische Sprachplanung keine effiziente soziokulturelle Sprachpolitik lanciert, sondern wie ein agierendes, kompliziert gebautes Gerät, das zu einer linguistischen Ernüchterung beiträgt. Die Sprachpolitik ist ein fester Bestandteil des öffentlichen Lebens, der Innen- und Außenpolitik ebenso wie des Bildungs- und Erziehungswesens. Nicht zuletzt konsolidiert die Mehrsprachigkeit die Entwicklung der Menschheit und das Entstehen von Staaten bzw. Nationen. Trotz der weltweit anerkannten Relevanz des Französischen und des Englischen soll nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Sprachen an die koloniale Fremdherrschaft erinnern. Auf der pädagogischen Ebene kritisiere ich die absolute Präsenz der sogenannten Amtssprachen als Lehrsprachen. Wenn man das Sprachverhalten der urbanen Jugendlichen ins Auge fasst, dann kommt man zur Festellung, dass die Sprachverhältnisse alarmierend sind, denn es sind immer mehr Kinder, die außer den Amtssprachen keine einzige Nationalsprache sprechen können.

Ostapovych, Oleg [email protected] Ethnokulturelle Stereotypen in d. dt. Idiomatik. Werdegang u. Gegenwart Der etnostereotypische Bestandteil von der Idiom-Semantik ist ein scheinbar ausreichend untersuchtes Thema. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, zu bestimmen, inwieweit die kulturellen psychologischen Stereotypen mit den sprachlichen korrelieren Die Vergleichsanalyse lässt über Folgendes schließen: Am «lebendigsten» in historischer Hinsicht, was der Sprachstoff bestätigt, sind die pejorativen Etnostereotypen der nächsten Nachbarn – Polen und Franzosen – Leichtsinnigkeit, Unzuverlässigkeit, Unordnung. Stabil verbleiben die Rezeptionsstereotypen der Russen, sowie auch Tataren, Türken und Griechen, die volksmündlich sogar in einen Superetnos verbunden werden – Grobheit, Drohung, Aggression, Lügenhaftigkeit, Unbeständigkeit. Der «Autostereotyp» der Deutschen in ihren eigenen Augen – Offenheit, Aufrichtigkeit, Direktheit, Disziplin ist wenig produktiv und wird allmählich archaisiert. Genauso archaisch ist das Bild des stolzen, arroganten Spaniers. Aber die sprachliche, idiomatisch «gebundene» Konnotation des Adjektivs spanisch («merkwürdig») bleibt, nicht desto weniger, aktuell, ungeachtet der extralingualen Faktoren. Diese pejorative Intensität kann sich verändern – infolge der veränderten Gebrauchshäufigkeit im gegenwärtigen deutschsprachigen Diskurs.

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Ruoss, Emanuel [email protected] «Schweizerdeutsch-Diskurse» im 19. Jahrhundert: Sprachreflexion und (national-)sprachliche Identitätsprozesse in der Deutschschweiz Seit Ferguson (1959) gilt die Deutschschweiz als prototypischer Fall einer Diglossie-Situation, in der sich Sprecher- und SchreiberInnen situativ und kontextabhängig entweder für ihren regionalen Dialekt oder für die Standardsprache entscheiden. Während gegen innen die Diversität und Verschiedenheit der Mundarten mit ihren je spezifischen Eigenschaften hervorgehoben wurden, wurden die Dialekte gegen aussen als einheitliche, territorial gebundene und mit dem Schweizer Volk wesenhaft verbundene Sprache konstruiert, die sich im Kollektivbegriff «Schweizerdeutsch» widerspiegelt. Daran festzuhalten galt als Ausdruck nationaler Gesinnung und stand für die Wahrung altväterlicher Sitte. Der Beitrag soll unterschiedliche Ausprägungen dieser Konstruktionsprozesse einer (national-)sprachlichen Identität auf Basis der Dialekte in der Deutschschweiz des 19. Jahrhundert aufzeigen. Es soll argumentiert werden, dass in diesen «Schweizerdeutsch-Diskursen» das ideelle und ideologische Fundament für die Stabilisierung der Deutschschweizer Diglossie-Situation gelegt wurde, das im Grunde noch heute Bestand hat

Schwidlinski, Pierre [email protected] Authentizität: zwischen sprachlicher Konstruktion und außersprachlicher Referenz Ziel des Vortrags ist die Analyse von Authentizitätszuschreibungen samt der (kommunikativen) Situationen, auf die referiert wird und die als Grundlage für Zuschreibung von Authentizität bzw. Nichtauthentizität dienen. Welches verbale, nonverbale und paraverbale Verhalten einer Person veranlasst uns zur Wahrnehmung und damit verbunden zur Versprachlichung von Authentizität und wie werden diese in ihrer begrifflichen Erfassung von semantisch ähnlichen Wörtern wie echt, glaubwürdig, wahrhaftig etc. differenziert? In korpusgestützter pragma-semiotischer Textarbeit (vgl. Felder 2012) sollen Muster der Versprachlichung in der medialen und diskursiven (Nicht-)Authentizitätszuschreibung bzw. aushandlung aufgedeckt und analysiert werden. Neben einer korpuslinguistischen Analyse medialer Authentizitätszuschreibungen im Kontext gesellschaftlicher und politischer Akteure (exemplarisch anhand von Margot Käßmann und Angela Merkel), soll auch die Kommunikation der als authentisch wahrgenommenen Personen auf sprachliche Spuren von Authentizität untersucht werden und somit der äußerst fruchtbare soziolinguistische Zugang zu Authentizität (Lacoste/Leimgruber/Breyer 2014) verfolgt werden.

Sieburg, Heinz [email protected] Funktionen d. Deutschen bei d. Herausbildung luxemburgischer Identität Für die Identitätskonstruktion Luxemburgs spielt die deutsche Sprache von Anfang eine ebenso zentrale wie problematische Rolle. So gilt die seit dem 19. Jahrhundert zunehmende Etablierung des Luxemburgischen zur Nationalsprache als entscheidendes Identitäts- und Abgrenzungskriterium. Voraussetzung hierfür war eine zunehmende Emanzipation gegenüber dem Deutschen (und Französischen). Zudem ist infolge der Besatzung des Großherzogtums durch Nazi-Deutschland seid dem zweiten Weltkrieg alles Deutsche und damit auch die deutsche Sprache in Verruf geraten, wenn auch ohne die Konsequenz, das Deutsche als Amts-, Schul- und Mediensprache und damit als konstitutives Element der Luxemburger Mehrsprachigkeit abzuschaffen. Die Rückschau auf die Besatzungszeit als identitätsstiftende und sozialverbindende nationale Bezugsgröße verliert gegenwärtig zusehens an Relevanz. Das Prestige der deutschen Sprache nimmt gerade bei der jüngeren

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Generation deutlich zu, führt aber damit gleichzeitig zu neuen, nicht nur sprachbezogenen, sondern auch gesamtgesellschaftlich hochdiffizilen Problemlagen. Der Vortrag setzt sich zum Ziel, die sprachhistorische, vor allem aber die sozio- und varietätenlinguistische Dimension der Problemstellung zu umreißen und mögliche Perspektiven für einen tragfähigen und identitätsstärkenden Umgang mit dem Deutschen in Luxemburg aufzuzeigen.

Ullrich de Flores, Claudia [email protected] Spanisch zwischen Aymara, Plautdietsch & Co.: Identitätsfragen in der Sprach- und Bildungspolitik im plurinationalen Bolivien Bolivien bietet ethnisch wie sprachlich ein buntes Panorama. Nicht zuletzt die seit Jahrzehnten mehr oder weniger öffentlichen Diskurse bezüglich der ethnischen und sprachlichen Identität führten 2009 zu einer neuen Verfassung, die Bolivien zum plurinationalen Staat erklärte. Sprachpolitisch scheint die wichtigste Frage zunächst geklärt: Die neue Verfassung erkennt 37 Sprachen als offiziell an. Einen interessanten Fall stellen die Mennoniten dar, die sich seit den 1950ern im östlichen Tiefland niedergelassen haben. (Dass das Deutsche im Zensus von 2011 als häufigste ausländische Muttersprache erscheint, dürfte wohl auf diese große plautdietsche Sprachgemeinschaft zurückzuführen sein). Lange lebten sie geschützt durch gesetzliche Privilegien vom Staat weitgehend autonom, auch bezüglich des kolonie-internen Schulsystems. Der Beitrag versucht diese sprachliche Diversität Boliviens mit ihren politischen und sozialen Implikationen spezifisch am Beispiel der Aymara und Mennoniten darzustellen und die Rolle der Bildungseinrichtungen für die Sprachplanung zu analysieren, in deren Verantwortungsbereich ein großer Anteil der sprach-, kultur- und bildungspolitischen “Dekolonialiserung” fällt.

Wagner, Doris [email protected] Zu den Emigrationsschwierigkeiten des deutschjüdischen Linguisten und Volkskundlers Ernst Lewy (1881-1966) in Irland 1933 gerät der deutschjüdische Linguist und Volkskundler Ernst Lewy (1881-1966) ins Visier der Nationalsozialisten. Lewy war zu diesem Zeitpunkt Titularprofessor am Ungarischen Institut der Universität Berlin, musste aber aufgrund seines jüdischen Hintergrunds Deutschland verlassen. Mit Hilfe eines Freundes gelang dem mittlerweile 56-Jährigen im Jahr 1937 die Emigration nach Irland, wo er bis zu seinem Tod mit seiner Familie lebte. Lewys persönlicher Kampf mit dem Verlust seiner (sprachlichen) Wurzeln und dem damit drohenden Identitätsverlust kommt zum Vorschein in seinen bisher noch unbekannten Briefen, die er zwischen 1956-1966 an den finnischen Germanistikprofessor Emil Öhmann (1894-1984) schrieb. Besonders in einem Gedicht an Öhmann erzählt er aus der Nachsicht über seine Fremdheit im Emigrationsland. Für Lewy war die Sprache der Schlüssel zur Integration und zur Identitätsbildung. Da er weder die englische noch die irische Sprache wirklich beherrschte, missglückte beides, was sich u.a. darin ausdrückt, dass Lewy, der zwischenzeitlich auf Englisch veröffentlichte, letztendlich wieder zur deutschen Sprache für seine Veröffentlichungen zurückkehrte. Dieser geschichtlich situierte Beitrag stellt ein Fallbeispiel vor zur Identitätskonstruktion von Personen, die ihre Heimat verlassen mussten.

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Sektion A 7 – Diskurs und Politik Leitung: Geraldine Horan [email protected] Ko-Leitung: Melani Schröter [email protected], Thomas Niehr [email protected], Kersten Sven Roth [email protected], Felicity Rash [email protected] Heier, Anke [email protected] Schwere See bei den Sozialdemokraten – Kontrastive Untersuchung zum Metapherngebrauch in der politischen Kommunikation Die Verwendung von Metaphern im politischen Sprachgebrauch ist kein rein deutsches Phänomen, wie auch viele politiktypische Metaphern einzelsprachübergreifende Verbreitung besitzen. So ist die Vorstellung von POLITIK ist KAMPF in mehreren Sprachen zu finden. Die kulturelle Verankerung jeder Sprache legt jedoch nahe, dass auch ein gewisses eigenes oder zumindest in ihrer Ausprägung und Verwendung spezifisches Repertoire an Metaphern existiert, nicht zuletzt in der politischen Kommunikation. Die Ministerpräsidentin von Dänemark Helle Thorning-Schmidt bezeichnete sich zum Beispiel in einer Erste-Mai-Rede als Kapitän ihrer Partei. Diesem Thema will der folgende Beitrag genauer nachgehen und dabei die Begriffe Partei, Regierung, Politik, Politiker, Wähler, Nation in verschiedenen Sprachen näher beleuchten. Metaphernanalyse soll dabei als Analyseinstrument für kontrastive politolinguistische Untersuchungen, aber auch als Mittel des Politikvergleichs erprobt werden, indem der Beitrag hofft, einen tieferen Einblick in die Auffassungen von Politikern und Politikerinnen über sich und ihre Arbeit und damit über ihre Politik eben durch ihren Sprachgebrauch herausarbeiten zu können. Der Fokus liegt auf dem Vergleich zwischen deutschen und skandinavischen Sprachen.

Horan, Geraldine [email protected] Burgfrieden zwischen den Geschlechtern? Feministische und anti-feministische Diskurse in Deutschland 1914-18 Die diskursiven Auseinandersetzungen von FeministInnen und AntifeministInnen im frühen zwanzigsten Jahrhundert in Deutschland verstärkten sich erheblich im Ersten Weltkrieg. Obwohl ein “Burgfrieden zwischen den Geschlechtern” vereinbart wurde, hielt sich keiner daran. Für Mitglieder des Bundes deutscher Frauenvereine einerseits und des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation andererseits bedeutete der Ausbruch des Krieges weitaus mehr als der Beginn des physischen Kampfes: Er signalisierte auch den Anfang von intensiven diskursiven und semantischen Kämpfen zum Thema Frauen- und Männerrollen in der Gesellschaft, vor allem über Ausbildung und berufliche Tätigkeiten von Frauen, sowie über das umstrittene Frauenwahlrecht. Anhand von Beispielen aus ausgewählten Artikeln der feministischen Zeitschrift Die Frauenfrage und des anti-feministischen Monatsblatt des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation werden sprachliche Charakteristika identifiziert und analysiert, wie zum Beispiel: Schlagwörter, argumentative Topoi, Sprachthematisierung und metasprachliche Diskussionen. Durch diese Strategien versuchten beide Organisationen wichtige politische Begriffe und Ausdrücke zu ‘besetzen’, um die eigene Position zu legitimieren und um die des Gegners zu diskreditieren. Die Analyse dieser polarisierenden, oft aggressiven Sprache soll auch auf die Verbindung zwischen Diskursen von Geschlecht, Rasse und Nationalismus eingehen, die sich bis heute verfolgen lässt.

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Kalwa, Nina [email protected] Korpuslinguistik, Frame-Analyse oder detaillierte Einzeltextanalysen? Methodische Überlegungen zur Analyse von Konzepten in Diskursen am Beispiel Islam Der öffentlichen Diskussion um den Islam liegt ein Konzept Islam zugrunde, das im Diskurs gespiegelt wird und zugleich auch dort entsteht. Wissen über den Islam entsteht zum Beispiel, wenn das Lexem Islam in einen Kotext gesetzt wird, etwa in Prädikationen wie Der Islam ist eine friedliche Religion. Die Konstitution eines Konzepts Islam erfolgt im Diskurs häufig jedoch auch subtiler, etwa wenn der Ausdruck Islam gar nicht verwendet wird. Negative Bedeutungsaspekte im Konzept Islam entstehen im vorliegenden Beispiel unter anderem durch die Verwendung des Determinativkompositums Kopftuchmädchen. Der Vortrag macht deutlich, wie durch die Kombination verschiedener Methoden, die auf Korpora unterschiedlicher Größe abzielen, eine umfassende Bedeutungsanalyse geleistet werden kann. Jede der in der zugrunde liegenden Studie angewandten Methoden besitzt diskursanalytische Vorzüge, ist aber als einzelne in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Mittels Kombination der – qualitativen und quantitativen – Methoden der Text-, Diskurs- und Korpuslinguistik ist es schließlich möglich, ein Konzept wie das Konzept Islam umfassend zu beschreiben.

Kolomiytseva, Olga [email protected] Das kulturell-linguistische Konzept „Terrorismus“ Das Ziel meines Referats ist, festzustellen, wie das Schema des Konzeptes „Terrorismus“ aussehen wird, und seine Bestandteile zu analysieren. Ich würde Antworten auf die Fragen suchen, was Terrorismus ist, was eine einzelne Terroraktion ist, welche handelnde Personen es in dem Konzept gibt (Terroristen, ihre Komplizen, Zeugen, Opfer), Welche Charakteristika den Ort der Terroraktion kennzeichnen, mithilfe welcher Instrumente die Terroraktionen verübt werden. Der Stoff meiner Forschung sind Beispiele verschiedener Bezeichnungen von Terrorismus, Terroraktionen, Terroristen und andere Wörter, die sich dem Konzept „Terrorismus“ zurechnen lassen. Nach den Beispielen suchte ich in folgenden Online-Zeitungen: Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Zeit, Die Welt, Süddeutsche Zeitung, die von 2001 bis 2015 veröffentlicht wurden.

Kuck, Kristin [email protected] Wirtschaftskräfte, Soziallasten und der drohende Kollaps. Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft – Diachroner Vergleich von Krisen-Metaphorik Mein Beitrag stellt Ergebnisse einer diskurslinguistischen Metaphernanalyse vor, die herausstellt, wie wirtschafts- und sozialpolitische Krisen als Rechtfertigungsinstanzen in politische Entscheidungs- und Legitimationsprozesse eingebunden werden. Es wird gezeigt, wie Metaphernfelder zusammenwirken und Szenarien entfalten, in denen auch ohne spezifische Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge „Krisen“ und ihre Bewältigung plausibel werden. In meinem Beitrag vergleiche ich die metaphorische Konstruktion von wirtschaftlichen Krisen in fünf verschiedenen Krisenzeiträumen. Anhand ausgewählter Pressetexte beantworte ich die Frage nach metaphorisch gestützten Krisenszenarien und suche nach krisenspezifischen wie auch nach tradierten krisenübergreifenden Metaphern im Sinne einer Strukturfolie für Krisendiskurse. Auf diese Weise wird der Versuch unternommen, Kontinuität und Wandel im gesellschaftlich/kollektiv verbreiteten Denken oder „Wissen“ über „Krisen“ in den letzten 40 Jahren festzustellen und zu beschreiben.

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Li, Bin [email protected] Universale Frame-Analyse wirtschaftlicher und politischer Diskurse in Massenmedien Im Fachbereich der Linguistik Chinas gewinnt die kognitive Frame-Analyse an Popularität. Im Beitrag wird eine universale Frame-Analyse angestrebt, d.h. die Nachrichten in Massenmedien sollen in einem umfassenden Modell aus kognitiven und kommunikationswissenschaftlichen Methoden analysiert werden. Dieses Konzept würde vor allem die Konstruktion sowie Neukonstruktion des Wissens und die Augumentationsmuster fokussieren. Hier sind zwei aktuelle Themen als gewünschte Analysegegenstände vorhanden: Das erste bezieht sich auf einen interkulturellen Konflikt wegen der Hamsterkäufe vom deutschen Milchpulver durch chinesische Kunden, das zweite betrifft einen neuen Gebrauch vom Revolutionswortschatz im Diskurs der gegenwärtigen Korruptionsbekämpfung in China.

Niehr, Thomas [email protected] Argumentation in politischen Texten – neuere Formen ihrer Erforschung Dem Vortrag liegt ein weites Verständnis von Argumentation zugrunde, das auch konklusive Sprechhandlungen einschließt. Der Fokus des Vortrags liegt auf der Identifizierung von Argumentationen und Argumenten in Texten. Mittels zahlreicher Beispiele wird dafür argumentiert, dass Argumente und Argumentationen keine Phänomene sind, die anhand von Oberflächenmerkmalen eindeutig zu erkennen sind. Dies ergibt sich einerseits aus ihrer Formenvielfalt, die sich nicht auf einige wenige sprachliche Markierungen reduzieren lässt. Es folgt andererseits aus dem wichtigen Unterschied, der zwischen dem Gebrauch und der Erwähnung von Argumenten besteht. Schließlich wird darauf aufmerksam gemacht, dass auch mithilfe von Schlagwörtern und Metaphern argumentiert werden kann, ohne dass sich eindeutige Formmerkmale angeben ließen. Dies alles führt dazu, dass sich die computergestützte Suche nach argumentativen Strukturen in Texten nach wie vor schwierig gestaltet. Erste Ansätze einer automatischen Argumentationsanalyse sollen im Vortrag abschließend vorgestellt werden.

Pappert, Steffen [email protected] Fremdheit oder Einigkeit – Der Diskurs zum Mauerfalljubiläum Aus einer diskurslinguistischen Perspektive wird davon ausgegangen, dass die Art und Weise der sprachlichen Darstellung des Wiedervereinigungsprozesses und seinen Folgen im öffentlichen Diskurs nicht nur aktuelle Sichtweisen der Gesellschaft widerspiegelt, sondern diese vielmehr in starkem Maße prägt. Gegenstand der Untersuchung sind die politisch-medialen Diskurse und die durch sie vermittelten Wissensbestände. Das zu untersuchende Korpus wird zusammengestellt aus Beiträgen überregionaler, also bundesweit verbreiteter Tageszeitungen und Wochenmagazine. Der Zeitraum erstreckt sich auf September bis Dezember 2014, d.h. auf die Zeit rund um das Jubiläum. Es werden einzelne Diskurssegmente herauszuarbeiten sein, die Aufschlüsse über die relevanten Teilthemen sowie über das hier interessierende kollektive, gesellschaftliche Wissen geben. Die ToposAnalyse in Anlehnung an Wengeler (2003) soll die aktuell vorherrschenden Denkmuster und Sichtweisen aufdecken, wobei der Schwerpunkt der Untersuchung auf Aussagen (komplexen) liegt, mit denen Ost- und/oder Westdeutsche sozial kategorisiert werden. Auf diese Weise werden die dominierenden Argumentations- und Bewertungsmuster extrahiert, die Aufschlüsse auch darüber geben, welche sprachlichen Äußerungsformen welches Wissen bzw. welche Einstellungen vermitteln.

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Petelava, Tea [email protected] Diskursanalyse von politischer Sprache Der vorliegende Vortrag beschäftigt sich mit dem politischen Online-Diskurs. Unter Online-Diskurs wird ein Gebilde verstanden, worin die einzelnen informationellen Einheiten netzwerkartig verbunden, aber auch linear sind. Online-Diskurs ist ein sprachlich fixiertes Dokument, das kulturell geprägt ist und als leicht verständliches Mittel der Kommunikation, der Verständigung gilt. Ein weiteres Merkmal von Online-Texten ist, dass sie Daten unterschiedlicher semiotischer Systeme (Text, Bild, Ton, Film) enthalten können und damit multimedial werden. Die Online-Texte sind Textmuster, welche mit gemeinsamen Merkmalen vereint sind. Sie üben medialle Funktion aus und gehören zu einem bestimmten Diskurs, der seinerseits sprachlich durch Texte, Sätze und Äußerungen repräsentiert ist.

Potrykus, Bianca [email protected] Freund, Feind oder Hund an der Leine? Eine interkulturelle kritische Analyse des US-deutschen Mediendiskurses zur NSA-Affäre Während der letzten zwanzig Jahre hat Deutschland international erheblich an politischer Stärke gewonnen, während die USA einen Großteil ihrer Macht eingebüßt hat. Diese Entwicklung bringt neue politische Spannungen mit sich und ist eine Herausforderung für das Verhältnis der beiden verbündeten Länder. Die Snowden-Affäre hatte einen ernsten diplomatischen Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland zur Folge. Eine Besonderheit dieses Konflikts, die ihn von bisherigen politischen Auseinandersetzungen dieser Art unterscheidet, ist die öffentliche Austragung in den Medien beider Nationen. Die intensive und detaillierte Berichterstattung in den Medien beider Nationen erlaubt eine kritische interkulturelle Diskursanalyse, die aufzeigt, wie geopolitische, historische und sprachliche Diskursunterschiede zu einer Verschärfung des Konflikts führen und interkulturelle Missverständnisse zur Folge haben. Mein Beitrag wird dies anhand von Zeitungsartikel aus der US-amerikanischen und deutschen Tagespresse aufzeigen.

Rash, Felicity [email protected] Heia Safari! Kolonialistische Propaganda nach dem ersten Weltkrieg am Beispiel der Kriegsemoiren Paul von Lettow-Vorbecks Paul von Lettow-Vorbeck kommandierte die Schutztruppe Deutsch-Ostafrikas während des Ersten Weltkriegs. 1920 erschienen seine Kriegserinnerungen, Heia Safari!, in denen er über die „Heldentaten“ deutscher und Askarischer Soldaten in einem ungleichen Kampf mit einem stark bewaffneten aber moralisch schwachen Gegner berichtete. Seine Leserschaft sollte daraus schließen, dass der deutsche Kampf um Kolonien und Weltmacht, weitergeführt werden musste. Der Zweck dieses Vortrags ist eine diskurshistorische Analyse Lettow-Vorbecks Memoiren, durch die gezeigt wird, mit welchen diskurslinguistischen Mitteln der Autor seine propagandistische Botschaft vollzieht. Berücksichtigt werden: 1. Die diskursive Konstruktion eines homo nationalis und eines homo externus (das „Selbst“ und das „Andere“). 2. Die diskursive Konstruktion eines “nationalen Körpers” mit derselben Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 3. Die diskursiven Strategien der Bewahrung, der Destruktion und der Transformation. Die Rechtfertigung, eine Substrategie der Bewahrung, ist besonders weitverbreitet im Kriegsdiskurs, wo ein bedrohtes und zu verteidigendes Selbst als eine der Hauptfiguren hervortritt. 4. Eine Anzahl Topoi unterstützen die obengenannten Strategien: Vergleich und Kontrast; Autoritäts-Topos; Geschichts-Topos; Topoi der Gefahr oder Katastrophe und die daraus entstehende Notwen-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT digkeit zu kämpfen; und Benennungen, Definitionen und Bewertungen. Der deutsche Kolonialdiskurs verwendet besonders häufig einen Vergleichstopos um zu unterdrücken, dass eine dringend nötige Transformation (von vergangenem Fehlen in zukünftigen Erfolg) nur mittels eines Kriegs erreicht werden kann. 5. Die von Martin Wengeler erkannte Merkmalen einer Kriegsbotschaft, insbesondere der Solidaritätsappell nach innen sowie der Ausdruck Siegesgewissheit, findet man auch bei Lettow-Vorbeck.

Schröter, Melani [email protected] Metakommunikation über politische Kommunikation: Nutzen u. Grenzen der Analyse des öffentlichen Diskurses über politisches Sprachhandeln Ausgehend von Studien zu Metakommunikation, Sprachideologien und Sprachthematisierungen im öffentlichen Diskurs wird dieser Beitrag der Frage nach dem Potenzial von Analysen der Metakommunikation über politische Kommunikation nachgehen. Analysen von Sprachthematisierungen zeigen, dass Sprachhandelnde im öffentlichen Diskurs sehr bewusst mit Sprache umgehen und dass Euphemisierungen, Metaphorisierungen und ideologiegebundener, strategischer Sprachgebrauch registriert und öffentlich thematisiert werden. Studien zu Sprachideologien haben gezeigt, dass Auseinandersetzungen um angemessenen Sprachgebrauch Rückschlüsse auf weitere gesellschaftlich-ideologische Konstellationen zulassen und auch durch diese motiviert sind. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Analysen von Metakommunikation über politische Kommunikation Rückschlüsse auf Erwartungen anderer DiskursteilnehmerInnen zulassen, vor allem dahingehend, was in der Politik (nicht) gesagt werden soll oder wie etwas (nicht) gesagt werden soll. Das Hauptanliegen dieses Beitrags besteht darin, dafür zu argumentieren, die Analyse von Metakommunikation systematisch dafür einzusetzen, den Blick von der (strategischen) Intention profilierter TeilnehmerInnen am politischen Diskurs ein Stück weit abzulösen und auf Erwartungen an politische Kommunikation zu richten.

Mollica, Fabio/Wilke, Beatrice [email protected] Konzeptualisierung und Versprachlichung der Migration im deutschen und italienischen politischen Diskurs Im Zuge der Globalisierung, der heutigen durch Migration, kulturelle und sprachliche Vielfalt charakterisierten Gesellschaften Europas sind nicht nur Grenzen liquide geworden, auch Sprach- und Kulturgrenzen verwischen sich und neue Verbindungen, Verflechtungen oder Hybridisierungen entstehen. Auf dem Hintergrund der europäischen Integration in wirtschaftlichen Krisenzeiten wollen wir in unserem Beitrag korpusbasiert (u.a. Cosmas II, La Repubblica) und aus diskursanalytischer Sicht untersuchen, wie in den Massenmedien, insbesondere in Interviews mit Politikern und in der politischen Berichterstattung in Deutschland und Italien sprachlich Migration diskutiert, dargestellt bzw. konzeptualisiert wird. Denn durch Sprache werden Orientierung bzw. Position der jeweiligen politischen Partei zur Migration zum Ausdruck gebracht. Unser Beitrag möchte sich mit der Ebene der Lexik befassen, wobei untersucht werden soll, auf welche Lexeme, rhetorische Figuren (insbesondere Metaphern) und Phraseologismen Politiker eventuell zurückgreifen, um auf die Migration und die damit zusammenhängenden Aspekte und Problematiken in Zeiten der europäischen Wirtschaftskrise Bezug zu nehmen. Dabei soll überprüft werden, ob sich im sprachlichen Repertoire des politischen Diskurses bereits eine Ikonografie migrationsproblematischer Figuren herauskristallisiert hat, welchen semantischen Bereichen sie sich zuordnen lässt und was sie zu Migrationsprozessen erzählt.

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Zhang, Yin [email protected] Eine korpusbasierte diskurskritische Analyse der umweltbezogenen China-Berichterstattung der FAZ im Zeitraum von 2000 bis 2012 Themen wie die Umweltverschmutzung in China und CO2-Emissionen haben viel Aufmerksamkeit in den deutschen Medien erweckt. Der Vortrag wendet sich der umweltbezogenen Chinaberichterstattung der FAZ (2000-2012) zu und versucht, aufgrund der Analyse der Berichte das chinesische Umweltbild zu ermitteln, es in gewissen sozialen, politischen und kulturellen Kontexten offenzulegen und zu interpretieren. Konkreter wird dabei auf folgende Fragen eingegangen: 1. Wie wird China in Bezug auf Umwelt gestaltet? Hat sich das Bild von 2000 bis 2012 geändert? 2. Sind in den Berichten Mechanismen, Pauschalisierung oder Übertreibung zu entdecken? 3. Wie lässt sich dies sozial, politisch und kulturell erklären? Untersucht werden insgesamt 251 Zeitungsartikel, die die Umwelt Chinas als Hauptthema behandeln. Theoretische Grundlage bildet die Kritische Diskursanalyse (CDA), welche gleichzeitig als Untersuchungsmethode dient. Zur Relativierung der subjektiven Kritischen Diskursanalyse wird korpuslinguistische Forschungsmethodik eingesetzt. Das Korpus wird gleichzeitig mit dem Computerprogramm Antconc analysiert.

Sektion A 8/A 2 – Welche Mündlichkeit, welche Schriftlichkeit? Sprache unter medialen Bedingungen (A 8)/ Text und (hyper)mediale Kultur (A 2) Leitung: Martin Luginbühl [email protected], Stefan Hauser [email protected] Ko-Leitung: Stephan Habscheid [email protected], Erika Linz [email protected], Daniel Perrin [email protected]/Ewa Zebrowska [email protected] (A 8/A 2) Albert, Georg [email protected] Diskutieren vor Publikum. Analyse der Argumentation in einer Talkshow-Diskussion - mediale Aspekte und Sprachspiel Ich werde sowohl für einen weit reichenden Medialitätsbegriff plädieren als auch den Sprachspielbegriff verwenden, um übergreifende und medienindifferente Konventionen sprachlichen Handelns zu beschreiben. Dies erfolgt in Bezug auf die Inszenierung einer spezifischen Praktik, nämlich dem Diskutieren in einer formellen Abend-Talkshow. Zu dieser Praktik gehört zentral das Sprachspiel des Argumentierens – mit gegebenen medialen Eigenschaften, zu denen u.a. die Ko-Präsenz der Diskutanten gehört, das gemeinsame Wissen um Inszenierung und Aufzeichnung für ein überregionales Massenpublikum, die Mehrfachadressierung jedes Beitrags, die Rolle einer Moderatorin etc. Mit der Rekonstruktion sprachlicher Ausdrucksmittel, die in diesem Sprachspiel für erfolgreiche „Spielzüge“ verwendet werden (können), adressiert mein Projekt mindestens zwei der von Deppermann benannten Desiderata einer gesprächsanalytischen Argumentationsforschung: die Frage nach sprachlichen Argumentationsindikatoren, die Frage des Verhältnisses von Argumentationsstruktur und Argumentationsprozess. Systematisch gilt es zu untersuchen, ob es Ausdrucksmittel gibt, die charakteristisch für mündlich geführte Diskussionen sind, und welche Funktionen sie gegebenenfalls haben. Daraus ergibt sich im Weiteren die didaktische Frage, an welchen Formen/konkreten Praktiken sich die schulische Vermittlung von Diskussions- /Argumentationskompetenz orientieren kann.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Ayass, Ruth [email protected] Schreibapparate. Die Rolle von Tastaturen für Schreiben und Schrift Mit dem Begriff der „sekundären Oralität” hat Walter Ong eine prägnante Bezeichnung geschaffen, um jene Formen von Mündlichkeit zu erfassen, die mit dem Aufkommen der klassischen Verbreitungsmedien wie Fernsehen oder Radio in Erscheinung traten, nämlich das Sprechen, das auf der Basis eines schriftlichen Konzepts geschieht. Mit der Verbreitung der sozialen Medien hat sich das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit noch einmal verschoben und verkompliziert. Was wir vorfinden, sind Formen von Schriftlichkeit, die (erneut) auf Mündlichkeit aufbauen. Welcher kommunikativen und sprachlichen Formen sich das Schreiben in Mail, SMS, Twitter u.ä. bedient, ist vielfach beschrieben worden. Was bei der Analyse dieser neuen Formen von mündlicher Schriftlichkeit aber kaum beachtet wurde, ist die Rolle, welche die Technik in diesem Prozess einnimmt. Der Vortrag möchte sich daher konkret mit den Rollen der Schreibapparate auseinandersetzen und dem Einfluss, den diese auf den Prozess des Schreibens selbst wie dessen Resultat ausüben. Was verändert sich durch die modernen mobilen Kommunikationsmedien und die (fernab ihrer ursprünglichen Geräte wie Telefon und Schreibmaschine) zur Selbstverständlichkeit gewordenen „Qwertz“- oder Nummernblocktastaturen auf Mobiltelefonen, Lesegeräten und Smartphones?

Dang-Anh, Mark [email protected] Interaktionale Medienpraktiken und soziale Netzwerkplattformen Zunehmend durch Medienkommunikation geprägte Lebenswelten stellen eine Herausforderung für konstruktivistische Grundannahmen der Sprachwissenschaft dar. Geht man davon aus, dass performative Sprachvollzüge immer schon mediatisiert sind – sei es durch die Stimme, Tinte auf Papier, Lichtpunkte auf einem Monitor etc. – geraten neben der Semiotizität von Sprachperformanzen ebenso deren Materialität und Körperlichkeit ins linguistische Visier. Sybille Krämer spricht daher von der „Überschreitung des Semiotischen“. Durch den Begriff der interaktionalen Medienpraktiken rücken die Relationen reziproker, konstruktivistischer Semiosen durch die Interaktionsbeteiligten zu (neo-)realistischen körperlichen und materiellen Dimensionen von Sprachmedialität in den Fokus situationsbezogener Sprach- und Medienforschung. Anhand von Fällen aus der Forschung zur Kommunikation auf sozialen Netzwerkplattformen soll im Vortrag gezeigt werden, wie sich die semiotischen, materialen und körperlichen Dimensionen interaktionaler Medienpraktiken miteinander verschränken und somit zur Mobilisierung und Koordination gemeinsamer Aktionen nutzbar gemacht werden.

Dürscheid, Christa [email protected] Das Modell von Koch/Oesterreicher – eine unendliche Geschichte? Wer das Nähe-Distanz-Modell von Koch/Oesterreicher einzig aus der Lektüre ihres grundlegenden Aufsatzes von 1985 kennt, mag sich fragen, warum das Modell überhaupt in der CMC-Forschung so breit rezipiert wurde. Die neuen Medien gab es seinerzeit ja noch nicht; wie also konnte es dazu kommen, dass dieses Modell bis heute in medienlinguistischen Arbeiten eine solch prominente Rolle spielt? Im Vortrag wird gezeigt, wie diese Verbindung von altem Modell und neuen Medien zustande gekommen ist und dass es sich dabei keineswegs um eine Mésalliance handelt. Deutlich gemacht wird aber auch, dass es nicht möglich ist, Kommunikationsformen (ob alte oder neue) in diesem Modell zu verorten. Denn so griffig Bezeichnungen wie „konzeptionell mündlich“ und „konzeptionell schriftlich“ auch sein mögen: Man sollte in der Medienlinguistik nicht wieder und

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT wieder die Arbeiten von Koch/Oesterreicher referieren, sie kritisch diskutieren, das Modell modifizieren und versuchen, neuere und neueste technologische Entwicklungen in das Kontinuum von Nähe und Distanz einzuordnen. Das ist nicht möglich – und zu diesem Zweck wurde das Modell auch nie konzipiert.

Kusnetsov, Andrej [email protected] Sprachverwendung in synchroner internetbasierter Kommunikation Die internetbasierte Kommunikation schafft unter linguistischen Aspekten eine komplett neue Situation, weil sie die traditionelle face-to-face-Kommunikation völlig ersetzen kann. Deshalb wird sie in nahezu allen Arbeiten nach der Terminologie von Koch/Oesterreicher [1994, 587] als „medial schriftlich und konzeptionell mündlich“ beschrieben. In diesem Beitrag wird vorgestellt, ob sich die internetbasierte Kommunikation auf das gesamte System der Sprache auswirkt und dort Änderungen zur Folge haben kann. Durch eine empirische Analyse wird gezeigt, dass viele Entwicklungstendenzen der deutschen Gegenwartssprache durch die internetbasierte Kommunikation verstärkt werden; dass Korpora der Internettexte als billiger und viel relevanterer Ersatz für Korpora der gessprochenen Sprache dienen können; dass durch die Untersuchung von Korpora der Internettexte neue Perspektiven der Gesprächsforschung, Soziolinguistik, Lexikographie, Sprachwandel- und Neologismenforschung sowie anderer linguistischen Teildisziplinen eröffnet werden. Das Korpus enthält etwa 20000 Nachrichten (User-Messages) von verschiedenen Kommunikationsprogrammen und Services (Facebook, Skype, ICQ, Whatsapp, Viber).

Lai, Jiong [email protected] Analyse des deutschen Zeitungskommentars aus der textlinguistischen Perspektive – Leitartikel, Kommentar und Glosse Im weiteren Sinne ist „Kommentar“ ein Oberbegriff: Dazu gehören Leitartikel, Kommentar im engeren Sinne, Glosse, Kolumne, Kritik, Essay, Rezension usw. Leitartikel, Kommentar und Glosse zählen zu den traditionellen und wichtigsten kommentierenden Textsorten in den Zeitungen. In den heutigen deutschen Zeitungen spielen die drei Darstellungsformen im Prozess der Meinungs- und Willensbildung der Bevölkerung eine sehr wichtige Rolle. Und sie haben auch eine enge Beziehung zu einander. In manchen Zeitungen kommen sie ergänzend auf der selben Seite und Spalte vor. In den unterschiedlichen Zeitungen haben die drei Textformen ihre eigenen Merkmale und Eigenschaften. Sie sind von der Natur und dem Wesen der Zeitung, in der sie erscheinen, wesentlich geprägt. Daher sind sie seit langem nicht nur ein wichtiger Untersuchungsgegenstand des Journalismus, sondern auch der Textlinguistik. Wie unterscheiden sich Leitartikel, Kommentar und Glosse thematisch, strukturell und stilistisch in den unterschiedlichen Zeitungen? Wie analysiert man sie aus der textlinguistischen Perspektive und was für ein Analysemodell lässt sich ausarbeiten, wenn man diese Textformen betrachtet und in Vergleich setzt? Welche Wissenselemente soll man haben, um sie zu lesen und verstehen? Welche Methoden und Strategien soll man anwenden, um sie im Leseunterricht einzusetzen?

Linz, Erika [email protected] (Multi-)Medialität sprachlicher Praktiken im Theater Theateraufführungen sind kommunikative Praktiken, deren mediale Bedingungen sich weder in der verbreiteten Gegenüberstellung von technisch vermittelter vs. nicht-medialer Face-to-Face-Kommunikation noch in den Kategorien von medialer und konzeptioneller Mündlichkeit/Schriftlichkeit befriedigend erfassen lassen. Sie teilen mit der Face-to-Face-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Kommunikation zwar Mündlichkeit und physische Kopräsenz der Kommunikanten, sind aber häufig technisch mediiert und weisen zudem viele der typischen Charakteristika massenmedialer Kommunikation auf wie etwa die Schriftbasiertheit mündlicher Performanzen, die Einweg-Kommunikation, mehrschichtige Kommunikatorrolle sowie die Doppeladressierung (innerer/äußerer Kommunikationskreis). Anhand von Datenmaterial aus dem DFG-Projekt „Theater im Gespräch“ versucht der Vortrag zu zeigen, in welcher Weise diese medialen Einflussfaktoren in Pausengesprächen zum Tragen kommen können und von den Rezipienten u.a. über intermediale Verfahren der Bezugnahme und metakommunikative Kommentare thematisiert werden. Dabei lässt sich auch verdeutlichen, inwiefern die von Koch und Oesterreicher formulierten Korrelationen nur bedingt geeignet sind, um die Spezifika der sprachlichen Aneignungsverfahren von Theatererfahrungen im Pausengespräch zu charakterisieren. Am Beispiel des Theaters soll damit die Operationalisierbarkeit eines prozessualen – am Begriff des Dispositivs – orientierten Medienverständnisses für linguistische Fragestellungen erprobt werden.

Luginbühl, Martin/Hauser, Stefan [email protected] Überlegungen zur (didaktischen) Relevanz der Medialität am Beispiel des Argumentierens Mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch unterscheiden sich bezüglich Zeichenmaterialisierung und -prozessierung, was weitgehende Konsequenzen hat. In unserem Beitrag soll es um einen fokussierten Blick auf das Argumentieren gehen. In einem ersten Teil diskutieren wir die Frage, wie in mündlichen Diskussionen von Schulkindern Aspekte des Äußerungskontextes Auswirkungen auf unterschiedliche Anforderungen und Normerwartungen bezüglich der Ausgestaltung des Argumentierens haben. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei der Frage, wie mündlich Argumentationen ko-konstruktiv etabliert und elaboriert werden. Wir interessieren uns unter anderem dafür, wie Argumente vorbereitet oder angefochten werden, wie Dissens markiert und modalisiert wird, welche Funktion(en) Normaufrufe und metakommunikative Äußerungen haben etc. In einem zweiten Teil befassen wir uns mit Schulbuch-Übungen, mit denen mündliches Argumentieren gefördert werden soll. Wir werden argumentieren, dass sich in schulischen Übungsanweisungen viele Vorstellungen über „gutes Argumentieren“ aus Normvorstellungen des schriftlichen Argumentierens stammen, ohne dass deren Medialitätsgebundenheit angemessen berücksichtigt wurde. Es machen sich also unterschiedliche Auffassungen von „Angemessenheit“ bemerkbar, die nicht (bzw. nicht ohne Weiteres) von einer Medialität in die andere übertragbar sind. Zu den Folgerungen gehört, dass es (auch) aus didaktischer Perspektive eine Reflexion der medialitätsbedingten Differenzen braucht, um Angemessenheit adäquat beurteilen und um zielführende didaktische Folgerungen ableiten zu können.

Perrin, Daniel [email protected] Vom fokussierten zum beiläufigen Schreiben. Sprachgebrauchswandel in journalistischer Nachrichtenproduktion Im Wechselspiel von medientechnologischer, -politischer und -ökonomischer Ausdifferenzierung und Integration verschiebt sich das Berufsfeld des Journalismus in Richtung hypermedialen, dialogischen, transmodalen und translatorischen Sprachhandelns: – Hypermedial, weil die Digitalisierung aller journalistischen Medien früher voneinander getrennte Institutionen von Presse und Rundfunk bündelt im versatilen Content Management System neuer Medienunternehmen, die mit jeder neuen Nachricht ihre Datenbanken

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT ausbauen. – Dialogisch, weil journalistische Beiträge zu öffentlichen Diskursen seit dem Aufkommen von Social Media unter fortlaufendem Einbezug von Anschlusskommunikation der Zielgruppen entstehen, die sich dadurch von dispersen Publika zu Gemeinschaften der Mediennutzung entwickeln. – Transmodal, weil die Kommunikationsangebote grundsätzlich immer bereit gestellt werden können für visuelle und akustische Verarbeitung durch die AdressatInnen, wobei diese medientechnische Möglichkeit den Zwang erzeugt, mit jedem Angebot alle Modi ergänzend und vermittelnd zu nutzen. – Translatorisch, weil die Globalisierung der Kommunikationsmärkte die Nachrichtenflüsse zwischen Sprachräumen verstärkt, sodass sich im Quellenmaterial mehr und mehr Äußerungen finden, deren Bedeutung sich einer Redaktion nur nach arbeitsteiligen Übersetzungsprozessen erschließt. Im Tagungsbeitrag zeige ich diesen Sprachgebrauchswandel am Beispiel des „beiläufigen Schreibens“ in Redaktionen, mit dem die Medienschaffenden ihre arbeitsteiligen Produktionsprozesse organisieren und sich mit ihren Gemeinschaften synchronisieren. Die Daten stammen aus zwei Forschungsprojekten des Schweizerischen Nationalfonds; ausgewertet wurden sie mit der Progressionsanalyse.

Rellstab, Daniel [email protected] „on dit bonjour à la caméra.“ Kinder als Beobachtete und ihre multimodalen Kontextualisierungen inszenierter Interaktion im institutionellen Kontext Ethnomethodologisch-konversationsanalytisch orientierte Ansätze der Interaktionsforschung fokussieren auf mehrdimensionale, multimodale Analysen von Interaktion. Diese Fokuserweiterung hat zu einer Komplexitätssteigerung des Beobachtungsdispositivs, das zur Datenerhebung eingesetzt wird, geführt. Das Beobachten wird nicht mehr bloß als in Kauf zu nehmendes, die Forschungsergebnisse zwar affizierendes, aber letztlich doch zu ignorierendes Phänomen diskutiert. Das Beobachten selbst wird als Bestandteil der sich vor dem Beobachtungsdispositiv entfaltenden Interaktion erkannt; es wird konzediert, dass die Beobachteten die unmittelbare und medial vermittelte Präsenz des Beobachters inspizieren und interpretieren, die Organisation der Interaktion dieser Präsenz anpassen, oder dass sie diese als Ressource für ihre eigenen Aktivitäten, etwa als Bühne, auf der sie sich inszenieren, nutzen. Empirische Analysen dieser Verfahren sind bis jetzt relativ rar. Im Zentrum der Präsentation stehen Verfahren der Ausbeutung des Beobachtungsdispositivs in peer-Interaktionen während DaF-Lektionen in 6. Klassen der französischsprachigen Schweiz. In multimodalen Interaktionsanalysen zeige ich, wie Kinder ihre Aktivitäten als für die Kamera inszeniert kontextualisieren, wie sie diese Aktivitäten organisieren und welche „kommunikativen Projekte“ und „Subprojekte“ sie damit realisieren. Damit will der Vortrag nicht nur spezifische, medial induzierte und situierte Zeichenverwendungen beschreiben und erklären, sondern auch einen Beitrag zur Diskussion liefern, ob und wie sich empirisch „inszenierte Interaktion“ von „beobachteter Interaktion, welche die Beobachtung ignoriert,“ unterscheiden lässt.

Skerlavaj, Tanja [email protected] Zu „gelungenen“ mehrdeutigen Sprachspielen in deutschen Werbetexten Werbekommunikation weicht oft vom alltäglichen Sprachgebrauch ab und operiert mit sprachlichen (aber auch mit nicht sprachlichen) Zeichen »auf eine selbstreflexive und gleichsam spielerische Weise«: Oft kommt in der Werbekommunikation zu der Bedeutung eines sprachlichen Zeichens eine weitere (zweite oder dritte) Bedeutung hinzu, die ad hoc im Kontext des Werbetextes entsteht. Welche sprachlichen und nicht sprachlichen Ele-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT mente tragen jedoch zur Entstehung der Mehrdeutigkeit im Werbetext bei? Sind solche Werbetexte immer kohärent und die Sprachpiele, die auf Mehrdeutigkeit basieren, immer „gelungen“? Im vorliegenden Beitrag werden einige Ergebnisse meiner Dissertation präsentiert. Es wird gezeigt, in welchen Textelementen sich das zeichenhafte Phänomen der Mehrdeutigkeit in Werbetexten manifestiert und welche stilistischen Funktionen die Mehrdeutigkeit in Werbetexten übernimmt. Es wird im Beitrag versucht, die Frage zu beantworten, wie Mehrdeutigkeit als aktuelles Phänomen im Text entsteht, also welche „minimalen Bedingungen“ im Text erfüllt werden müssen, damit etw. als mehdeutig erkannt wird bzw. damit ein auf Mehrdeutigkeit basierendes Sprachspiel gelingt.

Stüben, Jens [email protected] Das Bild-Text-Gefüge und seine kommunikative Funktion in E. T. A. Hoffmanns Erzählung Der Artushof Hoffmanns Artushof-Novelle ist auf extradiegetischer Ebene in eine kommunikative Situation eingebunden: Autor, „Verleger“, „Leser“, literarisches Vorbild, Erzähler und urteilende Zuhörer werden im „Vorwort“ genannt. Als Rahmenhandlung wird eine fiktionale Gesprächssituation entfaltet: Vier Freunde tragen einander Erzählungen vor, in deren Medium das „serapiontische Prinzip“, eine poetologische Regel, veranschaulicht wird. Das Ziel, höchste „Lebendigkeit“, werde erreicht, wenn der Dichter, gemäß der „Duplizität“ allen Seins, ein im Geist geschautes inneres Bild ins „äußere Leben“ eines realen Schauplatzes transferiert. Dieser ist hier der Danziger Artushof, in dessen Dämmerdunkel bildliche Darstellungen und ihre Urbilder in mehrfacher Hinsicht ineinander übergehen – Sinnbild für das Spannungsfeld von Realität und Realitätsverlust, von Profanität und Idealität, in dem die Figuren agieren. Gezeigt werden soll, wie in der Novelle durch die Verknüpfung von Bild und Text, genauer, von mit Worten beschriebenen Bildern, eigentlich visualisierten Vorstellungen, und ihrer letztlich adäquaten Interpretation, eine Botschaft vermittelt wird, die auf der intra- und der extradiegetischen Ebene wirkt: Den Protagonisten seine Identität und sein Glück finden lässt, die Clubmitglieder in ihrer Kunstauffassung bestätigt und erheitert.

Wang, Yi [email protected] Untersuchung zum Text im Onlineforum aus multimodaler Perspektive Sprache in neuen Medien, bzw. im Internet wird immer mehr diskutiert im linguistischen Bereich. In neuen Medien zeigen sich bestimmte neue Charakteristika der Sprache. In diesem Beitrag handelt es sich um die Untersuchung von der Textsorte, die online erschienen ist, konkret werden Texte, die im Onlineforum als Beiträge abgegeben werden, als Untersuchungsgegenstand angesehen. Als Korpus werden zwei Onlineforen ausgewählt, nämlich das Studentenforum der Tongji-Universität und das Forum der Studenten der Ruhr-Universität Bochum. Dabei werden folgende Fragen behandelt: Welche neuen Elemente sind in diesem aktuellen Texttyp bei der linguistischen Textanalyse zu erkennen (z.B. die materielle Erscheinungsform und die Multiverwendung der Zeichen)? Welche Untersuchungsaspekte sind für neue Texttypen zu berücksichtigen und im Vergleich zu der traditionellen Analyse hinzuzufügen (z.B. aus Perspektive der Multimodalität, der Intermedialität und der Intramedialität)? Welche Methoden sind zu verwenden, um die viel komplizierte textuelle Erscheinung im Vergleich zu der traditionellen zu beschreiben und zu analysieren? Anschließend werden Untersuchungsbeispiele aus dem Korpus angeführt.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Weber, Wibke [email protected] Zwischen Lesen und Schauen: Schriftbildlichkeit am Beispiel der Timeline Überall dort, wo Sprache, Bild und andere sichtbare Modi in Beziehung zueinander treten, entsteht „tertiäre Schriftlichkeit“, in der Schrift als „nichtautonomes Element“ erscheint. Eine Darstellungsform, die diese tertiäre Schriftlichkeit seit ihrer Entstehung vor 250 Jahren kennzeichnet, ist die Timeline – eine Hybridbildung aus Schrifttext, Bild und Zahl, in der das Design strukturierende und organisierende Funktionen einer Grammatik übernimmt. Heutzutage scheint die Timeline omnipräsent in den Medien: Breaking News werden in Timelines fortgeschrieben, Geschichtsdossiers daran entfaltet, Organisationen dokumentieren damit Meilensteine ihrer Gründergeschichte, Social Media Usern dient sie als Tool zur Selbstinszenierung. Als visuelle Metapher steht die Timeline für den Verlauf der Zeit. Sie zeichnet schriftlich nach, was wir mündlich in einem „Gestern“, „Heute“, Morgen“ ausdrücken. Geht man von einem erweiterten Schriftkonzept aus, so lässt sich die Timeline verorten zwischen Schrift und Bild, Denken und Anschauung, Diskursivem und Ikonischem, Logik und Evidenz. Krämer spricht von Schriftbildlichkeit (2012). Diese Schriftbildlichkeit der Timeline steht im Zentrum meines Beitrags. An aktuellen Beispielen soll die tertiäre Schriftlichkeit von Timelines aufgezeigt, ihre sprachlichen und bildlichen Aspekte analysiert und so belegt werden, wie Timelines als schriftliche Notationen von Narration, Deskription und Argumentation den Diskurs über mediale Mündlichkeit/ Schriftlichkeit weiterentwickeln.

Weinzinger, Caroline/Lindemann, Katrin/Ruoss, Emanuel [email protected] Lesen und gelesen werden – „Lesepräsenz“ als Grundbedingung schriftlicher Kommunikation Während in Face-to-face-Interaktion „Anwesenheit“ i.S. wechselseitiger Wahrnehmung Grundbedingung der Kommunikation ist, gilt dies nicht für Schriftkommunikation; für ihr Zustandekommen ist vielmehr „Lesepräsenz“ erforderlich, denn Kommunikation durch Texte beginnt erst in dem Moment, in dem Geschriebenes gelesen wird. Für dialogische Kommunikation in asynchron-schriftlichen Kontexten werden Fragen der Lesepräsenz sogar noch drängender: Damit Text-Mitteilungen ihr pragmatisches Potential entfalten und ‚störungsfreie’ Kommunikation zustande kommen kann, ist es hochgradig bedeutsam, wann, von wem und – im Fall mehrerer Schreiborte – wo gelesen wird. Weil aber die Lesepräsenz der anderen Beteiligten im Moment des Schreibens prinzipiell unsicher ist und nicht vorausgesetzt werden kann, müssen die Bedingungen, unter denen gelesen werden soll, lokal und interaktiv ausgehandelt werden. In unserem Vortrag möchten wir das Konzept der „Lesepräsenz“ anhand empirischer Daten aus zwei universitären E-LearningVeranstaltungen vorstellen und zeigen, wie die Beteiligten selbst mit diesen grundlegenden Bedingungen asynchron-schriftlicher Kommunikation umgehen.

Zheltukhina, Marina/Omelchenko, Anatoly [email protected] Medientechniken der Imagebildung des Staates im XXI. Jahrhundert. Zur Imagebildung von Deutschland im Medienkurs: Innovativ vs. traditionell In unserem Vortrag beschreiben wir das Staatsimage im Kontext der transdisziplinären Medien- und Kulturwissenschaft. Wir betrachten die wichtigsten sprachkognitiven, sprachpragmatischen, sprachkulturellen Sprachbesonderheiten der Staatsimagebildung im modernen Mediendiskurs am Beispiel von Deutschland in den deutschen und auslän-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT dischen Massenmedien. Infolge der Forschung des deutschen und ausländischen Mediendiskurses sind die folgenden häufigsten Medientechniken zur Imagebildung Deutschlands enthüllt: Mediendarstellung Deutschlands/beabsichtigtes Verschweigen; Erhöhung/Senkung seines Images; Manipulation von seinen schwachen Seiten; Verbreitung von Kurznachrichten über seine negativen Seiten als Antiwerbung von Deutschland; Personalisierung von politischen Themen; Kontrast zwischen den persönlichen Eigenschaften von Staatsführungskräften, der herrschenden Elite und der Opposition; systematische Beschreibung der bestimmten Ansichten und Handlungen Deutschlands, seiner politischen Führer seit einiger Zeit; Verwendung von Medienangriffen und Beleidigungen des Staates und seiner ersten Personen.

Sektion A 10 – Die Poetizität der Sprache Leitung: Marina Foschi Albert [email protected] Ko-Leitung: Ludwig M. Eichinger [email protected], Paulo Astor Soethe [email protected] Alves-Bergerhoff, Aline [email protected] Deutsch-heterolinguale Elemente in literarischen Werken anderer Provenienz im Spannungsfeld zwischen Sprach- u. Literaturwissenschaft Zunehmend gewinnen in der internationalen Germanistik literarische Werke an Bedeutung, die dem kompositorischen Prinzip einer Sprachmischung unterzogen sind und als heterolinguale Literatur bezeichnet werden. Hierbei rücken Texte in den Vordergrund, welche hauptsächlich in deutscher Sprache verfasst werden, jedoch ebenfalls Wörter bzw. Elemente einer Fremdsprache beinhalten, die dem deutschen Text eine poetische bzw. ästhetische Färbung verleihen und eine verfremdende Wirkung – hier insbesondere für den deutschen Muttersprachler – haben. Vor diesem Hintergrund soll dieser Beitrag zum einen das Potenzial fremdsprachiger Werke speziell in Bezug auf den brasilianischen DaFKontext am Beispiel der drei Kurzgeschichten A velha (Die Alte), O mau humor de Wotan (Die schlechte Laune Wotans) und A senhora dos segredos (Die Herrin der Geheimnisse) aus dem im Jahr 1970 posthum veröffentlichten Sammelbuch Ave, Palavra des brasilianischen Schriftstellers João Guimarães Rosa erhellen. Zum anderen wird der Versuch unternommen, bei der DaF-Vermittlung im akademischen Bereich das didaktische Potenzial dieser Texte aufzuzeigen, welche sich durch ihre sprachlichen Elemente ebenfalls aus linguistischer Sicht besonders auszeichnen lassen. So soll versucht werden, eine Brücke zwischen Literatur, Linguistik und DaF-Unterrichtskontext zu schlagen, um Raum für interdisziplinäre Diskussionen zu eröffnen.

Ballestracci, Sabrina [email protected] Konnektoren als Zeichen der Poetizität der Sprache Zu den zahlreichen sprachlichen Strukturen, die ermöglichen, Evidenzen der Poetizität der Sprache wahrzunehmen und zu vermitteln, zählen jene Konnektoren, die wegen ihrer semantischen Unbestimmtheit durch Polifunktionalität gekennzeichnet sind. Diese finden insbesondere in literarischen Texten die Möglichkeit, ihre semantische Polyfunktionalität zu realisieren, da Literarizität durch Kategorien wie u.a. Ambiguität und Vielseitigkeit charakterisiert ist. Die Analyse der Semantik von Konnektoren in literarischen Texten ermöglicht, die in der Sprache innewohnende kreative Potentialität durch empirische Daten

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT hervorzuheben und zu erklären. Ziel des Beitrags ist es, solche Annahme aufgrund linguistischer Methode und durch empirische Daten zu unterstützen. Die Analyse erfolgt am Beispiel ausgewählter semantisch verwandter Konnektoren des Deutschen und auf der Basis von Texten der deutschen Literatur.

Baumann, Tania [email protected] Linguistische Überlegungen zur Poetizität ausgehend von Kurzprosatexten Franz Kafkas Dieser Beitrag geht von der jakobsonschen Idee aus, dass Sprache auch eine poetische Funktion hat, wobei „unter bestimmten kontextuell bedingten Vorausset-zungen die (von den meisten Sprachwissenschaftlern akzeptierte) arbiträre Beziehung zwischen Laut und Bedeutung außer Kraft gesetzt wird“ zugunsten einer starken Präferenz für einzelne Laute, um bestimmte Bedeutungen auszudrücken; die Poesie stellt dabei nur einen – jedoch nicht den einzigen – dieser möglichen Kontexte dar. In den Kurzprosatexten Franz Kafkas zeigt sich eine meisterhafte Beherrschung dichterischer Mittel, die alle sprachlichen Ebenen, von der phonetischen Mikro- zur textuellen Makrostruktur durchzieht. Unter Berücksichtigung von Ansätzen, die der Position des Lesers und dem Rezeptionsvorgang ein besonderes Augenmerk schenken versucht dieser Beitrag, diese vielschichtigen Vernetzungen aufzuzeigen und dadurch ein Profil der Poetizität der kafkaschen Kurzprosatexte zu erstellen.

Cirko, Leslaw [email protected] Dichtung und Wahrheit sind nicht zu vermengen. Überlegungen zur linguistischen Perspektive auf die Poetik Das Referat setzt sich zum Ziel, auf einige methodologische Konsequenzen hinzuweisen, die sich aus den terminologischen Fragen zu ‘Poetik’, ‘Poetizität’, ‘Sprache’ und ‘Sprachwissenschaft’ ergeben. Die These lautet: Man kann jeweils zu verschiedenen, doch immer richtigen Schlüssen kommen, die das Verhältnis von Poetik und Linguistik betreffen, in Abhängigkeit davon, wie diese Termini eingangs definiert werden. Je nach definitorischer Strenge und Adäquatheit bewegt sich der Forscher in einem vage abgesteckten Grenzgebiet zwischen Philologie und Sprachtheorie. Solange die Gebote der methodologischen Korrektheit beachtet werden, solange ist die Schlüssigkeit seiner Ergebnisse gesichert. Werden die Untersuchungsprämissen gelockert, drohen die Forschungen in hybride Spekulationen auszuarten. Der Autor dieses Beitrags, selbst Sprachtheoretiker, betrachtet ausgewählte Aspekte der Poetik durch das Prisma linguistischer Theorien und versucht, im Dienste der wissenschaftlichen Tragfähigkeit der Analysen einige notwendige Grenzen zwischen den analysierten Bereichen zu ziehen.

D’Atena, Alessandra [email protected] Stefan Georges Ein Knabe der mir von Herbst und Abend sang I: die Poetizität der verwendeten Sprache Tatsächlich können poetische Texte als komplexe Kommunikationssysteme betrachtet werden, in denen die Bedeutungen mit all ihren Schattierungen durch mehrere intra-, und intertextuellen Beziehungen zwischen bedeutungstragenden Elementen zustande kommen, die sich auf den verschiedenen sprachlichen Ebenen (lexikalische, morphologische, syntaktische, phonetische) befinden. Wichtig sind natürlich auch die Relationen zu außertextuellen Elementen (Lotman). Die poetische Sprache umfasst die lyrische Sprache, die spezifische Merkmale hat: In ihr sind grafische und lautliche Einheiten (wie Zeilen, Stro-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT phen, Versmaß usw.) grundlegend, die die optisch und durch das Gehör wahrnehmbare Gestalt des lyrischen Kunstwerks formen. Mit diesem Beitrag sollen einige sprachliche Eigenschaften erläutert werden, die die Poetizität der Sprache des Gedichts Ein Knabe der mir von Herbst und Abend sang I von Stefan George ausmachen. Dabei soll Georges Auffassung von Dichtkunst berücksichtigt werden.

Dobstadt, Michael [email protected] Literarizität - eine fremdsprachendidaktische Kategorie? Anknüpfend an die Überlegungen von Jakobson zur Poetizität wird an der Universität Leipzig an einer „Didaktik der Literarizität“ gearbeitet. Es wird derzeit in zwei Richtungen geforscht: Ein didaktisch-methodisch, aber auch sprach(erwerbs)theoretisch orientiertes Projekt zielt darauf, die Einsicht in die literarische Dimension der Sprache als Grundlage für eine eigenständige Didaktik des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache zu profilieren, die sprachtheoretische, spracherwerbstheoretische, linguistische und didaktisch-methodische Aspekte vereint. In einem ebenso sprach- und literaturtheoretisch wie wissenschaftsgeschichtlich orientierten Projekt geht es – im Kontext von Moderne und Postmoderne – um das vielschichtige und spannungsreiche Verhältnis des fremdsprachendidaktischen Diskurses zur Literarizität/Poetizität; und zwar im Vergleich von Deutsch als Fremdsprache, English as a Foreign Language und Español como lengua extranjera. Die übergreifenden Fragen, an denen die beiden Projekte mit ihren je unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen arbeiten, lauten kurzgefasst: Was ist unter der Kategorie der Literarizität zu verstehen? Welche Rolle spielte sie bisher in den Fremdsprachendidaktiken (im Fachdiskurs; in den Lehrmaterialien; in der Unterrichtspraxis) und warum? Welche Rolle könnte und sollte sie in der Zukunft spielen? Der Vortrag skizziert diese beiden Projekte vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen und Diskussionen im Fach DaF; ein besonderer Fokus soll auf den kontroversen Aspekten und Fragen liegen.

Eichinger, Ludwig M. [email protected] Überraschende Wendungen. Gibt es eine „Poetisierung“ der Textverknüpfung? Wenn man „Poetizität“ als Kategorie einer textstilistischen Klassifizierung der durch Traditionen des Schreibens angelegten Textmuster sieht, stellt sie einen Typus mit besonders hoher Differenzerwartung (einer bestimmten Art) dar. Solche Muster nehmen wir holistisch wahr, es ist aber offenbar, dass sich auf den verschiedenen linguistischen Ebenen Elemente finden, die sich in Struktur und Häufung als Instruktionen in diesem Sinne verstehen lassen. Technisch gesehen betrifft das die Frage des Grades und der Verteilung von Explizitheit und Implizitheit einerseits der Informationsverteilung in propositionalen Einheiten sowie der junktionalen Verknüpfung zwischen ihnen. Man würde vermuten, dass Poetizität in gewissem Maße unterdifferenzierte Instruktionen präferiert, was aber nicht der einzige Punkt ist, wenn man die Bedeutung repetitiver Schemata in der rhetorisch-poetischen Formelehre betrachtet. Diesen Zusammenhängen soll am Beispiel einiger neuerer Prosawerke nachgegangen werden, die ganz offenkundig mit dem Kontrast zwischen den poetischen und prosaischen Traditionen des Schreibens spielen (z.B. Ch. Ransmayr, Der fliegende Berg (2003); R. Schrott, Tristan da Cunha (2003); B. Strauss, Das Partikular (2000)).

Elnashar, Randa [email protected] Die Problematik der Übersetzung von Stilelementen: Deutsch-Arabisch

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Bilder, Tropen und alle anderen Stilmittel sind für jeden Autor das Handwerk, mittels dessen er seine literarische Schöpfung als Kunstwerk darstellt. Tropen, Bilder und Stilelemente unterscheiden sich von einer Sprache zur anderen. Diese Unterschiede hängen vor allem von den kulturellen Unterschieden, in denen die Sprachgemeinschaft lebt, ab. In arabischen Tropen kommen Kamele, Wüste, Palmen, usw. vor, während die deutschen Tropen vom Schnee beispielsweise sprechen. Die Tropen, Bilder und Stilelemente sind für den Übersetzer deshalb eine Herausforderung. Sie müssen so übersetzt werden, dass sie die Ästhetik der Sprache reflektieren und die Besonderheiten der Ausgangskultur hervorheben. In dieser Studie wollen wir uns damit befassen, wie die Stilelemente und Tropen in ausgewählten übersetzten Werken zwischen dem Sprachpaar Deutsch-Arabisch wiedergegeben werden, und ob es dem Übersetzer gelingt, die zwei oben erwähnten Faktoren zu berücksichtigen.

Foschi, Marina [email protected] Ambiguität sprachlicher Mittel als poetische Qualität Ausdrucksmittel, die als „typisch poetisch” empfunden bzw. betrachtet werden, gehören zu den lexikalischen und grammatischen Mitteln, über die ein Sprachsystem verfügt. Der Beitrag zielt darauf hin, die Verwendung bestimmter Mittel des Deutschen, die zweideutige Relationen vermitteln und damit eine “poetische Funktion” erfüllen zu bestimmen und linguistisch abzugrenzen. Bei bestimmten Anwendungen können u.a. Pronomen, die Negativpartikel , die koordinierende Konjunktion und die poetische Qualität „Ambiguität” ausdrücken.

Gut, Markus [email protected] Die Figuration des Textes. Überlegungen zu Figuration, Poetologie und Poetizität anhand E. T. A. Hoffmanns Lebens-Ansichten des Katers Murr Das Referat zeigt anhand eines close-readings von E.T.A. Hoffmanns Roman Lebens-Ansichten des Katers Murr, wie mittels textlinguistischer Begriffe die Ab- und Eingrenzung von Text als Gegenstand des Verstehens beschrieben werden kann. Umgekehrt wird ersichtlich, wie literarische Experimente mit der vermeintlichen Einheit von Zeichen und Texten semiotische und textlinguistische Forschungen ergänzen resp. diese herausfordern, befruchten und inspirieren können. Im Zentrum des Referat stehen Überlegungen zur Figuration von Text resp. von Signifikaten und Signifikanten als vermeintlich klar ein- und abgrenzbare Einheiten sowie zu chiastischen und metonymischen Operationen. Dabei soll insbesondere aufgezeigt werden wie Hoffmanns Roman eine Kombination von rhetorischer, textlinguistischer und semiotischer Konzepte herausfordert, die u. U. einen wesentlichen Beitrag zu Modellen des Verstehens resp. der Epistemologie zu leisten vermag.

Hua, Shaoxiang [email protected] Übersetzung als ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Germanistik Die Germanistik als eine akademische Disziplin besteht aus drei Teilfächern: dem Fach “Germanistische Linguistik”, “Neuere deutsche Literatur”und “Germanistischen Mediävistik”. Seit den 1980er Jahren wird die Germanistik auch in eine Inlands- und Auslandsgermanistik eingeteilt, oder die deutsche Germanistik und Internationale Germanistik. Nun ist aber ein wichtiger Bestandteil in der Auslandsgermanistik die Übersetzung bzw. die Übersetzungsforschung. Es liegt aber nicht im Horizont der deutschen Germanistik. Ich nehme die chinesische Germanistik als Beispiel, um zu erklären, in welcher Dimension die aus der deutschen Sprache übersetzten Begriffe die chinesische Geistes-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT wissenschaft geprägt haben. Aus diesem Grund ist es zu erklären, warum die Seminare für Übersetzung bzw. Übersetzungstheorie einen wichtigen Bestandteil des Studienprogramms in der chinesischen Germanistik bilden.

Mazza, Donatella [email protected] Sprache als Revolution. Sprachwissenschaftliche Überlegungen über die Ästhetik des Expressionismus insbesondere anhand von Theatertexten In keiner anderen Epoche war Sprache Gegenstand so intensiver philosophisch-kritischer und ästhetischer Reflexionen und wurde gleichzeitig so radikalen Experimenten unterzogen wie in der Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Unterschied zu Intellektuellen wie Mauthner, Wittgenstein oder Hofmannsthal, die sich extensiv mit dem Thema Sprache theoretisch auseinandersetzen, versuchen die Expressionisten, eine „sprachliche Revolution“ mit künstlerischen Ausdrucksmitteln zu verwirklichen, die die Grenzen des Sagbaren und Darstellbaren zu erreichen und sogar zu überwinden vermochten. Dabei wird ein regelrechter verbaler „Kampf“ gegen die “bürgerliche” Syntax sowie für eine “freie” Ausdruckfähigkeit des Wortes “an sich” geführt, das durch Rhythmus, Euphonie, Assoziation, Suggestion, auf der Bühne dann von Gebärden nochmals verstärkt, über sich hinaus hinweist. Als Teil einer weit gefächerten Forschung, die die Sprache des deutschen Expressionismus aus linguistischer Perspektive betrachtet, soll der Beitrag eine pragma-tisch ausgerichtete textlinguistische Untersuchung von expressionistischen Werken ausführen mit dem Ziel, methodologische Probleme der sprachwissenschaftlichen Betrach-tung literarischer Werke genauer zu beleuchten.

Mehdizade, Günel [email protected] Gebrauch und Verständnis von fremdsprachlichen Ausdrücken im gegenwärtigen Aserbaidschanischen (am Beispiel v. engl. Entlehnungen) Im gegenwärtigen Aserbaidschanischen sind viele Entlehnungen aus anderen Sprachen enthalten. Englisch spielt dabei eine wichtige Rolle. Abhängig von den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen bleiben die entlehnten Wörter in anderen Sprachen nicht unverändert und werden ununterbrochen der semantischen Transformation unterzogen. Die neuen Schattierungen des entlehnten Wortes sind sehr eng mit den Änderungen in der Gesellschaft, internationalen Beziehungen und der Erweiterung der zwischensprachlichen Verhältnisse verbunden. Die Entlehnungen bekommen in der jeweiligen Sprache außer der eigenen Hauptbedeutung noch andere semantische Bedeutungen. Zur kontrastiven Analyse werden Beispiele aus Bereichen Politik, Technik, Wissenschaft etc. herangezogen.

Paulino, Sibele [email protected] Sprache und Raum: die Frage der „Tropen“ in Robert Müllers Werk Der Roman Tropen. Der Mythos der Reise (1915) von Robert Müller (1887-1924), bezeichnet die Gegend, in der sich die Handlung abspielt, als die Region zwischen den Wendekreisen von Krebs und Steinbock, und zwar in Amazonien an der Grenze zwischen Brasilien und Venezuela. Dieser Beitrag geht davon aus, dass Anspielungen im Text auf die von europäischen Reisenden und Schriftstellern ermöglichte Vorstellung der Landschaft bzw. der Indianer tropischer Gegenden dazu dient, eine Reise durch den amazonischen Urwald darzu-, doch zugleich diese Vorstellung als vertraulichen bzw. wissenschaftlichen Bericht in Frage zu stellen: Die Reise in den Wald symbolisiert nicht nur die Reise in die Innerlichkeit des Menschen, sondern auch in verschiedene mögliche Räume der sprachlichen

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Kreativität. Der Erzähler konzentriert sich auf diese schöpferische Kraft der Sprache als Thema und Verfahrensweise seines eigenartigen Schreibens. So wird das literarische Schreiben zu einem selbstreflexiven Spiel mit den Mitteln der natürlichen Sprache zur Raumdarstellung und -wahrnehmung sowie mit deren Grenzen und Möglichkeiten in diesem Bereich.

Sadzinski, Roman [email protected] Synparadigmatik, Synergie und Synästhesie als Subsumtion der sprachlichen Kreativität Roman Jakobson hat bekanntlich die poetische Funktion am Schnittpunkt der beiden Koordinaten der Sprache, d.h. der syntagmatischen und der paradigmatischen Achse angesetzt. Dies kann etwa an Rilkes sehr persönlichem Gedicht – von ihm selbst als eigenes Epitaph ausersehen – Rose, oh, reiner Widerspruch… unter Beweis gestellt werden: Hier kommt es nämlich zu einer ›semantischen Kontamination‹ in absentia zwischen den beiden Homophonen Lider und Lieder. Lider versteht sich als Analogon für ‘Blütenblätter der Rose’ und evoziert gleichzeitig Lieder mit den involvierten Kollokatoren singen bis hin (in den Schlaf) einsingen. Die Synparadigmatik erweist sich als insuffizient etwa bei der Analyse Goethes Ballade Der Fischer. Hier haben wir es mit der Synergie und Synästhesie des (Il)lokutiven und des Ikonischen zu tun. Es kann weiterhin dafür argumentiert werden, dass Goethe auch intertextuelle Synergie hat zum Tragen kommen lassen. Es ist die Stelle in der biblischen Genesis, wo vom Menschen als Ebenbild des Gottes die Rede ist.

Soethe, Paulo Astor [email protected] Bachtin, Apel und Habermas: Versuch einer Annäherung zugunsten integrierter Studien in Sprach- und Literaturwissenschaft Michail Bachtin, Karl-Otto Apel und Jürgen Habermas basieren die eigenen Studien zur Sprachtheorie ggf. zur Literatur auf die Beschreibung von diskursiven Verfahren innerhalb von sozial und geschichtlich situierten Kommunikationsgemeinschaften. In Anspielung auf ihre Werke und Begrifflichkeiten möchte der vorliegende Beitrag die Auffassung von Literatur als eigenartige Beteiligungsform an Diskursen im Medium der Sprache, die Betrachtung der Verwicklung von einzelnen Werken und Autoren in komplexe gesellschaftliche Diskurse und die Diskussion von methodischen Prinzipien zur Überwindung der üblichen Kluft zwischen formalen und inhaltsorientierten Analysen als potentiellen Weg zur Entwicklung von interdisziplinär angelegten, sprach-, literatur- und geisteswissenschaftlich relevanten Arbeiten der internationalen Germanistik präsentieren.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Sektion A 11 – Zweisprachige Lexikografie – Entwicklung, Stand, Tendenzen Leitung: Dennis Scheller-Boltz [email protected] Ko-Leitung: Mariola Majnusz-Stadnik [email protected] Basaran, Bora [email protected] Computergestütztes Verfahren zur lexikalischen Datensammlung von und für Deutschlehrer-Kandidaten Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf Daten, die mit Hilfe eines digitalen Wörterbuches (Lexika) erhoben wurden. Lexika ist ein Wörterbuchprogramm (Türk.-Deutsch/DeutschTürkisch) das im Rahmen eines Projekts entwickelt wurde, das vom wissenschaftlichen Forschungsprojekten Fonds der Anadolu-Universität finanziert wurde. Lexika enthält über 124.000 Wörter und wurde von Deutschlehrer-Kandidaten der pädagogischen Fakultät der Anadolu-Universität genutzt. Die mit den natürlichen Gegebenheiten gesuchten Wörter wurden nach Worthäufigkeit und nach den Richtlinien bzw. Sprachniveau-Skala des „Europäischen Referenzrahmen“ aufgelistet. Ziel dieses Beitrages ist es, die Vorgehensweise und Datenerhebung, die detaillierte Informationen zum Wortgebrauch und Wortfrequenz für den Fremdsprachenunterricht liefern könnten, einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen und zur Diskussion zentraler Fragestellungen beizutragen.

Bazhaykin, Nikolay [email protected] Zur Erfassung sprachlich-kultureller Randphänomene in einem zweisprachigen Wörterbuch Die russische Sprachgemeinschaft ist durch kulturspezifische Nonstandardismen geprägt, deren Übersetzung ins Deutsche besondere Probleme bereitet. Der russische Nonstandard, dem verschiedene Soziolekte zugeordnet werden, wurde aber innerhalb der russischdeutschen Lexikographie traditionell als sprachliches Randphänomen betrachtet und daher in den bisher erschienenen russisch-deutschen Allgemeinwörterbüchern kaum berücksichtigt. Dieses Defizit schließt das Russisch–Deutsche Wörterbuch der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, das über den Kernwortschatz der russischen Standardsprache hinaus erstmals eine große Zahl von Wörtern aus dem Non-Standard enthält. In meinem Beitrag soll untersucht werden, inwieweit und auf welche Weise die Kulturbezogenheit der russischen Nonstandardismen im genannten Wörterbuch, das auf die Bedürfnisse fortgeschrittener Nutzer mit deutscher und auch russischer Muttersprache ausgerichtet ist, wiedergegeben wird und wo dabei die Grenzen liegen.

Bergerova, Hana [email protected] Zur Behandlung fester Wortverbindungen in Lernerwörterbüchern. Eine Fallstudie anhand des Sprachenpaars Deutsch und Tschechisch Das Referat liefert zunächst einen kurzen Überblick über die aktuelle Lage in der deutschtschechischen und tschechisch-deutschen Lernerlexikographie. In einem zweiten Schritt werden zwei nach dem Jahre 2000 erschienen Printwörterbücher, die sich als Lernerwörterbücher bezeichnen, unter die metalexikographische Lupe genommen. Es wird untersucht, welche Antwort die Wörterbuchautoren in den Umtexten auf einige grundlegende Fragen geben. Im Referat sollen wichtige Analyseaspekte angesprochen werden, die beachtet werden sollten, wenn zweisprachige Lernerphraseographie auf dem Prüfstand

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT steht. So geht es zunächst darum, ob in den Außentexten das Phraseologieverständnis der Autoren für einen Laien gut nachvollziehbar dargestellt wird. Ferner wird das Problem der äußeren Auffindung sowie der mikrostrukturellen Präsentation von Phraseologismen (im weiteren Sinne) diskutiert. Das Kriterium der Übersichtlichkeit und damit Benutzerfreundlichkeit der typographischen Gestaltung spielt insbesondere bei Lemmata mit hoher phraseologischer Potenz eine Rolle.

Cruz Romao, Toti Lívio [email protected] Zoomorphe Metaphern, Phraseologismen und zweisprachige Wörterbücher: Untersuchungen zur brasilianisch-deutschen Idiomatik Sucht man in deutsch-brasilianischen Wörterbüchern nach metaphorischen Redewendungen, dann leuchtet es unmittelbar ein, dass auf diesem Gebiet nicht viele Fundstellen zusammenkommen und noch sehr viel Arbeit zu leisten ist. In allgemeinsprachlichen Wörterbüchern für das Sprachenpaar Brasilianisches Portugiesisch-Deutsch genießt dieses Thema meistens keinen besonderen Stellenwert. Ausgehend von diesen Hypothesen wurde die Idee einer Reihe deutsch-brasilianischen Studien im Bereich kontrastiver Idiomatik geboren, wobei auf zoomorphe Metaphern ein starker Akzent gesetzt werden sollte. Die vorliegende Arbeit beschreibt erstens vorläufige Ergebnisse einiger kontrastiver Studien zu deutsch-brasilianischen Phraseologismen mit Tierbezeichnungen; dabei werden die mit zoomorphen Phraseologismen verbundenen Metaphernquellen besonders betont. Zweitens sollen hier Ergebnisse über die Berücksichtigung bzw. die Nichtberücksichtigung von Tierbezeichnungen enthaltenden brasilianischen Phraseologismen in brasilianisch-deutschen Wörterbüchern präsentiert bzw. erörtet werden, welche mit den einleitenden Sätzen dieser Zusammenfassung unbedingt in Verbindung zu bringen sind.

Jortikka, Esko Juhani [email protected] Wie ist das Verhältnis Wortbildung – Lexikographie zu bewerten? Fachwortschätze wachsen und ändern sich sehr schnell und bieten darum der Sprachwissenschaft ein wichtiges Forschungsgebiet. Der Wortbildung kommt insbesondere in den allgemein- und fachbezogenen Wortschätzen eine große Bedeutung für die Wortschatzerweiterung zu. Zwar wird die Wortbildung als wichtiger Bereich der (fachlichen) Kommunikation gesehen in allgemein- und fachsprachlichen Untersuchungen zur Terminologie stets erwähnt, dennoch spielt sie dort nur eine marginale Rolle. Das zeigt sich auch in allgemein- und fachbezogenen Wörterbüchern und Lehrwerken zu Deutsch als Fremdsprache. Deutschsprachige und mehrsprachige Wörterbücher betrachten im Allgemeinen Wortbildungsaspekte nur in geringem Maße, was auch für die DaF-Didaktik keinen Sinn macht. Bei Ableitungen werden Suffixe und ihre Bedeutungen nicht genug berücksichtigt. Dagegen werden Präfixe genauer beschrieben, in mindestens in deutschsprachigen Online-Wörterbüchern wie dem Duden.

Khrystenko, Oksana [email protected] Zweisprachige lexikographische Erfassung des Jugendsubstandards (am Beispiel des Deutschen und Ukrainischen) Der Beitrag präsentiert eine Analyse von vorhandenen deutsch-ukrainischen Wörterbüchern des sprachlichen Substandards, außerdem wird das eigene deutsch-ukrainische Wörterbuchprojekt des Substandards Jugendsprache im Beitrag vorgestellt. Im Artikel werden die grundlegenden Probleme bei der Erfassung der vorhandenen zweisprachigen deutsch-ukrainischen Wörterbüchern des sprachlichen Substandards geschildert, vor allem

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT die unterschiedliche Tradition im Gebrauch und z.T. unscharfe Abgrenzung von Termini „Jugendsprache/Jargon/Slang“ in beiden Sprachen, nicht einheitliche Markierung von einzelnen Lexemen hinsichtlich der Stilebenen und Stilfärbung, was bestimmte Schwierigkeiten bei der Wahl von Äquivalenten verursacht. Der Beitrag widmet sich der möglichen kontrastiven Erfassung des Substandards der Jugend und verdeutlicht die Ordnungskriterien des Wortbestandes, Aufbau des Wörterbuchartikels und die Materialbasis für das Wörterbuchprojekt, die aus den Korpora schriftlicher Texte, Ergebnissen einer Probandenbefragung und den vorhandenen einsprachigen Wörterbüchern bestand.

Nefedova, Lyubov [email protected] Zum Projekt eines neuen deutsch-russischen und russisch-deutschen Wörterbuchs der „falschen Freunde“ des Übersetzers Der Beitrag hat das Ziel, einige Ansätze zur Erstellung eines neuen deutsch-russischen und russisch-deutschen Wörterbuchs der „falschen Freunde“ als Lern- und Nachschlagewerk zu präsentieren. Das vorhandene Deutsch-Russische und Russisch-Deutsche Wörterbuch der „falschen Freunde des Übersetzers“ von Gottlieb erschien 1985 [1972]. Heute braucht man dringend ein neues Wörterbuch der „falschen Freunde“ des Übersetzers für das Deutsche und Russische. Angestrebt wird ein aktives zweisprachiges Lernerwörterbuch, das sich auf einen aktuellen, in der deutsch-russischen Kommunikation Grundwortschatz konzentriert und das von Deutsch- und Russischlernenden benutzt wird. Die Gestaltungsprinzipien des neuen Wörterbuchs werden auf der Makro- und Mikroebene behandelt. Das Wörterbuch soll alle Fremdwörter enthalten, die ins Deutsche und Russische aus anderen Sprachen übernommen worden sind und verschiedene Bedeutungen entwickelt haben. Dabei sollen auch Fremdwortbildungen berücksichtigt werden, die als besondere Arten der „falschen Freunde“ betrachtet werden können.

Sadziński, Roman [email protected] DaF-Wörterbücher – eine exemplarische Analyse aus erster Hand Als Mitautor eines der ersten DaF-Wörterbücher möchte der Referent ein 2008 vom Hueber Verlag herausgegebenes bilaterales deutsch-polnisches Lexikon im Hinblick auf die zugrunde liegenden Prämissen und deren Variantenmodule kurz darstellen und problematisieren. Es handelt sich um ein lexikographisches Lehrwerk, das im anvisierten Endergebnis drei Bände umfassen soll, die jeweils der Grund-, Mittel- und Fortgeschrittenenstufe zurechtkommen. Aus praktischen Gründen wurde zunächst die Mittelstufe mit über hunderttausend Tausend Stichwörtern bedacht. Damit wird zwar – den Spitzenreitern und anderweitig Interessierten zuliebe – das angepeilte Target weit überboten, aber das vorgeschriebene zertifikaterforderliche Soll wird an den jeweiligen Lemmata deutlich markiert. Lernerfreundlich sind zunächst leicht nachvollziehbare phonetische Informationen als integrales Lemmatisierungsmerkmal, was in den meisten uni- und bilateralen Wörterbüchern des Deutschen im Unterschied etwa zu den englischen bislang nicht der Fall war. Für die Aussprache, genauso wie für die orthographisch korrekte Worttrennung erweist sich auch die markierte Silbentrennung als zuträglich. Weiterhin sei auf konsequente konnotative Angaben hingewiesen, die den kommunikativ adäquaten Sprachgebrauch gewährleisten. Auch lexikalische Wechselbeziehungen, wie etwa Angaben zur Synonymie und Antonymie gehören hierher – von der Polysemie ganz zu schweigen. Besonders schwer fallen dabei die vorzugsweise der Alltagssprache entnommenen zahlreichen Exemplifizierungen in Form von Sätzen bzw. kommunikativ tragfähigen Fertigteilen ins Gewicht. Erwähnenswert sind schließlich die weiterführenden praktischen all-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT tags-, landes-, kultur- und gesellschaftskundliche – um nur einige wenige zu nennen – Informationsboxen, die den landesspezifischen Hintergrund einer fremdsprachlichen Kommunikation absichern. Es sei hinzugefügt, dass das Projekt von einem lexikographisch bewährten deutsch-polnischen Team realisiert wird, sodass auf alle Angaben – semantische, pragmatische und grammatische – in allen beiden Teilen vollauf Verlass ist.

Scheller-Boltz, Dennis [email protected] Geschlecht und Ideologie im Wörterbuch Der Vortrag widmet sich Beschreibungskategorien und -mechanismen im Bereich der Personenbezeichnungen und in Bezug auf Personenreferenz. Es wird untersucht, auf welche Weise die metasprachliche Beschreibung erfolgt und inwieweit hier genderspezifische Besonderheiten zu beobachten sind. Da davon ausgegangen werden kann, dass auch die Konzeption eines Wörterbuchs sowie die mikrostrukturelle Gestaltung und das gewählte Definitionsverfahren diskursiv geprägt sind und in der Konsequenz ideologischen Vorstellungen mit evaluativen Komponenten folgt, gestaltet sich die Frage nach dem Einfluss von Ideologie und Geschlechterbild auf die Definitionsverfahren interessant. Anhand ausgewählter Beispiele aus russischen und polnischen Wörterbüchern (mit Zweitsprache Deutsch) wird aufgezeigt, inwiefern die Wörterbuchschreibung sich heute durch ein gendersensibles Beschreibungsverfahren auszeichnet, welche Veränderungen sich in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen haben und welche Tendenzen sich für die Zukunft ablesen lassen.

Weimann, Britta [email protected] WBLUX – Ein digitales Korpus zur Erforschung der Wortbildung des Luxemburgischen Der Beitrag stellt das Forschungsprojekt WBLUX vor, das die Wortbildung des moselfränkisch-luxemburgischen Raumes über einen Zeitraum von etwa 800 Jahren analysiert. In den untersuchten Jahrhunderten kommt es über eine fortschreitende Südorientierung der ursprünglich moselfränkischen Schreibsprache zur Übernahme der nhd. Schriftsprache, bevor zu Beginn des 19. Jahrhunderts das weiterhin gesprochene Moselfränkische erneut verschriftet wird und sich zum heutigen Luxemburgischen, einer zunehmend standardisierten Ausbausprache, entwickelt. Ein erstes Ziel des Projektes ist der Aufbau eines zweigeteilten digitalen Korpus, das einerseits die in der historischen Grafschaft bzw. dem Herzogtum Luxemburg entstandenen germanisch-volkssprachlichen Quellen des 13. bis 18. Jhs. enthält und andererseits für das 19. bis 21. Jh. das Ausgreifen des entstehenden Luxemburgischen auf neue Domänen wie Politik und elektronische Medien abbildet. Für das rezente Luxemburgische stehen auch Transkriptionen gesprochener Sprache zur Verfügung. Ziel des Projektes ist die Beschreibung der Nominalderivation in semasiologischer und onomasiologischer Perspektive und damit die erste korpusbasierte Darstellung eines Teilsystems des Luxemburgischen.

Zhang, Yong [email protected] Die Bedeutungskonstruktion im kognitiven Lernerwörterbuch der Polysemie DEUTSCH-CHINESISCH Die vorliegende Arbeit macht Polysemie zum Forschungsgegenstand. Dabei wird ein Versuch im Rahmen der kognitiven Semantiktheorie vorgenommen, die wichtigen Faktoren, welche sich auf die Bedeutungsbildung und -entfaltung der Polysemie auswirken, deren Eigenschaften und Operationsmechanismus aus sozialer und kognitiver Perspektive

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT zu untersuchen. Darüber hinaus wird die Anwendbarkeit der hier dargestellten kognitiven Instrumente bei der Bedeutungsanalyse anhand der konkreten Analyse der Bedeutungsrelation und -struktur von 94 nach bestimmten Kriterien ausgewählten polysemen Wörtern geprüft und bestätigt. Sie zielt darauf ab, auf dieser Basis ein eigenes kognitives Bedeutungsmodell der Polysemie in Bezug auf die Schwächen und Probleme vom traditionellen Wörterbuch bei der Bedeutungsklassifikation und –zusammenstellung zu entwickeln, welches dem Entwurf einer neuen Konzeption für die Erstellung des kognitiven Lernerwörterbuchs der Polysemie dient.

Sektion A 12 – Diskursbedeutung und Grammatik – Transtextuelle und gesprächsübergreifende Aspekte grammatischer Inventare Leitung: Ingo H. Warnke [email protected] Ko-Leitung: Martin Reisigl [email protected], Stephanie Risse [email protected] Bonacchi, Silvia [email protected] Warum machen uns Bilder Angst? Bemerkungen zum multimodalen Charakter von Stigmabildern und Schreckbildern aus diskurslinguistischer Perspektive In der diskursanalytischen Forschung wird in jüngster Zeit dem multimodalen Charakter von Bildtexten zunehmende Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei stellt sich die Frage, ob das bildlinguistische Instrumentarium adäquate Mittel zur Analyse der sog. „Schreckbilder“ und „Stigmabilder“ liefert. Im Rahmen einer Fallstudie soll gezeigt werden, dass eine multimodale Analyse nicht nur die semiotischen Aspekte, die der Interpretation des Visuellen und des Verbalen zugrunde liegen, sondern auch die mehrdimensionalen kognitiven Verarbeitungsprozesse, die vor allem Kinetik und Haptik betreffen (und die wesentlich zum „Schreck“-Effekt beitragen), erfassen kann.

Czachur, Waldemar [email protected] Explizite und implizite Relationen der Kausalität in den Gedenkreden deutscher Politiker Gedenkreden spielen eine strategische Rolle in der Erinnerungskultur jeder Gemeinschaft. Zentral ist dabei die Hervorbringung von kausalen Relationen, die explizit durch Konjunktionen oder implizit durch anderweitige textbildende Strategien hergestellt werden. In meinem Referat werde ich anhand der Gedenkreden deutscher Politiker, die zu Jahrestagen des Ausbruches des Zweiten Weltkrieges (1939) und des Warschauer Aufstandes (1944) in Polen gehalten wurden, versuchen zu zeigen, mit welchen grammatischen und lexikalischen Mitteln kausale Zusammenhänge hinsichtlich des Zweiten Weltkrieges in Polen hervorgebracht werden. Damit soll ein Beitrag zur Erfassung grammatischer und lexikalischer Strukturen der Kausalität (der kausalen Topoi) in den Gedenkreden geleistet werden.

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT

Kämper, Heidrun [email protected] Diskursgrammatik und Zeitgeschichte. Konstruktionen als Indikatoren politisch-gesellschaftlicher Bedingungen Das Grundkonzept der Konstruktionsgrammatik, Sprache in grammatischer Hinsicht nicht regel-, sondern gebrauchsorientiert (usage-based) zu beschreiben, ist die Voraussetzung dafür, Konstruktionsgrammatik und Zeitgeschichte in einen Zusammenhang zu bringen. Die konstruktionsgrammatische Erkenntnis, dass Konstruktionen nicht ohne Kontextbezug zu verstehen und zu erklären sind, hat sich in der Gesprochene-Sprache-Forschung und der Interaktionslinguistik niedergeschlagen. Sie werden damit als eine Forschungsperspektive bewertet, die, wie Schlüsselwörter auf der lexikalisch-semantischen Ebene, Indikatorfunktion haben. Die Diskursbasiertheit, also die Serialität der Sprachdaten ist insofern Voraussetzung für diese Einordnung, als die Diskursperspektive musterhafte Strukturen von Form-Bedeutungspaaren als kollektives Gebrauchsphänomen erkennbar macht. Der empirische Teil des Beitrags bezieht sich auf die drei Umbruchepochen 1918/ 19ff, 1945ff und 1967/68, deren Diskurse im Wesentlichen als Demokratiediskurse be-schreibbar sind.

Kromminga, Jan-Henning [email protected] Zum kollektivitätskonstitutiven Potenzial von Personalpronomen. WirGruppen-Konstruktionen am Beispiel global wirkmächtiger Identitätszuschreibungen Als im grammatischen System fest verankertes Zeichen leistet das „Wir“ nicht nur bloße Verweise auf Zusammenschlüsse von Menschen, sondern es etabliert vielmehr konstitutiv Zugehörigkeit und Kollektivität. Dieses Potenzial fundamentaler sozialer Strukturierungen macht gruppen-konstruierende Fürwörter zum diskursgrammatischen Gegenstand par excellence. Nun sind solche Verwendungsweisen besonders interessant, bei denen das „Wir“ unzählig viele Menschen umfasst und die mithin fast keine real erlebte Gemeinschaftsbasis mehr haben können. Gemeint sind hier hyperextensive Kollektivreferenzialisierungen wie „Wir im Westen [...] sind von der Richtigkeit unserer Prinzipien überzeugt“ (Tagesspiegel, 14.09.2001). Unter Rückgriff auf die Arbeit von Wodak et al. (1998) und auf aktuelle Ansätze in der kontrastiven Pragmatik soll zuerst die pronominale Komponente der diskursiven Konfiguration solcher globalpolitisch wirkmächtiger Einheiten nachvollzogen werden, um dann in einem weiteren Schritt die Bedingungen von Kollektivität im Verhältnis zur sprachlichen Konstruktion von Identität zu betrachten. Die empirische Grundlage für meine Untersuchungen liefert ein Textkorpus zum medialen Diskurs rund um die Rede vom „Kampf der Kulturen“ mit Fokus auf das Konzept der „westlichen Welt“ als kollektivem Akteur.

Meier, Simon [email protected] Generische Konditionale und Faktizität In Grammatiken des Deutschen wird für gewöhnlich zwischen konditionalen, temporalen und faktischen Verwendungen von wenn-Sätzen unterschieden. Im Vortrag werden gesprochensprachliche Verwendungsweisen von indikativischen, generischen wenn-Sätzen thematisiert, die sich in diese Einteilung nicht recht fügen mögen, so etwa die am Bundestagswahlabend in Richtung der SPD zielende Äußerung „wenn man kurz vor der wahl auf ne konstellation setzt die keine chance auf ne mehrheit hat wird man nicht glaubwürdig“. Die gemeinhin als Bedingung für eine konditionale Interpretation genannte Nichtfaktizität des im wenn-Satz bezeichneten Sachverhalts ist in diesem Kontext nicht gegeben. Ebenso liegt keine bloße kommentierende Funktion faktischer wenn-Sätze wie

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT bei „Wenn du sagst, dass x, dann ist das übertrieben“ vor, da ein tatsächlich bestehendes (kausales) Bedingungsverhältnis in seiner aktualen Faktizität behauptet wird. Der mit Daten aus öffentlichen Kommunikationskontexten angereicherte Befund einer Diskursgebundenheit von Konditionalen soll diskurslinguistisch ausgedeutet werden.

Müller, Marcus [email protected] Diskursgrammatik als Linguistik indexikalischer Ordnungen Der Vortrag entfaltet die Idee von Diskursgrammatik als Linguistik indexikalischer Ordnungen. Damit ist gemeint, dass sprachliche Zeichen erstens in Ketten und zweitens in sozialen Zusammenhängen entstehen, in indexikalischen Ordnungen ihres Gebrauchs zu verorten sind und diese gleichzeitig selbst hervorbringen. Die diskursgrammatische Perspektive untersucht dabei Serien der syntagmatischen Reihung sprachlicher Ausdrücke, die sich als Spuren sozialer Interaktion analysieren lassen. Es soll an verschiedenen Beispielen gezeigt werden, dass indexikalische Ordnungen nicht nur Sprache in Situationstypen verankern, sondern auch die Zeichenkombinatorik relativ zu Kontexten betreffen. Grammatik ist in dieser Perspektive ein Innenbereich des Verweissystems, in welches sprachliche Zeichen in soziale Interaktionsräume verwoben sind. Es ergibt sich daraus für die Diskursgrammatik ein doppeltes, ein forensisches und ein exploratives Programm.

Redder, Angelika [email protected] Deiktisch basierte Konnexion in Texten und Diskursen: eine funktionale Typologie Der Ausbau deiktischer Ausdrucksmittel und deren systematische Nutzung differiert in den einzelnen Sprachen bekanntlich erheblich. Das Deutsche gehört diesbezüglich zu den vergleichsweise reichen und epistemisch komplex entfalteten Sprachen. Dies hat Konsequenzen für den Spracherwerb und die Vermittlung als Fremd- oder Zweitsprache. Auf der Grundlage einer funktional-pragmatischen Grammatik soll eine kleine Typologie für das Deutsche zur Diskussion gestellt werden, die primär vier Fragen zu klären helfen kann: (i) Werden deiktisch basierte Konnexionen äußerungs-, text- und diskursübergreifend gleichartig geleistet? (ii) Korrelieren die systematischen Abstraktionen der deiktischen Verweisräume mit epistemischen Strukturen? (iii) Lassen sich Thesen über den Modus des Arbeitsgedächtnisses formulieren? (iv) Sind propositionale oder illokutive Bedingungen rekonstruierbar? Die Überlegungen sind in empirischen Analysen diverser Korpora fundiert. Insbesondere werden Untersuchungen zur Sprachentwicklung und Sprachanforderung in Bildungsinstitutionen und Wissenschaftskommunikation herangezogen, die auf wissensstrukturelle Vernetzung abzielen. Die typologischen Aussagen beziehen funktional-etymologische Aspekte ein und setzen theoretisch die funktionalpragmatische Interpretation zu anderen ins Verhältnis.

Sato, Kiyoaki [email protected] Der Artikel bei Sekiguchi zwischen Lexikon und Grammatik Der japanische Germanist und Sprachwissenschaftler Tsugio SEKIGUCHI (1894-1958) erklärt in seinem Werk „Kanshi“ den Satz „Das ist ein Klavier“ folgendermaßen: Der unbestimmte Artikel in diesem Satz besitze zwei völlig verschiedene „Bedeutungen“, wenn derselbe Satz in unterschiedlichen Situationen geäußert werde: 1) Zu einem Kind auf Bilder in einem Bilderbuch zeigend: Also, das ist ein Stuhl und das ist ein Klavier; 2) Ein Antiquitätenhändler sagt zu einem Kunden, der in seinem Laden ein Klavier gefunden hat und wegen dessen schäbigen Aussehens den Preis herabzudrücken versucht: Also hören

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Sie mal! Das ist ein Klavier und darf nicht etwa mit einem Schrank verwechselt werden. Im ersten Fall habe der Artikel die Funktion der Einführung, während im zweiten Fall die Eigenschaft ausgedrückt werde, die jedes Klavier als die seiner Gattung eigene Beschaffenheit besitzt. Der Unterschied der „Bedeutungen“ ist folgendermaßen auszulegen: Nicht die Form „ein“ besitzt diese „Bedeutungen“, sondern der Sprecher realisiert aktiv solche „Bedeutungen“. Diese werden jedoch zwar erst in der Rede festgelegt, sie sind aber keine beliebig geschaffenen „parole-Bedeutungen“, sondern „Bedeutungstypen“, die konstant und wiederholbar sind. Der Artikel besitzt im Gegensatz zu Nomen, Adjektiv oder Verb keine lexikalische Bedeutung. Seine „Bedeutung“ wird im jeweiligen Kontext von dem Sprecher aktiv als Bedeutungstypen realisiert. In diesem Sinne gehört der Artikel nicht zum Lexikon, sondern zur Grammatik.

Schiewer, Gesine Lenore [email protected] „Nichts Kulturelles ist uns fremd“. Perspektiven kulturwissenschaftlicher Innovationsdiskurse für die interkulturelle Linguistik Lange Zeit ging man davon aus, dass es sich bei Innovationen insbesondere um technische Neuerungen handelt, die zu zentralen Impulsgebern ökonomischer Dynamik werden. Aktuelle Ansätze gehen weit über solche einseitigen bzw. verkürzten Auffassungen hinaus. Nunmehr werden vermehrt gesellschaftliche und pragmatische Aspekte einbezogen wie z.B. soziale Voraussetzungen von Innovationen und in diesem Zusammenhang relevante soziale Einflussfaktoren. Dies betrifft etwa Wechselverhältnisse von Innovation und Wandel. Auch geht es um institutionelle Kontexte der politischen, staatlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen, die beteiligten Akteure, weiterhin um Fragen der Plan- und Steuerbarkeit von Innovation, um Folgenunsicherheiten und dergleichen mehr. In die aktuellen Innovationsparadigmen finden mit Blick auf Gesellschaften der Gegenwart, die durch komplexe multikulturell-mehrsprachige Strukturen gekennzeichnet sind, deswegen auch interkulturelle Dimensionen Eingang. Dabei wird bislang vor allem an Praxistheorien angeknüpft, um Innovationen im Zusammenhang gesellschaftlicher Strukturen und gesellschaftlichen Handelns zu beschreiben. Im Beitrag werden zentrale Züge der jüngeren Innovationsforschung dargestellt und es wird gezeigt, wie Innovationsdiskurse zu einem aktuellen Forschungsfeld der interkulturellen Linguistik werden können.

Sektion A 13 – Kontrastive Textologie Leitung: Bernd Spillner [email protected] Ko-Leitung: Zofia Bilut-Homplewicz [email protected], Dorothee Heller [email protected], Chen Qi [email protected] Aly, Youssra [email protected] Diskursanalyse ausgewählter deutschsprachiger politischer Reden bezüglich des Nahen Ostens seit dem 11. September In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Untersuchung der Sprache der politischen Reden Schröders seit 9/11 bis hin zum Anfang des Irak-Kriegs, um zu sehen, wie sie zur Legitimierung und Delegitimierung von den Kriegen seit dem 11. September beigetragen haben, wie sie eine öffentliche Zustimmung der Bevölkerung gewinnen konnten und wie sie dabei eigene und fremde Identitäten geschafft haben. Die Politolinguistik, als Teilbereich der angewandten Linguistik, sowie die Diskursanalyse stehen in dieser Arbeit im

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT Mittelpunkt. Die ausgewählten Reden werden zuerst hermeneutisch und damit aus lexikalisch-semantischer und stilistisch-rhetorischer Perspektive behandelt. Im Nachhinein sollen die Untersuchungsergebnisse zusammengeführt werden, um den politischen Kurs, den die deutsche Politik in Hinblick auf die verschiedenen Reaktionen auf die Ereignisse von 9/11, des Afghanistan- und Irakkriegs, sprachlich nachzuzeichnen, die Entwicklungstendenzen in den ausgewählten Reden aufzuzeigen, kritisch zu begleiten, einen Bezug zwischen den sprachlichen und außersprachlichen Faktoren herzustellen und den sprachlichen Einfluss auf das politische Handeln zu dokumentieren.

Chen, Qi [email protected] Informations- oder Gedächtnisträger? Eine kontrastive Untersuchung von deutschen und chinesischen Todesanzeigen In diesem Beitrag geht es um eine kontrastive Untersuchung von deutschen und chinesischen Todesanzeigen aus struktureller, funktionaler und kultureller Sicht. Die Todesanzeige wird zunächst auf ihre Makrostruktur und Textfunktionen untersucht und danach als Spiegel der Todeskultur in der deutschen und chinesischen Gesellschaft betrachtet. In Anlehnung an die kulturelle Analyse und die Binnendifferenzierung wird abschließend die Hauptfunktion der Todesanzeige als Informations- oder Gedächtnisträger diskutiert. Dabei wird der Spezifik der beiden Sprachen und ihren kulturellen Bezügen ein besonderes Gewicht beigemessen.

Demez, Neslihan [email protected] Deutsche und türkische Gerichtsurteile im kontrastiven Vergleich Rechtstexte, die eine geschichtsträchtige kulturgebundene Eigenschaft aufweisen, gehören wie andere Fachtexte auch zum Forschungsgegenstand der Textlinguistik. Kontrastive Rechtstextanalysen können wichtige Erkenntnisse, wie Vertextungskonventionen einer Rechtssprache, rechtskulturelle Besonderheiten einer Rechtsordnung oder Vertextungsmerkmale dieser Textsorte liefern, die dann im Übersetzungsvorgang zunutze gemacht werden können. Türkische Rechtstexte sind durch den in dem sechshundert Jahre dauernden Einfluß des Osmanischen Reiches und das in diesem Reich verwendete Arabisch durchwirkte Türkisch sowohl in der Syntax wie auch im Lexik beeinflußt worden und obwohl die Gesetze durch die Anpassungsmaßnahmen an die EU dem heutigen Türkisch angeglichen werden, tritt in der Rechtssprache immer wieder die alteinge-sessenen Konventionen hervor. Nichtsdestotrotz ist ein kontrastiver Vergleich türkischer und deutscher Gerichtsurteile für die Studierenden der Translations- und Linguistikabteilungen und auch für die praktizierenden Übersetzer eine große Hilfe. Dieser Beitrag zielt darauf, türkische und deutsche Gerichtsurteile zu vergleichen und die textinternen und textexternen Merkmale dieser zu systematisieren.

Duan, Lijie [email protected] Piktogramme und Emoticons als sprachliche Variation – eine kontrastive Untersuchung der chinesischen und deutschen SMS Im vorliegenden Beitrag wird dem „häufigen“ und „typischen“ Phänomen, nämlich den ikonhaften Zeichen, beim SMS-Gebrauch chinesischer und deutscher Studierender nachgegangen. Darlegt werden vor allem solche Piktogramme, die bestimmte Dinge im Alltag piktoral nachahmen, und die Emoticons, also die sogenannten Smily-Gesichtchen, die zur Darstellung der Emotionen dienen. Es ist aus kontrastiver Perspektive empirisch zu untersuchen, wie sich solche Zeichen bei der SMS-Kommunikation zeigen, wie sie im Ge-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT spräch strukturiert sind, und welche semantischen und kommunikativen Funktionen sie haben.

El Ammary, Assem [email protected] Wortmacht und Machtwort im arabischen Frühling und in Deutschland. Das Wort in der Waageschale der Linguistik und Übersetzung Hat das Wort wirklich eine Macht? Muss es sich um ein einziges Wort oder mehrere Wörter handeln? Welche Sprache ist entscheidend? Kann es auch um humorvolles Motto gehen? Sind solche Solgans übersetzbar? In Deutschland hört man: „Freiheit!“, „Für ein offenes Land mit freien Menschen“, „Wir wollen raus!“ , „Stasi raus!“ und "Schließt Euch an". Trotz der großer Entfernung, der anderen Sprache und Kultur und Mentalität wurde auf dem Tahrir-Platz fast das Gleiche gesagt: Hau ab!, Hau ab, ich will endlich nach Hause! Oh, unsere Mitbürger, kommen Sie doch zu uns!, Game over! Go! Der Beitrag will sich diesem politischen Phänomen widmen und vor allem versuchen, sich mit solchen Fragen im Rahmen der Linguistik und der Übersetzung ausgiebig zu beschäftigen, zumal neue Lexika, Wortkombinationen, -stellungen und -Spiele und Kontexte ins Leben gerufen sind, während eine Mischung aus verschiedenen Sprachen plötzlich keine unter-geordnete Rolle bei der Machtfrage in Deutschland und im arabischen Frühling spielt. In der Tat entwickelt sich die Sprache so durch die Politik, dass man mit Recht sagen könnte: Sprache und Politik sind zwei Seiten einer Medaille.

Hammam, Sayed Ahmed Aly [email protected] Zum Gebrauch von Sprechakten “Entschuldigung” und “Danken” als Höflichkeitsformen im Deutschen und Arabischen Der Beitrag geht von der Annahme aus, dass die Intentionen der Sprecher überall in der ganzen Welt dieselben sein können. Die Realisierung der Sprechakte kann sich jedoch in den zu vergleichenden Sprachen wie Deutsch und Arabisch, die zur ganz verschiedenen Sprachfamilien angehören, unterscheiden. Sprechakte sind somit, wie zu zeigen sein wird, kulturell geprägte Einheiten, die man in diesem Sinne nicht universell bewerten kann. Diese Annahmen werden anhand von zwei sehr geläufigen Sprechakten, nämlich „Entschuldigung“ und „Danken“, unter die Lupe genommen. Da diese beiden Sprechakte in der Regel als höfliche Handlungen von den Aktionspartnern bewertet werden, wird gezeigt, was an diesen Sprechakten „höflich“ oder was „nicht unbedingt höflich“ ist. Dies kann u.a. durch die verschiedenen verbalen und nonverbalen Ausdrucksformen der Aktionspartner erschlossen werden. Darüber hinaus geht der Vortrag auf den Unterschied zwischen „Danke“ zu sagen und „dankbar zu erweisen“ ein. Ferner werden die möglichen rechtlichen Folgen der „Entschuldigung“ seitens der Institutionen, Staaten oder Persönlichkeiten behandelt, die sich je nach den herrschenden sozialen bzw. rechtlichen Konventionen in den beiden deutschen und arabischen Gemeinschaften vorkommen. Eingegangen wird auch auf die sprachliche Struktur der zu untersuchenden Sprechakte sowie auf Anlass, Funktion, Frequenz, und Status der Sprechakte.

Hanus, Anna Bozena [email protected] Das Bild des ‚Kaisers der Reportage‘ im deutschen und polnischen Pressediskurs. Versuch einer diskursanalytischen Untersuchung Ein kontroverses Buch von Artur Domoslawski hat die Wahrnehmung von Ryszard Kapuscinski, drei Jahre nach dessen Tod, in ein neues Licht gerückt. In Kapuscinski nonfiction wurde die Glaubwürdigkeit des ‘Meisters der Reportage‘ in Frage gestellt, was auch

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT gleich von mehreren Presseredaktionen und Journalisten weltweit aufgegriffen wurde und eine mediale Debatte von Grenzen übergreifendem Ausmaß ausgelöst hat. Im Vortrag wird versucht, die Diskussion um die strittige Publikation diskurslinguistisch zu begründen und eine der größten literarischen Kapazitäten Polens im polnischen und deutschen Pressediskurs zu profilieren. Das gesamte Korpus wird einer vergleichenden diskursanalytisch ausgerichteten Analyse unterzogen, wobei womöglich individuell funktionalthematisch an die jeweiligen Texte herangegangen wird mit dem Ziel, das KapuscinskiBild im polnischen und dem deutschen Presseraum zu präsentieren.

Li, Huikun [email protected] Linguistische Textsortenanalyse beim technischen Übersetzen vom Deutschen ins Chinesische Das Ziel dieses Artikels ist es, durch Fallstudie ausgewählter Beispiele (deutsche Ausgangstexte und ihre chinesische Übersetzungen) zu demonstrieren, dass Textsortenanalyse beim technischen Übersetzen wichtig ist, dass auch im technischen Übersetzen es entscheidend ist, kulturelle Unterschiede zu überwinden, und dass eine Unterschätzung dieser Unterschiede negative Folgen für kulturübergreifende Wissenstransfer verursachen kann. Nach einer kurzen Einführung in die linguistische Textsortenanalyse wird argumentiert, dass kulturelle Elemente auch beim technischen Übersetzen eine wichtige Rolle spielen. Dann wird versucht, mögliche Lösungen zu den im Artikel erläuteten Problemen zu finden, dabei wird auch argumentiert, welche Strategien und Methoden benutzt werden können, damit diese Unterschiede überwunden werden und die kulturelle Spezifika trotzdem im Zieltext repräsentiert werden können. In dem Artikel wird die Auffassung vom „Translat als Informationsangebot über ein Informationsangebot“ zum Ausgangspunkt genommen.

Liang, Shanshan [email protected] Kontrastiver Vergleich der Textkohäsion deutscher und chinesischer Texte am Beispiel der Neujahrsansprache 2014 von Staatsoberhäuptern Die Textkohäsion sorgt für den syntaktischen und semantischen Zusammenhang in Texten. Wegen kultureller Unterschiede zwischen Deutschland und China gibt es bei gleichen Textsorten trotz Gemeinsamkeiten auch noch viele kontrastive Unterschiede. Der Vortrag untersucht die Textkohäsion am Beispiel der Neujahrsansprache 2014 von Staatsoberhäuptern beider Länder, der deutschen Bundeskanzlerin Merkel und des chinesischen Staatspräsidenten Xi. Der Artikel analysiert zunächst die Textkohäsion der Neujahrsansprachen jeweils auf der grammatischen und thematischen Ebene, anschließend die Textkohärenz. Im Vergleich werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet.

Petkova-Kessanlis, Mikaela [email protected] Emotionales Bewerten in wissenschaftlichen Rezensionen – ein kontrastiver Vergleich Deutsch – Bulgarisch Neben INFORMIEREN ist die Handlung des BEWERTENs für das Textmuster Wissenschaftliche Rezension konstitutiv. Beim BEWERTEN kommt gelegentlich ein EMOTIONALISIEREN vor, das zu einem „gesteigerten“ BEWERTEN führt. Infolge der Emotionalisierung werden die Bewertungen VERSTÄRKT. Der Beitrag setzt sich zunächst zum Ziel, Realisierungen des Stilmusters EMOTIONALISIEREN in deutschen und bulgarischen wissenschaftlichen Rezensionen zu ermitteln und näher zu beschreiben. In Anlehnung an Fiehler wird zwischen dem Thematisieren und dem Ausdrücken von Erleben und Emo-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT tion(en) unterschieden. Anschließend werden die Untersuchungsergebnisse zu den deutschen und bulgarischen Texten verglichen, um folgende Fragen beantworten zu können: Welchen Stellenwert hat das Stilmuster EMOTIONALISIEREN? Auf welche Art und Weise wird es realisiert? Lassen die konstatierten Unterschiede auf interkulturelle Differenzen schließen? Wie sind eventuelle Gemeinsamkeiten zu erklären? etc. Das Korpus umfasst insgesamt achtzig Rezensionen.

Ratiani, Lali [email protected] Sprache als ein wesentliches Zeichen der Kultur Im Vortrag geht es um die Erweiterung der Bedeutung von Kultur und Sprache in Kommunikation, Forschung und Lehre, und um die Vermittlung der Grundlagen zur interkulturellen Kompetenz in der Sprache. Das Ziel des Vortrags besteht darin, Sprachen aus kulturvergleichender Perspektive in den Blick zu nehmen und der Frage nachzugehen, wie die beiden Themen in anderen kulturellen Kontexten diskutiert werden. Dies wird mit Hilfe sprachlicher Erscheinungen von Antonymietypen (Antithesen und Enantyosemie) in der deutschen, georgischen und russischen Sprache gezeigt. Kultur und Sprache sind zwei semiotische Systeme, die viele Gemeinsamkeiten und durch strukturelle Unterschiede bedingte Eigentümlichkeiten besitzen. Die Sprache als Basis und ein wesentliches Zeichen der Kultur, ein Phänomen, das ausgeprägte national-spezifische Eigenheiten aufweist, wird durch ethnische Integrität und ethnodifferenzierende Mittel behandelt. Die Bestimmung und genaue Interpretation der kulturellen Grundlagen und der kulturellen Bildung, des Kompetenzbegriffs und der -orientierung des Kulturnutzers soll als obligatorisches Begleitmoment für linguistische Forschungen angesehen werden. Als grundsätzliche Gewährleistung zielstrebiger Verwirklichung des kulturellen Kommunikationsprozesses wird die sprachliche Kompetenz der Kommunikanten, das Wissen, genannt, das durch den kulturellen Faktor bedingt ist.

Reichmann, Tinka [email protected] Anklageschriften und Strafbefehle im deutsch-brasilianischen Vergleich Rechtliche Textsorten weisen oft markante Eigenschaften auf, die auf Vorschriften und Vorgaben oder auf Traditionen der Textproduktion in einem Rechtskreis beruhen. Übersetzer und Dolmetscher, die Texte aus Gerichtsverfahren übertragen, benötigen daher nicht nur Terminologie- und Translationskenntnisse, sondern auch fundiertes Wissen über die wichtigsten Fachtextsorten und ihre Einbindung in dem jeweiligen Rechtssystem. Durch kontrastive Untersuchungen lassen sich die wichtigsten Eigenschaften durch die Gegenüberstellung der Texte an sich, aber auch des Stellenwerts dieser Texte in einem fachlichen Textsortennetz feststellen und systematisch beschreiben. Nach Adamzik rücken die vielfachen Vernetzungen von Textsorten immer mehr in den Fokus textlinguistischer Forschungen, allerdings stehen Untersuchungen dazu im rechtlichen Bereich noch aus. Vor diesem Hintergrund sollen die Textsorten „Anklageschrift“ und „Strafbefehl“ (Deutschland) und „denúncia“ (Brasilien) einer kontrastiven Analyse unterzogen werden, um die wichtigsten inhaltlichen und formalen Eigenschaften sowie ihre Einbindung in den jeweiligen Strafverfahren herauszuarbeiten. Aufgrund einer kontrastiven Analyse sollen relevante Aspekte dieser Textsorten besprochen sowie Beiträge zur Fachtextvernetzung dargestellt werden.

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Spillner, Bernd [email protected] Kontrastive Textologie: Methoden und Methodenkritik Die Kontrastive Textologie hat sich in den letzten Jahren als erfolgreiche sprachvergleichende Disziplin herausgebildet, die textlinguistisch fundiert ist, kommunikativ und pragmatisch orientiert ist, kulturelle Aspekte einbezieht und vergleicht, multimodale Aspekte analysiert, also unterschiedliche Zeichensysteme. Zu den Textsorten gehören also auch jene Texte, die sprachliche Textelemente und nichtsprachliche Textelemente (Bilder, nonverbale Symbole, Graphiken, Skizzen, Gestik usw.) miteinander verbinden. Die methodischen Zugänge sind schwierig, insbesondere im semiotischen Bereich. Untersucht und kritisch evaluiert werden neben dem Übersetzungsvergleich und der Paralleltextanalyse vor allem der Vergleich ausgangssprachlicher Texte mit zielsprachlichen Textadaptationen, die Analyse von literarischen Mehrfachübersetzungn, der Situationsäquivalente Textvergleich und die Textsortenkontrastierung. Deutsche Texte werden exemplarisch mit zielsprachlichen Äquivalenten verglichen.

Stepanenko, Valentina [email protected] Besonderheiten d. Bibelübersetzung i. d. Epoche der Political Correctness Gegenstand der ‚Kontrastiven Textologie’ sind i.d.R. Texte in unterschiedlichen Sprachen. In unserem Fall werden zwei deutschsprachige Bibeln verglichen, nämlich die „LutherBibel“ (1534/1985) und die „Bibel in gerechter Sprache“ (2006). Die „BigS“ beschreibt Dimensionen von Gerechtigkeit, die beim Übersetzen leitend waren: Textgerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Soziale Gerechtigkeit und Gerechtigkeit in Hinblick auf den christlich-jüdischen Dialog. In meiner Analyse bin ich von der Definition von Text als „kommunikative Einheit“ ausgegangen, „die pragmatische, semiotische und kulturelle Komponenten einschließt“. Die kontrastive Analyse zeigt, dass Genauigkeit in der Übersetzung zugunsten von Political Correctness und Gender-Mainstreaming verletzt wird, was zur Verzerrung des Sinns im Ausgangstext führt. In der „BigS“ sieht man, wie in die Darstellung einer patriarchalen jüdischen Gesellschaft ihr fremde Eigenschaften eingeschrieben werden – auf sprachlicher Ebene verbunden mit einer Veränderung sprachlicher Verhaltensnormen und Korrektur des Sprachcodes. Die „politisch korrekte“ Übersetzung stellt sich auch aus theologischer Sicht nicht so eindeutig dar. Der Leser der „BigS“ kann nicht sicher sein, dass jenes Evangelium gepredigt wird, das uns gegeben wurde. Stattdessen wird ein „anderes Evangelium“ angeboten, eines aus Eigenproduktion.

Szwed, Iwona [email protected] Text(sorten)netz kontrastiv – deutsch-polnischer Vergleich der intertextuellen Bezüge von Stellenanzeigen online Die technischen Entwicklungen der letzten Jahre (bzw. Jahrzehnte) haben dazu beigetragen, dass der Text als Einheit hauptsächlich im Kommunikationsbereich der Medien deutlich in den Hintergrund rückt. Diese Erscheinung stellt Textlinguisten vor eine Herausforderung, die Untersuchung der Textebene um die von Vernetzungen zwischen (Teil) Texten zu erweitern. Durch die Auflösung der linearen Rezeption der Texte wird der Rezipient zu einem in den Textprozess eingreifenden Co-Autor, der intertextuelle Verknüpfungen gemäß seiner Lesestrategie herstellt. So entstehen sog. Textsortennetze, die einen linguistisch immer noch wenig untersuchten Bereich darstellen. Da Arbeitgeber heutzutage, den gesellschaftlichen Trends folgend, nach hoch qualifizierten Mitarbeitern in erster Linie im Internet suchen, wird hier die Stellenanzeige online zum Ausgangspunkt der Untersuchung, um den sich das Korpus konzentriert. Abgestützt wird die Suche nach

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT neuen Fachkräften durch eine Reihe von im Internet abrufbaren Texten, die den Arbeitssuchenden dazu motivieren sollen, sich gerade bei dem Unternehmen zu bewerben. Das Ziel des vorliegenden Beitrags liegt darin, die Dichte, Spezifik und Anzahl der so entstandenen Textverknüpfungen im Handlungsrahmen der Mitarbeiteranwerbung im polnischen und deutschen Berufskontext zu untersuchen. Bei der Bestimmung des Text (sorten)netzes und beim Hinterfragen der zwischentextuellen Abhängigkeiten wird hier nach funktionalen Kriterien vorgegangen. Die These, dass die kulturelle Prägung als konstitutives Merkmal von Textsorten anzusehen ist, wird im Vortrag in Bezug auf Textsortennetze geprüft, um zu ermitteln, ob auch die domänenspezifischen Textsortenverknüpfungen kulturbedingte Unterschiede aufweisen.

Wang, Luyang [email protected] Kontrastive Analyse der Intertextualität in der Werbung Da sich die angewandte Linguistik schnell entwickelt hat und die Informationen in der multimedialen Welt eine wichtige Rolle spielt, ist Werbung seit langem Forschungsgegenstand der Sprachwissenschaft in Deutschland und in China. Die Produzenten von Werbeanzeigen werden immer wieder vor das Problem gestellt, neue Strategien und Ideen zu entwickeln, um den Konsumenten zu erreichen. Eine dieser Strategien ist der Gebrauch von Intertextualität in der Werbung. Um intertextuelle Bezüge in Werbeanzeigen definieren und eingrenzen zu können, werden in der Arbeit praktische Beispiele im Deutschen und im Chinesischen analysiert. Nach der Einteilung nach Form und Grad von Janich werden zuerst einige allgemeine Besonderheiten der Intertextualität in der deutschen und chinesischen Werbung zusammengefasst. In dem praktischen Teil werden die aufgezeigten theoretischen Grundlagen an Beispielen nachgewiesen.

Whitt, Richard Jason [email protected] Evidentialitätsmarker in deutschen und englischen wissenschaftlichen Texten der (frühen) Neuzeit Die Untersuchung von Evidentialiät ist ein relativ neues Forschungsfeld in der Sprachwissenschaft. Es existieren Studien von Evidentialitätsmarkern in den Sprachen der Neuzeit. Dagegen gibt es nur wenig diachrone Untersuchungen über die Entstehung von Evidentialitätsmarkern. Es wird über die ersten Ergebnisse einer Untersuchung zur Entstehung und Entwicklung von Evidentialitätsmarkern in deutschen und englischen wissenschaftlichen Texten der (frühen) Neuzeit berichtet. Dabei wurden in erster Linie Verben des Glaubens und der sinnlichen Wahrnehmung, sowie reportative Anwendungen der Modalverben sollen und wollen, und eine Auswahl epistemischer Adverbien in Betracht genommen. Es ist zu erwarten, dass eine ergänzende Bottom-up-Analyse das Vorkommen von weiteren Evidentialitätsmarkern sichtbar machen wird. Eine Auswahl von diachronen Korpora bildet die Datenbasis für diese Untersuchung.

Yang, Yitian [email protected] Eine linguistisch-translatorische Studie zur Liedtextübersetzung DeutschChinesisch aus funktionaler Perspektive Die funktionale Schule stellt eine linguistisch-translatologische Schule dar, die auf die Forschung nach der Beziehung zwischen den Übersetzungszwecken und Übersetzungsstrategien großen Wert legt. Nach dieser Schule muss der Übersetzer den Übersetzungszwecken verschiedener Textsorten entsprechend konkrete Übersetzungsstrategien festlegen. In dieser Studie wird aus funktionaler Perspektive eine Analyse der Liedtextüber-

                      SEKTIONEN A – SPRACHWISSENSCHAFT setzung Deutsch-Chinesisch durchgeführt. Zuerst wird ein kurzer Blick auf dieses „Randgebiet“ der Translatologie geworfen und danach wird auf die Auffassung der funktionaltranslatologischen Schule eingegangen. Als Hauptteil wird anhand von Beispielen der deutschen Lieder über die Übersetzungsprinzipien und -strategien diskutiert, wobei die Beziehungen zwischen den Übersetzungszwecken und Übersetzungsstrategien in gewissem Maße widergespiegelt werden.

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