12 Antworten zum neuen Bucheffektengesetz

January 2, 2017 | Author: Marielies Acker | Category: N/A
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Luca Dalla Torre / Martin Germann*

12 Antworten zum neuen Bucheffektengesetz

Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Zur Entstehung und zum Untergang von Bucheffekten Q1. Welche Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte eignen sich als unterliegende Rechte (Underlyings) von Bucheffekten? Q2. Welche Auswirkungen hat die Schaffung von Bucheffekten auf das Verhältnis zwischen Emittentin und Anleger? Q3. Welcher übergangsrechtliche Handlungsbedarf besteht mit Bezug auf die Schaffung von Bucheffekten? III. Zur Übertragung von Bucheffekten Q4. Welche Möglichkeiten hat eine Gesellschaft, die buchmässige Übertragbarkeit von Bucheffekten einzuschränken? Q5. Lassen sich Bucheffekten mittels Zession übertragen? Q6. Welche Auswirkungen hat das Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes auf Verfügungen unter dem bisherigen Recht? IV. Zur Bestellung und Verwertung von Sicherheiten an ­Bucheffekten Q7. Was versteht das Bucheffektengesetz unter dem Begriff der Sicherheit? Q8. Welche Vor- und Nachteile bietet eine Bestellung von Sicherheiten nach Art. 25 BEG? Q9. Was gilt es bei der freihändigen Verwertung von Buch­ effekten zu beachten? Q10. Welcher übergangsrechtliche Handlungsbedarf besteht bezüglich bestehender Sicherungsverträge? V. Zum gesellschaftsrechtlichen Anpassungsbedarf Q11. Was sind Wertrechte und welche Gesellschaften haben ein Wertrechtebuch zu führen? Q12. Besteht aufgrund des Bucheffektengesetzes oder der ­Revision des Wertpapierrechts Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Gesellschaftsstatuten?

I. Einleitung Das neue Bundesgesetz über Bucheffekten (Bucheffektengesetz, BEG) vom 3. Oktober 2008 hat zum Ziel, die heute im Zusammenhang mit der mediatisierten Wertpapierverwahrung gelebte Wirklichkeit auf «transparente

* 

Dr. iur. Luca Dalla Torre, LL.M., Rechtsanwalt/Dr. iur. Martin ������� Germann, Rechtsanwalt,����������������� ������������������������������ beide tätig bei Homburger ���������� AG, ����������� Zürich. AS ��� 2009 ����� S. ����������� 3577 ff.

und verlässliche rechtliche Grundlagen» zu stellen  . Mit der Schaffung des Rechtsobjekts der «Bucheffekte» betritt der Gesetzgeber juristisches Neuland und nicht überraschend wurden bereits zahlreiche Publikationen dem neuen Gesetz gewidmet . Der vorliegende Beitrag bezweckt, einige ausgewählte, namentlich für Publikumsgesellschaften praxisrelevante Fragen aufzugreifen und dadurch zur Verwirklichung des anspruchsvollen Ziels des Bucheffektengesetzes beizutragen.

II. Zur Entstehung und zum Untergang von Bucheffekten Q1. Welche Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte eignen sich als unterliegende ­Rechte (Underlyings) von Bucheffekten? Gemäss Art. 3 Abs. 1 BEG handelt es sich bei Bucheffekten um vertretbare Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte gegenüber dem Emittenten, die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind und über welche die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber nach den Vorschriften des Gesetzes verfügen können. Das Bucheffektengesetz folgt damit einem «offenen Ansatz». Als den Bucheffekten zu Grunde liegende Rechte, sog. Underlyings, können jegliche Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte, aber auch hybride Rechte und derivative Finanzinstrumente in- oder ausländischer Gesellschaften dienen. Ebenfalls offen ist das Bucheffektengesetz bezüglich der Form, in welcher die Mitgliedschafts- und Forderungsrechte ausgegeben werden. Gemäss Art. 6 BEG  ���������������������������������������������������������������� Vgl. Botschaft des Bundesrats zum Bucheffektengesetz sowie zum

Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006, BBl 2006, 9315 ff. (nachfolgend Botschaft).  ���������� Für einen Überblick ��������������������������������������������������� über die unlängst zum Bucheffektengesetz erschienene Literatur vgl. Harald Bärtschi, Die rechtliche Umsetzung des Bucheffektengesetzes, AJP 2009, 1071 FN 1.  �������������������������������������������������������������� Bei ausländischen Finanzinstrumenten ist entscheidend, ob diesen eine vergleichbare Funktion zukommt wie Wertpapieren oder Wertrechten nach Schweizer Recht. Vgl. dazu Martin Hess/ Alain Friedrich, Das neue Bucheffektengesetz (BEG), GesKR 2008, 106 ff.

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können als Underlyings für Bucheffekten sowohl einzelne Wertpapiere (Einzelurkunden), Globalurkunden als auch (nicht verbriefte) Wertrechte dienen. ���������� Nicht als Bucheffekten qualifizieren hingegen Forderungsrechte in rein vertraglicher Form . ��������������������������� Einzelurkunden eignen sich zudem nur dann als Underlyings, wenn sie bei der SIX SIS AG (nachfolgend SIS) oder einer anderen Verwahrungsstelle sammelverwahrt sind . Auch nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes kann eine kotierte Gesellschaft, welche noch physische Aktienzertifikate im Umlauf hat, künftig aber auf den Titeldruck verzichten will, ausstehende Urkunden nicht ohne freiwillige Einlieferung durch die Aktionäre in Wertrechte umwandeln und als Bucheffekten eintragen lassen. Ein wesentliches materielles Kriterium, damit die Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte einem Effektenkonto als Bucheffekten gutgeschrieben werden können, ist das in der Lehre unterschiedlich beurteilte Merkmal der Vertretbarkeit. Müssen Bucheffekten «zum massenweisen Handel geeignet» im Sinne von Art. 2 lit. a BEHG sein oder genügt die herkömmliche Vertretbarkeit von Mengensachen10? Die Botschaft unterscheidet u.E. zu Recht, dass «Effekte nach BEHG nur ein zum massenweisen Handel geeigneter Titel [ist], während Bucheffekte jeder Titel sein kann, sofern er fungibel (vertretbar) ist»11. Zwar dürfte es in der Praxis wohl häufig der Fall sein, dass Bucheffekten bzw. die ihnen zu Grunde liegenden Rechte nicht bloss vertretbar, sondern auch zum massenweisen Handel geeignet sind, doch gibt es keinen ersichtlichen Grund, Gesellschaften, deren Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte dieses Kriterium nicht erfüllen, vom Anwendungsbereich des Bucheffektengesetzes auszuschliessen.

 ����������������������������������������������������������������� Dies gilt z.B. für Swaps und Derivate, welche unter dem Vertrags-

werk der ISDA oder der Schweizerischen Bankiervereinigung begeben werden; vgl. dazu SwissBanking, Bucheffektengesetz – Antworten auf offene Fragen, Basel, 7. September 2009, Ziff. 2.c.  ����� Nach Art. 6 ������� Abs. 1 ������������������������������������������������� BEG setzt die Entstehung von Bucheffekten die Hinterlegung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung, die Hinterlegung von Globalurkunden oder die Eintragung von Wertrechten im Hauptregister einer Verwahrungsstelle voraus.  �������������������������������������������������������������� Sog. «heimverwahrte» Wertpapiere können nicht als Underlyings von Bucheffekten dienen.  ������������������������������������������������������������� Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG).  ���������������� So ausdrücklich Hess/Friedrich (FN 4), 105. 10 ���������������������������������������������������� Für eine Vertretbarkeit im herkömmlichen Sinne z.B. Botschaft (FN 2), 9344; Bärtschi (FN 3), 1073 sowie Martin Lanz, Aktientransfers unter dem neuen Bucheffektengesetz, in: Kapitalmarkttransaktionen IV, Zürich 2009, 195 FN 18. 11 ����� Vgl. Botschaft (FN 2), 9345. Auch der Entwurf ��������������� des Wertpapierverwahrungsgesetzes (auf dem das BEG massgebend aufbaut) erwähnt das Kriterium der «Geeignetheit zum massenweisen Handel» einzig im Zusammenhang mit den Wertrechten, nicht jedoch bei der Sammelverwahrung von Wertpapieren oder der Global­ urkunde; vgl. Hans Casper von der Crone/Franz J. Kessler/ Andreas Gersbach, Wertpapierverwahrungsgesetz (WVG), Entwurf und Kommentar an die Schweizerische Bankiervereinigung vom 6. Januar 2003, 14 ff. (nachfolgend Entwurf WVG). Der Gesetzgeber hat richtigerweise davon abgesehen, dieses Kriterium auf die Bucheffekten zu übertragen.

Q2. Welche Auswirkungen hat die Schaffung von Bucheffekten auf das Verhältnis zwischen Emittentin und Anleger? Gemäss Art. 13 Abs. 1 BEG lässt die Entstehung von Bucheffekten die Rechte der Anleger gegenüber der Emittentin unberührt12 . Im Unterschied zum angelsächsischen System, in welchem dem Anleger bei der mediatisierten Verwahrung bloss die Stellung eines «Beneficial Owners» zukommt, durchtrennt die Schaffung von Bucheffekten die unmittelbare rechtliche Beziehung zwischen Anleger und Gesellschaft grundsätzlich nicht13. Der Anleger verfügt somit einerseits über einen Anspruch gegenüber der kontoführenden Bank, dessen Inhalt sich aus dem Bucheffektengesetz und dem vertraglichen Grundverhältnis zwischen Bank und Anleger ergibt, andererseits aber auch über direkte Ansprüche gegenüber der Gesellschaft als deren Gesellschafter bzw. Gläubiger. Eine Gesellschaft weiss insbesondere bei Obligationen, Dispoaktien oder Inhaberaktien in der Regel nicht, wer ihre Gläubiger bzw. Gesellschafter sind. Damit sich die Anleger im Zusammenhang mit ihren Mitwirkungs- und vermögenswerten Rechten gegenüber der Gesellschaft zu legitimieren vermögen, gewährt ihnen Art. 16 BEG gegenüber der kontoführenden Bank einen Anspruch auf Ausstellung eines Ausweises über die ihren Konten gutgeschriebenen Bucheffekten. Auch wenn dieser Ausweis blosses Beweismittel ist und ihm für die «Geltendmachung des aus Bucheffekten fliessenden Rechts keine materielle Bedeutung» zukommen soll14, ist davon auszugehen, dass er in der Praxis von höchster Relevanz im Zusammenhang mit der Bestimmung der Gesellschafter bzw. Gläubiger sein wird15. Bei Namenaktien gilt gemäss Art. 686 Abs. 4 OR im Verhältnis zur Gesellschaft indes als Aktionär, wer im Aktienbuch eingetragen ist16 . Diskrepanzen zwischen 12 ������������������������������ Vorbehalten bleibt allerdings

�������� Art. 24 ����������������������� Abs. 4 BEG, wonach bei buchmässigen Verfügungen gewisse Übertragungsbeschränkungen in Bezug auf die Underlyings nicht wirksam sind; vgl. dazu hinten Q4. 13 �������������������� Allerdings wird ein �������������������������������������������� Anleger seine Rechte aus Bucheffekten in aller Regel nur über seine kontoführende Bank ausüben können. Im Rahmen der sog. «grossen» Aktienrechtsrevision (vgl. BBl 2008, 1589 ff. und BBl 2009, 299 ff.) hat der Ständerat unlängst einen neuen Art. 685f Abs. 1bis OR vorgeschlagen, gemäss welchem ein Erwerber von Namenaktien, der die Aktien nicht selbst verwahrt, das Gesuch um Anerkennung als Aktionär nur über seine Verwahrungsstelle stellen kann. Die Verwahrungsstelle soll verpflichtet werden, jederzeit auf Weisung des Erwerbers hin das Gesuch um Anerkennung an die Gesellschaft zu stellen; vgl. Amtl. Bull. SR 2009, 623. 14 ����� Vgl. Botschaft (FN 2), 9360. 15 ����������������������������������������������������������� D���������������������������������������������������������� er Inhaber von als Bucheffekten gehandelten Inhaberaktien beispielsweise kann gegenüber der Gesellschaft keinen anderen Nachweis der materiellen Berechtigung beibringen als einen aktuellen Kontoauszug. 16 �������������������������������������������������������������� Dem Eintrag kommt allerdings nach einhelliger Lehrmeinung nur deklaratorische Bedeutung zu; statt vieler BSK OR II-Oertle/ du Pasquier, Art. 686 N 4.

dem Ausweis nach Art. 16 BEG und dem Aktienbuch lassen sich dadurch vermeiden, dass die kontoführende Bank des Veräusserers bei Ausbuchung der Bucheffekten eine Meldung an die Gesellschaft macht17. Sollten sich trotzdem Widersprüche ergeben18 , berechtigt der Ausweis nach Art. 16 BEG den Kontoinhaber u.E. dazu, die Berichtigung des (deklaratorischen) Eintrags im Aktienbuch zu verlangen. Q3. Welcher übergangsrechtliche Handlungsbedarf besteht mit Bezug auf die Schaffung von Bucheffekten? Heutige Einträge in Depotkonten, denen bei der SIS oder bei anderen Verwahrungsstellen sammelverwahrte Wertpapiere oder Globalurkunden zu Grunde liegen, sollen mit dem Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes automatisch als Bucheffekten qualifizieren und ab dem 1. Januar 2010 dem Anwendungsbereich des neuen Gesetzes unterliegen19. Für Gesellschaften, welche ihre Mitgliedschafts- und Forderungsrechte heute noch als Einzel- oder Globalurkunden verbrieft und diese bei einer Verwahrungsstelle hinterlegt haben 20 , besteht somit kein Handlungsbedarf. Handlungsbedarf besteht hingegen, wenn die Einzel- oder Globalurkunden von der Emittentin selber verwahrt werden (sog. «Emittentenverwahrung»)21. Sollen emittentenverwahrte Einzel- oder Globalurkunden künftig als Underlyings für Bucheffekten dienen, sind diese zwingend bei einer Verwahrungsstelle zu hinterlegen 22 .

17 ������� Gemäss

Art. 685e ������������������������������������������������������� OR hat die Veräussererbank einen Verkauf von Namenaktien unverzüglich der Gesellschaft zu melden. Eine solche Anzeige erfolgt im SIS Girosystem automatisch, auch wenn der Ausbuchung kein börsenmässiger Verkauf zugrunde liegt. Im Rahmen der grossen Aktienrechtsrevision (FN 13) hat der Ständerat unlängst vorgeschlagen, dass die Verwahrungsstelle des Veräusserers bei einer Übertragung von börsenkotierten Namenaktien gemäss Bucheffektengesetz künftig dessen (oder sonst ihren) Namen sowie die Anzahl der veräusserten Aktien der Gesellschaft melden muss; vgl. Amtl. Bull. SR 2009, 623. Dieser Vorschlag ist u.E. insoweit zu eng, als im Sinne eines effizienten Rechtsverkehrs die kontoführende Bank der Emittentin eine Veräusserung von Namenaktien, die als Underlyings für Bucheffekten dienen, auch dann anzeigen sollte, wenn die Aktien nicht börsenkotiert sind. 18 ����������������������������������������������������������� Diskrepanzen können sich namentlich dann ergeben, wenn der Erwerber von Aktien auf dem Eintragungsgesuch einen anderen als seinen eigenen Namen angibt (z.B. denjenigen des Ehepartners). 19 ����� Vgl. Botschaft (FN 2)������� ������������� , 9385. 20 ������������������ Vgl. dazu vorn Q2. 21 ����� Eine Ausnahme ������������������������������������������������������ besteht für Emittentinnen, welche als Verwahrungsstelle gemäss Art. 4 BEG qualifizieren. Diese können auch Urkunden über eigene Mitgliedschafts- und Forderungsrechte verwahren. 22 ���������������������������������������������������������� Dasselbe gilt, wenn die von der Emittentin oder durch den Ak��� tienbuchführer verwalteten Aktien in der Form von Wertrechten ausgegeben worden sind. Um zu verhindern, dass neben den Bucheffekten künftig weiterhin Aktien als Wertrechte bestehen, die mittels Zession übertragen werden, ist zu empfehlen, emittentenverwahrte Wertrechte ebenfalls bei der SIS eintragen zu lassen und einem Sammelkonto der Emittentin gutzuschreiben.

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Handlungsbedarf besteht überdies, wenn den Depotwerten nicht physische Wertpapiere, sondern Wertrechte als Underlyings dienen, z.B. Namenaktien mit aufgeschobenem oder aufgehobenem Titeldruck, welche heute namentlich bei börsenkotierten Gesellschaften den Regelfall darstellen. Gemäss Art. 35 Abs. 1 BEG haben Emittentinnen von Wertrechten, die einem durch eine Verwahrungsstelle geführten Effektenkonto gutgeschrieben sind, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes bei einer Verwahrungsstelle das sog. Hauptregister23 einzurichten und die Wertrechte24 darin eintragen zu lassen 25. Diese Bestimmung ist u.E. so zu verstehen, dass heute buchmässig gehandelte Wertrechte bis Ende Juni 2010 als Bucheffekten gelten und dem Anwendungsbereich des Bucheffektengesetzes unterliegen, selbst wenn es am Erfordernis des Eintrags im Hauptregister fehlt 26 . Nach Ablauf dieser Frist bestehen die ausgegebenen Aktien zwar weiterhin (sofern in einem Wertrechtebuch eingetragen 27) als Wertrechte, nicht jedoch als Bucheffekten. Ihre Übertragung richtet sich somit nicht nach dem Bucheffektengesetz, sondern nach zessionsrechtlichen Grundsätzen. Namentlich für kotierte Gesellschaften mit einem gestreuten Aktionärskreis ist deshalb zu empfehlen, die Registrierung vor dem 1. Juli 2010 sicherzustellen.

III. Zur Übertragung von Bucheffekten Q4. Welche Möglichkeiten hat eine Gesellschaft, die buchmässige Übertragbarkeit von Bucheffekten einzuschränken? Die gesetzliche Regelung der buchmässigen Übertragung von Effekten (Art. 24 ff. BEG) stellt einen Hauptregelungsgegenstand des Bucheffektengesetzes dar28 . Die eigenständige, von den herkömmlichen sachen- und 23 ���������������������������� Zur Unterscheidung zwischen

������������������������������� Aktienbuch, Wertrechtebuch und Hauptregister vgl. Hess/Friedrich (FN 4), S. 108 ff. 24 �������������������������������������� Zur Schaffung der Wertrechte i.S. von �������������������������� Art. 6 BEG ist vorweg die Einrichtung eines Wertrechtebuchs i.S. von Art. 973c Abs. 3 nOR erforderlich; vgl. ��������������������� dazu hinten Q11. 25 ������� Gemäss SwissBanking (FN 5), Ziff. 3, soll das sog. «Depot-Aktienregister», auf welches die SIS ausgegebene Namenaktien einbucht, die Funktion des Hauptregisters übernehmen können. Im Bereich der übrigen Wertrechte (Warrants, strukturierte Produkte, Bonds) soll künftig das «Nostro-Depot» des SIS-Teilnehmers, in welches dieser seine Bestände einbucht, als Hauptregister i.S. des Bucheffektengesetzes dienen. 26 ����������� Unklar zur ������������������������ Übergangsbestimmung die Botschaft (FN 2)�������� �������������� , 9385, gemäss welcher die Wertrechte nicht in Bucheffekten umgewandelt werden und vom Geltungsbereich des Bucheffektengesetzes nicht erfasst seien, solange keine Eintragung ins Hauptregister erfolge. Wäre dies zutreffend, ergäbe die Übergangsfrist, welche den Gesellschaften den Systemwechsel erleichtern soll, keinen Sinn. Ob die Eintragung am ersten oder letzten Tag der Übergangsfrist erfolgt, spielt u.E. keine Rolle. 27 ��������������������� Vgl. dazu hinten Q11. 28 ����� Vgl.� ������� Art. 1 ������������ Abs. 1 BEG.

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zessionsrechtlichen Prinzipien losgelöste Normierung soll «zur Rechtssicherheit im internationalen Verhältnis, zur effizienten Abwicklung von Effektengeschäften und zur Stabilität des Finanzsystems» beitragen 29. Gemäss Art. 24 Abs. 1 BEG wird über Bucheffekten mittels Weisung des Kontoinhabers an die Verwahrungsstelle und Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers verfügt 30 . Um den Rechtsverkehr von Bucheffekten nicht zu gefährden 31, hält Art. 24 Abs. 4 BEG fest, dass Übertragungsbeschränkungen grundsätzlich keine Wirkung entfalten sollen. Vorbehalten bleiben einzig die «Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien».

berierungspflicht übernimmt 35. In praktischer Hinsicht ergibt sich demnach, dass ein Erwerb von Bucheffekten, welche nicht voll liberierte Namenaktien als Underlyings haben, der Zustimmung der Gesellschaft bedarf36 . Mit der Zustimmung und dem Eintrag ins Aktienbuch wird der Erwerber gegenüber der Gesellschaft zur Einzahlung des ausstehenden Betrags verpflichtet und der Veräusserer von seiner diesbezüglichen Pflicht befreit 37. Dass die Pflicht der Gesellschaft zur Führung eines Aktienbuchs gemäss Art. 686 f. OR von den Bestimmungen des Bucheffektengesetzes unberührt bleibt, ergibt sich indes bereits aus Art. 2 Abs. 2 BEG�.

Die Entstehungsgeschichte und der Wortlaut von Art. 24 Abs. 4 BEG legen nahe, dass mit den Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien die Bestimmungen von Art. 685 ff. OR gemeint sind, die unter dem Randtitel «Beschränkung der Übertragbarkeit» gesetzliche 32 und statutarische Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien sowie die Pflicht der Gesellschaft zur Führung des Aktienbuchs regeln 33. Demgegenüber führt die Botschaft des Bundesrats aus, unter die Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien seien allein die statutarischen Vinkulierungen gemäss Art. 685a ff. OR zu subsumieren 34. Diese Auffassung erscheint uns zu eng. Es ist nicht einzusehen, wieso mit der Formulierung «Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien» nur gerade die statutarische Vinkulierung erfasst sein sollte, welche lediglich eine der gesellschaftsrechtlich relevanten Beschränkungen in Bezug auf die Übertragung von Namenaktien darstellt. Würde ������������������������� die gesetzliche Beschränkung von Art. 685 OR nicht unter Art. 24 Abs. 4 Satz 1 BEG subsumiert, entstünde der ������������� unerwünschte Zustand, dass eine Gesellschaft nicht mehr kontrollieren kann, wer als Erwerber ihrer Namenaktien die Li-

Im Zusammenhang mit der statutarischen Vinkulierung von börsenkotierten Namenaktien ist ferner zu beachten, dass das Gesetz de lege lata unterscheidet, ob die Aktien «börslich» oder «ausserbörslich» erworben werden. Gemäss Art. 685f Abs. 1 und Abs. 2 OR gehen die vermögensmässigen Rechte an börsenkotierten Namenaktien bei einem börslichen Erwerb bereits mit dem Erwerb über, während bei einem ausserbörslichen Erwerb die Einreichung eines Gesuchs um Anerkennung als Aktionär notwendig ist 38 . Diese Ungleichbehandlung stellt gemäss Botschaft eine «Gefährdung des Rechtsverkehrs» dar, die de lege ferenda beseitigt werden soll 39. Folgerichtig wurde vorgeschlagen, in Zukunft auf die Unterscheidung zwischen börslichem und ausserbörslichem Erwerb von börsenkotierten Namenaktien zu verzichten. Sowohl National- wie auch Ständerat haben in der Folge allerdings beschlossen, den Revisionsbedarf von Art. 685f OR erst im Rahmen der grossen Aktienrechtsrevision und dort im Zusammenhang mit dem Problem der Dispoaktien in Angriff zu nehmen40 . Damit fehlt die ursprünglich vorgesehene Bestimmung von Art. 685f nOR im Katalog der zu ändernden Bestimmungen, die mit dem Bucheffektengesetz auf den 1. Januar 2010 in Kraft treten sollen41.

29 ����� Vgl.

35 ���������������� In diesem Sinne�

������� Art. 1 ������������ Abs. 2 BEG. �������������������� Anders als noch der Entwurf WVG (FN 11), der sich in Art. 21 ausdrücklich für das Kausalitätsprinzip aussprach, schweigt sich das Bucheffektengesetz zum Verhältnis (abstrakt oder kausal) zwischen Verfügungsgeschäft und Verpflichtungsgeschäft aus; eine Übersicht zum gegenwärtigen Stand der Diskussion in der Lehre findet sich bei Bärtschi (FN 3), 1078 FN 65. 31 ����� Vgl. Botschaft (FN 2), 9369. 32 ������� Gemäss Art. 685 ��������� Abs. 1 ���������������������������������������������� OR dürfen «nicht voll liberierte Namenaktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden, es sei denn, sie werden durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben». 33 �������� Art. 21 �������������������������������������������� Abs. 4 VE-BEG hielt fest: «Nichts ������������������ in diesem Artikel ����������� berührt Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien, die sich aus den Ausgabebedingungen, den Gesellschaftsstatuten oder aktienrechtlichen Vorschriften ergeben.» Der dazugehörige Bericht der vom Eidgenössischen Finanzdepartement eingesetzten Arbeitsgruppe zum Bucheffektengesetz und Haager Wertpapier­ übereinkommen vom 15. Juni 2004, 69 ff., führt aus, dass der Erwerb von vinkulierten Namenaktien ein Sonderfall sei, der neben der Beachtung der wertpapierrechtlichen Vorschriften auch das Einhalten der gesellschaftsrechtlichen Bedingungen erfordere. 34 ����� Vgl. Botschaft (FN 2), 9369. Gl.M. auch Hess/Friedrich (FN 4), 112. 30

Hess/Friedrich (FN 4), 112; vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 21 Abs. 2 des Kotierungsreglements der SWX, wonach auch nicht voll einbezahlte Effekten kotiert werden können. 36 ������� Gemäss Art. 685 ��������� Abs. 2 �������������������������������������������� OR kann die Gesellschaft ������������ ihre Zustimmung allerdings nur dann verweigern, wenn die Zahlungsfähigkeit des Erwerbers zweifelhaft ist und die von der Gesellschaft geforderte Sicherheit nicht geleistet wird. 37 Handelt ������������������������������������������������������������� es sich beim Veräusserer um den ursprünglichen Zeichner der Aktien, kann dieser für den nicht einbezahlten Betrag während maximal zwei Jahren belangt werden; vgl. Art. 687 Abs. 2 OR. 38 �������������� Im Rahmen von Art. 24 ����������������������������������������������� BEG würde dies bedeuten, dass die Rechte aus börsenkotierten Namenaktien bereits mit Gutschrift auf dem Effektenkonto des Erwerbers übertragen werden; vgl. Botschaft (FN 2), 9344. 39 ����� Vgl. Botschaft (FN 2), 9369. 40 ����� Vgl. Amtl. ��������������������� Bull. SR 2008, 764 f. ������ 41 ���������������������� Im Rahmen der grossen ������������������������������������� Aktienrechtsrevision (FN 13) hat der Ständerat unlängst folgenden neuen Wortlaut für Art. 685f Abs. 1 OR vorgeschlagen: «Werden börsenkotierte Namenaktien gemäss Bucheffektengesetz übertragen, so gehen die Rechte mit der Übertragung auf den Erwerber über. In allen anderen Fällen gehen die Rechte auf den Erwerber über, sobald dieser bei der Ge-

Q5. Lassen sich Bucheffekten mittels Zession übertragen? Wie erwähnt, bildet die Normierung der Verfügung über die Bucheffekten einen zentralen Regelungsgegenstand des Gesetzes. Das ganze fünfte Kapitel, welches insgesamt 7 der total 36 Artikel umfasst, führt die Verfügung über Bucheffekten einer umfassenden Regelung zu. Äusserst bedauerlich ist deshalb, dass sich versteckt in Art. 30 Abs. 3 BEG, welcher die Rangfolge von mehreren Verfügungen über dieselbe Bucheffekte regelt, der Hinweis findet, dass Bucheffekten auch mittels Zession übertragen werden können. Bei diesem Hinweis handelt es sich u.E. um ein legislatorisches Versehen: Sachenrechtliche und schuldrechtliche Instrumente dürfen in den vom Bucheffektengesetz geregelten Bereichen weder direkt noch per analogiam Anwendung finden. Auch die Botschaft hält fest, dass bei Vorliegen einer Gesetzeslücke die Schliessung derselben������������������������ unter Beachtung des in Art. 1 BEG ��������������������� festgelegten Regelungszwecks aus der Systematik des Gesetzes herauszusuchen ist und nicht durch Rückgriff auf das Sachenrecht des Zivilgesetzbuchs (im Falle von Wertpapieren und Globalurkunden) oder das Schuldrecht des Obligationenrechts (im Falle von Wertrechten) 42 . Eine Verfügung mittels Zession parallel zur buchmässigen Übertragung weiterhin zuzulassen, steht dem Regelungskonzept und Sinn und Zweck des Bucheffektengesetzes diametral entgegen43. Da gemäss Art. 30 Abs. 3 BEG eine Verfügung nach Bucheffektengesetz einer Übertragung mittels Zession vorgeht, wird ein Zessionar ohnehin unmittelbar nach vollzogener Zession die buchmässige Übertragung der Bucheffekte verlangen müssen, um sich gegen allfällige weitere Verfügungen des Zedenten zu schützen. Konsequenterweise hätte der Gesetzgeber die Verfügung mittels Zession nicht erwähnen und durch die Hintertür von Art. 30 Abs. 3 BEG wieder in das System der intermediatisierten Verwahrung von Wertpapieren einbringen dürfen. De lege ferenda ist Art. 30 Abs. 3 BEG deshalb zu streichen. Bis auf weiteres empfiehlt es sich, die Übertragbarkeit von Bucheffekten mittels Zession entweder statutarisch (bei Mitgliedschaftsrechten) oder in den Ausgabebedingungen (bei Forderungsrechten) auszuschliessen. Ein solches «pactum de non cedendo» steht Art. 24 Abs. 4 BEG nicht entgegen44. Art. 24 Abs. 4 BEG bezieht sich systematisch nur auf eine buchmässige Verfügung nach Art. 24 BEG, womit der von Art. 24 Abs. 4 BEG bezweckte Schutz des

sellschaft ein Gesuch um Anerkennung als Aktionär gestellt hat»; vgl. Amtl. Bull. SR 2009, 623. 42 ����� Vgl. Botschaft (FN ��������� 2)������� , 9342. 43 ����������������������� Auch ein Bedürfnis �������������� der Anleger, ���������������������������������������� Bucheffekten ausserbuchlich zedieren zu können, ist nicht ersichtlich. 44 ������������������ Vgl. dazu vorn Q4.

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Rechtsverkehrs bei einer Verfügung mittels Zession ohnehin keine Rolle spielen kann45. Q6. Welche Auswirkungen hat das Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes auf Verfügungen unter dem bisherigen Recht? Aufgrund von Art. 35 Abs. 2 BEG sind Anleger, die in der Vergangenheit Mitgliedschafts- oder Forderungsrechte buchmässig erworben haben, gehalten, die dem Erwerb zugrunde liegenden Verfügungen innerhalb von zwölf Monaten konform mit dem Bucheffektengesetz auszugestalten. Ansonsten gehen die Rechte allfälliger späterer Erwerber vor. Die grosse Mehrheit der Effektentransaktionen wird seit geraumer Zeit faktisch durch Umbuchungen auf Effektenkonten abgewickelt. Sofern – und dies dürfte in aller Regel der Fall sein – die entsprechenden Verfügungen mittels Weisungen und Einträgen auf Effektenkonten vorgenommen worden sind, genügen sie den Vorschriften des Bucheffektengesetzes, womit kein Handlungsbedarf besteht46 . Bei Transaktionen, bei denen dem Erwerber die physischen Titel übergeben worden sind, besteht ebenfalls kein Handlungsbedarf, da diese Titel aufgrund der Einzelverwahrung nicht vom Anwendungsbereich des Bucheffektengesetzes erfasst werden47.

IV. Zur Bestellung und Verwertung von Sicherheiten an Bucheffekten Q7. Was versteht das Bucheffektengesetz unter dem Begriff der Sicherheit? Eine Sicherheit an Bucheffekten kann grundsätzlich auf zwei Arten bestellt werden: Zum einen mittels Übertragung gemäss Art. 24 BEG, zum anderen mittels unwiderruflicher Vereinbarung48 mit der kontoführenden

45

Auch ����������������������������������������������������������������� ist darin nicht eine Verletzung der obligationenrechtlichen Vinkulierungsbestimmungen zu sehen. Diese beziehen sich auf die Person des Erwerbers, nicht auf die Form der Übertragung. Beschränkungen im Zusammenhang mit der Übertagungsform müssen zulässig sein, vgl. dazu Reto Krummenacher, Die Verpfändung von Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck, Diss. Basel/Genf/München 1999, 32 ff. (= BSHR Reihe A Bd. 45)�. 46 ���� Vgl. Botschaft (FN ��������� 2)������� , 9385. 47 �������������������������������������������������������������� Wie bereits vorn in Q1. ausgeführt, haben Gesellschaften auch unter dem Bucheffektengesetz keine Möglichkeit, physische Aktientitel in Heimverwahrung ohne freiwillige Einlieferung durch Wertrechte zu ersetzen. 48 ������������������������������������������������������������ Diese «Kontrollvereinbarung» ist vom Sicherheitsvertrag zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber zu unterscheiden. Während der Sicherungsvertrag sämtliche Modalitäten der Sicherungsbestellung zwischen den Parteien adressiert, hat die Kontrollvereinbarung (basierend auf dem Sicherungsvertrag) in erster Linie die Weisungsbefugnisse von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gegenüber der kontoführenden Bank zu regeln,

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Bank, Weisungen des Sicherungsnehmers ohne Zustimmung oder Mitwirkung des Kontoinhabers auszuführen (Art. 25 BEG) 49. Unklar ist, ob und wie diese beiden Arten der Bestellung einer Sicherheit mit den Instituten des Pfandrechts und der Sicherungsübereignung bzw. -zession korrelieren. Die Botschaft ist diesbezüglich widersprüchlich: Einerseits wird ausgeführt, dass der Begriff der Sicherheit in einem «funktionalen Sinne, also unter Einschluss sowohl von Pfandrechten als auch von Vollrechtsübertragungen für Sicherungszwecke» zu verstehen sei, andererseits löst sich aber auch die Botschaft nicht von den herkömmlichen Instituten und greift an diversen Orten auf diese zurück. U.E. lassen sich die beiden Formen der Bestellung einer Sicherheit gemäss Bucheffektengesetz nicht in das herkömmliche Korsett von Pfandrecht und Sicherungsübereignung bzw. -zession zwängen. Vielmehr schafft das Bucheffektengesetz ebenso wie für die Verfügung50 auch für die Bestellung von Sicherheiten eine abschliessende Regelung, welche nicht mit Analogieschlüssen aus dem Zivilgesetzbuch und dem Obligationenrecht untergraben werden sollte51. Q8. Welche Vor- und Nachteile bietet eine Bestellung von Sicherheiten nach Art. 25 BEG? Die beiden Arten der Bestellung von Sicherheiten unterscheiden sich wesentlich bezüglich Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Gestaltungsmöglichkeiten. Welche der beiden Arten den Interessen der Parteien besser gerecht wird, ist im Einzelfall zu prüfen. Folgenden Punkten ist dabei Rechnung zu tragen: Die Bestellung von Sicherheiten nach Art. 24 BEG hat stets eine Vollrechtsübertragung auf den Sicherungsnehmer zur Folge52 . Dieser kann unbeschränkt über die auf seinem Effektenkonto verbuchten Bucheffekten verfügen, ist jedoch gegenüber dem Sicherungsnehmer auf vertraglicher Ebene verpflichtet, von seiner überschiessenden Verfügungsmacht nicht Gebrauch zu machen 53.

vgl. Antoine Eigenmann, La réalisation des sûretés sur les titres intermédiés, in: Placement collectifs et titres intermédiés: Le renouveau de la place financière suisse, Cedidac 79/2008, Lausanne 2008, 134; Lanz (FN 10), 208. 49 ����� V���� gl. Botschaft (FN 2), 9367 ff. 50 ������������� Vgl. vorn Q5. 51 �������� Ä������� hnlich Lanz (FN ������������������������ 10), 208; a.M. offenbar Miriam Eggen, Sicherheiten an Wertrechten – eine Untersuchung der Rechtslage ab Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes, SZW 2009, 124; Bénédict Foët, Les Sûretés sur les titres détenus auprès d’une banque en Suisse selon la loi sur les titres intermédiés, in: Journée 2008 de droit bancaire et financier, 2009, 127 f. 52 ��������������������������������������������� Insofern steht die Sicherungsbestellung nach Art. 24 ������������������� BEG der Sicherungsübereignung bzw. -zession nahe. 53 ���������������������������������������������������������� Daraus folgt schliesslich auch, dass eine Sicherheit nach Art. 25 �������� BEG nicht akzessorisch ist. Zediert der Sicherungsnehmer die gesicherte Forderung, verbleiben die als Sicherheiten übertragenen Bucheffekten auf dem Effektenkonto des Sicherungsnehmers

Demgegenüber ist der Schutz des Sicherungsnehmers im Falle einer Sicherheitenbestellung nach Art. 25 BEG weniger vollkommen: Gemäss Art. 25 Abs. 1 BEG genügt für eine Sicherheitenbestellung die Einräumung des Weisungsrechts zugunsten des Sicherungsnehmers. Nicht erforderlich ist hingegen, dass dem Sicherungsgeber gleichzeitig das Weisungsrecht über die Bucheffekten entzogen wird 54. Sieht die Kontrollvereinbarung mit der kontoführenden Bank keine abweichende Regelung vor, bleibt der Sicherungsgeber deshalb auch nach der Einräumung des Weisungsrechts zu Gunsten des Sicherungsnehmers weiterhin weisungsbefugt 55. Folglich kann der Sicherungsgeber ohne Zustimmung des Sicherungsnehmers die als Sicherheiten dienenden Bucheffekten veräussern 56 oder an ihnen zusätzliche Sicherheiten bestellen 57. Um den Sicherungsnehmer gegen Verfügungen zu schützen, welche den Sicherheitsvertrag zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer verletzen, ist die Weisungsbefugnis des Sicherungsgebers im Rahmen der Kontrollvereinbarung einzuschränken oder ganz zu entziehen 58 . Ein Vorteil der Sicherheitenbestellung nach Art. 25 BEG ist die Flexibilität betreffend Sicherungsobjekt.

verbucht. Der Sicherungsnehmer hat weiterhin volle Verfügungsmacht über die Bucheffekten. 54 ���������� Vgl. dazu ������������������������������������������������������� Art. 1(k) der Unidroit Convention on Substantive Rules Regarding Intermediated Securities, International Institution for the Unification of Private Law, 9 October 2009 (nachfolgend Unidroit Convention), gemäss welcher eine Kontrollvereinbarung für die Bestellung von Sicherheiten entweder (i) dem Sicherungsgeber das Weisungsrecht entziehen und/oder (ii) dem Sicherungsnehmer das Weisungsrecht gewähren muss. Der eindeutige Gesetzeswortlaut von Art. 25 Abs. 1 BEG bezieht sich nur auf Einräumung des Weisungsrechts an den Sicherungsnehmer im Sinne von (ii), nicht aber auf den Entzug des Weisungsrechts des Sicherungsgebers im Sinne von (i). Gl.M. Foët (FN 51), 132 ff. 55 ���������������������������������������������������������� Eine volle oder eingeschränkte Weisungsbefugnis des Sicherungsgebers kann diesem z.B. eine gewisse Flexibilität bei der Bewirtschaftung seines Portfolios einräumen. 56 ������������������������������������������������������������ Der Erwerber von Bucheffekten, die einem Dritten als Sicherheiten gemäss Art. 25 BEG dienen, erwirbt unbelastetes Eigentum. Dies gilt u.E. selbst dann, wenn er von der Kontrollvereinbarung wusste, mithin bösgläubig war. Der Gutglaubensschutz nach Art. 29 BEG bezieht sich nicht auf Fälle, in welchen ein Veräusserer in Verletzung vertraglicher Pflichten über die Bucheffekten verfügt, sondern auf Verfügungen über Bucheffekten, welche dem Veräusserer aufgrund missbräuchlicher oder fehlerhafter Buchungen gutgeschrieben wurden, vgl. Botschaft (FN ���� 2)��, 9376; a.M. wohl Eggen [FN 51], 124). Die Rangfolge von Art. 30 Abs. 1 BEG kommt in diesen Fällen nicht zum Tragen (vgl. demgegenüber FN 57 für einen Anwendungsfall der Alterspriorität im Zusammenhang mit der Sicherheitenbestellung). 57 ������������������������������������������������������������� Wodurch es zu einer mehrfachen Sicherheitenbestellung kommt, deren Rangfolge Art. 30 Abs. 1 BEG im Sinne der Alterspriorität regelt. Vgl. dazu auch Botschaft (FN ��������� 2)������� , 9379. 58 ������������������������������������������������������������ Ebenfalls hat die Kontrollvereinbarung den Fall zu adressieren, wo der Sicherungsgeber von seiner kontoführenden Bank die Auslieferung seiner sammelverwahrten Wertpapiere gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a BEG verlangt. Dies, weil eine Auslieferung der Wertpapiere den Untergang der an den Bucheffekten bestellten Sicherheiten zur Folge hat; vgl. Bärtschi (FN 3), 1079; a.M. offenbar Eggen (FN 51), 127. U.E. muss es zulässig sein, das Recht des Kontoinhabers auf Auslieferung der Titel in der Kontrollvereinbarung auszuschliessen.

Gemäss Art. 25 Abs. 2 BEG kann sich die Sicherheit auch auf einen lediglich wertmässig bestimmten Anteil der auf dem Effektenkonto gutgeschriebenen Bucheffekten beziehen 59. Da Bucheffekten Wertschwankungen unterliegen, werden von einer solchen wertmässig bestimmten Sicherheit mal mehr, mal weniger der verbuchten Bucheffekten erfasst. Diese flexible Möglichkeit der wertmässigen Bestimmung steht den Parteien bei einer Sicherungsübertragung nach Art. 24 BEG nicht offen. Die Sicherheitenbestellung nach Art. 25 BEG hat aus Sicht des Sicherungsnehmers allerdings den Nachteil, dass seinem Sicherungsrecht unter Umständen gewisse Rechte der kontoführenden Bank vorgehen können. So hat die Bank gemäss Art. 21 BEG ein Rückbehalts- und Verwertungsrecht an den Bucheffekten, falls Ansprüche gegen den Sicherungsgeber fällig sind, welche im Zusammenhang mit der Führung des Effektenkontos stehen. Überdies können Bucheffekten, die als Sicherheit dienen sollen, aufgrund einer Vereinbarung nach Art. 26 BEG bereits als Sicherheit zugunsten der kontoführenden Bank bestellt sein. Eine derartige Sicherheit geht dem Recht des späteren Sicherungsnehmers allerdings nur dann vor, wenn die kontoführende Bank diesem die vorbestehende Sicherheit spätestens bei Abschluss der Kontrollvereinbarung anzeigt60 . Sowohl das Rückbehaltsrecht wie auch eine bereits bestehende Sicherheit der kontoführenden Bank lassen sich in der Kontrollvereinbarung wegbedingen 61. Zu beachten ist schliesslich, dass die mit den Bucheffekten verbundenen Mitgliedschafts- und Forderungsrechte dem Kontoinhaber zustehen 62 . Diese Rechte gehen bei einer Sicherungsübertragung nach Art. 24 BEG auf den Sicherungsnehmer über 63, während sie bei einer Bestellung mittels Kontrollvereinbarung nach Art. 25 BEG beim Sicherungsgeber verbleiben. Q9. Was gilt es bei der freihändigen Verwertung von Bucheffekten zu beachten? Art. 31 BEG räumt dem Sicherungsnehmer das Recht zur freihändigen Verwertung von Bucheffekten ein. Von zentraler Bedeutung ist, dass dieses Recht auch nach Eröffnung des Konkurses, während eines Konkursauf-

59 ������������������������������������������������������������� U.E. muss es überdies zulässig sein, die Sicherheit in ihrer

����� Höhe vom Betrag der ausstehenden Forderung abhängig zu machen. Dies ist insbesondere dann in Betracht zu ziehen, wenn die Sicherheit in Anwendung von Art. 26 BEG zugunsten der kontoführenden Bank bestellt wird. 60 ����� Vgl. Art. 30 �������� Abs. 2 ����������� BEG. 61 ���������������������������������������������������������� Zu diesem Zweck hat neben der kontoführenden Bank und dem Sicherungsgeber allerdings auch der Sicherungsnehmer Partei der Kontrollvereinbarung zu sein. 62 ������������������ Vgl. dazu vorn Q2. 63 ������������������������������ Falls die Gesellschaft eigene Aktien �������������� gemäss Art. 24 ������������������� BEG als Sicherheiten begibt, ist de lege ferenda (FN 13) allerdings vorgesehen, dass das Stimmrecht und die damit verbundenen Rechte ruhen sollen; vgl. Art. 659a Abs. 2 E-OR.

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schubs oder in der Nachlassstundung des Sicherungsgebers bestehen bleibt64. Sind die Voraussetzungen einer freihändigen Verwertung erfüllt, hat der Sicherungsnehmer grundsätzlich die Wahl, ob er die Bucheffekten privat verkaufen oder diese selbst erwerben will (Selbsteintritt). In jedem Fall hat er aber den Preis (beim privaten Verkauf) bzw. den Wert (beim Selbsteintritt) mit der gesicherten Forderung zu verrechnen und einen allfälligen Überschuss dem Sicherungsgeber bzw. einem nachrangigen Sicherungsnehmer 65 herauszugeben. Entgegen einer verbreiteten Lehrmeinung räumt das Bucheffektengesetz u.E. dem Sicherungsnehmer ein Recht auf freihändige Verwertung der Bucheffekten auch ohne explizite vertragliche Grundlage von Gesetzes wegen ein 66 . Der Gesetzeswortlaut verlangt nicht, dass das Recht der freihändigen Verwertung vertraglich eingeräumt wurde 67. Vielmehr hat der Sicherungsvertrag gemäss Art. 31 Abs. 1 BEG einzig die Frage zu adressieren, unter welchen Voraussetzungen eine Verwertung als solche überhaupt möglich ist (sog. «Events of Default»). Von Gesetzes wegen ist eine freihändige Verwertung gemäss Art. 31 Abs. 1 BEG indes nur dann zulässig, wenn die Bucheffekten auf einem repräsentativen Markt gehandelt werden. Ein solcher liegt gemäss Botschaft dann vor, «wenn für Vermögenswerte der geschuldeten Art und Güte an einem bestimmten Ort eine minimale Anzahl gleichartiger Geschäfte abgeschlossen wird, so dass sich ein angemessener Preis für das Vermögensobjekt feststellen lässt» 68 . Ob die Bucheffekten an einer Börse zugelassen sind oder der Handel über Infrastruktureinrichtungen abläuft, ist hingegen nicht massgebend. Das Vorliegen eines repräsentativen Marktes dürfte demzufolge zu verneinen sein, wenn der Preis z.B. «ad-hoc» mittels eines Auktionsverfahrens bestimmt wird. Hingegen muss es u.E. weiterhin zulässig sein, bei Fehlen oder anstelle der Wertermittlung durch einen repräsen-

64 ������� Ebenso

Art. 30 �������� Abs. 2(b) ���������� Unidroit Convention (FN 54) ���� �������� ���� und die Richtlinie 2002/47/EG vom 6. ���������������������������� Juni 2002 über Finanzsicherheiten, Art. 4 Abs. 5 (nachfolgend EG-Finanzsicherheitenrichtlinie). ����������������������������������������������������� Insofern relativiert sich auch die Diskussion, ob es sich bei den Sicherheiten nach Bucheffektengesetz um eigenständige Rechtsinstitute handelt, oder ob die herkömmliche Unterscheidung zwischen Pfandrecht und Sicherungsübereignung bzw. -zession beizubehalten ist (vgl. FN 49). Aktuell bleibt diese Frage allerdings im Konkurs des Sicherungsnehmers, da die Bucheffekten im Falle einer Vollrechtsübertragung in dessen Konkursmasse fallen. 65 �������������������������������������� Zu eng diesbezüglich der Wortlaut von �������� Art. 32 ���������������� Abs. 2 BEG, welcher nur vom Sicherungsgeber spricht. 66 �������� So auch Foët (FN 51), 140; a.M. offenbar Eigenmann (FN 48), 132 und Lanz ������������� (FN 10), 211. 67 ������������������ Vgl. demgegenüber Art. 30 �������� Abs. 1(a) ���������� Unidroit Convention (FN 54) und Art. 4 Abs. 2 EG-Finanzsicherheitenrichtlinie (FN 64), welche zwischen dem privaten Verkauf und dem Selbsteintritt differenzieren: Während Ersterer von Gesetzes wegen zulässig sein soll, bedarf Letzterer einer expliziten vertraglichen Ermächtigung. 68 ����� Vgl. Botschaft (FN 2)������� , 9381.

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tativen Markt das Auktionsverfahren oder einen anderen Mechanismus, welcher eine faire und objektive Bewertung der Bucheffekten erlaubt, vertraglich festzuschreiben 69. Die Voraussetzung des repräsentativen Marktes stellt u.E. dispositives Recht dar und dient dem Schutz des Sicherungsgebers für den Fall, dass im Sicherungsvertrag keine abweichende Regelung vorgesehen ist. Zu beachten ist schliesslich, dass künftig gemäss Art. 32 Abs. 1 BEG die Verwertung der Sicherheit dem Sicherungsgeber zwingend anzukündigen sein wird, sofern es sich beim Sicherungsgeber nicht um einen qualifizierten Anleger gemäss Art. 5 lit. d BEG handelt. Gemäss Botschaft soll dies dem Sicherungsgeber ermöglichen, «allenfalls notwendige Dispositionen» zu treffen. Der Sicherungsnehmer geht dadurch des Überraschungsmoments verlustig, was namentlich dann, wenn dem Sicherungsgeber nach wie vor die Verfügungsmacht über die Bucheffekten zusteht, für den Sicherungsnehmer ein gewisses Risiko darstellt. Der Schweizer Gesetzgeber beschreitet hier im Vergleich zur Unidroit Konvention 70 und zur Finanzsicherheitenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften71, welche beide eine solche Ankündigung explizit nicht voraussetzen, einen u.E. problematischen Alleingang. Es entspricht heute nämlich fest etablierter Praxis, dem Sicherungsnehmer bei Verwirklichung bestimmter «Events of Default» ein direktes Verwertungsrecht einzuräumen. Um das Verwertungsrecht des Sicherungsnehmers nicht zu untergraben, ist deshalb bei einer Sicherheitenbestellung nach Art. 25 BEG die Verfügungsmacht des Sicherungsgebers in der Kontrollvereinbarung auszuschliessen72 . Da die kontoführende Bank weder das Recht noch die Pflicht hat, zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Verwertung erfüllt sind, kann der Sicherheitennehmer indes unter Verletzung von Art. 32 Abs.1 BEG gegebenenfalls auch ohne Ankündigung zur Verwertung schreiten73. Q10. Welcher übergangsrechtliche Handlungsbedarf besteht bezüglich bestehender Sicherungsverträge? Auf die Bestellung von Sicherheiten findet die zwölfmonatige Übergangsfrist Anwendung, während welcher altrechtliche Verfügungen, welche nicht den Vor-

69 �������� Ähnlich

Lanz ������������������������������������������������ (FN 10), ��������������������������������������� 212. Zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Selbsteintritts grundsätzlich BGE 119 II 344. 70 ����� Vgl. Art. 2 �������������� (a)(i) Unidroit Convention (FN 54). 71 ����� Vgl. Art. 4 �������������� (4)(a) EG- Finanzsicherheitenrichtlinie (FN 64). 72 ���������������������������������������������������������������� Denkbar ist auch, in der Kontrollvereinbarung differenzierte Mechanismen vorzusehen, z.B. insofern, dass die Verfügungsmacht des Sicherungsgebers auf einseitige Weisung des Sicherungsnehmers sistiert oder aufgehoben wird. Eine solche Weisung an die kontoführende Bank wäre selbstverständlich auch ohne vorgängige Ankündigung zulässig. 73 ������������������������������������������������������������ Allerdings wird der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber dadurch allenfalls schadenersatzpflichtig; vgl. Art. 31 Abs. 4 BEG.

schriften des Bucheffektengesetzes entsprechen, geheilt werden können74. Entgegen der in der Botschaft geäusserten Auffassung, wonach es dabei «praktisch […] vor allem um Pfand- und Nutzniessungsrechte [geht]», dürfte sich v.a. im Zusammenhang mit altrechtlichen Pfandbestellungen tatsächlich nur selten ein Handlungsbedarf ergeben. Eine Verpfändung von Wertpapieren erfordert aufgrund von Art. 901 ZGB stets die physische Übertragung der Papiere. Der Pfandnehmer als Besitzer der Wertpapiere ist durch das Bucheffektengesetz aber nicht betroffen, da keine Pflicht zur Hinterlegung der Wertpapiere bei einer Verwahrungsstelle besteht. In Form von Wertrechten dürften in erster Linie Namenaktien mit aufgeschobenem oder aufgehobenem Titeldruck verpfändet worden sein. Für die Verpfändung solcher nicht-verbriefter Namenaktien sehen die Statuten der betreffenden Schweizer Gesellschaften vor, dass diese nur zugunsten der kontoführenden Bank zulässig ist75. Da gemäss Art. 26 Abs. 1 BEG für die Sicherheitenbestellung zugunsten der kontoführenden Bank der Abschluss einer (formlosen) Vereinbarung massgebend ist, sollten die meisten bisherigen Pfandbestellungen auf Basis eines Vertrags zwischen Kontoinhaber und Bank den Vorschriften des Bucheffektengesetzes aller Voraussicht nach genügen. Sind ausnahmsweise Wertrechte buchmässig an Drittpersonen verpfändet worden, ist der Sicherungsvertrag den zwingenden Bestimmungen des Bucheffektengesetzes anzupassen. Namentlich empfiehlt es sich, die Modalitäten und Fristen der zwingenden Ankündigung der Verwertung zu regeln76 .

V.

Zum gesellschaftsrechtlichen ­Anpassungsbedarf

Q11. Was sind Wertrechte und welche ­G esellschaften haben ein Wertrechtebuch zu führen? Zusammen mit dem Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes wird auch das in Art. 965 ff. OR normierte Wertpapierrecht mit neuen Bestimmungen betreffend die Sammelverwahrung von Wertpapieren, Globalurkunden und Wertrechten ergänzt. Gemäss Art. 973c Abs. 1 nOR kann eine Gesellschaft «Rechte mit gleicher Funktion wie Wertpapiere (Wertrechte) ausgeben […], sofern die Ausgabebedingungen oder die Gesellschaftsstatuten dies vorsehen». Wertrechte entstehen mit der Eintragung in das sog. Wertrechtebuch, in das die Anzahl und die Stückelung der ausgegebenen Wertrechte sowie

74 ����� Vgl.

Art. 35 �������� ���������������������������� Abs. 2 BEG und dazu vorn Q6.

76 ����� Vgl.

Botschaft (FN ��������� 2)������� , 9382.

75 ����������������������������������������������� Sog. «Pfandklausel»; vgl. dazu auch hinten Q12.

die Gläubiger einzutragen sind77. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob Gesellschaften, welche auf die Ausgabe von Urkunden für ihre Aktien verzichten, künftig zwingend ein solches Wertrechtebuch zu führen haben. Zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang eine Aktionärsstellung entsteht, ergibt sich in erster Linie aus dem Gesellschaftsrecht, nicht aus dem Wertpapierrecht. Unter geltendem Recht ist unbestritten, dass die Rechtsstellung als Aktionär mit der Erfüllung der Liberierungspflicht begründet wird78 . Vor der Liberierung ausgegebene Aktienurkunden sind nichtig79 und der Untergang der Aktienurkunde allein bewirkt nicht den Verlust der Aktionärsstellung. Der Ausgabe von Wertpapieren kommt für die Entstehung und den Bestand der Rechte des Aktionärs mithin keine konstitutive Wirkung zu. Dasselbe muss mit Bezug auf die Ausgabe von Wertrechten gelten, welchen definitionsgemäss die gleiche Funktion zukommt wie Wertpapieren. Entstehung und Bestand der Aktionärsrechte beurteilen sich unabhängig davon, ob eine Gesellschaft, welche auf die Ausgabe von physischen Urkunden verzichtet, die Aktionärsrechte als Wertrechte i.S. von Art. 973c nOR emittiert oder nicht80 . Die neuen wertpapierrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts ändern somit nichts daran, dass ein Aktionär grundsätzlich mit der Liberierung seiner Aktien zum Aktionär wird. Die Frage, ob Gesellschaften, welche auf die Ausgabe von Urkunden für ihre Aktien verzichten, künftig zwingend ein Wertrechtebuch zu führen haben, ist demzufolge zu verneinen81. Insbesondere für Familiengesellschaften, welche bis anhin auf die Ausgabe von Urkunden verzichtet haben,

77 ������������������������������������������������������������� Der Eintragung wird folglich konstitutive Wirkung zugeschrie-

ben; vgl. Botschaft (FN 2), 9349. Auf die Führung eines separaten Wertrechtebuchs kann offenbar verzichtet werden, falls sich die erforderlichen Angaben aus der Buchhaltung ergeben; vgl��. Botschaft (FN ��������������������������������������������� 2)������������������������������������������� , 9394.������������������������������������ Im Bereich der Namenaktien ohne Titeldruck soll überdies das Aktienregister die Funktion des Wertrechtebuches übernehmen können, sofern dieses Auskunft gibt, welcher Anteil des Aktienkapitals in Form von Wertrechten emittiert ist; vgl. dazu Christoph Steiner/Raffael Büchi, Vom Wertrecht zur Bucheffekte – Kristallisation aus dem Nichts?, GesKR 2007, 75; SwissBanking (FN 5). 78 ����� Eine Anmeldung ������������������������������������� einer Kapitalerhöhung beim Handelsregister���������������� amt ist denn auch erst nach erfolgter Einzahlung möglich; vgl. Art. 46 Abs. 2 lit. e HRegV. 79 ������������������������������������� Explizit in Bezug auf Inhaberaktien: Art. 683 ��������� Abs. 2 ����������� OR. 80 ���������������������������������������������������������������� Das Wertrecht ist mit anderen Worten kausal: ������������������� Die in ihm abgebildeten Rechte bestehen nur nach Massgabe der Statuten und den relevanten Beschlüssen der Generalversammlung. Die Ausübung von Rechten aufgrund der blossen Ausgabe von Wertrechten ohne zugrunde liegenden Beschluss der Generalversammlung, Statutenbestimmung und gesetzeskonforme Liberierung ist nichtig;����������� analog im ����������������� Hinblick auf die ������������������������������ Ausübung von Rechten aufgrund der blossen Titelausgabe: BGE 112 II 358; BGE 86 II 93. 81 ��������������������������� Auch im Rahmen der grossen ��������������������������������� Aktienrechtsrevision (FN 13) ist keine Pflicht der Gesellschaft vorgesehen, ihre Aktien in Form von Wertpapieren oder Wertrechten zu emittieren; vgl. BBl 2008, 1637 sowie Art. 622 Abs. 5 E-OR.

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ergibt sich aufgrund des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen im Obligationenrecht somit kein Anpassungsbedarf. Namentlich sind diese Gesellschaften gemäss Art. 973c nOR nicht gezwungen, über ihre nicht physisch ausgegebenen Aktien neu ein Wertrechtebuch zu führen. Die Führung eines Wertrechtebuchs und die Ausgabe von Wertrechten sind folglich vor allem im Zusammenhang mit der Schaffung von Bucheffekten relevant. Um als Underlyings für Bucheffekten zu dienen, sind nicht physisch verkörperte Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte zwingend als Wertrechte i.S. von Art. 973c nOR auszugestalten82 . Gesellschaften, deren Namenaktien mit aufgeschobenem oder aufgehobenem Titeldruck im System der SIS buchmässig registriert und gehandelt werden, sind gehalten, über diese Aktien künftig ein Wertrechtebuch83 zu führen84. Q12. Besteht aufgrund des Bucheffektengesetzes oder der Revision des Wertpapierrechts Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Gesellschaftsstatuten? Gesellschaften, deren Aktien künftig in Form von Bucheffekten gehandelt werden, sollten den Bestimmungen und Möglichkeiten des Bucheffektengesetzes bzw. den neuen Bestimmungen des Wertpapierrechts in ihren Statuten Rechnung tragen. Verzichtet eine Gesellschaft bereits heute vollständig auf den physischen Titeldruck und sind keine Aktienurkunden mehr verstreut, können die Statuten künftig festhalten, dass die Aktien einzig in Form von Wertrechten ausgegeben werden85. Sind hingegen noch Einzelurkunden vorhanden, so ist der Gesellschaft statutarisch die Möglichkeit einzuräumen, diese Urkunden, sobald sie bei ihr bzw. einer Verwahrungsstelle eingeliefert werden, in Wertrechte umzuwandeln. Zwar sieht Art. 7 Abs. 1 BEG vor, dass eine solche Umwandlung auch ohne statutarische Ermächtigung möglich ist, doch müssen u.E. zumindest Schweizer Gesellschaften den Bestimmungen von Art. 973a ff. nOR Rechnung tragen, welche für den Wechsel von der einen zur anderen Form eine statutarische Ermächtigung voraussetzen. Gemäss Art. 627 Ziff. 14 nOR und Art. 7 Abs. 2 BEG stellt die Einräumung des Rechts der

82 ����� Vgl.

Art. 6 ������� Abs. 1 ������������������� lit. c BEG.

83 �������������������������������������������������������������� Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Buchhaltung oder

das Aktienregister die Funktion des Aktienbuchs übernehmen kann, vgl. Fn. 77. 84 ����������������������������������������� Dasselbe gilt künftig für Inhaberaktien. ������������������� Auch Inhaberaktien können als Wertrechte i.S. Art. 973c nOR emittiert und somit künftig, in Erweiterung der heutigen Praxis der SIS, ohne Titeldruck buchmässig gehandelt werden. 85 ������� Gemäss Art. 973c ���������� Abs. 1 ���������������������� nOR bedarf die ����������������� Ausgabe von Wertrechten einer statutarischen Ermächtigung. Eher theoretischer Natur dürfte in diesem Zusammenhang die von Art. 973 Abs. 1 nOR erwähnte Möglichkeit der Zustimmung aller Rechteinhaber («Hinterleger») sein, zumal sich eine Statutenänderung betreffend Form der Aktien grundsätzlich bereits durch einfaches Mehr beschliessen lässt (Art. 703 OR).

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Aktionäre, die Umwandlung von in einer bestimmten Form ausgegebenen Aktien in eine andere Form zu verlangen, bedingt notwendigen Statuteninhalt dar86 . Eine solche Umwandlung von Wertrechten in sammelverwahrte Wertpapiere ermöglicht dem Aktionär in einem zweiten Schritt, die Auslieferung der physischen Aktienurkunden zu verlangen87. U.E. empfiehlt es sich, die Umwandlungsmöglichkeiten der Gesellschaft und der Aktionäre ausdrücklich in den Statuten zu regeln und, um ein Nebeneinander von Wertrechten und physischen Wertpapieren zu vermeiden, gegebenenfalls wegzubedingen. In den Statuten der meisten börsenkotierten Gesellschaften findet sich heute eine Einschränkung der Verpfändbarkeit der Aktien mit aufgeschobenem oder aufgehobenem Titeldruck zugunsten der kontoführenden Bank (sog. «Pfandklausel»). Unter geltendem Recht ist fraglich, ob eine solche Einschränkung nicht gegen die gesetzliche Vinkulierungsordnung verstösst88 . Für Namenaktien, welche künftig in der Form von Bucheffekten gehandelt werden, ist eine solche Einschränkung u.E. nicht mehr notwendig, da unter dem Bucheffektengesetz eine gläubigerschädigende Mehrfachverpfändung nicht mehr zu befürchten ist89: Bei einer Sicherheits­ übertragung nach Art. 24 BEG verliert der Sicherungsgeber die Verfügungsmacht über die Bucheffekten, währenddem bei einer Sicherungsbestellung nach Art. 25 BEG dem Sicherungsgeber die entsprechende Weisungsbefugnis in der Kontrollvereinbarung entzogen werden kann90 . Entsprechende Statutenbestimmungen sollten deshalb gestrichen werden. Wie bereits ausgeführt, ist hingegen empfehlenswert, die Verfügung und Verpfändung von Bucheffekten mittels Zession statutarisch auszuschliessen91.

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�������������������������������������������������� Aus der Entstehungsgeschichte wird deutlich, dass ��������� Art. 627 Ziff. 14 nOR das Recht des Aktionärs auf Umwandlung seiner Aktien und nicht das diesbezügliche Recht der Gesellschaft normiert; vgl. Entwurf WVG (FN 11), 59. 87 ����� Vgl. Art. 8 ������� Abs. 1 ������������������ lit. a BEG. 88 ����� Vgl. Krummenacher (FN 44), 36 ff. 89 ������������� Ähnlich auch Foët (FN 51), 141 f. 90 ��������������������������������������������������������������� Sollte eine Nachverpfändung erwünscht sein, sind die diesbezüglichen Modalitäten in der Kontrollvereinbarung zu regeln. Sofern nicht anders geregelt, gilt das Prinzip der Alterspriorität nach Art. 30 Abs. 1 BEG. 91 ������������������ Vgl. dazu vorn Q5.

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